»Lautlos« streift eine Reihe von Themen, die unsere heutige Welt prägen: Terrorismus, Nationalismus, Krieg, Medienkultur, Menschenrechte, Wissenschaft und so weiter.
Dem einen oder anderen werden sich beim Lesen vielleicht Fragen dazu stellen. Natürlich kann und will das Buch nicht jede dieser Fragen erschöpfend beantworten. Es ist ein Roman und kein Sachbuch.
Für alle, die dennoch mehr wissen wollen über den Krieg im Kosovo, über Terrorismus, über mafiose Strukturen in Russland, über Amerika, über die Abbremsung von Licht und über Whisky, habe ich diesen Anhang geschrieben. Er vertieft einige der angesprochenen Aspekte, erleichtert das Verständnis und gibt vielleicht die eine oder andere Antwort.
Die Geschichte des Kosovo ist sehr komplex. Für die Serben ist das Kosovo »Heilige Erde«. Es gilt ihnen als die Wiege der serbischen Nation, obwohl das erste serbische Reich im neunten Jahrhundert in Raszien entstand, dem heutigen Sandzak. Tatsächlich hatte das Kosovo bis zum 12. Jahrhundert zum byzantinischen Reich gehört, erst dann wurde es Teil des serbischen Reichs – für fast zweihundert Jahre.
Fast jeder dürfte von der Schlacht auf dem Amselfeld, dem kosovo polje, gehört haben. Mit ihr begann, was 1999 vorläufig endete – der beständige Kampf um ein Stück Land, das wie kaum ein anderes in Europa zum Mythos hochstilisiert worden ist. Am Veitstag, dem 28. Juni 1389, erlitt der serbische Fürst Lazar auf ebendiesem Amselfeld, dem heutigen Kosovo, eine Niederlage gegen das Heer des türkischen Sultans Murad I.; in Lazars Heer fanden sich übrigens auch Albaner, Ungarn, Kroaten und Bulgaren.
Die Niederlage traf die Serben darum so hart, weil das Kosovo im 14. Jahrhundert der weltliche und religiöse Mittelpunkt des serbischen Reichs war, Kornkammer, Weideland und Weingebiet, reich an Bodenschätzen. Prizren war Hauptstadt des serbischen Großreichs, in Pec residierte der Patriarch. Mit Lazars Niederlage endete darum nicht nur eine Schlacht, sondern der gesamte serbische Feudalstaat. Das Ende einer Ära war besiegelt.
Die serbische Mythologie funktionierte die Niederlage denn auch schnell in einen Sieg um, genauer gesagt zu einer Verheißung des Sieges. Lazar sei für das christliche Abendland gefallen, den kulturellen Kampf hingegen habe er gewonnen, den Kampf um den Glauben und die christlichen Ideale. Der Tag werde kommen, da auf Niederlage und Tod Sieg und Auferstehung folgen würden – und dauere es Jahrhunderte!
Ebendiese Verheißung hat Milosevic 1989 heraufbeschworen, als sich die Schlacht auf dem Amselfeld zum sechshundertsten Male jährte. Getrübt wurde seine flammende Vision nur durch den Umstand, dass im Kosovo zu dieser Zeit über neunzig Prozent Albaner und die restlichen Serben sozusagen in der Diaspora lebten.
Aber der Reihe nach.
Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts findet sich das Kosovo endgültig unter osmanischer Herrschaft wieder. Gut fünfzig Jahre später umfasst die osmanische Herrschaft auch sämtliche albanischen Gebiete. Hatten die Albaner zur Zeit des Großserbischen Reichs keine bedeutende historische Rolle gespielt und vorwiegend in den Bergen gelebt, während die Serben die Hochebenen bewirtschafteten, konvertierten die meisten Albaner nun zum Islam und arbeiteten auf den osmanischen Feudalgütern im Kosovo. Sie begannen die Region zu besiedeln.
1690 verzeichnet die Geschichte die »Große Wanderung« der Serben aus dem Kosovo nach Ungarn, was genauer gesagt einem Exodus von mehr als dreißigtausend serbischen Familien gleichkommt. Damit haben die Serben das Kosovo endgültig verloren.
Anfang des neunzehnten Jahrhunderts erheben sich die Serben gegen die Osmanen. Es kommt zu Aufständen. 1830 wird das Fürstentum Serbien ausgerufen, ein halbes Jahrhundert später formiert sich die »Liga von Prizren«, die albanische Nationalbewegung, im Kosovo.
1912 bricht der erste Balkankrieg aus. Die Allianz aus Bulgaren, Serben, Griechen und Montenegrinern vertreibt die Osmanen endgültig vom Balkan. Die Serben erobern das Kosovo »zurück« und töten die Albaner zu Tausenden. Wenige Jahre später wird das Kosovo Teil des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, kurz SHS, aber die Kämpfe nehmen kein Ende. Bis in die zwanziger Jahre liefern sich serbische Cetniks und albanische Kacaks blutige Gefechte. 1929 wird aus SHS das Königreich Jugoslawien, bis Hitler 1941 dort einfällt und das jugoslawische Territorium zwischen Italienern und Deutschen aufteilt. Damit entsteht unter den Besatzungsmächten ein »Großalbanien« unter Einschluss des Kosovo.
Nach dem zweiten Weltkrieg schafft Tito die jugoslawische Monarchie zugunsten einer sozialistischen Föderation ab. Das Gebilde aus sechs Teilrepubliken und zwei autonomen Provinzen erweist sich als politisch stabil, das Kosovo kommt zeitweise zur Ruhe – 1966 wird sogar der serbische Innenminister wegen Repressalien gegen die Kosovo-Albaner abgesetzt. Acht Jahre später schließlich werden dem Kosovo umfassende Selbstbestimmungsrechte eingeräumt.
Tito stirbt 1980. Sechs Jahre danach gelangt ein Mann an die Macht, der bis dahin ein gehorsamer kommunistischer Apparatschik gewesen war, ein eher bürokratischer Typ. Sein Name ist Slobodan Milosevic. Er wird Parteichef in Serbien.
Am 24. April 1987 kommt es zu Demonstrationen der Serben in Kosovo Polje westlich von Pritina. Milosevic verspricht: »Niemand darf euch schlagen!« Die serbische Mobilisierung im Kosovo nimmt ihren Anfang. Bereits ein Jahr später spricht Milosevic offen vom »Sieg im Kampf um das Kosovo« und der »Wiederherstellung der nationalen Einheit Serbiens«. Im März 1989 hebt das serbische Parlament verfassungswidrig die Autonomie des Kosovo auf. Im Mai wird Milosevic serbischer Präsident. Zusammen mit über einer Million Serben begeht er im Kosovo den sechshundertsten Jahrestag der Schlacht vom Amselfeld und verspricht den Serben, ihnen zurückzugeben, was ihnen zustehe. Er erklärt die Albaner zu »Feinden seit sechshundert Jahren«. Zwietracht und Verrat hätten das serbische Volk in seiner langen Geschichte wie ein Fluch verfolgt. Nun aber gelte es, »den Geist der Eintracht, der Zusammenarbeit und der Ernsthaftigkeit zu pflegen!«.
Für die Albaner im Kosovo beginnt ein Jahrzehnt der Repression, Apartheid und Erniedrigung.
