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Trotzdem bin ich noch nicht am Ende! dachte Robert trotzig, während er durch die Vorstädte Neapels fuhr. Erst müssen sie mich schnappen. Wie hatten sie ihn hier aufgespürt? Pier. Sie mußten über Pier auf seine Fährte gestoßen sein. Ich muß sie anrufen, um sie zu warnen, überlegte Robert sich. Aber zuerst muß ich eine Möglichkeit finden, hier rauszukommen

Einen halben Kilometer vor der Auffahrt zur Autobahn sah er eine von der Polizei errichtete Straßensperre. Er wendete gerade noch rechtzeitig und raste in Richtung Innenstadt zurück.

Dann fuhr er wieder langsamer, konzentrierte sich und versuchte sich in seine Verfolger hineinzudenken. Sie würden veranlaßt haben, daß alle möglichen Fluchtwege aus Italien blockiert waren. Jedes auslaufende Schiff würde durchsucht werden. Und dann durchzuckte ihn plötzlich eine Idee. Die Fahnder hatten keinen Grund, Schiffe zu durchsuchen, die Italien nicht verließen. Immerhin eine Chance, dachte Robert. Er fuhr wieder zum Hafen hinunter.

Gambino sah auf, als die Türklingel seines Ladens bimmelte. Zwei Männer in dunklen Anzügen kamen herein. Man sah ihnen auf den ersten Blick an, daß sie keine Kunden waren.

«Ettore Gambino? Sie haben wegen eines Smaragdarmbands angerufen.«

SIFAR. Er hatte ihren Besuch erwartet. Doch diesmal stand er auf der Seite des Rechts.»Ganz recht. Als anständiger Bürger hab’ ich’s für meine Pflicht gehalten, Sie.«

«Diesen Scheiß können Sie sich sparen. Wer hat’s vorbeigebracht?«

«Ein junger Mann namens Carlo.«

«Hat er’s dagelassen?«

«Nein, er hat es wieder mitgenommen.«

«Wie heißt dieser Carlo weiter?«

Gambino zuckte mit den Schultern.»Seinen Nachnamen weiß ich nicht. Er gehört zu den Diavoli Rossi. Das ist eine der hiesigen Banden. Ihr Chef ist ein gewisser Mario Lucca.«

«Wissen Sie, wo dieser Lucca zu finden ist?«

Gambino zögerte unschlüssig. Falls Lucca erfuhr, daß er geplaudert hatte, würde er ihm die Zunge herausschneiden lassen. Falls er diesen Männern jedoch nicht erzählte, was sie wissen wollten, würden sie ihm den Schädel einschlagen.»In der Via Sorcella hinter der Piazza Garibaldi.«

«Danke, Signore Gambino.«

«Ich bin immer gern bereit, mit.«

Die Männer waren schon gegangen.

Lucca lag wieder mit seiner Freundin im Bett, als die beiden Männer die Wohnungstür aufbrachen.

Wütend sprang er aus dem Bett.»Hey, was soll der Scheiß? Wer seid ihr überhaupt? Was…?«:

Einer der Männer hielt ihm seinen Dienstausweis unter die Nase.

SIFAR! Lucca schluckte trocken.»Hey, ich hab’ nichts ange-stellt. Ich bin ein anständiger Bürger, der.«

«Das wissen wir, Lucca. Von Ihnen wollen wir ja auch gar nichts. Uns interessiert ein junger Mann namens Carlo.«

Carlo! Darum geht ’s also! Um das beschissene Armband! In was war Carlo da bloß hineingeraten? SIFAR-Agenten fahndeten normalerweise nicht nach Juwelendieben.

