DONNERSTAG

12

Ein schrilles, erbarmungsloses Klingeln in ihren Ohren, das nur langsam in ihr Bewußtsein drang, weckte Mrs. Pollifax am nächsten Morgen. Vorsichtig öffnete sie ein Auge und sah, daß es Tag war. Sie öffnete das andere Auge und registrierte mit einem schnellen Blick, daß es erst neun Uhr war und das Klingeln also nicht von ihrem Wecker herrühren konnte. Sie tastete nach dem Telefon, und als sie den Hörer endlich zu fassen bekommen hatte, stellt sie erleichtert fest, daß das Klingeln aufhörte. »Hallo«, murmelte sie verschlafen.

»Spreche ich mit Mrs. Pollifax?« fragte eine sonore Männerstimme.

Mit einem Mal hellwach, setzte sich Mrs. Pollifax mit einem Ruck auf und versicherte der Stimme, daß sie Mrs. Pollifax sei.

»Hier spricht Detwiler von der Firma Feng-Imports. Sie erinnern sich vielleicht? Wir haben uns vor ein paar Tagen kennengelernt.«

Sie hatte seine Stimme sofort wiedererkannt, doch sie hütete sich, dies zu erwähnen. »Ja, natürlich«, sagte sie herzlich. »Der Buddha, den Sie mir großzügigerweise geschenkt haben, ist einfach wunderschön.«

Nach kurzem Zögern fuhr Detwiler fort: »Um so schwerer fällt es mir. Ihnen den Grund meines Anrufs zu erklären. Es geht nämlich um diesen Buddha, Mrs. Pollifax.«

»Oh!« machte sie nur und hoffte inständig, daß ihrer Stimme die Erregung, die sie empfand, nicht anzumerken war.

»Ja - leider, Mrs. Pollifax. Offenbar habe ich mit der Wahl gerade dieses Buddhas einen Fehler begangen - zur Bestürzung Mr. Fengs. Dieser Buddha wurde im Auftrag eines japanischen Klosters in Kyota geschnitzt und muß natürlich geliefert werden. Wir haben erst jetzt bemerkt, daß ich Ihnen ausgerechnet diesen Buddha geschenkt haben muß, und... Es ist mir äußerst unangenehme, Mrs. Pollifax, das dürfen Sie mir glauben, aber ich muß Sie bitten, so freundlich zu sein, ihn mir zurückzugeben. Ich werde Ihnen selbstverständlich einen anderen dafür geben. Bitte entschuldigen Sie dieses...«

»Wie unangenehm«, murmelte Mrs. Pollifax, während sie in Gedanken die Bedeutung des soeben Gehörten abzuschätzen versuchte. Das Ergebnis, zu dem sie kam, war mehr als erfreulich.

»... dieses Versehen. Wie Sie wissen, haben wir sehr viele Buddhas, und... Ich versichere Ihnen, daß mir das alles sehr peinlich ist, aber ich muß Sie bitten, den Buddha noch heute morgen zurückzugeben, damit wir ihn verpacken und mit der Nachmittagsmaschine nach Japan schicken können. Wäre Ihnen das möglich?«

Dies klang wie eine flehentliche Bitte, was Mrs. Pollifax keineswegs entging, doch sie hatte ihre Entscheidung längst getroffen. »Aber selbstverständlich«, erwiderte sie herzlich. »Allerdings bin ich soeben erst aufgewacht und bin weder angezogen, noch habe ich gefrühstückt. Vor elf werde ich Ihnen den Buddha wohl schwerlich vorbeibringen können.«

»Das macht doch nichts. Und ich bitte Sie nochmals um Entschuldigung«, sagte er, und die Erleichterung in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Ich darf Sie also um elf Uhr erwarten?«

»Um elf, ja ja«, sagte sie und legte auf. Sie blieb im Bett sitzen und ließ sich das Gespräch noch einmal Wort für Wort durch den Kopf gehen. Sie nickte nachdenklich, denn jetzt konnte sie erkennen, wie sich die Teile des Puzzles zu einem vollständigen Bild zusammenfügten. Es verwunderte sie keineswegs, daß Detwiler nicht angeboten hatte, den Buddha selbst abzuholen - das hatte sie auch gar nicht erwartet.

Sie wählte die Nummer von Robins Suite und war erleichtert, als er sogleich abhob. »Allmählich kommt die Sache ins Rollen«, berichtete sie. »Ich hatte soeben einen Anruf von Mr. Detwiler. Könntest du mit Marko zu mir herunter kommen?«

»Ein Anruf von Detwiler!« rief Robin.. »Wir sind schon unterwegs!«

»Moment! Nicht so hastig! Gebt mir fünf Minuten, um mich zu waschen und anzuziehen«, sagte sie und legte auf. Sie hob den Hörer wieder ab, wählte den Zimmerservice und bestellte Frühstück für eine Person und Kaffee für drei, dann stand sie auf und kleidete sich an.

»Was hat er gesagt?« fragte Robin, als Mrs. Pollifax den beiden die Tür öffnete.

»Immer schön langsam, mein Freund«, mahnte Marko, der hinter Robin ins Zimmer trat. »Guten Morgen, Mrs. P.!«

»Guten Morgen«, erwiderte sie aufgeräumt. »Setzt euch; ich habe euch einiges zu erzählen. Mein Frühstück und Kaffee für uns alle muß gleich hier sein... Ich brauche eure Hilfe und eure Anwesenheit bei etwas, das erledigt werden muß, ehe ich mich mit Mr. Detwiler bei Feng-Imports treffe.« »Wie bitte?« polterte Robin los. »Bist du verrückt?! Du wirst natürlich nicht dorthin gehen!«

»Laß sie doch erst mal ausreden«, schlug Marko vor. »Darf man fragen, weshalb er Sie treffen will?«

»Natürlich. Wie es scheint, hat es eine... eh... kleine Verwechslung mit den Buddhas gegeben«, erwiderte sie, »und der, den er mir geschenkt hat, war für ein Kloster in Kyota bestimmt.«

»Das nimmst du ihm doch um Himmels willen nicht etwa ab!« brauste Robin auf.

»Das tut sie nicht. Robin«, mischte sich Marko ein, der Mrs. Pollifax genau beobachtete. »Du bist etwas voreilig heute morgen, mein Lieber. Nun setz dich endlich hin und hör auf, wie ein Verrückter hier rumzurennen!«

Es klopfte, und Mrs. Pollifax öffnete die Tür. Der Zimmerkellner schob den Wagen mit dem Frühstück herein, verbeugte sich und zog sich wieder zurück. Mrs. Pollifax goß Kaffee ein und reichte Robin und Marko ihre Tassen. Ohne Begeisterung stocherte sie in ihren Spiegeleiern herum, nahm einen Bissen und entschloß sich dann doch für den Kaffee. »Wie gesagt, ich habe euch einiges zu erzählen und ich fürchte, ich muß euch mit Einzelheiten und Details traktieren...«

»Wir sind ganz Ohr«, brummte Robin.

»Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß sich Carstairs auf dem Holzweg befindet, was Detwiler anbelangt. Und deshalb war auch ich ganz zwangsläufig auf der falschen Spur.«

»Und wie kommst du auf diesen Gedanken?« erkundigte sich Robin mißtrauisch.

»Punkt eins«, sagte sie und spreizte den Daumen ihrer linken Hand in die Höhe. »Bei meinem Besuch bei Feng-Imports am Montag bat mich Detwiler in das Hinterzimmer des Ladens, nachdem Mr. Feng bereits behauptet hatte, er kenne keinen Sheng Ti. Das gab mir zu denken. Mr. Detwiler bestand sogar darauf, daß ich in sein Atelier kam, und nach einem heftigen Streit zwischen den beiden blieb Mr. Feng nichts anderes übrig, als seinen Ärger hinunterzuschlucken... Und Punkt zwei...«, sie ließ ihren Zeigefinger dem Daumen folgen, »...Mr. Detwiler bestand darauf, mir eine sehr wertvolle Buddhastatue zu schenken.« s

Robins und Markos Blicke wanderten zu der Buddhafigur auf dem Schreibtisch.

»Ein bemerkenswert schönes Exemplar«, stellte Marko fest.

»Den er jetzt aber wieder zurückhaben will«, ergänzte Robin ironisch.

»Genau. Reichlich merkwürdig, nicht wahr?« stimmte sie zu und fuhr fort: »Punkt drei: Er bat mich, ihm den Zettel zu zeigen, auf dem Bishop die Adresse von Feng-Imports geschrieben hatte. Er warf einen Blick darauf und, ohne daß ich damals begriffen hätte, worauf er hinaus wollte, sagte er: >Sie haben tatsächlich die einzige Informationsquelle ausfindig gemacht, die über Sheng Tis Aufenthaltsort Bescheid weiß. Niemand sonst hat eine Ahnung, daß sich Sheng Ti hier aufhält. <«

»Weshalb auch nicht?« sagte Robin. »Er hat doch jahrelang für Carstairs gearbeitet - nicht? Er kann ohne weiteres Bishops Schrift erkannt haben.«

»Ja, das glaube ich auch«, sagte sie. »Er hat Bishops Schrift erkannt... und gab mir dann den Buddha - den Buddha, den er jetzt zurückhaben will. Ich glaube, Detwiler hatte gar nicht die Absicht, Carstairs und das Ministerium hinters Licht zu rühren.«

»Wie bitte?«

Sie nickte bekräftigend. »Ich glaube, er hat während der letzten zwei Monate ganz bewußt verzerrte Berichte geschickt, mit der Absicht, Carstairs Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und in der Hoffnung, Carstairs würde jemanden nach Hongkong schicken, der der Sache auf den Grund geht.«

»Du machst Scherze!« warf Robin dazwischen.

Sie schüttelte den Kopf. »Er wußte sofort, daß ich im Auftrag Carstairs' nach Hongkong gekommen war; zum einen, weil ich nach Sheng Ti fragte, und zum anderen, weil er Bishops Schrift erkannte.«

»Aber weshalb hat...?«

»Ich glaube, Detwiler steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten«, fuhr sie ohne sich unterbrechen zu lassen fort. »Ich konnte zunächst einfach nicht verstehen, weshalb ich nur am ersten Tag von dem Mann mit dem Diplomatenköfferchen beschattet wurde... Inzwischen bin ich überzeugt, Detwiler wollte nur herausfinden, in welchem Hotel ich wohne, und wagte nicht, mich direkt zu fragen - aus Angst, jemand könnte es hören. Der Mann mit dem Diplomatenköfferchen arbeitet für Detwiler. Detwiler war es auch, der den Mann beauftragt hat, gestern nacht in mein Zimmer einzudringen.«

»Aber aus welchem Grund denn?« fragte Robin immer noch ungläubig.

»Um den Buddha zu stehlen, natürlich«, erwiderte sie. »Ich habe viel zu lange gebraucht, bis ich das begriffen habe, denn ich bin immer davon ausgegangen, daß bei Feng-Imports Detwiler die Zügel in der Hand hält. Er mußte den Buddha einfach wieder zurückhaben, und als der Einbruchsversuch mißglückte, blieb ihm nur mehr dieser Anruf heute morgen übrig. Nichts paßte zusammen - bis ich heute nacht anfing, die Teile des Puzzles herumzuschieben, mit ihnen zu jonglieren, sozusagen ... Die Tatsache, daß Detwiler zwei Monate nicht zu Hause war, erschien mir unerklärlich... , und dann dieser seltsame Verlauf meines Besuchs bei Feng-Imports ... , dieser dilettantische Einbruchsversuch..., der Umstand, daß er und Inspektor Wi befreundet gewesen waren... In dem Augenblick, als ich Detwiler nicht länger als Verräter betrachtete, paßte mit einem Mal alles zusammen, und ich begriff,in welchen Schwierigkeiten Detwiler steckt: Er wird gefangengehalten -bei Feng-Imports in der Dragon Alley.«

»Verdammt! Wollen Sie damit etwa sagen, daß...« setzte Marko an.

Sie nickte. »Wer sonst, als Mr. Feng? Ein kleiner Erpressungsversuch und etwas Druck auf Mr. Detwiler wegen seiner Spionagetätigkeit; dazu die Anwendung von Drogen, um seinen Willen zu schwächen und ihn gefügig zu machen - Sheng Ti war absolut sicher, was die Drogen anbelangt... Es war wichtig, daß Detwiler mir den Buddha ganz offen gegeben hat; quasi als einen Akt der Großzügigkeit getarnt. Aber ich glaube, daß er von Feng später unter Druck gesetzt und gezwungen wurde zuzugeben, was er getan hat. Nun verlangt man von ihm, den Buddha wieder herbeizuschaffen.«

»Du meinst, Mr. Feng verlangt das von ihm«, staunte Robin.

Sie nickte. »Ja... Was wissen wir eigentlich über Mr. Feng?«

»Was wissen Sie von Feng?« präzisierte Marko.

»Eine zwielichtige Figur«, antwortete sie. »Ein Geschäftsmann, dessen Laden als Deckadresse für Detwilers nachrichtendienstliche Aktivitäten benutzt wird. Ein Mann, der auf den ersten Blick den Anschein erweckt, vom Leben gezeichnet zu sein und der scheinbar nur mehr als passiver Zuschauer daran teilhat. Als ich Feng-Imports verließ, hatte ich jedoch diesen Eindruck gründlich revidiert: Ich halte ihn für eiskalt, berechnend und gerissen, und die Art, wie er mich gemustert hat, verriet ungeschminkte Feindseligkeit.«

»Aber daß er mit Terroristen unter einer Decke steckt...«

Mrs. Pollifax zuckte die Achseln. »Wir können uns nur nicht vorstellen weshalb... Aber weshalb eigentlich nicht?«

Robin pfiff durch die Zähne. »Wir müssen unverzüglich alle verfügbaren Informationen über Feng einholen; eine relativ leichte Übung, jetzt, wo wir Kontakt mit dem Sonderdezernat haben... Aber wie paßt der Buddha in das Bild?«

»Sehr gut sogar«, sagte Mrs. Pollifax. »Wenn ich mich in bezug auf Detwiler nicht gewaltig irre, dann ist der Buddha der eigentliche Grund, weshalb er es wagte, sich mit Feng anzulegen und mich in das Hinterzimmer des Ladens zu bitten... Und wenn Feng tatsächlich sein Drogenlieferant ist und ihn unter Druck setzt, dann war dies ein äußerst bravouröser und mutiger Zug von Detwiler. Ich könnte mir vorstellen, daß Det-wiler früher - ehe er von Drogen abhängig gemacht wurde -große Ambitionen hegte. Als ich in seinem Laden auftauchte, hatte er gerade einen seiner besseren Tage, und er war bereit, alles zu wagen.«

Sie ging zum Schreibtisch, nahm den Buddha und brachte ihn Robin. »Es muß irgend etwas Besonderes an dem Buddha sein, daß Detwiler es riskierte, ihn mir zu geben. Ich hoffe, wir brauchen ihn nicht zu zerbrechen; er ist einfach zu schön...«

»Nur das nicht«, murmelte Robin und starrte bestürzt die Figur an.

