VII Ein edler Ritter

Nur unter Marssegeln und Fock fuhr die Hyperion eine Halse und nahm dann endgültig Kurs auf die Hafeneinfahrt. Auf dem Oberdeck und den Decksgängen trieben sich Matrosen der Freiwache herum und starrten beinahe ehrfürchtig auf die Szenerie, die sie jenseits der Festung und des kahlen Vorgebirges grüßte. Bolitho hob sein Teleskop und schwenkte es langsam von einer Seite zur anderen. Kaum zu glauben, daß es die gleiche leere Ankerstelle war, die er am Tag vorher verlassen hatte. Als der Ausguck gemeldet hatte, daß er hinter den Klippen Mastspitzen ausmachen könne, hatte Bolitho das für eine von Hoods Versorgungsschiffen oder allenfalls für eine Fregatte mit Depeschen und neuer Segelorder gehalten. Doch als das Schiff langsam auf die buckligen Hügel zuglitt, wurde ihm klar, daß es sich um ganz etwas anderes handelte.

In der Mitte des Naturhafens lag ein hochbordiger Dreidecker vor Anker, an dessen Hauptmast ein Konteradmiralswimpel schlaff herabhing. Jenseits dieses Schiffes, nahe an der Pier, ungefähr dort, wo die Karronade die französischen Soldaten dezimiert hatte, lag noch ein großes Fahrzeug, seinem Bau nach ein Versorgungsschiff. Im flacheren Wasser östlich davon ankerte eine kleine Schaluppe, die er sofort als die Chanticleer erkannte. Die spanische Princesa lag noch an derselben Stelle wie am Vortag; aber noch eindrucksvoller als die Schiffe selbst war die Geschäftigkeit an Bord und der Betrieb im Hafen.

Um die Schiffe herum sowie zwischen ihnen und der Pier verkehrten Boote jeder Form und Größe: Kutter, Gigs, Barkassen und Jollen in unübersehbarer Zahl; und als Bolithos Glas den Abhang erfaßte, sah er ein großes, rechteckiges Zeltlager, an dessen vereinzelten Lagerfeuern sich winzige, scharlachrote Gestalten zu schaffen machten. Anscheinend war jetzt auch britische Infanterie auf der Insel.

Zusammenfahrend merkte er, daß die Hyperion schon die schützenden Arme der Einfahrt passiert hatte; doch Rooke stand, wie er mit einem raschen Blick feststellte, immer noch steif an der Achterdeckreling, die Sprechtrompete wie bei der Parade unterm Arm.

«Halsen Sie gefälligst!«befahl Bolitho ärgerlich.

Rooke wurde rot und hob die Trompete:»Klar zum Halsen! An die Luvbrassen!»

Bolitho preßte die Lippen zusammen. Im Kampf und bei der täglichen Routine war Rooke ein recht brauchbarer Offizier; aber jedesmal, wenn er die mächtige Hyperion in engen Gewässern verantwortlich führen sollte, wurde er merklich kleiner.

Pearse, der Stückmeister, stand am Vormast und spähte unter der schützenden Hand zum Achterdeck hinauf. Bolitho nickte kurz, und mit dumpfen Salutschüssen, deren Echo rund um die Klippen rollte, erwies die Hyperion dem Konteradmiral, wer das auch sein mochte, ihren Respekt.

Bolitho wußte, daß er sich um den Salut nicht weiter zu kümmern brauchte. Das war Routinesache. Während die Geschütze im Fünfsekundenabstand krachten und das Schiff in einer Wolke driftenden Pulverqualms weiterkroch, schätzte er die Entfernung ab. Mit Augen und Verstand nahm er die glatte Wasserfläche unter den hohen Klippen, den immer lebloser hängenden, langen Admiralswimpel wahr.

«An die Marsschoten!«schrie Rooke atemlos.»Hol dicht!«Die sonnenbraunen Matrosen auf den sich nach außen verjüngenden Rahen bewegten sich im Takt und völlig gleichgültig gegenüber der schwindelnden Höhe.

«Leeruder!»

Mit der fast ganz abgeflauten Brise drehte sich die Hyperion in den Wind; was sie noch an Segeln führte, verschwand, als Bolitho ein rasches Handzeichen gab, und vom Vorschiff kam der Ruf:»Laß fallen Anker!«Mit halbem Ohr hörte er den Anker ins Wasser platschen und die Trosse polternd abrollen. Endlich war auch der Salut vorbei, und er konnte wieder klar denken.

Midshipman Caswell unterbrach die plötzliche Stille. Er hatte sein Glas auf das Flaggschiff gerichtet, denn er mußte die Signalflaggen unter seinen Rahen als erster erkennen, sobald sie sich entfalteten. »Tenacious an Hyperion! >Bitte Kommandant in fünfzehn Minuten an Bord

Allday wartete schon an der Kampanje.»Gimlett soll meine Paradeuniform bereitlegen«, rief Bolitho ihm zu.»Und dann lassen Sie mein Boot zu Wasser!«Er fragte Gossett, der auf den mächtigen Dreidecker starrte:»Kennen Sie ihn?»