«Also… kennen Sie ihn oder nicht?«

«Schon möglich.«

«Sollen wir Sie in die Zentrale mitnehmen, um Ihr Gedächtnis ein bißchen aufzufrischen?«

«Augenblick! Jetzt fällt’s mir wieder ein«, sagte Lucca.»Sie meinen bestimmt Carlo Valli. Was ist mit ihm?«

«Wir möchten mit ihm reden. Wo wohnt er?«

Jedes Mitglied der Diavoli Rossi mußte bei seiner Aufnahme einen heiligen Eid schwören, eher zu sterben, als einen Kameraden zu verraten. Das machte die Diavoli Rossi zu einem so großartigen Club. Sie hielten eisern zusammen. Einer für alle, und alle für einen.

«Wollen Sie lieber doch in die Zentrale mitkommen?«

Lucca zuckte mit den Schultern und gab ihnen Carlos Adresse.

Eine halbe Stunde später öffnete Pier die Haustür und erblickte zwei Fremde.

«Signorina Valli? Dürfen wir reinkommen?«

«Wer sind Sie?«

Einer der Männer klappte ein Lederetui auf und zeigte ihr seinen Dienstausweis. SIFAR. Das waren nicht die Leute, mit denen sie ihre Vereinbarung getroffen hatte. Panik stieg in ihr auf. Die beiden Kerle würden versuchen, sie um ihre Belohnung zu bringen.»Was wollen Sie von mir?«

«Wir möchten Ihnen ein paar Fragen stellen.«

«Bitte sehr. Ich habe nichts zu verbergen.«Gott sei Dank, dachte Pier, daß Robert nicht da ist! Sie führte die beiden

Männer ins Wohnzimmer.

«Sie sind gestern mit dem Auto aus Rom gekommen. «Das war eine Feststellung, keine Frage.

«Richtig. Ist das verboten… oder bin ich zu schnell gefahren?«

Der Mann lächelte. Auch das machte seinen Gesichtsausdruck nicht freundlicher.»Sie hatten einen Begleiter, nicht wahr?«

«Ja«, antwortete Pier vorsichtig.

«Wen, Signorina

Sie zuckte mit den Schultern.»Ein Anhalter, den ich mitgenommen habe. Er wollte nach Neapel.«

«Ist er jetzt hier bei Ihnen?«fragte der zweite Mann.

«Wo er ist, weiß ich nicht. Ich hab’ ihn in der Stadt abgesetzt, und er ist verschwunden.«

«War sein Name Robert Bellamy?«

Sie runzelte die Stirn, als denke sie nach.»Bellamy? Tut mir leid, das weiß ich nicht. Er hat mir seinen Namen nicht gesagt, glaub’ ich.«

«Oh, das hat er bestimmt! Er hat sie am Tor di Quinto angesprochen, Sie haben die Nacht mit ihm im Hotel L’Incrocio verbracht, und am nächsten Morgen hat er Ihnen ein Smaragdarmband gekauft. Er hat Sie mit Flugtickets und einer Bahnfahrkarte in einige Hotels geschickt — und danach haben Sie einen Leihwagen genommen und sind mit ihm nach Neapel gefahren, stimmt’s?«

Sie wissen alles! Pier nickte beklommen.

«Kommt Ihr Freund zurück, oder ist er schon abgereist?«

Sie zögerte unschlüssig. Wenn sie behauptete, Robert habe Neapel verlassen, würden die Männer ihr ohnehin nicht glauben. Sie würden hier im Haus warten, und sobald er zurückkam, konnten sie ihr vorwerfen, gelogen zu haben, und sie als seine Komplicin festnehmen. Am besten sagte sie gleich die Wahrheit.»Er kommt zurück«, gab sie zu.

«Bald?«

«Das weiß ich nicht.«

«Gut, dann machen wir’s uns inzwischen bequem. Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir uns ein bißchen umsehen?«Sie knöpften ihre Jacken auf, so daß ihre Pistolen sichtbar wurden.

«N-n-nein.«

Rasch durchsuchten die beiden SIFAR-Agenten das Haus.