1990 erklärt sich das Kosovo für unabhängig und gibt sich unter Ibrahim Rugova eine eigene Verfassung. Zugleich hebt eine neue serbische Verfassung die Autonomie des Kosovo nun auch formell auf. 1992 gewinnt Rugova mit seiner Partei LDK die Parlamentswahlen im Kosovo, die Serbien zwar verboten, aber kaum behindert hat. Man nimmt Rugova und seinen Schattenstaat nicht sonderlich ernst.
1995 erobert Kroatien die serbisch besetzten Gebiete in Westslawonien und in der Krajina zurück. Eine serbische Massenflucht setzt ein. Viele Serben werden umgebracht, einige zehntausend schließlich im Kosovo angesiedelt. Mit dem Friedensabkommen von Dayton endet kurze Zeit später der Krieg in Bosnien-Herzegowina. Den Friedensplan hat die so genannte Kontaktgruppe ausgearbeitet, Amerikaner, Russen, Franzosen, Briten und Deutsche. Die Friedenslösung für das ehemalige Jugoslawien umfasst auch das Kosovo, aber Milosevic zeigt sich verstockt und verweigert jedes Gespräch. Zu diesem Zeitpunkt wird internationalen Beobachtern klar, dass die Eskalation unabwendbar ist.
Im Jahr darauf setzt eine neue Kraft Impulse im kosovoalbanischen Unabhängigkeitskampf. Als nach der Erschießung eines Albaners durch die serbische Polizei fünf Serben erschossen werden, bekennt sich eine gewisse UQK zu dem Anschlag, die Befreiungsarmee Kosova.
Der Konflikt zwischen Albanern und Serben verschärft sich ein weiteres Mal, ungeachtet einer Vereinbarung über die »Normalisierung des Ausbildungssystems für die albanische Jugend«, die von Rugova und Milosevic unterzeichnet wird. Es ist eines von Milosevics Täuschungsmanövern. Tatsächlich wird das Vorgehen der jugoslawischen Polizei und des Militärs gegen die Kosovo-Albaner immer brutaler. Vom Frühjahr bis zum Spätsommer 1998 vertreibt die jugoslawische Armee über eine Viertelmillion Albaner, mordet und plündert, bis Milosevic unter dem massiven Druck der Nato zusagt, seine Truppen aus dem Kosovo abzuziehen.
Man wiegt sich in dem Glauben, die Androhung von Luftangriffen habe Milosevic zur Räson gezwungen. Tatsächlich akzeptiert der jugoslawische Präsident eine zweitausend Mann starke Mission der »Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa«, OSZE, die als Beobachter im Kosovo stationiert wird. Aber schon wenige Monate später kommt es zu den bis dahin schlimmsten Massakern im kosovarischen Recak, direkt unter den Augen der OSZE-Beobachter. Hinein mischt sich die UQK. Milosevic schickt immer neue Einheiten der Sonderpolizei und Armee ins Kosovo, unterstützt von paramilitärischen Schlächterbanden unter Leitung von Männern wie Arkan und Dugi. Nach dem Jahreswechsel treten die Kämpfe und Vertreibungen in eine Phase, die jedem Abkommen Hohn spricht. Die Lage im Kosovo wird immer verworrener, die Meldungen über Gräueltaten häufen sich.
Am 6. Februar 1999 beginnen auf Schloss Rambouillet bei Paris Gespräche zwischen Serben und Albanern, aber man gelangt zu keinem Ergebnis. Elf Tage später werden die Verhandlungen erneut aufgenommen. Die Kontaktgruppe legt einen neuen Friedensplan vor, den die Kosovo-Albaner unterschreiben. Er sieht vor, dass das Kosovo unter serbischer Hoheit verbleibt, aber seine umfassende Autonomie zurückerlangt, dass die UQK entwaffnet wird und Nato- Truppen in der Provinz stationiert werden. Milosevic lehnt die Unterzeichnung des Vertrags ab.
Am 19. März startet Richard Holbrooke, der mittlerweile fast schon legendäre »Architekt von Dayton«, einen letzten Versuch, Milosevic zum Einlenken zu bewegen.
Der jugoslawische Präsident bleibt hart.
Am 24. März 1999 beginnt die Nato ihre Luftangriffe gegen Jugoslawien und greift damit erstmals in ihrer Geschichte einen souveränen Staat an.
Es ist viel darüber spekuliert worden, warum die Verhandlungen von Rambouillet gescheitert sind. Und ob alle Beteiligten gleichermaßen einen Erfolg angestrebt haben. Die Verhandlungen fanden in einem nahezu hermetischen Universum statt, nicht einmal Handys waren den Delegationsmitgliedern während der Verhandlungstage im Schloss erlaubt. Diese Abgeschiedenheit führte zu verschiedenen Spekulationen.
Eine davon sagt, schuld am Scheitern sei ein gewisser Annex B gewesen, ein militärischer Zusatz zum Kapitel 7 des endgültigen Vertragsentwurfs, den die Kontaktgruppe damals vorlegte. Ihm zufolge sollten sich die Nato-Truppen nach einem Abzug der jugoslawischen Verbände aus dem Kosovo in der gesamten Föderation Jugoslawien – also in ganz Serbien und Montenegro – frei bewegen und alle Infrastrukturen jederzeit gebührenfrei benutzen dürfen, immun gegen jede Verfolgung durch die örtlichen Behörden.
Einen solchen Annex hätte tatsächlich kein jugoslawischer Politiker ohne weiteres unterschreiben können. Entsprechend wurden Gerüchte laut, die Konferenz von Rambouillet sei durch den Annex B bewusst sabotiert worden. Wenn es sich so verhält, muss man sich die Frage stellen, wer ein Interesse daran gehabt haben konnte, die Gespräche scheitern zu lassen. Denn der Preis für ein Scheitern hieß Krieg.
Angeblich war die Bundesregierung zumindest zeitweise nicht über den Annex B informiert. Joschka Fischer sagte seinerzeit, der besagte Annex sei verhandelbar gewesen. Dem widersprachen russische Diplomaten. Ihnen zufolge waren der Annex B und andere in Kapitel 7 enthaltene Bestimmungen zur Implementierung von Nato- Truppen in der zweiten Verhandlungswoche von den USA und Großbritannien vorgelegt worden – und zwar ohne Absprache mit den anderen Mitgliedern der Kontaktgruppe und als nicht verhandelbar.
Etwa zu dieser Zeit verschlechterte sich das Klima zwischen Russland und der Nato drastisch. Ob daran tatsächlich der Annex B schuld war, bleibt dahingestellt. Er steht symbolisch für die Vielzahl widersprüchlicher Informationen, die man damals erhielt und die den Verdacht aufkommen ließen, in Rambouillet sei nicht richtig verhandelt worden. Fest steht, dass sich in Rambouillet Interessen mischten, welche die Verhandlungen nicht eben erleichterten – und schließlich den Krieg nach sich zogen, den die Nato bis zum Abkommen von Kumanovo am 9. Juni 1999 führte. Ein Krieg, in dem sich alle Parteien grob verschätzten: die Nato, weil sie glaubte, Milosevic würde nach wenigen Tagen einknicken, und Milosevic, weil er die Entschlossenheit der Nato unterschätzt hatte.
