Aufbruch zum Kilimandscharo

Während des Schreibens im folgenden halben Jahr spüre ich immer wieder Heimweh nach Afrika und auch den Wunsch, zu wissen, wie mein Empfinden beim Betreten afrikanischen Bodens wäre. Kürzlich kam ein Trekkingkatalog ins Haus, da ich schon lange den Wunsch hege, auf eine entsprechende Tour zu gehen. Beim Durchblättern fällt mein Blick auf den Kilimandscharo. Als ich beim Lesen feststelle, dass man heute von Europa direkt zum Kilimandscharo fliegen kann, ohne kenianischen Boden zu betreten, verspüre ich den urplötzlichen Wunsch, auf diese Weise nach Afrika zurückzukehren. Auf das Dach von Afrika!

Interessiert studiere ich die verschiedenen Besteigungsrouten. Von Neugier getrieben setze ich mich vor den PC und suche im Internet unter dem Schlagwort »Kilimandscharo« alles, was mir interessant erscheint. Stundenlang lese ich Reiseberichte und diverse Informationen. Abends kann ich nicht einschlafen. Immer wieder frage ich mich, ob ich fit genug bin für diese Besteigung. Mit Markus kann ich mich leider nicht sofort austauschen, da er sich aus beruflichen Gründen gerade für zehn Tage in Marokko aufhält und ich solch eine verrückte Blitzidee nicht am Telefon besprechen möchte. Ich döse im Bett vor mich hin und als es endlich Morgen wird, fühle ich mich so, als wäre ich bereits die ganze Nacht durchmarschiert.

Für mich steht fest: Ich werde es wagen! Endlich möchte ich wieder afrikanischen Boden betreten und, wenn ich schon nicht nach Kenia reisen kann, so wenigstens in die Nähe und von ganz oben hinüberschauen.

Napirai ist über meine Pläne nicht gerade begeistert und fragt nur: »Mama, ist das nicht gefährlich? Gehen da noch andere Frauen in deinem Alter hinauf?« Na ja, was das wohl wieder heißen mag! Schließlich kann ich doch nicht mehr warten, bis Markus nach Hause kommt, da ich mich Tag und Nacht nur noch mit diesem Thema beschäftige und so erzähle ich bei einem der nächsten Anrufe von meinem Vorhaben. Zu meiner großen Überraschung findet er die Idee sehr gut und unterstützt mich schon jetzt am Telefon. Ich bin überglücklich.

Gleich in den nächsten Tagen beginne ich mit einem ausgiebigen Training. Jetzt wandere ich nicht mehr nur zwei Mal die Woche auf irgendeinen Berg, nein, von nun an bin ich fast jeden Tag zwischen drei und sieben Stunden unterwegs. Zusätzlich gehe ich einmal die Woche zum Schwimmen und ins Aquafit, um anschließend zu saunieren. Auch im Dezember ist das Wetter im Tessin mild genug, um bis 1.700 Meter schneefrei wandern zu können. Es gibt genügend steile Berge mit wenig oder gar keinem Schnee.

Als Markus endlich nach Hause kommt, staunt er über die bereits besorgten Kilimandscharo-Bücher, den vereinbarten Tropenarzttermin und mein tägliches Wanderprogramm, wobei ich seine Hanteln als Gewichtsbeschwerer im Rucksack mitschleppe. Schnell ist ihm klar, dass es mir wirklich ernst ist.

Während einer Nachmittagswanderung kurz vor Weihnachten erreiche ich eine kleine Berghütte auf zirka 1.500 Meter. Da sie sich auf Passhöhe befindet, hat man eine wunderbare Rundsicht und sieht bis in die Walliser Alpen hinein. Ich bin der einzige Gast um diese Zeit und so unterhalte ich mich kurz mit dem Hüttenwart. Dabei erfahre ich, dass er erst seit diesem Sommer hier tätig ist. Er erwähnt, dass er zu Silvester ein fünfgängiges Menü inklusive Übernachtung und anschließendem Frühstück anbieten wird. Allerdings sei der Platz auf 20 Personen beschränkt. Ein solcher Jahresbeginn würde mir gut gefallen und ich bin fast sicher, dass ich auch meine Lieben nicht lange überreden muss. Beim späteren Abstieg sind die umliegenden Bergketten mit einem zarten Abendrot übergossen. Es sieht überwältigend wie ein Alpenmärchen aus und ich ärgere mich, keinen Fotoapparat dabei zu haben.


Tatsächlich feiern wir 14 Tage später Silvester mit ein paar engen Freunden, darunter Madeleine und ihr Lebenspartner, in der warmen Berghütte. Bei strahlendem Wetter, aber mittlerweile klirrender Kälte sind wir im Schnee hochgestapft. Napirai hingegen hat es vorgezogen, Silvester bei Freundinnen in ihrer »alten« Heimat zu verbringen. In der Hütte sind wir nahezu unter uns und der Hüttenwart zaubert einen köstlichen Gang nach dem anderen auf den Tisch. Um Mitternacht wird mit Sekt angestoßen und dann geht es hinaus auf den Berg, um ins Tal oder in die Sterne zu schauen. Es ist ein bewegender Moment. Nach einer kurzen Nacht erwachen wir bei optimalem Bergwetter und einige von uns beschließen, eine mehrstündige Wanderung zur nächsten Hütte zu unternehmen. Erst gegen Abend des Neujahrstages 2003 kehren wir müde und zufrieden in unser palmenumsäumtes Haus zurück. Nach solch einem schönen Silvester kann es nur ein in jeder Hinsicht erfolgreiches neues Jahr werden!


Zu Jahresbeginn habe ich den geeigneten Reiseveranstalter und meine gewünschte Route gefunden. Ich möchte nicht den »einfachsten«, sondern den schönsten Weg nehmen und deshalb steht für mich bald die Machame-Route fest. Bei dieser Route sind zwei Akklimatisationstage eingeplant, die mir sehr wichtig erscheinen. Im Angebot enthalten ist auch eine zweitägige Safari.

Von Tag zu Tag bin ich mehr gespannt, wie ich dieses neue Abenteuer erleben werde. Die Zeit vergeht im Fluge, weil ich fast täglich beim Wandern bin. Es ist herrlich, doch langsam werde ich ungeduldig und kann es kaum erwarten, bis es endlich losgeht. Eine Woche vor der Abreise habe ich nun auch die ganze Ausrüstung beisammen. Da wir alle Klimazonen von der Savanne bis zu arktischen Gletscherbedingungen durchwandern, muss alles gut überlegt sein. Viele Bekannte bewundern meinen Mut, was mir etwas peinlich ist, weil ich nicht weiß, wie das Unternehmen ausgehen wird.

Vier Tage vor Abflug erhalte ich endlich die letzten Unterlagen und die Teilnehmerliste. Wir sind eine kleine Gruppe von sechs Leuten, was ich sehr positiv finde. Auf Grund der angegebenen Namen versuche ich mir die Personen in etwa vorzustellen und komme zu dem Schluss, dass drei von ihnen sicherlich ältere, durchtrainierte Bergsteiger sein müssten. Außerdem erahne ich noch ein jüngeres Paar. Ich bin froh, dass wenigstens noch eine Frau dabei sein wird, weil ich sonst befurchten müsste, dass mir die Männer davonstürmen.

Am Tag vor meiner endgültigen Abreise wird gepackt. Erstaunlicherweise habe ich immer noch kein Reisefieber. Der Abschied von Markus und meiner Tochter Napirai, obwohl sie gut versorgt ist, fällt mir trotz der Vorfreude recht schwer. Nun sitze ich endlich im Zug nach Zürich, wo ich drei Stunden später von Madeleine abgeholt werde. Da mein Flug um sieben Uhr früh beginnt, muss ich bei ihr übernachten.

Eigentlich begreife ich erst allmählich, dass es losgeht, als das Flugzeug Richtung Amsterdam abhebt. Dort werde ich eventuell auch die anderen Mitstreiter kennen lernen können. Tatsächlich stehe ich eineinhalb Stunden später an dem Gate, an dem in Kürze der Weiterflug zum Kilimandscharo-Airport eingecheckt wird. Erstaunlich viele Leute wollen in dieses Flugzeug steigen. Allerdings sind die meisten eher in Richtung Safari unterwegs. Ich schaue mich nach meinen möglichen Reisegefährten um. Nach etwa einer halben Stunde bin ich fast sicher, alle erkannt zu haben. Da aber auf ihrer Seite kein großes Interesse auszumachen ist, spreche ich niemanden an.

Das Bild, das ich mir auf Grund der Namen gemacht hatte, bestätigt sich definitiv neun Stunden später nach der Landung. Unsere Gruppe besteht aus einem Rentner, der schon bald erzählt, dass er bereits zwei Mal auf dem angestrebten Gipfel war, einem zweiten Rentner, ich nenne ihn Franz, und dessen 34-jährigem Sohn Hans sowie einem jungen Paar Mitte 20. Durch meine im Außendienst erworbene Menschenkenntnis sehe und spüre ich gleich, dass wir unterschiedlicher nicht sein könnten. Na ja, irgendwie werden uns der Berg und das gemeinsame Ziel schon zusammenschweißen.

