4.

Die Eiswände glitten so dicht an der Bordwand vorüber, daß man nur die Hand hätte auszustrecken brauchen, um sie zu berühren. Ein hoher, schwingender Ton, als würde irgendwo vor ihnen eine gewaltige gläserne Harfe anschlagen, ließ die Nerven der Männer vibrieren, und das dumpfe Klatschen der Wellen erzeugte ein unwirklich verzerrtes Echo, das die bizarre Atmosphäre im Inneren des Eiskanals noch verstärkte. Die schimmernden Wände färbten das Licht blau.

Skar hob die Hände vor den Mund und blies hinein, um die Kälte aus seinen Fingern zu vertreiben. Die SHAROKAAN bewegte sich, nur noch im Schneckentempo vorwärts. Der Wind war vollends zum Erliegen gekommen, als sie in den Kanal eingefahren waren, und die Segel hingen schlaff von den Rahen, nur noch gehalten von dem starren Panzer aus Eis, das sie wie eine glitzernde, halb durchsichtige Haut überzog. Die gesamte Besatzung, selbst die Verwundeten, die noch die Kraft hatten zu stehen und sich hier heraufzuschleppen, hatte zu beiden Seiten an der Reling Aufstellung genommen und stakte das Schiff mit langen, eisenbeschlagenen Stangen und Enterhaken von der Stelle - die einzige Möglichkeit, überhaupt noch Fahrt zu machen. Es gab eine Strömung, aber sie war nicht stark genug, um das schwere Schiff nennenswert zu bewegen, und der Einschnitt war nicht breit genug, um die weit ausladenden Ruder einsetzen zu können.

Sie waren vor über zwei Stunden in den Kanal eingelaufen. Ihr Schwung hatte ausgereicht, sie noch wenige hundert Fuß weiterzutragen, aber seither wurde das Schiff nur von der Muskelkraft der Besatzung bewegt - eine mühsame und kräftezehrende Art, von der Stelle zu kommen, aber die einzig mögliche. Rayan trieb seine Leute unbarmherzig an und verlangte das Letzte von ihnen, aber er griff auch selbst kräftig mit zu und mühte sich wie ein gemeiner Matrose mit der sperrigen Enterstange ab.

Skar drehte sich zum wiederholten Male um und starrte über das Achterdeck. Ihr Vorsprung war zusammengeschrumpft, und der schwarze Mordsegler kam mit jedem Augenblick, den sie länger durch diesen verdammten Kanal krochen, näher. Skar wußte, wie groß das Risiko war - alles hing davon ab, daß sie aus dem Kanal heraus waren, ehe der Pirat an seinem Ende auftauchte und sich querstellen konnte, um eine Breitseite auf sie abzufeuern. Hier, eingesperrt zwischen den glatten, senkrechten Wänden des Eiskanals, gab es keine Möglichkeit, seinen tödlichen Geschossen auszuweichen. Der Kanal war eine Falle, aus der es kein Entkommen gab.

Skars einziger Trost war, daß der Dronte mit Sicherheit die gleichen Schwierigkeiten haben würde wie sie. Selbst er mit seinem geringeren Tiefgang mußte viel Zeit dabei verlieren, das Labyrinth aus dolchspitzen Eisriffen und heimtückischen Fallen zu überwinden, das die Natur vor der Einfahrt errichtet hatte. Vielleicht, sinnierte Skar, ohne jedoch selbst recht daran glauben zu können, tat er ihnen auch den Gefallen und schlitzte sich den Rumpf auf, ehe er nahe genug herankam. Er legte den Kopf in den Nacken und ließ den Blick an den glatten Wänden des Eises emporwandern, die fast zweihundert Fuß senkrecht in die Höhe strebten und sich leicht gegeneinander zu neigen schienen, so daß man hier unten den Eindruck gewinnen mußte, sich am Grunde eines mächtigen gewölbten Tunnels zu befinden, in dessen Zenit eine schnurgerade blaue Linie eingezeichnet war; eine optische Täuschung, die aber trotzdem etwas bedrückend Reales hatte und Skar das Gefühl vermittelte, lebendig begraben zu sein. Das Eis fing die schräg einfallenden Sonnenstrahlen auf und tauchte das Deck der SHAROKAAN in eine sonderbare, unwirkliche Helligkeit, Licht, das die Segel transparent machte und die Bewegungen der Männer und das sanfte Schaukeln des Schiffes seltsam ruckhaft und abgehackt erscheinen ließ. Skar zog fröstelnd die Schultern zusammen und trat auf der Stelle. Der eisige Biß des Windes war hier drinnen nicht mehr zu spüren, aber dafür strahlten die spiegelnden Wände eine andere Art von Kälte aus, eine Kälte, die weniger seinen Körper als vielmehr seine Seele streifte und etwas darin erstarren ließ. Die sterile, strenge Geometrie des Eistunnels atmete etwas spürbar Abweisendes aus; das Gefühl, sich an einem Ort zu befinden, der nicht für Menschen geschaffen war und an dem nichts Lebendes etwas zu suchen hatte.

Er versuchte, die bedrückenden Gedanken abzuschütteln, aber es gelang ihm nicht. Und er spürte, daß er mit seinen Empfindungen nicht allein war. Auch die anderen fühlten es. Rayans Männer waren merklich stiller geworden, seit sie in das schweigende Weiß eingedrungen waren. Die Rufe, mit denen sie sich anfangs noch gegenseitig angefeuert hatten, waren nach und nach verstummt. Die Männer arbeiteten jetzt stumm und verbissen, und außer einem gelegentlichen Stöhnen und dem rhythmischen Klirren, mit dem die stählernen Spitzen ihrer Enterhaken in die Wände stießen, herrschte auf dem Schiff eine fast geisterhafte Stille; trotz des gleichmäßigen Klatschens der Wellen und des Ächzens des Rumpfes. Die Geräusche waren bedeutungslos, Illusion, die die wirkliche, tiefer sitzende Stille nicht durchbrechen konnten: dieses Schweigen der Schöpfung, die ihnen auf diese lautlose Art ihre Ablehnung entgegenschrie.

Skar biß sich auf die Lippen und schmeckte salziges Blut, als die spröde gewordene Haut unter der leichten Berührung riß, aber selbst der Schmerz war bedeutungslos und schien kaum bis an sein Bewußtsein zu dringen. Alles um sie herum war Ablehnung. Geht weg! schrie die Stille, und: Geht weg! flüsterte das Klatschen der Wellen. Sie gehörten nicht hierher, sie nicht, das Schiff nicht - nicht einmal der Dronte mit all seiner Fremdartigkeit hatte das Recht, in dieses Reich aus Stille und blauem Licht einzudringen. Mit jähem Mal wußte er, daß es kein Zufall war, daß sie diese Eisinsel hier am Rande der Welt gefunden hatten. Sie waren weit über die Grenzen vorgedrungen, die menschlicher Wissensdurst bisher erforscht hatte, weit über den Teil der Welt, in dem es noch Leben gab. Weiter, als sie gedurft hätten. Nicht einmal in der tödlichen Sandöde der Nonakesh hatte er ein derart starkes Gefühl des Lebensverneinenden empfunden. Es war, als wäre diese schwimmende Eisinsel nicht nur tot, sondern von etwas erfüllt, das Skar in Ermangelung eines besseren Wortes als negatives Leben bezeichnete. Jemand trat neben ihn und berührte ihn an der Schulter. Skar fuhr aus seinen Gedanken hoch und drehte sich mit einer hastigen, beinahe schuldbewußten Bewegung um.

Es war Rayan. Der Freisegler wirkte erschöpft. Sein Gesicht glänzte trotz der Kälte vor Schweiß. »Wenn dein Plan nicht aufgeht, dann fahren wir allesamt zum Teufel«, sagte er übergangslos.

Skar lächelte mit einem Optimismus, der ganz und gar nicht im Einklang mit seinen Gedanken stand. »Es wird klappen. Sieh dich doch um«, entgegnete er mit einer übertriebenen, weit ausholenden Geste, die das Schiff und den gesamten Kanal einschloß. »Hast du je eine bessere Falle gesehen? Wenn er einmal hier drinnen ist, dann können wir mit ihm machen, was wir wollen, Rayan. Hier wäre jeder hilflos, und der Dronte erst recht. Er kann seine Katapulte nicht einsetzen. Es sei denn«, fügte er mit einem nur halb gelungenen Versuch, scherzhaft zu klingen, hinzu, »er könnte um die Ecke schießen.«

»Wer sagt dir, daß er es nicht kann?« murrte Rayan, nickte aber trotzdem. Skars Worte waren im Grunde überflüssig - jeder an Bord hatte während der letzten Stunden das immer quälender werdende Gefühl gehabt, in einer tödlichen Falle zu sitzen. Wer immer diesen kaum fünfhundert Meter langen Kanal beherrschte, konnte ihn gegen eine ganze Flotte verteidigen.

»Es ist eine Falle«, stellte Skar noch einmal fest, mehr, um sich selbst Mut zu machen.

»Wenn er hineingeht«, murmelte der Freisegler. »Der Dronte ist nicht dumm.« Er zögerte, sah nervös über die Schulter zurück und dann wieder Skar an. »Sie sind vielleicht gewissenlose Mörder, aber trotzdem hervorragende Seeleute. Und diese Falle würde selbst ein Kind erkennen.«

»Er wird uns folgen«, sagte Skar überzeugt. »Er muß es einfach, wenn er nicht Gefahr laufen will, uns zu verlieren.«

»Er muß überhaupt nichts«, gab Rayan ungehalten zurück. »Ich an seiner Stelle würde den Teufel tun und mit meinem Schiff in dieses Rattenloch segeln.« Er preßte die Lippen zu einem schmalen, blutleeren Strich zusammen und schlug sich mit der flachen Hand klatschend gegen die Oberschenkel. »Willst du wissen, was ich tun würde? Ich würde mich vor der Zufahrt auf die Lauer legen und in aller Ruhe abwarten. Man kann das Spiel nämlich auch andersherum spielen - du hast vollkommen recht, wenn du glaubst, niemand könnte gegen unseren Willen hier herein. Aber wir kommen genausowenig wieder heraus. Und irgendwann müssen wir es.«

Skar nickte. »Natürlich. Aber wann? In einer Woche? Einem Monat? Sechs Monaten? Wie lange reichen unsere Lebensmittel?«

»Einen Monat«, antwortete Rayan, »wahrscheinlich sogar länger. Und die halbe Ladung besteht aus Carbafrüchten. Allerdings fürchte ich, daß dir diese Diät nicht allzu lange munden wird. Ich sehne mich schon jetzt nach einem anständigen Stück Fleisch«, fügte er lächelnd hinzu. »Aber wenn es sein muß, dann halten wir eine ganze Weile aus.«

»Er nicht«, sagte Skar überzeugt. »So lange hält er nicht durch. Entweder er belagert uns und zieht nach ein paar Tagen wieder ab, oder er versucht uns in den Kanal zu folgen. In jedem Fall haben wir die besseren Chancen.«

»Alles ist besser, als sich auf einen Kampf auf offener See einzulassen«, brummte Rayan, krauste aber trotzdem zweifelnd die Stirn und begann mit seinem Dolch zu spielen. Allen waren ihre Waffen zurückgegeben worden, bevor sie in den Kanal einliefen, und Skar mußte, wenn auch widerwillig, zugeben, wie gut Rayan sein Schiff gegen einen Überfall gewappnet hatte. Die scheinbar harmlosen Matrosen waren in bis an die Zähne bewaffnete Krieger verwandelt.

»Ich hoffe, die Götter sind uns gnädig«, murmelte Rayan.

