1929 müssen sich die glücksverheißenden Konjunktionen am literarischen Himmel gehäuft haben, erblickten doch in diesem Jahr gleich drei Detektive das Licht der Bücherwelt, denen auf unterschiedlichste Weise legendärer Erfolg beschieden war: Kommissar Maigret, Privatdetektiv Sam Spade und Ellery Queen.
Ein äußerer Anstoß führte 1928 zur Zeugung des für einige Jahrzehnte erfolgreichsten Detektivs der USA: Die Vettern Jahrzehnte erfolgreichsten Detektivs der USA: Die Vettern 1971), die in ihrer Jugend ihre Namen zu Frederic Dannay und Manfred B. Lee amerikanisiert hatten, beteiligten sich am Kriminalroman-Wettbewerb eines Magazins. Gemäß den Bedingungen mußten alle Manuskripte unter Pseudonym eingereicht werden. So kam es zum vornehm klingenden Namen »Ellery Queen« für die gemeinsame Firma; und mit dem Sinn für den Wert eines Markenzeichens, den beide in ihren Berufen in der Werbebranche entwickelt hatten, nannten sie auch ihren Detektiv so. Beides vereinigte sich zu einer der glücklichsten Fiktionen in der Geschichte des Detektivromans, die nur noch von der um den göttlichen Holmes und seinem Propheten Watson übertroffen wird: Der Detektiv selbst ist von Beruf Schriftsteller und verarbeitet seine eigenen Erfahrungen im nachhinein zu Romanen, wobei er die in den realen Fällen auftauchenden Namen und Umstände durch Pseudonyme und leichte Veränderungen unkenntlich macht.
Bevor das tatsächlich für den Preis von 7.500 Dollar auserwählte Werk gekrönt und in Fortsetzungen veröffentlicht werden konnte, machte der Verlag Bankrott, und der neue Inhaber verlieh den Preis einem Roman, der für die in Mehrheit weibliche Leserschaft seiner Zeitschrift geeigneter schien. »Der mysteriöse Zylinder« (»The Roman Hat Mystery«) erschien statt dessen 1929 als Buch, und sein Held und ›Autor‹ Ellery Queen trat seinen Siegeszug an.
Im Unterschied zu seinem ruppigen Kollegen Sam Spade von der Westküste ist der New Yorker Ellery Queen eindeutig nach Europa hin orientiert; nicht nur seine Tweedanzüge bezieht er aus der Bond Street. Während Dashiell Hammett, aus der Tradition der populären ›Pulp Magazines‹ kommend, die typisch amerikanische Sonderentwicklung des Kriminalromans begründet, ist Ellery Queen unverkennbar beste britische Schule. Sein Landsmann S. S. van Dine ist ihm darin vorangegangen, und sein Landsmann John Dickson Carr wird ihm darin folgen; tatsächlich sind es drei Amerikaner, die zusammen mit den beiden britischen Damen Agatha Christie und Dorothy L. Sayers die populärsten Autoren der sogenannten englischen Schule sind und Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre das ›Golden Age‹ des klassischen Detektivromans begründeten, dessen die Liebhaber der Gattung mit immerwährender Nostalgie gedenken.
Gemeinsames Ziel all dieser Autoren war es, die seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts wild wuchernde Literatur um Verbrechen und ihre Aufklärung zu einer Literatur sui generis zu machen und die Alltagskost der einfachen Leute zu einer Spezialitätenküche für den verwöhnten Gourmet zu veredeln. Es ist zugleich eine sehr alte literarische Tradition, an die dabei bewußt angeknüpft wird und die weit hinter den Gefühlskult der Empfindsamkeit zurückreicht: Rezeptionsorgan ist, wie von der Antike bis zur Aufklärung selbstverständlich, der Kopf, nicht das Herz; Literatur wird als intellektuelles Vergnügen empfunden, das der Kenner dem Kenner bereitet, als Spiel, dessen Regeln man beherrschen muß, um es genießen zu können. Es entwickelt sich die neue Spezies des Poeta doctus des Detektivromans: Nur der kann von Kollegen noch ernstgenommen werden, der erst die Feder in die Hand nimmt, wenn er selbst seinerseits nahezu alle ernstzunehmenden Vorgänger und Mitstreiter zur Kenntnis genommen hat. Willard Huntington Wrights Kenntnis von mehr als 2000 Werken des Genres ist bezeugt; von ihm (»The World’s Great Detective Stories«, 1927) sowie von Dorothy L. Sayers (»The Omnibus of Crime«, 1929) und Ellery Queen (»101 Years of Entertainment, The Great Detective Stories, 1841-1941«, 1941) stammen die drei besten und monumentalsten Sammlungen von Detektiverzählungen.
