XIII Gefahr von innen

Die Pfeifen trillerten Salut, als Richard Bolitho durch die verzierte Schanzpforte auf das weite Deck der Formidable trat. Automatisch hob er den Hut gegen das Achterdeck, und während er den Gruß des wachhabenden Flaggschiffoffiziers erwiderte, flogen seine Blicke umher und registrierten die Geschäftigkeit, das scheinbar endlose Deck und die langen Reihen schimmernder Kanonen.

Ein weißbehandschuhter Fähnrich eilte in tadelloser Haltung heran und führte Bolitho unter den kritischen Augen des diensttuenden Offiziers nach achtern zu der großen Heckkajüte, in die jeder erreichbare Kapitän vor einer Stunde befohlen worden war.

Bolitho hatte bei seinem einsamen Frühstück herumgetrödelt und über die merkwürdige Dinnerparty und Sir Robert Napiers beharrliche Fragen nachgegrübelt, als Fähnrich Maynard die Meldung brachte. Während Bolitho hastig seine beste Uniform anlegte, fragte er sich, warum Sir Robert die Zusammenkunft beim Oberbefehlshaber gestern nicht erwähnt hatte. Er mußte doch schon davon gewußt haben. Und indem er blicklos in den Spiegel am Schott starrte, fragte er sich, ob Sir Robert nur wieder eine seiner privaten Prüfungen veranstaltete. Wahrscheinlich hielt er sein Glas auf die Phalarope gerichtet, seit die Formidable das Signal gesetzt hatte.

Er prallte beinahe auf den Fähnrich und sah, daß sie die große Kajüte erreicht hatten. Der Fähnrich meldete:»Kapitän Richard Bolitho von der Phalarope.«Doch nur die zunächststehenden Offiziere nahmen von seinem Eintritt Notiz. Bolitho war das nur recht. Er drängte sich zu einer Ecke der Kajüte durch, und während eine Messeordonnanz wortlos seinen Hut in Empfang nahm, reichte ihm eine andere ebenso stumm ein großes Glas Sherry.

Bolitho trank einen kleinen Schluck und musterte aufmerksam die anderen Offiziere. Etwa dreißig Kapitäne jeden Dienstalters, ältere und jüngere, große und kleine, dicke und dünne. Nach diesem ersten Überblick schien er der Jüngste zu sein. Doch er war kaum zu diesem Schluß gekommen, da stieß ihn jemand leicht an. Er drehte sich um und erblickte den hochgewachsenen Leutnant, der die kleine Brigg Witch of Looe kommandierte.

Der Leutnant hob das Glas.»Ihr Wohl, Sir! Ich möchte Ihnen sagen, wie sehr ich mich über Ihre Rückkehr freue.»

Bolitho lächelte.»Vielen Dank. Bitte entschuldigen Sie, aber Ihr Name ist mir entfallen.»

«Philip Dancer, Sir.»

«Von nun an werde ich ihn mir merken.»

Der Leutnant lockerte nervös seine Halsbinde. Kein Wunder, wenn er als Jüngerer in einer so illusteren Gesellschaft nervös wurde.

«Im Vergleich mit Ihrer kleinen Brigg kommt es Ihnen hier sicher ein bißchen luxuriös vor?»

Dancer schnitt eine Grimasse.»Nur ein bißchen.»

Sie blickten zu den großen Heckfenstern hin, vor denen eine breite Galerie lief, auf der der Amiral über dem Kielwasser seines Schiffes ungestört hin und her wandern konnte. Bolitho sah Pflanzen in langen Blumenkästen, Silber und Kristall schimmerten auf einer hübschen Anrichte unter einem Gemälde von Hampton Court Palace. Plötzlich verstummten alle Gespräche, und jeder wandte sich einer Seitentür zu, durch die der Oberbefehlshaber mit seinem Gefolge die Kajüte betrat.

Bolitho hatte Sir George Rodney das letzte Mal vor zwei Jahren gesehen. Er erschrak über sein verändertes Aussehen. Trotz der strahlenden Uniform mit dem leuchtenden Band und den Auszeichnungen wirkte er gebeugt und zusammengesunken, und sein Mund, nunmehr ein schmaler Strich, verriet die Krankheit, die ihn seit vielen Monaten plagte. Nur schwer erkannte man in ihm den Mann wieder, der vor zwei Jahren einen machtvollen Feind überwunden und das belagerte Gibraltar entsetzt hatte, oder den, der St. Eustatius angegriffen, erstürmt und als Beute drei Millionen Pfund Sterling nach England zurückgebracht hatte. Doch die Augen waren dieselben: hart und fest, als hätten sie alle Energie an sich gezogen.

Neben ihm, als scharfer Kontrast, der zweite im Kommando: Sir Samuel Hood wirkte gelassen, während seine Blicke über die versammelten Offiziere glitten. Eine große arrogante Nase und eine hohe Stirn beherrschten das Gesicht. Neben seinen beiden Vorgesetzten sah Sir Robert Napier beinahe unbedeutend aus.