Mama kam aus der Küche.»Wer sind diese Männer?«

«Freunde von Mr. Jones«, sagte Pier hastig.»Sie sind gekommen, um ihn zu besuchen.«

Mama lächelte strahlend.»Ein reizender Mann! Dürfen wir Sie zum Mittagessen einladen?«

«Grazie, Mama«, sagte einer der Männer.»Was gibt’s denn Feines?«

Pier dachte fieberhaft nach. Zunächst kam es darauf an, Robert vom Haus fernzuhalten, bis die beiden Typen verschwunden waren. Aber wie?

Plötzlich erinnerte sie sich an ihr morgendliches Gespräch mit Robert Bellamy. Ist alles in Ordnung, bleiben die Jalousien hochgezogen. Droht dagegen Gefahr, läßt man eine herunter. Das ist dann ein Warnsignal für Mitagenten.

Die beiden Männer saßen mit Mutter und Tochter im Eßzimmer und aßen Cappelini.

«Hier ist’s mir zu hell«, behauptete Pier. Sie stand auf und ließ eine Jalousie herunter. Dann kam sie an den Tisch zurück. Hoffentlich erkennt Robert das Warnsignal.

Auf der Rückfahrt zum Haus ging Robert in Gedanken nochmals seinen Fluchtplan durch. Nicht perfekt, gestand er sich ein, aber zumindest erhalte ich so eine Atempause. Dann kam das Haus in Sicht. Als er von der Straße auf die Zufahrt abbog, drosselte er das Tempo und sah sich um. Alles wirkte ganz normal. Er würde Pier warnen, damit sie verschwinden konnte, und sofort weiterfahren.

Er wollte schon vor dem Haus parken, als ihm etwas Seltsames auffiel: Eine der Jalousien war heruntergelassen, während alle anderen hochgezogen waren. Eine Alarmglocke schrillte durch Roberts Kopf. Pier hatte seine morgendlichen Flunkereien für bare Münze genommen. Sollte die heruntergelassene Jalousie eine Warnung sein?

Robert wendete und fuhr wieder auf die Straße hinaus. Vor der nächsten Bar hielt er und ging hinein, um zu telefonieren.

Sie saßen noch immer beim Essen, als das Telefon klingelte. Die Männer spitzten sofort die Ohren.

Pier stand auf, ging zu dem Apparat und nahm den Hörer ab.»Hallo?«

«Pier? Ich habe die Jalousie gesehen und…«

Sie brauchte nur zu sagen, alles sei in Ordnung, und er würde ins Haus zurückkommen. Die Männer würden ihn verhaften, und vielleicht sprang dann ja doch eine Belohnung für sie heraus, weil sie ihn in die Falle gelockt hatte.

Aber würden sie ihn tatsächlich nur festnehmen? Denn die beiden hier waren schließlich keine normalen Bullen… Die waren gefährlicher.

Pier sagte ins Telefon:»Nein, Sie haben sich verwählt.«

Robert hörte ein Klicken; sie hatte aufgelegt. Einen Augenblick lang stand er wie betäubt da. Pier hatte ihm das Leben gerettet. Gott segne sie!

Er setzte sich wieder ans Steuer und fuhr in Richtung Hafen diesmal jedoch nicht zum Frachthafen, sondern an Santa Lucia vorbei zu einem kleinen Pier, auf dem ein Schild verkündete: Capri & Ischia. Dort parkte er den Leihwagen — und zwar so auffällig, daß die Fahnder ihn unmöglich übersehen konnten.

Dann trat er an das Kassenhäuschen.»Wann fährt das nächste Tragflügelboot nach Ischia?«

«In zwanzig Minuten.«»Und nach Capri?«

«In fünf Minuten.«

«Geben Sie mir eine einfache Fahrkarte nach Capri.«

«Si, Signore.«

«Si, Signore, si, Signore«, äffte ihn Robert nach.»In diesem beschissenen Land kann kein Mensch richtig Englisch!«

Der Kassierer starrte ihn empört an.

