Eine Frau kam auf sie zu. Sie war mittelgroß, hatte eine aufregende Figur und ein Gesicht, das sicher hübsch hätte genannt werden können, wäre es von Haaren umrahmt gewesen. Ihre Augen waren groß und dunkel, und sie unternahm keinerlei Versuche, ihre Nacktheit vor den Blicken der anderen zu verbergen.
Burton selbst stellte fest, daß weder ihre noch die Nacktheit der anderen Frauen ihn erregte. Er fühlte sich von einer tiefen Ruhe überkommen.
Die Frau sprach mit einer wohlmodulierten Stimme und eindeutigem Oxford-Akzent. »Ich bitte um Verzeihung, meine Herren, aber es war mir unmöglich, ihr Gespräch zu überhören. Sie sind die einzigen Menschen, die ich englisch sprechen hörte, seit ich aufwachte in diesem… was immer es darstellen mag. Ich bin Engländerin und auf der Suche nach Schutz. Ich appelliere an ihr Mitgefühl.«
»Glücklicherweise, Madam«, sagte Burton, »sind Sie genau auf die richtigen Männer gestoßen. Da ich leider nur für mich allein sprechen kann, möchte ich Sie zumindest meines Schutzes versichern, gleichgültig, was auch geschehen mag. Allerdings habe ich früher auch einige Gentlemen gekannt, denen Sie besser nicht über den Weg gelaufen wären. Nebenbei gesagt, dieser Gentleman hier ist kein Engländer, sondern ein Yankee.«
Es erschien ihm seltsam, an einem solchen Tag in diesem formalen Tonfall zu sprechen, während um sie herum die Hölle ausgebrochen zu sein schien und die Menschen schreiend und weinend die Hügel hinauf- und hinabliefen und dabei so nackt waren wie frischgeborene Babys und so haarlos wie Fische.
Die Frau streckte Burton die Hand entgegen und sagte: »Ich bin Mrs. Hargreaves.«
Burton nahm ihre Hand, verbeugte sich und hauchte einen zaghaften Kuß auf die Finger. Er kam sich wie ein Narr vor, aber zu gleicher Zeit schien diese Geste einen guten Einfluß auf die Gesundheit seiner Psyche auszuüben.
Vielleicht konnte man, wenn man die Umgangsformen einer zivilisierten Gesellschaft beibehielt, auch die ›Rechtmäßigkeit‹ der Dinge aufrechterhalten.
»Ich bin der verstorbene Captain Sir Richard Francis Burton«, stellte er sich sanft lächelnd vor. Wie sich das anhörte: Der Verstorbene. »Vielleicht haben Sie von mir gehört?«
Sie zog die Hand zurück und streckte sie erneut aus.
»Ja, ich habe von Ihnen gehört, Sir Richard.«
Jemand sagte: »Das kann doch nicht wahr sein!«
Burton sah Frigate an. Er war es gewesen, der diesen Satz von sich gegeben hatte.
»Und warum nicht?« fragte er.
»Richard Burton!« sagte Frigate. »Ja. Ich habe mich schon gewundert, aber ohne jegliches Haar?«
»Yeah?« dehnte Burton das Wort.
»Yeah!« erwiderte Frigate. »Genauso, wie die Bücher es sagten!«
»Wovon reden Sie eigentlich?«
Frigate schnappte hastig nach Luft und sagte dann: »Das ist doch jetzt egal, Mr. Burton. Ich will es gerne später erklären. Aber Sie sollen wissen, daß ich sehr bewegt bin und momentan nicht in der Lage, meine Sinne zusammenzuhalten. Ich nehme an, daß Sie das verstehen.«
Er warf Mrs. Hargreaves einen eingehenden Blick zu, schüttelte den Kopf und fragte: »Lautet Ihr Vorname Alice?«
»Wieso?« fragte sie. »Natürlich.« Sie lächelte und entpuppte sich dabei sogar ohne Haar als absolute Schönheit. »Woher wissen Sie das? Haben wir uns schon einmal getroffen? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Alice Pleasance Liddell Hargreaves?«
»Ja.«
»Ich muß mich hinsetzen«, sagte der Amerikaner. Er begab sich unter die Bäume, nahm Platz und lehnte den Rücken gegen den Baumstamm. Seine Augen schienen ein wenig glasig zu sein.