Sir George Rodney ließ sich in einen Sessel sinken und faltete die Hände im Schoß. Dann sagte er kurz:»Ich habe Sie hergebeten, um Ihnen mitzuteilen, daß nach allen Informationen die Franzosen und ihre Verbündeten versuchen wollen, die englischen Verbände im hiesigen Gebiet endgültig auszuschalten. «Er hustete und betupfte sich den Mund mit einem Taschentuch.»Graf de Grasse hat eine große Zahl Linienschiffe zusammengezogen, die stärksten Schiffe, die sich jemals unter einer Flagge versammelten. Wäre ich in seiner glücklichen Lage, würde ich nicht zögern, mich auf die Schlacht vorzubereiten. »

Er hustete wieder, und leichte Unruhe ergriff die Offiziere. Die Überbeanspruchung während all der Jahre des Planens und Kämpfern wühlte in Sir Rodney wie eine Messerklinge. Als er nach England segelte, glaubte jeder Offizier der westindischen Flotte, daß es seine letzte Reise würde. Alle erwarteten, daß ein anderer zurückkehren und seinen Platz einnehmen würde. Aber in diesem ermatteten Körper lebte eine Seele aus Stahl. Rodney wollte keinen anderen die Früchte seiner harten, aufopferungsvollen Arbeit in Westindien ernten lassen, und ebensowenig sollte ein anderer die Schmach und Schande möglicher Niederlage erleiden.

«Nach unseren Nachrichten will de Grasse mehr als einen bloßen Sieg auf See erreichen«, erklärte Sir Samuel Hood unbewegt.»Er hat nicht nur französische Truppen zusammengezogen, sondern auch die amerikanischen Kolonialisten mit Waffen versorgt. Er ist ein gewiegter und umsichtiger Stratege, und zweifellos gedenkt er, die bereits erzielten Erfolge auszubauen. «Er blickte über die ihm Zunächststehenden hinweg und richtet seine tiefliegenden Augen auf Bolitho.»Der Kapitän der Fregatte Phalarope hat zu diesen Informationen in nicht geringem Maße beigetragen, meine Herren.»

Einige Sekunden lang drehten sich alle nach Bolitho um, den die unerwartete Beachtung leicht verwirrte. Undeutlich nahm er die unterschiedlichen Reaktionen der anderen Offiziere wahr. Einige nickten anerkennend, während ihn andere mit kaum verhohlenem Neid musterten. Wieder andere studierten sein Gesicht, als versuchten sie, die tiefere Bedeutung der Bemerkung des Admirals zu ergründen. Ein kleines Lob von Hood — also vom großen Rodney gebilligt — kennzeichnete Bolitho als ernstzunehmenden Rivalen bei Beförderung und Auszeichnung.

Hood fügte trocken hinzu:»Jetzt, da Sie einander kennen, wollen wir fortfahren. Von heute an muß unsere Wachsamkeit erhöht werden. Unsere Patrouillen müssen jeden feindlichen Hafen beobachten und dürfen keine Mühe scheuen, mir ständig Meldung zu erstatten. Wenn de Grasse ausläuft, wird das schnell geschehen. Können wir seiner Herausforderung nicht mit den entsprechenden Mitteln begegnen und ihn zur Schlacht stellen, ist es aus mit uns, darüber muß sich jeder klar sein.»

Die tiefe Stimme dröhnte so durch die Kajüte, daß Bolitho das Gewicht der Worte fast körperlich fühlte. Unermüdlich und methodisch erläuterte der Admiral die bekannten Standorte von Versorgungsschiffen und feindlichen Einheiten. Man merkte ihm weder Anstrengung noch Ungeduld an, und nichts in seinem Verhalten verriet, daß er erst unlängst nach Antigua zurückgekehrt war, nachdem er St. Kitts lange gegen die gesamte militärische Kraft der Franzosen und der alliierten Flotte gehalten hatte.

«Ich wünsche, daß sich jeder von Ihnen gründlich mit meinem Signalcode vertraut macht«, schaltete sich Sir George Rodney ein. Er blickte scharf von einem zum anderen.»Ich werde nicht dulden, daß irgendein Offizier meine Signale mißversteht, und ebensowenig werde ich Entschuldigungen bei

Nichtbefolgung gelten lassen.»

Mehrere Kapitäne wechselten schnelle Blicke. Jeder kannte die Geschichte: als Rodney versuchte, den französischen Amiral de Guichen vor Martinique zu stellen, gelang das nicht, weil einige seiner Kapitäne seine signalisierten Befehle nicht verstanden oder befolgt hatten und jeder wußte auch, wie scharf er darauf reagiert hatte. Mehr als ein Kapitän lebte nun, auf Halbsold gesetzt, mit Schande bedeckt und von bösen Erinnerungen geplagt, kümmerlich in England.

«Achten Sie auf meine Signale«, fuhr er in ruhigerem Ton fort.»Wo und auf welchem Schiff auch meine Flagge weht, achten Sie auf meine Signale!«Er lehnte sich zurück und blickte zu den Decksbalken hoch.»Diesmal gibt es keine zweite Chance. Entweder gewinnen wir einen großen Sieg, oder wir verlieren alles.»