Darüber, ob der Krieg der Werte am Ende tatsächlich ein gerechter Krieg war, gibt es unterschiedliche Meinungen. Fest steht, dass Milosevics mörderische »ethnische Säuberungen« unter dem »Schutz« des Nato-Bombardements intensiviert wurden. Fest steht ebenso, dass die Massaker und die Vertreibungen begonnen hatten, lange bevor die Nato ihre erste Bombe abwarf.
Die wichtigste Aussage zum internationalen Terrorismus liefert die Geschichte des Buches selbst. Dass nämlich die alten TerrorismusRegeln nicht mehr gelten. Janas Probleme bei der Konzipierung einer Waffe erwachsen der verschärften Wachsamkeit der internationalen Sicherheitsorgane, und die wiederum gründet auf der berechtigten Angst vor Anschlägen, die den Tod von Millionen Menschen zur Folge haben könnten.
Hier ein paar vertiefende Anmerkungen dazu.
Die Frage, ob es zu rechtfertigen sei, ganze Stadtviertel oder sogar Megastädte dem Erdboden gleichzumachen, hätten die Aktivisten der Siebziger und Achtziger noch mit einem klaren Nein beantwortet. Gerry Adams, einer der legendären Köpfe der IRA, hatte sich im gleichen Atemzug zur öffentlichen Gewalt bekannt, in dem er jeden unnützen Akt der Brutalität verurteilte: »Wenn ich eine Situation herbeiführen kann, in der mein Volk blüht, werde ich zur Waffe greifen.« Auch der politische Flügel der Irisch-Republikanischen Armee, Sinn Fein, hat gezielten Terrorismus seitens der IRA mit einkalkuliert beziehungsweise nicht versucht zu verhindern. Nie aber hätte sich die IRA zu Aktionen hinreißen lassen, die den sinnlosen Tod Hunderter oder Tausender Menschen zur Folge gehabt hätten. Es verlief eine unsichtbare Grenze im Selbstverständnis des Nachkriegsterrorismus, die viel mit der Psychologie der Akteure und ihren Zielen zu tun hatte. Sie zu überschreiten, hätte die Ächtung der Szene nach sich gezogen, die noch in den achtziger Jahren auf der Klaviatur der öffentlichen Meinung klimperte und dabei ganz beachtliche Resultate erzielte.
Lange Zeit waren die Gruppierungen bemüht gewesen, die Waage zwischen akzeptabler Gewalt und Gewaltfreiheit zu halten. Akzeptabel hieß in diesem Zusammenhang natürlich, aus der Sicht des jeweiligen Betrachters. Dennoch hatten Organisationen wie die RAF oder die Roten Brigaden ihr Tun grundsätzlich auf eine verquere, seltsam hilflose Moral gebaut. Der Linksterrorist Michael Baumann missbilligte Ende der Siebziger die Entführung einer LufthansaMaschine durch seine Gesinnungsgenossen, weil er fand, die Revolutionäre Front dürfe sich nur auf schuldige Personen konzentrieren, und das Hineinziehen Unschuldiger sei unethisch. Im freien Fall dieser Argumentation bewegte sich auch Mario Moretti, Kopf und Planer der Roten Brigaden, als er sich 1984 vor Gericht für die Entführung und Ermordung von Aldo Moro zu verantworten hatte. Man habe nicht den Menschen Moro entführt, erklärte er den Ausschüssen, sondern seine Funktion. Nicht Menschen veränderten die politische Landschaft, sondern Symbole und symbolische Werte. Nie hätten die Roten Brigaden Leid über Menschen bringen wollen.
Lässt man die Ethik beiseite, offenbaren sich ziemlich handfeste Gründe für die Eingrenzung des Schreckens. In letzter Konsequenz ging es darum, Anhänger zu gewinnen, die keine Terroristen waren. Man erzwang die Bereitschaft zuzuhören, um sie dann sinnvoll zu nutzen, Nachdenklichkeit und Sympathie zu erzeugen und seine Lobby zu vergrößern. Die Aktivisten der frühen Jahre waren sich darüber im Klaren, wie schnell man gewonnene Anhänger wieder verschrecken konnte, und die Hemmschwelle in den Siebzigern und Achtzigern lag ganz woanders als heute.
Hin und wieder war diese alte Form des Terrorismus sogar erfolgreich. Im Buch wird die Verleihung des Friedensnobelpreises an Jassir Arafat erwähnt. Er ist vielleicht das beste Symbol für die Kunst, gezielten Terror in Politik umzuwandeln (was sicherlich keine Entschuldigung für jedweden Akt der Gewalt ist). Gerade die PLO hatte sehr geschickt mit den Gefühlen der Menschen jongliert. Sie hatte intelligent und gezielt operiert. Sie hatte einer breiten Weltöffentlichkeit Verständnis dafür abgerungen, dass sie so und nicht anders handeln musste. Nicht nur mit dem legendären Handschlag zwischen Arafat und Rabin, abgesegnet von Clinton als salomonischer Instanz, war der Weg des Terrorismus in Facetten salonfähig geworden – die britische Königin Elisabeth II. empfing Nelson Mandela als legitimen Regierungschef seines Landes genau ein Jahrzehnt, nachdem Maggie Thatcher gesagt hatte: »Jeder, der glaubt, dass der African National Congress irgendwann einmal die Regierung in Südafrika übernehmen wird, lebt in einem Wolkenkuckucksheim.«
Die PLO ist insofern interessant für das Verständnis des Terrorismus jener Jahre, weil sie den klassischen Weg der Zielerreichung des Terrorismus dokumentiert: Aufmerksamkeit schaffen, Bestätigung und Anerkennung erlangen, Autorität gewinnen, die Regierungsgewalt übernehmen. Und – nicht zu vergessen – sich beizeiten von der Vergangenheit distanzieren.
Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum der Tokioter Giftgasanschlag eine solche Welle der Erschütterung auslöste. Niemand war auf eine solche Entwicklung vorbereitet gewesen. Nur wenige Wochen später starben beim Sprengstoffanschlag auf das Bundesverwaltungsgebäude in Oklahoma City einhundertzwanzig Menschen. Zwei Jahre zuvor hatte bereits der Anschlag auf das World Trade Center in New York City für Furore gesorgt. Wie es aussah, war der internationale Terrorismus in eine Phase erhöhter Gewalttätigkeit und gesteigerten Blutvergießens eingetreten, die auf diffusen religiösen und rassistischen Maximen gründete. Gerade der religiöse, aber auch der staatlich geförderte Terrorismus totalitärer Regimes macht uns heute Angst, weil es diesen Terroristen egal ist, wie viele Menschen sie töten – beziehungsweise je mehr, desto besser. Und weil selbst ausgebuffte Terrorismusexperten nicht mehr sagen können, was diese Organisationen eigentlich wollen.
