13

Saxo strahlte weiß und hell, aber sie war noch immer so fern, daß sie von anderen Sonnen überstrahlt wurde. Am hellsten stand Beteigeuze am Himmel, der Riesenstern. Flandrys Blick blieb an ihm hängen. So saß er minutenlang, das Kinn in die Hand gestützt und grübelnd, und nur das Summen der Maschinen und Ventilatoren war hörbar.

Persis kam herein und beugte sich über seine Schulter. „Hast du Schwierigkeiten, mein Schatz?“

„Es ist nicht die Arbeit, es sind die verdammten Entscheidungen“, knurrte er.

„Du meinst, wohin wir gehen sollen?“

„Ja. Jetzt muß die Frage entschieden werden. Saxo oder Beteigeuze. Einer von den beiden muß es sein. Wir sind nicht ausgerüstet, um auf einem unentdeckten Planeten zu landen und dort auf bessere Zeiten zu warten. Das Imperium ist zu weit entfernt; jeder Reisetag würde die Gefahr, von Merseiern ausgemacht zu werden, vergrößern. Sie werden Kuriere in alle Himmelsrichtungen geschickt haben, schnelle Schiffe. Ihre Einheiten werden diese Regionen durchkämmen.

Saxo ist näher, aber auch gefährlicher, denn auf dieser Route sind ständig Schiffe der Merseier unterwegs. Jedes große, schnelle Handelsschiff könnte uns stoppen und Bewaffnete an Bord schicken. Andererseits könnte ich, wenn wir einmal auf Rufweite herangekommen sind, unseren Stützpunkt auf Starkad verständigen und meine Information durchgeben. Aber die Sache wäre sehr gewagt.

Beteigeuze ist eine unabhängige Macht und wahrt eifersüchtig ihre Neutralität. Fremde Patrouillenschiffe müssen auf Abstand bleiben und sind so dünn verteilt, daß wir vielleicht durchschlüpfen könnten. Auf Alfzar könnten wir uns beim Botschafter des Imperiums melden. Aber die Einheimischen würden uns niemals heimlich in ihre Region eindringen lassen. Sie haben ihre eigenen Patrouillen im Grenzgebiet. Wir müßten die ganzen Formalitäten über uns ergehen lassen, Zolldurchsuchung, Impfungen und so weiter, und als alles außerhalb der Bahn des entferntesten Planeten. Und die Merseier könnten das ganze Hin und Her abhören, aufmerksam werden und einen schnellen Zerstörer hinschicken, der uns abschießt.“

„Das würden sie nicht wagen.“

„Sag das nicht. Sie würden alles wagen, und danach würden sie sich entschuldigen. Wer weiß, was für sie auf dem Spiel steht?“

Der Detektoralarm schrillte. Persis fuhr zusammen und faßte Flandrys Arm. Er machte sich los und wollte den Hyperantrieb ausschalten und auf kinetische Geschwindigkeit heruntergehen. Aber er drehte den Schalter nicht. „Ich hatte vergessen“, sagte er. „Wir haben keinen sehr guten Detektor. Wenn es ein Kriegsschiff ist, hat es uns schon vor einiger Zeit ausgemacht. Jetzt müssen wir feststellen, in welcher Richtung der andere sich bewegt.“ Er veränderte den Kurs. Die Sternbilder drehten sich draußen an den Bullaugen vorbei, sonst war nichts zu merken. „Wenn die Intensität des Empfangs konstant bleibt, laufen wir parallel zu ihm.“ Direkt voraus leuchtete Saxo. Flandry wischte sich Schweiß von der Stirn. „Vielleicht will der andere dorthin“, murmelte er, um sich Hoffnung zu machen.

Minuten krochen. Flandry versuchte sich zu entspannen. Sein Hemd klebte ihm am Körper. Nach langer Pause entließ er einen tiefen Seufzer.

„Gott sei Dank. Wie ich gehofft hatte. Er hält Kurs auf Saxo. Und wenn er auf geradem Kurs gekommen ist, muß er einer von uns sein.“

Er wurde geschäftig, rechnete, fütterte den Computer mit Daten und studierte die Kurs- und Positionsberechnungen. „Ja, wir können ihn treffen. Vorwärts.“

„Aber wenn es ein Merseier ist?“ fragte Persis. „Er muß ja nicht von einem unserer Planeten kommen.“

Flandry zuckte die Achseln. „Damit müssen wir natürlich rechnen. Aber es sieht nicht schlecht aus. Er ist langsamer als wir, was auf einen Frachter schließen läßt.“ Er berichtigte den Kurs und lehnte sich zurück. Ein Grinsen breitete sich über sein Gesicht. „Die Entscheidung ist mir abgenommen“, erklärte er. „Wir gehen nach Starkad.“

„Wieso?“

„Ich habe nichts gesagt, weil ich keine falschen Hoffnungen in dir wecken wollte. Aber ich bin zuerst hierher gekommen, statt direkt Saxo oder Beteigeuze anzusteuern, weil dies die Route ist, die unsere Schiffe nehmen, wenn sie Männer und Ausrüstungen nach Starkad bringen oder auf dem Heimweg sind. Vielleicht nimmt er uns mit… verstehst du?“

In ihre Augen kam ein freudiger Schimmer und verging. „Warum warten wir nicht lieber, bis einer kommt, der von Starkad zur Erde zurückkehrt?“

„Ich bin froh, daß wir überhaupt einen gefunden haben. Außerdem können wir die Information auf diesem Weg eher an den Mann bringen.“ Flandry warf einen Blick auf die Berechnungen. „In einer Stunde sind wir in Rufweite. Sollte es doch ein Merseier sein, werden wir ihn wahrscheinlich abschütteln können.“ Er stand auf. „Jetzt brauche ich was zu trinken.“