Nachdenklich schob Gossett die Unterlippe vor.»Die Tenacious lag eine Zeitlang mit uns vor Brest, Sir. Dann mußte sie nach Ply-mouth zur Überholung. Damals hatte sie keinen Admiral an Bord.»

Caswell sah von seinem Flottenhandbuch auf. »Tenacious, neunzig Kanonen, Sir. Kommandant Matthew Dash.»

In Bolithos Hirn formte sich ein vages Bild.»Ich habe ihn einmal getroffen«, sagte er nur. Dennoch, es würde eine ganze Menge davon abhängen, was für ein Mann der Konteradmiral war. Bolitho eilte in seine Kajüte, warf den abgewetzten Dienstrock ab und zerrte sich die ausgebleichte Weste vom Leib. Dann fuhr er rasch in ein sauberes Hemd und kämmte sich, während Gimlett ihn wie ein ängstliches Gespenst umflatterte. Lord Hood ist ja alt genug, um auf solche Äußerlichkeiten keinen großen Wert zu legen, dachte Bolitho grimmig, aber sein Konteradmiral ist da offenbar anderer Ansicht. Die fünfzehn Minuten Frist sprachen für sich selbst.

Er hörte sein Boot längsseit dümpeln und Alldays scharfe Kommandos. Und die ganze Zeit gingen ihm die Möglichkeiten im Kopf herum, die sich jetzt aus der Anwesenheit eines Neunzig-Kanonen-Linienschiffes und der neu eingetroffenen Soldaten ergaben. Lord Hood mußte die Wichtigkeit seines ersten Berichtes erkannt haben. Anscheinend war die bevorstehende Aktion bereits mehr als eine skizzenhafte Idee.

Er fluchte, als Gimlett ihm das Halstuch zurechtzupfte und an dem Degen herumzerrte. Wie ein altes Weib ist der Kerl, dachte er verzweifelt.

Rooke erschien in der offenen Tür.»Gig ist klar, Sir. «Jetzt, da das Schiff vor Anker lag, schien er sich wesentlich wohler zu fühlen.

Bolitho fuhr in die Ärmel des goldbetreßten Galarocks mit den weißen Aufschlägen und sagte:»Alle Boote zu Wasser, Mr. Rooke. Schicken Sie die Mannschaft der Fairfax an Land, und warten Sie dann weitere Befehle ab. «Er steckte den mit so viel Mühe formulierten Bericht ein und fuhr fort:»Nächstesmal, wenn wir einen Hafen anlaufen, müssen Sie versuchen, ein Gefühl für das Schiff zu bekommen, verstehen Sie?»

«Der Wind machte mir Sorge, Sir«, antwortete Rooke unbewe g-ten Gesichts.»Sie hat so starken Bewuchs am Unterwasserschiff, daß sie unberechenbar ist.»

Bolitho griff nach seinem Dreispitz.»Bis auf weiteres fungieren Sie auf der Hyperion als Erster Offizier und sind dementsprechend für alles verantwortlich. Dazu gehört auch der Wind und jede verdammte Einzelheit binnen- und außenbords — verstanden?»

Rooke stand stramm.»Aye, aye, Sir.»

«Gut. «Er schritt wieder in das Sonnenlicht hinaus, an der Abteilung vorbei, die zum Seitepfeifen angetreten war, blieb aber an der Fallreepspforte noch einen Moment stehen.»Wie ich sehe, fährt die Chanticleer den Postwimpel, Mr. Rooke. Ich schicke ein paar Depeschen hinüber; und wenn unsere Leute etwa Briefe haben, dann schicken Sie sie mit. «Er hielt inne; sein Blick fiel auf die angetretene Reihe Bootsmannsmaaten mit ihren angesetzten Querpfeifen, auf die Trommeljungen mit ihren weißen Garnhandschuhen und auf Leutnant Inch mit seinem Teleskop. Daß keine Seesoldaten dabei waren, kam ihm seltsam vor.

«Mr. Quarmes persönliche Sachen packen Sie am besten zusammen und schicken sie mit hinüber«, sagte er dann abschließend. Er suchte in Rookes Augen nach einem Schimmer von Bedauern oder Mitleid. Aber der faßte nur an seinen Hut und trat beiseite. Unter dem Schrillen der Querpfeifen kletterte Bolitho hinunter in das wartende Boot.

Captain Dash von der Tenacious begrüßte Bolitho herzlich. Er war etwa Mitte Fünfzig, ein untersetzter, derber Mann mit rauher, kratziger Stimme, doch wenn er lächelte, wirkte er freundlich und gutmütig. Er war eines der seltensten Produkte der Kriegsmarine, denn er hatte seine Karriere im Unterdeck begonnen; als Schiffsjunge war er freiwillig eingetreten und hatte es, was Bolitho sich kaum richtig vorstellen konnte, durch Anstrengung und Willenskraft, mit Zähnen und Klauen, bis zum Kommandanten eines Linienschiffs gebracht.

