Drei

Die Stille im Raum war so vollkommen, dass Geary bewusst wurde, dass alle Anwesenden für einen Moment den Atem angehalten haben mussten. So absurd der Gedanke unter diesen Umständen auch war, fragte er sich dennoch, wie sich das auf das Behaglichkeitsniveau in dem rundum versiegelten Konferenzraum auswirken würde.

Er hatte nicht gewusst, was er erwarten sollte, dennoch erstaunte es ihn, als Senator Navarro erst Sakai, dann Suva ansah, wohl um wortlos etwas zu übermitteln, das ihnen allen klar sein musste.

Schließlich wandte er sich wieder an Geary und verschränkte die Hände vor sich auf dem Tisch. »Nur um Missverständnisse auszuschließen: Haben Sie soeben förmlich Ihre Absicht erklärt, nicht länger die Befehle der Regierung zu befolgen?«

Unwillkürlich fragte sich Geary, ob am Körper der Senatoren verborgene Abhörvorrichtungen aktiviert waren und darauf warteten, sein Bekenntnis zu einem Verrat aufzuzeichnen. »Nein, Sir. So etwas käme für mich niemals infrage. Aber ich kann und werde meinen Dienst in der Flotte quittieren, und zwar mit sofortiger Wirkung, was bedeutet, dass ich nicht länger Ihrer Befehlsgewalt unterstehe.«

»Aber als Offizier«, wandte Sakai kopfschüttelnd ein, »dienen Sie der Regierung. Die Regierung muss nicht akzeptieren, dass Sie den Dienst quittieren wollen. Wenn es stimmt, was die Reaktion der Flotte auf diese Anklagen betrifft, dann braucht die Allianz Ihre Hilfe, um dieses Problem aus der Welt zu schaffen.«

»Wenn die Regierung der Allianz sich mit dem Problem befassen will, dann kann sie die notwendigen Maßnahmen ergreifen«, sagte Geary. »Ich habe Ihnen erklärt, wie diese Maßnahmen meiner Meinung nach aussehen müssen. Ich werde mich nicht an einem ungerechten und ehrlosen Prozess beteiligen.«

»Selbst wenn Ihr Rücktritt abgelehnt wird?«

»Selbst dann. In dem Fall soll die Flotte mich vor ein Kriegsgericht stellen.«

Navarro verblüffte ihn abermals, indem er sich zurücklehnte und Geary ernst ansah. »Sie wissen so gut wie wir, was passieren würde, sollte die Regierung gegen Sie Anklage erheben. Die Regierung würde allein unter dem Druck der Öffentlichkeit zusammenbrechen, von der Flotte ganz zu schweigen. Tun Sie nicht so, als wüssten Sie nicht, welche Macht Sie hier ausüben können.«

»Wenn Sie wissen, dass ich so viel Macht besitze, und wenn Sie eine Vorstellung davon haben, wie wenig ich daran interessiert bin, von dieser Macht Gebrauch zu machen, warum wollen Sie dann nicht auf mich hören?«, fragte Geary.

»Weil wir nicht die Gesetze ignorieren können! Wir stehen unter enormem Druck, und jeden Tag werden neue Ermittlungsverfahren eingeleitet! Jede Verletzung, jede Gefälligkeit wird man gegen uns verwenden. Ganz ehrlich gesagt, Admiral, ich glaube, wenn die Regierung zusammenbricht, wird das die Allianz genauso untergehen lassen wie eine Revolte der Flotte. Was erwarten Sie, das wir tun sollen?«

»Finden Sie eine Lösung, Sir. Das ist doch die Aufgabe eines Regierungschefs, nicht wahr?«

Senator Navarro seufzte und kniff für einen Moment die Augen zu, die er zusätzlich noch mit seiner Hand bedeckte. »Wir müssen …«

Was immer er auch hatte sagen wollen, er wurde dabei von Senatorin Suva unterbrochen. Ihr Blick hatte etwas Kühles, Berechnendes, und was sie ohne Gefühlsregung sagte, versetzte Geary sogar noch mehr in Erstaunen. »Admiral, Sie sprachen davon, dass diese Anklagen niemals hätten erhoben werden sollen, und dass sie zwar formal korrekt sind, die Auswirkungen auf die Flotte dabei aber nicht in Erwägung gezogen wurden.«

»Ja, Madam Senatorin.«

»Betrachten wir Admiral Geary als eine Autorität auf diesem Gebiet?«, fragte Suva die anderen Senatoren auf eine Weise, die mehr nach einer rhetorischen Frage klang. »Ja? Dann müssen wir daraus folgern, dass uns schwerwiegende Beweise dafür vorliegen, dass die Anklageerhebung nicht ordentlich verlaufen ist. Jede Maßnahme, die solch gravierende Konsequenzen für die Verteidigungsfähigkeit der Allianz nach sich zieht, hätte mit dem Allianz-Senat in seiner Funktion als höchster Autorität für militärische Angelegenheiten abgestimmt werden müssen, bevor irgendwelche Schritte in die Wege geleitet wurden.«

Navarro ließ seine Hand sinken und sah Suva an. »Die Anklagen kamen durch einen fehlerhaften Prozess zustande.«

»Wir haben allen Grund zu der Annahme, dass das der Fall ist.« Es hörte sich nicht so an, als sei sie von ihren eigenen Worten überzeugt, aber Geary schwieg und wartete ab, was die Politiker vorhatten.

»Dann ist es unsere Pflicht, diesen Prozess neu aufzurollen und ihn zu analysieren«, folgerte Navarro. »Wir müssen sicherstellen, dass keine Fehler gemacht und alle entscheidenden Faktoren berücksichtigt wurden. Derart schwerwiegende Anschuldigungen dürfen nicht irrtümlich erhoben werden.« Er wandte sich zu Geary um. »Wir können und wir werden diese Verfahren aussetzen, solange die Entscheidungen und Abläufe gründlich überprüft werden, die zu diesen Anklagen geführt haben.«

Geary zögerte. »Falls die zu einem späteren Zeitpunkt wieder auftauchen sollten …«

»Das wird nicht geschehen, auch wenn Sie das von uns nicht schriftlich bekommen werden.«

»Aber wenn diese Offiziere von der Regierung für ihr Handeln belobigt werden und dabei ausdrücklich erwähnt wird«, meldete sich Sakai nachdenklich zu Wort, »dass sie das trotz bedenklich geringer Brennstoffvorräte geschafft haben, die sie nicht zu verantworten hatten, dann würde das jedem Versuch die Grundlage entziehen, sie wegen dieser Handlungen vor ein Kriegsgericht stellen zu wollen.«

»Richtig.« Navarro musste lächeln. »So werden wir das machen, Admiral Geary. Das schwöre ich bei der Ehre meiner Vorfahren.«

Suva, die immer noch eine auffallend neutrale Miene wahrte, deutete mit einer Kopfbewegung auf Geary. »Nehmen Sie eine Mitteilung auf, Admiral. Teilen Sie der Flotte sofort mit, dass die Anklagen fallen gelassen werden. Wir können eine Übertragung nach draußen schicken und für Ruhe sorgen.«

Hastig legte er sich einige Worte zurecht, von denen er hoffte, dass sie genau das waren, was Desjani und Timbale benötigten, um Ruhe einkehren zu lassen. »Hier spricht Admiral Geary. Die Regierung stimmt zu, dass die gegen die Offiziere der Flotte vorgebrachten Anklagen jeder Grundlage entbehren. Sie werden zurückgezogen. Ich befinde mich derzeit noch in einer Besprechung mit der Regierung, daher kann ich nicht auf üblichem Weg Kontakt aufnehmen, dennoch gehe ich davon aus, dass jeder die Befehle und Anweisungen befolgt, die von Captain Desjani an Sie weitergeleitet werden. Jedes Schiff, das seinen ursprünglichen Orbit verlassen hat, kehrt unverzüglich dorthin zurück. Alle Schiffe nehmen Abstand von jeglichen Handlungen, die den Befehlen, Regeln und Vorschriften widersprechen. Auf die Ehre unserer Vorfahren. Geary Ende.«

Suva betätigte ihre Kontrollen, damit die Sicherheitsbarrieren für den winzigsten Bruchteil einer Sekunde abgeschaltet wurden, den der Impuls benötigte, um die Nachricht nach draußen zu senden.

