3. KAPITEL

DAS DRITTE GEBOT:

DU SOLLST DEN FEIERTAG HEILIGEN.

Nun, was bedeutet das? Es bedeutet, man soll am Sonntag ruhen, an Gott denken und keine Geschäfte betreiben. Dies aber ist die Geschichte von Ralph, einem Mann, der das dritte Gebot brach und damit sehr reich wurde. Ralph war der glückloseste Mann auf der ganzen Welt. Was er auch anpackte, ging schief. Er war ein guter Mensch, fleißig, ehrlich und anständig. Er war sehr verliebt gewesen in eine Frau, die dann mit seinem besten Freund durchging und diesen heiratete. Mit anderen, Worten, er hatte damit zugleich am selben Tag sein Mädchen und seinen besten Freund verloren. Eine Woche später überfuhr er seinen Hund, und noch ein paar Tage darauf starb seine Katze.

Er arbeitete in einer Fabrik, die bankrott machte. Danach arbeitete er in einem Textilgeschäft, das abbrannte. Ist jetzt allmählich klar, warum ich sage, er war der glückloseste Mensch auf Gottes weiter Welt?

Es war gerade, als hätte Gott es auf den armen Ralph speziell abgesehen, um ihn für irgend etwas zu strafen.

Weil er kein Geld hatte, lebte Ralph bei seinen Eltern. Die waren sehr fromm. Sie glaubten an Gott und daran, daß man von ihm bestraft wurde, wenn man eines seiner Gebote übertrat. Und weil ihr Sohn ein solcher Pechvogel war, waren sie davon überzeugt, daß das nur daher kommen konnte, daß er die Gebote brach.

Eines Tages rief ihn sein Vater in die Bibliothek.

„Ralph, es ist nicht anders möglich, du tust offenbar Falsches und Schlechtes. Ich habe noch keinen Menschen gesehen, der so glücklos in seinem Leben ist wie du. Übertrittst du denn eines der Gebote?" „Nein, Vater."

„Bist du dessen auch sicher?' Nehmen wir doch einfach gleich das erste Gebot: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Brichst du dieses Gebot?" „Nein, Vater."

„Gut. Reden wir dann vom zweiten Gebot: Du sollst den Namen Gottes, deines Herrn, nicht mißbrauchen. Hast du das jemals getan, geflucht?" „0 nein, Vater."

„Dann das dritte Gebot. Heiligst du den Feiertag?"

„Aber natürlich", sagte Ralph. „Jeden Sonntag gehe ich in die Kirche, und ich spiele am Sonntag nie und gehe auch nicht ins Kino oder tue sonst etwas, außer an Gott zu denken."

Sein Vater nickte. „Und nun das vierte Gebot: Ehrst du Vater und Mutter?"

„Aber ja doch", bekräftigte Ralph. „Ich ehre euch alle beide." „Das fünfte Gebot", sagte sein Vater. „Du sollst nicht töten. Du hast doch wohl noch niemanden getötet, oder?" „Aber Vater", sagte Ralph indigniert, „als würde ich jemals im Traum daran denken, jemanden zu töten!" „Gut", sagte Ralphs Vater, „ich weiß, daß du die Wahrheit sagst, aber irgendwas mußt du falsch machen, sonst hättest du doch nicht dauernd soviel Pech! Wie steht es denn mit dem sechsten Gebot: Du sollst nicht ehebrechen? Na, das kannst du ja wohl nicht gebrochen haben, nachdem du gar nicht verheiratet bist."

Ralph dachte an seine Freundin und wie er sie verloren hatte. „Nein", bekräftigte er traurig, „bin ich nicht." „Und was ist mit dem siebten Gebot, Du sollst nicht stehlen?" fragte der Vater unerbittlich weiter.

„Ich bin sehr ehrlich", antwortete Ralph."Ich habe in meinem ganzen Leben noch nichts gestohlen."

„Ich glaube es dir", sagte sein Vater. „Aber warum hast du dann soviel Pech?"