Gerade beim letzteren ist dies ja von vornherein in der Fiktion angelegt: Er ist ja nicht nur Detektiv, sondern auch Schriftsteller im Feld des eigenen Hobbys sowie Bücherliebhaber und -sammler mit einer der vollständigsten Bibliotheken zur literarischen Gewaltdarstellung. Vetter Dannay hat hier offensichtlich seine eigene Leidenschaft auf seinen literarischen Halbsohn übertragen; trug er doch selbst im Laufe seines Lebens der Welt größte Sammlung von Detektivkurzgeschichten zusammen. Sie ist heute im Besitz der University of Texas, die Dannay aufgrund seiner Kennerschaft 1958/59 als Gastprofessor einlud – was sein Geschöpf Ellery bereits in den dreißiger Jahren an einer New Yorker Universität war. Auch John Dickson Carr liebte es, seine Romane mit Anspielungen auf literarische Vorgänger zu würzen und legendäre Heroen des Genres wie Edgar Allan Poe oder Wilkie Collins als Detektive oder ›Clue‹-Geber einzusetzen, und auch sein Detektiv Dr. Fell ist Kenner der Verbrechensgeschichte im Doppelsinn: Seine Vorlesung über »Mörder aus meiner Bekanntschaft« führt ihn an viele Universitäten, und seine berühmte »Locked Room-Lecture« im 17. Kapitel von »The Hollow Man« von 1935 ist bis heute das letzte Wort zu diesem zentralen Thema des klassischen Detektivromans. Selbst Agatha Christie, die als einzige der fünf Beherrscher des ›Golden Age‹ nicht als direkte Historikerin des eigenen Genres hervorgetreten ist, läßt Hercule Poirot Detektivromane lesen und preisen (»The Clocks«, 1963, 14. Kapitel) und hat vor allem mit der Technik des gezielten Regelverstoßes, der bewußten Lesertäuschung durch Verletzung einer ungeschriebenen, scheinbar stillschweigend gültigen Voraussetzung ihren Ruhm begründet (»The Murder of Roger Ackroyd«, 1926) und gefestigt (»Murder on the Orient Express«, 1934).
Der erste, der die für dieses Spiel dem schreibenden und dem lesenden Kenner des Genres gültigen Regeln, wie sie sich bei Generationen von Schriftstellern und Liebhabern allmählich herangebildet hatten, mit dem gebotenen Unernst kodifizierte, war Willard Huntington Wright alias S. S. van Dine. Im selben Jahr 1928, da seine »Zwanzig Regeln für das Schreiben von Detektivromanen« erscheinen, setzen die Vettern Lee und Dannay sie bei der Abfassung des »Mysteriösen Zylinders« im Grunde als gegeben voraus und wenden sich in einem »Zwischenspiel« mit einer direkten Herausforderung an den Lesen, ihren Partner im Spiel: Sie bezeichnen durch ein unübersehbares Signal die Stelle, an der bei absolut gleichem Informationsstand Ellery Queen die Lösung findet und der Leser sie somit auch formulieren könnte, und sie qualifizieren diesen Leser als »aufmerksamen Kenner von Detektivgeschichten«. Der schreibende Connaisseur kommuniziert direkt mit seinem lesenden Confrater, der Poeta doctus wendet sich an den ihm verwandten Lector doctus, der Maitre de cuisine an den Gourmet, der allein seine Kochkunst, seine Techniken und die verwendeten speziellen Gewürze aufgrund seiner Kenntnis von tausend verwandten Gerichten herausschmecken wird. Dannay und Lee machen damit das wichtigste Gesetz des ›Golden Age‹ und seiner Anhänger bis zum heutigen Tag bewußt und sprechen es explizit an: das Gebot des Fair play hinsichtlich der Informationsvergabe an den Leser, wie es sich bei ihren Zeitgenossen implizit herausgebildet hatte. Mit dieser ›Herausforderung an den Leser‹, die sie in den bis 1935 folgenden neun Romanen unverändert beibehalten, geben sie den entscheidenden Anstoß für den ›Krimi zum Mitraten‹ mit allen Folgen bis heute: Dennis Wheatleys »Mörder von Miami« (als »DuMont’s Criminal-Rätsel« 1985 erschienen) und alle auf ihn folgenden Dokumenten- oder Ratekrimis {z.B. Lawrence Treat »Detektive auf dem Glatteis!