Bolitho ging neben ihm zu der breiten Achterdecksleiter und fragte:»Wann sind Sie eingetroffen?»

«Heute vormittag«, grinste Dash.»Seitdem ist hier der Teufel los. «Er zeigte mit seinem verarbeiteten Daumen auf den Transporter.»Das ist die Weiland, ein ehemaliger Indienfahrer. Hat fünfhundert Mann vom 91. Infanterieregiment gebracht, und außerdem die Hälfte der großschnäuzigsten Sergeanten von ganz England — so hört sich's wenigstens an. «Dann wurde er unvermittelt ernst.

«Ich war in Gibraltar, als die Schaluppe von Lord Hood mit meiner neuen Segelorder kam. «Er zuckte die Schultern.»Deshalb führt mein Schiff jetzt eine Konteradmiralsflagge, und ich muß mich anständig benehmen.«»Wie ist er denn?»

«Schwer zu sagen. Seit er an Bord ist, muß ich springen wie'n Hündchen; aber meist bleibt er in seiner Kajüte. Er wartet jetzt auf Sie.»

Bolitho lächelte.»Ich habe noch gar nicht nach seinem Namen gefragt.»

Dash zog sich die Leiter hinauf.»Er ist erst vor kurzem Flaggoffizier geworden. «Und mit einem Blick zum Großmast:»Sie stehen jetzt unter Flagge von Sir Edmund Pomfret, Ritter des BathOrdens, Konteradmiral der Überseeflotte. «Er brach ab und sah Bolitho unsicher an.»Sie kennen ihn doch?»

Bolitho blickte zur Seite, denn der Kopf schwirrte ihm. Also Edmund Pomfret. Das konnte nicht wahr sein! Er versuchte, sich an sein erstes Zusammentreffen mit Pomfret zu erinnern. Das war im Gasthaus» König George «in Portsmouth gewesen. Er war in diese Stadt gerufen worden, um seine Bestallung als neuer Kommandant der Fregatte Phalarope entgegenzunehmen, vor nun fast zwölf Jahren. Auf dem Weg zu seinem neuen Schiff war er an einem anderen Kapitän vorbeigekommen, der darauf wartete, den ganzen Zorn des Admirals über sich ergehen zu lassen. Dieser war gerade als Kommandant der Phalarope abgelöst worden, und zwar wegen sinnloser Grausamkeit und totaler Gleichgültigkeit für das Wohlergehen, ja sogar für Leben und Tod seiner Mannschaft. Und dieser Mann, der den Keim der Meuterei auf der Phalarope gelegt hatte, war Edmund Pomfret gewesen!

Dash verhielt einen Moment vor der Tür der großen Kajüte. Zwei Marine-Infanteristen starrten ohne Lidschlag unter ihren schwarzen Tschakos hervor.»Fühlen Sie sich wohl, Bolitho? Ich höre, Sie hatten das Fieber, und.»

Bolitho tätschelte ihm beruhigend den Arm.

Er klopfte an die Tür und hörte eine scharfe Stimme:»Herein!»

Pomfret saß an einem mächtigen Tisch und unterschrieb ein Schriftstück, das ihm sein Flaggleutnant vorlegte. Ohne aufzusehen, winkte er Bolitho zu einem Stuhl.»Nehmen Sie Platz, Captain. Ich muß das hier noch durchlesen.»

Pomfret hatte sich ziemlich verändert; überraschenderweise sah er in der schweren, goldbestickten Admiralsuniform jünger aus, als es seinen vierzig Jahren entsprach; nur unter der glänzenden Seidenweste machte sich deutlich ein Bauch bemerkbar, und seine Stirn furchten tiefe Falten, die sich anscheinend nie glätteten. Aber der kleine, verdrießliche Mund war wie früher, auch die blassen, vorstehenden Augen, die nun über das Papier huschten. Er hatte volles, rötliches Haar, und seine Haut schien von der Art zu sein, die keine Sonne verträgt; sie war fleckig vor Hitze, trotz der schattig-kühlen Kajüte.

Jetzt sah Pomfret auf und schwenkte die Hand.»Weitermachen, Fanshawe. Aber seien Sie wenigstens nächstes Mal etwas fixer!«Der Leutnant verschwand eiligst, und Pomfret richtete jetzt zum erstenmal den Blick voll auf Bolitho.

«Ein Narr, dieser Mann!«Seine Stimme war ruhig, aber scharf; er schien sich zu ärgern.»Na, Bolitho — was haben Sie für sich selbst zu sagen?»

Bolitho griff nach seinem versiegelten Bericht.»Ich komme soeben von St. Clar, Sir.»

Pomfret trommelte mit den Fingern einer Hand auf die Tischplatte. Anscheinend hielt er sich absichtlich zurück.»Ihr Hauptmann hat mir das alles schon erzählt. Was ich wissen will: was, zum Teufel, haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, überhaupt nach St. Clar zu segeln?»