„Ich habe keine Erklärung dafür", sagte Ralph. „Und das achte Gebot: Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten. Wie steht es damit? Hast du je wider einen unserer Nachbarn falsches Zeugnis gegeben?" „Niemals", schwor Ralph.

Seinem Vater wurde alles noch rätselhafter. „Und was ist mit dem neunten Gebot: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus und Hab und Gut?"

Ralph war total überrascht. „Aber Vater, das Haus unseres Nachbarn ist eine heruntergekommene Bruchbude. Was sollte ich denn da begehren? Da drinnen möchte ich nicht mal wohnen."

„Und das zehnte Gebot: Du sollst dir kein Bildnis von mir machen?"

„Ich hab keinen Schimmer, wie man schnitzt oder bildhauert", sagte Ralph.

„Ich glaube dir, mein Sohn", sagte der Vater. „Wie aber steht es mit dem elften Gebot, Du sollst nicht lügen?"

„Ich sagte dir doch, Vater, daß ich nie lüge."

„Nun gut, mein Sohn. Und was ist mit dem zwölften Gebot, Du sollst deinen Mitmenschen kein leid zufügen? Bist du manchmal in Schlägereien verwickelt?"

„Vater, wo ich doch keiner Fliege etwas zuleide tun kann! Ich weiß ja nicht einmal, wie man sich prügelt."

Ralphs Vater war nach diesem Gespräch nicht klüger als zuvor.

Er war fest überzeugt, daß sein Sohn keines von Gottes Geboten gebrochen hatte.

Vielleicht, dachte er, war Ralph auch nur in der Vergangenheit ein Pechvogel, und es ändert sich von nun an, weil er ja alle Gebote einhält und befolgt. Da muß er doch jetzt allmählich mehr Glück haben. Aber da irrte er sich.

Am nächsten Tag schüttete eine Serviererin Ralph, als er beim Essen in einem Restaurant saß, kochend heißen Kaffee über die Hand und verbrühte sie ihm. Ralph mußte in die Notaufnahme im Krankenhaus gebracht werden.

Dort rutschte er auf dem glattgebohnerten und gerade frisch gewachsten Boden im Korridor aus und brach sich ein Bein. Man legte ihn auf eine Bahre und trug ihn in ein Zimmer. Dort ließ der Pfleger die Bahre fallen und Ralph brach sich auch noch einen Arm.

Zwei Wochen lang lag er im Krankenhaus. Als er wieder heimkam, hatte er ein Gipsbein, einen Gipsarm, und seine Hand war auch noch immer verbunden. Sein Vater war ganz verzweifelt und ging zu seinem Pfarrer. „Warum verfolgt meinen Sohn derart das Pech?" fragte er ihn. Und er erzählte dem Priester alle Mißgeschicke, die Ralph schon widerfahren waren.

Aber auch der Pfarrer schüttelte nur den Kopf. „Ich kann mir nichts anderes denken, als daß er eben eines von Gottes Geboten bricht."

„Nein", widersprach Ralphs Vater, „das kann nicht sein. Er hält jedes einzelne sorgsamst ein."

Der Pfarrer schüttelte noch einmal den Kopf. „Dann weiß ich auch keine Antwort."

Das Problem war, daß niemand eine Antwort wußte. Es stand in der Bibel geschrieben, wenn man alle Zwölf Gebote befolgte, konnte man ein glückliches und friedvolles Leben führen. Und was war? Da befolgte einer schon mal aufs Genaueste alle Zwölf Gebote, aber sein Leben war elend und mies von vorne bis hinten!

Jeden Sonntag bestanden Ralphs Eltern darauf, daß er, obwohl nach wie vor in Gips und auf Krücken, aufstand und mit ihnen in die Kirche ging. „Wir möchten nicht", sagte seine Mutter, „daß Gott zornig auf dich wird."

„Zornig auf mich!" höhnte Ralph. „Ich bin doch schon die ganze Zeit sein Sandsack!" „Aber, aber! Sprich nicht so, mein Sohn! Und jetzt stehe auf und komme mit uns zur Kirche." Ralph hatte Schmerzen und fühlte sich überhaupt total schlecht, aber er gedachte des Gebots, daß man Vater und Mutter ehren muß, damit man lange lebe und es einem wohlergehe auf Erden, und kleidete sich in Gottes Namen an und kam mit zur Kirche. Dort saß er und hatte solche Schmerzen, daß er kaum wahrnahm, was der Pfarrer alles predigte.