Das sollte eigentlich genügen, um die Gemüter zu beruhigen, aber mit Gewissheit ließ sich das erst sagen, wenn er diesen Raum wieder verlassen konnte. Genauso ungewiss war für ihn, was sich hinter der Tatsache verbergen mochte, dass ihm solche anscheinend ernst gemeinten Zugeständnisse gemacht worden waren. Der Große Rat hatte ihm schon zuvor Dinge zugesichert und sich auch ganz exakt an diese Zusicherungen gehalten, während gleichzeitig geplant wurde, wie sich die erklärte Absicht dennoch umgehen ließ. Warum waren die Senatoren jetzt so schnell eingeknickt, nachdem sie sich so lange Zeit gegen alles gesträubt hatten? Und wieso war es ausgerechnet Suva, die ein Argument vortrug, mit dem sich ein Einschreiten der Regierung rechtfertigen ließ, wenn sie doch Minuten zuvor noch so sehr gegen jede Form der Intervention gewesen war?

»Gut«, sagte Navarro recht energisch. »Wenn wir uns dann dem eigentlichen Grund für dieses Treffen widmen könnten …«

»Senator«, unterbrach Sakai ihn. »Es gibt da noch etwas, das klargestellt werden muss. Zuvor hat Admiral Geary erklärt, dass er den Dienst in der Flotte quittiert.«

»Oh. Stimmt ja. Ist diese Erklärung widerrufen, Admiral?«

Geary atmete langsam aus. »Jawohl, Sir. Ich widerrufe hiermit meine Erklärung, dass ich den Dienst quittiere.«

»Gut.« Navarro ließ ein paar Sekunden verstreichen, in denen er den kleinen Raum betrachtete. »Bedauerlicherweise ist eine Barriere durchbrochen worden. Ihre Fähigkeit, die Regierung unter Druck zu setzen, ist damit publik geworden, zumindest in diesem Kreis hier. Ich hoffte, wir können zukünftig auf Ihre Loyalität gegenüber der Allianz und auf Ihr Ehrgefühl zählen, um sicherzustellen, dass sich ein solcher Vorgang nicht wiederholt.«

»Dass es diesmal geschehen ist, ging nicht auf meine Veranlassung zurück, Sir«, erwiderte Geary so förmlich, dass es ihm sogar selbst auffiel. Er hatte ein schlechtes Gewissen, und obwohl er wusste, dass er das aus gutem Grund hatte, sträubte er sich dennoch dagegen.

»Natürlich nicht.« Navarro tippte auf verschiedene Kontrollen, daraufhin zeigte das Display eine Region des Alls an, die Geary seit Kurzem vertraut war. »Wir haben eine sehr wichtige Mission für Sie, Admiral. Es existiert ein Problem auf der von uns abgewandten Seite des Syndik-Gebiets; ein Problem, auf das Sie gestoßen sind. Senator Sakai hat sich sehr ins Zeug gelegt, um uns zu versichern, dass Sie im Umgang mit diesen Aliens die angemessenen Maßnahmen ergriffen haben, aber wir wissen nicht, wie nachhaltig die Maßnahmen auf besagte Aliens gewirkt haben. Genau genommen wissen wir so gut wie nichts über die Aliens, und gerade das muss sich ändern.«

Geary konnte nur zustimmend nicken.

»Sie werden mehr über die Aliens herausfinden, Admiral«, fuhr Navarro fort und deutete auf das Display. »Ihr Befehl lautet, dorthin zurückzureisen, diesmal aber nicht an der Grenze zwischen den Syndiks und den Aliens haltzumachen, sondern in das von ihnen beanspruchte Gebiet vorzudringen. Da uns zumindest bekannt ist, was zahlreichen Syndik-Schiffen durch die Aliens zugefügt wurde, werden Sie mit einer großen Streitmacht vorrücken. Sie werden das Kommando über die neu aufgebaute Erste Allianz-Flotte übernehmen.« Jetzt war deutlich zu erkennen, dass er einen Text ablas, der vor ihm projiziert wurde. »Nachdem Sie das Kommando übernommen haben, werden Sie umgehend die Planung für eine umfassende Expedition in Angriff nehmen und in die Tat umsetzen, um diese fremde Rasse zu erforschen, der kürzlich nachgewiesen werden konnte, dass sie Sternensysteme auf der abgelegenen Seite des Territoriums der Syndikatwelten bevölkern. Ihre Aufgabe ist es, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um alles über die Schlagkraft, die Fähigkeiten und Charakteristiken dieser fremden Rasse in Erfahrung zu bringen. Gleichzeitig obliegt es Ihnen, alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um Feindseligkeiten zu vermeiden. Es ist von äußerster Wichtigkeit zu erfahren, wie weit sich das von den Aliens besetzte Gebiet erstreckt, weshalb Ihr Auftrag auch die Aufgabe umfasst, die Parameter dieser Region zu bestimmen. Ferner werden Sie versuchen, Kontakt mit den Aliens aufzunehmen, wobei Sie aber die Umstände oder Gebräuche respektieren werden, die die Aliens dazu veranlassen, so verschlossen zu agieren. Und wenn es sich in irgendeiner Weise arrangieren lässt, werden Sie mit den Aliens Vereinbarungen mit dem Ziel aushandeln, weitere Feindseligkeiten zu vermeiden. Dabei werden Sie zugleich sicherstellen, dass wir uns nicht unserer Fähigkeit berauben, auch zukünftig Maßnahmen zur Verteidigung der Allianz zu ergreifen.«

Er hielt kurz inne, um zu sehen, wie Geary das aufnahm. »Bevor Sie diese Station verlassen, werden Sie Kopien von allen Befehlen erhalten, Admiral. Irgendwelche Fragen?«

Es war ein gewaltiger Auftrag, den er erst mal verarbeiten musste. Dennoch konzentrierte sich Gearys Verstand auf einen zentralen Punkt: »Diese Erste Flotte, Sir. Aus wie vielen Schiffen wird sie bestehen?«

Die Antwort kam von Suva, die die schmalen Lippen zu einem schwachen Lächeln verzog, während sie eine Handbewegung machte, mit der sie auf das Gebiet außerhalb der Station deutete. »Alles, was da draußen ist, Admiral Geary.«

»Alles im Varandal-System?«, fragte er, da er die Antwort nicht glauben konnte.