Skar schwieg dazu. Normalerweise lächelte er über derartige Bemerkungen - er hing keiner der drei großen und unzähligen kleinen Religionen Enwors an und verleugnete im Gegenteil alles, was mit Götter- und Dämonenglauben zusammenhing, aber in ihrer jetzigen Situation erschienen ihm Rayans Worte seltsam passend. Wäre er selbst religiös gewesen, dann hätte er jetzt gebetet. Manchmal tat es ihm fast leid, daß er es nicht konnte.

Nebeneinander gingen sie zum Bug. Die SHAROKAAN hatte das Ende des Kanals jetzt fast erreicht. Die schmale Wasserstraße, auf der sich das Schiff bewegte, verbreiterte sich vor ihnen zu einem runden, sicher eine Meile oder mehr durchmessenden See, der sich wie ein gewaltiger blauer Spiegel vor ihnen ausbreitete. Die Wände stiegen an drei Seiten senkrecht in die Höhe und gaben Skar das Gefühl, sich in einem riesigen wassergefüllten Krater zu befinden. Nur an Backbord gab es eine Stelle, die man mit sehr viel gutem Willen als Strand bezeichnen konnte. Das Wasser schwappte dort gegen eine glatte, steil emporsteigende Rampe, deren oberes Ende vom Fuße einer zerklüfteten Eislandschaft gebildet wurde, die sich kraß von den wie poliert wirkenden weißen Mauern ringsum unterschied. Ein geschickter und entsprechend ausgerüsteter Kletterer konnte dort den Aufstieg bewältigen, dachte Skar. Wenigstens saßen sie nicht vollkommen in der Falle, wenn der Dronte den Kanal allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz überwand. »Perfekt«, lobte er. »Besser konnten wir es uns kaum wünschen. Wenn ich einen Ort wie diesen hätte entwerfen sollen, dann hätte er genauso ausgesehen.«

»Ich hoffe, daß der Kapitän des Dronte nicht dasselbe denkt«, knurrte Rayan. Dann drehte er sich abrupt um und begann Kommandos zu brüllen. Eine hektische Aktivität breitete sich über dem Schiff aus. Stangen und Enterhaken wurden eingezogen, Matrosen turnten mit schnellen, geübten Bewegungen in der Takelage empor und nahmen ihre Plätze ein, und die zwei Dutzend gewaltigen Ruder, die bisher einen eisüberzogenen Zaun beiderseits der Reling gebildet hatten, klatschten gleichzeitig ins Wasser. Das Schiff bebte und erzitterte einen Moment und setzte sich dann wie ein großes, schwerfälliges Tier in Bewegung. Der stumpfe Bug teilte rauschend das Wasser und schwenkte langsam herum. Eine sanfte Wellenbewegung pflanzte sich über den See hinweg fort und zerbrach an den Eiswänden. Der blaue Spiegel zerbarst in ein Mosaik blitzender Scherben.

Skar beobachtete das Treiben an Bord mit wachsender Ungeduld. Nach Tagen untätigen Abwartens brannte es ihm in den Fingern, endlich eine Entscheidung herbeizuführen. Nicht, daß er sich auf den Kampf freute. Sie hatten alle Trümpfe in der Hand, aber der Dronte war ein Gegner, der immer für eine Überraschung gut war, und im stillen hoffte Skar sogar darauf, daß der Pirat die Falle erkennen und sich auf eine Belagerung einlassen würde, die er früher oder später aufgeben mußte. Die Kälte würde ihnen auch hier drinnen zu schaffen machen, aber die zweihundert Fuß hohen Eismauern gaben ihnen wenigstens Schutz vor dem Wind und der unbändigen Kraft des Ozeans, während sich der Dronte draußen mit dem Sturm und anderen Naturgewalten herumschlagen mußte; Gegnern, denen nicht einmal er auf Dauer gewachsen war. Aber irgend etwas sagte ihm, daß es trotzdem zum Kampf kommen würde. Ein Dronte weicht nie wieder von einer einmal aufgenommenen Spur ab, klangen Rayans Worte in ihm nach. Es gibt kein Entkommen und kein Unentschieden.

Das Schiff hatte die Mitte des Sees erreicht und begann sich zu drehen, bis es quer zur Fahrrinne lag. Rayan feuerte die Männer an den Rudern mit zornigem Gebrüll an und beschleunigte ihren Takt. Die SHAROKAAN bewegte sich wie ein störrischer Esel rückwärts und glitt gemächlich an die Eiswand neben dem Kanal heran. Für jeden, der gleich ihnen die schmale Wasserstraße befuhr, war das Schiff jetzt nicht mehr zu sehen. Aber es war da, ein vielleicht plump aussehendes, aber trotzdem gefährliches Raubtier, das sich auf die Lauer gelegt hatte und darauf wartete, daß sein Opfer in die vorbereitete Falle lief. Die SHAROKAAN war keineswegs wehrlos. Der Ruf, der dem Dronte vorauseilte, der Mythos der Unbesiegbarkeit, fußte zu einem nicht geringen Teil auf der Taktik der schwarzen Mörder, ihre Opfer aus großer Entfernung zu schlagen; sie mit Feuer und Tod zu überziehen, lange ehe es zu einem wirklichen Kampf kommen konnte. Auch, wenn es dem Dronte gelingen sollte, den Kanal zu überwinden, so hatten sie ihm seine stärkste Waffe genommen. Er würde es nicht wagen können, seine Katapulte einzusetzen. Nicht auf diese kurze Distanz. Ihr Höllenfeuer würde ihn selbst ebenso versengen wie sein Opfer. Er verscheuchte die Gedanken an Kampf und Tod und wandte sich fröstelnd, um zum Achterdeck zurückzugehen. Jetzt, als sie neben der gewaltigen glatten Eiswand lag, erschien ihm die SHAROKAAN kleiner. Das Klatschen der Ruder hatte aufgehört, und das Schiff bewegte sich kaum noch. Auch die Wellen, die es bei seiner Einfahrt in den See selbst verursacht hatte, verliefen sich langsam wieder, und die Wasseroberfläche würde in kurzer Zeit wieder so glatt und unbewegt sein wie zuvor. Skar blieb auf halber Strecke stehen und sah über die Reling aufs Wasser hinab. Rayans Vermutung, es hier mit einem gewaltigen schwimmenden Eisberg zu tun zu haben, war falsch gewesen. Die Strömung, die die SHAROKAAN auf ihrem Weg durch den Kanal begleitet hatte, war keine Strömung, sondern es waren die letzten Ausläufer der Flut. Unter dem Eis mußte Land sein, vielleicht nur eine Insel, aber immerhin festes Land. Vielleicht waren sie sogar an die Küste eines fremden, bisher unbekannten Kontinentes verschlagen worden. Aber wenn, dann war es ein Kontinent der Kälte und des Schweigens. Selbst der Mann oben im Mastkorb sah nichts als Eis und glitzerndes Weiß, obwohl der Blick von dort aus unzählige Meilen weit reichte, so klar, wie die Luft war.

Skar legte die Hände auf die Reling, beugte sich vor und brach mit der Linken ein Stück Eis ab.

»Was tust du da?«

Skar drehte den Kopf, als er Rayans Stimme hörte. Der Freisegler war lautlos herangekommen und betrachtete ihn stirnrunzelnd. Seine beiden Veden-Leibwächter folgten ihm wie Schatten.

Skar deutete zuerst auf das Wasser, dann auf das Eisstückchen in seiner Hand. »Sieh selbst«, sagte er. Mit einer schwungvollen Bewegung warf er den Eisklumpen über Bord. Er tauchte unter, erschien Sekunden später wieder auf dem Wasser und tanzte einen Moment auf der Stelle.

Rayans Stirnrunzeln vertiefte sich. »Was soll das?« fragte er.

»Warte«, antwortete Skar. »Ich glaube, ich habe etwas entdeckt.« Der Eisbrocken begann langsam, dem Sog der Strömung folgend, zur Mitte des Sees zu treiben. Plötzlich hielt er an, begann immer schneller zu kreiseln - und verschwand.

»Ein Sog«, stellte Rayan fest. »Und? Um das herauszufinden, brauchst du nicht deine und meine Zeit zu vergeuden. Siehst du diese Stelle dort?« Er deutete dorthin, wo der Eisbrocken verschwunden war. Das Wasser war dort ungewöhnlich glatt; wie Glas, das sorgsam poliert worden war. »Der See muß irgendwo einen Abfluß haben«, sagte er. »Deshalb ist die Strömung hier auch so schwach - das Wasser fließt beinahe so schnell ab, wie es hereinkommt. Und was soll uns das nutzen?«

Skar zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung«, gestand er. »Ich weiß nur gerne soviel wie möglich über meine Umgebung. Manchmal kann das sehr nützlich sein.«

»Wir sind soweit«, drang Dels Stimme in ihr Gespräch. Skar nickte, warf einen letzten Blick auf die trügerisch glatte Wasserfläche über dem Sog und streifte mit einer entschlossenen Bewegung den Umhang ab, der ihm bisher Schutz gegen die Kälte gewährt hatte.

Del kam näher und deutete mit einer Kopfbewegung auf das plumpe Heckkatapult, die einzige wirklich weitreichende Waffe der SHAROKAAN, das aus seiner Halterung auf dem Achterdeck entfernt und weiter zur Schiffsmitte hin auf einer provisorischen Rampe aus Balken und Tauen befestigt worden war. Der armlange Stahlbolzen auf der Sehne deutete jetzt nicht mehr auf die Wasseroberfläche, sondern in spitzem Winkel nach oben. Sein Schatten wies wie der Zeiger einer bizarren Sonnenuhr auf die verbrannte Stelle am Heck der SHAROKAAN, wo das Höllenfeuer des Dronte schon einmal gewütet hatte. Wäre Skar abergläubisch gewesen, hätte er es für ein schlechtes Omen gehalten.

»Fertig?« fragte Del.

Skar nickte. Seine Hand glitt nervös über den Griff seines Schwertes. Auf seiner Zunge fühlte er plötzlich einen schlechten Geschmack, und er gestand sich ein, daß er unsicherer war, als er bisher zugegeben hatte. Ihr Plan erschien ihm mit einem Mal gar nicht mehr so narrensicher wie noch vorhin, als er versucht hatte, Rayan davon zu überzeugen. Es waren zu viele Wenns drin, zu viele Spekulationen auf ein Glück, das sie bisher schmählich im Stich gelassen hatte. Plötzlich fielen ihm tausend Dinge ein, die falsch laufen konnten, tausend Umstände, die sie nicht bedacht hatten oder gar nicht hatten wissen können.

Del gab der Bedienungsmannschaft ein Zeichen und trat vorsichtshalber einen Schritt zurück, als die Männer die Winde bedienten und sich die haarfeine Metallsehne mit einem singenden Geräusch spannte. Der Stahlbolzen zitterte. Seine Spitze hob sich ein wenig, und für einen Moment fürchtete Skar fast, daß das improvisierte Gestell, auf dem sie das Katapult festgemacht hatten, der Betastung nicht gewachsen sein könnte. Die Balken knirschten hörbar.

»Jetzt!« befahl Skar.

Einer der Matrosen hob seine Axt und ließ die Schneide auf das Haltetau heruntersausen. Die Sehne entspannte sich mit einem peitschenden Knall. Der Bolzen wurde zu einem flirrenden Schemen, jagte schräg in den Himmel hinauf und grub sich dicht unterhalb der Mauerkrone in das Eis. Ein Hagelschauer aus kleineren Eisbrocken prasselte auf das Schiff herunter, und das Wasser rings um die SHAROKAAN schien zu kochen.

Skar warf dem Schützen einen anerkennenden Blick zu. »Ein guter Schuß«, lobte er, während er mit einem Fuß auf die Reling trat und prüfend an dem Tau zerrte, das der Bolzen mit sich emporgerissen hatte. Es hielt. Die Kraft der Stahlsehne hatte das Geschoß tief in das Eis getrieben. Es würde sein Körpergewicht tragen.