Auf dem Kilimandscharo-Flughafen schlagen uns auch abends um neun Uhr noch fast 30 Grad entgegen. Es ist herrlich, obwohl sich das Gefühl wie damals vor 13 Jahren in Mombasa, »nach Hause zu kommen«, nicht einstellt. Wir fahren in eine nahe gelegene schöne Lodge, wo wir die erste Nacht verbringen. Um fünf Uhr werde ich wach und habe Durchfall, den ich gleich radikal mit Imodium behandle. Später treffen wir uns zum Frühstück, bei dem man sich vorsichtig beschnuppert. Die Ersten erzählen von ihren höchsten Touren, wie Breithorn, Großglockner, Montblanc und wie sie alle heißen. Mein Gott, ich bin vielleicht gerade mal auf knappe 3000 Meter gewandert und mit der Bahn immerhin auf der Jungfrau gewesen, aber mehr kann ich nicht in die Waagschale werfen. Als ich noch höre, dass einer der älteren Herren erst kürzlich von einer zweiwöchigen Gletscher-Skitour zurückgekommen ist, die er als Vorbereitung absolvierte, überfallen mich die ersten Zweifel. Aber erst steht ja noch die Safari an!

Wir fahren fast fünf Stunden, bis wir den Tarangire-Nationalpark erreichen. Unterwegs sehe ich viele Kuhherden, die von Massai oder deren Kindern betreut werden. Mich würde interessieren, was Napirai bei diesem Anblick empfinden und denken würde. Erstaunt beobachte ich Krieger, die sich in ihrer traditionellen Kleidung, geschmückt, bemalt und mit Speeren bewaffnet auf Fahrrädern fortbewegen. Das kommt mir sehr seltsam vor. Überhaupt erlebe ich alles ganz anders als früher und in gewisser Weise als Fremde. Ich versuche, in mich hineinzuhören, um längst Vergessenes hervorzuholen, aber es gelingt mir nicht. Stattdessen vermisse ich meine Tochter und Markus.

Im Nationalpark werden wir zuerst zu unserer Zeltlodge gefahren, um unser Mittagessen einzunehmen. Von hier aus hat man während des Essens einen phantastischen Blick auf eine Elefantenherde, die sich am weiter unten gelegenen Fluss aufhält. Ab und an ertönt das Trompeten einzelner Tiere. Nachmittags geht es auf Pirsch durch die heiße Savanne. Wir haben Glück und treffen auf Giraffen, Gazellen, Affen, Zebras und Büffel. Der Anblick der vielen Tiere rührt nun doch etwas in mir an, das mich an meine frühere Afrika-Faszination erinnert. Bis zum Abend vermissen wir nur die Löwen, aber uns bleibt ja noch der morgige Tag. Jeder geht in sein Zelt und macht sich frisch für das Abendessen. Das Büffet ist köstlich und ich lange kräftig zu, weil ich nicht weiß, was wir später am Berg noch alles bekommen werden.

Gegen zehn Uhr verlasse ich die Runde, da das Gespräch nur dahinplätschert. Bisher ist keine richtige Stimmung aufgekommen. Der Weg zum Zelt ist nur spärlich beleuchtet, dafür hängt vor jedem eine Petroleumlampe. Als ich vor meinem Eingang stehe, bemerke ich, dass mindestens 50 verschiedene Käfer, Insekten und Heuschrecken in jeder Größe an der erleuchteten Zeltwand kleben. Es sieht nicht gerade appetitlich aus. Ich überlege, wie ich durch diesen Eingang hineingelangen und die Tierchen dabei draußen lassen kann. Als Erstes lösche ich die Lampe und schüttle dann die ganze Zeltwand frei. Ich kontrolliere kurz mit der Taschenlampe, schlüpfe möglichst rasch ins Zelt und lege mich sofort ins Bett, um nichts mehr zu sehen. Inzwischen ist auch das junge Paar bei seinem Zelt angekommen. Ich kann sie aus dem Fensterchen beobachten und bin gespannt, wie ihre Reaktion auf die zahlreichen Insekten sein wird. Beide stehen sicherlich fünf Minuten wie angewurzelt vor ihrem Eingang und überlegen wohl, was zu tun ist. Ich muss ein Lachen verkneifen. Dann endlich geht er, der Mann, zwei weitere Schritte zurück, als sich die tapfere Frau entschließt, die Zeltwand mit den Füßen zu traktieren, damit das Ungeziefer herunterfällt. Endlich können sie eintreten und bei vollem Licht das Zelt inspizieren. Kurz darauf ertönen zwei unterdrückte Schreie. Jetzt kann ich mich nicht mehr beherrschen und lache lauthals los, während ich nachfrage, ob alles in Ordnung ist. Sie empfinden das Ganze anscheinend nicht komisch. Ich lausche den zirpenden Grillen und schlafe recht schnell ein.

Am Morgen erwache ich sehr früh, da ständig irgendetwas um das Zelt hüpft. In der Morgendämmerung schleiche ich mich hinaus und sehe vier Tic Tic, eine Art kleiner Rehe, um die Zelte springen. Sie sind so schnell und elegant, dass es Spaß macht, ihnen zuzusehen. Gleichzeitig vernehme ich das Trompeten nahender Elefanten. Langsam erwachen Tiere und Menschen und schon bald befinden wir uns wieder auf der Pirsch. Wir begegnen Unmengen von Elefanten jeder Größe. Auch ganze Affenherden und ein paar Wildschweine sind heute Morgen bereits unterwegs zum Fluss. Jede Regung wird fotografiert. Nach dem Mittagessen müssen wir den Rückweg zur ersten Lodge antreten. Der Fahrer fragt uns, ob wir noch ein Massai-Dorf besichtigen wollen. Ich bin sofort begeistert, weil ich gerne wieder einmal in eine Manyatta kriechen würde. Ich wäre neugierig, welche Reaktionen das in mir hervorrufen würde. Doch meine Mitreisenden zeigen keinerlei Interesse und antworten einstimmig, sie seien wegen den Tieren hier und nicht, um irgendwelche Menschen zu betrachten. Da ich mich nicht zu erkennen geben möchte, verzichte ich auf dieses Erlebnis.

In der Lodge angekommen, bereiten wir uns für den morgigen Aufstieg vor und sortieren das Gepäck. Was am Berg nicht benötigt wird, deponieren wir hier. Es wundert mich, dass einige der Herren noch Bier konsumieren. Ich selbst habe schon seit Weihnachten nahezu keinen Alkohol mehr getrunken. Es wird diskutiert, dass sich am Berg jeder der Nächste ist. Der, der sich noch fit fühlen wird, geht hinauf, auch wenn der andere schlapp macht, und dergleichen. Das betrifft natürlich nur die, die zu zweit unterwegs sind, also das junge Paar sowie Vater und Sohn. Ich wende einmal ein, dass ich meinen Partner in einer schwierigen Situation nicht alleine lassen würde, und ernte dafür sofort belustigte Blicke und den Satz: »Du kennst wohl die Gesetze am Berg nicht!« Jeder träumt euphorisch vom Gipfel und schätzt seine Mitstreiter konditionell ein. Ich bin da nicht anders.

Am nächsten Morgen um acht Uhr brechen wir auf. Zuerst fährt der Bus auf der recht guten, geteerten Straße Richtung Moshi und biegt dann plötzlich beim Wegweiser »Machame« nach links ab. Jetzt wird die Straße holpriger und nach einigen Minuten erinnert mich ihr Zustand an die Straßenverhältnisse in Kenia. Links und rechts sehen wir große Bananenplantagen, Gärten und Kaffeesträucher. Alles hier ist enorm grün und saftig. Wir passieren einige einfachere Hütten, doch ab und zu erkennt man abseits der Straße auch wunderschöne Häuser. Diesen Menschen geht es sicherlich im Verhältnis zu denen in anderen Gegenden recht gut. Unter anderem ist dies auch daran zu erkennen, dass an diversen Shops frisch geschlachtetes Fleisch, an einem Haken hängend und natürlich umzingelt von den obligaten Fliegen, zum Verkauf angeboten wird. Anscheinend ist also Geld für Fleisch vorhanden. Als ich meine Begleiter auf die »Metzgereien« aufmerksam mache, wird es einigen fast übel.

Am frühen Vormittag treffen wir am Machame Gate auf 1.840 in Höhe ein. Wir sind nicht die einzige Gruppe, die sich auf den Weg machen möchte. Es herrscht ein wildes Durcheinander. Die verschiedenen Gruppen müssen angemeldet, Träger organisiert und Essenspakete verteilt werden. Ich freue mich auf den Beginn der Wanderung. Da ich zu Hause nahezu täglich mehrere Stunden unterwegs war, fehlt mir die Bewegung, nachdem ich nun drei Tage »auf der faulen Haut« gelegen bin. Endlich ist alles geregelt. Wir bekommen für unsere sechsköpfige Gruppe 24 Träger, einen einheimischen Führer und drei Hilfsführer zugewiesen. Wahnsinn, was für ein Tross nun an uns vorbeizieht, wobei jeder Träger zwischen 20 und 25 Kilogramm auf dem Kopf mitschleppt.

Wir marschieren langsam los. Es ist heiß, aber erstaunlich trocken in diesem wunderschönen Regenwald. Der Weg besteht aus roter getrockneter Lehmerde sowie Wurzeln und Steinen. Bei nassem Wetter ist das Fortbewegen sicherlich sehr mühsam. Ich bin ganz begeistert von der Vegetation und knipse natürlich schon bald die ersten Fotos. Ab und zu bitte ich einen meiner Reisebegleiter, ein Foto von mir zu machen. Doch nach einigen Bildern frage ich nicht mehr, ich werde das Gefühl nicht los, die Gruppe zu belästigen. Ich laufe gemütlich hinter dem Führer her und muss mich erst dem extrem langsamen Tempo anpassen, da ich gewöhnlich in unseren Schweizer Alpen schneller unterwegs bin. Mein neu erworbener Wasserbeutel mit integriertem Trinkschlauch ist eine große Hilfe. So kann ich während des Laufens ständig meinen Durst löschen und bin auch sicher, dass ich genug Flüssigkeit zu mir nehme.

