ZWÖLFTES GEBOT:
DU SOLLST DEINEN MITMENSCHEN KEIN LEID ZUFÜGEN.
Robert war ein Hüne. Schon als kleiner Junge war er sehr groß für sein Alter gewesen. Sein Vater war Polizist. Er war ebenfalls sehr groß, aber wenn er auf seinen Sohn geblickt hatte, als dieser noch klein war, hatte er immer gesagt: „Der Junge wird einmal noch größer als ich." Und er hatte recht gehabt.
Mit zehn Jahren war Robert bereits der weitaus Größte in seiner Klasse. Er war sehr fromm und nahm deshalb das Zwölfte Gebot, Du sollst deinen Mitmenschen kein Leid zufügen, sehr ernst.
Die kleineren Jungs zettelten gern Streit mit ihm an, weil sie genau wußten, daß er sich nicht wehrte. Sie merkten mit der Zeit, daß sie alles mit ihm machen konnten. Sie stießen, traten und triezten ihn, und er ließ sich alles gefallen. Er lächelte nur und fragte lediglich: „Warum macht ihr das?" „Weil du ein Feigling bist!" schrien sie ihm dann zu. Sie hatten mächtigen Spaß daran, Robert alles mögliche anzutun.
Kam Robert mit einem blauen Auge nach Hause, dann schimpfte ihn sein Vater tüchtig aus. „Wieso läßt du dir alles gefallen? Du bist der Größte in der ganzen Klasse, da kannst du sie doch leicht alle vermöbeln! Warum wehrst du dich nicht?"
„Eben weil ich der Größte in der Klasse bin", sagte Robert dann. „Das wäre doch nicht fair den anderen gegenüber. Sie
könnten davon schwer verletzt werden."
Sein Vater schämte sich richtig für ihn. Nach seiner Ansicht war sein Sohn ein Feigling. Und er haßte Feiglinge.
Er sprach mit seiner Frau. „Ich weiß nicht, was mit unserem Sohn los ist. Er ist ein Riesenbursche, stark wie ein Bär, und er läßt sich von der ganzen Schule zurichten. Ich habe ihn doch nun wirklich nicht zu einem Feigling erzogen."
Aber die Mutter verteidigte Robert. „Ich glaube nicht, daß Robert ein Feigling ist. Ich denke, er will nur niemandem etwas zuleide tun."
„Ich werde ihn mir einmal vornehmen", sagte der Vater. Als Robert am nächsten Tag von der Schule heimkam, sagte sein Vater: „Wollen wir zusammen fernsehen, mein Junge?" „Gern", sagte Robert.
Sie setzten sich vor den Fernseher, und Roberts Vater schob eine Kassette in den Videorecorder ein. Es war der Film Rocky. Robert sah angewidert zu, wie der Star sich in einer Tour prügelte, aber auch selbst zusammengeschlagen wurde. Er stand auf. „Ich kann das nicht mitansehen, Vater." „Ach was, natürlich kannst du das", schrie ihn sein Vater an. „Setz dich wieder hin!"
Der nächste Film war noch übler. Es war ein Krimi von Leuten, die Raubüberfälle auf offener Straße verübten. „Das ist ja scheußlich", sagte Robert.
„Es ist die wirkliche Welt", sagte sein Vater, „und du mußt lernen, in ihr zurechtzukommen. Du kannst nicht einfach so tun, als gäbe es keine Gewalt."
Dann spielte er auch noch einen Kriegsfilm und zwang Robert, ihn sich anzusehen.
Aber wenn er gehofft hatte, Robert damit zu überzeugen, daß Gewalt etwas Normales sei, so hatten diese Filme genau den gegenteiligen Effekt. Robert war nun entschlossener denn je, sich nie auf irgendeine Art Gewalt einzulassen. Nie, nie, nie, dachte er.
Sein Vater aber sagte: „Vielleicht ändert sich noch alles, wenn er erst in der High School ist."
Es änderte sich in der Tat, als Robert in die High School kam. Aber zum noch Schlechteren.
Robert verliebte sich ganz schrecklich in ein Mädchen namens Amy. Das Problem war, daß alle anderen Jungs ebenfalls in Amy verliebt waren.
Sie war Cheerleader und jung, schön und intelligent obendrein. Robert begleitete sie oft nach der Schule nach Hause, aber die anderen Jungs wollten es ihm immer vermiesen. Wenn Robert und Amy auf dem Gehsteig dahingingen, kamen die anderen vor sie hingesprungen und hielten sie an. „Würdet ihr uns bitte vorbeilassen?" bat Robert dann höflich. „Nein!" kreischten die Jungs.