«Ich mußte Wasser für mein Schiff beschaffen, Sir. Von der Flotte kam kein Nachschub, überhaupt keine Nachricht. Ich mußte selbst einen Entschluß fassen.»

Pomfret schob die Unterlippe vor.»Außerdem haben Sie, glaube ich, mit dem Feind unterhandelt?»

«Jawohl, Sir. Einer der Gefangenen — «Mit seidenweicher Stimme unterbrach ihn Pomfret:»Der ehemaligen Gefangenen, meinen

Sie?»

«Er gab mir Grund zu der Hoffnung, daß St. Clar uns in Zukunft recht nützlich sein könnte, Sir. «Bolitho konnte sich atmen hören; in seinem Innern brannten Ärger und Unmut wie Feuer.

«Ich halte nicht viel von Siegen durch Nachgiebigkeit, Bolitho.

Die Franzosen sind und bleiben unsere Feinde. In Zukunft werden Sie ausschließlich Befehle ausführen, sonst nichts. Wir verhandeln nicht, sondern handeln, und das mit Nachdruck. «Er kräuselte verächtlich die Lippen.»Brüderlichkeit interessiert uns hier nicht.»

Gleichmütig sprach Bolitho weiter:»Ich habe den Tod meines Ersten Offiziers zu melden, Sir. Es steht alles im Bericht.»

Pomfret sah gar nicht nach dem Kuvert hin, sondern erwiderte kalt:»Sie scheinen große Anziehungskraft für Tod und Verderben zu besitzen, Bolitho. Ihr Erster Offizier, vorher das spanische Flaggschiff mit Admiral Anduaga, und natürlich Ihr eigener Kommandant, Sir William Moresby.»

Bolitho wurde rot vor Empörung.»Das ist unfair, Sir! Gerade bei Sir William habe ich mich befehlsgemäß verhalten!»

Pomfret winkte scheinbar freundschaftlich ab.»Sachte, Bolitho! Sie müssen lernen, sich zu beherrschen.»

Bolitho entspannte sich etwas. Jetzt wußte er, was ihm bevorstand. Ihm fiel ein, was er zu Quarme gesagt hatte:»Die Menschen ändern sich nicht. «Gelassen erwiderte er:»Bei der Einnahme von Cozar waren unsere Verluste sehr gering, Sir.»

«So hörte ich. «Pomfret lehnte sich zurück.»Nun — in Zukunft wird manches anders werden, denn Sie stehen jetzt unter meinem Kommando. Und dafür können Sie nur sich selbst die Schuld geben, denn Sir William ist schließlich auf Ihrem Schiff ums Leben gekommen. Ich bin lediglich in seine Schuhe getreten, Bolitho, genau wie Sie in die Captain Turners. «Ein flüchtiges Lächeln.»So, das wäre also das. Ich war unterwegs nach Neu-Holland und der Botany Bay,[6] als mich in Gibraltar die neuen Befehle erreichten. Ich sollte Gouverneur werden und aus diesem widerlichen Haufen von Sträflingen und Idioten, die dort für uns eine neue Kolonie gründen, etwas halbwegs Vernünftiges machen. «Seine Wangen röteten sich vor unterdrückter Wut.»Nun möge Gott ihnen helfen!»

Langsam sagte Bolitho:»Hätte ich gewußt, daß Sie kommen, Sir, dann hätte ich auf Cozar gewartet. Aber das Trinkwasser…»

Pomfret nickte finster.»Ah ja, das Trinkwasser! Sie sind immer noch derselbe, scheint mir. Zu weich!«Er nickte nochmals.»Oh, ich habe nichts vergessen, Bolitho, nur keine Angst!»

«Besten Dank, Sir.»

Pomfret sprang beinahe auf.»Seien Sie nicht so impertinent!«Wie erschöpft von der Hitze, sank er wieder in den Stuhl und fuhr etwas ruhiger fort:»Die Menschen respektieren Schwäche nicht, das sollten Sie inzwischen gelernt haben.»

Bolitho standen plötzlich die unglücklichen Sträflinge in der Bo-tany Bay vor Augen. Hunderte waren wegen aller möglichen Vergehen dorthin deportiert worden. Da die amerikanischen Kolonien nicht mehr zur Verfügung standen, hatte sich England entschlossen, seine unerwünschten Verbrecher auf die andere Seite der Welt zu schicken; dort mochten jene wenigen, die Not und unbekannte Krankheiten überlebten, für ihr Vaterland, das sie verstoßen hatte, neue Gebiete erschließen. Ob sie jemals erfahren würden, dachte er, was sie für ein Glück gehabt hatten, daß ihnen wenigstens Pomfret erspart geblieben war?

Wie im Selbstgespräch redete Pomfret weiter:»Ich habe es satt, bei solchem Geschmeiß von Ehre und Loyalität zu hören. Die lügen, betrügen und saufen doch nur und kümmern sich einen Dreck um anständige Seeoffiziere wie Sie und mich.»