»Einen Moment noch, Rayan.«

Skar hielt mitten in der Bewegung inne, balancierte einen kurzen Augenblick auf der eisverkrusteten Reling und sprang auf das Deck zurück. Auch Rayan drehte sich deutlich verärgert herum und blickte zu Gowenna hinüber, die auf Deck gekommen und gebückt unter der Tür stehengeblieben war. Neben ihr stand eine schmale, in ein dunkelgraues Gewand gekleidete Gestalt. Ihr Gesicht war unter der tief in die Stirn gezogenen Kapuze des Mantels verborgen; die Hände mit einer dünnen silbernen Kette aneinandergefesselt. Eine zweite Kette führte von ihrem Handgelenk zu einem wuchtigen Ring in Gowennas Fingern. Der Anblick ließ eine Welle heißen Zorns in Skar aufsteigen. Was immer Vela getan hatte, es gab keinen Grund, sie wie einen Hund zu behandeln.

Rayan wollte auffahren, aber Skar legte ihm rasch die Hand auf den Unterarm und trat auf Gowenna zu. »Was hat das zu bedeuten?« fragte er scharf.

Gowenna hielt seinem Blick gelassen stand. »Das wirst du gleich erfahren, Satai«, sagte sie abfällig.

»Ich hoffe es«, mischte sich Rayan ein. »Wir haben im Moment nämlich nicht die nötige Muße, uns zu unterhalten.«

»Vela und ich verlassen das Schiff«, sagte Gowenna kühl.

Rayan blinzelte überrascht. »So?« machte er. »Und wie, wenn ich fragen darf? Wollt ihr schwimmen?«

»Du wirst uns eines deiner Beiboote geben«, antwortete Gowenna. Sie sprach so schnell, als hätte sie sich die Antwort auf seine Frage sorgsam überlegt. »Und ein paar Männer, die uns rudern.«

Rayan ächzte, aber Gowenna gab ihm keine Gelegenheit zu antworten. »Es ist zu gefährlich, während des Kampfes an Bord zu bleiben«, fuhr sie fort. »Das Schiff kann in Brand geraten oder sinken - sie wäre verloren, vorne in ihrer Zelle.«

»Deine Besorgnis ist rührend«, sagte Rayan ätzend, »aber sie kommt zu spät, Gowenna. Wir haben keine Zeit, und ich kann keinen Mann hier an Bord entbehren.«

»Ich habe dich für diese Fahrt bezahlt, Rayan«, antwortete Gowenna. Ihre Stimme klang plötzlich schneidend. »Sehr gut bezahlt sogar. Und mit dem Geld hast du auch die Verantwortung für ihr Leben übernommen. Ich werde mit Vela an Land gehen, bis der Kampf vorüber ist. Gib mir ein Boot und zwei Mann, die uns rudern können.« Skar sah, wie sich Rayans Gesicht vor Zorn rötete. »Gowenna hat recht«, sagte er hastig. »Es ist zu gefährlich, wenn sie an Bord bleibt.« Rayan fuhr mit einer wütenden Bewegung herum. »Auf welcher Seite stehst du, Satai?« zischte er.

»Auf der der Ehrwürdigen Mutter«, antwortete Skar ruhig. »Sie hat uns auf diese Reise geschickt, damit wir Vela sicher am Berg der Götter abliefern. Außerdem verlierst du nichts - gib ihr ein, zwei von deinen Männern und die Verletzten mit.«

Rayan schluckte. Aber er schien einzusehen, daß er sich im Moment in der schlechteren Position befand. Natürlich war er der Kapitän des Schiffes und sein Wort hier an Bord Gesetz, ganz egal, was vorher beredet und vereinbart worden war - aber Gowenna hatte recht. Die Errish würde nicht nur keine Hilfe, sondern unter Umständen eine Behinderung sein, wenn es zu einem Nahkampf mit dem Dronte kam. Und er würde sich vor seinen Leuten ins Unrecht setzen, wenn er bei seiner Weigerung blieb. »Gut«, gab er gepreßt von sich. »Zwei Mann, die Verwundeten und Lebensmittel für drei Tage. Aber beeilt euch. Ich will nicht noch mehr Zeit verlieren.«

Skars Blick heftete sich kurz auf den Eisstrand am anderen Ende des Sees. Ein Aufstieg an dieser Seite war sicher ungefährlicher als das, was sie vorhatten, aber auch zeitraubender. Und Zeit war genau das, was sie im Moment nicht hatten. Er griff nach dem Tau, zog es straff und wickelte es sorgsam um Fäuste und Handgelenke.

Rayan wandte sich an den Veden rechts neben sich und wechselte ein paar schnelle Worte mit ihm, die Skar nicht verstand. Der Vede nickte.

»Er wird dich begleiten«, sagte Rayan plötzlich.

Del wollte auffahren, aber Rayan brachte ihn mit einem eisigen Blick zum Schweigen. »Ich habe unseren Plan ein klein wenig geändert«, sagte er ruhig. »Der Satai bleibt hier, Skar. Dafür wird Brad mit dir dort hinaufgehen.«

Skar schwieg einen Moment. Er war nicht einmal sonderlich überrascht. Irgendwie hatte er die ganze Zeit über gespürt, daß der Freisegler ihm nicht traute. Nicht, daß er glaubte, sie würden ihn verraten. Aber sein Vertrauen in ihre Fähigkeiten war nicht so groß wie das der meisten anderen Männer, die Skar kennengelernt hatte. »Du bist mißtrauisch wie eh und je«, bemerkte er.

Rayan zuckte gleichmütig die Achseln.

»Wir möchten nur verhindern, daß ihr kurzfristig eure Meinung ändert und vielleicht plötzlich Sympathie für die andere Seite entdeckt«, mischte der jüngere der beiden Veden sich bissig ein.

Skars Miene verdüsterte sich. Er wußte, daß der Nordländer nicht wirklich meinte, was er da sagte, sondern die Worte einzig aussprach, um ihn zu reizen, aber er ärgerte sich trotzdem darüber. Vielleicht gerade.

Seltsamerweise rief Rayan den Veden nicht zur Ordnung, wie er es normalerweise getan hätte.

»Ein ehrliches Wort.«

»Ein ehrliches Wort im richtigen Moment«, sagte Helth. »Du und Brad werdet dort hinaufgehen. Del und ich werden den Angriff hier unten mitmachen.«

Skar hob ergeben die Schultern. Rayan schwieg noch immer. In seinen Augen stand ein lauernder Ausdruck. Aber Skar dachte nicht daran, die Auseinandersetzung auf die Spitze zu treiben. Es war kaum der richtige Zeitpunkt für eine Kraftprobe. Und es blieb auch gar keine Zeit für lange Diskussionen. Im Grunde hätte es Skar sogar gewundert, wenn Rayan anders als gerade so reagiert hätte.

Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um, stieg auf die Reling und stieß sich mit einer kraftvollen Bewegung ab.

Er merkte sofort, daß er sich verschätzt hatte.

Das Tau spannte sich, und die Eiswand sprang wie mit einem plötzlichen Satz auf ihn zu. Durch die Länge des Seiles, an dessen Ende er wie das Gewicht eines überdimensionalen Pendels hing, war seine Geschwindigkeit viel zu hoch. Er zog instinktiv die Beine an, spannte die Muskeln und versuchte, den Aufprall abzufangen.

Der Schlag war von grausamer Härte. Ein weißglühender Schmerz explodierte in seinen Knöcheln, pulsierte durch seinen Körper und ließ ihn aufschreien. Für einen Moment lockerte der Schmerz seinen Griff.

Vom Deck der SHAROKAAN ertönte ein vielstimmiger Aufschrei, als Skar ein Stück weit am Seil abrutschte, bis zur Hüfte ins eiskalte Wasser eintauchte, sich am Ende des Seiles drehte, und ein zweites Mal, diesmal mit Schultern und Hinterkopf, mit immer noch großer Wucht gegen die Wand geschleudert wurde. Das Seil schnitt wie ein Messer in seine Handflächen. Der Ruck war so gewaltig, daß er für einen Moment glaubte, die Arme würden ihm aus den Schultergelenken gerissen. Ein neuer, noch schlimmerer Schmerz raste durch seinen Körper und verwandelte seinen Schrei in ein gequältes Aufheulen. Blut floß in seine Augen und verschleierte seinen Blick. Er spürte, wie sich seine Muskeln unter der Anspannung verkrampften und seine Kraft schwand, als wäre irgendwo in seinem Körper eine unsichtbare Schleuse geöffnet worden, durch die seine Lebensenergie hinauspulsierte. Aber er klammerte sich verzweifelt fest, biß die Zähne zusammen und zog trotz der Höllenqualen die Beine an. Er mußte aus dem Wasser heraus. Schon jetzt, nach wenigen Augenblicken, war sein Körper von den Hüften abwärts taub und alles Gefühl aus seinen Beinen gewichen. Er spürte, wie die Kälte in ihn hineinkroch, in ihrem Gefolge eine beinahe wohltuende, verlockende Lähmung führend, wie sie seine Rücken- und Schultermuskeln erreichte und auch sie betäubte. Sein Griff begann sich zu lockern. Mit jeder Sekunde wurde es schwerer, sich am Seil festzuhalten. Aber wenn er abrutschte, war er verloren. An Schwimmen war bei diesen mörderischen Temperaturen nicht zu denken. Er wäre tot, bevor er die ersten drei Züge gemacht hatte.

Skar schloß die Augen, preßte die Kiefer zusammen und zog sich Zentimeter um Zentimeter aus dem Wasser. Seine Beine waren taub und gehorchten seinen Befehlen nicht mehr, so daß sein ganzes Gewicht nun auf Arm- und Schultermuskeln ruhte, und an seinen Füßen schienen Zentnergewichte zu hängen. Das Wasser hielt ihn fest, zerrte mit aller Macht an ihm und versuchte, sein schon sicher geglaubtes Opfer zurückzuholen. Das feuchte Tau gefror in der eisigen Luft beinahe augenblicklich; seine Finger fanden kaum mehr richtigen Halt. Seine Kraft ließ nach. Langsam, aber unbarmherzig rutschte er ins Wasser zurück.

Irgend etwas sauste an ihm vorbei und grub sich splitternd ins Eis, nur wenige Handbreit von seiner Schulter entfernt. Skar drehte mühsam den Kopf und starrte, ohne zu verstehen, was er sah, auf den Axtstiel, der zitternd neben ihm aus dem Eis ragte.

»Halt dich fest«, schrie eine Stimme. Eine zweite Axt zischte heran und blieb vibrierend neben der ersten stecken.

Skar löste mühsam die rechte Hand vom Seil. Seine Finger waren steif und verkrampft, die Hand fühlte sich an wie ein Stück Holz. Er glitt ein weiteres Stück ins Wasser, griff mit einer verzweifelten Bewegung nach dem Beil und zog sich mit letzter Kraft empor.

Er wußte nicht, wie lange es dauerte. Irgendwie schaffte er es, seinen gefühllosen Körper noch einmal aus dem Wasser zu ziehen und sich festzuhalten. Begriffe wie Zeit und Raum wurden unwichtig, und alles, was in seinem Hirn Platz hatte, waren Kälte und Schmerz und der einzige Gedanke, nicht loszulassen. Irgendwie gelang es ihm, auch die andere Hand vom Seil zu lösen und sich auf die beiden Axtstiele hinaufzuziehen und in einer einigermaßen sicheren Haltung sitzen zu bleiben. Der See und das Eis begannen sich um ihn zu drehen, und Schwäche breitete sich wie lähmendes Gift in seinen Adern aus. Ihm wurde übel. Er würgte, kämpfte den Brechreiz nieder und versuchte, auch die Schwäche zurückzudrängen. Es war schwer, unendlich schwer, aber es ging. Das dumpfe Dröhnen in seinen Ohren ebbte allmählich ab, und er verstand die Worte, die ihm vom Schiff aus zugerufen wurden.