»Ein verspäteter Schock«, erklärte Burton.
Es würde sicher nicht lange dauern, dann würden auch die anderen erneut über ihre Lage nachdenken und ähnlich reagieren. Im Moment war es jedoch am wichtigsten, für Obdach zu sorgen, Nahrung zu sammeln und einen gemeinsamen Selbstverteidigungsplan zu entwickeln.
In Italienisch und Slowenisch sprach Burton auf die anderen ein und stellte sie einander vor. Niemand protestierte, als er den Vorschlag machte, ihm zum Flußufer hinab zu folgen.
»Ich bin sicher, daß ein jeder von uns durstig ist«, sagte er. »Und außerdem sollten wir unbedingt diesen steinernen Pilz einer Untersuchung unterziehen.«
Die dazwischen liegende Ebene war rasch durchquert. Die Leute saßen oder lagen auf dem Gras. Sie kamen an einem heftig streitenden, rotgesichtigen Paar vorbei, das allem Anschein nach einmal verheiratet gewesen war und hier seinen lebenslangen Disput fortsetzte. Plötzlich stand der Mann auf und ging weg. Die Frau sah ihm ungläubig nach und rannte dann hinterher, doch er stieß sie mit solch brutaler Gewalt von sich, daß sie das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte. Schnell tauchte er in der Menge unter, während die Frau herumlief, seinen Namen schrie und ihm damit drohte, einen Skandal zu entfachen, wenn er nicht auf der Stelle zu ihr zurückkehren würde.
Burton dachte kurz an seine eigene Frau Isabel. Er hatte sie in dieser Menge nicht gesehen, aber das mußte nicht bedeuten, daß sie nicht hier war. Auch sie würde nach ihm suchen und nicht eher aufgeben, bis sie ihn gefunden hatte.
Er drängte sich durch die Menge bis ans Flußufer, kniete sich nieder und begann mit der hohlen Hand Wasser zu schöpfen. Es war kühl, klar und erfrischend. Burtons Magen fühlte sich absolut leer an. Kaum hatte er den Durst gestillt, als er ein starkes Hungergefühl verspürte.
»Die Wasser des Lebensflusses«, sagte er. »Der Styx? Lethe? Nein, Lethe nicht. Ich erinnere mich an alles aus meiner irdischen Existenz.«
»Ich wünschte, ich könnte die meinige vergessen«, sagte Frigate.
Alice Hargreaves kniete am Rand des Flusses und füllte eine Hand mit Wasser, während sie sich mit der anderen abstützte. Sie war wirklich von liebreizender Gestalt, dachte Burton und fragte sich, ob sie wohl blond war, wenn ihr Haar wieder wuchs — falls es je wieder wuchs. Vielleicht hatte derjenige, dem sie die hiesige Existenz zu verdanken hatten, aus irgendeinem Grund entschieden, daß sie für den Rest ihres Daseins kahlköpfig bleiben würden. Dann erklommen sie die Spitze des nächstliegenden Pilzfelsens. Er war von einer körnig-grauen Oberfläche, in der sich da und dort rote Flecke zeigten. Sie wies tatsächlich siebenhundert Vertiefungen auf, die fünfzig konzentrische Kreise bildeten. In der Mittelpunktvertiefung steckte ein Metallzylinder. Ein kleiner, dunkelhäutiger Mann mit einer großen Nase und einem fliehenden Kinn untersuchte ihn gerade. Als die anderen erschienen, schaute er lächelnd auf.
»Er läßt sich nicht öffnen«, erklärte er auf deutsch. »Aber vielleicht ist es auch nur eine Frage der Zeit. Ich bin sicher, daß er nur eine Art Hinweis für uns darstellen soll.«
Er stellte sich als Lev Ruach vor und wechselte, nachdem Burton, Frigate und Mrs. Hargreaves ihre Namen genannt hatten, sofort in ein stark akzentuiertes Englisch über.
Mehr zu sich selbst als den anderen zugewandt sagte er: »Ich war Atheist, aber jetzt bin ich mir meiner Sache nicht mehr ganz so sicher. Dieser Ort stellt sogar für einen Atheisten einen ziemlichen Schock dar, wissen Sie?