Und einer schubste Robert dann, oder die anderen drangen auf ihn ein und stießen ihn.
Amy stand immer hilflos dazwischen und sah zu, wie Robert sich verprügeln ließ.
Sie wurde wütend auf ihn. „Wieso wehrst du dich eigentlich nicht gegen die ?" fragte sie.
„Das geht nicht", sagte Robert. „Ich bin größer als sie alle, und da könnte ich sie leicht schwer verletzen, womöglich sogar einen töten."
Aber Amy glaubte ihm nicht. „Du bist einfach ein Feigling", sagte sie.
Und sie gab ihm den Ring zurück, den er ihr geschenkt hatte. „Ich kann keinen Feigling heiraten."
Das brach Robert das Herz. Er liebte Amy sehr, aber er wußte, daß es unrecht war, Gewalt anzuwenden.
Nie könnte ich das Zwölfte Gebot übertreten, dachte er bei sich.
Der Football-Trainer der Schule war ganz entzückt, als er Robert zum erstenmal sah. Einen solchen Schrank von Burschen konnte er gut gebrauchen, zumal Robert flink auf den Beinen war und ein geborener Athlet.
„Ich mache dich zum Kapitän der Football-Mannschaft", sagte er zu Robert.
Robert fühlte sich sehr geehrt. „Das ist wunderbar, Sir." Die Football-Mannschaft war für die Schule sehr wichtig. Alle waren stolz auf sie. Und der Trainer war sich sicher, daß sie mit Robert als Kapitän ein bedeutendes Jahr vor sich haben würden.
Beim ersten Spiel gegen eine andere Schule lief Robert mit dem Ball über das gesamte Spielfeld. Ein Verteidiger von der anderen Mannschaft kam auf ihn zu. Aber statt daß er ihn einfach wegstieß, ließ sich Robert von ihm attackieren und zu Fall bringen.
In der Halbzeit schrie der Trainer Robert an: „Wieso läßt du dich von dem zu Fall bringen? Wieso hast du ihn nicht einfach weggestoßen?"
„Ich fürchtete, ich würde ihm wehtun", sagte Robert. Der Trainer traute seinen Ohren nicht. „Waas hast du befürchtet? Was, glaubst du eigentlich, ist Football? Ein Kaffeekränzchen?"
Er entschied, daß Robert als Verteidiger weiterspielen sollte, um selbst Gegenspieler zu Fall zu bringen. Das Problem war nur, daß Robert sich weigerte, gegnerische Spieler zu Fall zu bringen.
„Was ist los mit dir?" fragte ihn der Trainer hinterher. „Wir haben deinetwegen das Spiel verloren. Dabei warst du doch in einer idealen Situation, den Mann zu Fall zu bringen!" „Das weiß ich", sagte Robert, „aber wenn ich ihn zu Fall gebracht hätte, hätte ich ihn vielleicht verletzt." „Du fliegst raus aus der Mannschaft!" brüllte der Trainer.
Als Roberts Vater davon hörte, wurde er fuchsteufelswild. „Was ist nur los mit dir?" schrie er Robert an. „Als ich auf der Schule war, war ich ein prima Footballspieler. Ich hoffte, du würdest in meine Fußstapfen treten. Magst du Football denn nicht?"
„Doch, sehr sogar", sagte Robert. „Nur-"
„Ja, ja, ich weiß schon", sagte sein Vater, „aber du möchtest keinem wehtun."
Bei allen in der Schule war Robert jetzt unten durch, weil er sie ihrer Ansicht nach im Stich gelassen hatte. Wenn er nicht gewesen wäre, hätten sie sich für die Meisterschaft qualifiziert.
Eines Morgens, als Robert seinen Garderobenspind öffnete, sah er, daß man ihm ein gelbes Schild auf die Tür geklebt hatte: „FEIGLING!"
Einige Jungs beobachteten ihn dabei.
„Was willst du dagegen tun?" fragten sie ihn.
„Gar nichts", sagte Robert gelassen.
Er hatte nicht die Absicht, sich von irgendwem zu einer Schlägerei provozieren zu lassen. Er hatte stets das Zwölfte Gebot im Sinn: Du sollst deinen Mitmenschen kein Leid zufügen.
Als Robert mit dem College fertig war, sagte sein Vater zu ihm: „Ich habe mit dem Polizeichef über dich gesprochen. Sie nehmen dich auf." Er lächelte seinen Sohn an. „Vater, ich möchte nicht zur Polizei."
Sein Vater wurde zornig. „Was denn? Ist die Polizei nicht gut genug für dich?"
