6.

Ross durfte nicht früher das Bett verlassen, bis die letzte Wunde verheilt war und der Schorf sich gelöst hatte. Während dieser Zeit beachteten die Roboter seine Anweisungen nicht, es sei denn, sie hingen mit seiner Genesung zusammen. Noch weniger beachteten sie seine ungeduldigen Drohungen und Verwünschungen. Schon am zweiten Tag bekam Ross einen leichten Tobsuchtsanfall, weil man ihm nicht gestattete, sich außerhalb des Bettes zu bewegen. Er war ungemein wütend, daß man wegen dieser lächerlichen Verletzungen soviel Aufhebens machte. Es half ihm auch nichts, daß er fortwährend beteuerte, in der nächsten Minute wahnsinnig zu werden und den Robotern die Frage stellte, ob sie das verantworten könnten. Die Roboter redeten sachlich auf ihn ein und bestanden hartnäckig auf weiterer Bettruhe. Der Ausflug an die Erdoberfläche habe an seinen Kräften gezehrt, behaupteten sie. Ross hätte vor Verzweiflung nicht einmal Selbstmord begehen können, weil ihn ständig ein Roboter bewachte.

Ross bemühte sich, nicht an die Zukunft zu denken. Er hätte sich gern mit jemand über belanglose Dinge unterhalten, und zwar mit einem menschlichen Wesen. Doch die Robotschwester durfte sich während des Dienstes mit dem Patienten nicht über solche Dinge unterhalten — und Ross war jetzt ein Patient. Drei- oder viermal täglich bekam er ein paar aufmunternde Worte zu hören; das waren immer die gleichen.

Schloß er die Augen, tauchten gespenstische Bilder vor ihm auf; so hielt er sie nach Möglichkeit offen und starrte die Decke an. Um seinen Geist zu beschäftigen, betrachtete er manchmal auch die Bettdecke und versuchte die chemische Beschaffenheit der Gewebefasern zu enträtseln. Hin und wieder suchte er auch nach einem Punkt auf der schneeweißen Decke. Aber er entdeckte nicht das winzigste Stäubchen und erreichte nur, daß ihm vor Anstrengung die Augen schmerzten. Nirgendwo sah er auch nur einen Schatten, den seine Phantasie hätte weiter ausmalen und beleben können. Der einzig interessante Gegenstand war der Roboter: an ihm fanden seine Augen einen Halt. Ein glatter, eiförmiger, halsloser Rumpf mit einer feststehenden unfeiner drehbaren Augenlinse. So seltsam der Roboter aussah, war er doch ein wahres Wunderwerk der Technik, der seine Entstehung einem Verzweiflungskampf der aussterbenden Menschheit verdankte. Man brauchte Roboter, und man brauchte immer mehr…

Und wieder stürmten die Bilder auf Ross ein, und es spielte keine Rolle mehr, ob er die Augen geöffnet oder geschlossen hatte.

Bilder von Alice aus sonnigen, unbeschwerten Tagen… Wie hübsch sie aussah mit ihren kurzgeschnittenen Haaren, den zierlichen Lippen und den vollen natürlichen Augenbrauen — wie ein Junge! Das hatte er ihr damals auch gesagt. Und wie oft hatten sie sich gemeinsam in den Wellen getummelt… dann sahen ihre Haare aus wie eine Badehaube. Aber Alice war eine echte Frau, darüber täuschte auch ihre burschikose Kleidung nicht hinweg. Und sie war immer für ihn da.

Überall sah er ihr Bild, ihre im warmen Sand ausgestreckte Gestalt, ihre weiche, sonnengebräunte Haut, ihren lockenden Mund. Alice war ein verspieltes Geschöpf, und so hingebungsvoll ihre Küsse waren, konnte sie dennoch nie ganz ernst bleiben. Ja, sie hatten am Strand gelegen und das Rauschen der Brandung in den Ohren. Jetzt war dieses Rauschen unheimlich und die Wellenberge widerlich schwarz…

Aber diese Bilder konnten Ross nicht trösten, sondern trieben ihn eher der Verzweiflung in die Arme. Es kam ihm vor, als läge das alles nur zwei, drei Tage zurück, und doch waren es Jahrhunderte. Ross spürte noch die Lippen Alices, als sie sich damals vor Beginn seines Tiefschlafs von ihm verabschiedete. Sie sagte noch ein paar scherzhafte Worte zu ihm, doch in ihren Augen standen Tränen. Ross hörte auch noch die polternde Stimme Doktor Pellews, der „Gute Nacht, junger Mann, und viel Glück“ zu ihm sagte.