So sinnlos Taten wie der Anschlag von Tokio anmuten mögen, fußen sie doch zumindest teilweise auf hoher technologischer und logistischer Intelligenz und enormen finanziellen Ressourcen. Das lässt vermuten, dass nicht nur die ideologischen Urheber daran beteiligt sind, sondern auch gekaufte Profis, und genauso ist es. Der Markt der Auftragsterroristen war noch nie so groß – und zeigte noch nie so wenig Skrupel. Selbst Carlos, der legendäre »Schakal« und Topterrorist der Siebziger und Achtziger, der 1994 von den französischen Behörden verhaftet wurde, verstand sich ansatzweise noch als Mann mit Überzeugungen, dem repressive Staaten keine Alternative gelassen hatten, als zur Waffe zu greifen. Spätestens seit Beginn der Neunziger hat sich die Frage nach Moral weitestgehend erledigt. Die Schattenwelt der Auftragskiller erhält ständigen Zufluss
Überbleibsel gescheiterter nationalistischer Gruppen aus aller Welt, ehemalige Offiziere des KGB, Scharfschützen aus den Reihen der Söldner und Elitetruppen, Fremdenlegionäre und gescheiterte Polizisten. Mit den diffuser werdenden Zielen weltweit operierender terroristischer Vereinigungen und deren allmählicher Umwandlung in Profit-Center sind die Skrupel einer Leila Khaled verschwunden und nüchterner Exekutive gewichen. Ein Vater des modernen Terrorismus, Abu Nidal, verwaltete in den Achtzigern rund vierhundert Millionen Dollar. Die ANO, die Abu Nidal Organization, erhielt ihre
Aufträge vornehmlich aus Syrien, Libyen und dem Irak. Sie stellt das vielleicht beste Beispiel dafür dar, dass ein politischer Attentäter nicht notwendigerweise ein radikaler Ideologe, religiöser Fanatiker oder extremer Nationalist sein musste. Verlangt wurden Dienstleistungen. Die ANO hat ihre ursprüngliche Motivierung, religiöse oder politische Veränderungen herbeizuführen, schließlich fallen gelassen, sich ausschließlich auf Gelderwerb verlegt und die Gewinne geschickt in Unternehmen und Grundstücken angelegt. Zur ANO gehören eine höchst profitable multinationale Waffenhandelsgesellschaft mit Sitz in Polen sowie Institute für technologische Forschung und diverse Stätten der Vergnügung. Die gigantischen Profite machen ein Finanzdirektorium innerhalb der Gruppe erforderlich, das Abu Nidal, wie es heißt, persönlich leitet. Aus dem religiösen Bombenleger ist der Chairman einer Holding geworden, und viele eifern ihm nach. Selbst die ideologisch untadelige marxistisch-leninistische JRA hat zur selben Zeit wie Abu Nidal ein Vermögen durch Auftragsterrorismus angehäuft.
Die Frage der Auftragsterroristen von heute lautet nicht mehr, ob man für Geld tötet, sondern wie weit man geht. Hier schrecken möglicherweise selbst Leute wie Carlos, Abu Nidal oder Abu Abbas zurück, wenn ihnen anheim gestellt wird, in der New Yorker Innenstadt eine Atombombe zu zünden. Andere hingegen würden es tun.
Die Terrorismusforschung hat alle Hände voll zu tun, dem zuvorzukommen. Man weiß heute, dass nur der gesteigerte Austausch von nachrichtendienstlichen Erkenntnissen und eine polizeiliche und militärische Zusammenarbeit auf allen Ebenen den neuen Gefahren erfolgreich entgegen wirken kann. Nachdem die englische Armee schon vor Jahren zugegeben hat, dass sie der IRA technologisch unterlegen ist, wird man sich hinsichtlich des Terrors von morgen auf ganz andere Kaliber einzustellen haben.
Dieses Thema erschöpfend abzuhandeln, ist fast unmöglich. Die Russenmafia hat sich mittlerweile zu einem amorphen Gebilde entwickelt, das weltweit operiert und zum Teil mit Russland gar nichts mehr zu tun hat.
Im Buch ist die Rede vom Moskauring. Dazu ein paar Anmerkungen, die beispielhaft sein mögen für das, was wir heute unter der russischen Mafia verstehen.
Erstmalig Erwähnung gefunden hat der Ring in der Moskauer Zeitung Rossijskaja Gaseta, die Mitte der Neunziger mit der Mutmaßung an die Öffentlichkeit getreten war, im Schatten des Kreml hätten sich einflussreiche Beamte und Geschäftsleute zu einer mächtigen und finanzstarken Gruppe zusammengeschlossen, die sich selbst Moskauring nenne und das Ziel verfolge, aus der prosperierenden Hauptstadt Kapital zu schlagen.
Angeblich, heißt es, hat der Ring sogar das Moskauer Bürgermeisteramt vereinnahmt. Über das Finanzdepartment, das dem Bürgermeisteramt angegliedert ist, werden eigene Firmen gegründet, die der Abwicklung von Finanztransaktionen dienen. Den Erlös kassieren Politiker und Geschäftsleute, die dem Ring angehören. Das Geld wandert nun auf deutsche, schweizerische oder österreichische Konten. Zum Beispiel hat sich das Bürgermeisteramt gleich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion das Besitzrecht am früheren Hauptsitz des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe gesichert. Allein durch die Vermietung von Büroflächen werfen solche Liegenschaften Profite in Millionenhöhe ab. Vor allem aber unterstehen sie nicht der staatlichen Kontrolle, sondern sind halb privatwirtschaftlich. Das heißt, die offizielle städtische Kasse sieht nichts von den Gewinnen, denn die fließen in die vorgeschobenen, vom Ring kontrollierten Unternehmen. Der Ring kauft davon Hotels und Spielcasinos, die wiederum vom Finanzdepartment kontrolliert werden. Daraus erwirtschaftete Devisen werden über ausländische Firmen auf europäische Konten transferiert, und so entsteht außerhalb von Russland russischer Reichtum.
Das Wiener Innenministerium hat festgestellt, dass im Schnitt jeden Monat zehn russisch-österreichische Handelsfirmen gegründet werden, in denen die Österreicher vornehmlich Strohmänner sind. Längst ist das Firmengeflecht aus mafiosen und legalen Unternehmen unüberschaubar geworden. In der Schweiz warnt die Zentralstelle zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens davor, die Russenmafia Schweizer Unternehmen erwerben zu lassen, deren Mitglieder nach und nach ausgetauscht würden, bis hinter der legalen Fassade eine mafiose Schattenwirtschaft entstehe. In England berichtete die Financial Investigation Unit der Stadtpolizei von London 1996, die Russenmafia wasche Hunderte von Millionen Pfund über den Londoner Börsenhandel.
In Deutschland sieht es nicht viel besser aus.
Russlands Problem ist, dass die russische Führung ohne das Geld der Mafia nicht überlebensfähig wäre. Und dass diese Mafia irgendwann aufhört, Mafia zu sein. Die Spitze wird ehrbar. Es fragt sich, welche Diskussionen über Recht und Unrecht man noch führen will, wenn Staat und Halbwelt eins werden, ob sie nun wollen oder nicht. Das Geld verwischt alle Grenzen. Für die Janas und Mirkos dieser neuen Welt, überhaupt für den gesamten Auftragsterrorismus, tun sich faszinierende Möglichkeiten auf. Ein Dienstleistungsmarkt ist geboren, wie es ihn ansatzweise allenfalls im Italien der großen Paten und im Amerika Al Capones gegeben hat.