»Das wäre mehr, als ich zu hoffen wage«, sagte Marko und beugte sich interessiert vor, »aber... mon Dieu, vielleicht hat er ein Geheimfach...« Er setzte sich zu Robin auf die Couch und seine Finger bewegten sich tastend über den Buddha. »Ich tippe auf den Kopf - was meint ihr? Das ist der einzige Teil des Buddhas, der offensichtlich nicht aus dem gleichen Teil Elfenbein geschnitzt ist.« Er fischte eine Schnappmesser aus seiner Jackentasche und sagte: »Darf ich mal?«

Mrs. Pollifax zuckte zusammen, als er die Klinge des Messers unterhalb des kunstvollen Kopfschmucks am Hals des Buddhas ansetzte. Zunächst versuchte er es auf der linken Seite des Halses, dann führte er das Messer zur rechten Seite und drückte die Spitze gegen die Figur.

Mit einem klickenden Geräusch löste sich der Kopfschmuck von der Figur und fiel zu Boden.

»Und hier. Freunde«, sagte sie stolz und deutete auf die Vertierung im Kopf des Buddhas, »haben wir Detwilers Geheimfach. Er ist tatsächlich auf unserer Seite.«

»Da ist was drin«, flüsterte Robin.

»Tatsächlich!« sagte Marko und zog vier winzige, fest zusammengerollte Papierstreifen hervor. »Die Götter sind uns wohlgesinnt«, murmelte er, während er sie flach strich. Nach einem kurzen Blick auf die ersten beiden Papierstreifen reichte er sie Mrs. Pollifax. »Die sollte ich besser nicht lesen; anscheinend sind das die Originalberichte Detwilers, die er nicht an Ihre Vorgesetzten geschickt hat... Es geht um irgendwelche ausländische Schiffe im Hafen von Hongkong.«

»Aber der hier nicht!« rief Robin und griff nach dem dritten Papierstreifen. »Namen, Marko! Namen - hör' zu!« Er las sie laut vor. »Eric Johansen - das ist Eric der Rote. Xian Pi - er ist neu. Charles Szabö - oh, den kennen wir nur zu gut. Jan von Damm. John Yonomoto. Hoban Holloway - das ist ein Killer. Miguel Valentos, John D'Eon, Carl Eberhardt, Henri Duval und Angelo Gregorio.«

»Elf«, nickte Mrs. Pollifax, »das stimmt genau mit den elf Pässen überein.«

»Die ganze verdammte Terroristenbrut der >Befreiungsfront '8o

»Und hier ist noch mehr - das ist ja unglaublich!« rief Robin. »Das müssen die Ziele ihrer Anschläge sein.«

Über seine Schulter hinweg starrten sie alle auf den letzten der vier Papierstreifen:

1. Turm/Peak. Kommandozentrale

2. Regierungsgebäude?

3 Rundfunksender

4- Elektrizitätswerk

»Jetzt wissen wir also... welch ein Fund!« flüsterte Marko. »Mrs. P., wir stehen zutiefst in Ihrer Schuld.«

»Aber kein Hinweis, wann«, wandte Mrs. Pollifax ein. »Daß die Terroristen ihre Anschläge für Ende nächster Woche planen, ist eine pure Annahme, die sich allein darauf stützt, daß Detwilers Haushälterin ihn bis dahin zurück erwartet. Das ist reichlich dürftig und vage und außerdem aus zweiter Hand; wir können daraus unmöglich konkrete Schlüsse ziehen.«

»Das nicht; aber wir werden kein Risiko eingehen«, sagte Robin. »Ich werde sofort den Gouverneur anrufen - und keine Sorge, er wird mich auch ohne viel Worte verstehen.« Er erhob sich, ging zum Telefon und wählte eine Nummer.

Mit einem Lächeln wandte sich Marko an Mrs. Pollifax: »Ich schätze, es liegt ein arbeitsreicher Tag vor uns, wenn wir über Ihren Mr. Feng etwas herausfinden wollen. Und Sie? Sind Sie immer noch entschlossen, sich in die Höhle des Löwen zu wagen? Sie kennen das Risiko.«

Mit dem Hörer in der Hand rief Robin quer durch den Raum: »Risiko? Selbstmord! Glaubst du, du kannst einen leeren Buddha bei Feng-Imports abliefern, und dann unbehelligt einfach wieder gehen?«

»Ich denke nicht einmal im Traum daran, den Buddha, den mir Detwiler gegeben hat, zurückzubringen«, erklärte Mrs. Pollifax würdevoll. »Unten in der Ladenstraße habe ich eine zum Verwechseln ähnliche Figur gesehen; zwar nicht so perfekt gearbeitet, doch sonst hat sie die gleiche Größe, dieselbe Pose und ist auch aus edlem weißen Elfenbein geschnitzt. Mr. Detwiler wird natürlich sofort erkennen, daß es nicht derselbe Buddha ist, aber ich bezweifle, daß es Mr. Feng bemerken wird.«

»Unsinn!« knurrte Robin. Im selben Augenblick kam seine Verbingung zustande, und er kehrte ihnen den Rücken zu und berichtete mit leiser Stimme über das, was sie soeben erfahren hatten.

»Aber Mr. Feng wird den Unterschied sehr wohl bemerken, sobald er versucht, den Buddha zu öffnen und feststellt, daß er nicht zu öffnen ist«, bemerkte Marko eindringlich.

»In dem Laden halten sich keine Terroristen auf«, erinnerte ihn Mrs. Pollifax entschieden, »nur Detwiler und Feng - und Sheng Ti und Lotus natürlich. Außerdem habt ihr doch Beobachtungsposten rund um Feng-Imports eingerichtet. Sollte ich der Situation nicht gewachsen sein...«

Robin legte den Hörer auf und gesellte sich wieder zu ihnen. »Schlag dir diese verrückte Idee aus dem Kopf, Mrs. P.!« sagte er eindringlich. »Begreif doch endlich, daß das zu gefährlich ist. Wenn Feng tatsächlich hinter dieser Geschichte steckt, dann wartet er doch nur darauf, dich in seine Finger zu kriegen!«

»Sicher tut er das«, antwortete sie. »Und zweifellos hat er jedes Wort mitgehört, das Detwiler mit mir am Telefon gewechselt hat; wahrscheinlich hat er ihn dabei mit einer Pistole in Schach gehalten, wenn ich das richtig einschätze.«

»Weshalb also?« wollte Robin wissen.

Sie überlegte, wie sie ihm ihr Vorhaben verständlich machen konnte. Schließlich sagte sie: »Wenn ich nicht gehe, ist es durchaus möglich, daß Detwiler umgebracht wird, weil er mir den Buddha gegeben hat... Seine Nützlichkeit für Feng dürfte allmählich erschöpft sein. Ich muß hingehen, weil ich ja schließlich wegen Detwiler nach Hongkong gekommen bin... , weil sein Anruf einem Hilferuf gleichkommt... und weil ich dann unter Umständen von Detwiler den Tag und die genaue Stunde der Terroranschläge erfahre.«

»Und du glaubst tatsächlich, daß Feng dich unbehelligt wieder gehen läßt?« fragte Robin skeptisch.

Sie warf einen kurzen Blick auf ihre Uhr. »Ich werde natürlich versuchen, meine Rolle als naive Touristin weiter zu spielen«, sagte sie beschwichtigend und fügte dann entschlossen hinzu: »Sollte ich jedoch gezwungen sein, Gewalt anzuwenden, dann muß das noch lange nicht bedeuten, daß Feng aufgrund meiner Karatekenntnisse gleich auf den Gedanken kommt, ich könnte eine amerikanische Agentin sein. Und wie gesagt, sind Krugg und Upshot nicht weit; und Sheng Ti und Lotus sind außerdem auch noch da.«

»Vorausgesetzt, sie verlassen ihren Posten nicht«, bemerkte Robin düster.

Marko räusperte sich. »Das ist etwas, dessen du dich vergewissern solltest. Robin - ehe sie geht«, schlug er vor.

»Mein Gott!« fluchte Robin. »Jetzt fang du nicht auch noch damit an, Marko!«

Mrs. Pollifax erhob sich. »Allmählich erinnerst du mich an einen übertrieben ängstlichen Vater«, bemerkte sie trocken. »Du weißt ganz genau, Robin, daß es in diesem Geschäft keine Garantien gibt! Und inzwischen ist es nun mal so, daß ich die einzige bin, die überhaupt Zugang hat zu... zur Höhle des Löwen, wie Marko so schön sagt... Und vielleicht kann ich tatsächlich etwas in Erfahrung bringen, das uns hilft, ein Blutbad wie die Geiselaffäre in Frankreich zu verhindern.«

Sie sah erneut auf die Uhr. »Könntet ihr mir dreihundert Hongkong-Dollar leihen, damit ich diese Buddhafigur kaufen kann? Es ist bereits halb elf, und ich habe versprochen, um elf bei Feng-Imports zu sein. Der Buddha ist nicht billig, und ich habe im Moment nicht so viel Geld bei mir...«

Mit einem breiten Grinsen fischte Marko seine Brieftasche hervor und zählte ihr die Banknoten ab. »Wir werden hier sein und Sie erwarten«, sagte er. »Zumindest ich... und inzwischen werde ich ein ernstes Wörtchen mit Robin reden.«

»Danke, Marko«, sagte Mrs. Pollifax erleichtert, schenkte ihm ein warmes Lächeln und mit einem spöttischen Blick in Richtung Robin segelte sie aus dem Zimmer.

Als sie nach zwanzig Minuten wieder zurückkehrte, war nur mehr Marko in ihrem Zimmer. Er beschäftigte sich mit dem Toast auf ihrem Frühstückstablett und hatte eine Tasse Kaffee vor sich stehen. Er erhob sich und wickelte den Buddha, den sie soeben erstanden hatte, aus dem Papier. Er hielt ihn neben das Original und nickte zufrieden. »Nicht schlecht!«

»Wo ist Robin?«

»Er ist oben und benachrichtigt Krugg und Upshot, daß Sie kommen. Er schärft ihnen ein, daß sie - nachdem Sie Feng-Imports betreten haben - beim ersten Anzeichen von irgendwelchem Ärger im Laden sofort eingreifen sollen. Natürlich macht er sich Sorgen um Sie«, fügte er hinzu. »Sie müssen etwas Geduld mit ihm haben. Schließlich ist er in diesem Spiel relativ neu und kein so alter Hase wie Sie oder ich. Außerdem hat er Sie sehr gern und...«

Mrs. Pollifax nickte.

»Ich konnte ihn schließlich doch überreden«, grinste Marko, »aber nur unter einer Voraussetzung.« Er kramte in seiner Tasche und brachte eine winzige Kapsel, nicht größer als der Radiergummi an einem Bleistift, zum Vorschein. »Sie werden den Saum Ihres Kleides auftrennen und das hier einnähen. Ein kleiner Sender, mit dem wir stets wissen, wo Sie sind. >Ackameter< nennen wir das Ding.«

»Na schön«, sagte Mrs. Pollifax und ging zu ihrem Koffer, um Nadel, Faden und eine Schere zu holen. Nachdem sie den Sender in den Saum ihres Rocks genäht hatte, glättete sie auf dem Schreibtisch das Papier, in das Lotus Detwilers Buddha eingeschlagen hatte, und .verpackte darin die soeben gekaufte Figur. Nervös sah sie auf die Uhr und verzog das Gesicht. »Nun wird es aber Zeit!«

Marko nickte. »Robin hat vorhin übrigens kurz angerufen: Heute morgen hat noch niemand Feng-Imports verlassen.«

»Gut«, sagte sie mit einem Lächeln. »Marko...« Sie streckte ihm die Hand hin.

Er griff danach und drückte sie herzlich. »Sobald Cyrus hier ist, werde ich ihn beknien, seine Gattin für Interpol freizugeben«, grinste er. Er hielt ihre Hand fest und wurde ernst. »Sollte ich je in Detwilers Lage geraten - der Himmel möge eine solche Katastrophe verhindern -, kann ich nur beten, daß auch zu meiner Rettung eine Mrs. Pollifax bereit ist, Kopf und Kragen zu riskieren. Geben Sie auf sich acht!«

»Danke, Marko«, erwiderte sie ernst und zog ihre Hand zurück. Sie nahm den Buddha und ging.

Die Tür des Aufzugs stand offen, und da sie sich für den Haupteingang entschieden hatte, fuhr sie in die Halle hinab. Von der Helligkeit des Sonnenlichts geblendet, blinzelte sie heftig, als sie aus dem Schatten der Markise trat, und winkte in Richtung der wartenden Taxis. Ein Wagen scherte aus der Reihe der Taxis aus und kam vor ihr zum Stehen. Eine Tür wurde geöffnet, und sie hatte bereits im Wagen Platz genommen, als sie bemerkte, daß schon ein Fahrgast im Taxi saß.

»Oh... Entschuldigung!« murmelte sie und schickte sich an, wieder auszusteigen. Erst jetzt erkannte sie den Fahrgast, und sie begriff mit einem Male, daß etwas schiefgegangen war... schrecklich schiefgegangen war.

»Sie sind äußerst pünktlich«, sagte Mr. Feng mit der Andeutung eines höhnischen Grinsens. »Fahr los, Carl! Schnell, ehe man uns entdeckt!«

13

Als Marko in die Suite zurückkehrte, saß Robin am Funkgerät. »Ist sie gegangen?« fragte Robin und runzelte finster die Stirn.