Viel Glück… Ross lachte bitter. Wäre er doch nie mehr aus dem Tiefschlaf erwacht…!


* * *

Manchmal sehnte sich Ross nach dem Tod.* Aber er war zu jung und gesund, um an Kummer zu sterben. Und zweifellos achtete die Robotschwester auf derartige Gemütsbewegungen; sie würde ihn rechtzeitig ins Leben zurückrufen. Es war besser, sich vorerst mit einem Leben unter Robotern abzufinden und die Beschaffenheit ihrer Mechanismen zu studieren, das würde ihn zerstreuen.

Immerhin hatte die Robotschwester nichts gegen seine Bitte einzuwenden, etwas lesen zu dürfen. Das erste Buch, das sich Ross bringen ließ, war selbstverständlich das Diarium Doktor Pellews. Er las es sorgfältig von Anfang bis Ende und verglich den Inhalt mit den Formblättern der grünen Aktenmappe. Jetzt wußte er genau, was im Hospital geschehen war und wann es geschehen war. Doktor Pellew hatte das Diarium geführt, weil es das Reglement eines Hospitals so verlangte, doch je weiter die Blätter sich dem Ende näherten, um so häufiger wurden die Anweisungen und Vorschläge, die sich auf Ross bezogen. Doktor Pellew hatte gewußt, daß Ross der einzige Überlebende sein würde, der eine medizinische Ausbildung genossen hatte.

Er ließ sich wissenschaftliche Werke bringen, deren Titel Doktor Pellew in seinen Eintragungen genannt hatte. Es handelte sich überwiegend um Werke, die die Entstehungs- und Vererbungslehre der Menschheit beschrieben. Damals glaubte man, den Menschen noch retten zu können. Für seine Informationen benötigte Ross einschlägige Fachliteratur über Roboter und Automaten. Eines dieser Bücher trug die Bezeichnung,Volkstümliche Abhandlung’, doch Ross konnte den Inhalt kaum verstehen. Es war zu lange her, er hatte das Wissen von Jahrhunderten nachzuholen. Er begann schon Pläne zu schmieden für den Augenblick, an dem ihn die Robotschwester nicht mehr mit,Mister Ross’ anreden würde.

Eines Tages — Ross wußte natürlich nicht, ob draußen Tag oder Nacht herrschte — war es dann so weit. Ein Roboter kam hereingerollt, servierte ihm drei Lebensmittelkonserven und fragte: „Haben Sie irgendwelche Wünsche, Sir?“

Ross sagte ja und erteilte seine Anweisungen, während er sich eine neue Toga aus Bettüchern anzog. Einige Anweisungen, befürchtete er, würden die Roboter kaum in die Tat umsetzen können. Zunächst verlangte er die Krankheitsgeschichten jener Patienten, die in der Zeitspanne zwischen Doktor Pellews Tod und seinem Wiedererwachen gestorben waren. Er hatte keine Hoffnung, noch im Tiefschlaf befindliche Patienten zu sehen, zumal die Robotschwester bestätigt hatte, daß keine Überlebenden mehr vorhanden waren. Doch aus den Eintragungen Doktor Pellews ging hervor, daß er der einzige Tiefschlafpatient mit medizinischen Kenntnissen war. Bestand da nicht die Möglichkeit, daß es doch noch andere Patienten gab? Dieser Punkt mußte geklärt werden. Zweitens verlangte er eine genaue Aufstellung des Roboterpersonals innerhalb des Hospitals, ihre Nummern, Typen, Speicherkapazität beziehungsweise Intelligenzgrad und besondere Fähigkeiten. Die reparaturbedürftigen Roboter sollten ausgebessert werden. Drittens forderte er eine Überprüfung der Trinkwasservorräte, Lebensmittel und Kraftanlagen. An Hand der Eintragungen wußte er, daß die Robotschwester seine Anweisungen drahtlos an die Roboter der oberen Etappen weitergeben konnte.