«Ihr gottverdammten Itaker seid alle gleich. Einfach blöd! Stupido!« Robert knallte einen Geldschein auf den Zahlteller, griff nach seiner Fahrkarte und ging zu dem Tragflügelboot, das ihn nach Capri bringen sollte.

Drei Minuten später legte das Boot ab. Zunächst fuhr es ziemlich langsam, aber sobald es sich in tieferem Wasser befand, hob es sich elegant über die Wellen. Die Fähre war voller fröhlich schwatzender Touristen aus verschiedensten Ländern. Nach einer Weile trat Robert an die kleine Bar und sagte zu dem Barkeeper:»Geben Sie mir einen Wodka mit Tonic.«

«Ja, Sir. «Der Mann in dem weißen Kittel mixte den Drink.»Bitte sehr, Signore.«

Robert griff danach und kostete einen Schluck. Dann knallte er das Glas auf die Theke.»Dieses Scheißzeug soll ein Drink sein?«fragte er angewidert.»Das schmeckt ja wie Pferdepisse! Was ist eigentlich mit euch gottverdammten Itakern los?«

Andere Fahrgäste drehten sich nach Robert um.

«Entschuldigen Sie, Signore«, sagte der Barkeeper steif,»aber wir verwenden nur die besten.«

«Den Scheiß können Sie sich sparen!«brüllte Robert.»Ich werde mich über Sie beschweren! Commander Robert Bellamy von der US-Marine läßt sich nicht mit so einem drittklassigen Gesöff abspeisen!«

Damit stapfte er nach vorn zum Bug und ließ sich in einen freien Sessel fallen. In seinem Rücken spürte er die Blicke der Mitreisenden. Sein Herz hämmerte, aber die Komödie war noch nicht zu Ende.

Nachdem das Tragflügelboot in Capri angelegt hatte, ging Robert ans Kassenhäuschen der Standseilbahn, in dem ein älterer Mann Fahrkarten verkaufte.

«Geben Sie mir ‘ne Karte!«verlangte Robert in aggressivem Tonfall.»Aber ‘n bißchen dalli! Ich hab’ nicht den ganzen Tag Zeit! Sie sind sowieso zu alt für diesen Job. An Ihrer Stelle würd’ ich lieber daheimbleiben. Bestimmt treibt’s Ihre Frau tagsüber mit sämtlichen Nachbarn.«

Der sprachlose Kassierer wäre wohl am liebsten auf Robert losgegangen. Passanten bedachten Robert mit vorwurfsvollen Blicken. Robert nahm seine Fahrkarte und zwängte sich noch in die bereits überfüllte Seilbahnkabine. An mich erinnern sie sich todsicher! dachte er grimmig. Er hinterließ eine Fährte, die kein Fahnder übersehen konnte.

Sobald die Bahn oben angekommen war, drängte Robert sich ungestüm durch die Menge und ging auf der gewundenen Via Vittorio Emmanuelle zum Hotel Quisisana.

«Ich möchte ein Einzelzimmer«, erklärte er dem Angestellten an der Reception.

«Tut mir leid«, entschuldigte sich der junge Mann,»aber wir sind völlig ausgebucht. Vielleicht.«

Robert legte ihm 50000 Lire Trinkgeld hin.»Mir wäre jedes Zimmer recht.«

«Hmmm, das dürfte zu machen sein, Signore. Wenn Sie sich bitte eintragen wollen?«

Robert unterschrieb mit Commander Robert Bellamy.

«Wie lange bleiben Sie bei uns, Commandatore?«

«Eine Woche.«

«Gut, das läßt sich machen. Darf ich um Ihren Paß bitten?«

«Der ist in meinem Gepäck. Es wird in ein paar Minuten gebracht werden.«

«Ich lasse Ihnen von einem Pagen Ihr Zimmer zeigen.«

«Danke, nicht jetzt. Ich muß noch einmal weg. Aber ich bin in einer Viertelstunde wieder da.«

Robert trat aus der Hotelhalle auf die Straße hinaus. Die Erinnerungen schmerzten wie eine niemals richtig verheilte Wunde.