»Gerade eben - ja«, bestätigte Marko. »Sieh mal, Robin - du mußt das verstehen«, fügte er nach einer Weile hinzu. »Sie ist wegen Detwiler nach Hongkong gekommen. Es ist ihr Auftrag, und sie muß das tun. Ich kann nur den Hut vor ihr ziehen... «

Robin schüttelte den Kopf. »Trotzdem gefällt mir diese Geschichte nicht«, murmelte er und beugte sich vor, um das Funkgerät einzuschalten. »Hier Rabe. Kannst du mich hören?«

»Klar und deutlich, alter Junge!« quakte Kruggs Stimme aus dem Gerät.

»Unsere Freundin hat soeben das Hotel verlassen. Halte die Augen offen und gib Bescheid, wenn sie ankommt.« »Verstanden, Rabe. Over.«

Robin drehte leicht an der Skala und rief Upshot, der den Beobachtungsposten im Lagerhaus hinter Feng-Imports besetzt hielt. »Putz dir deine Stielaugen«, schnarrte er ins Mikrofon. »Unser Kunde hat soeben das Hotel verlassen und wird in etwa fünfzehn Minuten am Zielort eintreffen.« »Verstanden«, antwortete Upshot.

Robin sah zu Marko auf, dann huschte sein Blick zur Uhr. »Drei Minuten nach elf... Hat sie den Ackameter?« Marko nickte und kramte ein flaches, etwas größeres Gerät, als den Sender, den er Mrs. Pollifax gegeben hatte, aus seiner Tasche. Er drückte einen Knopf und befestigte den Funkempfänger mit dem an der Unterseite angebrachten Saugknopf an der Wand. Er gab ein monotones, aufdringliches Summen von sich. »Funktioniert«, stellte er fest. »Hat Duncan eigentlich schon was wegen des Funkortungswagens von sich hören lassen?«

Robin nickte. »Guter Mann, dieser Duncan. Die Einheit ist seit sechs Uhr heute morgen auf den Straßen.«

»Ja - sehr tüchtig«, bestätigte Marko. »Also - wer von uns beiden übernimmt nun die Zusammenstellung der Informationen, die über Feng registriert sind?«

Robin lächelte dünn. »Ich war ebenfalls tüchtig. Ich habe das bereits mit Duncan besprochen, und er hat mir für den Nachmittag den Bericht über Feng zugesagt; einen Bericht der höchsten Geheimstufe und äußersten Dringlichkeit, wie Duncan mir versichert hat. Allerdings«, fügte er hinzu, »könnten wir, sobald Mrs. Pollifax zurück ist, ruhig ein paar Nachforschungen auf eigene Faust anstellen.«

Marko nickte. »Sie müßte in etwa zwanzig Minuten bei Feng-Imports sein.«

Robin beugte sich über den Stadtplan von Hongkong und verfolgte mit dem Finger Mrs. Pollifax' Route. »Mal sehen... Da die Dragon Alley für den Verkehr gesperrt ist, wird sie hier in der Straße oberhalb aussteigen und zu Fuß zum Laden gehen...« Er warf einen prüfenden Blick auf seine Uhr. »Es ist jetzt zwölf nach elf... Gehen wir davon aus, daß sie unter Umständen ein paar Minuten auf ein Taxi warten mußte und daß in der City jetzt dichter Verkehr herrscht, dann müßte sie spätestens um elf Uhr vierzig dort sein.« Er blätterte in seinem Notizbuch nach einer Nummer und rief den Funkortungswagen an, der irgendwo in den Straßen von Hongkong unterwegs war. »Hier Funk Eins im Hongkong-Hilton«, schnarrte er. »Wir haben jemanden mit einem Ackameter losgeschickt - in die Gegend der Lower Lasar Row... Kümmert euch nicht darum, wenn ihr das Signal zufällig empfangen solltet - wir verfolgen es von hier aus.«

»Und wie wir das Signal empfangen«, antwortete eine Stimme erleichtert. »Es macht uns schon ganz verrückt. Wie ist euer Codewort? Wir brauchen es zur Überprüfung.«

»Blauer Drachen«, antwortete Robin mit einem Seufzen, denn dieses Spiel mit Codeworten erschien ihm jedes Mal aufs neue kindisch.

»Danke. Over.«

Marko sagte: »Magst du eine Tasse Kaffee?«

Robin nickte und erhob sich. Er goß Kaffee in eine Tasse, kehrte wieder zum Funkgerät zurück und knipste es erneut an. Er rief Krugg. »Hier Rabe«, sagte er. »Ich schalte auf Empfang und erwarte deinen Bericht, bitte.«

»Roger...« antwortete Krugg. »Noch nichts... alles ruhig.«

Marko zog seinen Stuhl neben das Funkgerät und machte es sich, ein Bein über die Lehne geschlagen, bequem und wartete. Robin beneidete ihn um seine Ruhe. Er kannte Markos Geschichte und wußte, wie hart erarbeitet diese Gelassenheit war. Robin mußte zugeben, daß er selbst dazu nicht fähig war. Er war emotional viel zu sehr engagiert - besonders jetzt, wo es um eine Freundin, um Mrs. Pollifax ging. Er war unruhig und gereizt. Ungeduldig wartete er darauf, daß sie endlich bei Feng-Imports ankäme; und noch ungeduldiger, daß sie heil wieder aus Feng-Imports herauskäme.

Das monotone Summen des Ackameters und Robins nervöse Unruhe erfüllten den Raum mit einer schier unerträglichen Spannung. Um halb zwölf meldete sich Krugg erneut: »Immer noch nichts...« Robin setzte mit einem Ruck die Tasse ab und begann, im Zimmer auf und ab zu marschieren.

Sie hatten ihre Ankunft für spätestens elf Uhr vierzig kalkuliert. Um elf Uhr vierzig begann Robin leise vor sich hin zu fluchen. Er ging zum Funkgerät, drehte es an und bellte: »Was ist los?!«

»Nichts«, erwiderte Krugg.

»Over... aber ich ruf dich zurück.« Er rief den Funkortungswagen. »Hier Blauer Drachen. Ich bitte um eine sofortige Standortbestimmung des Ackametersignals! Da ist möglicherweise was schiefgegangen... Ja, jetzt sofort! Bericht an Funk Eins.« Robin wandte sich an Marko und fragte ihn mit einem bedrückten Lächeln: »Was meinst du dazu? Verkehrsstau, Unfall, ein platter Reifen - oder ernsthafte Schwierigkeiten?«

Ohne zu antworten setzte sich Marko an das Funkgerät und schaltete auf Kruggs Kanal. »Laßt das Objekt keine Sekunde aus den Augen«, sagte er. Außerdem müssen wir unbedingt wissen, wer bisher den Laden verlassen hat. Am besten liest du mir deine Notizen vor. Und du hast doch auch Witkowskis Liste, oder?«

»Ja... Augenblick... Als ich meine Schicht antrat, kam gerade dieser alte Chinese an. Er hatte ein Einkaufsnetz mit Obst dabei und verschwand damit im Laden. Um acht kam dann der junge Mann Sheng Ti und vierzig Minuten später das Mädchen - Lotus heißt sie, nicht? Und dann... «

»Nicht so schnell! Noch mal zurück«, unterbrach ihn Marko. »Wenn >dieser alte Chinese<, er heißt Feng, um sieben Uhr den Laden betreten hat... wann hat er ihn dann verlassen?«

Nach einem längerem Schweigen brummte Krugg: »Wenn ich das nur wüßte, verdammt. Ich hab' soeben Witkowskis Notizen überflogen - er machte hier um halb sieben Schluß -, aber ich kann keine Eintragung darüber entdecken, wann Feng den Laden verlassen hat.«

Aufgeregt mischte sich Robin ein und schnaubte wütend. »Hat dieser Witkowski gepennt, oder was?! Weshalb schicken die uns verdammt noch mal Agenten, die noch vom letzten Job fix und fertig sind?... Er muß eingeschlafen sein, denn Feng muß ja irgendwann das Haus verlassen haben, wenn er um halb sieben zurückgekehrt ist.«

»Ich hab' schon öfters mit Witkowski gearbeitet«, erwiderte Krugg bestimmt, »und er ist bei einem Job noch nie eingeschlafen.«

Robin zog scharf die Luft ein. »O Gott!« ächzte er. »Kann es sein, daß es einen anderen Ausgang gibt? Einen, den wir übersehen haben?«

»Langsam, langsam«, sagte Marko und wählte die Nummer des Funkortungswagens. »Hier Funk Eins, Blauer Drachen. Habt ihr was Neues über das Ackametersignal?«

»Im Augenblick scheint sich das Objekt nicht zu bewegen. Es bleibt unverändert in der Nähe des Man Mo Tempels, Sir«, berichtete der Mann. »Wir sind auf dem Weg dorthin - in der Queen's Road Central... zähflüssiger Verkehr, aber in höchstens zehn Minuten müßten wir eigentlich dort sein.«

»Danke. Wir bleiben in Verbindung«, sagte Marko und wandte sich Robin zu. »Das ist beruhigend; sie ist immer noch im Western District.«

»Ich gehe«, verkündete Robin und griff nach seiner Jacke. »Der Renault steht noch immer am Hintereingang des Hotels. Ich kann genauso schnell am Man Mo Tempel sein wie die Kollegen von der Funkortung - vielleicht sogar schneller.«

»Nimm deine Kanone mit«, sagte Marko ruhig.

Robin wirbelte zu ihm herum und fauchte: »Jetzt tue bloß nicht so, als würde dir das mit deinem kaltschnäuzigen Optimismus was ausmachen!« Er unterbrach sich und murmelte betreten: »Entschuldige, Marko. Tut mir leid.«

»Schon in Ordnung... viel Glück«, erwiderte Marko und reichte Robin, nachdem dieser seine Pistole in den Halfter geschoben hatte, den Minidetektor für den Ackameter. Dieser Empfänger war zwar bei weitem nicht so leistungsfähig wie die Geräte des Funkortungswagens, doch er würde seine Dienste tun und Robin zu dem Ackameter führen, den Mrs. Pollifax bei sich trug. »Ich bleibe hier am Funkgerät«, sagte Marko, »und halte die Verbindung mit Krugg und Upshot.«

Die Hand bereits an der Türklinke, hielt Robin inne. Er wandte sich um und mit erstickter Stimme sagte er: »Wir sind davon ausgegangen, daß sowohl Detwiler als auch Feng im Laden sind und Mrs. Pollifax erwarten ...Im Laden, Marko! Falls einer der beiden irgendwie den Laden verlassen hat und uns abschütteln konnte, ohne daß wir es bemerkt haben... « Er öffnete die Tür, ging hinaus und knallte sie hinter sich ins Schloß. Er spurtete den Korridor hinab zum Lastenaufzug und zwei Minuten später saß er am Steuer des Renaults. Er scherte sich keinen Deut um Geschwindigkeitsbegrenzungen, verfluchte mit Inbrunst jede rote Ampel und traktierte ausgiebig die Hupe, sobald ein langsamer Wagen seine Spur blockierte.

Nach wenigen Minuten hatte er eines der ältesten und belebtesten Viertels Hongkongs erreicht, und der chaotische Verkehr in den engen Straßen und Gäßchen strapazierte seine Nerven und brachte ihn schier zur Verzweiflung. Als er eine Parklücke erspähte, manövrierte er den Renault an den Bordstein, sprang aus dem Wagen und rannte los. Der Ackameter in seiner Hand summte beruhigend, und der eingebaute Distanzmesser, der die Entfernung zwischen ihm und dem in Mrs. Pollifax' Rocksaum genähten elektronischen Verbündeten anzeigte, klickte leise. Er bog um eine Ecke, sprintete an dem altehrwürdigen Suzie Wong Hotel vorbei und entdeckte eine Stück die Straße hinab die rot und golden leuchtende Fassade des Man Mo Tempels. Das Summen des Ackameters schwoll zu einem hysterischen Pfeifen an. Verwirrt blieb Robin stehen. Nirgendwo war ein Taxi zu entdecken, und von Mrs. Pollifax war weit und breit nichts zu sehen. Ratlos irrte sein Blick die parkenden Wagen entlang, als ihm eine grauer Lieferwagen ohne Firmenaufschrift auffiel, der dem Tempel gegenüber schräg auf den Gehsteig fuhr und stehenblieb. Ein Mann in grauem Overall stieg aus, und Robin überquerte die Straße. »Sonderdezernat?« fragte er leise.

Unbewegt starrte ihn der Mann an. »Sonder was?«

»Funk Eins«, sagte Robin. »Blauer Drachen.«

Der Mann entspannte sich sichtlich. »Können Sie sich ausweisen?«

Robin fischte aus einer Geheimtasche seines Jacketts seinen zerknitterten Ausweis und brummte: »Eigentlich müßte mein Ackameter Ausweis genug sein... Sollten wir die Versammlung nicht auflösen, ehe sich hier eine neugierige Menge zusammenrottet?«

Der Mann im Overall brachte ein sparsames Grinsen zuwege. »Wir haben den Standort des Ackameters genau lokalisiert - er muß drüben im Tempel sein. Ich bin übrigens Harold Lei, und das ist Jim Bai. Er nimmt den Hintereingang. Worauf warten wir also?«

Sie liefen zum Eingang des Tempels, und Robin registrierte nur beiläufig die vollendete Schönheit des alten Bauwerks. Drinnen glänzte Bronze matt zwischen leuchtenden Rottönen. Der Rauch von Räucherstäbchen hing wie ein hauchdünner, kunstvoller Baldachin unter der Decke des Innenraums. Doch Robin hatte kein Auge für den Zauber dieses Orts. Vergeblich suchte er alle Winkel des Tempels ab; Mrs. Pollifax war nicht hier.

»Verdammt!« fluchte er laut und handelte sich einen mißbilligenden Blick des Tempelwächters ein, der in einer Ecke saß und erschreckt von seiner Zeitung aufsah.

Die beiden Kollegen von der Hongkonger Polizei warteten bereits vor dem Tempel auf Robin.