»Ja«, bestätigte Navarro. »Und noch einiges mehr. Sturmtransporter. Mehr Marines. Mehr von diesen … ähm … Reparaturschiffen.«

»Hilfsschiffe.«

»Ja, genau.«

»Sie bezeichnen das als die Erste Flotte. Aber wenn Sie ihr eine derart große Anzahl der Kriegsschiffe zuteilen, über die die Allianz momentan verfügt …«

»Es wird noch zwei andere Flotten geben«, antwortete Sakai, dessen Miene jetzt wieder verschlossener wirkte. »Die Zweite Flotte wird die Verteidigung der Allianz übernehmen, weshalb sie innerhalb der Grenzen der Allianz verbleiben wird. Die Dritte Flotte wird zu Trainings- und Reparaturzwecken existieren.«

In Gearys Kopf schrillte eine Alarmglocke los. »Wenn die Zweite Flotte innerhalb der Allianz-Grenzen bleiben soll, dann folgt daraus eigentlich, dass die Erste Flotte für Missionen jenseits der Grenzen zuständig sein wird.«

»Ja«, bekräftigte Navarro. »Sie selbst haben in Ihren Berichten darauf hingewiesen, dass es im Gebiet der Syndikatwelten oder in den Regionen, die von den Syndikatwelten beherrscht wurden und in denen jetzt eigenständige Regierungen oder die Anarchie das Sagen haben, zu Situationen kommen kann, die ein Einschreiten der Allianz erforderlich machen. Das wird die Aufgabe der Ersten Flotte sein.«

Die Beschreibung der Mission machte einen vernünftigen Eindruck. Dass er das Kommando über eine Flotte erhielt, kam auch nicht unerwartet, immerhin hatte er als Befehlshaber der Flotte bereits brauchbare Arbeit geleistet. Doch nach der Auseinandersetzung, die er sich eben erst mit den Senatoren geliefert hatte, war es schon etwas eigenartig, nun die Kontrolle über eine solche Feuerkraft übertragen zu bekommen. »Die Regierung vertraut mir mithin ein Flottenkommando an?«

»Natürlich«, erwiderte Navarro ohne zu zögern. »Ihnen dürfte klar sein, dass Sie die einzige logische Wahl für einen solchen Auftrag sind. Sie sind Black Jack Geary. Sie haben bereits bewiesen, dass Sie Gefechte weitaus besser handhaben können als jeder andere Senioroffizier der Flotte. Und selbst wenn es nicht so wäre, würde allein der öffentliche Druck schon dafür sorgen, dass man Ihnen eine so wichtige Funktion überträgt.«

»Es gibt noch andere Faktoren, auf die wir Sie aufmerksam machen sollten«, sagte Senator Sakai, der weiterhin keine Regung zeigte. »Der Großteil der Militärbudgets wird drastisch zusammengestrichen, was für Sie bedeutet, dass Sie keine weiteren Schiffe erhalten werden.«

Navarro nickte bestätigend. »Richtig. Die Regierung stoppt die Fertigstellung der meisten im Bau befindlichen Kriegsschiffe. Diese Schiffe werden nicht mehr benötigt, und wir können sie uns nicht mehr leisten. Teilweise fertiggestellte Schiffe werden zerlegt oder eingemottet, um die Arbeiten an ihnen zu Ende zu führen, wenn sich zukünftig die Notwendigkeit dazu ergeben sollte. Nur ein paar neue Kriegsschiffe befinden sich bereits in einer Phase, in der die Demontage uns mehr kosten würde als die Fertigstellung. Sie werden der Dritten Flotte zugeteilt, bis sie bereit sind für die Zweite Flotte.«

»Ich verstehe«, sagte Geary. Das alles ergab einen Sinn, und es passte zu den Berichten, die er in letzter Zeit gesehen hatte. Aber selbst die abgespeckte Flotte, von der die Regierung redete, würde um ein Vielfaches größer sein als die Flotte, über die die Allianz ein Jahrhundert zuvor zu Friedenszeiten verfügt hatte. »Aber das bedeutet, dass die Zweite Flotte weit verstreut sein wird und dass wenige Schiffe ein sehr großes Gebiet abdecken müssen.«

»Das schon, aber diese Flotte wird sich nur mit dem Kleinkram befassen müssen, der aus den Überresten der Syndikatwelten in Allianz-Territorium hinüberschwappt.«

»Dann beabsichtigen Sie, die Erste Flotte regelmäßig außerhalb des Allianz-Territoriums zum Einsatz kommen zu lassen?« Es war ihm wichtig, das im Voraus anzusprechen.

»Ja«, erwiderte Suva.

Geary beobachtete Navarro und Sakai, doch keiner von beiden äußerte sich.

»Es gibt da einige Dinge, die Sie vielleicht noch nicht gehört haben«, ergänzte Senatorin Suva. »Sie sollten sich über die Situation im Klaren sein, mit der wir uns konfrontiert sehen. Es gibt eine stetig größer werdende Gruppe innerhalb des Senats, die der Ansicht ist, dass die Budgets für das Militär noch deutlich stärker gekürzt werden sollten, als es ohnehin schon vorgeschlagen worden ist. Einige von ihnen haben keinerlei Vertrauen mehr in das Militär, manche wollen in erster Linie die Gelder anderen Zwecken zuführen oder Steuern senken. Und ein paar von ihnen wollen gleich beides auf einmal.«

»Aber die Bedrohungen von außen existieren nach wie vor«, warf Sakai ein.

»Unser Problem«, redete Suva weiter, »besteht also darin, wie wir die derzeitige Größe der Allianz-Flotte weiterhin rechtfertigen können. Man muss sehen können, dass wir diese Kriegsschiffe einsetzen, und zwar den größten Teil der Flotte und nicht nur ein paar Schiffe. Ansonsten wird der Druck auf uns zu groß, und wir müssen die Schiffe außer Dienst stellen und verschrotten.«

Diese Aussage war nachvollziehbar. Was jedoch nicht dazu passte, war die Tatsache, dass Senatorin Suva sich um das Schicksal des Militärs zu Friedenszeiten sorgte. Bei seinem vorangegangenen Zusammentreffen mit der Senatorin – das zugegebenermaßen nur sehr kurz gewesen war – hatte sie auf ihn nicht den Eindruck gemacht, dass ihr das Militär sonderlich am Herzen lag. Was hatte ihre Einstellung so beeinflusst, dass sie auf einmal Gründe liefern wollte, damit die Flotte ihre derzeitige Stärke beibehielt? »Senatorin«, erwiderte Geary, »ich glaube, die Allianz wird diese Kriegsschiffe benötigen.«

»Aber natürlich.« Nach außen hin war das uneingeschränkte Zustimmung, und doch kam bei Geary nicht das Gefühl auf, dass sie auch meinte, was sie sagte. »Da wäre noch eine andere Sache, die mit dem zusammenhängt, was wir vorhin erlebt haben. Wir haben zahlreiche Agenten in der Flotte verteilt, die uns über die Moral und über alle anderen, für uns wichtigen Angelegenheiten auf dem Laufenden halten. Uns ist daher bekannt, dass die Loyalität gegenüber der Regierung keinen hohen Stellenwert hat.« Suva sah dabei Navarro an, als wollte sie irgendein Argument unterstreichen, über das sie zuvor schon gestritten hatten. »Diese Kriegsschiffe kann man auch als eine Bedrohung für die Regierung bezeichnen, und wenn diese Erkenntnis sich im Senat verbreitet, dann wird der Druck auf uns, diese Schiffe zu eliminieren, nur noch stärker.«

»Eliminieren?«, fragte Geary, den diese Wortwahl erstaunte.