Hier war er damals mit Susan gewesen. Sie hatten die Blaue Grotte besucht und morgens Kaffee auf der Piazza Umberto getrunken. Sie waren mit der Seilbahn nach Anacapri hinaufgefahren, auf Eseln zu Tiberius’ Villa Novice geritten und im smaragdgrünen Wasser der Marina Piccolo geschwommen.

Robert ging zur Seilbahnstation an der Piazza Umberto zurück, mischte sich unauffällig unter die Fahrgäste und fuhr wieder nach unten. Als er dort die Station verließ, achtete er darauf, nicht von dem Kassierer, den er beleidigt hatte, gesehen zu werden. Er trat ans Kassenhäuschen auf dem Kai und fragte auf spanisch: »Cuando es el proximo barco a Ischia?«

«Trenta minuti«, erwiderte der Mann an der Kasse auf italienisch.

«Bueno. Gracias.« Robert kaufte eine Fahrkarte.

Er ging in eine Bar am Hafen, setzte sich in den hintersten Winkel und trank langsam einen Scotch. Unterdessen mußte der Leihwagen aufgefunden worden sein, wodurch das Jagdgebiet sich verkleinert hatte. In Gedanken breitete er eine Europakarte vor sich aus. Wo könnte ich am besten an Bord der Halcyon gehen? Am besten natürlich in einer ruhigen HafenstadtViterbo. Ich muß nach Viterbo.

Robert ließ sich vom Besitzer der Bar Telefonmünzen geben und ging ans Telefon. Diesmal dauerte es fast zehn Minuten, bis das Gespräch zustande kam.

Susan war am Apparat.

«Wir haben schon darauf gewartet, daß du dich wieder melden würdest.«Wir.»Die Motoren sind repariert. Wir könnten morgen früh in Neapel sein. Wo sollen wir dich an Bord nehmen?«

«Erinnerst du dich an das Palindrom?«fragte Robert.»Wir sind in den Flitterwochen dort gewesen.«

«Das was

«Ich habe eine scherzhafte Bemerkung darüber gemacht, weil ich so erschöpft gewesen bin.«

Am anderen Ende entstand eine kurze Pause. Dann sagte Susan leise:»Ja, ich erinnere mich.«

«Kann die Halcyon mich morgen dort abholen?«»Augenblick!«

Er wartete.

Susan kam wieder ans Telefon.»Ja, das geht.«

«Gut. «Robert zögerte.»Ich weiß, daß ich viel von dir verlange. Falls es jemals rauskäme, daß du mir geholfen hast, könntest du in schreckliche Gefahr geraten.«

«Mach dir deswegen keine Sorgen. Wir holen dich dort ab. Und paß gut auf dich auf!«

«Danke«, sagte Robert und legte auf.

Im Nachrichtenraum der SIFAR-Zentrale in Rom wurde das Telefongespräch von vier Männern mitgehört. Der Fernmeldetechniker sagte:»Wir haben es aufgezeichnet, falls Sie’s noch mal hören wollen, Colonnello

Oberst Cesare warf Frank Johnson einen fragenden Blick zu.»Bitte. Mich interessiert vor allem der vereinbarte Treffpunkt. Wenn ich richtig gehört habe, hat er >Palindrom< gesagt. Ist das irgendwo in Italien?«

Francesco Cesare schüttelte den Kopf.»Nie davon gehört. Aber das läßt sich nachprüfen. «Er wandte sich an seinen Adjutanten.»Stellen Sie fest, wo das liegt. Und überwachen Sie die Nachrichtenverbindungen der Halcyon weiter.«

«Wird gemacht, Colonnello

In dem ehemaligen Bauernhaus am Stadtrand von Neapel klingelte das Telefon. Pier wollte aufstehen, um den Hörer abzunehmen.