»Nichts zu entdecken am Hintereingang«, berichtete Jim Bai. »Was sagt Ihr Ackameter?«

Robin warf einen Blick auf den Empfänger in seiner Hand. »O Gott!« ächzte er. »Der Distanzmesser steht auf Null!«

»Es muß hier sein«, stellte Harold Lei mit einem ratlosen Stirnrunzeln fest.

»Sie haben ja keine Ahnung...«, setzte Robin zu der Erklärung an, daß der Sender in den Rocksaum einer Frau eingenäht sei und folglich diese Frau hier sein müsse. Doch er unterbrach sich, als er sah, wie Harold Lei sich bückte und etwas aufhob, das wie ein flacher Kieselstein aussah.

»Ist er das?«

Als Robin den Sender in seine Hand gleiten fühlte, war ihm, als schnüre ihm die Angst die Kehle zu. »Sie haben sie!« stöhnte er. »Zu gerissen für uns... Welch ein Hohn, den Ackameter für uns hier liegen zu lassen! Es sei denn... « Er führte den Gedanken nicht zu Ende, denn sein Gehirn weigerte sich auszumalen, wie der in Mrs. Pollifax' Rocksaum genähte Sender auf das Trottoir vor dem Tempel gekommen war. Vage Vorstellungen von Gewalt verstärkten die Panik, die ihn ergriffen hatte. »Ich brauche ein Telefon«, bellte er. »Ich muß Ihren Vorgesetzten anrufen. Das ändert alles.«

»Im Wagen«, sagte Lei. »Eine direkte Leitung.«

Im Telegrammstil berichtete Robin Duncan dem Leiter des Sonderdezernats, den der Gouverneur als absolut zuverlässig charakterisiert hatte, von Mrs. Pollifax' Entfuhrung.

»Weshalb nur hat sie sich auf ein solch idiotisches Hazard-programm eingelassen?« knurrte Duncan. »Eine dumme Geschichte - das! Das wirft alles uber den Haufen, denn wenn die ein bißchen Druck ausuben, redet sie wie ein Buch und erzählt alles, was wir wissen.«

»Was nicht allzuviel ist«, bemerkte Robin duster.

»Genug, sie ihre Pläne ändern zu lassen - das Einzige, wovon wir wenigstens eine Ahnung haben.«

»Dank Mrs. Pollifax«, erinnerte ihn Robin.

»Wo sind Sie jetzt?«

»Vor dem Man Mo Tempel. Ich fahre zum Hotel zuruck.«

»Okay. Sagen Sie meinen Leuten, sie sollen wieder an ihren Job gehen. Wir hören später voneinander. Und... Kopf hoch, alter Junge!«

»Ja«, war alles, was Robin als Antwort zustande brachte, denn seine Gedanken waren damit beschäftigt, sich selbst zu verwunschen - seine Schwäche und seine Unentschlossenheit, die ihn gehindert hatten, Mrs. Pollifax entschieden zu verbieten, alleine zu gehen. Doch selbst wenn er entschlossener aufgetreten wäre, hätte das gar nichts bewirkt - stellte er grüblerisch fest -, ganz bestimmt nicht bei Mrs. Pollifax.

Er legte auf, wechselte ein paar Worte mit den beiden Männern und ging dann zum Renault. Bedrückt fuhr er zum Hotel zurück. Er schenkte sich die Mühe, seine Spur zu verwischen und mit dem Lastenaufzug zu fahren. Wenn tatsächlich jemand daran interessiert sein sollte, ihn zu verfolgen, dachte er grimmig, dann sollten sie nur kommen! Er würde ihnen mit Freuden die Zähne in den Hals rammen - und eine Kanone hinterher, und sie zwingen, ihn zu Mrs. Pollifax zu führen. Die Erkenntnis, daß sie erneut ausgetrickst worden waren, und Mrs. Pollifax sich in den Händen dieser Schurken befand, schien nur durch den Wunsch nach einer extrem riskanten Aktion erträglicher zu werden. In seinen Gedanken spukten die Worte Duncans >wenn die ein bißchen Druck ausüben, redet sie wie ein Buch und sagt ihnen alles, was wir wissen<.«

Druck! Ein sehr taktvoller Ausdruck für Folter.

Robin blieb vor der Front der Aufzüge in der Hotellobby stehen und drückte mechanisch die Knöpfe. Als endlich ein Aufzug kam und die Tür zur Seite glitt, stiegen Mr. Hitchens und Ruthie aus.

»Rob... Lars!« rief Mr. Hitchens erfreut, um sich sogleich schuldbewußt umzusehen, ob jemand seinen Versprecher bemerkt hatte, »Darf ich Ihnen Ruthie vorstellen. Ruthie, das ist... Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte er und sah Robin forschend an.

Robin nickte bekümmert. »Sie haben Mrs. Pollifax!« Seine Worte trafen Mr. Hitchens wie ein Schlag, und Robin fühlte, wie Mr. Hitchens' Bestürzung Trost und sogar einen kleinen Hoffnungsschimmer in ihm aufkeimen ließ.

»Sie?« stammelte Mr. Hitchens. »Sie meinen...?«

»Ja.«

»O Gott.«

»Aber ich habe sie doch erst vor einer Stunde gesehen«, sagte Ruthie. »Was ist denn passiert?«

»Sie haben sie gesehen?« fragte Robin verblüfft. »Wo? Wann?«

»Sie stieg in ein Taxi - draußen vor dem Hauptportal«, berichtete Ruthie.

Robin legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Wollen wir uns nicht einen Augenblick auf die Couch dort drüben setzen«, schlug er vor. »Ich würde gerne mehr darüber hören.« Als sie Platz genommen hatten, wandte er sich ungeduldig an Ruthie: »Also, erzählen Sie.«

Ruthie nickte. »Ich kam die Auffahrtsallee zum Hotel hoch und sah, wie Mrs. Pollifax durch die Glastür auf den Gehsteig trat. Offenbar blendete sie die Sonne, denn sie blieb eine geraume Zeit stehen und hielt zum Schutz ihre Hand vor das Gesicht. Dann ließ sie die Hand sinken und winkte mit der anderen ein Taxi herbei. Eines der Taxis fuhr an, stoppte vor ihr, und sie stieg ein. Es war genau eine Minute vor elf, und ich machte mich nicht bemerkbar, weil ich um elf mit Hitch verabredet war und es eilig hatte.«

»Sind Sie absolut sicher, Ruthie, daß der Wagen, in den sie stieg, ein ganz normales Taxi war?«

»Sie meinen, das ist entscheidend?« fragte Ruthie verwirrt. »Mein Gott! Lassen Sie mich überlegen... Sie stand da und wartete... Die Sonne blendete sie, und sie kniff die Augen zusammen. Und das Taxi...« Ruthie stockte. »Es ist merkwürdig... Als ich die Auffahrt heraufkam, fiel mir auf, daß drei Taxis vor dem Hotel warteten. Aber das Taxi, in das Mrs. Pollifax stieg, war keines der drei. Es kam... Ich weiß nicht, woher es so plötzlich kam.«

»Wie sah es aus?«

Ruthie legte die Stirn nachdenklich in Falten. »Rot - denke ich... wie alle Taxis. Mit einem Taxischild auf dem Dach.«

»Saß außer dem Fahrer noch jemand in dem Wagen?«

Ruthie schloß einen Augenblick die Augen. »Doch!« rief Ruthie erstaunt über ihr eigenes Erinnerungsvermögen. »Jetzt, wo Sie es sagen! Da waren die Umrisse einer Gestalt im Fond des Wagens... Und Mrs. Pollifax' Kopf ruckte herum, als sie eingestiegen war - als ob sie soeben erst bemerkt hätte, daß das Taxi besetzt war... Sie machte sogar Anstalten, wieder auszusteigen, aber das Taxi fuhr los und verschwand mit ziemlich hoher Geschwindigkeit auf der anderen Seite der Auffahrt.«

Ruthie sah Robin mit großen Augen an. »Ihr wird doch nichts geschehen?!« fragte sie besorgt.

»Das ist eine Frage, die allein Mr. Hitchens beantworten kann«, erwiderte Robin. »Aber ich muß jetzt dringend nach oben und die nötigen Schritte in die Wege leiten. Tausend Dank, Ruthie; vielleicht hilft uns das weiter.«

Er eilte zu den Aufzügen und fuhr nach oben, um Marko die Hiobsbotschaft zu überbringen.

Um vier Uhr nachmittags war Kruggs Schicht zu Ende, und er fiel ins Bett, um ein paar Stunden zu schlafen.

Witkowski übernahm seinen Posten bis Mittemacht.

Ein Taxi, das um zehn Uhr früh in der Gegend der Causeway Bay als gestohlen gemeldet worden war, wurde um fünfzehn Uhr verlassen in der Hennessy Road aufgefunden. Doch vor allem - und dies war das Wichtigste - trafen im Laufe des Nachmittags erste Informationen zur Person des Mr. Charles Yuan Feng, Eigentümer der Firma Feng-Imports in der Dragon Alley 311/2, ein. Jede dieser Informationen war äußerst interessant.

Feng war für die Polizei von Hongkong kein Unbekannter. Wie aus den Unterlagen der Polizei hervorging, war er aus Shanghai, wo er in unbekannter Funktion in den Diensten des Generals Tschiang Kai-scheck gestanden hatte, in Begleitung seines Bruders Weng Feng nach Hongkong gekommen. Damals, in den 50er Jahren, hatte man den Verdacht gehegt, daß einer der beiden Brüder mit dem nationalchinesischen General Koi Suiheong in Verbindung stehe, der unter der chinesischen Bevölkerung Hongkongs seine Propaganda mit dem Ziel betrieb, die Rückkehr der Nationalchinesen auf das Festland vorzubereiten und Mao zu stürzen.

1967 war Weng Feng in Hongkong als nationalchinesischer Agent und Saboteur verhaftet worden, und die Polizei hatte in seiner Wohnung ein ganzes Waffenarsenal beschlagnahmt. In aller Stille war Weng 1968 nach Taiwan abgeschoben worden, wo er heute noch lebte.

Das Interesse der Polizei an Mr. Charles Yuan Feng hatte nachgelassen. Man war davon ausgegangen, daß Weng Feng das schwarze Schaf der Familie war, und betrachtete seither den Fall als abgeschlossen. Trotzdem war Mr. Fengs Name nicht aus der Kartei gelöscht worden.

Robin runzelte unbehaglich die Stirn. »Ist das nun von Bedeutung - oder nicht? In Hongkong wimmelt es von Nationalchinesen, der Nationalfeiertag im Oktober wird noch immer gefeiert, und es vergeht kaum ein Jahr, in dem nicht ein Komplott irgendwelcher Politamateure gegen Rotchina aufgedeckt wird.«

»Aber hier haben wir es sicher nicht mit einem Komplott von Amateuren zu tun«, stellte Marko fest. »Und nichts deutet auf einen Zusammenhang mit der Chinafrage hin.«

Robin nickte. »Das Ganze ist mir unbegreiflich. Übrigens findet in diesen Tagen wieder ein Treffen zwischen Großbritannien und Rotchina statt, wie in der Zeitung von heute nachzulesen ist, um über die Übergabebedingungen von Hongkong im Jahr 1997 zu verhandeln.« Er fuhr sich nachdenklich mit der Hand über das Kinn. »Die Kolonie wird an Rotchina abgetreten und nicht an Taiwan - wie ursprünglich vorgesehen... Insofern könnte ich mir durchaus vorstellen, daß die Absicht, Hongkong - das kapitalistische Zentrum Ostasiens - zu einer unbedeutenden Kommune eines kommunistischen Staates zu machen, manchen Leuten vor Wut das Blut in den Kopf steigen läßt.«

»Aber doch nicht Eric dem Roten und der >Befreiungsfront 8o<«, sagte Marko skeptisch.

Es gab keine Spur, die in diese Richtung verlief; mit Ausnahme einer interessanten, vielleicht aber bedeutungslosen Notiz in der Polizeiakte der Feng-Brüder, die die Verbindung mit nationalchinesischen Reaktionären möglich erscheinen ließ: Mr. Fengs Bruder, der als nationalchinesischer Agent ausgewiesen worden war, war mit einer Frau namens Xian Sutsung verheiratet gewesen, und auf der Liste, die sie in Mrs. Pollifax' Buddha entdeckt hatten, war unter anderen der Name Xian Pi gestanden.

>Ein Neffe vielleicht?< überlegte Robin, als er sich auf dem Weg nach unten befand, um im Restaurant eine Kleinigkeit zu essen. Doch dies allein bewies nichts - außer daß sich auch Chinesen terroristischen Vereinigungen anschließen konnten. Nichtsdestoweniger war es ein interessanter Aspekt. Für ihn persönlich waren seit der Vertreibung Tschiang Kaischecks vom chinesischen Festland und der Errichtung einer >proviso-rischen< Regierung in Taiwan Ewigkeiten vergangen. Tschiang Kaischeck war schon lange tot, und auch Mao war inzwischen gestorben... Doch andererseits wußte Robin sehr wohl, daß alte Konflikte und Feindseligkeiten weiter schwelen konnten und oft erst nach Generationen wieder ausbrachen. Die Geschichte war voll von Beispielen dafür. Friedensverträge und Grenzkorrekturen nach Kriegen, die ohne Rücksicht auf religiöse, ethnische und nationale Zugehörigkeiten zustande gekommen waren, bargen Zündstoff für neue Konflikte: Kurden gegen Türken, Sikhs gegen Hindus, Serben gegen Kroaten, Drusen gegen Christen... Und ganz sicherlich beharrte auch Taiwan noch Jahrzehnte nach der Vertreibung darauf, die einzige rechtmäßige Regierung Chinas zu sein.

Als Robin den Speisesaal betrat, warf er einen Blick auf seine Uhr; es war bereits kurz nach sechs. Jetzt erst fühlte er, wie sehr ihn die Ereignisse des Tages mitgenommen hatten. Auch mit dem besten Willen konnte er sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal etwas Warmes gegessen hatte, und er verstand nun, weshalb Marko darauf insistiert hatte, daß er für eine Stunde den Platz vor dem Funkgerät räume und etwas esse gehe. Er würde Marko später wieder ablösen... Robin entschied sich für einen Tisch in der Ecke des Restaurants, ließ sich mit dem Rücken zur Wand auf einen Stuhl sinken und wickelte das Besteck aus der Serviette.

