17


Als Robert Bellamy sich nach dem Abschluß seiner Ausbildung im Pentagon zum Dienstantritt beim Marinenachrichtendienst meldete, wurde er von Admiral Whittaker herzlich begrüßt.

«Willkommen an Bord, Robert! Sie scheinen Colonel Johnson verdammt beeindruckt zu haben.«

Robert grinste.»Er ist selbst ziemlich beeindruckend.«

Bei einer Tasse Kaffee erkundigte sich der Admiral:»Na,

kann’s jetzt losgehen mit der praktischen Arbeit?«

«Ich kann’s kaum noch erwarten!«

«Gut. Wir haben da eine Situation in Tansania…«

Sein neuer Job im Office of Naval Intelligence war noch aufregender, als Robert es sich in seinen kühnsten Träumen ausgemalt hatte. Robert erhielt stets Aufträge, die als»äußerst sensibel «eingestuft waren. Er verhalf einem Überläufer zur Flucht, der Einzelheiten über Noriegas Drogengeschäfte in Panama berichtete, enttarnte einen Maulwurf, der im US-Generalkonsulat in Manila für Marcos spionierte, und half mit, in Marokko eine geheime Abhörstation zu installieren. Er war dienstlich in Afrika, Lateinamerika und Südostasien unterwegs.

Das einzige, was ihn an seinem Job störte, waren die langen Trennungen von Susan. Doch seine Arbeitsbelastung wuchs ständig, und er war immer seltener zu Hause.

Immer wenn Robert nach Hause zurückkehrte, fielen Susan und er einander in die Arme und liebten sich leidenschaftlich. Aber solche Gelegenheiten wurden immer seltener. Susan gewann den Eindruck, daß Robert unmittelbar nach jedem Auslandsauftrag sofort wieder einen neuen erhielt.

Noch schlimmer wurde alles dadurch, daß Robert nicht mit ihr über seine Arbeit sprechen durfte. Susan wußte nicht, wo er unterwegs war und was er tat. Sie wußte nur, daß seine Arbeit gefährlich war, und befürchtete, er werde eines Tages nicht mehr wiederkommen. Mit der Zeit kam sie sich immer mehr wie eine Fremde vor, die von einem wichtigen Teil seines Lebens völlig ausgeschlossen war. Ihres gemeinsamen Lebens. So kann es nicht weitergehen! dachte Susan.

Als Robert von einem vierwöchigen Einsatz in Mittelamerika zurückkam, sagte Susan:»Robert, ich habe eine Stellung im Washington Memorial Hospital angenommen.«

Er starrte sie verblüfft an.»Was hast du getan?«

«Ich arbeite wieder als Krankenschwester. Ich kann nicht untätig hier rumsitzen, darauf warten, daß du zu mir heimkommst, mich fragen, wo du bist, was du gerade tust und ob du überhaupt noch lebst.«

«Susan, ich…«

«Das ist schon in Ordnung, Liebling. So tue ich wenigstens etwas Nützliches, solange du unterwegs bist. Das macht die Warterei erträglicher.«

Darauf wußte Robert keine Antwort.

Susan, die Spaß an der Arbeit im Washington Memorial Hospital hatte, bemühte sich stets, Urlaub zu bekommen, wenn Robert daheim war, um mit ihm Zusammensein zu können, aber ihr Job nahm sie mehr und mehr in Anspruch.

Wenn sie Robert von ihren Patienten erzählte, erinnerte er sich daran, wie sie ihn umsorgt und gesundgepflegt hatte. Er war glücklich, daß sie etwas Wichtiges tat, das sie ausfüllte, aber trotzdem blieb es eine Tatsache, daß sie sich immer seltener sahen. Zwischen ihnen war eine emotionale Kluft entstanden. Sie glichen zwei Fremden, die sich verzweifelt bemühen, Konversation zu machen.