Gerade die russische Mafia zeigt uns die Schwächen in der legalen Politik auf und lässt uns den Glauben an die Seriosität von Spitzenpolitikern verlieren. Wir fragen uns, warum etwa ein Boris Jelzin nicht mehr dagegen unternehmen konnte. Die Antwort ist schnell gegeben: Wir neigen dazu, unsere Politiker zu überschätzen. Wir glauben, alles, was sie tun, sei von langer Hand geplant, gut durchdacht und in nüchterner Atmosphäre gewissenhaft erarbeitet.
Dazu eine kleine Geschichte.
In den letzten Tagen der Gorbatschow-Regierung fanden sich der russische Präsident Boris Jelzin, der ukrainische und der weißrussische Regierungschef zu einem konspirativen Treffen zusammen. Man traf sich in der Datscha des Weißrussen und tagte. Beobachter – ehemalige Leibwächter – sprechen davon, dass man eher nächtigte und dass in jener Nacht das Ende der Sowjetunion beschlossen wurde, als der Tisch voll leerer Flaschen stand. Ebenso wie die Putschisten, die Gorbatschow seinerzeit hatten stürzen wollen, allesamt stockbetrunken gewesen waren (und völlig ahnungslos, was sie am Tag nach dem Putsch tun sollten), fiel auch hier die Entscheidung nicht gerade nüchtern. Irgendwann war es ausgesprochen, und nun ging es darum, wer Gorbatschow die unerfreuliche Nachricht überbringen sollte. Niemand hatte dazu Lust. Sie hatten soeben das Ende der größten Union der Welt beschlossen, aber es war ihnen aus persönlichen Gründen peinlich, Gorbatschow damit den Tag zu verderben. Keiner traute sich richtig. Wie Schuljungen, die einen Streich gestehen sollen, feilschten sie darum, wer denn nun die Katze aus dem Sack lassen sollte. Als Jelzin den damals noch als Staatspräsident der Sowjetunion amtierenden Gorbatschow schließlich anrief, um es ihm zu sagen, gerüchtete es in dessen Umfeld schon gewaltig. Gorbatschow war fassungslos – und von einem Tag auf den anderen entmachtet.
So viel zur politischen Kontrolle.
Das soll nicht heißen, dass politische Entscheidungen grundsätzlich auf eine solche Weise gefällt werden. Aber es zeigt, dass Politiker auch nur Menschen sind. In Situationen, denen sie allzu oft nicht gewachsen sind, können auch sie nur tun, was ihnen persönlich – oder ihren Beratern – richtig erscheint. Gorbatschow, einer der mächtigsten Männer der Welt, stürzte am Ende über ein Trio, das sich zusammengefunden hatte wie die kleinen Strolche. Dass Politiker auch über straff organisierte Unterweltorganisationen stolpern können, verwundert da kaum.
Im Augenblick ist die russische Regierung unter Putin sehr daran interessiert, der Unterwanderung durch mafiose Strukturen entgegenzuwirken. Das wird nicht einfach sein. Denn das Problem sind nicht die klassischen Gangster, sondern die halblegalen Strukturen. Dort, wo sich ehrbare Politik und Unterwelt die Hand reichen, lauern die Gefahren, zeichnet sich der Weg in eine durch und durch kriminalisierte Welt ab. Wollte man fatalistisch sein, könnte man sagen: Wenn alle Lumpen sind, sind wir im Ganzen wieder ehrlich, also was soll’s. Und genauso funktioniert die russische Mafia.
Aber sie muss nicht funktionieren. Was Europa braucht, ist ein länderübergreifender Austausch. Eine engere Zusammenarbeit des Westens mit Russland könnte sicherlich dazu beitragen, dass es nicht zur globalen Kriminalisierung von Politik und Wirtschaft kommt.
Silberman, der White-House-Korrespondent in diesem Buch, thematisiert den American way of life anhand der Medienkultur. Zwangsläufig kommt dabei auch ein gewisser präsidentialer Fehltritt zur Sprache. Mittlerweile kann zwar keiner mehr den Namen Lewinsky hören, aber die Republikaner werden nicht müde, immer wieder aufs Neue davon anzufangen, also sollte man sich nicht täuschen lassen. Sosehr die Affäre allen Beteiligten und Nichtbeteiligten zum Halse heraushängen mag, hat sie die Art und Weise, wie politische Auseinandersetzungen in Zukunft geführt werden, nachhaltig beeinflusst.
Wie es so weit kommen konnte, dass ein hochrangiger Politiker wegen eines Seitensprungs an den Pranger der Weltöffentlichkeit gestellt wurde, ist die eine Frage. Die andere stellt sich in direktem Zusammenhang: Was muss geschehen, damit Politik kein weiteres Mal derart unter die Gürtellinie geht? Und welche Gefahren birgt ein gesellschaftliches System, das einen politischen Totschlag wie diesen ermöglicht?
Natürlich maßt sich dieses Kapitel nicht an, ein Bild von Amerika zu entwerfen. Aber es vertieft einige Aspekte, die dem besseren Verständnis dienlich sind.
Grundsätzlich muss man die Unterschiede betrachten, die zwischen der europäischen und der amerikanischen Wertauffassung liegen. Das Europa von heute, speziell Mitteleuropa, ist trotz rechter und linker Auswüchse von ausgleichenden Kräften geprägt. Man neigt zur Verständigung. Alle großen Parteien fahren einen mehr oder weniger gemäßigten Kurs, selbst das Verhältnis zur Kirche stellt Versöhnlichkeit in den Vordergrund. Nach Jahrhunderten und Jahrtausenden, die geprägt waren vom Erbe alter und dem Erwachen neuer Kulturen, von ständigen Grenzverschiebungen, von der Durchmischung unterschiedlichster Volksstämme, von Kreuzzügen, Revolutionen und Weltkriegen, von Primitivität und Brutalität einerseits und enormen geistigen und ethischen Errungenschaften andererseits, sind wir (vorläufig) auf einem Stand der allgemeinen Harmonisierung angelangt. Nicht, weil wir so tolerant sind, sondern weil wir erkennen, dass Toleranz und Koexistenz Sachzwänge sind.
Demgegenüber blicken die USA auf eine wesentlich jüngere Geschichte zurück. Die Weltkriege haben hier nicht stattgefunden, eine abgeklärte Rückschau auf die eigene Geschichte ebenso wenig. Die hausgemachten Probleme der Gründerzeit dauern an. Die Rassenproblematik, die unrühmliche Geschichte der Indianerkriege, die Religionsfrage, all das. In Europa haben die kulturellen Entwicklungen gemächlich stattgefunden, in den Staaten sind die Menschen aus einer Zeit archaischer Moralvorstellungen und erzreligiöser Auffassungen, provinziellen Wildwestdenkens und gesellschaftlicher Primitivität in ein High-Tech-Universum katapultiert worden – und das innerhalb kürzester Zeit, in nur zwei Jahrhunderten.
Amerika hat seine Entwicklung zwar vollzogen, aber längst nicht verarbeitet. Es brodelt, als habe die Besiedelung gerade erst stattgefunden. Und es brodelt umso mehr, als die Amerikaner mit aller Macht versuchen, es anders darzustellen, weil sie so gern auf eine lange Geschichte zurückblicken würden, die sie nicht haben (darum auch das große Interesse Amerikas an europäischer Historie und Kultur). Die USA sind zerrissen zwischen extremen Auffassungen, die Geschichte der Vereinigten Staaten geprägt von moralischer und physischer Gewalt. Das amerikanische System krankt an seiner eigenen Diffusität. Innerhalb einer machtvollen Union, die sich als Symbol der Einigkeit versteht wie keine zweite in der Welt, stehen einander fünfzig Staaten im Wege, deren Identitätsverständnis zum Teil extrem differiert. Als Folge gehen weltumspannende Interessen und globale Allmacht der USA einher mit bauerndummer Ignoranz gegenüber allem, was hinter dem nächsten Maisfeld liegt. Nirgendwo sonst in der Welt sind die Widersprüche so groß.