Er nickte Hood zu, der wieder das Wort nahm:»Die Befehle werden den dienstältesten Offizieren des Geschwaders unverzüglich übermittelt. Von dem Augenblick an, da Sie die Kajüte verlassen, hat die Flotte klar zum Auslaufen zu sein. Unsere patrouillierenden Fregatten und Korvetten haben die Aufgabe, wie Hunde vor den Schlupflöchern der Feinde zu lauern. «Er hieb mit der Faust auf den Tisch.»Stöbern Sie die Spur des Feindes auf, benachrichtigen Sie den Oberbefehlshaber, und die Jagd geht los!»

Beifallsgemurmel beschloß die Zusammenkunft. Leutnant Dancer sagte ungerührt:»Ob unser Geschwader dabei sein wird? Ich würde den Schlußakt gern miterleben.»

Bolitho nickte und lächelte insgeheim, weil er sich vorstellte, wie die winzige Witch of Looe de Grasses Dreidecker angriff. Laut sagte er:»Es sind immer zuwenig Fregatten. In jedem Krieg die gleiche Geschichte. Zu wenig und zu spät. «Doch es klang keine Bitterkeit mit. Die Phalarope wurde jetzt noch dringlicher als sonst benötigt. Bei den weiten Seegebieten gab es für jede Fregatte nur allzuviel zu tun. Er fuhr aus seinen Gedanken hoch, als ein Leutnant des Flaggschiffs auf ihn zutrat.

«Sir George Rodney möchte Sie sprechen.»

Bolitho rückte den Degen zurecht und schritt über den dicken Teppich. Am Tisch machte er halt und nahm das Scharren der hinausgehenden Schritte nur noch halb wahr. Dann schloß sich die Tür, und das Trillern der Pfeifen zeigte an, daß die Kapitäne das Flaggschiff verließen. Eine Sekunde lang fürchtete er, den Leutnant falsch verstanden zu haben.

Rodney saß noch immer in seinem Sessel. Mit halbgeschlossenen Augen starrte er zur Decke. Hood und Sir Robert Napier studierten, über einen in der Nähe stehenden Tisch gebeugt, eine Karte. Selbst die Ordonnanzen schienen zu beschäftigt zu sein, um den jungen Kapitän zu beachten.

Doch dann richtete Rodney die Augen auf den Wartenden.»Ich kenne Ihren Vater, Bolitho. Wir sind zusammen gefahren. Ein sehr tapferer Offizier und ein guter Freund. «Seine Augen wanderten langsam über Bolithos gebräuntes Gesicht und seine Gestalt.»Sie ähneln ihm, innerlich und äußerlich. «Er nickte.»Ich bin sehr froh, Sie zu meinen Offizieren zu zählen.»

Bolitho dachte an seinen Vater, der allein in dem großen Haus lebte und die Schiffe in der Bucht beobachtete.»Danke, Sir. Mein Vater bat mich, Ihnen Grüße auszurichten.»

Rodney schien nicht gehört zu haben.»Es gibt so viel zu tun. So wenige Schiffe für die vielen Aufgaben. «Er seufzte:»Es tut mir leid, daß Sie Ihrem einzigen Bruder auf solche Weise begegnen mußten. «Seine Augen ruhten fest auf Bolitho.

Bolitho merkte, wie Sir Robert, noch immer über die Karte gebeugt, wachsam zuhörte, und sagte:»Er glaubt, es sei recht und richtig, was er tut, Sir.»

Die Augen lagen noch immer auf Bolithos Gesicht.»Und was glauben Sie?»

«Er ist mein Bruder, Sir. Aber sollten wir nochmals konfrontiert werden, werde ich zu meinem Eid stehen. «Er zögerte.»Und Ihr Vertrauen nicht enttäuschen, Sir.»

Rodney nickte.»Daran habe ich nie gezweifelt, mein Junge.»

Sir Samuel Hood hustete höflich, und Rodney sagte:»Kehren Sie auf Ihr Schiff zurück, Bolitho. Ich hoffe, daß Ihrem Vater und Ihnen weiterer Schmerz erspart bleibt. «Seine Augen blickten kalt, als er hinzusetzte:»Es ist leicht, seine Pflicht zu erfüllen, wenn es keine andere Wahl gibt. Sie hatten es nicht leicht. Und es wird nicht leicht für Sie sein, wenn Ihr Bruder gefangen-genommen wird.»

Er versank in Schweigen. Der Leutnant sagte ungeduldig:»Ihr Hut, Sir. Ich habe Ihr Boot längsseits pfeifen lassen.»

Bolitho folgte dem Offizier an Deck. Seine Gedanken waren noch immer bei dem, was der Admiral gesagt hatte. Die ganze

Flotte wußte also über seinen Bruder Bescheid. In der begrenzten, mönchischen Welt der Schiffe, die ständig auf See waren, sprach man also über ihn, maß ihn an zurückliegenden Taten und würde ihn an künftigen Ereignissen messen.

Er eilte die Gangway zum wartenden Boot hinunter und starrte zu der vor Anker liegenden Phalarope hinüber. Einst hatte sie sich bewähren müssen. Jetzt war ihr Kapitän an der Reihe.

Am Abend des Tages, an dem Bolitho an der Besprechung auf der Formidable teilgenommen hatte, lichtete die Phalarope ohne jedes Aufheben den Anker und ging in See.