Wir steigen höher und höher, vorbei an Bäumen mit Lianen, Riesenfarnen und von Moos überwucherten Holzstämmen. Es riecht erdig und feucht. Tiere sind nicht in Sicht. Ich habe gar nicht das Gefühl, dass ich mich langsam der 3.000-Meter-Grenze nähere, weil in der Schweiz in dieser Höhe weder Busch noch Strauch anzutreffen sind. Nach ein paar Stunden wird es lichter und der Dschungel verwandelt sich langsam in eine Busch- und Strauchlandschaft und endet beim Erreichen unseres Lagers nach 1.160 Höhenmetern und fünf Stunden Gehzeit in der Erikazone.

Ich bin überrascht, schon vor unserem Camp zu stehen. Die meisten meiner Mitwanderer sehen das anders, sind erschöpft und schimpfen, dass der Führer viel zu schnell unterwegs war. Da wir ja noch drei weitere Hilfsführer haben, verstehe ich nicht, dass dies nicht vorher geklärt wurde. Auch Hans ist meiner Ansicht. Alle verkriechen sich in die Zelte, die bereits unter den letzten vorhandenen Büschen aufgebaut sind, und richten sich ein. Ich bin froh, ein Zweierzelt alleine nutzen zu können, weil das Gepäck schon ein Drittel des Zeltes ausfüllt. Kurze Zeit später erhält jeder von uns einen knappen Liter warmes Wasser in einer kleinen orangenen Schüssel vor das Zelt gestellt, um sich waschen zu können. Da sich niemand von unserer Gruppe blicken lässt, knüpfe ich mit einer Amerikanerin Kontakt. Ihre Gruppe besteht nur aus ihr, drei Trägern und einem Guide. Über die Möglichkeit, den Kilimandscharo so zu besteigen, habe ich nie nachgedacht. Interessant ist auch, das emsige Treiben im Lager zu beobachten. In einigen Zelten wird gekocht. Mehrere Personen sitzen auf der Erde, trinken Tee und essen etwas dazu. Bald werden wir gerufen und betreten unser Essenszelt. Die Tatsache, dass wir hier oben an einem gedeckten Tisch, inklusive blau-rot gestreifter Tischdecke, auf Klappstühlen Platz nehmen sollen, erscheint mir mehr als seltsam. Sozusagen als Aperitif bekommen wir einen heißen Tee oder Kaffee und eine Platte mit gesalzenem Popcorn. Dann bleibt noch eine gute Stunde, bis das richtige Abendessen serviert wird.

Ich beobachte wieder das Treiben im Lager, als sich plötzlich gegen halb sieben der Nebel um den Kilimandscharo kurz hebt und ich den Berg zum ersten Mal sehen kann. Er scheint ganz nahe zu sein! Der Schnee am Gipfel sieht aus, als wäre ein Kübel mit weißer Farbe, die da und dort hinunterläuft, über den Berg gegossen worden. Es dauert nur kurz, wie ein Spuk, dann ist er wieder im Nebel und der anbrechenden Dunkelheit versunken. Das reichliche Essen wird auf echten Porzellanplatten und -tellern serviert. Als Vorspeise gibt es eine herrliche Suppe, danach den Hauptgang und anschließend Früchte. Ich komme mir wie in der Kolonialzeit vor. Die ganze Situation erscheint mir ein wenig absurd. Schließlich habe ich einmal unter Afrikanern gelebt und gearbeitet und nun schleppen sie für mich, die zahlende »Weiße«, Tische und Stühle durch die Gegend und bedienen mich. Mir ist klar, dass dadurch viele für kurze Zeit einen Job haben, aber ich muss mich trotzdem erst daran gewöhnen. Um acht Uhr sind wir alle schon in unseren Zelten, doch schlafen kann ich nicht, in jedem der umliegenden Zelte wird gequatscht oder geschnarcht. Ich denke über unsere Gruppe nach und hoffe, dass sich morgen vielleicht etwas mehr Zusammenhalt und Witz einstellen. Denn freiwillig hätte sich wohl bis jetzt niemand den anderen ausgesucht.

Um Mitternacht schlafe ich immer noch nicht, dafür schnarchen der Franz oder der Hans wunderbar. Ich krieche noch einmal aus dem warmen Schlafsack, um meine Blase zu entleeren. Die Nacht ist kühl und klar. Die Sterne sind zum Greifen nah und auch der Kilimandscharo ist an seiner weißen Krone erneut erkennbar. In diesem Augenblick kann ich einen gewissen Zauber, der von ihm ausgeht, nicht leugnen. Doch ich muss ins Zelt zurück, bevor die Kälte in mich kriecht. Eine leichte Schlaftablette verhilft mir endlich zu einem wohlverdienten Schlaf.

Gegen sechs Uhr werde ich von lauten Diskussionen zwischen Vater und Sohn geweckt. Sie haben anscheinend nasse Schlafsäcke, da sie im Zelt keine Luftklappen offen gelassen haben. Außerdem haben sie fürchterlich gefroren, wie ich höre, und fühlen sich wegen der Kälte und des harten Bodens ganz steif. Ich selbst kann über solche und ähnliche Probleme nicht klagen. Zum einen bin ich an das Schlafen am Boden gewöhnt und zum andern haben sich mein für diese Tour neu angeschaffter Schlafsack, der auch bei extremer Kälte warm halten soll, und die neue Isomatte gut bewährt. Nach der Begrüßung frage ich die beiden, wie es denn mit ihren Schlafsäcken bestellt sei. Von Komfort- oder Extrembereich haben die zwei noch nie etwas gehört. Ihre Schlafsäcke sind von Aldi und waren sehr günstig, wie Franz, ein bekennender Aldi-Fan, erzählt. Nun schaut er auf der Beschreibung nach und liest zum ersten Mal: »Komfortbereich +5°, Extrembereich -10°«. Ich frage mich, was die zwei sich auf 4.600 Höhenmeter zum Schlafen einfallen lassen wollen!

Auf dem Weg zur Toilette merke ich, dass meine Beine schwer wie Blei sind, und kann mir das nicht erklären. Zu meinem Entsetzen muss ich feststellen, dass trotz Vorkehrungen meine Menstruation eingesetzt hat. Das kann ich hier am Berg am allerwenigsten gebrauchen! Mir schlägt dieser Umstand augenblicklich aufs Gemüt. Ich schlucke erneut Tabletten, damit sich das Ausmaß in Grenzen hält. In meinem Zelt erwartet mich schon der »Good Morning-Tea«. Normalerweise werden wir von drei Personen geweckt, indem sie vor dem geschlossen Zelt »Teatime, Coffeetime!« rufen. Dann öffnet man das Zelt und kann sich vom hingehaltenen Tablett einen Tee oder Pulverkaffee anrühren lassen. Unglaublich feudal! Kurze Zeit später erscheint das obligate Waschschüsselchen mit angewärmtem Wasser für die Morgentoilette. Um halb acht wird »Full Breakfast« eingenommen. Wir erhalten unter anderem Rührei, Würstchen, getoastete Brotscheiben, Butter, Marmelade und frische Früchte, von der Minibanane bis zur Ananas. Ich glaube, keiner von uns würde zu Hause jemals so gut und reichhaltig frühstücken.

Um zirka neun Uhr machen wir uns auf den Weg zum Shiraplateau, das auf 3.850 Höhenmeter in einer gewaltigen Hochsteppe liegt. Zu Beginn geht es recht gemütlich los. Bäume und Sträucher werden allmählich weniger. An den letzten Bäumen hängen Moosfetzen wie Spinnweben herab und verleihen dem Ganzen einen Hauch von Fantasiewelt a la Jurassic Park. Durchziehende Nebelfelder verstärken diesen Eindruck. Zwischendurch tauchen violette Distelarten oder rosa-weiße Blumensträucher auf. Leider wird der Weg immer steiler und der gewaltige Aufstieg bereitet mir heute mit meinen schweren Beinen extreme Mühe. Dafür sind die anderen wieder fit. Zum Teil ist das Gelände so steil, dass ich die Stöcke nicht mehr gebrauchen kann. Sie sind eher hinderlich. Dafür werde ich mit einem tollen Ausblick auf den Mount Meru belohnt und wenn ich zurückschaue, überblicke ich den ganzen Dschungel, den wir gestern durchquert haben. Doch ich muss mich förmlich vorwärts kämpfen und bin froh, als wir kurz nach zwölf Uhr endlich Mittagspause haben. Als wir im Windschatten eines Felsens am gedeckten Tisch, inklusive Tischtuch, auf unseren Stühlen Platz nehmen, ist es neblig und kühl. Ich ziehe mir den Regenschutz über, damit ich besser vor dem Wind geschützt bin. Uns erwartet heißer Tee, Brot und Käse sowie warme Pfannkuchen. Letztere geben mir wieder etwas Kraft. Dennoch ist es grotesk, hier oben auf diese Art zu pausieren. Ich werde diesen Anblick jedenfalls nie vergessen!

Danach wandern wir weiter und ich fühle mich etwas besser. Am frühen Nachmittag erreichen wir das Shiraplateau. Es ist ein riesiges Camp und an den zum Teil weit verstreuten Toilettenhäuschen kann man erkennen, dass hier manchmal viel Betrieb herrscht. Nach und nach treffen andere Gruppen ein, unter denen auch die allein reisende Amerikanerin ist. Obwohl wir uns bereits in einer Höhe von 3.850 Meter befinden, gibt es noch vereinzelte Sträucher, so dass ich nach wie vor kein richtiges Gefühl für diese Höhe bekommen habe. Doch heute bin ich froh, endlich ausruhen zu können und warte ungeduldig auf meinen Liter Waschwasser. Meine Beine sind immer noch schwer und Bauchschmerzen haben ebenfalls eingesetzt.