»Skar!«

Es war Gowennas Stimme. Er blinzelte, hob die Hand ans Gesicht und fühlte Blut. Der rote Schleier war noch immer vor seinen Augen, und irgend etwas Warmes und Klebriges lief seinen Nacken herunter und erstarrte in der eisigen Luft. Er sah das Schiff wie durch einen wogenden, von roten Streifen durchzogenen Schleier. Gowenna stand inmitten der Besatzung hinter der Reling und gestikulierte aufgeregt zu ihm herüber. »Kannst du mich verstehen?«

Er versuchte zu nicken. Die Bewegung war so schwach, daß man sie drüben wahrscheinlich nicht einmal sah. »Es... geht«, sagte er mühsam. Seine Lippen waren taub und rissen auf, als er sich zwang, sie zu bewegen. Die eisige Wand klebte an seiner Haut fest, und in seinen Adern war kein Blut mehr, sondern ein Strom reißender scharfer Eiskristalle, die ihn von innen heraus zerschnitten.

»Kannst du weiterklettern?« rief Gowenna.

Skar hätte gelacht, wenn er die Kraft noch aufgebracht hätte. Seine Muskeln waren hart wie Holz, und seine Linke schien am Seil festgefroren zu sein. Wahrscheinlich fiel er nur deshalb nicht von seinem provisorischen Sitz herunter, weil sein Körper einfach zu steifgefroren war, um sich überhaupt noch bewegen zu können.

»Halt aus!« rief Gowenna. »Wir holen dich!«

Das Katapult wurde neu geladen und ausgerichtet. Die Männer arbeiteten mit fieberhafter Eile, aber ihre Bewegungen kamen Skar trotzdem langsam und träge vor, und das Schiff begann immer wieder vor seinen Augen zu verschwimmen und schien sich immer weiter zu entfernen.

Ein zweiter Bolzen prallte dicht neben dem ersten gegen die Wand, rutschte klirrend herunter und klatschte ins Wasser. Rayan begann zu schreien und überschüttete die Männer am Katapult mit einem Schwall von Flüchen und Verwünschungen. Das Seil wurde eingezogen und neu aufgewickelt, während die Matrosen das Katapult für einen weiteren Schuß spannten.

Skar beobachtete das Treiben auf dem Schiff ohne sonderliche Anteilnahme. Er mußte all seine Willenskraft aufwenden, um nicht einzuschlafen. Die Kälte wich Stück für Stück aus seinem Körper und wurde von einer tauben, auf eigenartige Weise beinahe wohltuenden Müdigkeit abgelöst. Es war sein sicherer Tod, wenn er jetzt einschlief, das wußte er. Trotzdem fiel es ihm von Sekunde zu Sekunde schwerer, die Augen offenzuhalten.

Das Katapult entspannte sich mit einem schmetternden Knall. Diesmal saß der Bolzen sicher im Eis, kaum eine Handbreit unter dem ersten. Eine hochgewachsene, schlanke Gestalt schwang sich mit einer eleganten Bewegung über die Reling der SHAROKAAN, glitt dicht über der Wasseroberfläche auf ihn zu und begann noch während des Sprunges am Seil emporzuklettern. Offensichtlich hatte der Mann aus seinem Fehler gelernt.

Wieder vergingen Minuten; Zeit, in der es Skar immer schwerer fiel, seinen Geist gegen die dunkle Woge hinter seiner Stirn zu behaupten. Die Schwingungen des Seiles neben ihm wurden länger, als der Mann mit kraftvollen Bewegungen daran heraufkletterte.

»Halt aus!« brüllte Rayan. »Brad läßt dir ein Seil herunter!«

Skar wollte nicken, aber selbst dazu fehlte ihm die Kraft.

Von oben ertönte für eine Weile ein hektisches Klirren und Hämmern; Eis rieselte herab und ließ unter ihm das Wasser aufspritzen. Skar zerbrach sich eine Weile den Kopf über die Ursache des Geräusches, aber seine Gedanken führten einen irren Tanz auf und weigerten sich, in geordneten Bahnen zu laufen. Trotzdem klammerte er sich daran fest, lauschte auf jeden Laut, jede Nuance, nur um nicht einzuschlafen.

»Das Seil, Skar!«

Wieder Gowennas Stimme. Er verstand die Worte, aber es war so schwer, ihren Sinn zu begreifen. Er war so müde. Alles was er wollte, war schlafen; die Augen schließen und der verlockenden Wärme nachzugeben. Aber er durfte es nicht. Nicht jetzt.

»Skar! Nimm das Seil! Die Schlaufe!«

Diesmal glaubte er einen Unterton von Verzweiflung in ihren Worten zu hören. Aber sie mußte trotzdem noch vier- oder fünfmal rufen, ehe Skar endlich reagierte. Mühsam hob er den Kopf und blinzelte nach oben. Die Sonne stand als lohender Ball über dem Rand des Kraters. Ihr Licht brach sich in der schimmernden Eiskante und blendete ihn, gaukelte ihm Schatten und Bewegung vor, wo nur eisige Starre war. »Das Seil, Skar!« Wieder diese Stimme. Er blinzelte, zwang sich, in das regenbogenfarbige Licht zu sehen und drehte mühsam den Kopf.

Neben ihm baumelte eine Seilschlaufe. Er griff ungeschickt danach, verfehlte sie und wäre um ein Haar von seinem improvisierten Sitz gefallen. Erst beim zweiten Versuch gelang es ihm, sie mit starren Fingern zu ergreifen und ungeschickt über Kopf und Schultern zu streifen.

Von oben wurde das Seil angezogen. Die Schlaufe zog sich zusammen und schnitt schmerzhaft wie ein glühender Draht in seine Haut. Er bekam kaum noch Luft. Das Seil spannte sich, und Skar wurde unsanft in die Höhe gerissen. Sein Körper pendelte wild hin und her. Er versuchte, sich mit den Händen abzustützen und wenigstens die schlimmsten Schläge aufzufangen, war aber trotzdem schon nach Sekunden von einer Unzahl von Prellungen und blutigen Schürfwunden übersät. Der Schmerz ließ ihn aufstöhnen, aber gleichzeitig war er beinahe dankbar dafür, denn er zerriß die schwarze Decke, die sich über sein Bewußtsein legen wollte. Wie ein Ertrinkender griff er danach, zog sich an ihm entlang wie an einer dünnen, brennenden Rettungsleine, klammerte sich an die letzte Möglichkeit, nicht das Bewußtsein zu verlieren und endgültig in den drohenden Abgrund zu fallen: Bewußtlosigkeit und Schlaf, denen der Tod folgen würde.

Der Aufstieg dauerte nicht lange. Schiff und Meer sackten unter ihm weg, und schon nach kurzer Zeit tauchte die Kante der Eismauer vor ihm auf; dann griffen zwei kräftige Hände unter seine Achseln und zerrten ihn vom Abgrund weg. Dunkle Augen blickten besorgt aus einem sonnengebräunten Gesicht auf ihn herab.

»Bleib ganz ruhig liegen«, sagte Brad. Seine Stimme klang dunkel und rauh; anders, als Skar sie vom Schiff her in Erinnerung hatte. Man spürte, daß er nicht viel sprechen wollte. Er musterte Skar besorgt, streifte dann mit einer entschlossenen Bewegung seinen Fellmantel ab und breitete ihn über Skar aus. »Warte einen Moment.«

Skar drehte mühsam den Kopf. Der Vede hatte eine Anzahl stählerner Haken in das Eis getrieben und eine Art primitiven Flaschenzug daran befestigt: die Hammerschläge, die er unten gehört hatte. Jetzt griff er nach dem Tau und warf es in die Tiefe. »Er lebt!« schrie er mit vollem Stimmaufwand. Skar hörte keine Antwort von unten, aber Brad wandte sich mit einem zufriedenen Nicken um und kam zu ihm zurück. Seine Gestalt verschwamm vor Skars Augen, und seine Stimme klang nach Kälte und Eis.

»Du darfst nicht einschlafen«, sagte Brad warnend. »Wenn du einschläfst, dann stirbst du.« Er sah kurz auf und lächelte rasch und flüchtig. »Das Kunststück, das du da zum besten gegeben hast, war nicht besonders schlau«, sagte er. »Ich habe euch Satai eigentlich immer für intelligenter gehalten. Ich muß mich getäuscht haben.«

»Und ich«, gab Skar mühsam zurück, »habe immer geglaubt, ihr Veden wäret eingebildete Gimpel. Ich scheine mich ebenfalls getäuscht zu haben.«

Brad stutzte, starrte ihn einen Herzschlag lang verwirrt an und lachte plötzlich, schallend und ausdauernd. »Eins zu null für dich, Skar. Man sollte einen Satai doch nicht unterschätzen. Wenigstens mit Worten kannst du umgehen«, fügte er mit gutmütigem Spott hinzu. Das Seil in seinen Händen ruckte zweimal hintereinander. Brad wandte sich um, trat wieder an die Kante und begann etwas mit Hilfe des Flaschenzuges heraufzuziehen. Wenige Augenblicke später hievte er ein umfangreiches, in Decken und Felle verschnürtes Paket über die Kante, hob es mit einem Ruck hoch und trug es zu Skar hinüber. »Zieh dich aus«, sagte er, während er das Bündel öffnete und seinen Inhalt durchwühlte.

Skar stemmte sich mühsam hoch und begann, Harnisch und Lendenschurz abzulegen. Seine ungelenken Finger ließen jeden Handgriff zu einem mühsamen, schmerzhaften Abenteuer werden, aber er schaffte es. Nach ein paar Augenblicken hockte er nackt und frierend neben dem Veden.

Brad reichte ihm eine schmale tönerne Flasche. »Hier«, sagte er. »Reib dich damit ein. Aber gründlich.«

Skar griff nach der Flasche und machte sich unbeholfen am Verschluß zu schaffen. Der Vede sah ihm eine Weile amüsiert dabei zu, ehe er ihm wortlos die Flasche aus der Hand nahm und den Korken entfernte. Er goß Skar etwas von ihrem Inhalt über die Schultern und begann die Flüssigkeit methodisch zu verreiben. Sie brannte wie Feuer, aber Skar fühlte sich auch fast augenblicklich besser. Eine Woge wohltuender Wärme floß durch seinen Körper; gleichzeitig begann seine Haut zu schmerzen, als würde sie ihm in Streifen vom Leib gerissen.

»Was ist das?« fragte er.

Brad träufelte eine weitere Handvoll der übelriechenden braunen Brühe auf ihn und ließ seine Hände mit geübten massierenden Bewegungen über seinen Rücken kreisen. »Nashtan«, antwortete er. »Ein Gemisch aus verschiedenen Ölen und Pflanzensäften. Wir benutzen es, wenn wir bei niedrigen Temperaturen ins Wasser müssen. Es legt sich wie eine zweite Haut um dich und hindert deine Körperwärme daran, zu entweichen. Wie eine Decke, weißt du? Nur wirksamer.« Skar zog eine Grimasse. »Ihr hättet mir vorher sagen können, daß es so etwas gibt.«

Brad grinste. »Niemand hat geahnt, daß du baden wolltest.«

Skar war gerade dabei, etwas darauf zu erwidern, aber Brad schlug ihm in diesem Moment so kräftig zwischen die Schulterblätter, daß er stöhnend in die Knie brach und erst einmal sekundenlang nach Luft rang. Als er wieder zu Atem gekommen war, drückte ihm der Vede die Flasche in die Hand und machte eine auffordernde Bewegung. »Mach allein weiter. Die Bewegung wird dir guttun. Du mußt das Zeug gründlich einmassieren, wenn es helfen soll. Aber vergiß nicht, es hinterher wieder abzuwaschen. Sonst erstickst du.«

Seine Worte erinnerten Skar an irgend etwas, aber er war zu müde, um den Gedanken weiter zu verfolgen. Gehorsam begann er sich von Kopf bis Fuß mit der zähen Flüssigkeit einzureihen. Die versprochene Wirkung stellte sich fast augenblicklich ein, wenn sie wahrscheinlich auch weniger auf das Öl als auf die Bewegung zurückzuführen war, die er seinen schmerzenden Muskeln aufzwang. Die Lähmung wich allmählich aus seinen Gliedern und wurde von kribbelnden, stechenden Schmerzen abgelöst, winzigen glühenden Nadeln, die tief in sein Fleisch stachen und die Starre daraus vertrieben. Als er fertig war, kauerte er sich zusammen, schlug die Arme um den Oberkörper und verkroch sich unter Brads Umhang.