Dementsprechend hat Amerika keine nationale Identität wie etwa Deutschland, Frankreich oder England. Der Patriotismus mancher Hollywood-Produktion kann darüber nicht hinwegtäuschen. Er dient vielmehr dazu, den Mangel an innerem Gleichtakt zu kompensieren. De facto ist die amerikanische Gesellschaft ein lockeres Konglomerat aus Interessen und Werteauffassungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie setzt sich zusammen aus wenigen, die viel, und vielen, die wenig haben, aus Liberalen und Demokraten auf der einen und Republikanern auf der anderen Seite, deren radikale Vertreter das Rad der Geschichte notfalls mit allen Mitteln zurückdrehen möchten.
Natürlich sind die USA auch großartig in vielerlei Hinsicht. Tatsächlich gibt es dieses Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das dem Einzelnen unvorstellbare Offerten zur Entfaltung seiner Individualität bietet. Dieses Amerika ist eine einzige Geschichte der Freiheiten und Erfolge – das andere hingegen eines, das im Justizvollzug täglich die Menschenrechte verletzt, in dem Minderjährige und Geisteskranke hingerichtet werden, dreißig Millionen Menschen private Sicherheitsdienste in Anspruch nehmen müssen und eineinhalb Millionen Menschen hinter Gittern vegetieren. Ein Land, das für Gefängnisse mehr ausgibt als für Hochschulen, und in dem der Ku-Klux-Klan eine beispiellose Renaissance erlebt.
Und – zugegeben – in kaum einem anderen Teil der Welt hat es derart überzeugende Aufrufe für Toleranz und Gleichheit gegeben wie in Amerika, hat der Fortschritt eine solche Chance erhalten. Umso mehr aber sind die Reaktionäre zurückgewichen in die Vergangenheit der pilgrim fathers, der ultraprüden Sexualneurotiker und religiös motivierten Rassisten. Selbsternannte Christen ohne jede Nächstenliebe, die ihren Glauben notfalls mit Gewalt predigen, gewinnen Oberwasser. Dumpfe Moralwächter, zu allem bereit, sehnen mittelalterliche Zustände herbei. Das freieste Land der Welt steht hinter dem islamischen Fundamentalismus in nichts zurück, wenn man einen Blick auf die erzkonservative Szene wirft.
In diesem Land kann kein Präsident regieren, der es jedem irgendwie recht macht. Bis heute wurde jeder amerikanische Präsident Opfer von Feindseligkeit, Spott und Verachtung, weil es in den Staaten unmöglich ist, eine Richtung zu vertreten, die jedem akzeptabel scheint. Egal, was der Präsident sagt, immer hat er einen Teil des Volkes gegen sich. Lincoln, McKinley und Kennedy haben das nicht überlebt, Roosevelt und Reagan fast nicht, selbst Gerald Ford sollte umgebracht werden, und der war nun wirklich ein harmloser Zeitgenosse.
Und plötzlich kam Bill Clinton. Er kam als Hoffnungsträger eines neuen und weltoffeneren Amerika. Weniger prüde als seine Vorgänger, friedensorientiert, auf Abrüstung und Verständigung bedacht, randgruppenfreundlich, idealistisch, jung. Er brachte Sinnlichkeit und Spaß mit in die Politik. Der Wahlkampf wurde auf dem Saxophon geführt. Clinton kam und brachte die Welt der Reaktionäre in Unordnung. Eine mächtige Welt. Eine Lobby.
Er legte sich mit der Rüstung an, und die Rüstung ist konservativ, sie kann es nur sein. Vor allem aber repräsentiert sie in den USA eine Säule, auf der ein Großteil des amerikanischen Wohlstands ruht. Die amerikanischen Steuerzahler haben sechs Billionen Dollar in die atomare Aufrüstung gesteckt. Fast zwanzig Billionen Dollar hat das Gleichgewicht des Schreckens bis heute insgesamt gekostet – verständlich, dass der Kalte Krieg der Rüstungsindustrie ans Herz gewachsen ist. Aber Clinton wollte den Kalten Krieg beenden.
Auch die Waffenlobby tobte. Wie konnte Clinton den öffentlichen Verkauf von Handfeuerwaffen verbieten wollen? Opa die harmlose kleine Maschinenpistole abnehmen, so dass die Kinder nicht mehr die pädagogisch wertvolle Erfahrung des Schießens machten, wo doch alles voller Nigger, Juden, Kommunisten und Pazifisten war? Dieser Präsident musste ja wohl selber Kommunist sein. Oder Pazifist!
Bis jetzt haben wir einen Blick auf die offizielle, die legale Fraktion geworfen, die schlicht und einfach anderer Auffassung ist als die demokratische. Diese Gegner Clintons sind Personen des öffentlichen Lebens, die ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen formulieren. Ihr Anspruch gründet – ob sie es wollen oder nicht – auf eine breite, extremistische Bewegung, die weiter am rechten Rand steht, als man es sich in Europa vorstellen könnte. Da sind die gewaltbereiten Suprematisten, die aufwieglerischen, antisemitischen und rassistischen Christian Patriots, die rund achthundert regierungsfeindlichen Milizen, die jede Waffenkontrollgesetzgebung ablehnen, Verschwörungstheorien verbreiten und Clinton verdächtigen, die Amerikaner entwaffnen zu wollen, um die Russen und die Chinesen ins Land zu lassen, die ganze rechtsextreme Szene. Ein Blick ins Internet reicht. Die Michigan Militia zum Beispiel erzählt dort, was Clinton vorhat. Mit kommunistischen Horden, sowjetischer Ausrüstung und Latinobanden die Opposition zu zerschmettern. Dagegen proben sie den Aufstand. Ihre Theorien sind mehr als lächerlich, dennoch haben sie zwölftausend Mitglieder, und sie können auf beachtliche Summen zurückgreifen! Die rechtsextreme Szene wird auf zwölf Millionen Mitglieder geschätzt, und sie sind in der Gesellschaft ähnlich stark verankert wie Le Pen oder Schirinowski in Europa, mehr als die Skinheads in Deutschland.
Das alles bezieht das republikanische Amerika achselzuckend in seinen Sittenkodex mit ein, aber wegen einer schmierigen kleinen Nummer im Oval Office nageln sie einen Präsidenten ans Kreuz, der zumindest versucht hat, den Missständen abzuhelfen. Das ist nur möglich in einem Land, in dem sich gesellschaftliche Strömungen mit rasender Geschwindigkeit auseinander entwickelt haben, und das keine Zeit hatte, zu einer nationalen Identität zu finden. Einem Land, in dem die Oberfläche gemäßigt erscheint, während darunter die Konflikte schlimmer aufbrechen denn je, und ausgerechnet die Tugendwächter jede Moral und Ethik mit Füßen treten, weil sie befürchten, Opfer der Modernisierung und eines neuen Denkens zu werden.