Am folgenden Morgen stand sie knapp fünfzig Meilen weiter südwestlich, und unter Vollzeug nutzten sie die schwache Brise, die bei der kräftiger werdenden Sonne nur wenig Abkühlung brachte. Diesmal war die Phalarope nicht völlig allein. Selbst von Deck aus sah man die Cassius, deren hohe Leinwandpyramide im Frühlicht golden schimmerte. Gewichtig und langsam segelte sie auf Parallelkurs. Irgendwo jenseits von ihr, verborgen unter dem Horizont, lief die Fregatte Volcano. Unsichtbar und der sich langsam bewegenden Formation ein Stück voraus, erfreute sich Leutnant Dancers winzige Witch of Looe einer gewissen Bewegungsfreiheit.

Leutnant Herrick hatte eben die Frühwache übernommen. Er stand lässig an der Achterdecksreling und beobachtete die Leute bei der Arbeit auf dem Hauptdeck. Die nassen Decksplanken waren mit Schrubbern und Scheuersteinen bearbeitet worden, und jetzt, als die Hitze über dem sanft schaukelnden Schiffsrumpf langsam stieg, leuchteten die Decks in strahlendem Weiß. Die Männer spleißten und waren mit laufenden Ausbesserungen beschäftigt: eine friedliche Szene. Durch Wärme und gutes Frühstück fühlte sich Herrick schläfrig und zufrieden. Gelegentlich warf er einen Blick zu Fähnrich Neale hinüber, um sich zu vergewissern, daß er das Glas auf das ferne Flaggschiff gerichtet hatte. Die Phalarope hielt so gut Position, wie der Wind es zuließ.

Er bemerkte, daß Leutnant Okes mit Brock die Zwölfpfünder der Steuerbordbatterie inspizierte, und fragte sich nicht zum ersten Mal, was hinter Okes' verkrampften Zügen vorging. Seit dem Angriff auf die Insel Mola war Okes ein anderer. Und seit der beiläufigen Bemerkung des Admirals bei dem abendlichen

Essen hatte er sich noch mehr in sich selbst zurückgezogen.

Auch hinter Farquhars Gedanken konnte er nicht kommen. Herrick war nicht sicher, ob er die Zurückhaltung des Fähnrichs verabscheute oder bewunderte. Merkwürdig, wie Farquhars Haltung stets Minderwertigkeitskomplexe in ihm weckte, vielleicht wegen seiner eigenen einfachen Herkunft. Selbst hier auf der kleinen Fregatte, wo sie dicht aufeinanderhockten, hielt Farquhar Distanz. Herrick versuchte sich vorzustellen, was er empfunden hätte, wenn Okes, wie Rennie angedeutet hatte, ohne an die anderen zu denken den Rückzug befohlen, ihn zurückgelassen und dem Tode preisgegeben hätte. Er malte sich aus, daß er genau wie Farquhar reagieren würde, wußte jedoch, daß er sich selber etwas vormachte. Wahrscheinlich wäre es zu einem offenen Konflikt und zu einer Verhandlung vor dem Kriegsgericht gekommen.

Der Rudergänger hüstelte warnend, und Herrick drehte sich schnell um, als Bolitho den Niedergang heraufkam. Er führte die Hand an den Hut und wartete, während Bolitho erst an den Kompaß trat und dann zum Wimpel am Masttopp hinaufschaute. Er entspannte sich, als Bolitho neben ihn trat und auf die arbeitenden Seeleute hinabblickte.

«Noch fünfzig Meilen bis zu unserer P atrouillenposition, Mr. Herrick. Bei dieser Geschwindigkeit brauchen wir dafür einen Tag. «Es klang ungeduldig und leicht gereizt. Herrick kannte jetzt die Anzeichen.

«Immerhin ist es tröstlich, daß die Cassius querab liegt, Sir. Falls de Grasse hier aufkreuzt, sind wir nicht allein.»

Bolithos Blicke wanderten zu den schimmernden fernen Segeln hinüber.»Ach ja, das Flaggschiff. «Er lächelte bitter.»Vierzig Jahre hat sie auf dem Buckel und so viel Muscheln und Bewuchs am Rumpf, daß sie sogar bei starkem Sturm nur kriecht.»

Herrick blickte hastig zur Cassius hinüber. Größe und Überlegenheit hatten für ihn bis zu diesem Moment Sicherheit bedeutet, ein Schutzschild sozusagen. Er erwiderte:»Das wußte ich nicht, Sir.»

«Die Cassius ist eine holländische Prise, Mr. Herrick. Beachten Sie die Neigung ihres Vordecks. «Dann, als merkte er, daß er von lange vergangenen, nun unwichtigen Dingen sprach, sagte er heftig:»Mein Gott, dieses Kriechen macht mich verrückt.»

Herrick versuchte es auf andere Weise.»Unsere Befehle, Sir. Darf ich fragen, was man von uns erwartet?«Er bedauerte die Frage sogleich und riß sich zusammen, während Bolitho mit den Augen dem langsamen Kreisen einer Möwe folgte. Aus der Schulterhaltung Bolithos und der Art, wie seine Hände die Reling umklammerten, schloß Herrick, daß er ein Thema berührt hatte, über das der Kapitän selber nachgrübelte.