«) stehen ebenso in ihrer Schuld wie die entsprechenden Hör- oder Fernsehspiele, die Rätsel und Lösung durch eine Pause trennen. Dannay und Lee schrieben selbst von 1939 bis 1948 eine Hörspielserie »Ellery Queens Abenteuer« mit einem Stück pro Woche. Dieser sensationelle Erfolg im (kommerziellen!) amerikanischen Rundfunk erklärt sich zum einen aus der Beliebtheit ihres Detektivs, zum andern aus der ihres Markenzeichens, der Pause zum Mitraten, mit der sie das Publikum 1929 in »Der mysteriöse Zylinder« bekanntmachten.
Ellery Queen wurde in den dreißiger und vierziger Jahren schnell zum bekanntesten Detektiv Amerikas, und das weniger wegen der Neuheit als wegen der Vertrautheit seines Charakters: Ellery erinnerte von Anfang an in vielen Zügen an den ersten großen Detektiv der Neuen Welt, den zur Entstehungszeit von »Der mysteriöse Zylinder« schon legendären Philo Vance in den erfolgreichen Romanen S. S. van Dines. Dieser wiederum ist auch von seinen glühendsten Bewunderern als nach New York verpflanzter Lord Peter Wimsey empfunden worden – der Detektivroman ist eine Variationsgattung und zeigt seinen Rang in der Wiederaufnahme und Abwandlung vorgegebener Muster. So war es auch als uneingeschränktes Lob gedacht, als Ellery von der Kritik schon bald als der legitime Erbe Sherlock Holmes’ bezeichnet wurde, der sich kurz zuvor in die Dünen von Sussex zum Bienenzüchten zurückgezogen hatte. Dannay und Lee nahmen dies Lob gern auf und nannten die Kurzgeschichten von ihrem und um ihren Helden bewußt nach den berühmten Fallsammlungen Watsons »The Adventures of Ellery Queen« oder »The Case Book of Ellery Queen« und gaben ihm analog zu Holmes’ Hilfstruppen aus Straßenjungen, den »Baker Street Irregulars«, »87th Street Irregulars« zur Seite. Auch das private Museum in Queens ehemaliger Wohnung in der 87th Street ist eine direkte Hommage an 221b Baker Street, bis hin zu den dort ruhenden Dokumenten zu den bisher noch unveröffentlichten Fällen.
In seiner Grundstruktur aber ist Ellery ein etwas mehr auf sympathisches Menschenmaß reduzierter Philo Vance: Wenn Vance in Oxford studiert hat, tat Ellery das in Cambridge, Mass.; wo Vance über wahre Reichtümer verfügt, die einen eigenen Vermögensverwalter erfordern, ist Queen durch die Erbschaft eines Onkels von mütterlicher Seite finanziell unabhängig. Vance’ bisweilen etwas prahlerisch oder aufgetragen wirkendes Prunken mit fundierten Kenntnissen auf den exotischsten Wissensgebieten ist bei Ellery zu einem Anflug von ›Bookishness‹ und zu einer Neigung zum leicht pedantischen Dozieren geworden; und war Vance so genial, daß sein Freund, der New Yorker Staatsanwalt Markham, ihn einfach bei jedem schwierigeren Fall zuziehen mußte, so ergibt sich das bei Ellery natürlicher daraus, daß er Sohn eines wegen seiner Gründlichkeit und unschlagbaren Erfahrung berühmten beamteten Kriminalisten ist. Aus dieser Tatsache resultiert ganz von selbst eine perfekte Zusammenarbeit zwischen dem routinierten Apparat der besten Kriminalpolizei der Welt und dem genialen Beobachter und Kombinierer, wie sie im Verhältnis zwischen Lord Peter und seinem Schwager und Vance und seinem Freund vorgebildet war.