»Verzeihen Sie«, sagte Suva. »Ist Außerdienststellung die korrekte Bezeichnung? Das ist ein Faktor. Ein anderer betrifft die Nachrichten unserer Agenten, dass die Besatzungen dieser Schiffe umso rastloser werden, je länger die Flotte im Orbit verharrt. Wenn wir die Schiffe nicht beschäftigen, wird es immer schwieriger werden, die Mannschaften unter Kontrolle zu halten. Ich gehe davon aus, dass Sie diese Ansicht teilen.«

Geary nickte knapp. »Dem werde ich nicht widersprechen, Madam Senatorin. Aber die Besatzungen dieser Schiffe hatten während des Krieges kaum Gelegenheit, ihre Heimat und ihre Familien zu besuchen. Sie haben es verdient, das jetzt nachholen zu dürfen. Wenn ihnen das versagt wird, bekommen wir ernsthafte Schwierigkeiten, was die Moral an Bord der Schiffe angeht. Das stellt ein größeres Problem dar als eine mögliche Unterforderung der Leute durch untätiges Verharren im Orbit.«

»Was schlagen Sie vor, Admiral?«, wollte Navarro von ihm wissen.

»Dass sie mehr Zeit zu Hause verbringen können. Sie sagen, wir müssen diese Mission ins Territorium der Aliens schnell beginnen, aber wenn wir sie für ein paar Monate hinauszögern …«

»Nein, nein, das ist völlig unmöglich. Wir haben es mit einer aktiven Bedrohung zu tun, der wir auf den Grund gehen müssen. Davon haben mich die anderen Ratsmitglieder überzeugt«, widersprach ihm Navarro und verriet damit, dass im Rat über seine Order diskutiert worden war. »Wir müssen schnell handeln, wir können nicht erst noch monatelang abwarten.«

Anstatt zu versuchen, mit den Senatoren einen zeitlichen Rahmen zu vereinbaren, nickte Geary nur. Egal wie viel Zeit er herauszuholen versuchte, sie würden ihm in jedem Fall deutlich weniger zugestehen. Wenn sie ihm keine »Monate« geben wollten, konnte er immer noch argumentieren, dass er für seine eigene Planung einen Monat benötigte. Wenn er aber um diesen einen Monat bat, würden Großer Rat und Flottenhauptquartier darauf beharren, dass er innerhalb von höchstens zwei Wochen seine Vorbereitungen erledigte. Stell keine Fragen, auf die du keine Antworten hören willst. »Jawohl, Sir.«

Senatorin Suva musterte ihn aufmerksam. »Admiral, wenn diese Schiffe sich im Gebiet der Allianz befinden, stellen sie eine ernste Bedrohung für die Allianz dar. Den Beweis dafür haben die heutigen Ereignisse geliefert.« Sie beugte sich vor. »Zweifellos haben Sie davon gehört, dass sich manche Leute wünschen, Sie zum Herrscher über die Allianz zu machen. Wenn Sie und diese Schiffe sich außerhalb der Allianz aufhalten, ist die von Ihnen ausgehende Bedrohung deutlich geringer. Uns wurde gesagt, dass Ihnen diese Sache wichtig ist und es nicht Ihr Wunsch ist, die Regierung zu schwächen oder einen Anlass für einen Staatsstreich zu liefern. Jetzt ist der Moment für Sie gekommen, um zu beweisen, dass das auch tatsächlich Ihre Einstellung ist.«

Auch das stimmte alles, aber einmal mehr beschlich ihn das Gefühl, dass man ihn zu etwas zwingen wollte und dafür Argumente anführte, denen er nicht offen widersprechen wollte. »Das ist meine Einstellung«, erklärte er. »Und ich glaube auch, dass mein bisheriges Handeln beweist, wie ernst ich meine Verpflichtung gegenüber der Regierung nehme.«

Navarro lächelte flüchtig. »Sie haben jedes Recht, das zu sagen. Sehen Sie, wir versuchen hier, die Flotte schlagkräftig genug für das zu halten, was getan werden muss, dabei aber Situationen zu vermeiden, in denen die Flotte das bedrohen könnte, was sie eigentlich beschützen soll. Es fällt mir schwer, diese Dinge auszusprechen, aber Sie kennen die Wahrheit. Viele Regierungsmitglieder fürchten sich vor dem Militär, und etliche Politiker wollen das Militär für ihre eigenen Zwecke einspannen. Und genauso fürchten sich viele vor Ihnen oder wollen Sie für ihre eigenen Zwecke einspannen.«

»Darauf bin ich hingewiesen worden, Sir.«

Der Senator atmete tief durch. »Dann werden Sie auch verstehen, dass wir die Flotte aus der Reichweite derjenigen bringen müssen, die sie gegen die Allianz einsetzen wollen. Sie sind ein Held der ganzen Allianz, Admiral, nicht der Held einer bestimmten Welt oder einer politischen Partei, auch wenn mir zu Ohren gekommen ist, dass sich Glenylon und Kosatka bereits streiten, welcher Planet denn nun das Recht hat, Sie für sich zu beanspruchen. Aber Ihre andauernde Existenz stellt ebenfalls eine Bedrohung für alles dar, was Sie und wir beschützen wollen.«

Das klang überhaupt nicht gut. »Meine andauernde Existenz?«

»Entschuldigen Sie, so hatte ich das nicht gemeint.«

Sakais Gesicht verriet keine Reaktion auf diesen mutmaßlichen Versprecher, während Suva ihren Blick vor sich auf den Tisch gerichtet hatte, sodass Geary in ihren Augen keine Gefühlsregung ausmachen konnte.

»Ich werde nicht mehr lange Ratsvorsitzender sein«, ließ Navarro ihn seufzend wissen. »Dann werden Sie mit jemand anders zu tun haben, der diesen Posten innehat. Aber wir alle haben das besprochen, und wir sind uns darin einig, dass die Mission von sehr großer Wichtigkeit ist und dass Sie derjenige sind, der sich ihr stellen kann. Keinem anderen könnte man diesen Auftrag anvertrauen, und ich versuche keineswegs, Ihnen zu schmeicheln, wenn ich sage, dass ich auch keinem anderen annähernd die gleichen Erfolgsaussichten zutraue. Aber lassen Sie mich Ihnen auch noch etwas anderes sagen. Wenn man Ihnen das Angebot unterbreitet, Sie zum Herrscher über die Allianz zu machen, dann sind Sie gut beraten, wenn Sie das nicht annehmen. So etwas kann eine unschöne Richtung einschlagen, außerdem ist der Druck auf einen unerbittlich. Mir wurde sogar von meinen politischen Gegnern unterstellt, ich sei von den Syndiks gekauft worden. Solche Behauptungen können fehlgeleitete politische Eiferer dazu veranlassen, ein Attentat zu verüben.«

»Ich dachte, die Regierung hat meinen Bericht gesehen, Senator. Der Syndik-CEO, den wir in Gefangenschaft verhört haben, hat ja bestätigt, dass die Syndiks absichtlich den Eindruck haben entstehen lassen, Sie seien käuflich. Auf diese Weise sollte das Ansehen der Allianz-Regierung geschädigt werden.«

Navarro ließ ein gequältes Lächeln erkennen. »Fakten, Admiral, spielen in der Wahrnehmung mancher Individuen nur eine untergeordnete Rolle. Auch wenn ich begrüße, von diesen Verdächtigungen freigesprochen worden zu sein. Nun, Admiral Geary, sind Sie bereit, Ihre Befehle auszuführen?«