Der Vede schüttelte mißbilligend den Kopf. »Bleib lieber in Bewegung«, riet er. »Die Wärme täuscht. Du bist unterkühlt - wenn du einschläfst, wirst du nicht wieder erwachen.«

»Das hast du schon einmal gesagt«, fiel ihm Skar grob ins Wort. »Ich bin nicht taub.«

Brad zuckte mit den Achseln, wandte sich um und warf sein Tau ein zweites Mal in die Tiefe, um noch mehr Material von der SHAROKAAN heraufzuziehen. Wenn ihn Skars rüde Worte ärgerten, so ließ er sich nichts anmerken.

Skar bedauerte seinen groben Tonfall bereits wieder. Der Vede hatte ihm das Leben gerettet, ganz egal, wie man es betrachtete. Er hatte kein Recht, so mit ihm zu reden. Aber er war auch zu stolz, sich zu entschuldigen.

Es war nicht die Wahl von Brads Worten gewesen, sondern die Tatsache, daß es ein Vede war, der sie aussprach. Sie waren sich ähnlich, sowohl im Denken als auch in ihrer einsamen Art zu leben, so ähnlich, daß ein Außenstehender die Unterschiede vielleicht gar nicht bemerken würde; aber gerade in dieser Ähnlichkeit, Dinge in der gleichen und doch wieder ganz anderen Art zu sehen und zu tun, lag die unüberbrückbare Kluft zwischen Veden und Satai. Während die Satai überall auf Enwor als Krieger bekannt und gefürchtet waren, bildeten die Veden eine kleine verschworene Gemeinschaft mit einer eigenen Religion, einer eigenen Kultur und sogar einer eigenen Sprache. Es kam nicht oft vor, daß Veden außerhalb ihres Stammesgebietes hoch oben im Norden von Thbarg gesehen wurden. Meistens reisten sie in kleinen Gruppen zu zweien oder dreien, verdingten sich als Leibwächter für Herzöge oder Könige, seltener traten sie - wie Brad und sein Kamerad - in die Dienste eines reichen Kaufmannes. Veden waren teuer. Vielleicht war der grundlegende Unterschied zwischen Veden und Satai der, daß die Satai aus Überzeugung oder auch aus reiner Abenteuerlust handelten, während die Veden ihre Dienste für Geld feilboten, für einen Preis, den selbst Könige nicht immer zu zahlen in der Lage waren. Aber sie waren ihr Geld wert. Selbst ein erfahrener Satai wie Skar würde es sich zweimal überlegen, Handel mit einem Veden zu beginnen.

Und sie waren stolz - ein Stolz, der nach außen hin wie Überheblichkeit aussehen mochte und für den sich die schweigsamen Einzelgänger den Ruf der Borniertheit eingehandelt hatten. Skar wußte, wie falsch dieses Vorurteil war. Er war noch nicht oft mit Veden zusammengetroffen, aber er fühlte, daß sich hinter ihrem verschlossenen Auftreten nichts als Wachsamkeit verbarg, Wachsamkeit und ein tiefsitzendes Mißtrauen nicht nur allem Fremden, sondern selbst dem Bekannten und sich selbst gegenüber, ins Extrem getrieben und über unzählige Generationen weitervererbt. Sie hatten Mißtrauen und Ablehnung zur Richtschnur ihres Handelns erhoben und wie einen Schutzwall um sich herum aufgebaut; ein Wall allerdings, der sie auch isolierte, sie zu Außenseitern machte. Aber man fürchtete sie.

Die Frage, welche der beiden Kasten aus einem ernstgemeinten Zusammenstoß als Sieger hervorgehen würde - Veden oder Satai -, war Anlaß unzähliger Diskussionen gewesen, aber sie war nie geklärt worden und würde niemals geklärt werden. Einem ungeschriebenen Gesetz folgend, gingen sich Satai und Veden aus dem Weg, ein Verhalten, das weniger von Ablehnung oder Mißtrauen, sondern vor allem von gegenseitigem Respekt und dem Wissen um die Fähigkeiten des anderen bestimmt wurde. Skar konnte sich keinen Grund vorstellen, der einen Satai dazu bringen sollte, gegen einen Veden zu kämpfen, oder umgekehrt. Eine ernsthafte Auseinandersetzung zwischen Veden und Satai... Skar schrak allein vor dem Gedanken zurück. Sollte irgendwann einmal das Undenkbare geschehen und ein Krieg zwischen den beiden Kasten ausbrechen, würde es das Ende der Welt bedeuten, wie sie sie kannten.

»Woran denkst du?« fragte Brad unvermittelt.

Skar schrak auf. Für einen Moment fühlte er sich so schuldig, als hätte er seine Gedanken laut ausgesprochen. Was brachte ihn nur auf solche Ideen? Zwischen den Satai und den Veden herrschte Frieden, seit es die beiden Kasten gab - wieso dachte er da an Krieg und Weltuntergang? Hatte ihn der Dronte mit seinem Todesatem schon so weit angesteckt, daß er nur noch in Kategorien von Vernichtung und Tod denken konnte?

»Nichts«, sagte er hastig und lächelte. Für einen Veden war Brad ungewöhnlich gesprächig. Aber vielleicht war er auch nur nervös - Vede oder nicht, er mußte das gleiche fühlen wie Skar. Wenigstens das verband sie, dachte er. Ihre Angst. Sie kannten die gleichen Ängste wie alle anderen Menschen, nur wußten sie sie ein wenig besser zu verbergen und manchmal sogar ins Gegenteil zu wenden, sie sich sogar dienstbar zu machen. Jeder Satai wußte, was Angst war, gut und manchmal sogar zu gut. Ein Mann, der keine Angst kannte, lebte nicht lange genug, um Vede oder Satai zu werden.

»Nichts«, sagte er noch einmal. »Es war... nichts.«

Brad lächelte. »So?«

»Vielleicht habe ich über die Frage nachgedacht, was zwei Veden wie euch an Bord eines Freiseglers gebracht hat«, sagte Skar, eigentlich nur, um überhaupt etwas zu sagen und Brad nicht spüren zu lassen, was er gedacht hatte. »Zahlt Rayan so gut, oder seid ihr ihm auf andere Weise verpflichtet?«

Brad schwieg eine Weile, und Skar fürchtete fast, mit seiner Frage zu weit gegangen zu sein. Die Beweggründe des Veden gingen ihn nichts an, und er wußte, wie empfindlich Veden auf Fragen reagierten, die ihren persönlichen Bereich anrührten.

»Wir sind Brüder«, sagte Brad plötzlich. »Helth und ich sind Brüder. Und Söhne.«

»Wie meinst du das?«

»Rayans Söhne«, gab Brad mit überraschender Offenheit zu. »Wir sind Rayans Söhne, Helth und ich.«

»Rayans...« Skar suchte verblüfft nach Worten. »Der alte Seebär ist ein Vede?« fragte er ungläubig. Für einen Moment erinnerte er sich Rayans, wie er ihn zum letzten Mal unten auf der SHAROKAAN gesehen hatte: klein, kräftig, mit zuviel Speck über den sicherlich vorhandenen Muskeln, kahlköpfig und mit einem scharfen Blick, dem nicht die kleinste Kleinigkeit entging; ein Krämer, der in die Rolle eines Kriegers geschlüpft war. Jedenfalls hatte er das bisher geglaubt. Aber es war gerade umgekehrt.

»Er war es, bis er unsere Mutter traf«, nickte Brad. Es schien ihm nicht das geringste auszumachen, über sich und seine Vergangenheit zu reden, ein Verhalten, das in krassem Gegensatz zu dem Eindruck stand, den Skar bisher von ihm gewonnen hatte. Er schien im Gegenteil froh zu sein, mit jemandem reden zu können. Aber wäre Skar selbst nicht ebenso froh darum gewesen? Wenn nicht er, wer sollte dann wissen, was es hieß, in einer Welt voller Feinde zu leben, allein zu sein? Und hatte er sich selbst nicht schon ein paarmal dabei ertappt, mit dem Wind oder dem Meer zu sprechen? »Er stand vor der Wahl«, fuhr Brad fort, nachdem er sich im Schneidersitz neben Skar niedergelassen und die Arme vor der Brust verschränkt hatte, »sein Weib und sein ungeborenes Kind zu verlassen oder sein Volk. Er entschied sich für sein Weib. Eine Wahl, die einem Mann zur Ehre gereicht«, fügte er hinzu. Bei jedem anderen hätten diese Worte wie eine Rechtfertigung geklungen, aber aus seinem Munde hörten sie sich wie eine Selbstverständlichkeit an.

Skar nickte impulsiv. Nicht viele Männer hätten den Mut aufgebracht, diesen Schritt zu tun. Er mußte das Bild, das er sich über den Freisegler gemacht hatte, überdenken. »Und ihr?«

»Wir wurden Veden«, antwortete Brad. »Ich wurde nach Thbarg gebracht, als ich alt genug war, die Reise ohne meine Mutter oder eine Amme überstehen zu können, und als Rayans Weib das zweite Mal schwanger war, reiste sie selbst nach Thbarg und gebar dort Helth. Unser Volk straft nicht die ungeborenen Kinder für die Fehler ihrer Väter. Wir wuchsen als Veden auf, aber wir gingen, nachdem wir unsere Mannesweihe erhalten hatten. Zuerst ich, später Helth.«

»Ihr habt euer Volk verlassen?«

Brad schüttelte den Kopf. »Nicht für immer. Wir gelobten unserem Vater, ihm bei einer... Aufgabe zu helfen. Wenn sie erfüllt ist, kehren wir nach Thbarg zurück.«

Skar verzichtete darauf, den Veden nach der Art dieser Aufgabe zu fragen. Hätte er darüber reden wollen, so hätte er es getan.

Brad stand mit einem Ruck auf. »Ich habe noch zu tun«, sagte er knapp. »Ruh dich aus. Du wirst deine Kraft später noch brauchen. Aber schlafe nicht ein.« Fast, als wäre ihm erst jetzt und nachträglich bewußt geworden, daß er zuviel und über die falschen Dinge geredet hatte, drehte er sich mit einer hastigen Bewegung um und ging. Skar hörte ihn irgendwo hinter sich hantieren, widerstand aber der Versuchung, sich umzudrehen und das Gespräch fortzusetzen. Er spürte, daß der Vede jetzt allein sein wollte, aber er fühlte auch, daß Brad ihm das alles nicht aus einer Laune heraus oder gar aus Schwatzhaftigkeit erzählt hatte, sondern mit seinen Worten einen bestimmten Zweck verfolgte.

Er zog die behelfsmäßige Decke enger um die Schultern, während Brad damit begann, die beiden Fellbündel vollends aufzuschnüren und ihren Inhalt rings um sich auf dem Eis zu verteilen. Skar fror noch immer, aber die Kälte war jetzt nur noch unangenehm, nicht mehr tödlich, und seine Körperwärme begann sie allmählich unter der Decke herauszujagen. Eine wohlige Müdigkeit ergriff von ihm Besitz. Er schlief nicht, aber sein Zustand kam Schlaf doch sehr nahe; eine Art Trance, in der alles um ihn herum unwichtig wurde und aus der er erst lange nach Dunkelwerden wieder erwachte. Sein Kopf dröhnte, als er unter dem Umhang hervorkroch und sich vorsichtig aufrichtete. Er fieberte. Seine Kehle fühlte sich ausgedörrt und trocken an, und sein Rücken brannte, als wäre er mit Säure verätzt worden. Sein Herz schlug schmerzhaft und hart, und er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.