Ich versuche per Handy Verbindung mit zu Hause zu bekommen. Meine kleine Familie fehlt mir und ich komme mir plötzlich sehr egoistisch vor. Ich klettere auf diesen Berg, warum weiß ich bald auch nicht mehr, während Markus zusätzlich zu seinem harten Job auch noch für Napirai mitsorgen muss. Irgendwie stecke ich in einem moralischen Tief. In unserer Gruppe ist wieder jeder mit sich beschäftigt und so bleibt der Kontakt eher spärlich auf die Zeit begrenzt, in der man sich im Essenszelt begegnet. Ich habe mir das alles etwas lustiger und unterhaltsamer vorgestellt.

Bei anderen Gruppen geht es wesentlich lockerer zu, wie ich aus meinem Zelt beobachten kann. Doch da ich nicht in bester Verfassung bin, kann ich mich nicht aufraffen, Kontakt herzustellen. Morgen trennen sich sowieso die Wege der meisten Gruppen. Zwischendurch zeigen sich neckisch die Eisfelder des Kilimandscharo. Ob ich da jemals oben stehen werde? Im Moment glaube ich nicht so recht daran. Endlich ist Abendbrotzeit. Wieder gibt es ein herrliches Essen, doch außer der Suppe bringe ich fast nichts hinunter. Der Führer ist nicht begeistert und ermahnt mich zu essen. Morgen wird es sicher besser gehen, versuche ich ihn zu beruhigen.

Heute ist der dritte Tag am Berg. Als ich aufwache, empfinde ich es sogar in meinem Schlafsack leicht kühl. Wie mag es erst Vater und Sohn ergangen sein? Ich krieche aus dem Zelt und stelle fest, dass der Boden sowie der Tau auf dem Zelt gefroren sind. Es folgt der gewohnte Ablauf von Morningtea, Waschwasser und anschließendem full breakfast. Leider kann ich wieder nicht viel essen. Franz und Hans haben erbärmlich gefroren, obwohl sie mit allen verfügbaren Kleidern in ihre Schlafsäcke gestiegen sind. Das kann nicht gut gehen!

Bald ist Abmarsch. Franz, der Vater, fühlt sich nicht sehr wohl, da er zusätzlich Durchfall bekommen hat. Heute steht der South Circuit auf dem Programm. Diese Umrundung dient der Höhenanpassung. Wir werden 750 Höhenmeter zum Lava Tower auf 4.500 Meter aufsteigen, um dann wieder bis auf 3.950 in abzusteigen. Am Anfang steigt der Weg nur gemächlich an. Man kann sich bei dieser schwachen Steigung fast nicht vorstellen, dass wir an Höhe gewinnen werden. Der Kilimandscharo ist immer im Blickfeld. Doch plötzlich holt uns der Nebel von hinten ein und es wird erstaunlich kühl. Sind wir erst in T-Shirts losmarschiert, ziehen wir uns jetzt schnell eine Jacke über. Langsam verschwinden die letzten Erikasträucher und es sind nur noch einige Flechten an den sonst dunklen Steinen zu sehen. Kurz vor ein Uhr machen wir einen Lunchstopp. Ich bin froh, eine Pause einlegen zu können, denn nun spüre ich extrem, dass wir mittlerweile auf 4.500 Höhenmetern angekommen sind. Es weht ein kalter Wind. Wieder sitzen wir im Windschatten großer Felsen an dem uns inzwischen vertrauten Tisch, als sich plötzlich ein Eisregen über uns ergießt. Die Führer mahnen zur Eile, da das Wetter sehr schnell übel werden kann und wir im Nebel nicht mehr viel sehen könnten. Ich fühle mich etwas erschöpft, doch insgesamt für diese Höhe noch einigermaßen gut. Franz geht es immer schlechter. Er und auch sein Sohn haben starke Kopfschmerzen. Der Führer fragt uns, ob wir noch bis zum Lava Tower hochsteigen wollen oder lieber den kürzeren Weg zu unserem nächsten Camp nehmen möchten. Franz entschließt sich für den unteren Weg. Ich überlege kurz, ob ich mit ihm gehen soll. Als sich jedoch das junge Paar voller Energie für den Aufstieg entscheidet, schließen wir anderen uns an.

Tatsächlich wird das Wetter wieder besser und nach einer kurzen Wanderung stehen die großen, bizarren Felsen des Lava Towers vor uns. Der Führer gratuliert jedem zum Erreichen der 4.600-Meter-Marke. Endlich geht es mir besser und ich verspüre so etwas wie Euphorie, verbunden mit der Zuversicht, dass dieses Abenteuer doch noch auf den Gipfel führen könnte. Nach einer kurzen Fotopause beginnen wir den Abstieg. Hinunter läuft es sich in dieser Höhe natürlich dreimal schneller. Bald schon führt uns der Weg durch wunderschöne Lobelien und Senecien. Diese Pflanzen wachsen zwischen den dunklen Steinen mehrere Meter in die Höhe und passen irgendwie nicht hierher. Manchmal sehen sie in der Ferne fast wie ein Palmengarten aus. Je weiter wir absteigen, desto mehr beleben Erikagewächse wie silberweiße Tupfen den dunklen Steinboden.

Kurz vor vier Uhr blicken wir von oben auf unser Camp hinunter. An den verschiedenfarbigen Zelteinheiten erkennt man die jeweiligen Gruppen. Außer uns sind noch zwei weitere unterhalb des Kilimandscharo-Südgletschers auf 3.950 Meter angekommen. Es ist sehr kühl. Im Küchenzelt herrscht emsiges Treiben. Immer wenn wir im Camp ankommen, steht alles schon bereit. Jeder hat sein eigenes Zelt und darin befindet sich die jeweilige Reisetasche. Wir treffen wieder auf Franz, dem es nach wie vor nicht gut geht. Er hat Fieber und überlegt, ob er sich auf der Safari eventuell eine Malaria geholt haben könnte, da er keine Prophylaxe eingenommen hat. Doch mit meinen früheren Malaria-Erfahrungen decken sich seine Symptome längst nicht, was einigermaßen beruhigend ist. Hans hat durch den schnellen Abstieg noch stärkere Kopfschmerzen bekommen, möchte aber keine Tabletten nehmen.

Zum wiederholten Mal stelle ich mein Handy an und bemerke nun hocherfreut, dass ich hier Empfang habe. Sofort melde ich mich bei meinen Lieben zu Hause. Endlich höre ich Markus' Stimme. Als er besorgt nachfragt, wie es mir denn bis jetzt ergangen ist, schießen die Tränen aus meinen Augen. Erschrocken über meine Reaktion antworte ich, dass es mir körperlich ganz gut geht, ich mich aber irgendwie fehl am Platze fühle. Das Reisen in Gruppen kenne ich nicht und habe mir das völlig anders vorgestellt. Außerdem zweifle ich an meiner Kondition. Markus versucht mich aufzumuntern und als ich höre, dass mit Napirai alles bestens läuft, werde ich ruhiger. Kurz darauf habe ich sie selbst am Telefon. Sie meint locker: »Mama, mach dir keine Gedanken, du schaffst das schon, und hier ist eh alles in Ordnung!« Ich merke, wie mein Herz schmilzt, und gleichzeitig spüre ich intensiv, dass diese zwei Menschen das Wichtigste in meinem Leben sind.

Das Telefonat hat mir viel Kraft gegeben. Endlich kann ich wieder lachen. Selbst der Führer merkt, dass es mir seelisch viel besser geht. Pessimistische und depressive Phasen sind mir eigentlich fremd. Mir ist auch nicht klar, was die Ursache war: Die ungewohnte Höhe, die Tabletten gegen die Menstruation oder gegen die Malaria oder einfach diese ganze komische Gruppensituation. Nur beim Abendessen kann ich noch nicht mit Appetit zulangen, obwohl ich auch diesmal staune, was die Köche auf den Tisch zaubern: Von einer köstlichen Tomatensuppe bis hin zu Pasta mit frischem Gemüse oder wunderbarem Curryreis mit Fleisch. Ich habe nur ein großes Verlangen nach rohen Karotten und bekomme diese auch sofort mit Orangenscheiben liebevoll dekoriert. Beim Essen erklärt uns Franz, falls es ihm bis morgen gesundheitlich nicht besser gehe, denke er daran, die Tour zu beenden. Er merke beim Marschieren, dass seine Beine immer wackliger werden. Heute sei er schon des Öfteren über Steine gestolpert. Wir würden es alle bedauern, denn er und sein Sohn geben immer wieder Anlass zum Schmunzeln. Nach einem erneuten Klogang erklärt das junge Paar, sie würden sich nie an diese Art von Toiletten gewöhnen. Der Rentner schreibt mehr Tagebuch, als dass er sich an einer Konversation beteiligt. Immerhin habe ich erfahren, dass er ein pensionierter Zahnarzt ist. Ich vermute, das ist der Grund für seine Aversion gegen mich. Vielleicht riecht er ja die frühere Vertreterin an mir.