Doch Bolitho antwortete ruhig:»Wir werden fünfzig Meilen westlich von Guadeloupe auf Station gehen und — «, er schwenkte die Hand gegen die offene See,»- mit unserem Geschwader Kontakt halten.»

Herrick verdaute langsam die Information. Die in Antigua herrschende Erregung und die eifrigen Vorbereitungen hatten ihn nicht im geringsten daran zweifeln lassen, daß eine Schlacht bevorstand. Und er wußte, daß inzwischen die meisten stolzen Schiffe, die er vor Anker gesehen hatte, ausgelaufen waren, um nach Rodneys Plan Graf de Grasse zu finden und zu stellen.

Bolitho fuhr abwesend fort:»Eine Kette von Schiffen riegelt die Karibische See ab. Eine Meldung, daß der Feind gesichtet ist, und die Jagd beginnt. «In seiner Stimme lag keinerlei Erregung.»Unglücklicherweise liegt Martinique hundert Meilen südlich von unserem Patrouillengebiet, Mr. Herrick. Und dort ist de Grasse mit der Hauptmasse seiner Schiffe. Er wartet nur den rechten Augenblick ab, um nach Jamaika vorzustoßen. «Er drehte sich zu Herrick um.»Wenn Rodneys Fregatten melden, daß die Franzosen ausgelaufen sind, wird ihn unsere Flotte angreifen. «Er zog die Schultern hoch, eine halb ärgerliche, halb verzweifelte Geste.»Wir aber werden dabei so nutzlos sein wie ein Wegweiser in der Wüste.»

«Aber die Franzosen können auch hier entlangkommen, Sir. «Herrick spürte, wie Bolithos Verbitterung seine eigene Zuversicht beeinträchtigte. Während er sprach, ging ihm der Grund für Bolithos Geringschätzung der Cassius auf. Rodney hatte Admiral Napiers kleinem Geschwader die unwesentlichste Aufgabe bei diesem umfassenden Plan zugeteilt.

«Ja, man hat schon Wunder erlebt, Mr. Herrick«, sagte Bolitho.»Aber nicht in unseren Tagen.»

«Verstehe, Sir. «Herrick wußte nicht, was er darauf antworten sollte.

Bolitho betrachtete ihn ernst und klopfte ihm dann auf den Arm.»Mr. Herrick, ich bin heute morgen kein guter Gesprächspartner. «Er zuckte zusammen und fuhr sich über die Seite.»Ich bin dankbar, daß die Kugel nichts Lebenswichtiges getroffen hat, aber ich würde nichts vermissen, wenn ich nicht dauernd daran erinnert würde.»

«Sie sollten sich mehr Ruhe gönnen, Sir.»

«Es fällt mir schwer, stillzusitzen, Mr. Herrick. «Bolitho legte die Hand über die Augen und musterte die Segel.»So viel geschieht im Augenblick. «Er begann auf und ab zu gehen, Herrick fiel in den gleichen Schritt, um neben ihm zu bleiben.»De Grasse verläßt seine Schlupflöcher, ganz bestimmt. «Er sprach im Takt seiner schnellen Schritte.»Sie haben den plötzlich ausbrechenden Sturm erlebt, der Ihnen die Chance schenkte, die Andiron zu bestreichen. Eine Seltenheit in dieser Jahreszeit. Doch später. .«, er lächelte grimmig, während er sich erinnerte,»später im Jahr, August und September, peitscht ein Hurrikan nach dem anderen Westindien. Lassen Sie sich gesagt sein, Mr. Herrick, de Grasse wird bald herauskommen. Er wird sein Glück vor der Hurrikansaison versuchen. »

«Aber welchen Weg wird er nehmen?«fragte Herrick.

«Vielleicht den durch die Martinique-Passage. Aber gleich, welchen Weg er wählt, er wird direkt auf das zentrale Karibien zuhalten. Zwischen ihm und Jamaika liegen tausend Meilen. In einem solchen Bereich kann man eine ganze Flotte aus den Augen verlieren. Wenn wir ihn nicht gleich beim Auslaufen aufspüren, entdecken wir ihn erst wieder, wenn es zu spät ist.»

Herrick nickte. Endlich erfaßte er bis ins Letzte, was der Kapitän meinte.»Er hat Truppen und Kanonen. Er kann jedes Gebiet besetzen, das er haben möchte.»

«Genau das. Die Männer und Magazine, mit denen wir auf Mola zu tun hatten, waren nur ein winziger Teil seiner militärischen Stärke. Er hatte gehofft, ungehindert nach Jamaika zu segeln. Jetzt weiß er, daß wir auf der Lauer liegen. Das wird seine Eile noch beschleunigen. «Er blieb stehen und starrte auf den leeren Horizont.»Wenn wir es nur wüßten. . Wenn wir nur lossegeln und es selber herausfinden dürften. «Doch dann merkte er, daß er sich gehen ließ, und sagte kurz:»Kehren Sie auf Ihren Posten zurück, Mr. Herrick. Ich möchte noch weiter darüber nachdenken.»