Aber er gelobte: „Ich werde so lange jedes einzelne Gebot einhalten, bis diese Pechsträhne endlich einmal aufhört."

Zwei Monate später waren Ralphs Arm und Bein verheilt, und auch den Verband von der verbrühten Hand konnte man entfernen. Er konnte wieder zur seinem Arbeitsplatz zurückkehren, einem Videoladen.

Er kam zur Tür herein und sagte: „Da bin ich wieder." Aber der Geschäftsinhaber sagte: „Sie haben zu lange gefehlt, da mußte ich jemanden anderen einstellen. Sie sind entlassen." Das war wiederum noch längst nicht alles. Als er nach Hause zurückkam, fand er den kleinen Garten, den er angelegt hatte und sehr liebte, von irgendeinem Tier verwüstet. Am Abend, als er zum Essen ausgegangen war, wurde ihm sein Auto gestohlen. Das bemerkte er allerdings erst drei Tage später, weil der Fisch, den er in der Gaststätte gegessen hatte, nicht mehr gut gewesen war und man ihn mit einer Fischvergiftung in ein Krankenhaus bringen und ihm den Magen auspumpen mußte. Seine Eltern besuchten ihn. „Was wird als nächstes passieren?" weinte seine Mutter. „Es kann nichts mehr passieren", sagte Ralph. „Von jetzt an kann es nur noch besser werden, alles."

Er verließ das Krankenhaus zwei Tage darauf, und als er die Straße überquerte, fuhr ihn ein Bus an.

„Jetzt ist es eindeutig!" rief sein Vater. „Du tust etwas, was Gott nicht gefällt!"

Sie gingen wieder alle Zwölf Gebote durch, konnten aber nichts finden, wogegen Ralph sich verging. „Du mußt es einfach intensiver versuchen", sagte der Vater. Aber Ralph hatte es inzwischen satt. „Nein. Ich habe es jetzt lange genug intensiv versucht. Von nun an ist mir egal, was Gott mir antut."

Sein Vater war schockiert. „Sage so etwas nicht!" Er schickte einen Blick zum Himmel hinauf. „Der Blitz wird auf dich herabfahren."

„Das wäre auch das einzige", antwortete Ralph, „was Gott mir noch nicht angetan hat."

Er blieb die ganze Woche zu Hause und weigerte sich, auszugehen, um Arbeit zu suchen. „Wozu?" sagte er. „Ihr wißt doch genau, wie glücklos ich bin. Ich finde ja doch keine Arbeit, und auf dem Weg wird mich mit Sicherheit ein Auto überfahren."

Ralphs Vater wußte nichts zu entgegnen. Er war jetzt selbst überzeugt davon, daß sein Sohn recht hatte. Am Sonntagmorgen sagte Ralphs Mutter: „Stehe auf, mein Schatz, es ist Zeit für die Kirche." „Ich will nicht zur Kirche gehen."

„Was soll das heißen, du willst nicht zur Kirche gehen? Wir gehen doch jeden Sonntag zur Kirche!"

„Und was hat es mir genützt?" sagte Ralph. „Ich bleibe heute zu Hause."

„Du kannst nicht zu Hause bleiben", erklärte ihm sein Vater. „Das dritte Gebot sagt -"

„Ja, ich weiß, was im dritten Gebot steht. Du sollst den Feiertag heiligen. Aber es ist mir egal. Ich bleibe heute den ganzen Tag im Bett."

Und nichts, was sie sagten, konnte ihn dazu bringen, seine Meinung zu ändern.

Schweren Herzens gingen Ralphs Eltern ohne ihn zur Kirche. „Das wirst du noch bereuen", warnte ihn sein Vater allerdings. „Schreckliche Dinge können geschehen, wenn man eines der Gebote bricht."

Aber Ralph sagte einfach nur: „Sollen sie doch geschehen. Ich fürchte mich nicht davor."