Und dieser Schock unterscheidet sich von dem, der all jene erfassen muß, die an ein Weiterleben nach dem Tode glaubten, nicht sonderlich. Nun, ich muß wohl einsehen, daß ich einem Irrtum unterlegen war. Aber das kommt ja auch nicht zum ersten Mal vor.«
Er kicherte und sagte zu Monat: »Ich habe Sie sofort erkannt. Sie können von Glück sagen, daß man Sie innerhalb einer Gruppe von Menschen, die hauptsächlich dem neunzehnten Jahrhundert entstammen, hat aufwachen lassen.
Ansonsten hätte man sie bestimmt gelyncht.«
»Was meinen Sie damit?« fragte Burton.
»Er hat die Erde vernichtet«, erwiderte Frigate. »Zumindest glaube ich, daß er das tat.«
Monat sagte betrübt: »Der Taster war darauf abgestimmt, nur menschliche Wesen zu töten. Er hätte nie die gesamte Menschheit ausgerottet.
Normalerweise hätte er — nach der Vernichtung einer gewissen Anzahl von Leben, auch wenn diese Zahl sehr hoch war — aufgehört zu arbeiten. Glaubt mir, meine Freunde, ich hätte es nie weiter kommen lassen. Ihr habt keine Ahnung, was es mich gekostet hat, mich zu der Entscheidung durchzuringen, den Knopf überhaupt zu drücken. Aber ich mußte meine Leute beschützen. Ihr habt mich praktisch dazu gezwungen.«
»Alles fing damit an, daß Monat in einer direkt ausgestrahlten Fernsehsendung auftrat«, sagte Frigate. »Er machte dabei eine Bemerkung, die er besser hätte unterlassen sollen. Er sprach davon, daß die Wissenschaftler seines Volkes die Fähigkeit besäßen, zu verhindern, daß die Leute älter würden. Theoretisch gäbe es für die Taucetianer keinen Tod mehr. Dennoch setze man diese Techniken nicht ein; sie seien auf Tau Ceti verboten.
Daraufhin fragte der Interviewer ihn, ob es möglich sei, diese Technik auch auf Erdbewohner anzuwenden, und Monat erwiderte, er sehe keine Gründe, die dagegensprächen, aber da diese Verjüngungskur seinem Volk verboten sei, würden auch die Menschen darauf verzichten müssen. In diesem Moment setzte der Regierungszensor sich in Bewegung und ließ die Direktübertragung unterbrechen. Aber es war bereits zu spät.«
»Die amerikanische Regierung«, fuhr Lev Ruach fort, »ließ anschließend verbreiten, daß Monat die Frage falsch verstanden habe, weil er die englische Sprache noch nicht gut genug verstünde, aber niemand glaubte ihr.
Nicht nur die Bevölkerung der USA, praktisch die ganze Welt verlangte, daß Monat mit dem Geheimnis des ewigen Lebens herausrücken sollte.«
»Was ich natürlich nicht tat«, sagte Monat. »Von den Mitgliedern unserer Expedition wußte überhaupt niemand etwas Genaues über diese Lebensverlängerungstechnik. Selbst auf unserem Heimatplaneten waren nur sehr wenige damit vertraut. Aber als ich das den Leuten sagte, hatte das keinerlei Wirkung auf sie. Sie hielten mich für einen Lügner. Es gab einen Aufruhr, und dann stürmte der Mob den Platz, auf dem unser Raumschiff stand, durchbrach den Kordon der Wachen und drang auf uns ein. Ich mußte mit ansehen, wie meine Freunde, während sie versuchten, mit den Leuten zu reden, förmlich in Stücke gerissen wurden. Und so tat ich das, was ich tun mußte — nicht aus Rachegefühlen heraus, sondern aus einem ganz anderen Motiv. Mir war klar, daß, nachdem man uns umgebracht hätte — oder auch nicht —, die amerikanische Regierung in ihrem Verhalten umschwenken würde. Wenn sie sich erst einmal unseres Schiffes bemächtigt hätte, würden ihre Wissenschaftler es auseinandernehmen und recht bald duplizieren können. Anschließend würden sie eine Invasionsflotte gegen meinen Planeten aussenden. Mit diesem Wissen vor Augen blieb mir keine andere Wahl, als dafür zu sorgen, daß die Erde in ihrer Entwicklung um einige Jahrtausende zurückgeworfen wurde. Ich mußte, um meine eigene Welt zu retten, dem in der Umlaufbahn kreisenden Taster ein Signal zusenden. Hätte ich die Gelegenheit gehabt, die Selbstvernichtungsanlage meines Schiffes zu erreichen, wäre es sicher nicht so weit gekommen, aber es war mir unmöglich, den Kontrollraum zu betreten.