„Natürlich ist sie das, Vater. Aber ich könnte niemals Polizist werden."
„Und warum nicht?"
Aber er wußte die Antwort ohnehin schon im voraus.
„Weil ich da Menschen etwas antun müßte" Jetzt hatte sein Vater endgültig genug. „Du bist eine Schande, ich schäme mich für dich schrie er ihn an. „Solange ich denken kann, warst du, ein Feigling, schon als kleines Kind. Ewig mußte ich zusehen, wie die anderen dich verprügelt haben und du nicht einmal versucht hast, dich zu wehren. In der Football-Mannschaft, in der High School hast du dich geweigert, ordentlich zu spielen. Du bist und bleibst einfach nur ein Feigling. Und ein Lügner bist du obendrein. Dauernd sagst du, es ist, weil du keinen verletzen willst. Aber die Wahrheit ist doch, daß du Angst hast, selbst verletzt zu werden." „Glaube mir, Vater, so ist das nicht..."
„Ach was, ich habe genug. Geh mir aus den Augen und aus dem Haus. Ich will dich nicht mehr sehen, verstanden? Ich schäme mich für dich."
Robert war über das alles sehr gebrochen. Er sagte die Wahrheit, aber niemand wollte ihm glauben. Haben sie denn alle, fragte er sich, noch nie etwas vom Zwölften Gebot gehört, Du sollst deinen Mitmenschen kein Leid zufügen?
Am nächsten Morgen verließ er sein Elternhaus.
Aber vor dem Abschied hatte er noch ein Gespräch mit seiner Mutter.
„Ich sehe es gar nicht gern, daß du fortgehst, mein Sohn", sagte sie. „Aber dein Vater will dich nicht mehr im Haus haben."
Sie umarmte ihn und versicherte: „Ich halte dich nicht für einen Feigling, mein Junge." „Danke, Mutter."
Robert zog in ein kleines Apartment und sah sich nach einer Stellung um. Er fand eine in einem Supermarkt. Viel verdiente er dort nicht, aber zumindest war er sicher, daß er dort nie in Gefahr käme, jemandem ein Leid anzutun.
Im selben Supermarkt arbeitete auch ein sehr hübsches Mädchen namens Jenny.
Robert und Jenny begannen miteinander auszugehen, und nach einiger Zeit machte Robert Jenny einen Antrag. Sie nahm an, und sie heirateten.
Jenny hielt ihren Mann für den wundervollsten der Welt. Er sah gut aus und war intelligent und gutmütig. Sie führten eine sehr glückliche Ehe. Sie bekamen einen Sohn.
Und damit fingen die ganzen Schwierigkeiten an.
Ihr kleiner Junge, er hieß Louis, kam eines Tages mit einem blauen Auge und einer blutigen Nase aus der Schule. Jenny war entsetzt.
„Wer war das?" fragte sie.
„Einer der Jungs in der Schule."
Der Junge, der Louis verprügelt hatte, war viel älter.
Als Robert nach Hause kam, erzählte ihm Jenny, was passiert war.
„Du mußt mit dem Vater dieses Jungen reden!" sagte sie. „Na gut."
Robert suchte den Mann auf. Dieser war klein und schmächtig, viel kleiner als Robert.
„Tut mir leid, Sie zu belästigen", sagte Robert höflich, „aber unsere bei den Jungs haben sich anscheinend in die Wolle gekriegt."
„Na und? Alle Jungs prügeln sich."
„Ich weiß, aber das war nicht fair", sagte Robert. „Ihr Sohn ist viel älter als mein Louis. Er sollte das nicht tun: und ihn in Ruhe lassen."
„Wer sagt, er hat angefangen? Ihr Louis hat angefangen." „Das glaube ich nicht", sagte Robert.
„Was, nennen Sie meinen Sohn einen Lügner?" ereiferte sich der Mann.
Und er versetzte Robert einen Schlag ins Gesicht.
Aber Robert schlug nicht zurück. Er sagte nur: „Das hätten Sie nicht tun sollen."
Doch der Mann schlug ihn noch einmal.
„Also, wirklich", sagte Robert, „das ist nun echt nicht nötig." Da hatte er schon wieder eine.
Als er nach Hause kam, hatte er zwei blaue Augen und eine blutige Nase.
Jenny war wieder entsetzt. „Was ist passiert?"
„Ich hatte eine kleine Auseinandersetzung mit dem Vater dieses Jungen", sagte Robert.
„Na, hoffentlich hast du ihn nicht zu sehr verletzt."
„Nein", beruhigte Robert sie, „habe ich nicht."
Doch als Jenny dann erfuhr, was wirklich vorgefallen war, war sie erst recht außer sich.