Er sah seinen Eltern nach, wie sie. das Haus verließen. Ich hätte schon mitgehen sollen, dachte er mit Schuldgefühlen. Tatsache war, daß er durchaus etwas nervös darüber war, das dritte Gebot zu brechen. Stets war er bisher am Sonntag zur Kirche gegangen.

Er merkte, daß er einfach zu unruhig war, um im Bett zu bleiben. Vielleicht gehe ich ein wenig spazieren, dachte er. Wollen doch mal sehen, was für Knochen ich mir heute brechen werde.

Er zog sich an und ging los. Es war ein schöner Frühlingsmorgen. Die Luft war frisch und klar. Er ging die Straße entlang und sah sich ständig nervös um, weil er darauf wartete, was ihm denn nun zustoßen werde, jetzt, wo er so offen das dritte Gebot übertrat.

Er stolperte über etwas und dachte: Aha, geht schon los. Doch als er auf den Gehsteig hinunterblickte, sah er, daß er über eine Brieftasche gestolpert war, die jemand verloren hatte. Neugierig hob er sie auf und schaute hinein. Die Brieftasche war voller Hundertdollarscheine. Aber es stand kein Name und keine Adresse in der Brieftasche. Ralph war ein ehrlicher Mensch und hätte sie zurückgegeben, wenn er nur gewußt hätte, wem und wohin.

Er zählte das Geld. Es waren fünftausend Dollar. Er konnte nicht glauben, was er für ein Glück hatte. Es war das allererste Mal, solange er denken konnte, daß er tatsächlich Glück hatte. Er steckte die Brieftasche ein und ging weiter. An der nächsten Ecke war ein Zeitschriftenladen, in dem auch Sofortlose der Lotterie verkauft wurden.

Man kaufte ein Los, riß es auf, und es kam eine Nummer zum Vorschein. Der Ladenbesitzer sagte zu Ralph: „Es sind neue Lotterielose herausgekommen. Möchten Sie vielleicht welche kaufen?"

Ralph zögerte. Er spielte niemals, schon, weil er sowieso verlor. Jetzt jedoch hatte er eine Brieftasche voller Geld und sagte: „Also gut, ich kaufe zehn."

Er kaufte die zehn Lose, und der Ladenbesitzer sah zu, wie er das erste aufriß und auf die Nummer schaute.

„Das ist ein Gewinnlos!" sagte der Mann. „Hundert Dollar."

Ralph riß das nächste Los auf.

„Noch ein Gewinn! Zweihundert Dollar!"

Jedes seiner zehn Lose gewann. Weder er noch der Ladenbesitzer konnten es recht glauben.

„Also, so etwas von Glückspilz wie Sie habe ich noch nicht erlebt", sagte der Mann zu Ralph.

Ralph hatte jetzt alle Taschen mit Geld vollgestopft. Und er dachte: Soviel Glück habe ich im ganzen Leben noch nicht gehabt. Wenn ich aber jetzt in der Kirche wäre, hätte das alles hier nicht passieren können.

Er kam am Büro einer Fluglinie vorbei. Spontan ging er hinein. „Ich möchte einen Hin- und Rückflug nach Las Vegas, bitte." Er bezahlte das Flugticket gleich in bar, damit er auf jeden Fall schon seinen Rückflug sicher hatte, falls er alles Geld in Las Vegas beim Spielen verlor.

Der Flug dauerte zwei Stunden.

Ralph war noch nie zuvor in Las Vegas gewesen. Als er am Flughafen ankam, war er überrascht, daß es schon dort Hunderte von Spielautomaten gab. Er nahm einige Münzen und steckte sie in einige dieser Automaten. Und die spuckten alsbald Geld für ihn aus.

Er nahm sich ein Taxi zu einem der Hotels. Der Spielsaal war voller Leute, die alle mit Karten spielten oder mit Würfeln oder an den Spielautomaten.

Er setzte sich auf einen freien Platz an einem Spieltisch. „Entschuldigen Sie", sagte er zu dem Angestellten, „kann ich hier spielen?"