Undeutlich registrierte er aus den Augenwinkeln eine Bewegung drei Tische weiter, die seine Aufmerksamkeit erweckte. Er sah auf und erkannte erst jetzt Ruthie und Mr. Hitchens, die ihm beide zuwinkten.

Ruthie beugte sich etwas vor und rief: »Sie sehen richtig erschöpft aus, und wir wollten Sie nicht weiter stören, aber hat man Mrs. Pollifax inzwischen gefunden?«

Glücklicherweise war der Speisesaal zu dieser Stunde nur spärlich besetzt, und nur wenige Gäste hatten diese unbesonnene Bemerkung gehört. Robin zwang sich zu einem höflichen Lächeln und schüttelte den Kopf.

Am Nebentisch blickte ein Mann von seinem Teller auf, sah von Robin zu Ruthie und wieder zurück und erhob sich dann. Er war auffallend groß gewachsen und trug einen etwas zerknitterten Anzug. Er hatte ein intelligentes Gesicht, müde, übernächtigte Augen und weißes Haar. Zu Robins Verwunderung steuerte der Mann direkt auf ihn zu, zog sich einen Stuhl heran und nahm Platz.

»Wenn ich micht nicht irre, habe ich soeben den Namen meiner Frau gehört«, sagte er und musterte Robin mit einem prüfenden Blick. »Ich bin erst vor zwei Stunden hier angekommen und suche vergebens nach meiner Frau... Emily Pollifax.«

»Herrjeh!« rief Robin, mit einem Schlag seiner Lethargie entrissen. »Sie sind Cyrus Reed, - und heute ist Donnerstag!«

»Sowohl als auch«, bestätigte der Mann und fügte nach einigem Zögern hinzu: »Soviel ich verstehe, ist Emily verschwunden und steckt wieder einmal bis zum Hals in Schwierigkeiten. Eine Unart von ihr... Ich habe zwar nicht die leiseste Idee, wer Sie sind, aber wie es aussieht, bin ich gerade zur rechten Zeit hier eingetroffen... Also - was gedenken Sie zu unternehmen, um meine Frau wiederzufinden?«

14

Mit der nicht gerade ermutigenden Situation konfrontiert, in einem Taxi mit Mr. Feng zu sitzen, kam Mrs. Pollifax zu dem Schluß, daß Vorsicht der ratsamere Teil der Tapferkeit sei. Sie versuchte, sich ihre Bestürzung nicht anmerken zu lassen und zwang ihre Lippen zu einem höflichen und erwartungsfrohen Lächeln - ganz so, als hätte Detwiler in seiner zuvorkommenden Art ihr ein Taxi geschickt, und Mr. Feng hätte sich freundlicherweise bereit gefunden, sie abzuholen. Tatsächlich fiel ihr auch gar nichts ein, das sie hätte sagen können; zumindest nichts, das sie nicht belastet oder gar verraten hätte - wie zum Beispiel die Frage, wie um alles in der Welt es ihm gelungen sei, Feng-Imports zu verlassen, ohne daß Robin und Marko es bemerkt hatten, oder die Frage, wo Mr. Detwiler sei.

»Ich bemühe mich stets, pünktlich zu sein«, plauderte sie drauflos und versuchte ihrer Panik Herr zu werden. »Es ist einfach ein Akt der Höflichkeit den anderen gegenüber -finden Sie nicht auch?«

Wie nicht anders zu erwarten, ignorierte Feng diesen meisterlichen Schachzug taktischer Konversation. Das Taxi verließ die Queen's Road Central und bog in eine enge Straße mit ausgeprägtem chinesischen Charakter ein. Es verringerte seine Fahrt, und Feng beugte sich zum Fahrer und deutete auf einen unscheinbaren Laden mit dem Schild >SCHNEIDER<. Direkt vor dem Eingang kam der Wagen zum Stehen.

Aus seinem weiten Ärmel zauberte Mr. Feng eine kleine Pistole; was Mrs. Pollifax mit einem vorwurfsvollen Blick quittierte. Ihr wäre es viel lieber gewesen, die Realität noch eine Weile ignorieren zu können, denn ihre Gedanken weigerten sich beharrlich einzugestehen, daß sie in eine Falle gegangen war... Sich auf eine solche Situation einzustellen, erfordert seine Zeit, dachte sie, doch die Waffe in Fengs Hand machte ihr unmißverständlich klar, daß sie diese Zeit nicht hatte.

»Steigen Sie aus - schnell!« sagte Feng ruhig. »Lassen Sie den Buddha auf dem Sitz liegen. Wir haben nur fünf Minuten und keine Sekunde länger.«

>Fünf Minuten - wofür?< dachte Mrs. Pollifax beklommen, und da sie keine Möglichkeit für eine Flucht sah, legte sie das Paket auf den Sitz. Während sie noch damit beschäftigt war, Fengs Absichten zu ergründen, wurde sie bereits durch die offene Tür der Schneiderei gestoßen. Der Laden war winzig. Ein Mann stand an einer dampfbetriebenen Bügelmaschine, und vier Frauen waren damit beschäftigt, Ärmel von Seidenjacketts anzunähen. Im Hintergrund des Raums erkannte Mrs. Pollifax zwei mit Vorhängen abgetrennte Umkleidekabinen. Keiner der Anwesenden schien überrascht, Mr. Feng und sie hier zu sehen. Ohne ein Wort oder den Anflug eines Lächelns erhob sich eine der Frauen von ihrer Nähmaschine und ging zu den Umkleidekabinen. Sie hatte ein mürrisches, hartes Gesicht, das Mrs. Pollifax ohne Regung und ohne das geringste Interesse anstarrte.

»Ziehen Sie sich aus«, sagte die Frau.

»Wie bitte?« fragte Mrs. Pollifax ungläubig.

»Schnell!« sagte die Frau. »Alles!«

Offensichtlich hatte man sie erwartet, und wie ihr der Druck von Fengs Pistole zwischen ihren Schulterblättern unmißverständlich klarmachte, war jeder Widerstand zwecklos. Mrs. Pollifax ging in die Kabine, zog sich aus und reichte Stück für Stück ihre Kleider nach draußen. Als sie damit fertig war, trat die Frau zu ihr in die Kabine und unterzog sie einer nicht geraden sanften Leibesvisitation.

>Das hier<, dachte Mrs. Pollifax düster, >geschieht Tag für Tag irgendwo auf unserer Erde - wahrscheinlich sogar jede Stunde... Und vielleicht ist es nur recht und billig, daß auch ich erfahre, wie man sich dabei fühlt... Es ist abscheulich und erniedrigend!< dachte sie und fühlte, wie der Zorn in ihr aufstieg.

Als alles vorüber war, wurden ihre Kleidungsstücke in die Kabine geworfen, und Mrs. Pollifax war keineswegs überrascht, daß der Sender in ihrem Rocksaum verschwunden war. Das also war der Grund gewesen, weshalb sie in dieser Schneiderei haltgemacht hatten. Während man sie zum Taxi zurückbrachte, dachte Mrs. Pollifax an Krugg, der in der Dragon Alley saß und noch immer vergebens auf ihre Ankunft wartete, und an Robin und Marko, die wahrscheinlich gespannt dem Summen des Ackameters lauschten, der seine Signale nun aus einer Schneiderei sendete.

Hierin allerdings irrte sich Mrs. Pollifax, wie sie selbst feststellen mußte, als das Taxi in der Nähe des Man Mo Tempels anhielt und Mr. Feng dem Fahrer das winzige elektronische Gerät in die Hand drückte. Der Mann, den er Carl genannt hatte, stieg aus, und Mrs. Pollifax mußte mit ansehen, wie er den Ackameter am Eingang des Tempels fallen ließ. >Mein Gott!<, dachte sie. >Sie haben an alles gedacht - an allesl<

Dies war der Augenblick, als Mrs. Pollifax die nackte Realität ihrer Situation in ihrer ganzen Tragweite bewußt wurde, und der Gedanke an die entsetzlichen Konsequenzen jagte ihr eiskalte Schauer über den Rücken. Sie war in die Falle getappt; allerdings nicht in die Falle mit Schlupflöchern, die sie in Feng-Imports erwartet hatte -mit Sheng Ti und Lotus im selben Raum und Krugg und Upshot in Rufweite... Sie befand sich in den Händen von Terroristen, und jede Hilfe in Gestalt von Robin, Marko, Carstairs oder der Polizei war ihr verwehrt. Sie war gänzlich auf sich alleine gestellt und hatte weder eine Ahnung, wo die Reise hinführen sollte, noch ob es für sie eine Rückfahrkarte gab. Ihre Chancen standen derart schlecht, mußte sie zugeben, daß wohl keine Versicherungsgesellschaft bereit gewesen wäre, eine Lebensversicherung mit ihr abzuschließen.

Und Cyrus war unterwegs nach Hongkong... Doch sie durfte jetzt nicht an Cyrus denken, denn wenn man sie unter Druck setzte, würde sie all ihre Kraft brauchen, nichts zu verraten. Der Gedanke an Cyrus würde ihre Konzentration nur stören, denn er verkörperte all die schönen, angenehmen Seiten des Lebens, die sie so sehr liebte und die jetzt nicht enden durften! Sie mußte zum Beispiel um jeden Preis verhindern, daß Mr. Feng und seine Freunde erfuhren, daß Interpol in die Sache verwickelt war, daß man Eric den Roten in Hongkong gesehen und ihn erkannt hatte, und vor allem, daß Funkortungswagen der Polizei durch die Stadt kreuzten, um das Funkgerät der Terroristen anzupeilen.

>Ich muß klaren Kopf behalten! <, dachte sie. >Ich muß unbedingt klaren Kopf behalten!<

Sie kurvten durch enge, überfüllte Straßen und waren oft gezwungen anzuhalten, weil ihnen dichte Schwärme von Fußgängern, Straßenverkäufer und Lastenträger den Weg versperrten. Zunächst hatte sie - als das Taxi in das Labyrinth der engen Gäßchen getaucht war - angenommen, sie seien irgendwo in der Nähe der Dragon Alley, doch dies hier war ein sehr viel älterer Bezirk Hongkongs, in dem ausschließlich Chinesen lebten - und ganz bestimmt nicht wenige...

Carl bog erneut nach rechts und steuerte das Taxi in ein Gässchen, das kaum breit genug für einen Personenwagen war. Er hielt an und griff nach hinten, um Mr. Fengs Tür zu öffnen. Ohne die Waffe aus der Hand zu nehmen, ging Feng um den Wagen herum und öffnete die andere Tür für Mrs. Pollifax. Einen Augenblick sah sie ihm direkt in das Gesicht, in ein Gesicht wie zerknittertes Pergament, und in seine sanften, geheimnisvollen, etwas zu eng stehenden Augen, und sie dachte: >]ung' Cassius sieht hager und hungrig drein; er grübelt zu viel... doch worüber? Welche Leidenschaft verbirgt sich hinter diesen unergründlichen Augen und treibt ihn zu dieser Tat?<

Sie stieg aus dem Wagen und stand vor einer verwitterten, ehemals wohl blau gestrichenen Tür. Das Taxi fuhr rückwärts aus dem Gäßchen, und Mr. Feng stieß die Tür vor ihr auf. Während sie sich in Bewegung setzte, schätzte sie die Entfernung und ihre Chancen, einen erfolgreichen Schlag zu führen, doch Feng war zu clever und peinlich darauf bedacht, außerhalb ihrer Reichweite zu bleiben. Vor die Wahl gestellt zwischen den ausgetretenen Stufen vor ihr und Fengs Pistole in ihrem Rücken, begann Mrs. Pollifax die dunkle, schmale und altersschwache Stiege zu erklimmen. Sie schien kein Ende nehmen zu wollen. Hinter den niedrigen Türen, die sie auf den drei winzigen Treppenabsätzen passierte, war kein Laut zu hören. Als sie das oberste Stockwerk erreicht hatte, sprang eine der Türen auf, und grelles Licht flutete über die staubigen Bohlen des Flurs. Mrs. Pollifax blieb abrupt stehen und blinzelte erschreckt in das Licht.

»Übernimm sie«, sagte Feng zu dem Mann, der im Türrahmen auftauchte, und schlurfte die Treppe wieder hinab.

Mrs. Pollifax musterte den Mann in der Tür mit zusammengekniffenen Augen und kam zu dem Schluß, daß sie dieses Gesicht nicht mochte; besonders seine groben und auffallend nordischen Züge mißfielen ihr. Er war blond, glattrasiert und braungebrannt, und sie fand, in seinen Jeans, T-Shirt und Sandalen sah er wie ein x-beliebiger HongkongTourist aus; nur die Pistole, die er auf sie richtete, paßte nicht in dieses Bild; ebensowenig wie der Blick aus seinen eiskalten blauen Augen. Sie wurde durch die Tür gezogen. Der Raum, in dem sie plötzlich stand, war voller Leute und vollgestopft mit irgendwelchen Dingen, überflutet vom grellen Neonlicht der Deckenbeleuchtung. Das Bild, das sich ihr bot, war schlichtweg chaotisch: Die Fenster waren mit vergilbtem Zeitungspapier abgedeckt, überall lagen Schlafsäcke ausgebreitet, und dazwischen sah sie zahllose aufeinandergetürmte Kabelrollen. An einer Wand waren unzählige Flaschen und Krüge, eine Blechtonne, ein Holzfaß und mehrere Holzkisten aufgereiht. In der hinteren Ecke des Raums entdeckte Mrs. Pollifax zwei Männer, die mit einem Schweißbrenner arbeiteten. Mit ihren Schutzbrillen sahen sie wie Marsmenschen aus. Ein blauer Funkenregen stob bis an die Decke. Drei andere Männer rührten in einer Blechtonne herum, offenbar damit beschäftigt, irgendein Gebräu zu mischen. Daneben saßen zwei Männer über einen Apparat gebeugt, der aussah wie ein Funkgerät, und diskutierten heftig, wobei sie immer wieder auf die Skalen und Armaturen deuteten. In dem Raum herrschte eine erstickende Hitze, und Mrs. Pollifax' Nase kräuselte sich beleidigt, denn der Gestank von heißem Fett, verfaulendem Abfall, Schweiß und ein alles durchdringender, heißender Geruch, von dem sie hoffte, daß es nicht Benzin sei, war schier unerträglich.