Bolitho wußte nicht genau: meinte er Sträflinge oder Matrosen — oder machte er da keinen Unterschied? Er entgegnete:»Auf alle Fälle sind es Männer, Sir, und ich verachte keinen, nur weil er nicht dieselben Überzeugungen hat wie ich.»

Pomfret musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen.»Dann sind Sie ein noch größerer Narr, als ich dachte. «Er beugte sich vor, um seinen Worten stärkeres Gewicht zu verleihen.»Sie befehligen keine Fregatte mehr, Bolitho. Unter meiner Aufsicht werden Sie lernen, Ihre Pflicht so zu tun, wie es sich für den Kommandanten eines Vierundsiebzigers gehört — verstanden?»

«Jawohl, Sir. «Bolitho blickte ihn unbewegt an.»Aber bisher war ich allein und handelte, wie ich es für richtig hielt. Wir haben die Männer der Fairfax wieder, und vielleicht auch bald die Schaluppe.»

Pomfret trocknete sich das Gesicht mit einem seidenen Tuch.»Haben Sie auch die Offiziere der Fairfax!»

«Nein, Sir. Die Franzosen hatten sie bereits nach Norden transportiert, um sie eventuell auszutauschen.»

«Schade«, antwortete Pomfret mit einem abwesenden Nicken.»Ich hätte die Dummköpfe vors Kriegsgericht gestellt, weil sie sich das Schiff mit einem so blöden Trick wegnehmen ließen. Aber im Moment habe ich andere Sorgen. «Er blätterte in einigen Papieren.»Ich werde Lord Hood über die derzeitige Situation berichten, und inzwischen wollen wir auf dieser makabren Insel eine richtige Garnison aufbauen. «Herausfordernd blickte er in Bolithos ernstes Gesicht.»Sie sieht ja aus wie der nutzloseste Fleck der Erde!»

«Die Insel hat einen guten Hafen, Sir. Es gibt auch noch ein altes Dorf, wo früher die Sträflinge untergebracht waren. Aber das ist jetzt zerfallen. Die Festung haben Sie gesehen, und.»

Stirnrunzelnd unterbrach ihn Pomfret:»Sie können Ihre Seesoldaten wiederhaben. Die Armee übernimmt jetzt die Insel, unter meinem Kommando natürlich.»

Natürlich, dachte Bolitho wütend.»Und meine Segelorder, Sir?»

Pomfret gähnte.»Fanshawe gibt sie Ihnen umgehend, sonst hol' ihn der Teufel. Sie werden unverzüglich nach Gibraltar segeln und meine Anordnungen wörtlich genau ausführen!«Er ignorierte Bo-lithos überraschte Miene.»Ich befehligte einen Konvoi von Sträflingstransportern, als das hier losging. Sie werden ihn herbringen.»

«Aber was wird aus St. Clar, Sir?«Es war Bolitho, als würde die Kajüte drückend eng.

«St. Clar steht immer noch, wenn Sie zurückkommen, Bolitho. «Es klang wie eine Zurechtweisung.»Lord Hood hat mir hier das Oberkommando übertragen und mir damit freie Hand gegeben, um aus diesem ziemlich unbefriedigenden Anfang einen vollen Erfolg zu machen!»

Steif stand Bolitho auf.»In Gibraltar — sind das Versorgungsschiffe, Sir?»

«Zum Teil. Aber das alles steht in Ihrer Order. Seien Sie unbedingt in Gibraltar, bevor der ganze Konvoi abgesegelt ist. Sonst wäre ich gar nicht erfreut, kann ich Ihnen versichern!«Und als Bolitho sich zum Gehen anschickte, fügte Pomfret noch hinzu:»Ich habe mich um dieses Kommando nicht beworben, Bolitho. Aber nun, da ich es habe, werde ich es auch erfolgreich zu Ende führen, und wer mir dabei Schwierigkeiten macht, kriegt Ärger. So wahr mir Gott helfe!«Er hatte mit großer Entschiedenheit gesprochen, aber auf einmal schien er genug von diesem Gespräch zu haben.»Anschließend werde ich Ihren Bericht lesen und sehen, was er taugt. Ich nehme an, Sie wollen Ersatz für Ihren toten Leutnant?»

«Jawohl, Sir.»

«Schön, sprechen Sie mit dem Flottenkommandanten in Gibraltar. Dazu haben Sie meine Erlaubnis.»

Bolitho verschluckte seine Erwiderung. Erstaunlich, wie die Beförderung einen Menschen bis zur Überheblichkeit verändern konnte. Er sagte nur:»Dann werde ich sofort Anker lichten, Sir. «Noch in der Tür hörte er Pomfret ihm nachrufen:»Sie haben meine Befehle jederzeit wortgetreu auszuführen!»