„Willst du sagen, du bist einfach dagestanden und hast dich schlagen lassen?"
„Ja", sagte Robert, „ich hatte nichts gegen ihn." „Du hattest nichts gegen ihn? Was bist du eigentlich für ein Mann? Erst läßt du zu, daß der Sohn von diesem Menschen unseren Louis verprügelt, und dann läßt du dich auch noch selbst verhauen!"
Robert versuchte zu erklären: „Das Zwölfte Gebot -" „Dein blödes zwölftes Gebot ist mir völlig schnurz!" sagte seine Frau.
Und sie stürmte aus dem Zimmer.
In der Schule verspotteten alle Kinder Louis, weil sein Vater so ein Feigling war.
Der Junge, der ihn vermöbelt hatte, sagte: „Mein Vater hat deinen Vater verdroschen, und der hat sich nicht einmal gewehrt."
„Mein Vater ist ein tapferer Mann", sagte Louis. Als Robert an diesem Abend heimkam, sagte Louis zu ihm: „Dad, du hast doch keine Angst zu kämpfen, oder?" „Natürlich nicht", sagte Robert. „Ich halte es nur für falsch." Louis besah sich die beiden blauen Augen und die blutige Nase seines Vaters.
Und er dachte: Mein Vater ist tatsächlich ein Feigling.
Robert war sehr verunsichert. Er dachte: Mache ich etwas falsch? In meinem Leben bin ich immer nur in Schwierigkeiten gekommen, weil ich Gottes Gebote einhalte. Am nächsten Sonntag ging er zur Beichte. „Pater, ich habe gesündigt."
Der Priester sagte: „Was für eine Sünde hast du begangen, mein Sohn?"
„Ich habe das Zwölfte Gebot gehalten." Ein langes Schweigen folgte.
Dann sagte der Priester: „Ich verstehe nicht. Du hast gesündigt, weil du das Zwölfte Gebot gehalten hast?" „Ja, das glaube ich", sagte Robert. „Ich bin ziemlich verwirrt. Die Bibel sagt, ich soll keine Gewalt anwenden, und doch hassen mich alle, weil ich mich daran halte. Irgend etwas muß falsch daran sein. Schon in der Schule mochten mich alle nicht. Dann habe ich meine Freundin deshalb verloren. Und mein Vater warf mich aus dem Haus. Jetzt halten meine Frau und mein Sohn mich für einen Feigling. Ich weiß nicht mehr, wie ich mich verhalten soll."
„Gottes Gebote einzuhalten kann niemals falsch sein", sagte der Priester. „Wenn du deshalb das Zwölfte Gebot brichst, werden schlimme Dinge geschehen."
Jenny war derart aufgebracht über die Feigheit ihres Mannes, daß sie sich entschloß, sich scheiden zu lassen. Ich liebe ihn zwar, dachte sie, aber ich darf nicht mit einem Mann leben, der nicht einmal für seinen Sohn eintreten kann. Ich muß ihm sagen, daß ich mich scheiden lassen will. Weil Louis zu Hause war und sie vor ihm nichts davon erwähnen wollte, sagte sie zu Robert: „Gehen wir zum Essen aus heute abend. Ich muß mit dir reden."
„Na gut."
Robert ließ sich in einem sehr hübschen Restaurant einen Tisch reservieren und führte seine Frau dorthin aus.
Jenny war nervös und unruhig. Es war ihr klar, daß sie Robert sehr verletzen würde, aber daß sie auch keine andere Wahl hatte.
„Robert", sagte sie, „ich muß dir etwas sagen."
Am Nebentisch saßen vier Männer. Sie waren betrunken und laut.
Einer war ein Riesenkerl, noch größer als Robert. Er kam Robert bekannt vor. Er starrte dauernd Jenny an. „He", rief er herüber, „du bist aber schön, weißt du das?" Jenny versuchte, ihn zu ignorieren.
„Robert", begann sie noch einmal, „ich weiß, das ist jetzt schwierig, aber -"
„Was willst du mit dem Kerl da?" rief der Betrunkene vom Nebentisch Jenny zu. „Einer wie ich würde viel besser zu dir passen."
Robert wurde allmählich ärgerlich. Er schaute zu dem KrakeeIer hinüber und sagte: „Hören Sie, wir möchten hier friedlich speisen, ja? Warum lassen Sie uns nicht einfach in Ruhe?"
Der Mann stand auf. „Nun hört euch den an. Will der mir Vorschritten machen. Du halbe Portion, du. Paß auf, daß ich dich nicht auseinandernehme!"
„Bitte", sagte Robert, „machen Sie hier keine Szene.