Herrick ging an die Reling zurück, und während die Sonne auf die zundertrockenen Decks herabglühte, sah er Bolithos Schatten ständig hin und her und auf und ab wandern. - In seinen Fähnrichstagen hatte Herrick oft davon geträumt, daß er einmal den Rang eines Leutnants erreichen würde. Langsam war er dann befördert worden und hatte seine Beförderungen an der Fähigkeit oder Unfähigkeit seiner Vorgesetzten gemessen. Und die ganze Zeit über hatte er die Vorstellung gehegt, daß man ihm eines Tages ein eigenes Kommando übertragen würde. Doch während er jetzt Bolithos ruhelosen Schatten beobachtete und sich die nagenden Gedanken ausmalte, die ihm Gesellschaft leisteten, war er sich seines Wunsches nicht mehr ganz so sicher.

Der Vormittag war halb vorbei, als die Pfeifen» Rührt euch!«trillerten. Mehr oder minder erleichtert warfen sich die Matrosen der Phalarope in die Schattenflecke, um die kurze Pause so ausgiebig wie möglich zu genießen.

John Allday blieb an seinem Arbeitsplatz. Er hatte die Beine über dem Backborddavit gespreizt. Der Klüver schützte seinen gebräunten Körper vor der stechenden Sonne. Auf dem vordersten Teil des Schiffes hatte er den einen der großen Anker abgekratzt, und während er nun behaglich über der kleinen Bugwelle hockte, stemmte er einen Fuß auf das starke Querstück des Ankers und fühlte dessen Wärme an der nackten Fußsohle. Ihm im Rücken räkelten sich die anderen Leute des Arbeitskommandos. Rauch wirbelte aus langen Pfeifen und färbte die Luft über den Köpfen.

Old Ben Strachan griff nach einem neuen Tau und prüfte das Auge, das einer der Schiffsjungen eben gespleißt hatte.»Nicht schlecht, Junge, gar nicht schlecht. «Er saugte geräuschvoll an seiner Pfeife und ließ den Blick über das Deck der Phalarope gleiten.»Ist das der Kapitän, der da auf und ab wandert?»

Pochin, den Kopf auf den kräftigen Armen, murmelte:»Wer sonst? Muß verrückt sein, oben in der Hitze zu bleiben, wenn er unten in seiner Kajüte sein kann.»

Allday ließ ein Bein baumeln und sah nachdenklich in das klare Wasser hinab. Pochin machte sich noch immer Sorgen über Onslows Äußerungen im Kutter. Er war gereizt, weil er sich schuldig fühlte. Schon allein die Tatsache, daß er dem

Gerede zugehört hatte, konnte ausreichen, als Verschwörer bezeichnet zu werden. Allday drehte sich ein wenig herum und bemerkte, daß ihn Herrick vom Achterdeck her beobachtete. Der Leutnant nickte ihm flüchtig zu, ehe er sich wieder seinen eigenen Gedanken widmete, und Allday entsann sich plötzlich jenes Augenblicks auf der abbröckelnden Klippe, als er Herrick vor dem Sturz in die Tiefe bewahrt hatte. Obwohl er sich ursprünglich vorgenommen hatte, bei den internen Auseinandersetzungen auf der Phalarope keine Stellung zu beziehen und sich jeder Parteinahme zu enthalten, wurde ihm langsam klar, daß solches Beiseitestehen nicht nur unmöglich, sondern sogar gefährlich war. Allday mochte Herrick, und er erkannte auch, worum es dem Dritten ging, der sich stets die Klagen seiner Untergebenen anhörte und nie vorschnell Strafen erteilte. Aber Herrick war trotzdem kein Narr.

Allday sah, daß der Kapitän noch immer an der Luvreling hin und her ging, ohne Rock, das Hemd bis zur Brust aufgeknöpft, sein dunkles Haar im Nacken zusammengebunden. Der Kapitän war schwerer zu durchschauen, doch es beruhigte Allday, ihn wieder am gewohnten Platz zu sehen. Allday kannte das Ansehen der Familie Bolitho wahrscheinlich besser als alle anderen. In Falmouth hatte er gehört, was man in den Kneipen über die Bolithos redete. Ja, er kannte sogar das Elternhaus des Kapitäns. Merkwürdig, sich vorzustellen, daß der Bruder auf der anderen Seite kämpfte. Man sagte, daß Bolithos Bruder aus der Navy desertiert sei. Ein Verbrechen, für das es nur eine Strafe gab: die Schlinge um den Hals.

Allday fuhr aus seinen Gedanken auf, denn Ferguson kam vom Hauptdeck herauf. Er wirkte befangen. Durch seine sauberen Sachen stach er auffällig von den müden und verschwitzten Matrosen ab, die seine Gefährten gewesen waren. Ferguson rutschte einen Moment nervös hin und her, ehe er sagte:»Glaubst du, daß es wieder zu Kämpfen kommt?»

Pochin wandte ihm den Kopf zu und knurrte:»Du solltest es wissen. Du sitzt doch an der Quelle!»

Allday griente.»Achte nicht auf Nick. «Leiser setzte er hinzu:»Hat sich Onslow wieder an dich herangemacht?«Er sah, daß Fergusons blasse Augen zuckten.

«Nicht sehr. Er verbringt bloß manchmal seine Freiwache mit mir.»