Kapitän Dash erwartete Bolitho bei der Fallreepspforte, eine Menge Fragen im Gesicht.»Na, Bolitho, ist er der Mann, an den Sie sich erinnerten?»

Bolitho starrte zu den schlanken Masten der Hyperion hinüber.»Genau der. «Und mit einem Blick nach unten zu der wartenden Gig:»Ich glaube, wir haben eine interessante Zeit vor uns.»

Eine knappe Stunde nach der kurzen Besprechung bei Konteradmiral Pomfret hatte die Hyperion bereits Anker gelichtet, und ihr Bugspriet strebte wieder der fernen, lockenden Kimm zu. Die Besatzung mußte glauben, ein Fluch laste auf dem Schiff, es sei dazu verdammt, ewig zu segeln, bis die Planken verrotteten und die Männer ins Meer fielen. Daß auf einmal so viele Schiffe vor Cozar lagen und sogar Infanterie auf der Insel war, hatte großes Interesse erregt: die Matrosen der Hyperion waren sogar irgendwie stolz darauf gewesen, als hätten sie dadurch, daß sie allein nach St. Clar gesegelt waren und tollkühn dicht am Feind geankert hatten, diese ganze Operation in Gang gesetzt.

Als jedoch» Klar zum Ankerlichten «gepfiffen wurde und As h-bys Marine-Infanteristen betrübt von der Festung wieder an Bord stampften, fiel die aufgeflammte Begeisterung in sich zusammen und verwandelte sich in Verwirrung und Enttäuschung.

Doch wenigstens brauchten die Offiziere der Hyperion nicht ständig neue Tricks zu erfinden, um die Mannschaft auf der Rückreise nach Gibraltar zu beschäftigen. Trotz des klaren Himmels frischte der Wind erheblich auf, sobald sie Cozar zurückgelassen hatten. Während das alte Schiff stampfend seinen Weg nach Südsüdwest nahm und die Südküste von Spanien umrundete, lag es manchmal so hoch am Wind, daß es ihn fast von vorn hatte und mühsam gegenan kreuzen mußte. Tag um Tag ging es so, ohne Atempause. Kaum waren die Männer von den Masten herunter und zu einer kurzen Rast im Logis, da gellte schon wieder der Ruf:»Alle Mann an Deck!«und» Aufentern zum Segelkürzen!»

Nicht daß es unter Deck viel Erholung gab. Die Stückpforten waren wegen des peitschenden Spritzwassers abgedichtet, und der Gestank nach Bilgewasser und hastig geschmortem Essen konnte aus dem engen Logis nicht abziehen. Die Hyperion wurde mit dem kurzen, knüppeligen Seegang schlecht fertig. Das monotone Quietschen der Lenzpumpen tönte so regelmäßig und unaufhörlich durchs Schiff, daß man es gar nicht mehr bemerkte, bis es beim Wachwechsel auf kurze Zeit verstummte.

Am Morgen des zehnten Tages lief das Schiff dankbar in die Reede unterhalb des Felsens von Gibraltar ein; die Mannschaft war zu erschöpft und niedergeschlagen, um sich über Reisezweck oder Zukunft Gedanken zu machen.

Reglos saß Bolitho in der Kajüte. Die feucht an ihm klebende Kleidung widerte ihn an, aber er war zu müde, um aufzustehen. Ihm war, als sei er während der ganzen Reise nie länger als fünf Minuten unter Deck gewesen, und in der eleganten Kajüte fühlte er sich deplaciert und schmutzig. Die vier Leutnants, die das Schiff noch besaß, waren diensteifrig genug gewesen, aber ihnen fehlte jede Erfahrung mit schwierigem Wetter. Bolitho war überzeugter denn je, daß Kapitän Turner die eigentliche Schiffsführung nie jemand anderem als Quarme oder Gossett anvertraut hatte; jetzt wurden die Resultate dieser Einseitigkeit schmerzhaft deutlich.

Rooke trat ein und meldete müde:»Signal von der Fregatte Har-vester, Sir. Hat Depeschen für Sie. «Seine Stimme war tonlos vor Erschöpfung. Er schwankte, riß sich aber unter Bolithos prüfendem Blick zusammen. Stärker als seine Kameraden war er sich seiner Unzulänglichkeit bewußt, und diesmal konnte er keinem anderen die Schuld zuschieben.

Bolitho erhob sich mühsam aus dem Sessel und trat ans Heckfenster. Durch die salzverkrustete Scheibe konnte er die Fregatte vor Anker liegen sehen. Ihr roter Wimpel hob sich leuchtend gegen den Felsen ab. Ihm schien, als hätte sie sich seit damals, als er nach seiner Ankunft aus England von Bord gegangen war, überhaupt nicht vom Fleck gerührt. War es wirklich erst zwei Monate her? Ihm kam es so lange vor wie ein ganzes Leben.