Mehrere Male wandte Robert sich an Admiral Whittaker und bat ihn um einen Inlandsauftrag. Er hatte auch keine Bedenken, dem Alten von seinen Eheproblemen zu erzählen. Der Admiral, der seine Gefühle nur selten offen zeigte, hörte ihm stets mit undurchdringlichem Gesicht zu, nickte dann und versprach, Roberts Anliegen zu berücksichtigen. Aber da er Robert, wie er sagte, als einen seiner fähigsten Leute betrachtete und es offensichtlich ständig schwierige Aufträge gab, die er nur Topagenten anvertrauen wollte, mußte Robert am Ende doch immer wieder fort.

Als Robert nach einem sechswöchigen Einsatz in der Türkei nach Washington zurückkam, lud er Susan zum Abendessen ins Sanssouci ein.

«Wir haben einen neuen Privatpatienten«, erzählte sie.»Er ist mit seinem Flugzeug abgestürzt, und die Ärzte hatten ihn bereits aufgegeben. Aber ich sorge dafür, daß er durchkommt!«Ihre Augen leuchteten.

So hat sie bei mir auch reagiert, dachte Robert. Er fragte sich, ob Susan sich über den neuen Patienten gebeugt und geflüstert hatte:»Werd’ wieder gesund! Ich wart’ auf dich!«

Alle Schwestern? fragte er sich.

Am Samstag danach mußte Robert nach Portugal fliegen. Als er drei Wochen später heimkam, begrüßte Susan ihn aufgeregt.

«Monte hat heute seine ersten Schritte gemacht!«sagte sie und küßte ihn flüchtig.

«Monte?«

«Monte Banks. So heißt er. Er erholt sich erstaunlich gut. Die Ärzte hatten kaum noch Hoffnung, aber wir haben nicht aufgegeben.«

Wir?

«Er ist wirklich reizend. Wir bekommen dauernd Geschenke von ihm, weißt du, er ist nämlich sehr reich. Er ist mit seinem Privatflugzeug verunglückt und.«

«Was für Geschenke?«

«Ach, eigentlich nur Kleinigkeiten. Blumen, Pralinen, Bücher oder Schallplatten. Er wollte jeder von uns eine sehr teure Uhr schenken, aber das haben wir natürlich ablehnen müssen.«

«Natürlich.«

«Er hat eine Jacht, Polopferde und.«

Von diesem Tag an begann Robert, ihn» Moneybags «zu nennen.

Susan erzählte jedesmal von ihm, wenn sie aus dem Krankenhaus nach Hause kam.

«Er ist wirklich süß, Robert. Und er hat so nette Einfalle. Stell dir vor, heute hat er für alle Schwestern unserer Station das Mittagessen aus dem Jockey Club kommen lassen.«

Ein widerlicher Kerl.»Ist dein wundervoller Patient eigentlich verheiratet?«

«Nein, Darling. Warum?«

«Oh, nur so.«

Susan lachte.»Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?«

«Auf irgendeinen alten Knacker, der gerade erst wieder gehen lernen muß? Natürlich nicht.«Und wie ich ’s bin! Aber er wollte ihr diese Genugtuung nicht gönnen.

Der folgende Tag war Susans Geburtstag.

«Paß auf, den feiern wir ganz groß«, schlug Robert vor.»Wir gehen aus und amüsieren uns und.«

«Ich hab’ bis zwanzig Uhr Dienst.«

«Gut, dann hol’ ich dich vom Krankenhaus ab.«

«Wie du willst. Monte möchte dich sowieso schon lange kennenlernen. Ich hab’ ihm viel von dir erzählt.«

«Oh, ich freue mich auch darauf, den alten Knaben endlich kennenzulernen«, behauptete Robert.

Wirklich, ich kann’s kaum erwarten!

Susan führte Robert in ein riesiges Privatzimmer mit Unmengen von Büchern, Blumensträußen und Obstkörben und sagte:»Monte, dies ist Robert, mein Mann.«

Robert stand da und starrte den Mann im Bett an. Er war nur drei, vier Jahre älter als Robert und hatte eine ungeheure Ähnlichkeit mit Paul Newman. Robert verabscheute ihn vom ersten Augenblick an.

«Freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Commander. Susan hat mir schon viel von Ihnen erzählt.«

Ach was! Sie haben sich wohl über mich unterhalten, wenn sie nachts an seinem Bett gesessen hat?