„Selbstverständlich, ja. Haben Sie Geld?"

Ralph holte sein Bargeld aus der Tasche und zeigte es her.

Das Gesicht des Angestellten hellte sich sofort auf. „Aber natürlich, Sir! Kommen Sie hierher. Ein neuer Shooter kommt sofort. Wieviel möchten Sie denn setzen?"

Ralph hatte noch nie im Leben gespielt. Er hatte keine Ahnung, was „ein neuer Shooter" bedeutete. (Es bedeutete, daß es um den gesamten Einsatz ging.)

„Ich setze tausend Dollar", sagte er.

Der Mann gab ihm einige Chips und zeigte tausend Dollar auf seiner Tafel an.

Er warf eine Sieben. Vor Ralph häufte sich nun ein Stapel im Wert von zweitausend Dollar.

„Heißt das, ich habe tausend Dollar gewonnen?" fragte Ralph. „Richtig. Wollen Sie sie stehen lassen?" Ralph hatte auch keine Ahnung, was „stehen lassen" bedeutete, aber er sagte einfach: „Sicher."

Der Mann warf die Würfel wieder, und sie ergaben eine Elf. Jetzt stapelten sich schon Chips für viertausend Dollar vor Ralph.

Wollen Sie die noch einmal stehen lassen?" „Dieses Würfelspiel gefällt mir", sagte Ralph. „Ja." Kurz, in der folgenden Stunde gewann Ralph über hunderttausend Dollar. Es war, als könnte er nichts falsch machen. Wie er auch setzte, gerade oder krumm oder aufs ganze Feld, er gewann jedesmal.

Einer der Geschäftsführer des Casinos kam und sagte zu Ralph: „Sir, wir haben einen privaten Spielsaal, wo die Einsätze höher sind. Wenn Sie dort gerne spielen möchten?" Nun war es dem Casino-Geschäftsführer jedoch in Wirklichkeit ziemlich egal, ob Ralph dort gerne spielen wollte oder nicht. Ihm ging es nur darum, daß Ralph in das Spiel mit den höheren Einsätzen einstieg, damit das Casino eine Chance hatte, das an ihn verlorene Geld wiederzubekommen. „Klingt gut", sagte Ralph.

Er folgte dem Casino-Geschäftsführer in das Hinterzimmer, wo ein Dutzend sehr wohlhabend aussehender Männer Poker spielten.

Ralph, der ja kein Spieler war, hatte noch nie im Leben Poker gespielt und hatte nicht die blasseste Ahnung, wie es ging.

Aber er setzte sich an den Spieltisch.

„Das Ante ist fünftausend Dollar", sagte der Geber.

„Was ist ein Ante?"

Die anderen Spieler lachten. Sie dachten, Ralph machte einen Scherz.

„Das ist das Geld, das man vor jedem Spiel herauslegt." „Aha", sagte Ralph und legte die erforderlichen fünftausend Dollar auf den Tisch.

Das Spiel begann. Und Ralph war noch erfolgreicher als zuvor am Würfeltisch. Was er auch machte, er verlor nicht.

Einer der Spieler legte seine Karten offen. „Ich habe zwei Asse hier." Und er griff schon nach dem Einsatz.

„Augenblick", sagte Ralph. „Ich habe drei Damen." Und das zählte mehr.

Bei der nächsten Runde sagte ein Spieler: „Ich habe ein Full House"

„Entschuldigung", sagte Ralph, „aber ich habe einen Royal Flush."

Ein Royal Flush, das sind fünf aufeinanderfolgende Karten derselben Farbe, ist höher als ein Full Hause (das sind drei Karten von derselben Farbe und dazu zwei von einer anderen). So gewann er Spiel um Spiel und konnte einfach nichts falsch machen. Hatte ein anderer Spieler ein schwaches Blatt, dann er ein starkes. Hatte ein anderer ein starkes Blatt, dann er ein noch stärkeres.

Als er schließlich aufhörte, besaß er zweihunderttausend Dollar in bar. Er. ging davon wie in Trance und wunderte sich, was da mit ihm passiert war.

