WIE EULENSPIEGEL EULEN UND MEERKATZEN BUK


Einmal kam Eulenspiegel auch nach Braunschweig und suchte die Herberge »Zur Heimat«, weil er dort übernachten wollte. Er fragte einen Bäcker, der vor seinem Laden stand, nach dem Weg. Der Bäcker beschrieb ihm genau, wie er gehen müsse, und fragte noch: »Was bist du denn eigentlich?«

»Ich?«, sagte Till. »Ich bin ein wandernder Bäckergeselle.« Da freute sich der Bäcker, denn er brauchte gerade einen Gesellen. Und Eulenspiegel blieb für Lohn, Beköstigung und freies Logis in der Bäckerei.

Weil nun der Meister selber mitunter in der Backstube arbeitete, fiel es ihm am ersten und zweiten Tag überhaupt nicht auf, dass Till vom Backen nicht mehr verstand als ein Ochse vom Klavierspielen.

Doch am dritten Tag wollte sich der Meister früh am Abend schlafen legen. Vielleicht wollte er auch in den Gasthof »Zum Schwarzen Eber« gehen und kegeln. Jedenfalls sagte er zu Till:

»Heute Nacht musst du allein backen. Ich komme erst morgen früh wieder herunter.« »Ist recht«, meinte Till. »Aber was soll ich denn backen?«

»Da hört sich ja Verschiedenes auf!«, rief der Meister. »Du bist ein Bäckergeselle und fragst mich, was du backen sollst! Meinetwegen Eulen und Meerkatzen!« Er hätte ebenso gut sagen können: »Veilchen und junge Hunde«; und er sagte »Eulen und Meerkatzen« natürlich nur, weil er sich über die dumme Frage seines Gesellen geärgert hatte. Aber als er fort war, rührte Eulenspiegel den Teig an und buk von zehn Uhr abends bis drei Uhr früh tatsächlich lauter Eulen und Meerkatzen.

Als der Meister am Morgen hereintrat, dachte er, er käme in den Zoo. Überall lagen und standen knusprig gebackene Tiere. Und er sah sich vergeblich nach Broten, Brötchen und Semmeln um. Da schlug er vor Wut mit der Faust auf den Tisch und rief: »Was hast du denn da gebacken?«

»Das sehen Sie doch«, sagte Till. »Eulen und Meerkatzen. Wie Sie's verlangt haben. Sind die Biester nicht ähnlich genug? Ich hab mir furchtbar viel Mühe gegeben.«

Eulenspiegels Frechheit brachte den braven Mann vollends auf den Baum. Er packte ihn am Kragen, schüttelte ihn hin und her und brüllte: »Aus dem Haus! Aber sofort, du Haderlump!«

»Erst müssen Sie mich loslassen«, sagte Till. »Sonst kann ich nicht weg.« Der Meister ließ ihn los, und Till wollte schleunigst auf und davon. Doch da hielt ihn der Bäcker noch einmal fest. »Erst zahlst du mir den Teig, den du verhunzt hast!«

»Nur, wenn ich die lieben Tierchen mitnehmen darf«, erwiderte Eulenspiegel. »Wenn ich den Teig, aus dem sie gebacken sind, bezahle, gehören sie mir.«

Der Bäcker war einverstanden und nahm das Geld. Till aber verfrachtete seine Eulen und Meerkatzen in einen Tragkorb und zog damit ab. Am Nachmittag war auf dem Platz vor der Kirche großes Gedränge. Till Eulenspiegel stand mitten unter den Leuten und verkaufte seine Eulen und Meerkatzen Stück für Stück und verdiente großartig daran.

Das sprach sich im Nu herum. Und als der Bäckermeister davon hörte, schloss er seinen Laden ab und rannte im Dauerlauf zur Sankt-Niklas-Kirche hin. »Der Kerl muss mir das Holz bezahlen, das er für das alberne Viehzeug verfeuert hat!«, rief er, während er durch die Gassen stürmte. »Und eine Benutzungsgebühr für den Backofen! Und einsperren lasse ich ihn außerdem!«

Doch als er auf dem Platz ankam, war Till Eulenspiegel schon über alle Berge. Er hatte seine Eulen und Meerkatzen restlos ausverkauft, und sogar den Korb, der dem Bäcker gehörte, hatte er für einen Taler verkauft.

Und die Braunschweiger lachten noch jahrelang über den armen Bäckermeister.




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