Auch im Technischen übernahmen Dannay und Lee einige Anregungen von Wright: Dessen gegenüber der Öffentlichkeit allein in Erscheinung tretender Autor S. S. van Dine ist ja gleichzeitig, wie Ellery, eine Person der Handlung selbst, Vance’ Adlatus, Rechtsanwalt und Vermögensverwalter, der als ›Watson‹ in Romanform die Fälle veröffentlicht. Auch der Einsatz des Titels als Markenzeichen ist von Wright übernommen: Hatte der ausnahmslos in allen seinen Romanen jeweils »Murder Case« mit einem Namen oder einem zentralen Motiv des Falles verbunden, so bleiben Dannay und Lee durch neun Romane hindurch der Titelstruktur des ersten treu; »The Roman Hat Mystery« hatte das Muster vorgegeben, dem sie bis 1935 folgten: ›Mystery‹ wurde neunmal mit einem wechselnden Substantiv und einem der Geographie entnommenen Adjektiv verbunden.
Daß dem so sein würde, daß man achtmal an den Erfolg des Erstlings direkt würde anknüpfen können, scheinen die Vettern aber nicht geahnt zu haben, sonst hätten sie eine andere Erzählfiktion gewählt und die fiktive Entstehung ihres Erstlings nicht nach Inspektor Queens Pensionierung und dem gemeinsamen Rückzug der Familie nach Italien angesetzt. Dannay und Lee haben damit den gleichen Fehler begangen wie Agatha Christie und George Simenon, die, ebenfalls den Dauererfolg nicht voraussehend, die Laufbahn ihrer Helden in viel zu hohem Alter beginnen ließen. Bei Simenon führt dies zu einer auf ewig nicht zu entwirrenden unmöglichen Chronologie der Fälle, bei Christie zu der Eigentümlichkeit, daß Poirot von 1920 bis 1975 als unverändert pensionierter älterer Herr recht munter Fälle löst, bis endlich nach einem erfüllten Leben von etwa 120 Jahren der ›Vorhang fällt‹.
Ellery Queen hat diesen Fehler, der offensichtlich auf einem Versehen oder einer Mystifikation von J. J. McC. beruht, der als Agent für die frühen Queens tätig wurde, unauffällig korrigiert: In späteren Bänden ist Ellery wieder entheiratet, Richard Queen wieder im Dienst, beide leben mit ihrem eigentümlichen Diener wieder in der alten Wohnung in New York und werden einfach nicht mehr älter. Genau darin liegt der ungebrochene Erfolg der Romane um Ellery begründet: Es gelang Dannay und Lee zunehmend, sie dem wechselnden Publikumsgeschmack anzupassen und ihrem Helden die Phase des Fast-Vergessenseins zu ersparen, die sein Vorbild Philo Vance trotz seines spektakulären Erfolges und seines legendären Ruhms zwischen dem Tod seines Schöpfers 1939 und der allgemeinen Wiederentdeckung der schönen Kunst des Mordens in unseren Tagen durchleben mußte. Immer wieder gelang es Dannay und Lee, unter dem gemeinsamen Firmennamen »Ellery Queen« Romane zu schreiben, die aktuelle Themen aufgriffen, klar lokalisierte Schauplätze und einwandfrei datierbare Handlungen hatten und generell mit der gesellschaftlichen Entwicklung Amerikas von den dreißiger bis zu den siebziger Jahren Schritt hielten. Auf diese Weise bildet ihr Gesamtwerk in seiner Entwicklung durch fast ein halbes Jahrhundert hindurch eine graduelle Vermittlung zwischen der forcierten Zeit- und Ortlosigkeit des klassischen Detektivromans, der das für ihn spezifisch Kunstvolle gerade in seiner bewußten Künstlichkeit zeigt, und dem angeblichen Realismus der Amerikanischen Schule Hammetts und Chandlers. In der letzten Phase durften sie sogar noch den Triumph erleben, daß kunstvolle Morde outriertester Art wieder ihre Leser fanden und die meist bizarre Szenerie ihres Frühwerks, noch durch Serienmorde oder -taten nach Darwins Evolutionsstufen oder den zehn Geboten der Bibel erweitert, bei Innes oder Crispin lesenden Zeitgenossen begeisterte Zustimmung fanden.