Die Pistole trieb sie auf die Wand links von ihr zu. Sie stolperte um die Ecke eines Stapels aus Holzkisten und blieb wie angewurzelt stehen. Mit einer Mischung aus Bestürzung und Erleichterung stellte sie fest, daß sie nicht allein sein würde. Zwei andere Gäste waren bereits vor ihr in dieses gastliche Haus gebeten worden. Sie hockten mit gefesselten Handgelenken auf dem Boden:

Es waren Detwiler und ein junger Mann, dessen Gesicht sie aus der Zeitung kannte - Alec Wi.

Detwiler hob den Kopf und brachte ein mattes Lächeln zustande, halb entschuldigend, halb resigniert.

»Guten Morgen - oder vielmehr guten Tag«, sagte sie höflich, und während ihre Handgelenke ebenfalls mit Stricken zusammengebunden wurden - so fest, daß ihr Tränen in die Augen stiegen -, ließ sie keinen Blick von Alec Wi.

Als der Blonde sein Werk vollendet hatte, wirbelte er sie herum und stieß sie zu Boden. Sie fiel zwischen Alec Wi und Detwiler, und der Stoß war so heftig gewesen, daß sie mit dem Kopf gegen die Wand schlug. Mit einem verächtlichen Grinsen wandte sich der Mann ab und ging wieder in den anderen Teil des Raums zurück. Über den Rand der Kisten hinweg verfolgte ihn Mrs. Pollifax mit ihrem Blick, bis er nicht mehr zu sehen war.

Detwiler wandte den Kopf und sah sie an. Sie schwieg; ihr Kopf schmerzte, und sie hatte den unwiderstehlichen Wunsch, nach ihrer Beule zu tasten - doch das war natürlich nicht möglich. Jetzt erst fiel ihr auf, daß Tränen in Detwilers Augen standen. »Es tut mir leid«, sagte sie leise.

»Ich wüßte nicht weshalb«, erwiderte er und versuchte die Fassung zu wahren. »Schließlich war ich es, der... Sie angerufen hat. Es war...« Seine Stimme versagte. »Haben Sie den Buddha mitgebracht? Hat Feng ihn?«

»Einen Buddha - ja.«

Er stöhnte. »Jetzt haben sie den Buddha, jetzt bringen sie mich um. Sie konnten ja nicht wissen... wie denn auch... aber der Buddha hat ein Geheimfach... mit Plänen und Aufzeichnungen drin. Alles, was ich wußte, und... und... «

Der Schmerz in Mrs. Pollifax' Hinterkopf ließ allmählich nach, und mit scheinbar gleichgültiger Stimme fragte sie: »Weshalb haben Sie mir eigentlich diesen Buddha mit Geheimfach und Aufzeichnungen darin gegeben, Mr. Detwiler?«

Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte... ich wollte... Im richtigen Augenblick wollte ich Sie anrufen... verstehen Sie? In Ihrem Hotel anrufen und Ihnen alles sagen. Ihnen sagen, was ich in dem Geheimfach versteckt habe. Ich dachte...« Er schniefte heftig, und erneut traten ihm Tränen in die Augen. Vergeblich versuchte er, sich mit den gefesselten Händen über das Gesicht zu fahren.

Mit müder Stimme sagte Alec Wi neben ihm: »Er hat Entzugserscheinungen. Gestern nacht haben sie ihn bis obenhin abgefüllt, um ihn ruhigzustellen, denn er hat wie am Spieß geschrien... Das ist jetzt allerdings scholl ziemlich lange her. Er braucht einen Schuß.«

Sie hatte also recht gehabt mit ihrer Vermutung, Detwiler sei drogensüchtig. In dem Zustand, in dem er sich befand, war er absolut keine Hilfe. Und plötzlich begriff sie, daß sie ihm dadurch, daß sie die Notizen aus dem Buddha genommen hatte, einen großen Dienst erwiesen und sich selbst in eine äußerst prekäre Situation gebracht hatte. Sobald man entdeckte, daß die Aufzeichnungen aus dem Buddha verschwunden waren, würde sich die Aufmerksamkeit der Terroristen nicht mehr auf Detwi-ler, sondern ganz auf sie konzentrieren. Sie seufzte tief und bitter angesichts dieses wohl gröbsten und lebensgefährlichsten Fehlers, den sie je gemacht hatte. Wie konnte sie nur so naiv sein anzunehmen, man würde sie zu Feng-Imports bringen! Weshalb hatten Robin, Marko und sie selbst nicht einfach Detwilers Notizen kopiert und sie dann wieder in das Geheimfach gesteckt? Jeder wäre dann davon ausgegangen, sie sei eine unbeteiligte Touristin, doch mit ihrem scheinbar so cleveren Manöver, den Buddha zu vertauschen, hatte sie das Augenmerk Fengs auf sich gelenkt; nun würde man sie unter Druck setzen und versuchen, alles aus ihr herauszupressen. Ihre Aussichten waren alles andere als erfreuliche; vor allem dann, wenn die Terroristen sie verhören würden...

»Als wir uns kennenlernten, wußten Sie, wer ich bin?« wandte sie sich an Detwiler. »Und weshalb ich gekommen war?«

Detwiler nickte bekümmert.

»Weiß es auch Mr. Feng?«

»Wahrscheinlich«, schluchzte er, »...ich weiß es nicht... ich weiß nicht, was ich ihm alles gesagt habe. Er begann... ich glaube, er sagte, er begann damit, mir kleine Mengen Drogen ins Essen zu mischen... ins Mittagessen, im Laden... vor einigen Monaten bereits. Und dann... nach einer Weile wußte ich überhaupt nicht mehr, was los war. Es war alles so verschwommen. Und dann sagte er mir... er sagte mir...« Er schlug seine gefesselten Hände vor das Gesicht und weinte. »Er sagte mir, daß ich ein Teil seines Plans sei... das war an dem Tag, als er die Nadeln hervorholte und mir erklärte, daß ich nicht mehr nach Hause könne.« Er zog die Beine fest an den Körper und vergrub das Gesicht zwischen den Knien. Er versuchte sein Schluchzen und Zittern zu unterdrücken, doch seine Schultern zuckten heftig unter dem Weinkrampf, der ihn schüttelte.

Während Mrs. Pollifax das verzweifelte Häufchen Mensch betrachtete, versuchte sie sich jenen sanften und souveränen Mr. Detwiler in Erinnerung zu rufen, den sie am Montag, vor nicht mehr als vier Tagen, kennengelernt hatte; jenen Detwiler, der es gewagt hatte, gegen Feng aufzubegehren und ihr den Buddha gegeben hatte. Wochenlang muß er zwischen der Persönlichkeit, die er einmal gewesen war und seinem jetzigen desolaten Zustand hin und her getaumelt sein - überlegte Mrs. Pollifax -, stets von Feng und dessen Drogen abhängig. Heute trug er keinen schwarzen Seidenanzug und keine goldenen Manschettenknöpfe. Die Sandalen, in denen seine Füße steckten, waren zerissen, und die Hose und das Baumwollhemd, das er trug, zerknittert. Sie mußte an sein vornehmes Haus denken, an die eleganten Dinnerpartys, von denen Mrs. O'Malley gesprochen hatte, und sie fühlte, wie Mitleid in ihr aufstieg; Mitleid für dieses Wrack neben ihr, das von Detwiler übriggeblieben war.

Alec Wi warf ihr einen düsteren, anklagenden Blick zu. »Wer sind Sie eigentlich?« fragte er. »Ich habe Sie gehört und ich habe ihn gehört...«

Erleichtert wandte Mrs. Pollifax ihren Blick von Detwiler. »Ich heiße Emily Pollifax, und ich nehme an, Sie sind Alec Wi?«

Verblüfft richtete er sich etwas auf. »Aber woher...?«

»Ich habe Ihr Bild in der Zeitung gesehen. Mr. Hitchens macht sich große Sorgen um Sie.«

»Hitchens? Sie kennen ihn? Hat man ihn auch entführt? Hat er meinen Vater gefunden?« Seine Stimme wurde lebhafter, doch in seinen Augen lag noch Mißtrauen.

Die linke Seite seines Gesichts war blutunterlaufen, seine Lippen geschwollen, und man hatte ihm einen Schneidezahn ausgeschlagen. Doch er war jung und ein zäher Bursche und erinnerte Mrs. Pollifax an einen CollegeStudenten der Boxstaffel, der eine Runde zu lang im Ring gestanden hatte. Sie fühlte den Zorn in Alec Wi; die Art von Zorn, zu der Detwiler nicht mehr fähig war. Dieser Zorn war es, der ihn aurrecht hielt, und Mrs. Pollifax war sich sicher, daß er die Wahrheit vertragen konnte. »Ihr Vater ist tot, Alec«, sagte sie behutsam.

Er zuckte zusammen und sog stockend die Luft ein. Dann schluckte er mühsam und nickte. »Ich fürchte, ich bin nicht einmal überrascht - jetzt nicht mehr. Ich glaube, ich habe schon vor drei Tagen die Hoffnung verloren. Eigentlich überrascht mich am meisten, daß ich selbst noch am Leben bin - nach diesen drei Tagen hier.,« Seine Stimme zitterte. »Haben sie... mußte er viel leiden?«

»Nein, sicher nicht«, sagte sie leise. »Auf seinem Gesicht lag... Überraschung. Die Kugel traf ihn in die Schläfe.« Sie beugte sich vor und flüsterte: »Es sollte wie Selbstmord aussehen. Ein Abschiedsbrief in seiner Handschrift und die Tatwaffe befanden sich in seiner Hand, aber ich habe beides verschwinden lassen.«

»Sie haben ihn gesehen?« fragte er verwirrt.

Sie nickte. »Zusammen mit Mr. Hitchens - am nächsten Morgen in der Hütte, in der Sie entführt wurden. Mr. Hitchens und ich kamen mit derselben Maschine nach Hongkong«, erklärte sie, »und wir frühstückten zusammen. Als er in jener Nacht von der Hütte zurückkam, war er übel zugerichtet und suchte in meinem Zimmer Hilfe.«

»Dann sind Sie... ein Freund«, sagte er überrascht. »Nicht daß dies etwas ändern würde, aber... «

»Ich weiß.«

»Er war auch ein Freund«, sagte Alec bitter und nickte mit dem Kopf in Richtung Detwilers. »Er und mein Vater waren sogar sehr gute Freunde, aber Mr. Feng und diese Leute haben ihn fertiggemacht. Sie dürfen ihm nicht vertrauen, hören Sie!«

»Niemand sollte ihm vertrauen - in der Verfassung, in der er sich befindet«, ergänzte sie. »Trotzdem hat er versucht zu retten, was zu retten war... Und ich bin sicher, das war nicht ungefährlich.«

»Sicherlich nicht«, nickte er. »Sie kennen ihn?«

»Wir... eh... haben gemeinsame Freunde«, erwiderte sie. »Dies ist auch der Grund, weshalb ich ihn am Montag besucht habe - gleich nachdem ich in Hongkong angekommen war. Aber Sie...« Mit der Andeutung eines Lächelns wechselte sie das Thema. »Diese Kerle sind mit Ihnen ziemlich übel umgesprungen?«

»Kann man wohl sagen«, bestätigte er mit einem mißglückten Lächeln. »Aber mir geht es schon wieder ganz gut. Sie haben vor, ganz Hongkong zu übernehmen - wußten Sie das? Zuerst mußte ich lachen, als ich das hörte, doch das Lachen ist mir inzwischen vergangen.«

Er nickte mit dem Kopf in Richtung der Aktivitäten jenseits der Holzkisten. »Wissen Sie, was die da drüben zusammenrühren?«

Sie schüttelte verneinend den Kopf.

»Pottasche und Diesel! Beides ist überall problemlos aufzutreiben. Sie machen Bomben daraus. Gestern nacht haben sie an verschiedenen Orten der Stadt Bomben deponiert, in die - soviel ich hören konnte - Langzeitzünder eingebaut sind, die zu verschiedenen Zeiten, irgendwann in den nächsten zwei, drei Tagen hochgehen. Alles was sie in die Stadt schaffen, lassen sie durch diese zwei Fenster dort drüben hinab - zu einem Lieferwagen, den sie während des Tages irgendwo verstecken. Die Fenster sind so gebaut, daß sie mit einem Griff herauszunehmen sind. Ich habe allmählich den Verdacht, daß es Terroristen sind - oder?« Mrs. Pollifax nickte. »Die >Befreiungsfront 8o<.

»Was?!« rief er entsetzt. »Das war also die Spur, auf die mein Vater gestoßen ist! 0 Gott! Kein Wunder, daß...« . Er stockte. »Nun verstehe ich!«

»Und Mr. Feng ist der Kopf des Ganzen - wie es scheint.« '

Alec blinzelte verblüfft. »Dieser alte Mann, der hier herumgeistert? Ein- oder zweimal habe ich zwar gesehen, wie er Geld verteilt hat, aber was kann die >Befreiungsfront 8o< schon von ihm wollen?«

Auf diese Frage wußte auch Mrs. Pollifax keine Antwort, und sie wandte sich wieder Detwiler zu. Mit ihren gefesselten Händen berührte sie ihn am Arm und rüttelte ihn leicht. »Mr. Detwiler«, flüsterte sie. »Hören Sie mich?«

Er hob den Kopf. Sein Blick war glasig, und seine Lippen zitterten.

»Was hat Mr. Feng vor?« fragte sie. Einen Augenblick lang schien es, als würde Detwiler gar nicht wahrnehmen, daß jemand zu ihm sprach, doch dann straffte er sich - offenbar unter Schmerzen - und bewegte mühsam die Lippen: »Er hat jahrelang geschuftet, hat er mir erzählt... Sklaverei... Er ist ein F... ein Fanatiker... ein verbohrter Fanatiker. Ein selbstmörderischer Kamikaze!« Detwiler hob seine gefesselten Hände über den Kopf und deutete eine große Explosion an. »Bumm...!« machte er. »Weil die Regierung in Peking nicht die... die rechtmäßige ist. Sondern Taiwan. Nationalisten!«

Verblüfft starrte sie ihn an. Dann sagte sie: »Wie dumm und grausam.« Sie wandte sich wieder Alec zu. »Haben Sie eine Ahnung, wann genau diese Leute die Macht in Hongkong übernehmen wollen?«

»Morgen früh!« antwortete Alec. »Morgen früh um Sieben -das habe ich genau gehört.«

Wie von einem Schlag getroffen, zuckte Mrs. Pollifax zusammen. »Morgen?!« flüsterte sie fassungslos. »Morgen früh... Sie meinen, am Freitag?«

Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht einmal, was heute für ein Tag ist.«

»Donnerstag«, sagte sie mechanisch.