Brads Warnung fiel ihm ein. Widerstrebend stand er auf, streifte die Decke ab und begann sich mit Schnee abzureiben. Hinterher fror er genauso erbärmlich wie in dem Moment, in dem Brad ihn aus dem Wasser gezogen hatte, aber die Ruhe sowie die wärmende Wirkung des Nashtan hatten seinem Körper viel von seiner Kraft zurückgegeben. Er bückte sich, schlüpfte in seine noch immer feuchten Kleider und hielt nach Brad Ausschau. Der Vede stand an der seewärtigen Kante der Eismauer, winzig klein und verloren vor der gewaltigen schimmernden Fläche aus Eis. Skar fiel eigentlich erst jetzt auf, wie riesig das weiße Plateau war, auf das sie hinaufgestiegen waren - mehr als fünfhundert Meter lang, die Länge des Kanals. Was sie bisher als Wand bezeichnet hatten, war eine gewaltige, von einem Jahrtausende geduldig heulenden Wind glattgeschliffene Ebene, mächtig genug, einer Festung als Fundament zu dienen. Skar streckte sich, bewegte prüfend Arme und Beine und ging langsam zu dem Veden hinüber. »Wo ist er?« fragte er.

Brad deutete wortlos auf einen mächtigen schwarzen Schatten, der lautlos unter ihnen vorbeiglitt.

»Er kreuzt seit mehr als zwei Stunden dort. Er hat die Falle erkannt.«

»Du meinst, er wird nicht in den Kanal einfahren?«

Brad schwieg einen Moment. Sein Gesicht wirkte im schwachen Sternenlicht der Nacht bleich, aber auch weicher. Die harten Linien waren verschwunden oder hatten sich zumindest für den Augenblick hinter grauen Schatten verborgen, und um seinen Mund lag ein nachdenklicher, beinahe schon wehmütiger Zug. »Doch«, sagte er plötzlich. »Er wird. Er zögert noch, aber er weiß, daß ihm keine Wahl bleibt. Wahrscheinlich suchen sie nach einer Möglichkeit, die Mauer zu ersteigen, um uns in den Rücken zu fallen. Sie werden keine finden.«

Skar sah nach oben. Die Nacht war ungewöhnlich klar - nicht eine einzige Wolke war am Himmel zu sehen. Der Sturm hatte sich gelegt, und die Luft war von einer Durchsichtigkeit, wie man sie nur sehr weit im Norden und selbst hier äußerst selten fand. Es war hell, sehr hell. Die schimmernde Pracht der Sterne überschüttete das Meer mit einer Kaskade von silbernem, schattenlosem Licht, so daß der Blick fast so weit reichte wie am Tage, auch wenn man nicht so viele Einzelheiten erkennen konnte. Es war, als schienen die Sterne heller als sonst, weil die Götter dem Kampf zusehen wollten, dachte Skar.

Verwundert über sich selbst, rettete er sich in ein verlegenes Lächeln. Was waren das für Gedanken? Seine? Die Gedanken eines Mannes, der die Existenz von Göttern und Dämonen bisher strikt geleugnet hatte? Er versuchte, sie zu vergessen und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem schwarzen Killersegler zu.

Brad würde wohl recht haben. Der Dronte konnte es sich einfach nicht leisten, eine langwierige Belagerung zu beginnen. Das Schiff war größer als die SHAROKAAN, aber im Gegensatz zu dem Freisegler war es kein Frachter, sondern ein Kaperschiff, wahrscheinlich randvoll gestopft mit Waffen und Kriegern. Kriegern, die essen und trinken wollten. Ihre Nahrung mußte bald knapp werden. Jedenfalls eher als die der Freisegler.

»Sie werden wissen, daß wir hier sind«, murmelte er.

Brad nickte. »Sie werden es sich zumindest denken. Ich würde es, wenn ich dort unten wäre. Aber es wird ihnen nichts nutzen.«

Skar verzichtete auf eine Antwort. Brads Worte waren von einer zwingenden Logik, und trotzdem überzeugten sie ihn nicht. Irgend etwas paßte nicht in das Bild, störte ihn. Aber er fand nicht heraus, was. Er versuchte, sich in den Kapitän des Dronte hineinzuversetzen. Er wußte nicht, was er an seiner Stelle tun würde, aber er wußte zumindest, was er nicht täte - nämlich offenen Auges in diese Falle rennen.

Aber hatte er überhaupt eine andere Wahl? Der Block aus Eis, in dem sie Zuflucht gesucht hatten, war gigantisch. Selbst von hier oben aus konnte er seine Grenzen nicht erkennen. Die senkrecht ins Meer stürzenden Wände aus Eis schienen sich meilenweit nach beiden Seiten zu erstrecken, ein endloser, sanft gekrümmter Bogen, dessen Konturen in unbestimmter Entfernung zu verschwimmen begannen, bis sie sich in Nichts auflösten und mit der Nacht verschmolzen. Er glaubte kaum mehr, daß es eine Insel war. Sie hatten die Küste eines neuen Kontinentes gefunden, einer neuen Welt. Wenn auch vielleicht einer Welt, die nur aus grimmiger Kälte und Eis bestand. Ein Land, ja, aber ein totes Land.

Skars Blick suchte wieder den mißgestalteten Rumpf des schwarzen Mordseglers. Trotz des hellen Sternenlichtes konnte er keine Einzelheiten erkennen. Es war, als verberge sich das Schiff hinter einem dunklen, wogenden Schleier, der dem Blick keinen sichtbaren Anhaltspunkt bot und trotzdem verhinderte, daß mehr als ein vager Gesamteindruck von Schwärze und Massigkeit erkennbar war. Trotz der Nähe blieb der Dronte ein plumper, häßlicher Schatten, der wie ein Bild aus einem bedrückenden Alptraum tief unter ihnen dahinzog; ein Schleier aus Nacht und Dunkelheit, der den Dronte wie eine dunkle Aura umgab. Und trotzdem sahen sie in diesem Augenblick wahrscheinlich mehr von dem Piraten als je ein Mensch vor ihnen. Jedenfalls mehr, schränkte er in Gedanken ein, als jeder, der eine Begegnung mit dem Dronte überlebt hatte, um davon zu berichten.

Skar hockte sich neben Brad auf den Boden. Die Hand des Veden lag auf dem Schwert, und auch Skars Finger glitten unbewußt zum Gürtel und legten sich um den lederbezogenen Griff des Tschekal. Die Berührung des kalten Metalls gab ihm Sicherheit; das Gefühl, etwas Bekanntes zu berühren, ein winziges Bindeglied zwischen dieser kalten, lebensfeindlichen Einöde und der Welt, aus der sie kamen. Die Nachtluft trug ein dumpfes Klatschen zu ihnen herauf, als der Dronte wendete. Der plumpe schwarze Rumpf schwenkte in einer überraschend schnellen Bewegung herum; das Schiff legte sich auf die Seite und brach schäumend durch die Wellen. Die schwarzen Segel blähten sich knatternd.

Brad bewegte sich unruhig. Obwohl er kleiner war als Skar, erhob sich seine Gestalt wie ein riesiger schwarzer Schatten neben ihm gegen den sternenklaren Nachthimmel, und Skar hatte plötzlich ein absurdes Gefühl von Geborgenheit, von Wärme, die er schon lange vermißt hatte. Brad erinnerte ihn an Del, obgleich sie sich so unähnlich waren, wie sich zwei Männer nur sein konnten; nicht an den Del, der unten auf der SHAROKAAN war und auf seine Rückkehr wartete, sondern an einen anderen Del, einen, den er irgendwo auf den tödlichen Ebenen von Tuan verloren hatte, und eine seltsame Wehmut ergriff von ihm Besitz. Sie waren wieder zusammen, seit Del die Sumpfleute siegreich gegen die rebellischen Errish geführt hatte, und niemand hätte den Unterschied bemerkt. Aber es gab einen Unterschied, und er schmerzte. Sie sprachen und lebten miteinander, aber wenn sie es taten, so taten sie es in der Art, in der Fremde miteinander redeten, mit den gleichen vertrauten Worten wie früher, den gleichen Gesten und Bewegungen, den gleichen Scherzen, der gleichen selbstverständlichen Vertrautheit - und doch gab es einen Abstand, eine Kluft zwischen ihnen. Es war, als hätte Vela damals mehr zerstört als nur ihre räumliche Verbundenheit. Er war nicht mehr dazu fähig, jene Art von Freundschaft für den ungestümen jungen Draufgänger zu empfinden wie früher. Sie waren wie Brüder gewesen, mehr noch, wie Vater und Sohn, aber so sehr Skar auch in seinem Inneren nach einem Rest dieses Empfindens suchte, er fand nichts.

»Ist es wahr, was man sich an Bord erzählt?« fragte Brad plötzlich. »Daß das Kind der Errish von dir ist?«

Skar antwortete nicht gleich. Er war überrascht, nicht nur darüber, daß Brad es wußte - er hatte mit niemandem darüber gesprochen, nicht einmal mit Del, aber Gerüchte wie diese pflegten sich immer und überall in Windeseile zu verbreiten -, sondern fast noch mehr darüber, daß er diese Frage überhaupt stellte. Er hatte ihn nicht für schwatzhaft gehalten. Aber eigentlich war ja auch der Brad, der mit ihm hier heraufgekommen war, um die Schlacht gegen den Dronte zu schlagen, ein ganz anderer Brad als der, den er unten auf der SHAROKAAN gekannt hatte.

»Ja«, sagte er nach einer Weile. »Ich... glaube, es ist wahr. Jedenfalls... hat sie es gesagt.«

Brad sah ihn an. »Und trotzdem bringst du sie in die Verbannung?« fragte er. »Die Mutter deines Kindes?« Was war das in seiner Stimme? dachte Skar erstaunt. Vorwurf?

»Es ist nicht mein Kind«, antwortete Skar, eine Spur zu hastig, wie er selbst merkte. »Vielleicht bin ich sein Vater, im körperlichen Sinne. Ich habe es gezeugt, aber das ist auch alles. Es hätte nie geschehen dürfen.«

Brad lächelte, aber Skar war sich nicht sicher, ob er den Grund dafür kannte. »Was hat sie getan?« fragte er.

»Vela?« Wieder zögerte Skar. Für einen Moment war er versucht, Brad den ganzen Hergang zu erzählen. Aber natürlich tat er es nicht. Sie hatten nicht genug Zeit, und er wollte es auch nicht. Es war zuviel Schmerz in dieser Geschichte.

»Ich kann nicht darüber reden«, sagte er. »Und es spielt auch keine Rolle. Jetzt nicht mehr.«

Brad schien das zu akzeptieren. »Hast du sie geliebt?« fragte er. »Geliebt?« Skar schüttelte den Kopf. »Kaum. Vielleicht war es Mitleid, vielleicht hat sie mich auch behext. Sie war eine Errish, vergiß das nicht. Eine sehr mächtige Errish. Aber geliebt habe ich sie nicht. Ich habe versucht, sie nicht zu hassen, aber ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist.«

»Und jetzt?« fragte Brad.

»Ob ich sie hasse?« Skar überlegte einen Moment und schüttelte wieder den Kopf. Nein, sicher nicht. Er hatte versucht, jedes Gefühl für Vela aus sich herauszureißen, und es war ihm gelungen; teilweise wenigstens. »Nein«, sagte er. »Sie... sie ist eine Fremde für mich. Mehr nicht.«

»Ist das der Grund, warum du zuläßt, daß Gowenna sie wie einen Hund behandelt?« fragte Brad ruhig und diesmal, ohne ihn anzusehen.