Ross holte tief Luft und fuhr fort: „Du wirst dafür sorgen, daß die oberen Etappen aufgeräumt werden einschließlich der Lifts und Lautsprecheranlagen. Und ganz oben, das heißt auf der Erdoberfläche, soll ebenfalls die Asche weggefegt werden. Dann brauche ich Erd- und Gesteinsproben aus jeweils einem Fuß Tiefe und einer Gesamttiefe von zwanzig Fuß. Ich brauche auch einige Luft- und Meerwasserproben.“ Ross zögerte einen Augenblick und fragte: „Seid ihr in der Lage, selber Analysen zu machen und auszuwerten?“

„Nein, Sir“, antwortete die Robotschwester. „Ich nehme jedoch an, daß es die Schwestern der pathologischen Abteilung machen können.“

„Okay, dann weise sie in ihr neues Aufgabengebiet ein.“

Ein Reinigungsroboter rollte mit einem Päckchen weißer Laken herein und begann sein Bett aufzuschütteln und frisch zu beziehen. Die Notizen, die sich Ross gemacht hatte, flatterten zu Boden. Der Roboter hob sie sofort auf… und warf sie in den Papierkorb!

„Ich möchte die Notizen wieder haben“, sagte Ross ärgerlich.

Der Roboter fragte tickend sein Elektronenhirn, bekam eine positive Antwort, bückte sich und klaubte die Blätter wieder heraus.

„Von jetzt an“, sagte Ross, „räume ich hier selber auf. Reinigungsrobotern ist der Zutritt nicht gestattet, es sei denn, ich rufe nach ihnen. Okay?“

Der Roboter tickte fragend.

„Hast du mich verstanden?“ vereinfachte Ross. — „Ja, Sir.“


* * *

Kurz danach brachte ein Roboter die gewünschten Unterlagen. Es waren fünf Bände, gefüllt mit den Krankheitsgeschichten schwerleidender Patienten.

Auch hier las er die Worte: Der Zustand des Patienten hat sich gebessert; mit seiner endgültigen Wiederbelebung dürfte dann und dann zu rechnen sein.

Die Zahl der angegebenen Jahre schwankte zwischen vierzig und fünfundsiebzig. Doch im Gegensatz zu seiner Krankheitsgeschichte endeten sie alle mit dem Vermerk,gestorben’. In allen Fällen zeichnete Stationsschwester 5 B’. Ross war nicht ganz geheuer zumute; zum erstenmal seit seiner Bekanntschaft mit den Robotern fürchtete er sich vor ihnen.

„Warum mußten diese Patienten sterben?“ fragte er den Roboter scharf. „Erzähle mir die genauen Umstände!“

Die Robotschwester tickte ein paarmal und sagte dann: „Doktor Pellew hat uns Anweisung gegeben, die Termine zur Wiederbelebung der Patienten strikt einzuhalten. Auch vor seinem Tode hat er diese Anweisung nicht geändert. Darum haben wir alle Patienten termingemäß wiedererweckt. Ich trug die Hauptverantwortung und arbeitete mit zwei Gehilfen zusammen. Wir hatten die Aufgabe, den Patienten nach dem Erwachen zu beruhigen, damit er keinen Schock erleidet.“

Ross dachte an seine Träume, in denen Metallarme nach ihm griffen und sich auf Kopf, Brust und Arme legten. So konnte er sich auch in die Lage der anderen Patienten versetzen, und im übrigen war er auch nicht schlecht erschrocken gewesen. Jetzt wußte er, daß es nur zu seinem Besten war. Doch fünf Patienten waren bei der Erweckung durch die Roboter gestorben. Doktor Pellew und Doktor Hanson hatten sie behandelt und alle verfügbaren Kunstgriffe angewandt, um die letzten Überlebenden der Menschheit zu erhalten.

„Du verdammte, blödsinnige Maschine!“ platzte Ross heraus. „Wußtest du nicht, daß es langfristige Patienten gab, die noch keine Roboter kannten und darum vor euch erschrecken mußten? Und warum habt ihr sie nicht wieder in Tiefschlaf versetzt? Ihr habt sie einfach sterben lassen! Nach dem Tod des ersten Patienten hättest du doch eigentlich klüger sein müssen und…!“

„Ich hatte es nur mit kurzfristigen Patienten zu tun, die uns Roboter bereits kannten und nicht erschrocken waren“, sagte die Robotschwester. „Und Doktor Pellew hatte uns versprochen, weitere Instruktionen für die sechs langfristigen Patienten zu erteilen. Aber er starb. Es gibt drei Gründe für seine Verhaltensweise: er wußte nicht, welche Instruktionen er noch geben sollte und glaubte, noch solange zu leben, um den ersten der Patienten selber wiedererwecken zu können; oder er kannte die Instruktionen und vergaß, sie weiterzugeben.“

„Er hatte immer ein Gedächtnis wie ein Elektronenhirn“, unterbrach Ross verärgert. „Ich habe in seinem Diarium gelesen und muß das wissen.“