Also aktivierte ich den Taster. Kurz darauf durchbrach der Mob die Tür des Raumes, in dem ich mich aufhielt. Was dann geschah, weiß ich nicht mehr.«
Frigate sagte: »Ich befand mich in einem Hospital auf West-Samoa und war dabei, an Krebs zu sterben. Ich fragte mich, ob man mich neben Robert Louis Stevenson beerdigen würde. Aber die Chance war nicht sehr groß, das war mir klar. Auch wenn ich die Ilias und die Odyssee ins Samoanische übersetzt hatte… Und dann drangen die Nachrichten zu mir durch. Überall auf der Welt starben die Menschen wie die Fliegen. Und der Grund ihres Sterbens war von einer beinahe fatalen Offensichtlichkeit. Der die Erde umkreisende Satellit der Taucetianer strahlte irgend etwas auf die Erde ab, das die Menschen in ihre Schranken verwies. Das letzte, was ich weiß, ist, daß die USA, England, die Sowjetunion, China, Frankreich und Israel alle Raketen in den Raum hinausjagten, um den Satelliten zu zerstören. Der Taster befand sich auf einem Kurs, der bald auch Samoa erreichen würde. Ich glaube, daß dies zuviel für meine angegriffene Gesundheit gewesen ist. Ich verlor das Bewußtsein.
Das ist alles, an das ich mich erinnern kann.«
»Die Raketen erreichten ihr Ziel nicht«, sagte Ruach. »Der Taster vernichtete sie, noch ehe sie ihm nahe genug waren.«
Burton, der begriff, daß er noch eine Menge über das Leben nach 1890 zu lernen haben würde, stellte fest, daß jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, über solche Dinge zu sprechen. »Ich schlage vor, daß wir uns zunächst einmal in Richtung auf die Hügel in Bewegung setzen«, meinte er. »Wir sollten uns damit vertraut machen, welche Art Vegetation auf ihnen wächst und auf welche Weise wir sie für unsere Zwecke verwenden können. Sollten wir auf Feuersteine stoßen, ist es uns vielleicht möglich, sie für den Bau von Waffen zu verwenden. Dieser alte Steinzeitbursche sollte an sich fähig sein, Steine zu bearbeiten. Und er könnte uns zeigen, wie man das macht.«
Sie marschierten über die kilometerlange Ebene auf die Hügel zu. Mehrere Leute schlossen sich ihnen an. Darunter befand sich auch ein etwa sieben Jahre altes, kleines Mädchen mit blauen Augen und einem hübsch geschnittenen Gesicht. Als Burton sie in zwölf verschiedenen Sprachen fragte, ob sie allein und niemand von ihren Eltern in der Nähe sei, starrte sie ihn nur bewundernd an und erwiderte etwas in einem Idiom, das keiner verstand.
Diejenigen aus der Gruppe, die mehrere Sprachen beherrschten, versuchten alles, um etwas über das Mädchen herauszufinden, aber es war zwecklos.
Nachdem man nahezu jede europäische Sprache probiert hatte, versuchte man es mit afrikanischen und asiatischen: Hebräisch, Hindustani, Arabisch, einem Berberdialekt, Rumänisch, Türkisch, Persisch, Latein, Griechisch und Pushtu.
Frigate, der ein wenig Walisisch und Gälisch konnte, versuchte ebenfalls sein Glück, woraufhin sich die Augen des Mädchens weiteten und sie die Stirn runzelte. Sie erweckte mit ihrem Verhalten den Eindruck, als kämen Frigates Worte ihr irgendwie bekannt vor. Aber offenbar waren sie zu stark abgewandelt, als daß sie sie zu verstehen vermochte.
