Die Schätze des Königs Biskalar

Biskalar, der König von Cyprosia, war für seine unermeßlichen Reichtümer berühmt, die im Königsschlosse gehortet waren. In seiner Schatzkammer hatte er alles, was sich aus Weißgold und Gelbgold nur verfertigen läßt, aus Uran und Platin, aus Hornblende, Rubinen, Onyxen und Amethystkristallen. Gern watete er bis über die Knie in Kleinodien und Juwelen, und er pflegte zu sagen, so eine Wertsache gebe es gar nicht, daß er ihresgleichen nicht auch zu eigen besäße.Die Kunde von dieser königlichen Prahlerei gelangte zu einem trefflichen Konstrukteur; der war bei Wismod, dem Herrn über die Diaden und Triaden, die kugeligen Stemhaufendörfer, eine Zeitlang Oberstfügermeister und Leibzuschneider gewesen. Nun begab sich der Konstrukteur an den Hof Biskalars und verlangte dort, vor dessen Angesicht geführt zu werden; als er sich aber im Thronsaal vorfand und den König auf einem geschnitzten Stühlchen aus zwei riesigen Brillanten sitzen sah, da verschwendete er keinen Blick an die goldenen Fußbodenfliesen mit Intarsien aus schwarzem Achat, sondern sagte geradewegs zum König: sofern dieser ihm die Liste der eigenen Wertstücke vorweise, wolle er selbst, der Konstrukteur Kreazius, ihm auf der Stelle ein Kleinod zeigen, wie es der Königsschatz nicht enthalte.

„Gut“ — sprach Biskalar. „Gelingt dir dies aber nicht, so werde ich dich mit Magneten über meinen silbernen Schloßhof schleifen und mit goldenen Stiften vernageln, und dann deinen Schädel, in Iridium gefaßt, am Sonnentor aufhängen, zum Schrecknis für alle Maulhelden!“ Sogleich wurde denn auch die königliche Vermögensliste gebracht; hundertvierzig Elektronenfuchser hatten bei größtmöglicher Eile sechs Jahre daran geschrieben.

Kreazius ließ die Riesenfaszikel in den schwarzen Turm schaffen, den ihm der König für drei Tage zur Wohnung eingeräumt hatte, schloß sich dort ein und erschien anderntags vor Biskalar. Zum Empfang hatte sich der König mit solchen Schätzen umgeben, daß der weiße und goldene Widerschein sich in die Augen einbrannte. Doch unbeirrt bat Kreazius, man möge ihm ein Körbchen gewöhnlichen Sand bringen, oder Erde, oder auch Müll. Als dies geschehen war, schüttete Kreazius auf das Gold der Fliesen die fahlgraue Masse aus und steckte eine Sache hinein, die er zwischen zwei Fingern gehalten hatte. So winzig war sie, daß sie einem nimmerverlöschenden Fünkchen glich. Im Nu fraß sich der Funke in das graue Häufchen hinein und verwandelte es — vor des Königs erstaunten Augen — in ein bewegliches Kleinod, das klingend und lichtpulsend wuchs, immer größer und schöner, so daß es den toten Reiz der Kleinodien verdunkelte, und alle Anwesenden die Augen schließen mußten, versehrt von der Schönheit, deren Übermaß keiner ertragen konnte: denn sie steigerte sich immerzu. Der König selbst schirmte sein Gesicht und rief: „Genug!“ Da verneigte sich Kreazius, der Konstrukteur, und setzte ein zweites, ein schwarzes Fünkchen auf das voll erblühte Spielchen-spieldich; dieses aber wurde in einem einzigen Augenblick wieder zum simplen fahlgrauen Klumpen verkrusteter Erde.Großer Zorn und Neid verbissen sich da in dem König Biskalar.