Robert empfand Susans Blick ais stumme Aufforderung, höflich zu sein. Er riß sich zusammen.

«Wie ich höre, werden Sie voraussichtlich bald entlassen.«

«Ja — und das verdanke ich vor allem Ihrer Frau. Sie hat wahre Wunder an mir gewirkt.«

Glaubst du etwa, daß ich von hier aus zusehe, wie ‘ne andere Krankenschwester dich mir wegschnappt?» Ja, das ist ihre Spezialität«, sagte Robert verbittert.

Das Geburtstagsdinner war ein völliges Fiasko.

«Findest du nicht, daß er jemand ähnlich sieht, Liebling?«»Doch. Boris Karloff.«:

«Warum bist du so unhöflich zu ihm gewesen?«

«Ich bin sehr höflich gewesen, finde ich. Ich mag deinen Moneybags eben nicht.«

Susan starrte ihn an.»Aber du kennst ihn doch gar nicht! Was mißfällt dir an ihm?«

Ganz einfach: Mir gefällt es nicht, wie er dich ansieht; mir gefällt es nicht, wie du ihn ansiehst; mir gefällt es nicht, wie unsere Ehe zum Teufel geht. Ich will dich nicht verlieren! »Entschuldige. Ich bin bloß müde, glaub’ ich.«

Schweigend aßen sie zu Ende.

Als Robert am nächsten Morgen zum Dienst fahren wollte, sagte Susan:»Robert, du weißt, daß ich dich liebe. Ich werde dich immer lieben. Du bist der liebste, wundervollste Mann, den ich je gekannt habe.«

«Susan.«

«Nein, laß mich ausreden. Es fällt mir schwer, das zu sagen, aber wir führen keine Ehe mehr. Wir haben uns auseinandergelebt. «

Jedes Wort bohrte sich wie ein Messer in sein Herz.

«Du hast recht!«stimmte er verzweifelt zu.»Ich muß mich ändern. Ich quittiere den Dienst. Auf der Stelle. Noch heute. Wir ziehen irgendwohin und.«

Susan schüttelte den Kopf.»Nein, Robert. Wir wissen beide, daß das nicht funktionieren würde. Deine Arbeit macht dir Spaß. Würdest du sie meinetwegen aufgeben, würdest du mir im stillen ewig Vorwürfe machen. Wir können beide nichts dafür, daß es so gekommen ist. Es ist einfach… passiert. Ich reiche die Scheidung ein.«

Robert hatte das Gefühl, daß sich alles um ihn herum zu drehen begann.

«Das… das ist nicht dein Ernst, Susan. Es muß doch eine Möglichkeit geben, gemeinsam.«

«Dafür ist es zu spät. Ich habe lange über alles nachgedacht. Ich habe mir alles überlegt, während du unterwegs warst und ich allein zu Hause gesessen und auf dich gewartet habe.«

«Hat das etwas mit Moneybags zu tun?«

Susan zögerte kaum merklich.»Monte hat mir einen Heiratsantrag gemacht.«

Robert fühlte, daß er weiche Knie bekam.»Und du wirst ihn heiraten?«

«Ja.«

Alles erschien ihm wie ein verrückter Alptraum. Das kann nicht wahr sein! Er hatte plötzlich Tränen in den Augen.

Susan umarmte Robert und drückte ihn an sich.»Was ich für dich empfunden habe, werde ich für keinen anderen Mann mehr empfinden. Ich habe dich von ganzem Herzen, mit ganzer Seele geliebt. Ich werde dich immer lieben. Du bleibst mein liebster Freund. «Dann löste sie sich von ihm und sah ihm in die Augen.»Aber das genügt nicht, verstehst du?«

Er verstand nur, daß sie ihm das Herz brach.»Wir könnten neu anfangen. Wir könnten.«

Sie schüttelte den Kopf.»Tut mir leid, Robert«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme.»Tut mir leid, aber es geht nicht mehr.«

Susan flog nach Reno, um sich scheiden zu lassen, und für Commander Robert Bellamy begann eine zweiwöchige Sauftour.

Alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen. Robert telefonierte mit einem Freund beim FBI. Al Traynor, mit dem er in der Vergangenheit ein halbes Dutzend Male zusammengearbeitet hatte, war absolut vertrauenswürdig.

«Tray, du mußt mir ‘nen Gefallen tun. Ich möchte, daß du jemanden von euren Computern überprüfen läßt.«

«Wird gemacht. Name?«

«Monte Banks. Das ist bloß ‘ne Routineanfrage.«

«Okay. Was willst du über ihn wissen?«

«Wahrscheinlich habt ihr gar nichts über ihn, Tray, aber falls du was findest… Hat er jemals einen Strafzettel wegen Falschparkens bekommen, seinen Hund mißhandelt, eine rote Ampel überfahren? Die üblichen Sachen.«

«Klar.«

«Und mich interessiert, woher er sein Geld hat. Ich hätte gern ein paar Hintergrundinformationen. Und kein Wort darüber zu anderen Leuten, Tray. Okay?«

Bildnis eines Mannes, der sich an einen Strohhalm klammert, dachte Robert, während er auflegte. Worauf hoffe ich eigentlich? Daß er sich als zweiter Jack the Ripper erweist und daß Susan eilends zurückkommt und sich in meine Arme wirft?

Am nächsten Morgen bestellte ihn Dustin Thornton zu sich.

«Welche Sache bearbeiten Sie im Augenblick, Commander?«

Er weiß genau, welchen Fall ich bearbeite, dachte Robert.

«Ich bin dabei, die Akte des Botschaftssekretärs aus Singapur abzuschließen, um.«

«Damit sind Sie offensichtlich nicht ausgelastet.«

«Wie bitte?«

«Falls Sie’s vergessen haben sollten, Commander: Das Office of Naval Intelligence ist nicht berechtigt, gegen amerikanische Bürger zu ermitteln.«

Robert blickte seinen Vorgesetzten verwirrt an.»Worauf wollen Sie…?«

«Das FBI hat mir mitgeteilt, daß Sie versucht haben, sich Informationen zu verschaffen, die unsere Dienststelle keinesfalls anfordern darf.«

Robert fühlte, wie heißer Zorn in ihm aufstieg. Dieser Hundesohn Traynor hatte ihn verraten. Ein schöner Freund!» Das ist eine Privatsache gewesen«, sagte Robert.»Ich.«

«Die FBI–Computer sind nicht dazu da, um damit angesehene Bürger zu belästigen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«

«Durchaus, Sir.«

«Gut, das wäre alles.«

Robert beeilte sich, in sein Dienstzimmer zurückzukommen. Seine Finger zitterten, als er die Nummer des FBI wählte. Eine Frauenstimme meldete sich.

«Ich möchte Al Traynor sprechen.«

«Tut mir leid, aber Agent Traynor arbeitet nicht mehr bei unserer Dienststelle.«

Roberts Magen verkrampfte sich.»Was?«

«Agent Traynor ist versetzt worden.«

«Versetzt?«

«Ja.«

«Wohin?«

«Boise, Idaho. Aber er wird seinen Dienst vorläufig noch nicht antreten können. Noch lange nicht, fürchte ich.«

«Wie meinen Sie das?«

«Er ist gestern abend beim Joggen im Rock Creek Park von einem Auto angefahren worden, dessen Fahrer nach dem Unfall geflüchtet ist. Unglaublich, nicht wahr? Der Idiot muß total besoffen gewesen sein, sonst wäre er nicht von der Fahrbahn auf den Fußweg geraten. Traynor ist zehn Meter weit durch die Luft geschleudert worden. Die Ärzte wissen noch nicht, ob er durchkommt.«

Robert ließ langsam den Hörer sinken. Was ging hier vor, verdammt noch mal? Monte Banks, dieser amerikanische Musterknabe, genoß offenbar mächtigen Schutz. Jesus, dachte Robert, worauf läßt Susan sich da ein?

Nachmittags besuchte er sie.

Susan war in ihrem neuen Apartment, einer luxuriösen Wohnung in der M Street. Robert fragte sich, ob Moneybags ihre Miete bezahlte.