»Okay, dann am Freitag - oder was immer morgen für ein Tag ist.«

»Aber dann haben wir ja überhaupt keine Zeit mehr!« rief sie.

»Wofür?« fragte Alec überrascht.

»Sie aufzuhalten! Und hier rauszukommen.«

Ungläubig starrte er sie an. »Sie aufhalten? Sind Sie verrückt? Was können wir schon tun! Sehen Sie uns doch an. Und sehen Sie die da drüben an!«

Mrs. Pollifax beherzigte seinen Rat. Sie reckte den Hals und spähte vorsichtig um die Ecke der aufgestapelten Kisten. Sie konnte eine Reihe von Radioröhren - oder etwas in dieser Art -erkennen, die knackende atmosphärische Geräusche von sich gaben. Von den Röhren hing ein Gewirr von Drähten herab und verschwand in einem schwarzen Gehäuse, das Robins Funkgerät im Hotel nicht unähnlich war. Einer der beiden Männer, die mit dem Schweißgerät hantierten, erhob sich und kam zu dem schwarzen Gehäuse herüber, das keine drei Meter von Mrs. Pollifax entfernt stand. Er nahm seine Schutzbrille ab, und Mrs. Pollifax erkannte ihn: es war Eric der Rote. Sie beobachtete, wie er einen Schalter umlegte, sich Kopfhörer überstreifte und angespannt lauschte. Unvermittelt drehte er sich um und starrte Mrs. Pollifax an.

Seine kalten, ausdruckslosen Augen versprachen nichts Gutes.

Mit einer ruckartigen Bewegung nahm er die Kopfhörer ab, knipste den Schalter aus und steuerte direkt auf Mrs. Pollifax zu. Dicht vor ihr blieb er stehen und starrte auf sie herab. Dann schlug er ihr mit der flachen Hand ins Gesicht. »Es war der falsche Buddha«, zischte er in gebrochenem Englisch, »Nicht der, den Sie von Detwiler bekommen haben.«

Mrs. Pollifax fühlte, wie Detwiler sich neben ihr bewegte. Offenbar waren die Worte Eric des Roten bis in sein umnebeltes Gehirn gedrungen. Er hob den Kopf und starrte sie voller Erstaunen an. In seinen Augen glomm Hoffnung auf.

Eric der Rote beugte sich herab, packte Mrs. Pollifax an der Bluse und zerrte sie hoch. »Wir werden ja sehen, was Sie wissen und was Sie mit den Aufzeichnungen, die im Buddha versteckt waren, gemacht haben.«

>Jetzt ist es soweit<, dachte Mrs. Pollifax düster und betete inständig darum, nicht schwach zu werden, während Eric der Rote sie aus dem Zimmer zerrte.

15

Die Zeiger der Uhr standen auf neunzehn Uhr dreißig, als Marko und Robin ihre Schilderung der bisherigen Ereignisse und der wenigen Anhaltspunkte und Informationen, die sie in Händen hatten, beendeten. Sie hatten sich in die Suite zurückgezogen und um das stumme Funkgerät gruppiert. Inmitten der ausgebreiteten Karten und leeren Kaffeetassen war Cyrus in ein düsteres Schweigen versunken. Robin war keineswegs entgangen, daß er im Laufe ihres Berichts kreidebleich geworden war, doch er hatte sich schnell wieder gefangen und zur Ruhe gezwungen. Umsichtig und souverän - als säße er noch immer auf seiner Richterbank - hatte er die geschilderten Fakten abgewogen und geprüft. Robin stellte fest, daß Marko nicht minder beeindruckt war als er selbst: Cyrus bewältigte die Situation glänzend. Erbehielt klaren Kopf und würde sich unter Umständen noch als ein Fels in der Brandung erweisen - und zwar als ein mächtiger Fels, dachte Robin, denn er hatte sehr schnell erkannt, daß an Cyrus' mächtiger Gestalt von einsneunzig kein Gramm Fett war und daß sich hinter seiner scheinbaren Trägheit mit seiner sparsamen Art zu sprechen ein schneller und scharfer Verstand verbarg.

»Wie Sie sehen, ist unsere Situation alles andere als rosig«, gab Robin zerknirscht zu. »Die Machtübernahme in der Kolonie scheint seit längerer Zeit bis ins kleinste Detail geplant und hat inzwischen eine Eigendynamik entwickelt, die uns in eine ähnliche Situation versetzt wie die Maus, die gelähmt vor Entsetzen und unfähig zu handeln die Schlange anstarrt. Wir können nur feststellen, daß Mrs. Pollifax seit elf Uhr heute morgen spurlos verschwunden ist, und wir nehmen an, daß Mr. Feng in dem Taxi saß, mit dem sie wegruhr. Feng betrat den Laden wieder gegen zwölf Uhr fünfzehn. Und hier haben Sie ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr wir im dunkeln tappen: trotz Überwachung seines Ladens rund um die Uhr haben wir nicht gemerkt, daß er durch unser Netz geschlüpft ist.«

»Nachdem Feng in den Laden zurückgekehrt war«, warf Marko dazwischen, »hat der Funkortungswagen ein einminütiges Hochleistungssignal aus der Gegend der Dragon Alley aufgefangen; doch leider war die Sendezeit zu kurz, um den genauen Standort zu ermitteln. Wir nehmen an, daß der Funkspruch aus Feng-Imports kam. Von Detwiler fehlt nach wie vor jede Spur...«

Cyrus nickte. »Und Sie konnten nicht feststellen, auf welchem Weg dieser Mr. Feng den Laden unbemerkt verlassen hat? Hat er Verdacht geschöpft, er könnte beobachtet werden?«

Robin zögerte. »Wir sind ziemlich sicher, daß er unsere Leute nicht bemerkt hat«, erwiderte er schließlich.

»Zumindest nehmen wir an, er würde sich ganz anders verhalten, wenn er etwas in dieser Richtung vermuten würde. Als er uns das erste Mal entwischte, war es tiefste Nacht, und da es in der Dragon Alley praktisch keine Straßenbeleuchtung gibt, ist es durchaus möglich, daß er einfach Glück hatte. Heute morgen allerdings ist er uns ganz offensichtlich erneut durch die Maschen geschlüpft - und zwar bei hellichtem Tag. Damit können wir unsere beruhigende Theorie von Glück und Zufall in den Kamin schreiben. Marko vermutet, er benutzt ein oder zwei Nachbargebäude, um unbemerkt zu verschwinden -möglicherweise ein für die Terroristen konzipierter Fluchtweg, dessen er sich hin und wieder selbst bedient. Marko hat bereits eine Anfrage durchgegeben, wem das Gebäude neben Feng-Imports gehört. Sie müssen wissen, wir arbeiten inzwischen mit einer sorgsam ausgewählten Gruppe des Hongkonger Sonderdezernats zusammen, aber... «

»Wie viele Leute?« warf Cyrus dazwischen.

»Sieben«, sagte Marko. »Sieben plus Duncan, der Einsatzleiter.«

»...aber in Hongkong einen Hausbesitzer ausfindig zu machen, ist ein schwieriges Unterfangen«, fuhr Robin fort. »Und was unsere zugegebenermaßen recht kleine Gruppe von sieben Männern anbelangt, so dürfen Sie nicht vergessen, daß wir überaus vorsichtig sein müssen, wem wir trauen können. Wir dürfen da absolut kein Risiko eingehen! Aus demselben Grund haben wir auch die Presse nicht informiert. Vielleicht wäre das sogar eine Chance, Hongkong zu retten - und wer wollte das nicht -, aber wir können es uns einfach nicht leisten, die Mitglieder der >Befreiungsfront 8o< entkommen zu lassen. Sie würden sofort untertauchen und sicherlich Mittel und Wege finden, aus Südostasien zu verschwinden; nur um ein halbes Jahr später in einer anderen Ecke der Welt wieder aufzutauchen und das gleiche Spiel von vorne zu beginnen. Als Mitglieder einer internationalen Polizeibehörde... « Er schüttelte den Kopf. »Ich bin sicher, Sie verstehen, welche Verantwortung dies bedeutet. Wir wollen mehr, als Mrs. Pollifax aus den Händen der Terroristen befreien; wir wollen dan Anschlag verhindern und jedes einzelne verdammte Mitglied der Gruppe kriegen und für immer aus dem Verkehr ziehen.«

»Glauben Sie, die haben eine Ahnung, daß Interpol die Hände im Spiel hat?« fragte Cyrus.

»Wenn Mrs. Pollifax mit ihrer Einschätzung der Situation richtig lag, dann waren sie völlig ahnungslos«, antwortete Marko, »bis Detwiler die Geschichte mit dem Buddha und dem Geheimfach ausplauderte. Daraufhin haben sie vermutlich angenommen, daß Mrs. Pollifax in... eh... in irgendeiner Weise mit Detwilers nachrichtendienstlicher Tätigkeit zu tun hat; obwohl Feng dies bereits von Anfang an vermutet haben könnte.«

»Was nun also?« fragte Cyrus mit ruhiger Stimme.

Mit einer Geste der Hilflosigkeit breitete Marko die Arme aus. »Wir wissen es nicht.«

»Mit anderen Worten: Emily soll zusehen, wie sie sich allein aus diesem Schlamassel befreit?«

Mit einemmal erschien es Robin sehr viel angenehmer, Cyrus' Blick zu vermeiden und zu Boden zu sehen.

»Na schön. Ich denke, ich weiß nun, wie die Dinge stehen«, sagte Cyrus mit emotionsloser Stimme. »Jetzt würde ich gerne hören, was Sie vorhaben... Sie haben doch einen Plan?« fragte er vorsichtig und ließ forschend die Augenbrauen nach oben wandern. »Lassen Sie Feng- Imports noch immer beobachten?«

Marko nickte. »Sicherlich. Jetzt, nachdem Feng - wie sagt man so schön - die Katze aus dem Sack gelassen hat, auf jeden Fall. Außerdem hat der Gouverneur auf unsere offizielle Bitte hin eine Durchsuchung aller Häuser durch die Polizei angeordnet. Gesucht werden zwei vermißte englische Touristen, die zuletzt«, er deutete mit dem Finger auf den Stadtplan, »hier in dieser Gegend gesehen wurden. Das ist das Viertel, in dem Mr. Hitchens ungewöhnliche Aktivitäten - oder beunruhigende Schwingungen, wie er es nannte - ausgemacht hat.«

»Dieser lächerliche Vorwand mit den beiden vermißten Touristen ist ein weiterer Beweis unserer Ohnmacht«, warf Robin ein. »Doch wir dürfen einfach nicht das Risiko eingehen, daß Detwiler oder Feng zugetragen wird, daß Interpol in den Fall verwickelt ist.«

»Sobald sie Emilys Buddha untersuchen, werden sie ohnehin wissen, daß etwas im Busch ist - nicht?« Stellte Cyrus klar.

Das betretene Schweigen, das auf diese Bemerkung folgte, bewies, daß Robin und Marko Cyrus' Ansicht voll und ganz teilten.

»Sie müssen verstehen, es handelt sich um meine Frau, die entführt wurde«, fuhr Cyrus fort, »und ich habe den Eindruck, es ist nicht genug, was Sie zu ihrer Befreiung unternehmen. Sie schwanken wie Schilf im Wind, und Ihre Unentschlossenheit läßt Sie auf der Stelle treten. Was jetzt not tut, ist Tatkraft und Entschlossenheit - verdammt noch mal!«

»Sie haben ja nur allzu recht«, gab Robin zu.

Cyrus nickte. »Warum, zum Henker, fordern Sie dann nicht die Armee an - wenn Sie der Polizei nicht vertrauen können?! Schließlich haben die Briten doch Soldaten in Hongkong stationiert, oder? Weshalb fordern Sie nicht einen Zug oder einen Trupp an - wie auch immer die Briten eine Abteilung nennen? Versuchen Sie's! Immerhin ist es sehr unwahrscheinlich, daß auch sie bestochen wurden.«

Robin stieß einen Pfiff aus. »Wenn das machbar wäre!« rief er hoffnungsvoll, um dann sogleich einzuschränken: »Doch das wird Mrs. Pollifax wohl kaum helfen...«

»Was ihr helfen wird, können Sie im Augenblick schwerlich beurteilen - nicht wahr?« schnitt ihm Cyrus das Wort ab. »Im übrigen ist Emily nicht so leicht unterzukriegen. Sie wird alles tun, was in ihren Kräften steht... Dies ist nicht das erste Mal, daß sie in einer bedrohlichen Klemme steckt. Wenn wir ein bißchen Glück haben, finden wir sie. Mit Hilfe dieses Funkortungswagens vielleicht oder wenn die Polizisten zufällig an die richtige Tür klopfen. Doch darauf verlassen können wir uns natürlich nicht. Unsere größte Chance wäre, wenn sie sie als Geisel behielten.«

>Wenn das ihre größte Chance ist<, dachte Robin bedrückt, >dann sieht es wirklich nicht gut für Mrs. Pollifax aus -schließlich ist es ja denkbar, daß sie mehrere Tage oder für eine ganze Woche die Gefangene der Terroristen sein wird - und wer weiß schon, was ihr in dieser Zeit alles zustoßen kann. ..<

»Ich für meine Person habe den Eindruck, daß ich mich entschuldigen muß«, sagte Marko. »In den letzten Stunden saßen Robin und ich wie gelähmt hier mm und haben nicht mehr zustande gebracht, als uns für diese Schlappe gegenseitig zu bedauern... Anscheinend mußte jemand wie Sie kommen, der die Dinge wieder ins richtige Verhältnis rückt und die Initiative ergreift. Robin, du solltest sofort Seine Exzellenz anrufen und ihn um die Soldaten bitten.«

»Okay«, nickte Robin und sprang auf. Mit langen Schritten eilte er ins Nebenzimmer.