„Dafür, daß du Schande über mich gebracht hast, drohe ich dir den Martertod an“ — sprach er. „Doch auf daß nicht gesagt werde, ich hätte dich durch Betrug gefangengesetzt und entgegen meinem königlichen Wort schleifen und vierteilen lassen, will ich dir drei Proben aufgeben. Gehst du heil daraus hervor, so schenke ich dir Gesundheit und Freiheit. Meisterst du aber die Proben nicht, dann wehe dir, Fremdling!“ Kreazius sagte nichts und stand ruhig da, während Biskalar in seiner Rede fortfuhr:

„Nun die erste Probe: Wenn du alles zu tun vermagst, wie du dich gebrüstet hast, dann geh noch diese Nacht in meine unterirdische Schatzkammer. Damit du mir aber bezeugen kannst, bis in ihr Herz vorgedrungen zu sein, will ich dir sagen, daß sie vier Stockwerke hat. Ihrer letztes ist weiß wie Schnee und ganz leer; darin steht nur ein brillantenes Ei, es ist hohl und beherbergt eine metallene Kugel. Morgen, genau zu Mittag, sollst du ins Schloß kommen und mir diese vorweisen. Für jetzt magst du fortgehen.“Da verneigte sich Kreazius und ging. Aber der grausame Biskilar hatte ihm einen Hinterhalt bereitet: denn selbst wenn der Konstrukteur glücklich in die Schatzkammer dringen konnte, war es doch wohl unmöglich, heilen Leibes die Metallkugel herauszutragen. Die war nämlich aus purem Radium gedreht. Mit furchtbarer Strahlung sengte sie die Mauern, und tausend Schritt im Umkreis trübte sie jeden Verstand.

Als die Nacht herabsank, trat Kreazius aus seinem Turmgelaß und ging zum Schloß. Abseits der Postenkette, die von Zinne zu Zinne Parolen weitergab, griff er in die Brustfalte seines Gewandes, zog ein kleines Döschen hervor, setzte auf die flache Hand drei milchige Funken und blies darauf. Sie blähten sich zu perlheller Weiße auf, sie hüllten die gewappneten Wächter in Wolken, und solcher Nebel kam auf, daß niemand einen Schritt weit sehen konnte. Da ging Kreazius zwischen den Schildwachen durch und die Treppen hinab. In einem Saal endlich, dessen Decke aus Chalzedon war, die Wände von Chrysoberyll, die Bodenfläche aber aus Smaragden, so daß sie wie ein blauer See inmitten edler Felsen aussah, erblickte Kreazius die Schatzkammertür und davor eine schwarze gliederfüßige Maschine. Über ihrem Rücken aber wölbte sich die Luft, wie eine erhitzte Glasplatte.“Sag mir, welches der Ort ist“, — sprach die Maschine — „der weder Wände noch Mauern noch Gitter hat und den nie jemand verlassen hat und nie jemand verlassen wird?“

„Der Kosmos ist dieser Ort“ — erwiderte der Konstrukteur. Da wankte die Maschine auf ihren acht Beinen und fiel mit solchem Getöse auf die Smaragdplatte hin, als kollerten die Gewichte vieler Uhren über die Kristallfläche, plötzlich von den Ketten abgeschnitten. Er schritt über die Maschine hinweg, packte einen purpurnen Funken aus und trat dicht vor die Schatzkammertür, die aus einem einzigen Titanblock gemacht war. Hier ließ Kreazius das Fünkchen los. In leuchtendem Bogen schlüpfte es ins Schlüsselloch. Bald tauchte daraus ein weißer Sproß hervor. Ihn faßte Kreazius zart, rückte daran und zog aus dem Loch ein Büschel zitternder Halme oder Saiten, das sich aus dem Fünkchen entwickelt hatte. Dies besah er und las die darin gespeicherte Botschaft ab.“Dem Biskalar muß da ein trefflicher Handwerker gedient haben“ — dachte er. „Daß er die Schatzkammer gar mit einem Atomschloß auszurüsten wußte!“

Denn in der Tat führte zur Schatzkammer kein anderer Schlüssel, als einer aus einem Atomwölkchen. Dieser Gasschlüssel mußte in die Offnung geblasen werden, so zwar, daß Atome der seltensten Elemente — als da sind: Hafnium, Technetium, Niobium und Zirkonium — in ganz bestimmter Reihenfolge die Zuhaltungen drehten, damit die riesigen Riegel in ihren Lagern zurückweichen konnten, geschoben von elektrischem Strom. So ging denn der Konstrukteur im Finstern aus dem Vorhaus der Schatzkammer fort und verließ die Stadt. Im Bergland des Planeten begann er bei Sternenlicht die zum Werk benötigten Atome zu sammeln.“Da habe ich sechzig Millionen aus Niobium“ — sagte er sich eine Stunde vor Tagesgrauen. „Und hier — aus Zirkonium eine Milliarde und sieben Stück. Da sind auch hundertsechzehn aus Hafnium. Aber wo nehme ich Technetium her? Davon gibt es auf diesem Planeten nicht ein Atom?“

