8. Zwei weitere Goldene Eintrittskarten werden gefunden

Am gleichen Tag verkündete die Abendzeitung, daß nicht nur die dritte, sondern ebenso auch die vierte Goldene Eintrittskarte gefunden worden sei. ZWEI GOLDENE EINTRITTSKARTEN GEFUNDEN... NUR NOCH EINE ÜBRIG... schrien die Schlagzeilen.

«Jetzt lies uns vor, wer sie gefunden hat», sagte Großvater Josef, als sich nach dem Abendessen die ganze Familie im Zimmer der Großeltern versammelt hatte.

Charlies Vater hielt die Zeitung ganz dicht vors Gesicht. Er hatte schlechte Augen und konnte sich keine Brille leisten.

«Die dritte Goldene Eintrittskarte wurde von Violetta Beauregarde gefunden. Es herrschte große Aufregung in der Familie Beauregarde, als unser Reporter erschien, um die glückliche junge Dame zu interviewen. Fernsehkameras surrten, Blitzlichter blitzten, und Menschen drängten und schubsten, um etwas näher an das berühmte Mädchen heranzukommen. Das berühmte Mädchen selbst stand im Wohnzimmer auf einem Stuhl und wedelte mit der Goldenen Eintrittskarte. Sie sprach sehr laut und sehr schnell zu den versammelten Leuten, aber sie war nur schwer zu verstehen, da sie ständig wie besessen auf einem Stück Kaugummi kaute.

Sie rief: Jetzt kaue ich natürlich wieder Kaugummi. Ich liebe Kaugummi. Ich kann ohne

Kaugummi nicht leben. Ich kaue den ganzen Tag lang. Außer bei Tisch. Da nehme ich meinen Kaugummi ein paar Minuten aus dem Mund und klebe ihn mir solange hinters Ohr. Ich würde mich, ehrlich gesagt, nicht wohl fühlen, wenn ich nicht den ganzen Tag einen Kaugummi zwischen den Zähnen hätte. Meine Mutter sagt immer, das ist nicht damenhaft, und sie behauptet, es sieht häßlich aus, wenn bei einem jungen Mädchen dauernd der Unterkiefer rauf und runter geht wie bei mir, aber das finde ich nicht. Außerdem geht ihr Unterkiefer auch den ganzen Tag lang rauf und runter, weil sie dauernd an mir herummeckert! >

begann Frau Beauregarde, die sich in der anderen Ecke des Zimmers auf das Klavier gerettet hatte, um nicht von der Menge zertrampelt zu werden.

schrie Violetta Beauregarde und wandte sich wieder den Reportern zu. drei volle Monate auf diesem Kaugummi herumkaue. Das ist ein Weltrekord! Damit habe ich den Rekord gebrochen, den bis jetzt meine beste Freundin, Cornelia Plombe, gehalten hat. Na, die war vielleicht sauer auf mich! Das ist jetzt mein kostbarster Besitz, dieses Stück Kaugummi! Abends klebe ich es einfach auf den Bettpfosten, und morgens ist es wieder so gut wie neu... vielleicht ein bißchen hart zuerst, aber es wird sofort wieder weich, wenn ich ein paarmal ordentlich darauf herumgekaut habe. Ehe ich angefangen habe, für den Weltrekord zu kauen, habe ich meinen Kaugummi einmal am Tag ausgewechselt. Und zwar meistens im Aufzug, wenn ich von der Schule nach Hause kam. Warum im Aufzug? Weil ich den alten, ausgekauten Kaugummi immer auf einen der Aufzugknöpfe geklebt habe. Und der nächste, der nach mir im Aufzug fuhr und auf den Knopf drückte, hatte dann meinen alten Kaugummi an der Fingerspitze. Hi... hi... hi! Sie hätten mal hören sollen, wie manche sich deswegen angestellt haben, vor allem die Damen mit teuren Handschuhen. O ja, ich bin natürlich begeistert, daß ich Herrn Wonkas Fabrik besichtigen darf. Und hinterher schenkt er mir, wenn ich das richtig verstanden habe, genug Kaugummi für mein ganzes Leben! Ist das nicht einsame Klasse?>

«Gräßliches Mädchen!» sagte Großmutter Josefine.

«Abscheulich!» stimmte Großmutter Georgine zu. «Sie wird noch mal ein schlimmes Ende nehmen, bei all dem Kaugummi, das sie kaut, ihr werdet schon sehen.»

«Und wer hat die vierte Goldene Eintrittskarte, Vater?» fragte Charlie.

«Moment», sagte Charlies Vater und kniff die Augen zusammen. «Ah, ja, hier steht es: »

«Wahrscheinlich noch so eine üble Type», murmelte Großmutter Josefine.

«Bitte, unterbrich nicht, Großmutter», sagte Charlies Mutter.

Charlies Vater las weiter: «Auch bei Familie Schießer wimmelte es schon von aufgeregten Besuchern, als unser Reporter eintraf. Aber Micky Schießer, der glückliche Gewinner, schien sich für das alles nicht zu interessieren. sagte er ärgerlich.

Der neunjährige Junge saß vor einem riesigen Fernsehgerät und sah sich einen Film an, in dem eine Bande Gangster eine andere Bande Gangster mit Maschinenpistolen zusammenschoß. Micky selbst hatte nicht weniger als achtzehn Spielzeugpistolen in allen Größen an Gürteln um sich herumhängen. Hin und wieder sprang er auf und verknallte ein paar Runden Schießplättchen mit der einen oder anderen dieser Waffen.

Als jemand ihm eine Frage stellte, schrie Micky Schießer: jeden Tag alle Filme an, auch die blöden, in denen nicht geschossen wird. Aber die Gangsterfilme sehe ich am liebsten. Irre, diese Gangster, vor allem, wenn sie sich gegenseitig voll Blei pumpen oder sich mit dem Messer aufschlitzen oder mit dem Schlagring aufeinander losgehen, zack, zack! Mann, das ist ein Ding! So was mache ich später auch mal! Das ist das Leben. Irre! Toll!> «Das genügt mir!» sagte Großmutter Josefine in scharfem Ton. «Das kann man ja nicht mit anhören!»

«Das finde ich auch», sagte Großmutter Georgine. «Benehmen sich heutzutage alle Kinder so wie diese... diese vier Gören, von denen wir da gehört haben?»

«Natürlich nicht», sagte Charlies Vater und sah die beiden Großmütter lächelnd an. «Manche benehmen sich so... ziemlich viele sogar. Aber längst nicht alle.»»

«Jedenfalls ist jetzt nur noch eine Goldene Eintrittskarte übrig», sagte Großvater Georg.

«Ja», schniefte Großmutter Georgine. «Und genauso sicher, wie wir morgen abend wieder Kohlsuppe essen werden, genauso sicher wird diese allerletzte Goldene Eintrittskarte von irgendeinem fürchterlichen, verzogenen kleinen Biest gefunden, das sie gar nicht verdient.»

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