«Bitte entschuldige, daß ich so hereinplatze, Susan. Ich weiß, daß ich versprochen habe, das nicht zu tun.«

«Du hast gesagt, die Sache sei wichtig.«

«Das ist sie auch. «Er schwieg verlegen, weil er nicht wußte, wie er anfangen sollte.

«Was ist passiert?«

«Es handelt sich um Monte.«

Sie runzelte die Stirn.»Was ist mit ihm?«

Das war eben das Schwierige. Wie konnte er ihr etwas sagen? Ihm war nur klar, daß da etwas nicht stimmte. Monte Banks war tatsächlich in den FBI–Computern gespeichert, aber mit dem Vermerk: Auskünfte nur mit Sondergenehmigung. Und das Auskunftsersuchen war sofort ans ONI zurückgeleitet worden. Weshalb?

«Susan… womit verdient er sein Geld?«

Seine Frage schien sie zu überraschen.»Monte besitzt eine sehr erfolgreiche Import- und Exportfirma.«

Die älteste Tarnung der Welt, dachte Robert.

«Weshalb fragst du danach?«

«Ich… ich wollte nur sichergehen, daß er der richtige Mann für dich ist«, sagte Robert verlegen.

«Oh, Robert!«Ihre Stimme klang enttäuscht.

«Ich hätte lieber nicht kommen sollen. Entschuldige, Susan.«

Sie trat rasch auf ihn zu und umarmte ihn.»Ich verstehe«, sagte sie leise.

Aber Susan verstand gar nichts. Sie wußte nicht, daß ein

Mann, der versucht hatte, an Informationen über Monte Banks heranzukommen, mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus lag.

Als nächstes rief Robert einen Freund an, der beim Forbes Magazine arbeitete.

«Monte Banks? Interessant, daß du gerade seinen Namen erwähnst. Wir vermuten, daß er auf unsere Liste der hundert reichsten Männer Amerikas gehört, aber es gibt nirgends handfeste Informationen über ihn. Kannst du uns da irgendwie helfen?«

Pech gehabt.

Robert ging in die Stadtbibliothek und suchte vergeblich Monte Banks’ Namen im Who’s who.

Dann setzte er sich an ein Mikrofilmlesegerät und überflog die Ausgaben der Washington Post aus der Zeit, in der Monte Banks mit seinem Flugzeug verunglückt war. Über den Absturz wurde in einer kurzen Meldung berichtet, in der Banks als Unternehmer bezeichnet wurde.

Das klang alles ganz harmlos. Vielleicht täusche ich mich, sagte sich Robert. Vielleicht hat Monte Banks wirklich eine weiße Weste. Der Staat würde ihn nicht in Schutz nehmen, wenn er ein Spion, Mörder oder Drogenhändler wäreIn Wirklichkeit versuche ich nur, Susan zurückzugewinnen,

Wieder Junggeselle zu sein, bedeutete Leere, bedeutete Einsamkeit mit arbeitsreichen Tagen und schlaflosen Nächten. Manchmal überkam ihn abgrundtiefe Verzweiflung, und er weinte. Er weinte um sich selbst, um Susan und um alles, was sie verloren hatten.

Seine Freunde machten sich Sorgen um ihn.

«Du solltest nicht alleinbleiben, Robert. Hör mal, ich glaub’, ich hab’ ‘ne Frau für dich!«

Auf diese Weise lernte er eine ganze Menge Frauen kennen:

Fotomodelle, Sekretärinnen, Führungskräfte aus der Werbebranche, geschiedene Karrierefrauen und Anwältinnen. Aber keine von ihnen war Susan. Und der Versuch, mit diesen Frauen, die ihn nicht wirklich interessierten, Konversation zu machen, bewirkte nur, daß er sich noch einsamer fühlte.

Robert verspürte nicht die geringste Lust, mit einer von ihnen ins Bett zu gehen. Er wollte allein sein. Er wollte den Film bis zum Anfang zurückspulen, das Drehbuch neu schreiben. Nachträglich gesehen war es so einfach, seine Fehler zu begreifen!

Er wollte sein Leben umschreiben, ihm ein Happy-End geben. Aber es war zu spät. Das Leben gab niemandem eine zweite Chance.