Clinton ist ein Symbol, das muss man begreifen. Es geht nicht um seine Person, sondern um seine Funktion, um das, was er repräsentiert. Er steht stellvertretend für den Krieg zwischen Fortschritt und Rückschritt, den das zerrissene Amerika mit sich ausfechtet. Die Methoden sind in den letzten Jahren immer rücksichtsloser geworden, und alle haben begeistert mitgemacht. Mit verstörenden Resultaten. Dass Clinton am Rande des Abgrunds stand, verdankte er beispielsweise den Medien – paradoxerweise hat das modernste Medium, das Internet, die mittelalterliche Hexenjagd am meisten begünstigt. Wahrscheinlich ist die Rechnung der Medienverantwortlichen sogar aufgegangen: Subtrahiere vom zu erwartenden Umsatzplus mögliche Schadensersatzforderungen. Ist das Ergebnis größer als null, wird eine mies recherchierte und moralisch verwerfliche, dafür aber spektakuläre Berichterstattung ohne Bedenken in Gang gesetzt. Andererseits haben die Medien Clinton aber auch gerettet. Verwirrend? Nicht in einer Medienwelt wie unserer. Am Ende sind Präsident und Medien einander ähnlicher geworden, als beiden lieb sein kann. Beide haben ihre moralische Reputation eingebüßt.
Gleiches gilt für andere öffentliche Kräfte. So hat das FBI von Monica Lewinsky verfasste Liebesbriefe an Clinton, die sie nie abgeschickt und sogar am PC gelöscht hatte, durch EDV-Spezialisten wieder sichtbar gemacht – um was zu beweisen, fragt man sich? Sind gesellschaftliche Wertvorstellungen nur noch durch Tabubruch und Outing darstellbar? Wer oder was soll hier geschädigt werden? Der Präsident? Oder die Demokratie, die Freiheit des Einzelnen?
In der Tat ist die Entwicklung bedenklich. Bei Nixons Watergate waren Politiker und Medien noch zurückhaltender. Nixon ist nie derart demontiert worden wie Clinton, nie so in der Öffentlichkeit bloßgestellt worden. Aber die Zeiten haben sich geändert.
Ein anderes Beispiel. Jeder wusste, dass Roosevelt behindert war, aber man ging darüber hinweg. Der Anstand wurde gewahrt, auch von den Medien, die seine Behinderung einfach nicht thematisierten. Es gab keine Bilder des Präsidenten auf Krücken oder im Rollstuhl. Keine Zensur hätte es verboten, aber man war der Ansicht, es ginge um Politik und Integrität und um nichts anderes. Demgegenüber guckte man Clinton in die Hose, und seine Inquisitoren mit ihren moralisierenden Parolen weideten sich genüsslich und öffentlich an der Tatsache, dass der Präsident einen krumm gewachsenen Penis hat. So viel zum Stil der aktuellen politischen Auseinandersetzung.
Immerhin haben die Reaktionäre ihre Schlammschlachten bisher verloren. Wohl, weil sie in ihrem Hass und ihrer Verblendung übersehen haben, dass sie mit der Veröffentlichung des Kenneth – Starr-Reports eine unsichtbare Grenze überschritten haben, die ihnen zwar das Interesse der Bevölkerung sicherte, zugleich aber deren Abscheu eintrug. Sie haben darum verloren. Dennoch ist unverkennbar, dass sich hier beispielhaft eine neue Unkultur anbahnt, welche die politischen Auseinandersetzungen der Zukunft zu bestimmen droht.
Auch Europa ist von solchen Entwicklungen im Ansatz betroffen. Wenn sich erst rechte Lobbyisten mit religiösen Fundamentalisten zusammentun, haben wir die Lewinsky-Affäre morgen in Deutschland mit all ihren fatalen Folgen.
Nicht Professor Dr. Liam O’Connor ist es gelungen, das Licht abzubremsen, sondern dem Münchner Physiker Achim Wixforth.
Licht hat ein paar überaus interessante Eigenschaften für die Datenübermittlung. Zum einen sind Photonen (Lichtteilchen) virtuell, sprich körperlos, zum zweiten legt Licht in der Sekunde 300 000 Kilometer zurück. Das heißt, mittels Lichtimpulsen lassen sich ungeheure Datenmengen in atemberaubender Geschwindigkeit übermitteln. Darum werden unzählige Kilometer Glasfaserkabel täglich in der Erde verlegt, um die Datennetze von morgen zu knüpfen.
Die Geschwindigkeit ist aber zugleich auch das Problem. Um Lichtimpulse zu verlangsamen – genauer gesagt, um zu erreichen, dass sie verzögert eintreffen – müssen Techniker derzeit endlose Mengen Glasfaserkabel in ihre Netze schalten, die um Spulen gewickelt sind. Sie müssen das Licht auf einen zeitraubenden Umweg schicken, um millionstel Sekunden herauszuschinden.
Könnte man Licht hingegen nach Belieben verlangsamen und wieder beschleunigen, täten sich ungeahnte Möglichkeiten auf – bis hin zu optischen Computern, die gewaltige Datenmengen in Geschwindigkeiten verarbeiten können, wie es kein gängiger Computer kann.
Der Forschungsgruppe um Achim Wixforth ist es gelungen, das Licht in eine Falle zu locken. Wixforths Lichtbremser ist ein wenige Millimeter großer Kristall. Man nennt solche Kristalle Quantentöpfe. Sie bestehen aus verschiedenen Galliumarsenid-Verbindungen und sind eigentlich nichts Besonderes. Man findet sie als Basis vieler Halbleiter-Bauelemente, zum Beispiel in den Lasern von CD-Playern.
Wenn man Licht in einen solchen Kristall schickt, entstehen darin positive und negative Ladungen, die einander sogleich vernichten und ihrerseits einen Lichtblitz erzeugen. Vereinfacht gesagt – das Licht flitzt durch den Kristall mit der üblichen Geschwindigkeit. Wixforth hat nun zeitgleich mit dem Lichtimpuls Schall in den Kristall geschickt. Die Schallwellen sind winzig, nur millionstel Millimeter hoch, aber wir müssen uns das Ganze auf dem Gebiet der Nanostrukturen vorstellen. Und da präsentiert sich der Effekt plötzlich anders. Im Kristall entsteht ein regelrechtes Erdbeben. Man kann sich auch vorstellen, dass es zugeht wie auf der Oberfläche eines stark bewegten Ozeans. Riesige Wellen treffen hintereinander ein. Sie zwingen das Licht, auf ihrer Oberfläche zu surfen, auf und ab.
Gemessen an der Lichtgeschwindigkeit bewegen sich die abgebremsten Lichtimpulse nun geradezu im Kriechtempo. In der Zeit, die ein Lichtstrahl für gewöhnlich braucht, um einen Kilometer zurückzulegen, schaffen die surfenden Lichtimpulse eben mal einen Zentimeter.
Wixforth will dieses System weiterentwickeln, und der Effekt könnte in der Tat bahnbrechend sein. Je besser es gelingt, Licht durch gezielt eingesetzte Schallwellen zu domestizieren, desto größer können die Speicherkapazitäten werden. Ein Kristall, der einen Lichtimpuls eine Sekunde lang festhielte, weil die Schallwellen die Lichtimpulse im Kreis herumschubsen, wäre eine phantastische Leistung – es würde das Licht immerhin daran hindern, in dieser Zeit 300 000 Kilometer zurückzulegen.