Er blickte zum Himmel auf, das erste Morgenrot entfachte sich schon und kündigte den Sonnenaufgang an, und auf einmal lächelte der Konstrukteur, denn er begriff: jene Atome gab es auf der Sonne. Der schlaue Biskalar hatte den Schlüssel zu seiner Schatzkammer im Sonnenstern verborgen! Kreazius entnahm dem Döschen, das ihn stets begleitete, ein unsichtbares Fünkchen (das war aus härtester Strahlung gemacht), und er entließ es aus der offenen Hand, der weiß emporsteigenden Sonne entgegen. Zischend verschwand es. Keine fünfzehn Minuten vergingen, und im Himmel erzitterte die Luft. Denn die Technetium-Atome, aus der Sonne gebracht, hatten noch Sonnenhitze in sich. Der Konstrukteur fing sie alle ein, wie sumsige Insekten, schloß sie zu den übrigen ins Döschen und ging zum Königsschloß, denn die Zeit rückte schon heran.Der Nebel lag noch immer da, demnach sahen die Wachen nicht, daß Kreazius in den Tiefbau lief und den Gasschlüssel ins Türschloß hineinblies. Kreazius neigte sich hin und hörte die einzelnen Zuhaltungen schnappen, doch die Tür regte sich gar nicht.

„Du hast dich doch nicht etwa geirrt, mein Fünkchen? Das kann mich den Kopf kosten!“ — sprach er und schlug zornig mit der Faust auf die Tür. Und das letzte aus der Sonne geholte Technetiumatom, das noch nicht ganz erkaltet war und deshalb den Weg verfehlt hatte, drehte nun die störrische Zuhaltung; und die Schatzkammertür, ebenso dick wie breit, öffnete sich leise.Kreazius lief ins Innere und durch ein Gemach, das von Smaragden grün wie der salzige Ozean war, und durch ein zweites, von Saphiren gleichsam himmelentrücktes, und durch ein drittes, brillantenes, das Regenbogenfarben wie Stacheln in die Augen stach, und hielt zuletzt in dem Saal, der so weiß war wie Schnee, und erblickte das diamantene Ei; doch die Wucht der Strahlung trübte das Denken sogleich, deshalb kniete Kreazius auf der Schwelle nieder und duckte sich. Nun erst erahnte er des Königs Hinterlist.

Kreazius schüttete blindlings Funken aus dem Döschen. Die waren grau und schwarz, wie die Nacht. Und sie entfalteten sich zu einer flaumigen Mauer und umgaben ihn, und so ging er zu dem brillantenen Ei. Und er kehrte zurück, wie von zottigem Gewölk umgeben, und trug die Radiumkugel. Er schloß die Tür der Schatzkammer und ging ins Königsschloß, denn die große Stadtuhr begann eben zwölf zu schlagen, und Biskalar lachte sich ins Fäustchen, weil er sich ausmalte, wie er nun den Konstrukteur, den Spötter, an Magneten umherschleifen werde.Da ertönte klingender Schritt, und Helle schoß empor, denn Kreazius trat in den Saal und warf die Radiumkugel auf die Fliesen, so daß sie bis an den Fußschemel des Königsthrons rollte. Auf ihrem Weg aber erstarb der Glanz der Kleinodien, und die Wände erblindeten unter der schweigenden Strahlung. Der König erbebte, sprang beidbeinig auf und versteckte sich hinter dem Thronsitz. Auf allen vieren, unter Bleischilden gedeckt, mußten sich die vierzig stärksten Elektritter langsam der furchtbar lodernden Kugel nähern. Sie stießen sie so lang mit Lanzen, bis sie aus dem Gemach rollte.