Einer der Hilfsführer erwähnt die Möglichkeit, die Route etwas abzukürzen, um unsere Chance zu erhöhen, auf den Gipfel zu gelangen. Das setzt allerdings voraus, dass wir übermorgen statt zur Kibohütte ins Barafu Camp marschieren. Wir würden dadurch Kräfte sparen und könnten uns schon am Nachmittag ausruhen. Der Nachteil wäre nur, dass wir den Gilmans Point, der schon als Besteigung gilt, nicht passieren könnten. Wenn wir ein Foto und ein Zertifikat wünschten, wäre dies nur auf dem direkten Weg zum Uhuru Peak möglich. Alle sind mit diesem Vorschlag einverstanden, außer mir. Ich hätte schon gerne ein Foto und Zertifikat und glaube auch, dass ich bis zum Gilmans Point durchkäme, aber für einen weiteren Aufstieg wage ich noch keine Prognose. Wir diskutieren hin und her und schließlich bleibt es vorläufig bei unserer gebuchten Route. Die letzte Möglichkeit dies zu ändern besteht morgen Abend. Ich brauche noch Bedenkzeit. Alle kriechen in ihre Zelte und warten auf den erlösenden Schlaf.

Schon vor sechs Uhr bin ich wach. Draußen ist es klar und der Kilimandscharo-Gipfel scheint zum Greifen nahe. Wir befinden uns direkt darunter. Wieder habe ich den Eindruck, als sei Farbe oder Milch über den Kopf des Berges geschüttet worden. Er sieht so ganz und gar anders aus als unsere Schweizer Schnee- und Gletscherberge. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er ein Vulkan ist. Heute fühle ich mich stark und ausgeruht und freue mich richtig aufs Weiterwandern. Wieder steht ein Akklimatisationstag bevor und deshalb werden wir durch verschiedene kleinere Täler hinauf- und hinuntersteigen. Beim Frühstück teilt uns Franz endgültig mit, dass er, begleitet von einem Hilfsführer, umkehren wird. Er hat gemerkt, dass der Gipfel für ihn nicht zu erreichen ist, und möchte nichts mehr riskieren. Er will in unsere Ankunftslodge zurückkehren und eventuell eine Safari zum Ngorongoro Krater buchen. Für seinen Sohn Hans ergibt sich daraus der Vorteil, dass er nun zwei Schlafsäcke zur Verfügung hat und so die Nächte besser durchstehen kann. Vor unserem Abmarsch machen wir noch ein letztes gemeinsames Foto mit der gesamten Mannschaft, da nun auch von den Führern ein Teil zurückgehen muss.

Wir marschieren los und lassen die letzten palmenartigen Senecien hinter uns. Schon bald führt der Weg in die Felsen hinein und wir klettern zum Teil mit Händen und Füßen langsam nach oben. Die Stöcke sind wieder einmal eher hinderlich. Ansonsten gefällt mir diese Kraxelei sehr gut, weil es eine schöne Abwechslung ist. Nun habe ich auch keine Zeit mehr, ständig in mich hineinzuhören, ob es mir noch gut geht. Wieder zieht die Trägerkolonne an uns vorbei. Heute staune ich noch mehr über ihre Künste, wie sie sich, die schweren Lasten auf dem Kopf balancierend, geschickt in diesem steilen und felsigen Gelände bewegen. Sie können, im Gegensatz zu uns, die Hände nicht zur Hilfe nehmen, da sie damit ihre Körbe, Taschen oder Pfannen festhalten. Außerdem sind sie fast doppelt so schnell wie wir. Wir lassen sie passieren und ich studiere ihre Ausrüstung. Einige haben viel zu große Schuhe an den Füßen und andere offene Schuhbänder. Am Rucksack haben sie die rohen Eier in einem dünnen Pappkarton befestigt. Damit müssen sie sich durch Felsen zwängen, durch die wir kaum mit unserem Tagesrucksack passen. Ich möchte nicht wissen, was ihnen geschähe, wenn die Eier im Camp kaputt eintreffen würden. Bei diesen Gedanken steht für mich fest, dass ich allen Trägern zusätzlich ein schönes Trinkgeld geben werde. Sie sind für mich die wahren Helden am Kilimandscharo.

Nach einer längeren Pause auf einer Anhöhe von 4.250 Meter geht es nach einer kurzen Geraden in ein Tal hinunter und auf der anderen Seite erneut hoch. Dies wiederholt sich noch einige Male. Hans und mir gefällt es sehr gut und wir sind voller Tatendrang. Die anderen sind nach einiger Zeit etwas enttäuscht, weil sie nicht auf diese vielen Auf- und Abstiege eingestellt waren. Ab und zu unterhalte ich mich mit Hans. Er will immer noch nicht begreifen, warum sein Vater die Gruppe verlassen hat. Etwas vorwurfsvoll sagt er: »Schließlich waren es ja seine Idee und seine Besessenheit, diesen Berg zu besteigen. Und weil er niemand anderen begeistern konnte, musste ich, der Sohn, unbedingt mit. Nun quäle ich mich auf einen fast 6.000 Meter hohen Berg, auf den ich nie wollte, während mein Vater locker zu einer Safari fährt.« Über seine trockene, nüchterne Art muss ich immer wieder lachen. Seit er ebenfalls allein ist, kommen wir häufiger ins Gespräch.

Nach guten viereinhalb Stunden Laufzeit erreichen wir das Karanga Camp gerade noch rechtzeitig, um uns vor dem ersten richtigen Regenschauer in unsere Zelte zu flüchten. Das Wetter wechselt hier oben ständig. Einmal ist es richtig warm und kurz darauf ziehen Nebel auf und man ist froh, noch eine Jacke oder einen Pulli dabei zu haben. Vom Kilimandscharo sehen wir im Moment nichts, er bleibt im Nebel und Regen versteckt. Die Trägermannschaft verkriecht sich ins Essens- und Küchenzelt. Ich freue mich, dass ich wieder eine Handy-Verbindung zur Schweiz habe, und sende einige SMS an Napirai und Markus, die freudig und erleichtert beantwortet werden. Da noch viel Zeit bis zum Abendbrot bleibt, beginne ich ein Buch zu lesen, das mir meine Mutter mitgegeben hat. Es fesselt mich vom ersten Moment an. Darin beschreibt eine Frau, wie sie mit dem Fahrrad durch China, Nepal und Indien gereist ist. Sie fuhr unter anderem auf über 5.000 Meter hohe Berge, wobei ihr Rad in Schnee und Eis eingefroren ist. Während ich die Bilder betrachte, wächst in mir die Sicherheit, dass unser Ziel wesentlich leichter zu erreichen sein sollte. Nach zwei Stunden krieche ich aus dem Zelt und freue mich, dass die Sonne wieder scheint. Die Mannschaft wäscht sich in der Abendsonne. Dafür warten wir heute vergeblich auf unser Waschwasser. Ich behelfe mich mit Feuchtigkeitstüchern und kann mir das Erfrischungsspray von Petra ausleihen. Ihre Ausrüstung die Hygiene betreffend ist wirklich erstaunlich. Dafür habe ich allerdings einige schwarze Ränder unter den langen Fingernägeln, die sich mit dem spärlichen Wasser eben nicht besser pflegen lassen. Überhaupt sehen meine Hände mit den zum Teil abgebrochenen Fingernägeln aus, als hätte ich, wie damals in Barsaloi, Kochtöpfe ausgekratzt.

Nachdem die Sonne scheint, taucht auch der Kilimandscharo wieder aus dem Nebel auf. Hans und ich nutzen die Gelegenheit und wir machen von uns gegenseitig ein paar schöne Fotos mit dem eindrucksvollen Berg im Hintergrund. Wieder frage ich mich, ob überhaupt jemand und wer von uns da oben ankommen wird. Plötzlich habe ich das Gefühl, dass ich doch mit der Routenänderung einverstanden sein sollte. Ich möchte nicht, dass meinetwegen vielleicht jemand nicht auf dem Gipfel ankommt. Zudem wäre es dann für mich ein »Muss«, bis zum Uhuru Peak durchzuhalten. Beim Essen gebe ich meine Zustimmung bekannt und sofort sind alle erfreut. Am glücklichsten sind, wie ich später von einem Hilfsführer höre, die Träger, da sie unsere Lasten weniger weit schleppen müssen.

Am nächsten Morgen stehen wir bei schönstem Sonnenschein auf. Der Kilimandscharo ist in der Nacht, wie mir scheint, noch näher gerückt. Ich habe nicht den Eindruck, dass wir noch fast 2.000 Höhenmeter vom Gipfel getrennt sind. Zum Frühstück gibt es unter anderem wieder herrliche Pfannkuchen, getoastete Brotscheiben und Wassermelone. Ich esse viel, weil ich endlich wieder richtig Hunger verspüre. Außerdem liegen ein anstrengender Tag und die Nacht, in der der Gipfelsturm vorgesehen ist, vor uns.