«Nun, ich habe dich gewarnt, Bryan. «Allday sah ihn fest an.»Ich habe mit keiner Seele an Bord darüber gesprochen, aber ich bin überzeugt, daß er eine Menge mit Mathias' Tod zu tun hat. «Da Ferguson ungläubig das Gesicht verzog, fügte er scharf hinzu:»Ich bin mir dessen sogar sicher.»

«Warum sollte er es getan haben?«Ferguson versuchte zu lächeln, aber sein Mund blieb schlaff.

«Er taugt nichts. Er kennt nur sich. «Seine Hand glitt über den geschnitzten Ankerbalken.»Ich hab schon früher ein paar von seiner Sorte getroffen, Bryan. Sie sind gefährlich wie Wölfe.»

«Er wird keine Unruhe anzetteln«, sagte Ferguson.»Das wagt er nicht.»

«Nein? Und warum fragte er dich dann wegen der Kajüte aus? Er wartet bloß seine Zeit ab. Solche Brüder haben große Ausdauer.»

«Der Kapitän will keine Unruhe. «Fergusons hastige Handbewegungen verrieten, wie nervös er war.»Er hat Mr. Vibart gesagt, daß er sich gut um die Männer kümmern soll, und wie er sie behandelt sehen will.»

Allday seufzte.»Da hast du es. Du erzählst sogar mir, was du gehört hast. Wenn du nicht aufgeknüpft werden willst, dann behalte lieber für dich, was du weißt.»

Ferguson starrte ihn an.»Das brauchst du mir nicht zu sagen. «Er kniff verärgert den Mund zusammen.»Du bist genau wie die anderen. Du beneidest mich um meinen Posten.»

Allday wandte sich ab.»Mach, was du willst. «Er wartete, bis er Ferguson fortgehen hörte. Dann drehte er sich um, gerade als Onslow vom Großmast aus Ferguson in den Weg trat, grinste und ihm auf die Schulter klopfte.

«Was meinst du?«brach Pochins harte Stimme in seine Gedanken,»meinst du, daß Onslow richtig handelt?«Es klang beunruhigt.»Wenn es noch Unruhe auf diesem Schiff gibt, sind wir alle mit drin und müssen Farbe bekennen.»

«Du wärst schön dumm, wenn du auf so einen hören würdest. «Allday versuchte, seinen Worten Gewicht zu verleihen.»Außerdem wird der Kapitän sowieso kurzen Prozeß mit ihm machen, wenn er etwas versuchen sollte.»

«Vielleicht. «Pochin wiegte zweifelnd den Kopf.»Unter einer französischen Breitseite sterben, ist eins, aber ich will mein Leben auch nicht für solche Kerls wie Onslow aufs Spiel setzen.»

Die Pfeifen trillerten, und die Matrosen machten sich wieder an die Arbeit. Allday hob nicht die Augen, als Bootsmann Quintal und Bootsmannsmaat Josling heraufkamen, um die Back zu inspizieren.»Ich habe eben gesehen, daß die alte Cassius signalisiert hat, Mr. Quintal«, sagte Josling.

«Aye, wir schwenken gleich in unser Patrouillengebiet ein«, antwortete Quintal mit tiefer Stimme.»Wird sich hinziehen, die Sache. Ich denke, Sie müssen die Leute immer gut beschäftigt halten. Nichts ist der Disziplin so abträglich wie zu viel freie Zeit. «Das Übrige konnte Allday nicht verstehen, weil die beiden zum Bugspriet gingen. Aber er hatte genug gehört.

Die Phalarope würde also wieder allein sein, außerhalb der Sicht des Flaggschiffs. Der Bootsmann hatte recht. Die Hitze und die Eintönigkeit einer Patrouillenfahrt konnten gut und gern den Boden schaffen, auf dem Onslow Unruhe säen würde, wenn er Gelegenheit dazu fand. Er schielte auf seine stummen Gefährten, jeder war anscheinend in seine Arbeit vertieft, und doch dachte jeder bestimmt an den grünen Streifen Land, den sie vor kurzem hinter sich gelassen hatten. Kein Matrose hatte den Fuß an Land gesetzt. Einige waren seit Jahren nicht von Deck gekommen. Es überraschte kaum, wenn Leute wie Onslow eine willige Zuhörerschaft fanden.

Allday legte die Hand über die Augen und blickte zur Kimm. Der Zweidecker kam ihm schon kleiner vor. Der Rumpf der Cassius verschwamm im Hitzedunst, der sich unter dem klaren Himmel ausbreitete. Ihre Segel hatten sich zu einer einzigen leuchtenden Pyramide zusammengeschoben, und während er hinüberblickte, sank sie immer tiefer unter den glitzernden Horizont. Noch eine Stunde, und die Cassius würde völlig verschwunden sein. Und danach, überlegte Allday nüchtern, konnte man niemandem mehr trauen.