Da mußte König Biskalar zugeben, daß die erste Aufgabe erfüllt sei. Und sein Herz brütete Zorn ohnegleichen.“Wir werden sehen, ob du das zweite meistern wirst“ — sprach der König. Er ließ Kreazius sogleich an Bord eines Raumseglers schaffen, der nun dem Mond entgegenstrebte. Dies war ein wüster Himmelskörper, ein kahler Schädel, der wilde Felsen fletschte. Hier warf der Kommandeur des Raumseglers Kreazius auf die Felsen ab und sagte zu ihm:

„Komme von hier fort, wenn du kannst, und erscheine morgen mittag vor dem Angesicht des Königs! Wenn dir dies nicht gelingt, wirst du umkommen!“ Denn sollte auch niemand Kreazius holen kommen, um ihn auf der Folter zu bestrafen, so konnte dieser in einer so schrecklichen Wüste nicht lange durchhalten. Sobald er allein war, begann er den Übles verheißenden Platz zu untersuchen, auf dem er ausgesetzt worden war. Er wollte zu den bewährten Fünkchen greifen, doch fand er sie nicht. Offenbar hatte ihm während seines Schlafes jemand auf königlichen Befehl die Kleidung durchsucht und das rettende Döschen gestohlen.

„Gut steht die Sache nicht“ — sagte sich Kreazius. „Aber ganz schlimm steht sie auch wieder nicht. Denn erst dann hätte ich unweigerlich verspielt, wenn die mir auch den Verstand gestohlen hätten!“ Auf dem Mond gab es einen Ozean. Der war aber ganz zugefroren. Der Konstrukteur spitzte sich einen Flintbrocken zu. Damit hackte er viele Blöcke aus dem Eis und errichtete daraus so etwas, wie einen emporstrebenden Turm. Dann hieb Kreazius aus einem Eisblock eine Linse und sammelte darin die Sonnenstrahlen, so daß sie auf den gefrorenen Meeresspiegel fielen. Und da im Brennpunkt alsbald Wasser erschien, schöpfte Kreazius dieses mit den Händen ab und klatschte es gegen den Eisturm. Im Abfließen gefror das Wasser, verfugte die Eisblöcke und verlieh ihnen eine glatte, glänzende Außenhülle. So hatte der Konstrukteur zuletzt eine Kristallrakete vor sich, die aus weißem Eis errichtet war.“Das Schiff hätten wir!“ — sagte er. „Jetzt brauchen wir nur noch den Antrieb…“ Er suchte den ganzen Mond ab; doch von Uran oder anderen kraftvollen Elementen ließ sich keine Spur darauf finden.

„Pech!“ — sprach Kreazius. „Da hilft nichts, ich muß meinen eigenen Verstand annagen…“Und er öffnete sich den Kopf. Das Gehirn darin war nämlich nicht aus Materie gemacht, sondern aus Antimaterie, und fortbestehen konnte es lediglich dank der feinsten Feinschicht magnetischer Abstoßung zwischen den Schädelwänden und den denkenden Kristallhalbkugeln. Kreazius schnitt ein Loch in die Eiswand, bestieg die Rakete, schloß es hinter sich zu, goß Wasser darauf, damit die Tür zufröre, setzte sich auf den eisigen Grund, brach aus dem Kopf einen Krümel, so klein wie ein Sandkorn, und schleuderte dies unter sich auf das Eis.

Sogleich durchblendete den Eiskerker ein furchtbarer Blitz, die Rakete erbebte durch und durch, und aus dem Loch, aus dem durchstoßenen Boden, schossen Flammen. Doch nicht für lang reichte dieser Schwung. Kreazius mußte sich nochmals den Kopf zerbrechen, und sogar ein drittes Mal und ein viertes, schon beunruhigt, weil das Hirn spürbar kleiner und demzufolge ein wenig schwächer wurde. Doch just zu diesem Zeitpunkt erreichte die Rakete die Planetenatmosphäre und begann zu sinken.Die Luftreibung taute die Rakete auf, so daß sie immer kleiner wurde, aber auch immer langsamer fiel. Zuletzt blieb von ihr ein verrußter Eiszapfen übrig, doch in ebendiesem Augenblick trat Kreazius mit beiden Beinen auf festen Grund, verschloß sich den Kopf, rückte ihn zurecht und ging schnell zum Königsschloß, denn die Zeit drängte schon, und die Uhren schickten sich an, zwölf zu schlagen.