Er ging in die Cafeteria des Hotels. Eine Bedienung kam und fragte:

„Was kann ich für Sie tun?" Er blickte hoch und sah sich dem schönsten Mädchen gegenüber, das er im Leben je gesehen hatte. Sie war jung und blond und so hübsch, daß ihm fast das Herz stehenblieb. Sie hatte eine enganliegende Uniform an und eine tolle Figur.

„Ich - ja ...", brachte Ralph gerade noch heraus. Er studierte die Karte. „Ach, ich nehme das Haschee."

Die Bedienung sah sich um, ob auch niemand in der Nähe war, und flüsterte ihm dann zu: „Nehmen Sie es nicht. Es ist nicht frisch. Aber die gebratenen Nudeln sind sehr gut." „Oh, danke", sagte Ralph, „gut, dann geben Sie mir die gebratenen Nudeln."

Er sah ihr nach, wie sie davon ging, und konnte den Blick nicht mehr von ihr wenden.

Und sie hatte recht gehabt. Die Nudeln waren köstlich.

Als er Geld aus der Tasche holte, um zu bezahlen, und sie sah, wieviel er hatte, sagte sie: „Oh, das sollten Sie aber nicht tun, soviel Geld mit sich herumtragen. Da nimmt es Ihnen schnell einer ab. Lassen Sie sich doch von der Kasse einen Scheck auf den Betrag geben, dann ist Ihr Geld sicher."

„Das ist sehr freundlich von Ihnen", sagte Ralph, „Frau.. "

„Fräulein. Miss Sally Morgan."

„Auch ich bin nicht verheiratet", sagte Ralph.

Sie lächelte ihn an. „Dann hat irgendein Mädchen bisher eine großartige Gelegenheit versäumt. Ich wette, Sie geben einen wundervollen Ehemann ab."

„Und ich wette", sagte Ralph, „daß auch Sie eine wundervolle Ehefrau abgeben würden. Wann sind Sie hier fertig?" „Um sechs."

„Darf ich auf Sie warten?" Sie lächelte. „Gerne."

Ralph wartete also, bis ihre Arbeitszeit zu Ende war. Dann führte er sie zum Essen aus, und sie redeten und redeten miteinander, und es war, als hätten sie sich schon immer gekannt. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sally war das liebste und wundervollste Mädchen, das Ralph je erlebt hatte. „Jetzt kennen wir uns erst ein paar Stunden", sagte er, „und doch, auch wenn es verrückt klingt, möchte ich dich schon heiraten."

Und Sally nickte. „Auch wenn es noch verrückter klingt, aber ich sage Ja. Ich wußte vom ersten Augenblick an, wo ich dich sah, daß ich dich liebe."

Ralph umarmte sie und sagte: „Dann wollen wir doch gleich einen Priester suchen."

In Las Vegas gibt es kleine Kirchen, in denen Tag und Nacht Trauungen vorgenommen werden. In einer davon heirateten Ralph und Sally.

„Jetzt fahren wir nach Hause", sagte Ralph. „Und ich stelle dich meinen Eltern vor."

Ralphs Eltern waren schon völlig aufgelöst gewesen. Als sie von der Kirche zurückgekommen waren, war ihr Sohn verschwunden. Es war fast Mitternacht, als er wiederkam, und bei sich hatte er ein wunderschönes junges Mädchen. „Ich stelle euch hiermit meine Frau vor", sagte Ralph. Sie wußten nicht, wie ihnen geschah.

„Deine Frau? Wie kannst du dich verheiraten? Du besitzt doch keinen Cent! Und wir unterstützen dich nicht."

„Braucht ihr auch gar nicht", sagte Ralph.

Und er zeigte ihnen seinen Scheck über zweihunderttausend Dollar. „Seht ihr das? Ich fange mein eigenes Geschäft an, und es wird sehr erfolgreich sein."

Und er fing sein eigenes Geschäft an, und es wurde sehr erfolgreich.

Auch Sally erwies sich als großartige Ehefrau. Fortan war Ralphs Leben einfach perfekt. Absolut perfekt.

Und das alles, weil er das dritte Gebot gebrochen hatte.

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