Bis zum Barafu Camp sind etwa 600 Höhenmeter zu überwinden. Zu Beginn geht es gemächlich los. Hier enden allmählich die letzten Pflanzenspuren und wir wandern nur noch durch Lavasteine unterschiedlichster Größe. Einzelne Wegabschnitte sehen wie angehäufte grau-schwarze Tonscherben aus. Alles Leben scheint hier oben abgestorben zu sein, wie in einer Mondlandschaft. Nur zwei Mal beobachte ich, wie sich eine kleine schwarze Spinne vor unseren Füßen in Sicherheit bringt. In weiter Ferne sehen wir die Träger die letzte Anhöhe vor unserem angestrebten Camp aufsteigen. Mir schwant Böses. Tatsächlich gibt uns der letzte, sehr steile Aufstieg einen Vorgeschmack auf die heutige Nacht! Immer wieder müssen wir Pausen einlegen, wenn wir das Gefühl haben, dass nichts mehr geht. Ich bin froh, permanent an meinem Trinkschlauch saugen zu können, um wenigstens gegen das Durstgefühl anzugehen. Mit enormem Energieverbrauch schleppen wir uns nach drei Marschstunden und guten 600 überwundenen Höhenmetern in das auf 4.540 Meter gelegene Camp. Es ist das steinigste, windigste und vor allem auch das dreckigste von allen. Die Träger haben unsere Zelte zu weit unten aufgestellt und springen nun vor uns her, um die neuen Plätze vor unserer Ankunft hergerichtet zu haben. Mir ist nicht klar, wie die Männer es schaffen, in dieser Höhe noch von Stein zu Stein zu hüpfen, während sie das aufgespannte Igluzelt, gegen den Wind ankämpfend, vor sich hertragen. Erschöpft stapfen wir zu unseren Plätzen, um neben dem Zelt ausruhen zu können. Im Lager befinden sich die Leute, die heute früh vom Gipfel zurückgekommen sind. Ein sportliches Paar sitzt völlig fertig auf einem Felsen. Ich frage nach, wie es ihnen ergangen ist und ob sie oben waren. Als Antwort erhalte ich nur ein Nicken und die Worte: »Sehr anstrengend.« Dann entdecken wir noch einen älteren Herrn, der erst jetzt, also kurz vor halb eins, von oben heruntergetorkelt kommt. Bei uns in der Schweiz würde man bei einem solchen Anblick sagen: »Der geht auf dem Zahnfleisch.«

Die Attraktion in diesem Camp ist das Toilettenhäuschen. Es steht über einem endlosen Abgrund. Zudem sieht es wackelig und verwittert aus und wirkt nicht gerade Vertrauen erweckend. Darüber kreisen riesige schwarze Bergdohlen, die das Häuschen nicht aus den Augen lassen. Das Ganze erklärt wohl, warum die Gegend hier so verschmutzt ist. Auch die zwei Hütten, die zum Übernachten dienen, passen überhaupt nicht in diese Mondlandschaft. Sie sehen aus wie zwei grüne Blechdosen. Immerhin kann ich hier für nur zwei Dollar eine Coca Cola kaufen und lasse sie mir reservieren, um sie nach dem Gipfelsturm sozusagen als Champagner zu mir zu nehmen. Danach treffe ich auf eine Frau, die gerade aus ihrem Zelt kriecht. Auch sie frage ich nach ihrem Gipfelerlebnis. Sie hat es nicht geschafft und hat diesem »blöden Berg«, wie sie sagt, auf 5.100 Meter den Rücken gekehrt. Sie hat nicht eingesehen, warum sie sich noch weiterquälen soll, zumal ihr das Trinkwasser, obwohl warm verpackt, eingefroren ist. Die Berichte sind nicht gerade aufmunternd.

Hans stellt zum wiederholten Mal fest, dass seine Ausrüstung nicht den Anforderungen genügt. Er besitzt keine Thermosflasche und weiß nun, dass auch der heißeste Tee nach ein paar Stunden eingefroren sein wird. Da der Rentner, der früher bereits zwei Mal auf dem Gipfel war, das nächtliche Spektakel nun doch nicht mehr mitmachen möchte, kann Hans zumindest seinen Wärme haltenden Flaschenüberzug benutzen. Er bekommt auch den Höhenmesser, damit wir uns in der Nacht orientieren können.

Beim Mittagessen verzehre ich die Spaghetti mit großem Appetit. Kam ich vor einer Stunde noch völlig erschöpft hier an, so habe ich mich nach ein paar Minuten in der Sonne erstaunlich schnell erholt. Am Tisch wird natürlich nur von dem bevorstehenden Aufstieg gesprochen. Alle sind wir etwas nervös, zumal die Auskünfte der Absteigenden nicht sehr ermutigend waren. Um Mitternacht soll es losgehen, also bleiben uns geschlagene zehn Stunden, die wir in dieser unwirtlichen Gegend hinter uns bringen müssen. Einige von uns nutzen den Nachmittag, um zu schlafen. Der Rentner steigt noch etwas höher hinauf und ich lese in meinem spannenden Buch weiter. Je mehr ich lese, umso ruhiger werde ich. Ich staune über die mutige Frau und ihre Erlebnisse und gleichzeitig erinnere ich mich an meine zum Teil sehr harte Zeit in Afrika. Was habe ich nicht alles unternommen und welch strapaziöse Fahrten in Kauf genommen, genau wie diese Frau in Nepal. Vielleicht wird man erst in solchen Ländern so stark, weil man sonst nicht den Hauch einer Chance hat, ans Ziel zu kommen. Während des Lesens verstärkt sich immer mehr die Gewissheit, dass ich heute Nacht den Uhuru Peak erreichen könnte. Diese Erkenntnis beruhigt mich sehr.

Die Zeit schleicht langsam dahin. Ich warte schon wieder auf das Abendessen, das heute eine Stunde früher serviert wird, damit wir noch Zeit zum Schlafen haben. Im Camp ist es ruhig geworden, da die meisten Leute weiter nach unten marschiert sind. Außer uns warten nur noch zwei kleinere Gruppen auf den Nachtmarsch. Endlich ist es so weit, dass wir die letzte Stärkung zu uns nehmen können. Hans meint trocken: »Kommt mir vor wie die Henkersmahlzeit.« Stunden später werden wir wissen, wie nahe an der Wirklichkeit er mit seiner Vermutung lag. Es werden köstlich gebratene Hühnerbeine und Kartoffelsalat serviert. Mit großem Hunger esse ich alles, was angeboten wird. Der Führer gibt uns die letzten Anweisungen, wobei er uns ermahnt, alles, was wärmt, anzuziehen, denn es werde sehr kalt sein. Ich kann mir kaum vorstellen, mit so vielen Pullovern, Jacken und der zusätzlichen extrawarmen Unterwäsche loszumarschieren, da ich normalerweise schnell schwitze. Doch ich befolge den Rat und bin Stunden später dankbar dafür.

Ich liege im Zelt und lese noch ein wenig. Zwischendurch mache ich mir bereits Gedanken, wie viel Trinkgeld ich den Trägern am Ende geben werde. Außerdem möchte ich ein paar Worte an sie richten und überlege, was passend sein könnte. Gegen neun Uhr höre ich Wind aufkommen, doch langsam werde ich müde und döse wohl kurz ein. Um viertel nach elf werden wir geweckt. Ich ziehe mir schnell die restlichen Kleider an, die sich zum Wärmen im Schlafsack befinden. In die Wanderschuhe puste ich ein paar Mal meinen warmen Atem hinein, damit sie nicht ganz so kalt sind. Dann werden Mütze und Handschuhe angezogen, die Stirnlampe umgebunden und schon bin ich bereit. In meinem Tagesrucksack befinden sich mein Fotoapparat, zwei Thermosflaschen mit Flüssigkeit, ein paar Trockenfrüchte und zwei Scheiben Vollkornbrot. Auch meine Regenhose bleibt vorläufig im Rucksack.