Der König erstarrte. Seine Wangen und Augen sprühten Funken. Von siedender Wut enthärtet, verdunkelte sich seine Stirn. Denn er hatte fest geglaubt, es gebe keine Rückkehr für Kreazius, dem er ja die hilfreichen Fünkchen geraubt hatte. Er selbst hatte sie samt dem Döschen in die Schatzkammer sperren lassen.“Gut!“ — sprach er. „Mir soll's recht sein! Nun die dritte Probe. Die scheint mir ziemlich leicht… Ich werde die Stadttore öffnen, du sollst hinauslaufen, und auf deine Spur hetze ich eine Meute von Jagdrobotern. Die sollen dich einholen und mit ihrem Stahl in Stücke reißen. Bringst du es zuwege, ihnen allen zu entwischen, und stehst du morgen um diese Zeit hier vor mir, dann sollst du frei sein!“

„Gut“ — erwiderte der Konstrukteur. „Aber vorerst bitte ich um eine Stecknadel…“Da lachte der König.

„Mir soll's recht sein, damit du nicht sagst, ich hätte dir eine Gnade verweigert! Gebt ihm sofort eine goldene Stecknadel!“„Nein, Majestät“ — entgegnete Kreazius. „Ich bitte um eine gewöhnliche, eiserne…“

Und als er eine bekommen hatte, lief er aus der Stadt hinaus, so schnell, daß ihm davon der Wind um die Ohren pfiff. Boshaft lachte der König, der von der Befestigungsmauer herab diese große Eile beobachtete. Denn er war überzeugt, die werde dem Konstrukteur nichts nützen. Der aber rannte, daß die Fußsohlen Sandwolken aufwirbelten, und richtete sich immerfort nach Westen. Solcherart schnitt er die magnetischen Kraftlinien des Planeten, und bald war die Stecknadel magnetisiert.Als Kreazius sie an einen Faden hängte, den er aus seinem Gewand getrennt hatte, da drehte sie sich und wies nach Norden.

„Einen Kompaß hätten wir schon. Immerhin etwas!“ — sprach der Konstrukteur und spitzte die Ohren, denn der Wind trug schon das Geräusch wilden Galoppierens herüber. Ja, aus den Stadttoren stürmte das Rudel der eisernen Roboter, laut schnappten sie und schlugen an und jagten hinter Kreazius drein. Er sah die Staubwolke am Horizont aufsteigen.“Wenn ich meine Fünkchen bei mir hätte“, — sprach Kreazius — „dann käme ich schnell mit euch zu Rande, ihr regsamen Nägelchen. Doch so oder so werde ich mit euch fertig! Und du verhilfst mir dazu, liebe Stecknadel.“ Und er lief weiter, so schnell er konnte, und sah achtsam nach den Ausschlägen der Nadel.

Die königlichen Hatzmeister hatten die Meute so gut auf seine Fährte gehetzt, daß alle Roboter schnurstracks-meteorstracks voranstürmten. Als der Konstrukteur sich umblickte, sah er, daß sie ihn im Nu einholen mußten. Denn das waren Jagdroboter mit Hochspannung und hurtigem Gang, eigens für Verfolgungsjagden geschult. Die Sonne schaute rostrot durch das Sandgewölk, das unter ihrer aller Galopp emporwogte. Man konnte nur hören, wie sie blindwütig mit den Getrieben knirschten.“Die Gegend da ist eine rechte Wüste“ — sagte sich der Konstrukteur. „Aber mir scheint, hier in der Nähe muß irgendwo ein Eisenerzbergwerk sein…“

Die Stecknadel zeigte ihm dies. Denn sie wich ein wenig von der bisher eingehaltenen Nordrichtung ab. Er lief also in die angezeigte Richtung und erblickte bald einen Schacht eines längst aufgelassenen Bergwerks. Kein Stein kollert so schnell eine Felswand hinab, wie Kreazius in die dunkle Kluft kollerte. Nur den Kopf, den kristallenen, der leicht hätte zersplittern können, den hatte er noch rasch mit den Gewandschößen umwickelt.Die Roboter erreichten die leere Schachtöffnung, heulten einstimmig-eisenstimmig auf, weil sie die Fährte witterten, und plumpsten ihm nach.