Als er eine halbe Stunde später zurückkehrte, war Marko soeben dabei, Cyrus Mr. Hitchens und Ruthie vorzustellen. »Wir konnten es einfach nicht mehr aushalten, alleine und untätig herumzusitzen«, erklärte Mr. Hitchens Cyrus ihren Besuch. »Nicht, solange Ihre Frau in Gefahr ist, und wir dachten, wir sehen mal vorbei, um zu erfahren, ob es etwas Neues gibt.«

Marko wandte sich an Robin. »Genau das ist es, was ich von Robin hören möchte. Hast du den Gouverneur erreicht?«

Robin verzog das Gesicht. »Das schon, aber es hat Ewigkeiten gedauert, ihn an den Apparat zu bekommen. Er ist auf einer Dinnerparty, und die Verbindung war furchtbar. Aber ich denke, er hat trotz des Geschnatters im Hintergrund begriffen, worum es geht. Er ruft später zurück... Wenn ich ihn richtig verstanden habe, ist es nicht so einfach, die Armee zu mobilisieren. Selbst wenn es nur eine Handvoll Männer sind, die wir brauchen, sind einige Formalitäten zu erledigen.«

»Und was, zum Teufel, bedeutet das?« knurrte Cyrus gereizt.

»Er ist von der Queen ernannt«, bemerkte Ruthie. »Heißt das, daß er ihr Einverständnis einholen muß?«

»Wohl kaum«, erwiderte Marko. »Ich schätze, es existiert ein Senat oder Verwaltungsrat oder ähnliches. Und um diese Uhrzeit dürfte es gar nicht so einfach sein, jedes einzelne der Ratsmitglieder zu kontaktieren.« Nach einer Weile allseitigen bedrückten Schweigens räusperte er sich vernehmlich, um mit einem gewollt charmanten Lächeln vorzuschlagen: »Setzen wir uns doch alle. Ich werde den Zimmerkellner anrufen und eine Kleinigkeit zum Essen bestellen... Dann reden wir uns wenigstens nicht um den Rest unserer Nerven, während wie hier warten... «

»Wer traurig ist, weiß Geselligkeit zu schätzen«, sagte Ruthie und schenkte Cyrus ein mitfühlendes Lächeln. »Wie fühlen Sie sich, Cyrus?«

»Es geht so«, antwortete Cyrus, doch Robin bemerkte sehr wohl, wie müde und angegriffen er aussah.

Während die anderen auf der Couch und in den Sesseln Platz nahmen, hielt Marko Mr. Hitchens am Arm zurück und fragte ihn leise: »Glauben Sie, es würde Cyrus helfen, wenn Sie mit einer Kostprobe Ihrer Fähigkeiten bestätigten, daß es Mrs. Pollifax den Umständen entsprechend gutgeht?«

»Großer Gott, nein!« fuhr Mr. Hitchens auf. »Ich habe es bereits versucht... Sie befinden sich in einem winzigen dunklen Raum, und dieser Mann...« Seine Stimme versagte ihm den Dienst. »Ich mußte abbrechen! Das ist sehr unprofessionell von mir, aber wissen Sie, ich kenne Mrs. Pollifax und das macht alles so schwer. Um sie steht es gar nicht gut!«

»Ich verstehe«, sagte Marko leise und ließ Mr. Hitchens' Arm los. Er ging zum Telefon, um den Zimmerservice anzurufen.

Um 22 Uhr kam ein Anruf für Robin. Sheng Ti war am Apparat, der vergebens versucht hatte, Mrs. Pollifax in Zimmer 614 zu erreichen. »Haben Sie das Geld für das Taxi noch?« fragte Robin. »Gut. Setzen Sie sich in ein Taxi, und kommen Sie sofort zum Haupteingang des Hilton. Ich erwarte Sie dort.«

Als Sheng Ti gemeinsam mit Robin die Suite betrat, stand ihm der Schock, den ihm die Nachricht von Mrs. Pollifax' Verschwinden offenbar versetzt hatte, ins Gesicht geschrieben. Er nahm nicht einmal den für ihn sicherlich ungewohnten Luxus der Suite wahr, und schüttelte ungeduldig den Kopf, als ihm Marko etwas zu essen anbot. Cyrus wurde ihm als Mrs. Pollifax' Mann vorgestellt, und er eilte auf ihn zu und schüttelte ihm überschwenglich die Hand, dann setzte er sich neben ihn auf die Couch und wich keine Sekunde mehr von seiner Seite -ganz so, als sei er entschlossen, die für ihn einzig greifbare Verbindung zu Mrs. Pollifax nie wieder aufzugeben.

Sheng Ti hatte nicht allzuviel zu berichten. Das meiste davon war ihnen ohnehin bekannt - abgesehen von der Tatsache, daß Detwiler den ganzen Tag über nicht im Laden gewesen war und daß Feng mehrere Stunden in seinem Zimmer über dem Laden zugebracht hatte. Wie sich herausstellte, stimmte die Zeit von Fengs angeblichem Aufenthalt in seinem Zimmer genau mit den Stunden überein, die er nachweislich außerhalb von Feng-Imports verbracht hatte. Er und Lotus, erzählte Sheng Ti weiter, hatten den ganzen Tag eine Menge längst fälliger Exportaufträge zusammengestellt und verpackt, und Lotus sei bereits erschöpft zu Bett gegangen.

»Ich bleibe«, verkündete er entschlossen. »Sie müssen Mrs. Pollifax finden - bitte. Sie ist großer Freund, aus Turfan - aus China.«

Cyrus beugte sich zu ihm und tätschelte beruhigend seine Hand. »Sie bleiben hier«, sagte er.

Um 23 Uhr kam ein Anruf von Duncan, der mitteilte, daß seine Männer Donald Chang, dem Sheng Ti das Päckchen mit Diamanten geliefert hatte, ohne großes Aufsehen zu erregen am Flughafen verhaftet hatten. Wie es schien, hatte Chang keine Ahnung von irgendwelchen terroristischen Aktivitäten; seine Aufgabe war es lediglich gewesen, bestimmte, besonders gekennzeichnete Kisten und Pakete am Zoll vorbeizuschmug-geln. Er hatte angenommen, es handele sich um Diamanten, für die Feng keine Steuern zahlen wollte. Keinerlei Neuigkeiten gab es - laut Duncan - von seiten der Streifen der Stadtpolizei, die nach den beiden angeblich verschwundenen Touristen suchten.

Gegen Mitternacht meldete sich Krugg aus der Dragon Alley und berichtete, bei Feng-Imports sei alles ruhig - kein Licht im ganzen Haus. Eine Viertelstunde später kam vom Funkortungswagen die Meldung >keine Sendeaktivitäten<.

Um ein Uhr ähnelte die Suite in gewisser Weise einem Feldlager. Cyrus, der es nicht mehr auf der Couch ausgehalten hatte, marschierte unruhig im Zimmer auf und ab. Sheng Ti lag zusammengerollt auf der Couch und schlief fest. Mr. Hitchens blätterte desinteressiert in einer Illustrierten, während Ruthie neben ihm mit hängendem Kopf vor sich hin döste. Die Tische waren inzwischen von zerknüllten Servietten und Pappbechern übersät.

Doch keiner dachte daran, zu gehen; keiner brachte es fertig, die angespannte und bange Atmosphäre der Suite mit seinem eigenen ruhigen Zimmer zu tauschen, denn jeder wußte, wenn etwas geschehen würde, dann würde es hier geschehen. Jeder einzelne der Anwesenden hoffte auf die erlösende Nachricht, und jedesmal, wenn das Telefon klingelte oder das Funkgerät quakte, beobachtete Robin, wie in den Gesichtern von neuem Hoffnung aufkeimte. Doch allmählich beschwichtigte der Schlaf ihre Besorgnis und Unruhe, und Robin wünschte, dies träfe auch auf ihn selbst und Cyrus zu, doch das Gefühl der Hilflosigkeit nagte an ihm, machte ihn wütend - und hellwach. Irgendwo im Westen der Stadt verbrachte auch Mrs. Pollifax eine sicherlich schlaflose Nacht; in der Gewalt von Terroristen, die offenbar nicht im Traum daran dachten, längere Gespräche per Funk zu führen oder sich von einer Polizeistreife aufstöbern zu lassen...

Als das Telefon um halb eins erneut losschrillte, war Robin der schnellste und riß den Hörer ans Ohr. »Ah -ja... Eure Exzellenz«, sagte er. Cyrus unterbrach abrupt seine rastlose Wanderung, Marko erhob sich vom Funkgerät und Mr. Hitchens ließ die Illustrierte sinken.

»Nein, noch noch nichts Neues von unserer Agentin«, sagte Robin. »Ihr Mann ist inzwischen bei uns... ja, ihr Ehemann. Die Idee mit der Armee stammt von ihm. Was ist mit der Armee, Sir? Mit der gebotenen Geheimhaltung.. .« Er unterbrach sich und lauschte in den Hörer. Seine Miene hellte sich zusehends auf. »Das ist eine sehr erfreuliche Nachricht, Sir. Aber wann...?« Er verstummte und seine Miene verdüsterte sich wieder. Als er wieder sprach, klang seine Stimme spröde: »So spät?! .Früher ist es gar nicht möglich? Ja, ich weiß, daß es mitten in der Nacht ist, aber unter den besonderen Umständen. .. Nein, die einzige Information, die wir in dieser Richtung haben, ist, daß es innerhalb der nächsten Woche geschehen soll. Doch es handelt sich um eine äußerst unzuverlässige Information, Sir; im Grunde genommen reine Spekulation... Eine Haushälterin - richtig. Ich habe Ihnen bereits davon berichtet... Ja. Sicherlich hilft uns das weiter, aber ich muß zugeben, es beunruhigt mich, daß... Ja, Sir. Ich verstehe. Sehr gut. Ich danke Ihnen.«

Er legte auf und knurrte gereizt: »Morgen - morgen nachmittag.« Mit einem Blick auf die Uhr fügte er hinzu: »Noch dreizehneinhalb Stunden... Er garantierte uns, daß morgen nachmittag ab fünfzehn Uhr Militärstreifen in Zivil den Peak und den Gipfelturm, das Elektrizitätswerk, den Rundfunksender und das Regierungsgebäude überwachen werden.«

»Und weshalb erst so spät?« wollte Cyrus wissen.

»Er hat mich darauf aufmerksam gemacht«, erwiderte Robin enttäuscht, »daß Terroristen ihre Anschläge ausnahmslos in den Stunden kurz vor den Abendnachrichten ausführen, um die größtmögliche Publizität zu erreichen. Er ist der Meinung, wir sollten dies bedenken und uns in Geduld üben - während er die erforderlichen amtlichen Schritte in die Wege leitet. Außerdem hat er darauf hingewiesen, daß es beinahe zwei Uhr morgens sei, daß der Verwaltungsrat verständigt und die Soldaten für ihre Aufgabe instruiert werden müssen.«

»Das dauert einfach zu lange!« brummte Cyrus bedrückt.

»Ja«, pflichtete ihm Marko bei, »aber es ist besser als nichts. Bitte - setzt euch doch wieder. Noch ist nichts verloren...«

Um ein Uhr dreißig rief Duncan erneut an und gab eine Liste der Hausbesitzer in der Dragon Alley durch. Marko notierte die Namen in fliegender Hast auf ein Blatt Papier. Mit einer Hand hielt er die Sprechmuschel des Telefons zu und drehte sich mit dem Papier in der Hand zu Cyrus und Robin um. »Eine Liste der Grundstücke und Häuser, die auf den Namen Charles Feng eingetragen sind; alle sorgfältig mit verschiedenen Firmennamen getarnt und... Mon dieu! Hört euch das mal an: Unter dem Namen Crystal Curio Enterprises gehört dem Mann die halbe Dragon Alley - Haus Nummer 31 1/2, Nummer 30 und Nummer 28! Das ist die Erklärung, wie er unbemerkt Feng-Imports verlassen konnte. Unter dem Firmennamen Emperor Gems Limited besitzt er ein Lagerhaus im Hafen, unter dem Firmennamen Green Jade Associates Limited gehört ihm eine Schneiderei. Möglicherweise ist das noch nicht einmal alles; das Sonderdezernat recherchiert weiter...« Er wandte sich wieder dem Telefon und Duncan zu: »Versuchen Sie es zuerst mit dem Lagerhaus und der Schneiderei... Aber mit äußerster Vorsicht.«

Im Verlauf der nächsten Stunde standen Telefon und Funkgerät still, und das Warten wurde für die, die nicht schlafen oder zumindest dösen konnten, zur Qual.

Um vier Uhr sprang Cyrus unvermittelt auf. »Jetzt habe ich endgültig die Nase voll, verdammt noch mal! « knurrte er und ging zu Sheng Ti hinüber, der noch immer auf der Couch schlief. Er rüttelte ihn am Arm. »Wachen Sie auf, Sheng Ti!« rief er, und während Sheng Ti sich aufsetzte und seine Augen rieb, schnarrte Cyrus in Befehlston: »Marko - Sie rufen Ihre Leute von der Dragon Alley zurück. Robin, Sie wecken Ihren dritten Mann, der nebenan schläft... Ich kann mir nicht helfen, doch dies hier erinnert mich zu sehr an eine Totenwache, und es ist die sinnloseste Vergeudung von Talenten, die ich je erlebt habe!«

»Sie übernehmen das Kommando, mein Freund?« lächelte Marko schwach.

»Ja, zum Henker!« knurrte Cyrus entschlossen. »Möglich, daß Sie deshalb Ihren Job verlieren, aber für mich steht das Leben meiner Frau auf dem Spiel! Ich schlage folgendes vor... « Er unterbrach sich und berichtigte: »Nein - wir werden folgendes tun.«

Ruhig doch bestimmt setzte er ihnen auseinander, welchen Plan er entworfen hatte, und was sie unternehmen würden, während der Gouverneur die nötigen Schritte in die Wege leitete und mühsam das Getriebe der Bürokratie in Bewegung brachte.

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