»Er sollte sich entscheiden, die Autorität der Regierung anzuerkennen oder nicht«, wandte Suva ein. »Wir können ihn nicht ständig fragen, ob er seine Befehle als akzeptabel ansieht.«

»Ich werde meine Befehle nach besten Fähigkeiten ausführen«, sagte Geary, bevor die Diskussion noch einmal zu seinem vorangegangenen Verhalten zurückkehren konnte. »Aber das Eindringen in das Gebiet der Aliens und der Versuch einer Kontaktaufnahme und Kommunikation könnten sich als sehr schwierig erweisen. Es ist nicht so, als würde ich gern noch einmal mit ihnen kämpfen, aber wie Senator Sakai Ihnen sicherlich bereits gesagt haben wird, war bei der Begegnung unserer Flotte mit den Aliens auf deren Seite kein Interesse an irgendwelchen Unterhandlungen oder an friedlichen Beziehungen zu erkennen.«

»Vielleicht bewirken die Verluste, die Sie ihnen zugefügt haben«, gab Navarro zurück, »dass sie mehr Gesprächsbereitschaft als bislang erkennen lassen. Wir müssen nicht nur ihre Schlagkraft und ihre Technologie besser verstehen, sondern wir müssen auch erfahren, wer sie sind und wie sie denken.«

»Wir wissen, sie können erbarmungslos sein«, machte Geary ihm klar. »Sie haben ihre eigenen beschädigten Schiffe zerstört, um zu verhindern, dass wir sie in unseren Besitz bringen und mehr über sie herausfinden können.«

»Ja.« Navarro zögerte sichtlich und sah nacheinander zu Suva und Sakai, die beide bestätigend nickten. »Aber genau das macht es umso dringlicher, mehr über sie in Erfahrung zu bringen. Wie sehen sie aus? Wie sehen ihre Städte aus? Welche Kultur besitzen sie? Wenn wir darüber etwas erfahren, finden wir vielleicht auch heraus, wie wir verhindern können, dass sie so aufbrausend reagieren.«

»Senator Navarro, ich fühle mich verpflichtet hervorzuheben, wie gefährlich diese Mission sein kann. Wir haben keine Ahnung, über welche Art von Verteidigung die Aliens in dem von ihnen besiedelten Gebiet verfügen, und wir wissen nicht einmal, wie viele Kriegsschiffe sie besitzen.«

»Über diese Dinge bin ich ebenfalls besorgt, Admiral, aber genau deshalb müssen Sie sich auf den Weg dorthin machen! Es ist aus wissenschaftlicher und moralischer Sicht und auch mit Blick auf die Risiken unverantwortlich, dass wir so wenig über die erste nichtmenschliche Spezies wissen, der wir je begegnet sind.« Navarro schaute auf das Display und zeigte auf die Darstellung des Hypernet-Portals im Varandal-System. »Die Ignoranz der Menschheit hat ihr beinahe den Untergang gebracht. Wir hätten uns womöglich um ein Haar selbst ausgelöscht oder uns zumindest so schwere Verluste zugefügt, dass wir uns niemals davon hätten erholen können. Und das alles nur wegen eines potenziell tödlichen Geschenks, von dessen Gefahren uns nichts bekannt war, überreicht von Aliens, von deren Existenz wir nichts wussten.«

»Sie haben auch noch eine sekundäre Mission«, fuhr Senator Sakai fort. »Die Allianz benötigt schnellstens Berichte aus erster Hand, was sich im Syndik-Territorium tut. Unsere Fähigkeiten, dort selbst Informationen zu sammeln, sind äußerst bruchstückhaft, und sie beschränken sich auf Sternensysteme in der Nähe der Grenze zur Allianz. Welche Systeme hat die Zentralregierung der Syndikatwelten noch unter ihrer Kontrolle und welche haben ihre Selbständigkeit erklärt? Welche von ihnen bekämpfen die Zentralregierung oder andere Systeme? Welche entwickeln sich zu einer Bedrohung nicht für ihre Nachbarn, sondern langfristig auch für die Allianz? Sie müssen Syndik-Gebiet durchqueren, um zur Grenze der Aliens zu gelangen, was Ihnen die Gelegenheit gibt, vor Ort Informationen zu sammeln und sie uns zu übersenden.«

»Das ist eine gute Gelegenheit, um mich zu beweisen, Senator«, fasste Geary das Ganze zusammen.

»Wie bitte?«

»Ich will damit sagen, dass es sich um ein umfassendes Bündel an Befehlen handelt. Aber ich werde mein Bestes geben«, betonte er noch einmal. »So wie jeder andere in der Flotte auch.«

»Dann wäre diese Besprechung damit beendet«, sagte Suva.

»In diesem Fall ist es vermutlich das Beste, wenn ich mich auf den Weg mache, damit ich mit meiner Flotte Kontakt aufnehmen und sicherstellen kann, dass die Situation wieder unter Kontrolle ist.«

Navarro schaute auf das erstarrte Display mit den gleichermaßen erstarrten Schiffen, während Suva Geary nicht aus den Augen ließ. »Die Bestätigung dieser Befehle werden Sie vom Flottenhauptquartier erhalten, Admiral«, sagte sie.

»Ich könnte ein wenig zusätzliche Autorität gebrauchen, wenn es darum geht, vom Flottenhauptquartier tatsächlich alle Schiffe und Vorräte zu erhalten, die ich für diesen Auftrag benötige.«

Senatorin Suva lächelte ihm beruhigend zu. »Selbstverständlich.«

Dieses Versprechen war ihr zu schnell über die Lippen gekommen. Es war Victoria Rione, die in Gearys Kopf die Warnung flüsterte: Vertrauen Sie allen nur so weit, wie es unbedingt nötig ist. Aber er konnte nicht erkennen, was er damit erreichen sollte, wenn er jetzt auf diesem Punkt weiter herumritt. Die Politiker würden ihm nur weiter mündliche Zusagen geben, aber keine schriftlichen Garantien. Er hielt es für ratsamer, zunächst einmal die aktuelle Situation zu festigen, danach konnte er immer noch auf das drängen, was er später benötigen würde.

Navarro war der einzige der drei Politiker, der Geary nach draußen begleitete. »Geben Sie Admiral Geary eine Eskorte mit, damit er die Kontrollpunkte so schnell wie möglich passieren kann«, wies der Senator die Soldaten an, die vor dem Besprechungsraum Wache hielten.

»Jawohl, Sir.« Der befehlshabende Major winkte vier Untergebene zu sich und salutierte vor Geary. »Sir, gestatten Sie uns, Sie zu eskortieren?«

»Es wäre mir eine Ehre. Aber wir müssen uns beeilen.«

»Jawohl, Sir!«

Die nächsten drei Kontrollpunkte passierten sie im Eiltempo, da seine Eskorte den jeweiligen Soldaten ein Zeichen gab, dass alles in Ordnung war. Das löste bei den Militärs ein Lächeln aus, das sie nicht ganz unterdrücken konnten. Die Anspannung schien von allen förmlich abzufallen, und obwohl sie ihre Haltung wahrten, wirkten die Soldaten mit einem Mal viel lockerer und präsentierten die Waffen, anstatt Geary einfach nur durchzuwinken. Er salutierte im Gegenzug und gab sich alle Mühe, sich seine Besorgnis nicht anmerken zu lassen.

