Mister Jenkins und sein Sohn

Mister Jenkins kam mit einem unheilschwangeren Gesicht auf unseren Tisch zu. «Wo steckt dieser Enkelsohn von Ihnen?», fuhr er meine Großmutter an. Er benahm sich unhöflich, und er sah sehr wütend aus.

Meine Großmutter musterte ihn mit einem eisigen Blick, gönnte ihm jedoch keine Antwort.

«Ich vermute nämlich stark, dass er und mein Sohn Bruno irgendeine Teufelei ausgeheckt haben», fuhr Mister Jenkins fort. «Bruno ist nämlich nicht zum Abendessen aufgetaucht, und es gehört schon was dazu, dass dieser Junge sein Essen versäumt!»

«Ich muss zugeben, dass er einen gesunden Appetit hat», bemerkte meine Großmutter.

«Ich habe das Gefühl, dass Sie mit ihm unter einer Decke stecken», fuhr Mister Jenkins fort. «Ich habe keine Ahnung, wer Sie zum Teufel sind, und es ist mir auch egal, aber Sie haben mir und meiner Frau heute Nachmittag einen gemeinen Streich gespielt. Sie haben eine dreckige kleine Maus auf den Tisch gesetzt. Das lässt mich vermuten, dass Sie alle drei etwas ausgebrütet haben. Also, wenn Sie wissen, wo sich Bruno versteckt, so rücken Sie gefälligst sofort damit heraus!»

«Ich habe Ihnen keinen Streich gespielt», erwiderte meine Großmutter. «Diese Maus, die ich Ihnen geben wollte, war Ihr eigener kleiner Sohn Bruno. Ich habe mich Ihnen gegenüber nur freundlich erwiesen. Ich habe versucht, das Kind in den Schoß der Familie zurückzuführen. Sie haben sich geweigert, ihn anzunehmen.»

«Was zum Geier wollen Sie damit sagen, meine Gnädigste?», rief Mister Jenkins. «Mein Sohn ist keine Maus!» Sein schwarzer Schnurrbart zappelte beim Sprechen wie verrückt auf und ab. «Und jetzt raus damit, Sie Weibsperson! Wo steckt er? Antworten Sie gefälligst!»

Die Familie an unserem Nachbartisch hatte aufgehört zu essen. Alle starrten Mister Jenkins an.

Meine Großmutter saß friedlich da und paffte genüsslich an ihrer schwarzen Zigarre. «Ich kann Ihre Aufregung gut verstehen, Mister Jenkins», sagte sie. «Jeder andere englische Vater würde genauso aus der Haut fahren wie Sie. Aber drüben in Norwegen, woher ich stamme, sind wir an solche Ereignisse gewöhnt. Wir haben gelernt, sie als einen Teil des Alltagslebens zu akzeptieren.»

«Sie müssen verrückt sein, Weib!», schrie Mister Jenkins. «Wo ist Bruno? Wenn Sie mir das nicht auf der Stelle sagen, rufe ich die Polizei!»

«Bruno ist eine Maus», antwortete meine Großmutter unerschütterlich ruhig.

«Er ist todsicher keine Maus!», rief Mister Jenkins.

«O doch, ich bin eine!», sagte Bruno und schob seinen Kopf aus der Handtasche.

Mister Jenkins sprang fast einen Meter hoch in die Luft.

«Hallo, Vati», sagte Bruno. Auf seinem Gesicht lag eine Art von mäusischem Lächeln.

Mister Jenkins' Unterkiefer klappte so weit auf, dass man die Goldfüllungen in seinen Backenzähnen erkennen konnte.

«Mach dir keine Sorge, Vati», fuhr Bruno fort. «So schlimm ist das gar nicht. Hauptsache, die Katze erwischt mich nicht.»

«B-b-bruno!», stammelte Mister Jenkins.

«Und nie mehr Schule!», fuhr Bruno fort und grinste jetzt ein breites und dämliches Mausegrinsen. «Nie mehr Hausaufgaben! Ich werde in den Küchenschrank ziehen und von Rosinen und Honig leben.»