Bevor es nun endlich ins Ungewisse losgeht, treffen wir uns alle zu einem wärmenden Tee. Wir Frauen müssen als Erste direkt hinter dem Führer gehen. Petras Stirnlampe funktioniert nach kurzer Zeit kaum noch, also bleibe ich hinter dem Führer. Wir marschieren sehr langsam. Sehen können wir nur, was gerade vor unseren Füßen liegt. Von Anfang an ist der Weg sehr steil. Obwohl der Wind heftig an den Kleidern zerrt, muss ich nach einer halben Stunde bereits eine Jacke und einen Pullover ausziehen. Ich habe Durst, mir fehlt die ständige Trinkmöglichkeit mit dem Schlauch. Heute Nacht habe ich ihn nicht dabei, denn er würde einfrieren. Es geht weiter, doch es ist sehr anstrengend. Hans hat Kopfschmerzen. Bald muss ich anhalten und meine Kleider wieder anziehen, weil der Wind zugenommen hat. Es wird rapide kühler. Nach einer oder auch zwei Stunden, so genau weiß man das nicht, fragt sich jeder von uns, warum er hier ist. Wegen des Windes höre ich nicht viel von meinen Mitstreitern hinter mir. Nur ab und zu ertönt ein »Scheiße«. Vor uns geht eine andere kleine Gruppe. Wenn ich nach oben schaue, wird mir fast schlecht. So weit ich sehen kann, erkenne ich nur den schwarzen Berg. Von einem Ziel ist nichts zu sehen, dafür wird es immer steiler und die Serpentinen immer enger. Da der Wind zunimmt, wird es noch kälter, meine Finger frieren fast ein. Überall erkenne ich herumliegende Papierfetzen oder laufe an Erbrochenem vorbei. Eine Frau kommt uns entgegen. Sie ist auf dem Rückweg. Ihre Bergkleidung scheint mir den Temperaturen schlecht angepasst zu sein und auch der Teddybär-Rucksack auf ihrem Rücken kommt mir fehl am Platz vor. In immer kürzeren Abständen werden Pausen gemacht, wobei ich mich jedes Mal sofort hinsetzen muss. Doch es wird noch schlimmer. Je höher wir kommen, desto schwerer wird das Atmen. Petra geht es nicht gut und sie hat Durchfall. Ich frage mich erneut, was ich hier am Berg eigentlich zu suchen habe. Die Stimmung ist sehr schlecht. Petra möchte anscheinend umkehren, doch kann sie vom Hilfsführer noch einmal motiviert werden. Wir stapfen Schritt um Schritt weiter. Hans schaut auf seinen Höhenmesser. Seine Auskunft, dass wir noch nicht einmal bei 5.000 Meter angekommen sind, ist äußerst deprimierend. Es wird immer kälter und windiger. Ich presse die Augen zu kleinen Schlitzen zusammen, damit sie nicht tränen. Der Nachteil ist, dass ich mich müder fühle und die Augen am liebsten gar nicht mehr öffnen möchte. Ich schleppe mich weiter. Der Führer sucht immer wieder nach dem Weg. Mein ganzes Denken dreht sich nur noch darum, wie schlecht und total entkräftet ich mich fühle. Der Führer sagt uns: »Denkt nicht an den Berg! Ihr müsst euren Kopf frei machen vom Berg! Denkt an zu Hause in Deutschland oder sonst wo!« Ich versuche es und sehe das Bild meiner Tochter vor meinen Augen. Plötzlich höre ich eine mir fremde Stimme ihren Namen rufen, nein stöhnen. Immer wieder vernehme ich: »Napirai, Naaapirai.« Dann realisiere ich, dass ich es bin, die so laut vor sich hinstöhnt. Meine Stimme ist mir fremd und viel zu dunkel. Ich muss mich hinsetzen und sofort Tee trinken. Ich habe das Gefühl, ich verdurste. Petra und ihr Lebensgefährte wollen nicht mehr weiter. Sie friert schrecklich und sitzt mit einem Heulkrampf am Boden. Der Wind bläst fürchterlich und wir bringen kaum die Augen auf. Die Führer raten ihr, ihre Regenhose überzuziehen. Doch sie macht keine Bewegung mehr und möchte nur noch hinunter. Ihr Partner und zwei der Hilfsführer ziehen ihr die zusätzlichen Hosen über, bevor sie sich mit ihr auf den Rückweg begeben. Hans hat in der Zwischenzeit hinter einen Stein gekotzt. Eigentlich wollte er auch zurück, ist aber nun dank des vom Führer gereichten Tees soweit wieder in Ordnung. Wir sind gerade mal knapp auf 5.200 Höhenmeter. Das bedeutet, wir haben erst die Hälfte geschafft und haben noch 695 Höhenmeter vor uns. Ich weiß nicht, wie ich die noch erklimmen soll. Aber hier möchte ich nicht umkehren! Der Führer, Hans und ich gehen weiter. Hans schwankt bedenklich. Wir kämpfen um jeden Meter. Mittlerweile schleppe ich mich mehr, auf die Stöcke gestützt, mit den Armen nach oben, als dass ich noch kräftig laufen könnte. Nach jeweils 20 Schritten muss ich pausieren, sonst falle ich fast um. Ich bin dann so erschöpft, dass ich keinen Schritt mehr machen kann. Doch nach zwei oder drei Minuten bin ich für einen kurzen Moment wieder fit. Auch mein Verstand ist dann völlig klar. Wenn wir jedoch weiterstapfen, ist die Energie nach ein paar Schritten erneut zu Ende. Immer häufiger höre ich mich mit der mir fremden Stimme stöhnen. Ich kann es nicht beeinflussen. Je schwächer ich werde, desto lauter ist mein Singsang. Einmal stöhne ich »Mama«, ein anderes Mal rufe ich nach Napirai oder meinem Schatz. Dann versuche ich, die Schritte zu zählen oder klopfe nach jedem Schritt die Schuhe gegeneinander. Einfach etwas machen, das ablenkt! Ansonsten ist man nur mit seinem schlechten und erschöpften Zustand beschäftigt.

Wir sind nun sicher schon fünf Stunden am Steigen und immer noch ist alles schwarz, wenn ich nach oben schaue. Ich sage dem Führer, dass ich höchstens bis Stella Point gehen werde. Wie weit ist es denn noch, verdammt noch mal!? Doch er gibt immer die gleiche Antwort und die schon seit Stunden: »Nicht mehr weit!« Ich bin mir sicher: Weiter als bis Stella Point werde ich nicht mehr gehen können. Der Gipfel kann mir gestohlen bleiben! Während ich über meinen Stöcken hänge und mich vorwärts ziehe, muss ich daran denken, wie schlecht es mir vor Jahren im Spital von Maralal erging. Damals konnte ich vor Schwäche, verursacht durch die Malaria, kaum auf die Toilette und musste gestützt werden. 50 Meter sahen für mich wie viele unüberwindbare Kilometer aus. Damals half mir auch eine Pause nichts, denn es wurde nicht besser. Heute dagegen kann ich nach zwei Minuten Pause zumindest geringe Kräfte mobilisieren. Während ich meinen damaligen Zustand in Erinnerung hole, fühle ich mich etwas besser. Und dennoch: So leiden musste ich in der Schweiz noch nie! Auch Hans geht es nicht gut, denn er schwankt ständig hin und her. Wir machen wieder Pause. Der Führer ist nicht sehr begeistert, denn er friert genauso wie wir. Als wir weiter wollen, bemerke ich, dass er fast eingeschlafen ist. Ich bin sofort hell wach und rüttle ihn am Arm. Er öffnet die Augen, sagt »yes, yes« und läuft weiter. Ich beginne zu zweifeln, ob ein Führer für uns beide wirklich ausreichend ist. Was ist, wenn ihm etwas zustößt oder einer von uns schlapp macht? Ich darf nicht so weit denken. Erneut frage ich ihn, wie weit es noch bis Stella Point sei. Er antwortet: »Für mich etwa sechs Minuten, aber ich weiß nicht, wie lange es mit euch dauert!« Na ja, dann kann es sich ja nicht mehr um Stunden handeln. Mit letzter Kraft reiße mich noch einmal zusammen. Ich denke an das enttäuschte Gesicht meiner Tochter, wenn ich ihr sagen muss, dass ihre Mama es nicht bis zum Gipfel geschafft hat. Obwohl man sich weiß Gott nicht schämen musste, denn es ist die reinste Qual, jedenfalls für uns. Für Messner & Co, die sozusagen auf diesen Höhen erst picknicken, wäre das hier sicherlich nur ein Spaziergang. Wieder Rast, wieder aufrappeln und weiterschleppen! Hans schaut auf den Höhenmesser und erklärt, es seien noch etwa 100 Höhenmeter bis zum Stella Point. Ich kann es nicht glauben, dass es immer noch so lange dauern soll! Der Führer nimmt uns den Rucksack ab und sofort atmet es sich etwas besser. Wir kämpfen uns weiter. Plötzlich reicht uns der Führer neben einem großen Stein die Hand und sagt: »Congratulation, you have reached Stella Point.« Ich bin platt. Wir sind am Stella Point angekommen, der von seinem Aussehen her eigentlich nichts Besonderes darstellt. Der Höhenmesser hat sich fast um 100 Meter geirrt! Als ich mich umdrehe, bemerke ich den Sonnenaufgang. Zum ersten Mal seit über sechs Stunden sehen wir etwas anderes als schwarzen Steinboden und Dunkelheit. Dieser tiefrote Streifen ist eine kleine Emotion wert, doch sie reicht nicht aus, um den Fotoapparat unter den diversen Jacken hervorzuziehen. Hier ist es nun kälter als je zuvor. Irgendwie klebe ich mir zusätzlich die Regenüberhose an, obwohl nichts zusammenpassen will. Hauptsache, es wärmt. Hans wiederholt ständig: »So schlecht, wie ich mich fühle, kann das hier oben nicht gesund sein!« Mir geht es eigentlich nicht schlecht. Ich spüre keine Übelkeit und keine Kopfschmerzen. Aber ich fühle einfach nichts. Ich bin innerlich hohl und empfinde keine Regung mehr. Der Führer drängt weiter. Ich höre Hans sagen: »Komm, lass uns weitergehen! Jetzt, wo wir schon mal hier sind, schaffen wir den Rest auch noch.« Nachdem er das in seiner schlechten Verfassung so optimistisch sagt, muss auch ich einfach weiter. Später bin ich ihm dankbar. Ohne den wankenden Hans vor mir hätte ich wohl bei Stella Point den Sinn für das Ganze verloren.

Allmählich wird es heller und wir sehen rechts neben uns den Krater, an dessen Rand wir nun hoch laufen. Mich auf die Stöcke stützend schleppe ich mich voran. Langsam taucht links vor uns eine riesige Gletscherwand auf. Schneeweiß leuchtet sie vor dem rosa Himmel. Ich setze mich an den Rand und mein Verstand sagt mir, dass dies ein schönes Foto wäre. Als der Führer sieht, dass ich den Apparat nicht aus der Tasche bringe, hilft er mir und macht auch gleich das erste Bild. Es ist kurz nach sechs Uhr und die Sonne geht nun relativ schnell auf, während wir uns am Kraterrand entlang nach oben kämpfen. Hans schwankt heftiger und ich mache mir ernsthafte Sorgen. Der Führer ist sicher zehn Meter vor uns. Wir müssen uns nun direkt neben dem Krater um einen kleinen Felsvorsprung zwängen. Plötzlich bin ich hellwach und rufe Hans zu: »Pass auf und halt dich am Felsen fest!« Doch es ist zu spät. Er stürzt rückwärts der Länge nach hin. Mit zwei Schritten bin ich bei ihm und halte ihn fest, während er mit dem Oberkörper über dem Krater hängt. Der Führer eilt ebenfalls herbei und stellt ihn wieder auf die Beine. Nun lässt er ihn, bis wir oben sind, nicht mehr los.