„Oder“, fuhr der Roboter fort, „Doktor Pellew hat versehentlich eine falsche Instruktion erteilt, die er nicht mehr widerrufen konnte. Unsere wichtigste Aufgabe ist, dem Menschen zu dienen und sein Leben zu beschützen. Wir haben die Patienten geweckt in der Hoffnung, daß einer von ihnen leben bleiben würde.“

„So, so! Ihr hättet genauso gut einen Baum absägen können in der Hoffnung, daß er wieder Wurzeln schlägt.“

„Dann fanden wir Sie“, sagte der Roboter, „und standen vor einem schwierigen Problem. Ein Patient, der ewig schläft, ist tot. Erweckten wir Sie aber wieder zum Leben, bestand die Gefahr, daß Sie ebenfalls sterben würden. Und wenn wir Sie, den letzten Menschen, getötet hätten, wären wir unserer Aufgabe nicht gerecht geworden und hätten auch den Inhalt unseres Lebens zerstört. Wir können keinem Menschen dienen, wenn keine Menschen mehr da sind. Aus diesem Grunde haben wir eine eigene Methode entwickelt. Als wir die Wiederbelebung einleiteten, zeigten Sie die gleichen Symptome, indem Sie mit den Armen um sich schlugen, um eine vermeintliche Gefahr abzuwenden. Daher versetzten wir Sie mehrfach erneut in Tiefschlaf und warteten ein ruhigeres Erwachen ab. Es war die einzige Möglichkeit, Sie nicht sterben zu lassen.“

Der Roboter erging sich in komplizierten technischen Einzelheiten und schilderte die in zahlreichen Roboterkonferenzen gefaßten Beschlüsse. Als der intelligenteste Roboter des Hospitals, geschaffen von dem großen Erfinder Courtland, trug er die Verantwortung für die Lösung außerplanmäßiger’ Probleme. Und er hatte diese Probleme gelöst. Der Patient mußte allein erwachen und sich auch allein in seinem neuen Dasein zurechtfinden! ohne zunächst mit den Robotern in Berührung zu kommen. Aus diesem Grunde wurde die sprechende Beethovenbüste erfunden, die zwar unheimliche, doch immerhin noch menschliche Züge aufwies.

„Eigentlich wollten wir erst dann in Erscheinung treten, wenn Sie das Diarium Doktor Pellews gelesen hatten“, führte der Roboter aus. „Aber durch Ihr lautes Schreien…“

„Ihr habt richtig gehandelt“, sagte Ross müde. „Besonders auf dich würde Mister Courtland sehr stolz sein.“

„Danke, Sir.“

„Aber in meinem Fall hättet ihr euch wohl am besten jede Mühe sparen können.“

Der Roboter tickte nichtverstehend.


* * *

Ross verließ plötzlich das Zimmer, ging den Korridor entlang und die ansteigende Rampe hinauf. Dann stand er vor einer Abteilung mit der Beschriftung,Instandhaltung’ an der Tür. Die Robotschwester auf den Fersen, trat er ein und begann die einzelnen Schrankfächer zu durchsuchen. Er fand einen langen Schraubenschlüssel von ungefähr sieben Pfund Gewicht und über zwei Fuß Länge.

„Ich möchte, daß du etwas für mich tust“, sagte Ross.

„Sie wünschen, Sir?“

„Bleibe einen Augenblick stehen und rühre dich nicht von der Stelle.“

„Ja, Sir.“

Ross packte mit beiden Händen den Schraubenschlüssel und ließ ihn mit aller Kraft auf den Metallrumpf des Roboters sausen.

Seine Handgelenke schmerzten, und der Krach war das lauteste, was er nach seinem Erwachen gehört hatte. Durch die Wucht des Schlages entstand in der Brustpanzerung des Roboters ein Loch, und die daraus hervorquellende Flüssigkeit, die an Blut erinnerte, mußte aus einem Batteriesatz stammen. Der Schraubenschlüssel hatte auch einen Arm des Roboters gestreift und drei Ringe gelockert.

Ross schlug noch einmal zu.

Der zweite Hieb verursachte nur eine Beule, weil der Roboter zurückwich, und der dritte ging völlig daneben.

„Stehenbleiben!“ befahl Ross heiser vor Aufregung, hob den Schraubenschlüssel hoch über den Kopf und zielte auf die Augenlinsen des Roboters. Einer der letzten fünf Patienten war ein neunzehnjähriges Mädchen gewesen. Auge um Auge, dachte Ross mit eiskalter Grausamkeit, und für ein totes Mädchen einen Schrotthaufen!