Tief unter der Back, auf der Allday gedankenverloren saß, lag das Kabelgatt der Phalarope. Im Hafen war es ein geräumiger, leerer Raum, doch jetzt, während die Fregatte lautlos über das ruhige Wasser glitt, füllten es die dicken Ankertrossen bis zu den Decksbalken. Ducht auf Ducht türmten sich die schweren, vom Salz hart gewordenen Trossen, und ihr Geruch vermischte sich mit dem sauren Gestank der Bilge und den Gerüchen nach Teer und Hanf. Starke, senkrechte Ständer beiderseits der geschwungenen Bordwand hielten das Kabelgut von den Spanten ab, damit man jederzeit an die Außenhaut herankonnte. Diese Zimmermannsgänge, wie sie genannt wurden, liefen unterhalb der Wasserlinie um den gesamten Rumpf, damit die Außenhaut inspiziert und notfalls während eines Gefechts ausgebessert werden konnte. Sie waren kaum breiter als ein Mensch und gewöhnlich völlig finster. Doch jetzt, während die Bugwelle träge um die Planken platschte und Ratten auf ihrer endlosen Futtersuche hin und her huschten, fiel aus einer kleinen, abgeblendeten Laterne ein gespenstisches Licht auf die aufgetürmten Kabel. Verschwommen wurde es auf die Gesichter der Männer zurückgeworfen, die sich in dem schmalen Gang drängten.

Onslow hob die Laterne höher und musterte die wartenden Matrosen. Er brauchte sie nur zu zählen, um sicherzugehen, daß sich niemand eingeschlichen hatte. Er kannte jedes Gesicht, jeden Namen.»Wir müssen schnell machen, Jungs. Sie vermissen uns, wenn wir zu lange weg sind.»

«Gebt acht, was er sagt«, e rtönte wie ein Echo Pooks Stimme.

Onslows Zähne schimmerten in der Dunkelheit. Seine Beine zitterten vor Aufregung, als hätte er auf leeren Magen Rum getrunken.»Wir drehen von den anderen Schiffen ab. Ich glaube, es ist bald soweit. Dauert nicht mehr lange, bis wir unseren Plan ausführen können. «Er hörte Beifallsgemurmel und grinste noch stärker. Daß er unseren Plan statt meinen Plan sagte, trieb die Männer an wie ein Peitschenhieb.»Nach dem, was mir Ferguson gesagt hat, will Bolitho nach Süden halten. Die Phalarope steht am Ende der Patrouillenkette. Also kann uns kein anderes Schiff in die Quere kommen.»

Aus der Dunkelheit fragte eine Stimme:»Aber wie sollen wir paar Leute das Schiff nehmen und. . «Pook stieß ihm in die Rippen, und der Mann ließ den Satz aufstöhnend fallen.

«Das überlaßt mir«, sagte Onslow ruhig.»Ich sage euch, wie und wann. «Sein Blick glitt über die Reihe geduckter, dunkler Gestalten: alle, die mit ihm von der Cassius gekommen waren, und einige von der Phalarope dazu. Es waren mehr, als er je zu hoffen gewagt hätte.»Wir müssen zuerst mit den verdammten Seesoldaten fertig werden. Ohne ihre roten Röcke auf dem Achterdeck geht alles ganz leicht.»

«Und was ist mit Allday und solchen Brüdern?«fragte Pook.

«Ach ja«, lächelte Onslow hämisch,»Master John Allday.»

«Die anderen hören auf ihn«, sagte Pook düster.

«Aber wenn ihm was zustößt, kriegen wir noch ein paar mehr auf unsere Seite, wie?«In Gedanken war Onslow seinen Worten schon voraus.

Alle erstarrten, als über ihnen schwere Tritte ertönten. Nachdem sie sich entfernt hatten, fuhr Onslow fort:»Ich glaube, Allday ahnt, was mit Mathias geschah. Er ist zu gewitzt, um am Leben bleiben zu dürfen. «Er packte Pook beim Arm.»Am besten, wir machen einen Märtyrer aus ihm, wie?«Er lachte hohl.»Wir können gar nichts Klügeres tun.»

Wieder ließ sich die unsichere Stimme hören.»Sie werden uns niedermachen, ehe wir auch nur einen Finger rühren können.»

«Ich werde dich niedermachen, du Esel!«Onslow verlor für einige Sekunden seine gute Laune. Dann sagte er ruhiger:»Also, jetzt hört mal alle gut zu. Wir müssen noch ein bißchen warten, um unter den anderen noch mehr Unruhe zu stiften. Sobald die Zeit reif ist, sage ich euch, wie wir vorgehen. Dieser Idiot von Ferguson hält das Logbuch des Kapitäns für mich im Auge, damit ich weiß, wo wir sind. Wenn wir ein bißchen näher an irgendeiner Insel sind, ist es dann soweit. «Er schnippte mit den Fingern.»Habt ihr die Waffen, die wir von der Insel Mola mitgebracht haben, gut verstaut?»

Pook nickte.»Die entdeckt keiner.»

«Gut. Dann geht jetzt zurück an eure Arbeit. Und seht zu, daß ihr nicht auffallt. Ihr seid sowieso alle gezeichnete Leute, also gebt den Schweinen keine Chance, euch festzunageln.»

Er verfolgte, wie sie aus dem trüben Lichtkreis in die Finsternis krochen, und verspürte Zufriedenheit. Wie er diesen armen Schafen gesagt hatte, war es nur noch eine Frage der

Zeit.

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