Knapp zwei Kabellängen vor der Fregatte lagen die drei schweren Transporter und eine kleine, tänzelnde Achtzehner-Schaluppe. Wieder fielen ihm Pomfrets Befehle ein. Er hatte sie dutzende Male durchgelesen, und sie waren ihm die ganze Zeit nicht aus dem Kopf gegangen, auch als er sein Schiff in die kreischende Hölle aus Wind und Gischt hineintrieb. Nun, alle an Bord würden sie bald genug zu hören bekommen, dachte er müde. Mit einem Mann wie Pomfret stellte man sich am besten von Anfang an auf den richtigen Fuß.

«Soll ich ein Boot hinüberschicken, Sir?«fragte Rooke.

«Nein. «Bolitho rieb sich mit den Fingerknöcheln die Augen.»Signalisieren Sie der Harvester und der Schaluppe Snipe: Kommandanten sofort zu mir an Bord! <»

Rooke war verunsichert.»Gehören die auch zu unserem Geschwader, Sir?»

«Ja, Mr. Rooke. Und das Geschwader fährt Geleit für die drei Transporter nach Cozar.»

Bei diesen Worten mußte er an Pomfret und sein Flaggschiff denken. Der hätte das Geleit ebensogut selbst übernehmen können; wenn er eine Fregatte oder auch nur die Chanticleer nach Cozar vorausgeschickt hätte, wäre das Ungewisse Warten auf neue Befehle schnell vorbei gewesen. Aber Pomfret war mit seinen Begleitschiffen und einem ziemlich schnellen Transporter losgesegelt; an Bolithos Schwierigkeiten und seinen Mangel an Frischwasser hatte er überhaupt nicht gedacht — oder sie waren ihm gleichgültig gewesen.

Als er sich vom Fenster abwandte, war Rooke bereits draußen, und an der Tür stand Gimlett, zeigte grinsend seine Eichhörnchenzähne und rieb sich nervös-erwartungsvoll die Hände.

«Ein neues Hemd, Gimlett!«befahl Bolitho.»Und legen Sie mir gleich eine frische Uniform aus. Ich habe Besuche zu machen. «Er rieb sich das Kinn und fuhr fort:»Ich will mich waschen und rasieren, ehe die beiden Kommandanten an Bord kommen.»

Als Leach, der Kommandant der Fregatte, und Tudor, der Kommandant der Snipe, in seine Kajüte geführt wurden, war Bolitho wenigstens äußerlich so frisch und munter wie ein Mann, der seine Tage an Land in einem komfortablen Haus verbracht hatte. Er wartete, bis Gimlett seinen Besuchern Wein eingeschenkt hatte, und sagte dann:»Willkommen an Bord, meine Herren. Ich nehme an, Sie sind sofort segelfertig?»

Leach nickte.»Admiral Pomfret hat uns instruiert, bei den Transportern zu bleiben, nachdem der erste Geleitzug abgesegelt war. Wie es scheint, werden derartige Schiffe, wenn sie ungeschützt segeln, in den letzten Wochen regelmäßig angegriffen, und mir ist wohler, wenn Ihre Hyperion auf uns aufpaßt. «Er lehnte sich etwas bequemer zurück.»Freut mich übrigens, Sie wiederzusehen, Sir. Ich nehme an, der junge Seton ist seine Seekrankheit inzwischen los?»

Tudor, ein breitgesichtiger Leutnant, sprach jetzt zum erstenmal. Entweder hatten ihm der Wein oder Leachs offenbare Vertrautheit mit Bolitho Mut gemacht.»Ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe, Sir. «Die beiden blickten ihn an, und er fuhr leicht verwirrt fort:»Der Admiral hat befohlen, daß eines der für NeuHolland bestimmten Schiffe, die Justice, hierbleiben soll. Es ist mir klar, daß die beiden Vorratsschiffe für unser Geschwader lebenswichtig sind — «, er hob hilflos die Schultern —,»aber ein Sträflingsschiff sollte nicht unbewacht zurückbleiben.»

Bolitho blickte ihn ernst an.»Es bleibt auch nicht zurück. «Gleichzeitig setzten sie ihre Gläser ab und blickten ihn einer wie der andere erschrocken an.»Die Justice«, fuhr Bolitho fort,»segelt mit uns nach Cozar.»

«Aber, Sir«, protestierte Leach,»das ist doch ein Sträflingsschiff! Herrgott, sie hat dreihundert Gefangene an Bord!»

«Das weiß ich. «Bolitho blickte auf den Tisch nieder, wo Pom-frets Order lag. Er konnte Leachs Verwirrung durchaus begreifen. Pomfret mußte Bellamy von der Chanticleer bis aufs Hemd ausgefragt haben, bevor er diese überraschende Entscheidung traf. Wie er in seiner Order geschrieben hatte:». anscheinend ist ein Teil der Befestigungsanlagen auf Cozar in schlechtem Zustand und völlig unzureichend. Da keine anderen Arbeitskräfte für die Instandsetzung zur Verfügung stehen und mir Lord Hood volle Entsche i-dungsgewalt übertragen hat, beabsichtige ich, einen Teil des Sträflingstransports, nämlich die Belegschaft des Transports Justice, dazu zu verwenden, und unterstelle diese hiermit meinem Kommando.»