Gleich nach dem dritten Kontrollpunkt mussten sie den Bereich verlassen haben, der von den Störsendern kontrolliert wurde. Auf einmal meldete sich die Komm-Einheit des Majors. Der Soldat sah Geary an, und nach einem raschen zustimmenden Nicken nahm er den Ruf an. »Sie werden gesucht, Admiral. Das ist eine dringende Bitte, mit einem Captain Desjani Kontakt aufzunehmen.«

»Kann ich mir Ihre Komm-Einheit ausleihen?« Glücklicherweise waren die von der Regierung ausgegebenen Geräte standardisiert, sodass er nicht erst herausfinden musste, wie die Ausrüstung der Bodentruppen funktionierte. In aller Eile gab er die vertrauten Kontaktdaten ein. »Tanya?«

»Wo sind Sie, Admiral?«, fragte sie knapp, aber auch sehr ruhig.

Die Störsender funktionierten teilweise immer noch, da sie jede Bildübertragung unmöglich machten, doch ihm genügte schon Desjanis Tonfall, um zu wissen, dass die Situation noch nicht ganz unter Kontrolle war. »Ich habe die Sicherheitskordons etwa zur Hälfte zurückgelegt und bin auf dem Weg zu Ihnen. Was ist los?«

»Ihre zweite Nachricht war sehr hilfreich, aber ich habe nach wie vor nur begrenzten Erfolg, die Lage in den Griff zu bekommen. Die Gerüchte breiten sich schneller aus, als wir sie eindämmen können. Verschiedene Kriegsschiffe sind noch immer nicht auf ihre zugewiesenen Orbitalpositionen zurückgekehrt und befinden sich weiter im Anflug auf die Station Ambaru.«

»Einen Teil davon habe ich sehen können. Warum haben die nicht auf meinen zweiten Befehl reagiert?«

Desjanis Stimme blieb ruhig, wurde aber kälter. »Es sind Zweifel aufgekommen, ob es sich um eine authentische Nachricht handelt oder um etwas von der Regierung Zusammengebasteltes, damit die Flotte Ruhe gibt.«

Es kostete ihn Mühe, seine Wut zu beherrschen, als er das hörte. »Wo ist Admiral Timbale?«

»Im zentralen Kommandostand. Er versucht, das übrige Militär im System zu beschwichtigen, das auf die Manöver der Schiffe reagieren will. Ich rate dringend zu einer weiteren persönlichen Mitteilung von Admiral Geary an die Flotte, die am besten schon vor fünf Minuten gesendet worden sein sollte.«

Geary sah den menschenleeren Korridor entlang, durch den er momentan eilte, zu beiden Seiten begleitet von seiner Eskorte. »Sie wissen noch gar nicht, welche Neuigkeiten ich für Sie habe.«

»Es kann nicht schlimmer sein als das, womit ich beschäftigt bin«, sagte Desjani.

Gereizt tippte er auf seine Komm-Einheit. »Ich bekomme mit dieser Komm-Einheit noch immer keine Verbindung nach draußen. Kann ich das über Ihre Einheit senden?«

»Ich glaube schon, Admiral. Warten Sie … ja, das geht. Nur Audio. Verbindung steht in drei … zwei … eins … jetzt.«

Das Sendesymbol leuchtete auf dem Display von Gearys Komm-Einheit auf. Er ging langsamer weiter, um zu verhindern, dass er beim Reden anfing schwer zu atmen. Das Gerät hielt er dichter an den Mund, dann sprach er klar und deutlich: »An alle Einheiten in der Allianz-Flotte, hier spricht Admiral Geary. Alle Schiffe kehren sofort auf ihre Orbitalpositionen zurück. Ich möchte diesen Befehl nicht noch einmal geben müssen.« Bei diesen Worten legte er seine ganze Verärgerung und Enttäuschung in seine Stimme. Sollte er die Befehlshaber, die noch immer nicht auf ihn gehört hatten, von ihrem Posten entfernen, wenn sie diesmal auch nicht reagierten? Nein. Seine Erwartungen an sie waren klar, er würde den überreagierenden Offizieren Spielraum lassen, um den Rückzug auf eine Weise anzutreten, die nicht nach einer Kapitulation aussah. In dieser Flotte mit ihrer eigenartigen Vorstellung von Ehre konnten Drohungen sehr wohl nach hinten losgehen.

»Die Nachricht vom Flottenhauptquartier«, fuhr Geary fort, »die zahlreiche befehlshabende Offiziere davon in Kenntnis gesetzt hat, dass sie sich vor einem Kriegsgericht werden verantworten müssen, ist mit sofortiger Wirkung widerrufen worden.« In dieser Form hatten sich die Senatoren zwar nicht geäußert, aber das hier war nicht der geeignete Zeitpunkt, um Raum für Zweifel und Spekulationen zu lassen. »Ich wiederhole: Die Nachricht vom Flottenhauptquartier ist widerrufen worden. Die mit der Nachricht übermittelten Befehle müssen nicht befolgt werden, und es folgt auch keine weitere Nachricht dieser Art. Ich werde mich von der Station Ambaru unverzüglich auf mein Flaggschiff begeben. Sobald ich an Bord der Dauntless bin, wird sofort eine Konferenz einberufen, um alle befehlshabenden Offiziere über die Situation zu informieren. Auf die Ehre unserer Vorfahren. Geary Ende.«

Er atmete wieder tief durch, dann schaltete er die Sendefunktion aus, sodass seine nächste Frage nur von Desjani gehört werden konnte. »Wie war das?«

»Annehmbar.«

»Danke. Vorausgesetzt, es kehrt jetzt Ruhe ein, werden Sie und ich ein Shuttle benötigen, das uns zur Dauntless bringt.«

»Ich habe bereits eines angefordert. Es ist noch gut fünfzehn Minuten vom nächsten Andockpunkt entfernt. Wo soll es uns am besten abholen?«

Gute Frage. Geary fühlte sich schon jetzt wie erschlagen, daher wäre ihm ein gesichertes, abgeschiedenes Dock lieb gewesen. Aber ihm war klar, dass die aufgekommene Anspannung im Varandal-System noch lange nicht abgeklungen war. Viele Leute mussten gemerkt haben, dass irgendetwas nicht stimmte, selbst wenn ihnen nichts von den Kriegsschiffen bekannt war, die eigenmächtig ihre Position verlassen hatten. Ich muss den Menschen zeigen, dass alles in Ordnung ist. »Schicken Sie es zu einem zivilen Dock. Bitten Sie Admiral Timbale, die gleichen Soldaten zu diesem Dock zu schicken, die schon bei unserer Ankunft die Zivilisten zurückgehalten haben. Versuchen Sie nicht, das Dock komplett abzuriegeln. Die Leute sollen uns sehen, damit sie wissen, dass alles in Ordnung ist.«

»Verstehe, Admiral«, sagte Desjani, deren Tonfall wieder etwas Bissiges annahm. »Es wird mir ein Vergnügen sein, Ihnen zu assistieren.«

Autsch, das hat gesessen. »Ich wäre Ihnen dankbar, Captain.«

»Natürlich, Admiral. Ich kann Ihnen melden, dass offenbar alle Schiffe den Rückzug angetreten haben. Ich glaube, niemand wollte herausfinden, was geschieht, wenn Sie den Befehl ein viertes Mal geben.«

»Danke, Tanya.«

Er beendete das Gespräch und gab die Komm-Einheit mit Dank an den Major zurück. Der nahm das Gerät mit einem ehrfürchtigen Gesichtsausdruck entgegen. Würde er es behalten, überlegte Geary, oder würde er es als ein Objekt versteigern, das von Black Jack persönlich bedient worden war?