Aber einer der Männer kam ihr zuvor.»Hallo?«Er hörte kurz zu, knallte den Hörer auf die Gabel und wandte sich an seinen Kollegen.»Bellamy ist mit dem Schiff nach Capri gefahren. Komm, wir haben’s eilig!«

Pier sah den beiden nach, als sie hastig das Haus verließen, und dachte dabei: Gott hat ohnehin nie gewollt, daß ich soviel Geld kriege. Hoffentlich erwischen sie ihn nicht!

Als die Fähre nach Ischia anlegte, mischte Robert sich unauffällig unter Menschen, die an Bord gingen, wobei er sorgfältig jeglichen Blickkontakt vermied. Nachdem das Boot in Ischia angelegt hatte, ging er zum Kassenhäuschen auf dem Kai. Auf einer Anzeigetafel war zu sehen, daß die Fähre nach Sorrent in zehn Minuten abfahren würde.

«Eine Rückfahrkarte nach Sorrent«, verlangte Robert.

Eine Viertelstunde später war Robert Bellamy nach Sorrent auf dem italienischen Festland unterwegs. Jetzt stellen sie wahrscheinlich alles in Capri auf den Kopf, dachte er.

Auf dem Lebensmittelmarkt in Sorrent herrschte reges Treiben. Bauern aus der Umgebung hatten Obst, Gemüse und frisches Fleisch in die Stadt gebracht.

Robert sprach einen stämmigen Mann mit fleckiger Schürze an, der einen Lastwagen belud. »Pardon, Monsieur…« Robert Bellamy sprach nun mit perfektem französischen Akzent Italienisch.»Fahren Sie zufällig in Richtung Viterbo?«

«Schon möglich«, antwortete der Mann ausweichend.

«Ich würde gern fürs Mitfahren bezahlen.«

«Wieviel?«

Robert drückte ihm 100000 Lire in die Hand.

«Dafür könnten Sie schon fast nach Rom fliegen, ist Ihnen das klar?«

Robert merkte sofort, daß er einen Fehler gemacht hatte. Er sah sich nervös um.»Um ganz ehrlich zu sein: Meine Gläubiger lassen den Flughafen überwachen. Deshalb wär’s mir lieber, wenn Sie mich mitnehmen würden.«

Der Mann nickte.»Ah, ich verstehe. Gut, steigen Sie ein. Wir können gleich abfahren.«

Robert gähnte.»Ich bin tres fatigue. Wie sagt man? Sehr müde. Haben Sie was dagegen, wenn ich hinten auf der Ladefläche schlafe?«

«Dort werden Sie ziemlich durchgeschüttelt werden, aber wenn Sie’s so wollen.«

«Merci.«

Die Ladefläche stand voller Kisten und Kartons. Giuseppe ließ Robert hinaufsteigen und schloß die Bordwand hinter ihm. Hinter einigen Kisten fand Robert ein gutes Versteck. Plötzlich merkte er, wie erschöpft er war. Diese Verfolgungsjagd war verdammt anstrengend. Wie lange hatte er nicht mehr geschlafen? Er dachte an Pier und wie sie nachts zu ihm gekommen war und bewirkt hatte, daß er sich wieder ganz, wieder als Mann fühlte. Hoffentlich hatte sie keine Schwierigkeiten bekommen! Mit diesem Gedanken schlief Robert ein.

Vorn im Fahrerhaus dachte Giuseppe über den Anhalter nach. In der Zeitung hatte etwas von einem Amerikaner gestanden, nach dem gefahndet wurde. Der Anhalter sprach mit französischem Akzent, aber er war wie ein Amerikaner gekleidet und sah auch so aus. Jedenfalls lohnte sich eine Nachfrage. Möglicherweise war eine hübsche Belohnung auf ihn ausgesetzt.

Fünf Stunden später hielt Giuseppe an einer Tankstelle.»Vollmachen«, wies er den Tankwart an. Dann ging er nach hinten und warf einen Blick auf die Ladefläche. Sein Fahrgast schlief fest.

Giuseppe betrat die Tankstelle und rief die Polizei an.

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