Vor einem zartrosa Hintergrund werden die Eiswände immer höher und weißer. Auf einmal höre ich mich weinen. Ich weine vor mich hin und erkenne meine Stimme wieder nicht. Ich habe keinerlei Kontrolle über meine Tränen und kann mir den Grund nicht erklären. Ist es Erschöpfung? Oder dieser Anblick? Oder einfach das Bewusstsein, dass ich hier oben auf dem Dach von Afrika angekommen bin? Ich weiß es nicht. Ich höre den Führer sagen: »Weine nicht, du verlierst sonst zu viel Energie!« Doch es gelingt mir nicht, die lauten, dunklen Schluchzer zu unterdrücken, bis ich endlich oben am Uhuru Peak stehe. Es ist sieben Uhr, als uns der Führer zum Erreichen des Gipfels gratuliert. Auch er ist erschöpft, obwohl er schon über 100 Mal hier oben war.

Außer uns befinden sich weitere sechs Personen auf dem Berg. Ich setze mich neben das Gipfelschild und ziehe meine Regenhose aus, damit ich ein anständiges Foto machen kann. Der Führer mahnt, wir sollen uns beeilen, denn wir müssen schnell wieder hinunter, da Hans sich nicht wohl fühlt. Mit seinen halb erfrorenen Händen macht er einige Fotos von uns. Automatisch knipse ich ein paar Bilder von der Umgebung und warte immer noch auf die großen Emotionen, die sich aber nicht einstellen wollen. Nicht einmal meine ursprüngliche feste Absicht, von hier oben in mein geliebtes Kenia hinüberzuschauen, kommt mir in den Sinn. Ich fühle mich nur leer, wie eine Hülle, wie ein Zombie.

Hans geht es ähnlich und außerdem ist er kreidebleich. Er bedauert nur, dass er anstelle seines Vaters hier steht. Er hatte nie geglaubt, jemals auf dem Gipfel anzukommen, zumal er Raucher ist. Wir müssen aufbrechen. Während wir am Kraterrand zurückgehen, kommen uns die nächsten »Zombies« entgegen. Auch sie reagieren auf nichts und stapfen einfach weiter Richtung Gipfel. Während des Abstiegs erhole ich mich erstaunlich schnell. Wir rennen und rutschen über einen steilen Aschenhang hinunter. Es kommt mir wie ein Hinunterspringen im Tiefschnee vor, nur ist es staubig.

Hans hat starke Kopfschmerzen und stolpert über seine eigenen Füße. Ich mache mir Gedanken, ob er es überhaupt noch bis zum Camp schafft, da wir mehr als 1.200 Höhenmeter hinunter müssen. Mir kommt hier mein Training zugute, doch nach einer Stunde habe ich enormen Durst. Obwohl es nun schon sehr warm ist, zieht Hans weder seine Handschuhe noch die Mütze noch die Jacke aus. Er macht mir weiterhin Sorgen, weil er etwas verwirrt redet. Immer wieder höre ich den Satz: »Das kann nicht gesund sein, so schlecht wie es mir geht.« Wir pausieren und trinken etwas. Dazu gebe ich ihm eine Tablette gegen Kopfschmerzen und zusätzlich zwei Aspirin zum Verdünnen des Blutes. Gemeinsam verzehren wir meine Trockenfrüchte. Nach einigen Minuten geht es ihm besser. Ausziehen will er aber nach wie vor nichts, obwohl er schwitzt. Der Führer hakt sich bei ihm unter und so rennen sie zu zweit weiter. Nach fast zwei Stunden Rutschpartie sehen wir weiter unten unser Camp. Ich erkenne die Leute aus unserer Gruppe, die zu uns hoch schauen, und winke nach unten. Es kommt kein Gruß zurück. Neun Stunden nach unserem Aufbruch erreichen wir erschöpft das Camp.

Die Stimmung ist eher gedrückt. Die einheimischen Hilfsführer kommen als Erste, um uns zu gratulieren. Dann erscheint Petras Freund und gratuliert trocken. Sie hingegen ruft einen Glückwunsch aus dem Zelt heraus. Noch wortkarger ist der pensionierte Zahnarzt. Außer dem Wort »Gratulation« gibt er keine weitere Silbe von sich. Fürchterlich! Immerhin macht er auf meine Bitte hin ein Foto von mir. Hans kriecht in sein Zelt und schläft vor Erschöpfung sofort ein. Wir haben nicht viel Zeit, um unsere Sachen zusammenzuräumen und unser Mittagessen einzunehmen. Noch heute müssen wir fast 1.800 Höhenmeter über die Mwekaroute zum gleichnamigen Camp absteigen.

Nun sitze ich allein vor meinem Zelt und warte auf das Essen. Mit niemandem kann ich mich über meine Erfahrung austauschen, weil sich keiner dafür interessiert. Wenigstens kann ich meinen Lieben eine SMS senden. Zum Telefonieren reicht die Batterie nicht mehr. Napirai schreibt: »Super Mama, ich habe immer gewusst, dass du es schaffen wirst!« Markus ist ebenfalls stolz auf diese Leistung und sorgt für die Verbreitung der Neuigkeit in der Familie.

Der Abstieg führt in umgekehrter Reihenfolge durch die verschiedenen Klimazonen. Als wir in den immer üppiger werdenden Urwald eintauchen, erfreut mich der Anblick der verschiedensten blühenden Pflanzen. Doch geht das Absteigen gewaltig in Knie und Beine. Nach zwei Stunden habe ich kaum ein Auge mehr für die schönen blühenden Büsche und die weiten Täler, sondern spüre nur noch, wie sich an meinen Füßen an mehreren Stellen Blasen zu bilden beginnen. Ich versuche, das Schlimmste mit Blasenpflaster zu beheben und bange nun wirklich dem Lagerplatz entgegen. Je weiter wir absteigen, desto schwüler wird es, und allmählich klebt alles am Körper. Nach drei Stunden erreichen wir unser Camp und können gerade noch vor einem Wolkenbruch in die Zelte schlüpfen. Es schüttet etwa 15 Minuten und danach ist so ziemlich alles feucht und der Zeltboden teilweise nass. Mir ist es egal, wenn ich nur nach den zwölf Stunden reinem Fußmarsch heute nicht mehr weiterlaufen muss. Es ist früher Nachmittag und uns bleibt noch viel Zeit bis zum Abendessen. Sehnsüchtig wie noch nie warte ich auf das orangene Waschschüsselchen mit dem angewärmten Wasser. Außerdem muss ich mich um meine Füße kümmern, weil wir morgen noch einmal eine lange Abstiegsstrecke vor uns haben.

Langsam freue ich mich auf die Rückkehr nach Hause. Auch im Lager spürt man, dass alle dem Ende der Wanderung entgegenfiebern. Für die Führer und Träger ist es die letzte Tour bis zum Sommer, da jetzt die Regenzeit einsetzen wird. Auch fürchten sie den bevorstehenden Krieg Amerikas gegen den Irak, denn dann werden die Touristen noch zahlreicher ausbleiben. Sie alle wissen nicht, wann sie ihr nächstes Geld verdienen werden, und sind trotzdem fröhlich und um unser Wohl besorgt. Ich liege im Zelt und lausche den Stimmen der Einheimischen. Sie haben sich ständig etwas zu erzählen. Den ganzen Tag wird geredet und gelacht und dennoch die schwere Arbeit verrichtet. Diese Unbekümmertheit und Kommunikationsfähigkeit haben sie uns Weißen ganz offensichtlich voraus. Von unserer Gruppe sitzt wieder jeder in seinem Zelt und hat seinen Mitreisenden auch nach elf Tagen noch nichts zu berichten. Es ist traurig.

Beim Abendessen wird über das Trinkgeld diskutiert. Für mich steht fest, dass ich zum üblichen Betrag zusätzlich 100 Dollar für die Träger abgeben möchte. Eigentlich wollte ich mehr spenden, doch angesichts der Diskussionen möchte ich nicht überheblich wirken. Hätte ich es doch nur getan! Später habe ich meine letzten 250 Dollar in der Lodge verloren.

Diese Nacht schlafe ich so tief und fest, dass ich nicht einmal etwas vom kleinen Abschiedsfest der Träger höre. Auch am letzten Tag werden wir mit dem üblichen »Morningtea« begrüßt. Nach dem Frühstück findet der Abbruch des Lagers allerdings etwas schneller statt. Bald steht die ganze Mannschaft versammelt vor uns da, weil man sich schon hier oben verabschieden möchte. Petra hält die Abschiedsrede und übergibt das Trinkgeld dem Hauptführer. Danach nehme ich meine 100 Dollar und erkläre, das ich diese zusätzlich für die wirklichen Helden am Kilimandscharo, nämlich ausschließlich den Trägern spenden möchte. Die Gesichter erhellen sich und die Hände schnellen erfreut in die Höhe. So viel Freude bei gleichzeitiger Bescheidenheit! Ich höre: Asante Mzungu! Als sie voller Freude ein Lied über den Kilimandscharo singen, überkommen mich die stärksten Emotionen dieser Tour. Zum Schluss bedankt sich jeder Träger persönlich mit Handschlag bei uns allen. Sie packen ihre riesigen Gepäckbündel auf den Kopf und eilen an uns vorbei ins Tal. Auch wir erreichen nach über drei Stunden das Machame Gate und warten auf unseren Transport zur Lodge. Die Träger sind eifrig mit Putzen und Waschen beschäftigt. Einige säubern noch unsere Zelte oder Töpfe, während sich andere bereits ihrer eigenen Körperpflege widmen. Auch wir träumen nach sieben Tagen von unserer Dusche im Hotel.

Der Führer überreicht Hans und mir je ein Zertifikat und als wir hören, dass in dieser extrem kalten Nacht — am Stella Point waren es gefühlte 25 Grad minus — gerade mal ein Fünftel der üblichen »Gipfelstürmer« am Uhuru Peak angekommen war, sind wir langsam doch ein bisschen stolz.

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