»Nach dem, wie sie sich benimmt«, meinte Frigate, »könnte sie eine Gallierin aus einer sehr alten Zeitperiode sein. Und sie benutzt immer wieder das Wort Gwenafra. Ob das ihr Name ist?«
»Wir werden ihr Englisch beibringen«, sagte Burton. »Und werden sie Gwenafra nennen.« Er hob das Mädchen auf seine Arme und trug sie. Obwohl sie in Tränen ausbrach, machte sie keinen Versuch, sich zu befreien, und Burton kam zu dem Schluß, daß ihr Weinen nichts anderes war als ein Ausdruck unbeschreiblicher Freude darüber, endlich einen Beschützer gefunden zu haben. Burton senkte den Kopf ein wenig und legte ihn gegen den Körper des Kindes. Er wollte nicht, daß die anderen die Tränen, die sich in seinen Augen sammelten, sahen.
An der Stelle, wo die Ebene in die Hügellandschaft überging, endete — als hätte man eine Linie gezogen — auch der kurzhalmige Grasteppich. Von nun an war der Bodenbewuchs hüfthoch. Die Umgebung war von wildwucherndem Gestrüpp, gigantischen Bäumen in allen möglichen Farben bestanden. Wilder, dicker Bambus wuchs überall. Es waren verschiedene Arten, von denen einige weich und kaum einen Meter hoch, andere jedoch beinahe richtige Wälder bildeten, die beinahe fünfzehn Meter in die Höhe wuchsen. Viele der Bäume waren von Ranken umschlungen, auf denen große grüne, rote, gelbe und blaue Blüten leuchteten.
»Bambus ist das ideale Material für Lanzenschäfte«, sagte Burton. »Außerdem kann man daraus Wasserleitungen, Behälter und Hütten bauen. Auch Möbel und Boote und Holzkohle kann man daraus machen, die den Grundstoff für Schießpulver abgibt. Die Spitzen der jungen Bambuspflanzen kann man essen.
Aber zuerst benötigen wir Steine, um daraus Werkzeuge zu machen, mit denen wir Holz schneiden und bearbeiten können.«
Je näher sie den Bergen kamen, desto mehr stieg auch das Hügelgelände an.
Nachdem sie vier Kilometer in ziemlich schnellem Tempo und fünfzehn weitere in ziemlich erschöpftem Zustand zurückgelegt hatten, verwehrte ihnen der erste Berg das weitere Fortkommen. Er erhob sich gezackt und moosbewachsen vor ihnen aus dem Boden und sie hatten, wenn sie herausfinden wollten, wie gewaltig er war, keine andere Möglichkeit, als die der Schätzung. Burton kam auf mindestens sechstausend Meter. Wohin sie auch blickten — der Berg stellte für sie ein unüberwindliches Hindernis dar.
»Ist Ihnen eigentlich schon aufgefallen, daß es hier überhaupt keine Tiere gibt?« sagte Frigate. »Nicht mal Insekten.«
Burton stieß einen überraschten Ruf aus, eilte auf eine Geröllansammlung zu und entnahm ihr einen faustgroßen, grünlich schimmernden Stein. »Wenn wir davon noch einige finden«, sagte er, »können wir Messerklingen, Speerspitzen, Beile und Äxte herstellen. Dann hätten wir schon einmal die Ausgangsbasis für Hütten, Boote und viele andere nützliche Dinge.«
»Wir werden Werkzeuge und Waffen irgendwie an hölzernen Griffen befestigen müssen«, erwiderte Frigate. »Aus was sollen wir Schnüre herstellen?«
»Vielleicht aus Menschenhaut«, meinte Burton.
Die anderen warfen ihm schockierte Blicke zu. Burton stieß ein seltsam meckerndes Lachen aus. Es klang ein wenig schrill und schien zu einem derart maskulin wirkenden Mann wie ihm gar nicht zu passen. »Wenn man uns dazu zwingt, zur Verteidigung des eigenen Lebens zu töten — oder das Glück haben, über die Leiche eines im Zweikampf mit einem anderen Menschen Getöteten zu stolpern —, wären wir absolute Narren, wenn wir das, was sich uns anbietet, nicht nutzten. Sollte aber einer von Ihnen bereit sein, sich zugunsten der Gruppe aufzuopfern, möge er vortreten! Wir würden seiner natürlich ewig gedenken.«
»Ich zweifle nicht daran, daß Sie scherzen«, sagte Alice Hargreaves. »Ich jedenfalls bin nicht in der Lage, solche Gespräche ernstzunehmen.«
Frigate sagte: »Haltet euch in seiner Nähe auf — und ihr werdet noch ganz andere Dinge zu hören bekommen.« Aber was er damit meinte, wurde niemandem so recht klar.