Der Konstrukteur aber sprang auf die Beine und flitzte, der Nase nach, die in Magneteisenstein gehauene Strecke entlang, Dies tat er jedoch gar seltsam: bald trippelte er, bald hüpfte er, als wäre ihm fröhlich zumute, und stampfte auf, wie beim Tanzen; mit den Schuhbeschlägen schlug er Feuer, und ein entfaltetes Tuch schüttelte er gegen die Felsen. Da erhob sich rostiger Staub und füllte als einheitliche Wolke den Felsstollen aus. In dieses Gewölk platzten die Roboter hinein. Sogleich gerieten ihnen feinste Eienspäne in die Gliedmaßen, so daß die Gelenke knarrten, und drangen auch in die schweren Hirngehäuse, so daß Funken vor den Augen tanzten. Das Eisenpulver bestäubte Stromwender, Kontakte und Relais. Und so liefen die Roboter immer langsamer, von Kurzschlüssen geschüttelt, wie vom Schluckauf, und manch einer rannte völlig belämmert mit dem Kopf gegen die Wand, bis aus dem zerplatzten Visier die Drähte hervorschnellten. Und wo ein Roboter fiel, dort trampelte ein anderer über ihn hinweg, nur um selbst gleich holterdiepolter hinzupurzeln. Andere aber verfolgten Kreazius weiterhin, und er selbst wühlte unausgesetzt die eiserne Staubwolke auf. Noch keine Meile weit war er gelaufen, da rannten nur noch drei verbeulte Eiserne hinter ihm her. Doch auch diese torkelten, wie im Rausch, und prallten mit solchem Getöse zusammen, wie leere Eisentonnen, die jemand gegeneinanderrumpeln läßt.Im Dunklen blieb der Konstrukteur stehen. Er gewahrte, daß ihm zwei noch nachrannten. Offenbar hatten sie besser abgedichtete Köpfe, als die übrigen.

„Miserable Qualität, diese Meute!“ sagte er sich. „Nur zwei fürchten den Staub nicht! Doch auch sie müssen überwältigt werden…“Er warf sich zu Boden, wälzte sich über und über im Eisenpulver, lief den Jagenden entgegen und rief dröhnend:

„Halt, auf Befehl des Königs Biskalar!“„Wer bist du?“ — fragte der erste Roboter und sog Luft in die Stahlnüstern ein. Aber er roch nur Eisen, sonst nichts.

„Ein Roboter bin ich, gehärtet in Feuern, — stromdurchströmt und fernzusteuern, — voll Nieten und Verbindungen, — voll Wicklungen und Windungen. — Präsentiert euch, Niet an Niet — und nun wartet, was geschieht! — Mit den Gußeisen-Glotzaugen gafft — auf mich Helden voll Waffen und Kraft! — Ja, mein stählerner Geist sprudelt Licht, — so wie zweie aus Gußeisen nicht! — Eure Spulen strengt an, daß sie knacksen! — Bei mir gibt's keine Faxen! — Und wer mir aufs Wort nicht pariert, — das elektrische Leben verliert!“„Ja, was sollen wir denn eigentlich tun?“ — fragten die Roboter, denn die Worte des Konstrukteurs hatten sie ganz duselig gemacht.

„Niederknien sollt ihr!“ erklärte der Konstrukteur. Da polterten sie nieder. Er aber bückte sich sogleich und stach ihnen nacheinander die Stecknadel in den Kopf, so daß der violette Schein zitternder Funken die Felswände erhellte. Beide Roboter fielen knacksend um. Denn Kreazius hatte sie kurzgeschlossen.“Biskalar denkt wohl, ich käme allein zurück, wenn überhaupt!“ — sprach Kreazius. Er ging von Roboter zu Roboter, öffnete alle Köpfe und verband die Stahldrähtchen anders. Und als die ganze Meute erwacht war, gehorchte sie nur noch ihm. Da stellte er sich an die Spitze der Heerschar und marschierte auf die Hauptstadt los. Im Schloß befahl er seinen Eisensklaven, den König zu ergreifen, entthronte ihn, öffnete die Schatzkammer allen Untertanen des Grausamen und riet den solcherart Beglückten, aus ihren Reihen einen Würdigeren zum König zu wählen. Er selbst aber nahm nur sein Döschen mit den dienstbaren Funken und machte sich auf die Wanderschaft. Und auf seinen schwarzen sterngespickten Wegen wandert er noch heute; früher oder später wird er gewiß auch uns besuchen.

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