»Del und ich sind nur zu ihrer Begleitung angeheuert«, antwortete Skar, obwohl das nicht ganz der Wahrheit entsprach. »Vela ist ihre Gefangene, und solange sie sie nicht mißhandelt, haben wir kein Recht einzugreifen.«

»Aber sie mißhandelt sie. Vielleicht nicht körperlich, aber trotzdem sollte niemand einen Menschen behandeln, als wäre er ein Stück Vieh.«

»Gowenna haßt sie«, murmelte Skar. »Du hast ihr Gesicht gesehen - es war Vela, die ihr das angetan hat. Sie war eine schöne Frau, früher.«

»Ich weiß«, sagte Brad. »Es ist nicht das erste Mal, daß sie an Bord unseres Schiffes ist.«

»Und es war auch kein Zufall, daß die SHAROKAAN im Hafen von Anchor lag, als wir die Stadt erreichten«, fügte Skar hinzu. Es war ein Schuß ins Blaue, aber es war auch ein Verdacht, den er schon seit langem hegte.

Brad nickte ungerührt. »Nein. Wir waren zehn Tagesreisen entfernt, als uns ihre Nachricht erreichte. Es war kein Zufall - ebensowenig, wie es Zufall war, daß wir damals in Ikne lagen, um euch den Besh hinaufzubringen. Sie reist fast immer mit der SHAROKAAN, wenn sie eine Seereise antreten muß.«

»Ihr wart auch damals schon an Bord?«

»Natürlich«, sagte Brad. »Aber ihr habt uns nicht gesehen. Gowenna wollte es nicht.«

»Und warum?«

Brad hob in einer seltsam schwerfällig wirkenden Bewegung die Schultern. »Ich weiß es nicht. Sie... spricht nicht viel mit uns, weder mit mir noch mit meinem Bruder. Auch nicht mit Rayan. Ich glaube, sie mag ihn nicht besonders.«

»Aber warum fährt sie dann mit der SHAROKAAN?« fragte Skar verwundert. »Es gibt bequemere Schiffe.«

»Sie kannte unsere Mutter«, erklärte Brad. »Rayan hat es mir einmal erzählt. Bevor sie starb, waren sie oft zusammen. Gowenna war damals noch sehr jung; fast noch ein Kind. Ich glaube, für sie war Suquann - Rayans Weib - so eine Art Mutter. Als sie dann starb, kam sie weiter zu uns, obgleich ich nicht glaube, daß sie für meinen Vater dasselbe empfindet. Ich vermute, sie fühlt sich ihm irgendwie verpflichtet. So wie man weiter die Verbindung zu einer Frau aufrechterhält, deren Mann ein guter Freund war und der gestorben ist, verstehst du?«

Skar schwieg verblüfft. Er wußte, daß Gowenna älter war, als sie auf den ersten Blick wirkte - dreißig, vielleicht darüber, und er hatte auch Brad auf fast das gleiche Alter geschätzt. Nach seinen Worten war das unmöglich. Aber sein massiger Körperbau, der wild wuchernde Bart und das bis auf die Schultern reichende, volle Haar des Veden, und seine ernste Art, zu reden und sich zu geben, machten es schwer, sein Alter zu bestimmen.

»Sie kannte auch uns«, fuhr Brad fort, als hätte er seine Gedanken gelesen. Wahrscheinlich stand seine Verwunderung deutlich auf seinem Gesicht geschrieben: »Rayan hat erzählt, daß sie mich auf den Knien geschaukelt hat, als ich gerade drei oder vier war. Sie war damals selbst noch ein halbes Kind. Ich kann mich nicht daran erinnern.«

»Und sie trug einen anderen Namen«, murmelte Skar.

Diesmal war es Brad, der erstaunt nickte. »Kiina«, sagte er. »Woher weißt du das? Selbst Rayan hat es nur erfahren, weil sie sich einmal versprochen hat.«

»Das ist eine lange Geschichte«, versuchte Skar auszuweichen. »Vielleicht erzähle ich sie dir, wenn wir heil hier herauskommen. Wenn du sie dann noch hören willst.«

»Ich glaube nicht«, antwortete Brad, und irgendwie spürte Skar, daß dieses Nein endgültig war. Der Vede hatte ihm Vertrauen entgegengebracht, eine Winzigkeit nur, und doch unendlich viel für seine Verhältnisse. Er würde jetzt nicht weiter reden, und später, wenn sie zurück an Bord der SHAROKAAN waren, würde er wieder zu dem verschlossenen, abweisenden Mann werden, als den Skar und wahrscheinlich auch die Männer unten auf dem Schiff, vielleicht sogar sein Vater, ihn kannten.

Er seufzte, fuhr sich mit der Hand über die Augen und sah wieder auf den Ozean hinunter.

»Wir sind zu wenige«, stellte er fest.

Brad nickte. Skar spürte die Bewegung, obwohl sein Blick starr auf den drohenden schwarzen Schatten unter ihnen gerichtet blieb. »Du hast recht«, murmelte der Vede. »Nur zwei gegen einen Feind, der noch niemals geschlagen wurde. Aber die Männer werden unten auf dem Schiff gebraucht.« Er wandte den Kopf und lächelte flüchtig; eine bedeutungslose Geste, in der keine Wärme, sondern wenn überhaupt ein Gefühl, dann höchstens Resignation und ein Anflug von Fatalismus lagen. In seinem ganzen Benehmen lag eine schwer zu fassende Art von Trauer; seine Bewegungen waren um eine Winzigkeit langsamer als gewohnt, seine Stimme um eine Spur leiser, sein Lachen nicht echt genug. »Die Männer werden unten gebraucht«, wiederholte er noch einmal. »Unsere Chancen stehen nicht schlecht, aber Rayan wird jede Schwerthand brauchen, wenn es doch zum Kampf kommen sollte.«

»Du rechnest damit?«

Brad schüttelte den Kopf. »Nein. Aber wir müssen auch mit dem Unberechenbaren rechnen. Das da unten ist kein dahergelaufener Pirat. Es ist ein Dronte.« Er sprach das Wort auf sonderbare Art aus, nicht so voller Haß, wie es Gowenna und Del und auch Skar selbst getan hatten, sondern beinahe respektvoll.

»Letztlich sind sie auch nur Menschen«, bemerkte Skar.

In Brads Augen erschien ein seltsamer, schwer zu deutender Ausdruck. »Bist du sicher?« fragte er leise.

Skar blinzelte irritiert. Für einen Moment hielt er dem Blick des Veden stand, dann wandte er mit einem Ruck den Kopf und starrte wieder in die Tiefe. Brads Worte hatten ihn erschreckt. Vielleicht, weil er aussprach, was auch Skar die ganze Zeit über fühlte. Nur hatte er den Gedanken angstvoll vertrieben. Der Mordsegler zog dicht unter ihnen vorbei, dicht genug, daß er sich einbilden konnte, die Mastspitze mit der ausgestreckten Hand berühren zu können. Sein Blick tastete an der dunklen Linie des Hauptmastes herunter, glitt über die bizarren Umrisse des geblähten fünfeckigen Segels und verlor sich zwischen huschenden Schatten und ungreifbarem Nichts. Einen Moment lang glaubte er, eine schlanke, schwarze Gestalt auf dem Achterdeck zu entdecken, aber als er genauer hinsah, war sie verschwunden, und er war sich nicht sicher, ob sie wirklich da oder bloße Einbildung gewesen war.

»Wenigstens dieses Geheimnis werden wir lösen«, murmelte er nach einer Weile.

Brad nickte. »Dies und eine Frage, die mich schon lange bewegt.« Skar wartete darauf, daß er weiterreden würde, aber er tat es nicht, und so fragte er: »Welche?«

»Die Frage, ob sie wirklich unbesiegbar sind, Skar.« Brad seufzte und ließ sich zurücksinken und stützte den Oberkörper mit den Ellbogen ab. Silbernes Sternenlicht wanderte über sein Gesicht und verwandelte es in eine verwirrende Landschaft aus Licht und dunklen, messerscharf gezogenen Schatten, in denen die Augen wie bodenlose schwarze Löcher wirkten. »Ich habe oft darüber nachgedacht, nicht nur während der letzten Tage. Sie gelten als unbesiegbar, aber niemand weiß, ob das stimmt.«

»Ein Mythos.«

»Möglich. Sicher zum großen Teil, aber nicht nur. Niemand hat jemals versucht, sie wirklich zu schlagen. Jedermann weiß, daß es unmöglich ist, einem Dronte zu entkommen. Oder glaubt es zu wissen.« Er lachte leise. »Aber man kann sich hinter einem Mythos so wirksam verbergen wie hinter einem Schild, nicht wahr? Es ist fast so wie mit dir und mir, Skar.« Er ließ sich weiter zurücksinken, seufzte und faltete die Hände hinter dem Kopf; er wirkte, als läge er irgendwo im Sonnenschein auf einer Wiese und genösse den Tag, nicht hier am Ende der Welt auf einer Mauer aus Eis und im Angesicht des schrecklichsten Feindes, gegen den Seeleute jemals gekämpft haben. »Jedermann weiß, wie stark wir Veden sind, und jedermann glaubt zu wissen, daß es Selbstmord ist, einen Kampf mit einem Satai zu beginnen.«

»In gewissem Sinne...«, begann Skar, wurde aber sofort wieder von Brad unterbrochen.

»Stimmt das, ich weiß«, nickte der Vede. »Aber auch wir sind nur Menschen. So mancher von denen, die sich vor uns fürchten, könnte uns in einem ehrlichen Kampf besiegen. Aber niemand versucht es auch nur. Sie haben Angst vor uns, nicht wirklich vor uns, vor den Menschen, die sich hinter euren schwarzen Harnischen oder unseren roten Umhängen verbergen, sondern vor unserem Mythos.«

»Manche versuchen es«, hielt Skar ihm entgegen.

Brad machte eine wegwerfende Geste. »Die Verrückten und Übermütigen«, sagte er.

»Und die Besten«, ergänzte Skar. »Du hast recht - die Menschen haben Angst vor uns, und deshalb wagen es nur die Stärksten, sich uns entgegenzustellen. Vielleicht ist das der Grund, weswegen auch Veden und Satai manchmal besiegt werden.«

Brad lächelte. »Auch eine Art, die Dinge zu betrachten«, murmelte er. »Hoffen wir, daß du recht hast und dein Beispiel auch auf den Dronte zutrifft.«

»Es war deines«, widersprach Skar. »Aber unsere Chancen stehen nicht schlecht. Selbst, wenn es ihnen gelingen sollte, die SHAROKAAN zu entern, werden sie eine böse Überraschung erleben. Dein Vater hat sich gut auf einen Zusammenstoß vorbereitet. Dazu kommen Helth und Del...« Er wiegte den Kopf. »Ich würde sagen, die Karten könnten schlechter verteilt sein.«

Aber trotz dieser optimistischen Worte sank seine Zuversicht mehr und mehr. Sicher - die Überraschung war auf ihrer Seite. Der Dronte würde bestimmt hartnäckigen Widerstand erwarten - jedermann wußte, daß Freisegler durchaus in der Lage waren, sich ihrer Haut zu wehren, und die meisten Piraten machten einen großen Bogen um sie -, aber er würde wohl kaum damit rechnen, plötzlich der Elite von Enwors Kriegerkaste gegenüberzustehen. Trotzdem war Vorsicht geboten, mehr denn je. Brads Worte hatten ihm klargemacht, daß der Dronte gar keine andere Wahl hatte, als sich zum Kampf zu stellen. Seine stärkste Waffe war Furcht, die Furcht, die die Seefahrer Enwors allein beim Klang seines Namens ergriff: sein Mythos. Wenn er die SHAROKAAN entkommen ließ, würde dieser Mythos zerbrechen. Er konnte es sich gar nicht leisten, den Freisegler davonfahren zu lassen.