Der Begriff der »Firma Ellery Queen«, zu der sich die Vettern zusammenschlossen, bekommt ab den vierziger Jahren einen eigentümlichen Doppelsinn: Neben dem ›Namen‹ für ihre Coproduktion bedeutet er jetzt auch eine wirkliche Firma, ja einen Konzern. Der Erfolg der Radioserie, Arbeit an Filmprojekten, eine auf Dannays Sammeltätigkeit zurückgehende regelrechte Editionsfabrik mit über 100 Anthologietiteln, die Herausgabe der niveauvollsten Genrezeitschrift, des »Ellery Queen Mystery Magazine« seit 1941, die ungebrochene Nachfrage nach neuen Romanen von und mit Ellery Queen, der Aufbau ganzer neuer Serien, die stark der Amerikanischen Schule nachempfunden wurden oder für jugendliche Leser bestimmt waren – dies alles mußte selbst die Kräfte eines von Haus aus doppelt besetzten Autors übersteigen. In den letzten Jahren wurde dann auch in Einzelfällen nachgewiesen, was generell auf der Hand lag: Im Spätwerk stammen etliche Romane von anderen Autoren, und »Ellery Queen« steht hier in der schlechten alten ›nègre‹Tradition eines Dumas père. Dies Verfahren bot sich in seinem Fall besonders an, waren doch auch die früheren Werke in einer von den beiden nie erläuterten Kooperation entstanden, die man jetzt einfach auf weitere Autoren ausdehnte, die unter der Oberaufsicht von Dannay oder Lee arbeiteten. Auch wenn sich so prominente Namen wie Theodore Sturgeon unter den mit einem Pauschalhonorar abgefundenen Ghostwritern finden, ist ein starkes Qualitätsgefälle innerhalb dieses Corpus und zu den ›echten‹ Queens unverkennbar.
So erfreulich diese Wandlung der »Firma« zum Konzern für das Vermögen von Dannay und Lee war, so schadete sie doch dem Markenzeichen, auf das sie in ihren Anfängen so bewußt geachtet, das sie mühsam entwickelt und sorgfältig gepflegt hatten. Die Konzessionen späterer Werke an den Geschmack eines am ›hard-boiled‹-Genre geschulten Publikums ließen auch in Amerika das Gesamtwerk bis in die Umschlaggestaltung der neueren Taschenbuchserien hinein in die Nähe Mickey Spillanes und seiner Epigonen geraten und führten in Deutschland gar zu einer bei solchen Produkten branchenüblichen bedenkenlosen Kürzung mit anschließender Billigübersetzung und liebloser Edition. Nur so wird die Feststellung verständlich, mit der Helmut Heißenbüttel seinen Aufsatz über die »Spielregeln des Kriminalromans« eröffnete: »Ich habe sechs- bis siebenhundert Kriminalromane gelesen und bin weiter ein ziemlich regelmäßiger Leser dessen, was neu auf den Markt kommt oder was mir bisher entgangen ist … Manches hat sich von selbst ausgeschieden. So kann ich, nach einigen Versuchen, nur schlecht Edgar Wallace oder Ellery Queen lesen.« Zweck dieser ungekürzten Neuübersetzung ist es, »Ellery Queen« für Heißenbüttel und andere Liebhaber des klassischen Detektivromans aus dem achtzehnkarätigen ›Golden Age‹ als einen der besten dieser Klassiker wiederzuentdecken.
Volker Neuhaus