Leider hat Wixforth bis heute nicht die Aufmerksamkeit für seine Forschung erfahren, die sie verdient. Zwar erhielt er renommierte Preise, aber Lorbeeren sind keine Währung, und finanzielle Unterstützung für die Weiterentwicklung der Lichtbremsung blieb bisher aus. Das ist das Dilemma der Forschung. Je abhängiger sie ist von den Fördergeldern der Konzerne, desto weniger innovativ kann sie sein. Entwicklungen, die auch nur wenige Jahre von der Anwendung entfernt sind, haben kaum eine Chance, gefördert zu werden. Denn die Industrie interessiert sich primär für das, was marktreif ist – Bauelemente, so Wixforth, »bei denen man nur noch über die Farbe des Gehäuses nachdenken muss«.
Liam O’Connor wäre nicht er selbst ohne seinen über alles geliebten Whisky. Ohne dessen stärkende Kraft stünde zu befürchten, dass er Janas Terrorkommando nicht so einfach auf die Spur gekommen wäre. Allerdings dürften die meisten Leser dieses Buches über der Vielzahl der erwähnten Whiskymarken schwer ins Grübeln geraten sein, und ich muss hinzufügen, dass es noch einige Hundert weitere gibt. Aus all diesen Gründen soll der letzte Exkurs in diesem Buch den Destillaten gelten.
Zuallererst muss ich anmerken, dass die Schreibweise Whisky ein Kompromiss ist, den ich eingegangen bin, um meine Lektorin nicht in den Wahnsinn zu treiben. Kika und Liam trinken nämlich in loser Reihenfolge sowohl irische wie auch schottische Destillate (einzig Bourbon verschmähen sie, ebenso wie ich selbst). Nun schreibt sich Whisky im Irischen jedoch Whiskey. Hin und wieder taucht noch die Bezeichnung Uisge Beatha auf (manche lassen das zweite a unter den Tisch fallen), was gälisch ist, ischke baha ausgesprochen wird, sich aber auch usquebaugh schreiben kann, wenn es dem Galen gerade einfällt. So oder so lautet die Übersetzung »Wasser des Lebens«. Damit nicht genug, unterscheiden wir zwischen Blended Whisk(e)y und Single Malt Whisk(e)y, zweifach und dreifach destillierten Whisk(e)ys, irischem und schottischem Whisk(e)y, Lowland und Highland Malts, Islay und Speyside Malts, dies alles unterschiedlichen Alters und in allen möglichen Fässern gelagert, vom Oloroso- Sherryfass bis hin zum Portweinfass, und das ist erst der Anfang – alles klar?
Vereinfachen wir die Sache ein wenig. Dem kundigen Genießer des Uisge Beatha erzähle ich ohnehin nichts Neues. Allen anderen, die Lust haben, in O‘Connors Fußstapfen zu treten (qualitativ, nicht quantitativ!), sei Folgendes verraten:
Am Anfang steht die Gerste. Sie wird in Wasser eingeweicht, bis sie keimt, und dann getrocknet, das nennt man Mälzen. In Schottland geschieht dies traditionell über Torffeuer, weshalb die schottischen Destillate weniger lieblich und rund schmecken als die irischen, dafür aber charaktervoller. Beides hat einiges für sich und ist wert, probiert zu werden. Die Qualität des Wassers ist übrigens von ausschlaggebender Bedeutung.
Es folgt das Maischen. Das geschrotete Malz wird mit warmem
Wasser vermischt, was eine hübsche Pampe ergibt. Die daraus abgezogene Flüssigkeit nennt man wort, die Würze, der man Hefe beigibt, um die Gärung in Gang zu setzen. Als Folge wird der in der Würze enthaltene Zucker in Alkohol umgewandelt. Zuletzt wird die vergorene Würze in einer Brennblase erhitzt, der Alkohol verdampft, wird wieder kondensiert und aufgefangen. Dieser letzte Schritt ist der eigentliche Destilliervorgang. Schottische Single Malts werden im Allgemeinen zweifach destilliert (es gibt Ausnahmen), irische dreifach. Danach geht‘s ins Fass, dessen Beschaffenheit zusammen mit dem Ort der Lagerung und dem umgebenden Klima nach acht, zehn, zwölf, fünfzehn, sechzehn oder noch mehr Jahren über die Güte entscheidet.
Jeder Malt ist anders, und in Irland gibt es zudem eine ganze Reihe von Nicht-Single Malts, die ebenfalls ausgezeichnet sind. Man muss schon selbst seine Favoriten erschmecken. Ich kann an dieser Stelle nur eine kleine Starthilfe für den Einsteiger geben. Es sind meine ganz persönlichen Präferenzen. Ich denke aber, es handelt sich bei aller Subjektivität um eine ganz manierliche Auswahl, die man offen ins Regal stellen kann, ohne unter dem gestrengen Blick berufener Experten schrumpfen zu müssen.
Zwei milde schottische Single Malts sind der Highlander Dalwhinnie, 15 years old, sowie der Lowlander Auchentoshan, der als 10jähriger ebenso wie als 12-jähriger schmeckt und schon eine Ausnahme ist: Er wird nämlich dreifach destilliert. Wir erinnern uns – genau!
Ausgezeichnete schottische Malts von komplexem Charakter, mal kräftiger, mal lieblicher, sind der 14 Jahre alte Oban, der Macallan, 12 years old (oder 18 years old, die Gelehrten streiten, welcher besser ist ich finde beide exzellent!), The Balvenie Double Wood, 12 years old, der 12 Jahre alte Cragganmore, der ebenso alte Highland Park sowie Aberlour, 10 years old.
Kräftig bis heftig wird’s bei Talisker, 10 years old, und dem 16jährigen Lagavulin, den manche für Schottlands besten Whisky überhaupt halten. In beiden führen Torf, Rauch und Seeluft zu einzigartigen Geschmackserlebnissen. Wem das noch zu harmlos ist, den verweise ich an die Marke Laphroaig. Der 10-jährige haut schon mit dem keltischen Breitschwert auf die Geschmacksnerven, der 15jährige schickt einen direkt in die schottische Mythologie.
Unter den Iren ist mir besonders einer ans Herz gewachsen, der zwar kein Single Malt ist, für mich aber den ganzen Zauber der grünen Insel birgt (Heiliger Sankt Patrick, ich werde sentimental!). Er heißt Jameson 1780 und ist 12 Jahre alt. Gestandenen Schotten wird er wahrscheinlich zu gefällig sein. Aber wenn es stimmt, dass man sich beim Hören irischer Musik an Dinge erinnert, die man gar nicht erlebt hat, trifft das für den Genuss von Jameson nicht minder zu.
Bleibt die Frage, zu welchen Anlässen man Whisk(e)y trinkt. Die Antwort darauf möchte ich verweigern – W.C. Fields hat ohnehin die beste:
»»Man sollte immer eine kleine Flasche Whisky dabeihaben für den Fall eines Schlangenbisses – und außerdem sollte man immer eine kleine Schlange dabeihaben.«
Slainte – zum Wohl!