Skar schüttelte mit einem leisen Seufzer den Kopf und blickte wieder auf das Meer hinab. Die Lautlosigkeit, mit der der Dronte dort unten seine Kreise zog, beunruhigte ihn fast mehr, als wenn er endlich angegriffen hätte.

»Ich frage mich, was er vorhat«, murmelte Brad, als hätte er Skars Gedanken erraten. Wahrscheinlich bewegten sich ihre Überlegungen im Moment in ziemlich gleichen Bahnen. »Er muß wissen, was ihm bevorsteht, wenn er in den Kanal einläuft. Ich wüßte es.«

»Ich auch«, bestätigte Skar. »Und ich - runter!«

Das letzte Wort hatte er geschrien. Er federte zur Seite, riß Brad mit einer kraftvollen Bewegung von der Klippe zurück und rollte sich, den Kopf an die Knie gezogen, so eng wie möglich zusammen. Irgendwo auf dem nachtschwarzen Meer unter ihnen war ein winziger, grausam heller Punkt entstanden, war blitzschnell zu einem Feuerball und dann zu einem flammensprühenden Blitz herangewachsen, der mit tödlicher Zielsicherheit zu ihnen heraufraste. Ein ungeheures Dröhnen und Brüllen erfüllte die Luft. Licht; gnadenlose, unerträgliche Helligkeit übergoß die Eislandschaft und fraß sich selbst durch Skars geschlossene Lider. Ein berstender Schlag traf die Klippe. Eine Welle weißglühenden Feuers rollte fauchend über Skar hinweg, versengte seine Haare und brachte seine Kleider zum Schwelen.

»Weg hier!« schrie er. Er fuhr herum, blinzelte aus tränenden Augen in das peinigende weiße Licht und robbte auf Händen und Knien von der Klippe fort. Vor ihm war Feuer, nichts als Feuer, Hitze, wabernde, kochende Luft und gierig ausgestreckte Flammenarme, die seinen Körper zu versengen trachteten. Neben ihm kroch Brad hastig über das Eis. Seine Finger hinterließen blutige Abdrücke auf dem weißen Untergrund.

Skar schrie vor Schmerz, als ein winziger Spritzer der brennenden Flüssigkeit seine Schulter streifte, aber sein Schrei ging im Brüllen der Flammen unter. Hinter ihnen tobte die Hölle. Die Klippe stand auf einer Länge von beinahe fünfzig Metern in Flammen. Das Geschoß des Dronte hatte die Kante mit tödlicher Präzision getroffen und zehn, fünfzehn Meter massives Eis augenblicklich verdampfen lassen. Das eigentliche Brandgeschoß war längst abgerutscht und ins Meer zurückgestürzt, aber das brennende Öl war ausgelaufen und verwandelte die Mauerkrone in ein flammendes Inferno. Eis verwandelte sich zischend und krachend in Dampf, explodierte unter der ungeheuren Hitze zu kochenden grauen Schwaden und wurde unter ihren Füßen rissig und wäßrig firnig. Winzige Pfützen bildeten sich, verschmolzen zu Rinnsalen, dann zu kleinen reißenden Bächen, die sich in die Flammen ergossen und abermals zu brodelnden Dampfwolken wurden, lange bevor sie sie erreichten.

Skar hob schützend den Arm vor das Gesicht und wich weiter zurück. Ein durchdringender schwefeliger Gestank lag in der Luft und nahm ihm den Atem. Der gesamte Berg schien zu vibrieren. Ein tiefer, stöhnender Laut drang an sein Ohr, ein Krachen und Bersten, als schrie die gesamte gewaltige Eismasse unter den Schmerzen, die ihr das Feuer zufügte.

Doch so gewaltig die Hitze auch war, das Eis siegte schließlich. Die Flammen wurden kleiner, verloren an Wut und Macht, wechselten von kalkigem Weiß zu schmutzigem Rot, das nach wenigen Augenblicken endgültig von den immer schneller nachstürzenden Schmelzwassern erstickt wurde. Nur der durchdringende Gestank ein warmer Hauch und das Knistern des Eises blieb.

»Danke«, brachte Brad mühsam hervor.

Skar fiel es schwer, die Worte des Veden überhaupt zu verstehen. In seinen Ohren hallte noch das Dröhnen der gewaltigen Detonation nach. Er stöhnte, fuhr sich mit den Händen über das Gesicht und stocherte mit dem kleinen Finger im linken Ohr herum. Langsam ging er zu Brad hinüber. Das Gesicht des Veden war von Ruß verschmiert, und auf seiner nackten Brust bildete sich langsam eine gewaltige Brandblase. Sein Bart war angesengt.

»Du hast mir das Leben gerettet«, sagte Brad.

Skar winkte ab. »Das war ich dir schuldig. Wir sind quitt.«

Aber das stimmte nicht. Er wußte es, und Brad wußte es auch. Sie waren plötzlich mehr als zufällig zusammengekommene Kampfgefährten. Skar hätte bei jedem anderen genauso gehandelt, ebenso wie Brad sein Leben riskiert hätte, um jeden beliebigen Matrosen der SHAROKAAN aus der Eiswand zu befreien. Aber das, was zwischen ihnen geschehen war, das stückweise und behutsame Hinreißen der Mauer, die zwischen Brad und ihm stand, gab dem Geschehen einen völlig neuen Aspekt.

»Das galt uns«, sagte Skar, während er auf die noch immer brennende Klippe zeigte; rasch, beinahe verlegen und nur, um auf ein anderes Thema überzuleiten. »Uns persönlich, Brad. Sie müssen uns gesehen haben. Wir sollten uns irgendwo eine sichere Deckung suchen - ich glaube nicht, daß das der einzige Angriff auf uns war.«

Brad wollte etwas erwidern, aber ein peitschender Knall von jenseits der Eismauer verschluckte seine Worte. Hinter ihnen stieg ein weiterer Höllenfunke in die Höhe, löschte das Samtblau des Himmels und das Silber der Sterne mit Feuer und Glut aus und überzog das Firmament mit Feuer und die Klippe mit tanzenden roten Schatten. Skar duckte sich instinktiv, aber dieser zweite Schuß ging weit über sie hinweg und versank funkensprühend hinter dem jenseitigen Rand der Eisebene.

Brad fuhr zusammen. »Ihr Götter!« keuchte er. »Die SHAROKAAN!«

Für einen winzigen Moment flammten die Wände des Sees in schmerzhaftem Weiß auf, als der Eiskessel das Feuer des Geschosses reflektierte. Skar hatte den Eindruck, direkt am Rande eines ausbrechenden Vulkans zu stehen. Dann erlosch das Licht übergangslos. Ein dumpfer Schlag wehte zu ihnen herauf, ein Laut, als schlüge ein gigantischer Hammer auf einen noch gigantischeren Amboß, dann ertönte ein machtvolles Zischen, und eine ungeheure Dampfwolke verdunkelte den Himmel.

Skar wandte sich geblendet ab. »Du hast recht!« brüllte er über das Zischen und Brodeln der Dampfexplosion hinweg. »Er weiß, daß wir hier sind!«

Brad sagte etwas, das vom Peitschen eines dritten Schusses übertönt wurde, und begann ungehemmt in seiner Heimatsprache vor sich hin zu fluchen. Das Feuer hielt weiter an. Während der nächsten halben Stunde verwandelte sich die Eisinsel in ein Chaos aus flackerndem Licht, Hitze und infernalischem Lärm. Der Dronte schleuderte mehr als drei Dutzend Brandgeschosse über ihre Köpfe hinweg. Der See verschwand unter einer brodelnden, von grellen Blitzen durchzuckten Dampfwolke. Das Eis bebte, hob sich und stöhnte wie ein gewaltiges lebendes Wesen. Die Hitze ließ die Kanten der Eiswände abschmelzen und rund werden, und die Spritzer der brennenden Flüssigkeit, die wie weißglühende lodernde Regentropfen herabrieselten, verwandelten das Eis in eine bizarre Kraterlandschaft. Meterbreite Risse entstanden, Sprünge rannten wie kleine lebende Wesen in unberechenbaren Richtungen durch das Eis und spalteten die Kanalwände, klaffende Wunden, aus denen Wasser und Dampf statt Blut sprudelten und die gierig wie aufgerissene Mäuler nach Brad und Skar schnappten. Überall zischten kochende Dampfgeysire hoch.

Dann, genauso plötzlich, wie der Angriff begonnen hatte, hörte das Feuer auf. Der Himmel war wieder klar, und nur vom See her klang noch das Krachen berstenden Eises und das Zischen von kochendem Wasser zu ihnen herauf.

Brad und Skar näherten sich dem Kanal mit äußerster Vorsicht. Das geschundene Eis schien unter ihrem Gewicht aufzustöhnen. Der Boden vibrierte, dann zerriß ein peitschender Knall die wieder eingetretene Stille, und ein gewaltiges Stück der Kanalwand löste sich und polterte in einer lang anhaltenden Lawine aus Eis und halb geschmolzenem Matsch in den Graben.

Brad fluchte ungehemmt vor sich hin. Seine Hände ballten sich in hilfloser Wut zu Fäusten.

»Ich glaube, wir haben ihn unterschätzt«, sagte Skar.

Brad knurrte. »Wer hier wen unterschätzt hat, wird sich erst noch erweisen müssen, Satai«, sagte er gepreßt. Er tat einen weiteren Schritt, prüfte, ob das brüchig gewordene Eis sein Körpergewicht trug, und ließ sich dann auf Hände und Knie herab, um vorsichtig an den Graben heranzukriechen.

»Dieses kleine Schauspiel war vielleicht eindrucksvoll, aber nicht besonders sinnreich«, sagte er wütend. »Eine überflüssige Demonstration seiner Macht, mehr nicht.«

»Für uns vielleicht«, entgegnete Skar. »Für die Männer auf der SHAROKAAN muß es die Hölle gewesen sein.«

»Sie waren in Sicherheit«, widersprach Brad. »Das Schiff liegt im toten Winkel unter der Wand.«

Skar dachte für einen Moment an Gowenna, die an Land gegangen war, weil sie während des Kampfes nicht an Bord des Schiffes hatte bleiben wollen. Aber irgend etwas sagte ihm, daß ihr nichts geschehen war. Er war völlig sicher.

»Sie kommen.«

Skar sah, durch den plötzlichen Gedankensprung verwirrt, nach Westen, ließ sich ebenfalls auf Hände und Knie nieder und kroch behutsam neben den Veden. Das Eis vibrierte unter seinem Gewicht. Ein paar kleine Brocken lösten sich und stürzten lautlos in die Tiefe. Aber es hielt. Vor der Einfahrt des Kanals war ein gewaltiger schwarzer Schatten aufgetaucht; ein Stück faßbar gewordene Nacht, hinter der die Sterne verblaßten. Noch waren seine Segel gebläht, aber das würde sich ändern, wenn er vollends in den Kanal eingelaufen war. Sie hatten zwei, vielleicht sogar drei Stunden Zeit. Das Kaperschiff mochte eine größere Besatzung als die SHAROKAAN haben und sich vielleicht schneller als sie durch den Kanal staken können, aber auch sie würden Zeit brauchen. Viel mehr Zeit, als Brad und er nötig hatten.

Skar warf dem Veden einen fragenden Blick zu. »Hier?«

»Weiter zum See hin ist es günstiger.« Brad deutete mit einer Kopfbewegung auf das Ende des Kanals, hinter dem die SHAROKAAN auf der Lauer lag. »Vielleicht werden sie leichtsinnig, wenn sie unbehelligt so weit kommen«, murmelte er.

Skar schenkte dem näher kriechenden Schatten einen letzten, nachdenklichen Blick und schob sich dann langsam von der Kante zurück. Er hätte sich gewünscht, daß der Optimismus von Brads Worten mit dem in Einklang stand, was er selbst fühlte.

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