Wieder einmal hatte Pomfret ganz klar erkennen lassen, daß ihm der Verbrauch von Menschen weniger bedeutete als etwa der von Segeltuch oder Spieren.

«Darf er denn das?«fragte Leach eindringlich.»Ich meine — ist es legal?»

«Vielleicht gibt es ein paar Anfragen im Parlament, Leach. Aber vermutlich kümmert sich kein Mensch darum. Manche werden der Ansicht sein, daß ein Transport von Verbrechern das Land schon zu viel Geld kostet, besonders jetzt, da wir wieder im Kriege mit Frankreich sind. Diese Leute werden es für durchaus vernünftig halten, daß die Sträflinge ihre Überfahrt sozusagen abarbeiten.»

Jedoch Leach war eigensinnig.»Aber Sie — halten auch Sie es für richtig?»

Bolitho verschränkte die Finger unterm Tisch.»Das geht Sie nichts an, Leach!«Er sprach schärfer als beabsichtigt und wußte, daß Leach seine innere Unsicherheit daran so deutlich erkannte, als hätte er seine wahren Gedanken laut ausgesprochen.

Tudor sah zu Boden.»Wenn das so ist.»

Auf einmal wurde Bolitho wütend.»Wenn das so ist, dann wollen wir die Sache unverzüglich in Angriff nehmen, nicht wahr, Tudor?»

«Soll ich den Kapitän der Justice informieren, Sir? «versuchte Leach die Spannung zu lockern.»Er ist ein schwieriger Mann und hat für die Marine nicht viel übrig.»

«Ich werde es ihm selbst sagen«, erwiderte Bolitho und schritt zum Fenster.»Keine angenehme Aufgabe.»

Leach wechselte das Thema:»Ich höre, Sie brauchen einen Ersten Offizier, Sir? Mein eigener ist ein guter Offizier, bei dem längst ein Avancement fällig wäre.»

Bolitho starrte zum Sträflingsschiff hinüber, als sähe er es zum erstenmal.»Danke, Leach, das ist anständig von Ihnen. Sowohl mir gegenüber als auch Ihrem Leutnant, den Sie vermutlich nicht gern verlieren würden. «Er schüttelte den Kopf.»Aber damit müssen wir noch eine Weile warten. Der Wind krimpt die ganze Zeit und frischt immer mehr auf. Wir müssen bald weg, sonst kommen wir nicht mehr raus und müssen den Sturm auf Reede abwettern.»

Leach nickte.»So weht es schon seit Tagen vom Atlantik. «Er stand auf und griff nach seinem Hut.»Ich bin ganz Ihrer Meinung. Wir müssen möglichst bald in See gehen.»

Bolitho geleitete die beiden Offiziere an Deck. Als sie in ihren Booten waren, befahl er:»Meine Gig, bitte! Ich will zur Justice hinüber.»

Am kurzen Blickwechsel seiner Offiziere merkte er, daß sie ganz genau wußten, was vor sich ging. Neuigkeiten liefen auf irgendwelchen geheimnisvollen Wegen schneller von einem Schiff zum anderen als durch das ausgeklügeltste offizielle Signalsystem.

«Haben Sie Befehle, Sir?«fragte Rooke.

«Besorgen Sie mittlerweile so viel frisches Obst, wie die Boote tragen können. Aber um acht Glasen gehen wir ankerauf, verstanden?»

Damit kletterte er ins Boot und wickelte sich in seinen Mantel, als wolle er seine Gedanken vor den Blicken der neugierigen Matrosen verbergen.

«Ablegen! Zu-gleich!«blaffte Allday. Leise sagte er über Bo-lithos Schulter:»Komischer Name für 'n Sträflingsschiff, Sir.[7] Aus dem Bodmin-Gefängnis sind ein paar Leute deportiert worden, die haben bloß mal 'n Brot gestohlen. Ist das vielleicht Gerechtigkeit!»

Bolitho duckte sich vor dem Sprühwasser, das wie Hagel über ihn wegpeitschte. Seltsam, daß Allday und seinesgleichen, die selber gewaltsam zur Marine gepreßt worden waren, so viel Mitgefühl für diese Leute, aber keines für ihre Kameraden empfanden, die wie sie selbst Heimat und Familie entrissen worden waren. Doch genau wie Allday wußte er, daß es da Unterschiede gab; und auch wenn er sich nicht daran stören durfte, würden sie ihm doch ständig bewußt bleiben.

«Boot ahoi!«ertönte eine grobe Stimme vom verwitterten Deck des Transporters herab.

Laut und deutlich antwortete Allday:»Kommandant Seiner Majestät Linienschiff Hyperion kommt an Bord!»

Bolitho erschauerte unter seinem Mantel. Die Justice stank nach menschlichem Zerfall, nach Verwesung.

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