«A-a-aber B-b-bruno», stammelte Mister Jenkins wieder. «Wiwiwie ist das nur passiert?» Aus dem armen Mann war die ganze Luft heraus.

«Hexen», erklärte meine Großmutter. «Die Hexen haben das gemacht.»

«Ich kann doch nicht eine Maus als Sohn haben!», schrie Mister Jenkins.

«Aber jetzt haben Sie eine», entgegnete meine Großmutter. «Seien Sie lieb zu ihm, Mister Jenkins.»

«Missis Jenkins wird wahnsinnig werden!», jammerte Mister Jenkins. «So was kann sie nicht ertragen!»

«Sie braucht sich nur an ihn zu gewöhnen», erwiderte meine Großmutter. «Hoffentlich haben Sie keine Katze zu Hause.»

«Aber doch! Aber natürlich!», rief Mister Jenkins. «Meine Frau liebt Topsy über alles in der Welt.»

«Dann werden Sie sich eben von Topsy trennen müssen», stellte meine Großmutter fest. «Ihr Sohn ist wichtiger als eine Katze.»

«Das will ich wohl meinen!», rief Bruno im Inneren des Lederbeutels. «Sag Mami, dass sie Topsy weggeben muss. Eher komm ich nicht nach Hause!»

Unterdessen beobachtete der halbe Speisesaal unsere kleine Gruppe. Messer und Gabeln und Löffel waren längst beiseite gelegt, und überall wurden die Hälse gereckt und die Köpfe gedreht, um Mister Jenkins anzustarren, wie er so dastand und stotterte und fluchte. Sie konnten weder Bruno noch mich sehen, und deshalb zerbrachen sie sich vergeblich die Köpfe, um was der ganze Wirbel ging.

«Ach übrigens», sagte meine Großmutter. «Möchten Sie gerne wissen, wer ihm das angetan hat?» Auf ihrem Gesicht lag ein kleines boshaftes Lächeln, und ich merkte, dass sie auf dem besten Wege war, Mister Jenkins Schwierigkeiten zu bereiten.

«Wer?», rief er. «Wer war das?»

«Diese Dame dort drüben», erwiderte meine Großmutter. «Die zierliche in dem schwarzen Kleid am Kopf der langen Tafel.»

«Sie gehört zum kgvk!», rief Mister Jenkins. «Sie ist die Vorsitzende!»

«Nein, das ist sie nicht», berichtigte meine Großmutter. «Sie ist die Hoch- und Großmeister-Hexe des gesamten Erdkreises.»

«Sie behaupten also, sie hätte das getan? Dieses mickrige kleine Weib da drüben?», rief Mister Jenkins und zeigte mit seinem langen Zeigefinger auf sie. «Bei Gott, der werd ich meine Anwälte auf den Hals hetzen. Die muss mir das bezahlen, und wenn sie Pleite geht!»

«Ich würde nichts überstürzen», riet ihm meine Großmutter. «Diese Dame besitzt Zauberkräfte. Sie könnte den Entschluss fassen, Sie in etwas noch Lächerlicheres als eine Maus zu verhexen. Vielleicht in eine Kakerlake.»

«Mich in eine Kakerlake verwandeln?», rief Mister Jenkins und warf sich in die Brust. «Das wollen wir doch mal sehen!»

Er drehte sich um und begann, quer durch den Speisesaal auf den Tisch der Hoch- und Großmeister-Hexe zuzumarschieren. Meine Großmutter und ich beobachteten ihn. Bruno war auf unseren Tisch gehüpft und beobachtete seinen Vater auch. Fast jeder im Speisesaal verfolgte jetzt das, was Mister Jenkins tat. Ich blieb, wo ich war, und spähte aus der Handtasche meiner Großmutter heraus. Ich dachte, es könnte gescheiter sein, in Deckung zu bleiben.

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