„Mister Ross“, sagte der Roboter, sich weiter zurückziehend, „Sie sind nicht bei Sinnen, denn was Sie tun, ist…“

„Nur ein rein wissenschaftliches Experiment“, erwiderte Ross ein wenig atemlos. „Ich will nur einmal feststellen, ob du so etwas Ähnliches wie Schmerz verspürst. Und ich bin kein Patient mehr, du kannst mich ruhig wieder,Sir’ nennen!“

Dieser Hinweis war sehr wichtig. Es kam darauf an, daß der Roboter in ihm auch weiterhin seinen,Gebieter’ sah, um so müheloser konnte er ihn in seine einzelnen Bestandteile zerlegen. Abgesehen davon, blieb er dann immer noch der Boß. Fiel es dem Roboter ein, ihn wieder als Patienten zu betrachten, war es natürlich umgekehrt.

Wieder griff Ross an, den schweren Schraubenschlüssel wie eine Keule zum Schlag erhoben. Er bemühte sich, seine Wut zu verbergen und machte ein Gesicht, als betrachte er alles nur von der wissenschaftlichen Warte. Dann hatte er den Roboter in eine Ecke gedrängt.

Plötzlich öffnete sich im Rumpf des Roboters eine Klappe. Ross konnte nichts sehen, nichts fühlen, nichts riechen. Sein Schraubenschlüssel schepperte zu Boden, und er folgte ihm Sekunden später.


* * *

Als Ross aus der Betäubung wieder erwachte, sah er ein großes Etwas, das die Form einer Spinne besaß und den Rumpf der Robotschwester reparierte.

Ross grinste, als habe er es nicht so gemeint.

„Ich hätte Ihnen auch mündlich Auskunft erteilen können“, sagte die Robotschwester mit einer ruhigen und durchaus freundlichen Stimme. „Ihr praktisches Experiment, das vorübergehend meine Energie lähmte, war unnötig. Nein, ich fühle keineswegs Schmerzen, obwohl ich mich in der Behandlung dieser Symptome auskenne. In erster Linie bin ich konstruiert worden, um dem Menschen zu dienen. Dieses Bewußtsein verleiht mir die Kraft, über solche Störungen hinwegzusehen.“

„Warum bin ich dann umgefallen?“ fragte Ross. „Das war doch irgendein Betäubungsgas — stimmt’s?“

„Ja, Sir“, gab der Roboter Auskunft.

Ross schüttelte den Kopf. Er schämte sich seines Wutausbruchs gegen diese Maschine, die es offenbar nur gut mit ihm meinte. Am liebsten hätte er sich bei der Robotschwester in aller Form entschuldigt, aber das kam ihm doch ein bißchen komisch vor. Maschinen bat man nicht um Entschuldigung.

Unbeholfen murmelte er: „Dann habe ich dich schlecht behandelt.“

„Es war nur ein Versehen, Sir, das weder bei Ihnen noch bei mir Folgen hinterlassen hat. Bedenken Sie, daß alle Roboter Ihre Diener sind. Ihren Anweisungen zu folgen und Sie zu beschützen, ist unser einziges Vergnügen und unsere Bestimmung. Sollten Sie jemals sterben, würde uns das sehr leid tun.“

„Also habt ihr doch so etwas wie Gefühl“, murmelte Ross. Sollten Sie jemals sterben… Diese Worte gefielen ihm nicht besonders. Der Roboter wußte doch, daß alle Menschen sterblich waren.

Ross erhob sich langsam und blieb einige Minuten auf der Stelle stehen, bis sich sein Schwindelgefühl wieder gelegt hatte. Dann ging er auf die Robotschwester und den Instandhaltungsroboter zu.

„Ich werde die Reparatur in zwanzig Minuten beendet haben“, sagte der Instandhaltungsroboter. Er hatte eine tiefe, männliche Stimme. „Die Schäden sind nur oberflächlicher Natur.“

Ross nickte. „Die meisten Bücher hier sind medizinische Abhandlungen, und die Medizin scheint im Augenblick eine tote Wissenschaft zu sein. Aber hier gibt es eine Bibliothek für Patienten, wenn ich mich nicht irre. Sie liegt in der zweiten Etappe, und ich bin überzeugt, daß sie noch vorhanden ist. Ich gehe jetzt hinauf.“

Als er den Raum verlassen und den Korridor betreten hatte, schloß sich ihm ein Aufwarteroboter an, um ihn gegen Gefahren zu schützen. Ross lächelte sarkastisch und begann den Roboter über seine weiteren Pflichten und Aufgaben auszufragen.

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