Setzen Sie sich wieder hin und -"
„Wer bist denn du, daß du mir anschaffen willst, was ich zu tun habe, hä?" stänkerte der andere weiter.
Er kam herüber, stellte sich vor ihnen auf und legte Jenny die Hände auf die Schultern.
„Du bist wirklich schön, Baby", sagte er.
Robert sagte ganz ruhig: „Würden Sie bitte Ihre Hände von meiner Frau nehmen?"
„Deine Frau? Dieses schöne Wesen hat einen Armleuchter wie dich geheiratet?" Er sah Jenny an. „He, Baby, warum kommst du nicht rüber zu uns? Wir gehen noch wohin und amüsieren uns miteinander."
Jenny war alles sehr peinlich. Sie sah Robert an. „Bitte, Robert, nun tu doch endlich etwas, daß er mich in Ruhe läßt!" Robert sagte höflich: „Sir, bitte, würden Sie uns allein lassen?" Aber der große Kerl lachte nur.. „Habt ihr das gehört?" Er imitierte Robert übertrieben. „>Sir, bitte,. würden Sie uns allein lassen?< Was für eine armselige Figur bist du denn?" Er zog Jenny hoch. „Nun komm schon, Baby, amüsieren wir uns miteinander."
„Entschuldigen Sie", sagte Robert, „wirklich, das sollten Sie nicht tun." Und er stand auf.
Der Grobian packte ihn lediglich und drückte ihn zurück auf seinen Stuhl. „Du bleibst hier. Deine Frau und ich haben noch Verschiedenes miteinander zu klären." Er begann, Jenny mit sich zum anderen Tisch zu ziehen. „Robert!" rief Jenny.
Jetzt reichte es Robert endlich. Seine gesamte Frustration all der vergangenen Jahre kochte über.
Zum Teufel mit dem Zwölften Gebot! dachte er. Er stand auf und sagte: „Sie sollen sie loslassen!"
„Und wer will mich dazu zwingen?" höhnte der andere.
„Ich."
Und zum erstenmal in seinem Leben begab sich Robert in eine Schlägerei. Wie der Blitz fuhr dem ungehobelten Burschen seine Faust ins Gesicht. Der ließ Jenny los und stürzte sich auf Robert. Sie holten beide gleichzeitig aus, und ihre Schwinger trafen direkt aufeinander. Alle Gäste des Lokals erstarrten und sahen zu, wie die beiden aufeinander eindroschen.
Der Geschäftsführer versuchte, dazwischenzugehen, aber es war unmöglich. Die beiden Hünen machten es untereinander aus, und nichts konnte sie dabei stoppen.
Ihr Kampf dauerte fast zehn Minuten lang und endete, als Robert den anderen mit einem Aufwärtshaken zu Boden schickte, wo er besinnungslos liegenblieb.
Einer der Männer vom anderen Tisch sah es völlig ungläubig mit offenem Mund.
Er schaute Robert an und sagte: „Wissen Sie eigentlich, wen Sie da gerade k.o. geschlagen haben? Den Boxweltmeister im Schwergewicht!"
Am nächsten Morgen waren die Schlagzeilen der Zeitungen voll von Roberts Tat.
BOXWELTMEISTER K.O.GESCHLAGEN!
Jenny umarmte ihren Mann und sagte: „Liebling, ich bin so stolz auf dich!"
Sie hatte völlig vergessen, daß sie mit Robert in dem Lokal über Scheidung reden wollte.
Am nächsten Tag bekam Robert einen Anruf vom Manager des Boxweltmeisters.
„Der Champion sagt, Sie konnten ihn nur deshalb niederschlagen, weil er nicht mehr nüchtern war. Er will einen richtigen Kampf gegen Sie im Madison Square Garden, damit er der Welt zeigen kann, daß ihn niemand schlägt. Sind Sie einverstanden?" „Warum nicht?" sagte Robert.
Er hatte das Zwölfte Gebot ohnehin schon übertreten. Da hatte er nichts mehr zu verlieren, fand er.
So kam es, daß Robert ein Vierteljahr später gegen den amtierenden Weltmeister im Schwergewicht in den Ring stieg. Alle waren dabei, Jenny, Roberts Eltern und Louis und selbst Amy.
Und sie wurden alle nicht enttäuscht.
Robert schlug den Weltmeister in der dritten Runde k.o. und wurde selbst Schwergewichtsweltmeister. In den nächsten fünf Jahren besiegte er jeden Herausforderer und verdiente mehr als zwanzig Millionen Dollar. Alles nur, weil er das Zwölfte Gebot gebrochen hatte.