Danach ging Geary langsamer weiter, zwar immer noch zügig, aber nicht in Eile. Jeder, der ihn zu sehen bekam, sollte wissen, dass er nicht beunruhigt war. Es kam ihm vor, als würde sich eine entspannte Atmosphäre in der gesamten Station breitmachen. An den letzten Kontrollpunkten wurde ihm von den Soldaten nur noch salutiert.

Pflichtbewusst erwiderte er jeden Salut und wunderte sich, dass diese alte Geste des Respekts so schnell auch vom übrigen Militär übernommen wurde. Als er aus dem Kälteschlaf erwacht war, hatten nur die Marines noch das Salutieren beherrscht, während der von einem unendlichen Krieg gezeichnete Rest diesen Brauch aufgegeben hatte. »Ist Ihnen über Ihre Befehlskette aufgetragen worden, wieder zu salutieren?«, wollte er von dem Major wissen.

»Nein, Admiral Geary«, erwiderte er. Sein schüchternes Lächeln stand in einem seltsamen Gegensatz zu den Ehrenabzeichen auf der linken Hälfte seiner Uniformjacke und zu den Narben, von denen eine Seite seines Gesichts gezeichnet war. »Die Matrosen der Flotte haben uns so begrüßt und erklärt, dass Sie das für eine gute Idee halten. Deshalb wird das jetzt von jedem aufgegriffen. Unsere Vorfahren haben es so gemacht, also sollten wir es auch tun. Niemand hat es irgendwem befehlen müssen, Sir. Allerdings … na ja … Es war ein bisschen schwierig, damit anzufangen, Marines nachzuahmen.«

Geary musste grinsen, auch wenn es ihm zugleich etwas unangenehm war, dass ein Mann, der so viele Gefechte und Schlachten miterlebt hatte, von jemandem wie ihm noch in Ehrfurcht versetzt werden konnte. »Es gibt Schlimmeres, Major …«

»Sirandi, Sir«, antwortete der Major und nahm für einen Moment Habachthaltung an.

»Sirandi?« Woher kenne ich denn den Namen? Ja, von der alten Kutar. »Ich habe mal mit einem Lieutenant Sirandi auf einem Zerstörer gedient. Er stammte von … Drina.«

Der Major machte große Augen. »Meine Familie hat Verwandte auf Drina.«

»Vielleicht ist er ja einer von ihnen.« Geary hielt inne, als die Zeit einmal mehr über ihn hinwegraste. Er hatte sich nicht mit dem Schicksal von Lieutenant Sirandi beschäftigt, genauso wie er bei den meisten Leuten verfahren war, die er vor hundert Jahren gekannt hatte. Sicher war nur, dass Sirandi genauso tot war wie alle anderen; entweder in einer Schlacht gefallen oder als alter Mann gestorben. »Vielleicht war er ja einer von ihnen, wollte ich sagen.«

Major Sirandi strahlte ihn an. »Es ist für mich eine große Ehre zu wissen, dass einer meiner Vorfahren mit Ihnen zusammen gedient hat, Admiral Geary.«

Geary versuchte mit einem Kopfschütteln, sich vor dem Anflug von Melancholie zu bewahren, der ihn immer wieder zu ereilen drohte, wenn ihn etwas sehr Persönliches an jene hundert Jahre erinnerte, die er im Kälteschlaf verbracht hatte. »Die Ehre ist ganz meinerseits; mit ihm gedient zu haben und nun auch noch an Ihrer Seite zu stehen. Ihre Vorfahren, die Vorfahren von Ihnen allen«, bezog er auch die anderen Soldaten mit ein, »sind zweifellos stolz darauf, wie Sie sie mit Ihrem Dienst und Ihrer Opferbereitschaft ehren.«

Die Formulierung klang altmodisch, und das war sie für diese Soldaten in jedem Fall, auch wenn sie zu Gearys Zeit etwas ganz Normales gewesen war. Doch gerade das schien diesen Soldaten umso mehr zuzusagen. Tradition hatte einen hohen Stellenwert, vor allem in Zeiten, in denen andere feste Größen in ihren Grundfesten erschüttert wurden. Während sie weitergingen, musterte Geary die Soldaten. Dabei bemerkte er, dass die meisten von ihnen nicht nur die gleichen Gefechtsauszeichnungen trugen wie der Major, sondern sie auch den düsteren Blick von Kriegsveteranen hatten, die zu viel Schreckliches gesehen hatten und denen der Tod von zu vielen Freunden zu schaffen machte. Eines Tages würde man ihre Einheit womöglich auflösen und sie in die zivile Welt entlassen, aber keiner von ihnen würde je wieder ein echter Zivilist sein. »Wie geht es bei den Bodenstreitkräften voran?«, erkundigte sich Geary. »Hat schon eine umfassende Demobilisierung begonnen?«

Major Sirandi zögerte und kniff für einen Moment die Lippen zusammen. »Darf ich frei reden, Admiral?«

»Natürlich.«

»Im Augenblick herrscht ein ziemliches Durcheinander. Einigen Einheiten wird gesagt, dass sie in nächster Zeit aufgelöst werden, andere bekommen zu hören, dass mit einer deutlichen Verkleinerung des Militärs nicht zu rechnen ist. Am nächsten Tag wird einem dann das genaue Gegenteil erzählt. Unsere Einheit ist davon in Kenntnis gesetzt worden, dass sie im aktiven Dienst bleiben wird, aber ob das stimmt, weiß ich nicht.« Der Major ließ eine kurze Pause folgen. »Ich habe überlegt, was ich wohl tun sollte, wenn wir aufgelöst werden, aber ich habe keine Ahnung. Mein Leben lang bin ich zum Kämpfen ausgebildet worden, und ich habe immer nur gekämpft. Es ist das, womit ich mich auskenne.«

Die anderen Soldaten, sogar die jüngeren, nickten zustimmend. »Meine Familie hat seit drei Generationen im Krieg gedient«, meldete sich ein anderer zu Wort. »Als ich klein war, wusste ich immer, eines Tages würde ich dienen. Jetzt weiß ich nicht, was die Zukunft mir bringen wird.«

»Das geht nicht nur Ihnen so«, sagte Geary. Es überraschte ihn, von diesen Soldaten genau das Gleiche zu hören, worüber er mit Tanya gesprochen hatte. »Keiner von uns weiß, was die Zukunft uns bringen wird.«

Die Soldaten tauschten untereinander flüchtige Blicke aus, aber niemand sprach aus, was sie in Wahrheit dachten: Dass Black Jack, der angeblich seine hundert Jahre Kälteschlaf inmitten der lebenden Sterne verbracht hatte, sehr wohl mehr wissen könnte als jeder andere.