Er kaufte selbst ein, kochte sich einfache Mahlzeiten und ging einmal in der Woche in den Waschsalon, wenn er zu Hause war.

Das war eine einsame, schreckliche Zeit in Roberts Leben. Aber das Schlimmste kam erst noch. Eine sehr attraktive Modeschöpferin, die er in Washington kennengelernt hatte, rief mehrmals an, um ihn zum Abendessen zu sich einzuladen.

Nachdem Robert mehrmals Ausflüchte gemacht hatte, ließ er sich endlich doch überreden. Sie erwartete ihn mit einem köstlichen Abendessen für zwei Personen bei Kerzenschein.

«Du kochst sehr gut«, sagte Robert anerkennend.

«Ich bin auf allen Gebieten sehr gut. «Sie trat dicht an ihn heran.»Komm, ich will’s dir beweisen!«Sie umschlang ihn und küßte ihn leidenschaftlich.

Es ist schon lange her, dachte Robert. Vielleicht zu lange.

Sie gingen miteinander ins Bett, und zu seiner Bestürzung endete dieser Versuch mit einem Desaster. Robert war zum ersten Mal in seinem Leben impotent. Er fühlte sich gedemü-tigt.

«Macht nichts, Darling«, tröstete sie ihn.»Das kommt mal vor.«

Aber sie täuschte sich.

Beschämt fuhr Robert nach Hause. Er fühlte sich wie ein Krüppel. Als er mit ihr schlafen wollte, hatte er das Gefühl gehabt, daß er damit einen Verrat an Susan begehen würde. Wie dämlich kann man eigentlich noch werden?

Einige Wochen später wagte er einen zweiten Versuch mit einer bildhübschen Sekretärin aus seiner Dienststelle. Sie erwies sich als temperamentvolle Liebhaberin, die ihn streichelte und sich bemühte, sein Geschlecht mit warmen Lippen zum Leben zu erwecken. Vergebens. Er wollte nur Susan. Danach verzichtete Robert auf weitere Versuche. Er dachte daran, zu einem Arzt zu gehen, aber dann genierte er sich doch zu sehr. Und schließlich wußte er ja, wie sein Problem zu lösen gewesen wäre — aber das vergangene Glück war unwiederbringlich verloren. Also konzentrierte er sich ganz auf seine Arbeit.

Susan rief mindestens einmal in der Woche an.»Vergiß nicht, deine Hemden aus der Wäscherei zu holen«, ermahnte sie ihn. Oder:»Ich schicke unser Mädchen hinüber, damit sie bei dir putzt. Die Wohnung hat’s bestimmt wieder nötig.«

Jeder Anruf machte die Einsamkeit noch unerträglicher.

Sie hatte ihn auch am Abend vor ihrer Hochzeit angerufen.

«Robert, ich möchte, daß du weißt, daß ich morgen heirate.«

Sein Herzschlag stockte.

«Susan.«

«Ich liebe Monte«, sagte sie,»aber dich liebe ich auch. Ich werde dich lieben, solange ich lebe. Ich möchte, daß du das nie vergißt.«

Was sollte er dazu sagen?

«Robert, was ist mit dir?«

Oh, mir fehlt nichts. Außer daß ich seit der Trennung von dir ein gottverdammter Eunuch bin.

«Robert?«

Er konnte es nicht über sich bringen, sie mit seinem Problem zu belasten.»Keine Angst, mir geht’s gut. Aber tust du mir ‘nen Gefallen, Baby?«

«Wenn ich kann.«

«Macht… macht eure Hochzeitsreise bitte nicht in Städte, in denen wir damals gewesen sind.«

Dann legte Robert auf und ging los, um sich wieder zu betrinken.

Das war vor nunmehr einem Jahr gewesen. Er hatte sich damit abfinden müssen, daß Susan jetzt einem anderen gehörte. Das Leben ging weiter. Er hatte einen Auftrag zu erfüllen. Es wurde Zeit für ein Gespräch mit dem Fotografen Leslie Mothershed, der die Bilder von dem UFO und die Namen der Zeugen hatte, die Robert im Rahmen dieses Auftrags — seines letzten — aufspüren sollte.

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