»Sie haben Ihre Marines in der Flotte, Admiral Geary«, redete Major Sirandi auf einmal weiter. »Aber wenn Sie gute Soldaten benötigen, Männer und Frauen, die besser kämpfen können als jeder andere, dann denken Sie bitte an uns.«

Geary sah dem Mann in die Augen. »Major, ich kann Ihnen versichern, dass ich an Sie und auch an jeden anderen hier denken werde.«

Gleich darauf meldete sich die Komm-Einheit des Majors. »Dock 71 Beta«, gab er an Geary weiter. »Dort dockt Ihr Shuttle an.«

»Danke. Kommt das von Captain Desjani?«

»Es ist nur eine Textnachricht, Admiral. Hier steht auch noch …« Der Major legte die Stirn in Falten. »›Mutter hatte recht.‹«

Unwillkürlich musste Geary grinsen. »Das … ist ein Code, Major.« Gewissermaßen jedenfalls. Er erinnerte sich noch gut an den erschrockenen Gesichtsausdruck von Tanyas Mutter, als sie mit ihr auf Kosatka zusammengetroffen waren, und an die ersten Worte, die sie zu ihrer Tochter gesagt hatte: Du wirst ein sehr interessantes Leben führen, Tanya. Aber denk immer dran, wenn es zu interessant wird – es ist das, was du dir ausgesucht hast.

Noch bevor sie den letzten Kontrollpunkt erreichten, kam ihnen Admiral Timbale entgegen. Die Soldaten gingen im bisherigen Tempo weiter, während Geary sich ein wenig zurückfallen ließ, um unter vier Augen mit Timbale zu reden. »Bei Ihnen alles in Ordnung?«

»Im Moment ja«, sagte der Admiral. »Froh werde ich erst sein, wenn die zusätzlichen Truppen und die diversen Senatoren wieder abgereist sind und es auf meiner Station so normal zugeht wie üblich. Ich darf annehmen, Sie haben jetzt Befehle erhalten?«

»Sie reden mit dem neuen Befehlshaber der Ersten Flotte.« Geary machte eine ausholende Geste, um das gesamte Sternensystem zu umschließen.

»Ich hoffe, Glückwünsche sind angebracht.«

»Das hoffe ich auch.«

»Gehört die Dauntless zu Ihrer Flotte?«

»Ja.« Bis zu diesem Augenblick hatte Geary noch keine Gelegenheit gehabt sich vor Augen zu führen, dass er nicht durch seine Befehle von Tanya getrennt wurde.

Timbale verzog den Mund. »Viel Zeit bleibt uns nicht mehr, bis wir das Dock erreichen. Aber eine Sache sollte ich Ihnen noch sagen, solange Gelegenheit ist, ungestört mit Ihnen zu reden. Mir ist da etwas zu Ohren gekommen, vielleicht nur dummes Gerede, aber es hörte sich nicht so abwegig an. Haben Sie sich nicht gefragt, wieso Ihre Befehle nicht zur Folge haben, dass die Dauntless mitsamt ihrer Befehlshaberin an das eine Ende der Allianz und Sie ans andere Ende geschickt werden?«

»Ehrlich gesagt war ich bis zu diesem Moment noch gar nicht dazu gekommen, mir darüber Gedanken zu machen«, erwiderte Geary. »Allerdings bin ich zuvor deswegen besorgt gewesen.«

»Das geschieht nicht aus Rücksicht auf Ihr privates Glück. Sie und Desjani haben die ganze Zeit über professionell zusammengearbeitet, als Sie noch kein Paar waren.« Timbale sah ihn entschuldigend an. »Es gibt Leute, die sich fragen, wie gut das noch funktionieren wird, nachdem Sie nun verheiratet sind. Wenn Sie voneinander getrennt sind, dann kann es kein Versagen geben. Aber jetzt …«

»Jetzt könnten wir scheitern?« Er ärgerte sich nicht über die Worte, stattdessen fragte er sich, worüber sich manche Leute den Kopf zerbrachen, anstatt an der Lösung echter Probleme zu arbeiten.

»Es ist nur eine Warnung. Da draußen sind Leute, die warten nur darauf und hoffen, auf der weißen Weste von Black Jack endlich einen Fleck zu entdecken.«

Ein kurzes Auflachen kam über seine Lippen. »Himmel, wenn die Leute hören wollen, dass ich auch nur ein Mensch bin, dann verkünde ich das gerne vor dem ganzen Universum.«

»Seien Sie nicht zu menschlich«, warnte Timbale ihn. »Dass Sie und Desjani geheiratet haben, hat einige Leute in Erstaunen versetzt, obwohl man wusste oder zumindest vermutete, was Sie füreinander empfinden. Aber Sie haben nichts getan, was jemand gegen Sie hätte verwenden können. Die Eheschließung verlief exakt so, wie es die Regeln und Vorschriften von Ihnen verlangten. Aber wenn Sie beide sich jetzt unangemessen verhalten, könnten Sie damit für manche Leute einen aus deren Sicht legitimen Grund liefern, offen infrage zu stellen, ob zuvor tatsächlich alles ordnungsgemäß abgelaufen ist.«

Geary selbst war es egal, wie andere Leute über ihn dachten, doch was man Tanya nachsagte, war ein ganz anderes Thema. Er durfte nicht zulassen, dass jemand an ihrer Ehre zweifelte, schon gar nicht wenn er den Anlass dazu lieferte. »Danke für die Warnung. Wir hatten zwar nicht geplant, an Bord der Dauntless irgendetwas Ehrenrühriges zu tun, aber es ist gut, daran erinnert zu werden, dass wir nach wie vor unter Beobachtung stehen.« Und zwar von denen, die darauf hoffen, dass wir straucheln werden.

Nachdem sie den letzten Kontrollpunkt hinter sich gebracht hatten, herrschte in den Korridoren wieder mehr Leben. Gearys Eskorte marschierte mit stolzgeschwellter Brust voraus, um den Weg für ihn und Timbale frei zu machen. Die Zivilisten lächelten ihm zu und grüßten ihn, während militärisches Personal ihm lächelnd salutierte. Geary erwiderte jeden Gruß und hoffte, dass sie das Dock erreichten, bevor ihm vor Erschöpfung sein Arm abfiel.

Desjani wartete an der Zugangsrampe zum Shuttle auf ihn und stand so gelassen da, als hätte es nie eine Krise gegeben. Die gleichen Soldaten wie zuvor standen auch jetzt wieder Spalier und bildeten seine Ehrengarde. Andere Soldaten hielten wie zuvor die Zivilisten zurück, deren Jubel und »Black Jack«-Rufe von allen Seiten widerhallten.

Major Sirandi und seine Leute begleiteten Geary bis zur Rampe, dann salutierte der Major vor Desjani. »Captain, das 574. Kommandoregiment hat die Ehre, Admiral Geary zu den Kriegsschiffen der Allianz-Flotte zurückzubegleiten.«

»Danke«, erwiderte sie, nahm Haltung an und erwiderte den Salut. »Die Flotte weiß zu schätzen, dass Sie den Admiral zu uns zurückgebracht haben. Wir würden ihn nur ungern verlieren. Admiral, ich schlage vor, wir brechen so schnell wie möglich auf, damit Sie sich den wichtigen Angelegenheiten innerhalb der Flotte widmen können.«

Er nickte und fragte sich, was Desjani ihm über die ausgeliehene Komm-Einheit nicht hatte mitteilen können. Er dankte den Soldaten noch einmal für die Eskorte, die unter den neidischen Blicken der anderen Soldaten vor Stolz zu platzen schienen. Er zwang sich, der Menge zuzuwinken und dabei Ruhe und Selbstbewusstsein zu demonstrieren, während sein Arm vor Anstrengung schmerzte. Dann zog er sich in die willkommene Ruhe des Flottenshuttles zurück.

Doch diese Ruhe war nur vorübergehender Natur. Die nächste Krise wartete bereits auf ihn.

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