Persis hielt ihre Hände ausgestreckt vor sich. Sie zitterten. „Wir brauchen etwas für unsere Nerven“, stimmte sie zu. „Aber es sind auch Beruhigungsmittel da.“

„Schnaps macht mehr Spaß. Und weil wir vom Vergnügen sprechen, wir haben eine Stunde Zeit…“

Sie zauste seine Haare. „Du bist unmöglich.“

* * *

Das Schiff war der Frachter „Rieskessel“, registriert auf Nova Germania, aber auf dem Grenzplaneten Irumclaw stationiert, von wo er als Trampfahrer die umliegenden Regionen bediente. Es war ein riesiges, dickbauchiges Ding mit einem riesigen, dickbauchigen Kapitän. Als Persis und Flandry an Bord kamen, röhrte er ein nicht ganz nüchternes Willkommen.

„Oho, sieh da, Menschen! So früh hatte ich keine Menschen erwartet! Und noch dazu etwas so Reizendes.“ Seine haarige Rechte umschloß Flandrys Hand wie eine Teigschüssel, mit der Linken faßte er Persis unters Kinn. „Ich bin Otto Brummelmann.“

Flandry blickte an dem kahlen, bärtigen Kopf vorbei in den Korridor, der von der Luftschleuse ausgehend die Längsachse des Schiffes durchzog. Lose Metallplatten vibrierten zum Gedröhn der schlecht eingestellten Maschine. Zwei sechsfüßige Wesen mit leuchtend blauen Hüllen, großen Käfern ähnlich, blickten von ihrer Arbeit auf und starrten zurück; sie scheuerten den Boden in Handarbeit, was Flandry ein wenig verwunderte. Die Lampen strahlten ein rötliches Licht aus. Die Luft schmeckte nach Metall und war so kalt, daß ihr Atem dampfte. „Sind Sie der einzige Terraner an Bord, Kapitän?“ fragte er.

„Ich bin kein Terraner. Ich nicht. Von Nova Germania, aber seit Jahren auf Irumclaw. Meine Reeder bevorzugen einheimische Arbeitskräfte, die kommen billiger. Auf meinen ganzen Reisen höre ich kaum ein menschliches Wort. Meine Leute sind gut, aber mit der Aussprache kommen sie nicht zurecht.“ Brummelmann wendete seine kleinen Augen nicht von Persis ab und zupfte dabei an seiner schmuddeligen Uniform herum, als ob er damit die Falten zum Verschwinden bringen könnte. „Ein einsames Leben. Wie schön, Sie getroffen zu haben. Jetzt kümmern wir uns um Ihr Boot, dann feiern wir das Ereignis mit einem Umtrunk in meiner Kajüte. Einverstanden?“

„Es wäre besser, wir führten sofort ein vertrauliches Gespräch, Kapitän“, sagte Flandry. „Unser Boot kann warten. Darüber können wir sprechen, wenn wir allein sind.“

„Sie warten, und ich bleibe mit der kleinen Frau hier allein, nicht? Ho, ho, ho!“ Brummelmann fuhr Persis mit seiner Pranke über den Rücken, daß sie entsetzt zurückwich.

Auf dem Weg zur Kajüte wurde der Kapitän von einem Besatzungsmitglied aufgehalten, das eine Frage hatte. Flandry nutzte die Gelegenheit, um in Persis' Ohr zu zischeln: „Beleidige ihn nicht, hörst du? Das ist ein phantastischer Glücksfall.“

„Was?“ Sie rümpfte die Nase.

„Ja. Denk nach. Egal, was geschieht, von diesen Fremden kann uns keiner verpfeifen. Wir brauchen uns nur mit dem Kapitän gutzustellen, und das dürfte nicht schwierig sein.“

Sie betraten die unaufgeräumte Kapitänskajüte. Brummelmann füllte Gläser mit einem Getränk, das geeignet schien, die Magenwände zu zersetzen. Sein Glas leerte er mit einem Schluck bis zur Hälfte. „So!“ rülpste er. „Nun können wir reden. Wer hat euch mit dieser Nußschale in den tiefen Raum hinausgelassen?“

Persis nippte von ihrem Wasserglas, doch der Schnaps war so stark, daß sie hustete und prustete. Flandry setzte sich dem Kapitän gegenüber und studierte ihn. Der Mann war ein alkoholisches Wrack, ein Herumtreiber und Versager, der seinen Posten offenbar nur behielt, weil die Reeder auf einem menschlichen Kapitän bestanden und für das Gehalt, das zu zahlen sie bereit waren, keinen anderen bekommen konnten.

„Sie sind unterwegs nach Starkad, nicht wahr, Kapitän?“ fragte er betont höflich.

„Ja, ja. Meine Reederei hat einen Marinekontrakt. Irumclaw ist ein Umschlagplatz. Auf dieser Reise haben wir Baumaterial, Maschinen und Handfeuerwaffen geladen. Ich hoffe, daß ich nicht so bald wieder nach Starkad muß. Dieses Highport ist ein ödes Nest voller aufgeblasener Militärs. Aber wir wollten von Ihnen sprechen.“

„Ich kann nichts sagen, außer daß ich auf einer Sondermission bin. Es ist lebenswichtig für mich, daß ich Highport ungesehen erreiche. Wenn Sie meine Begleiterin Persis d'Io und mich mitnehmen wollen und unser Zusammentreffen noch nicht über Radio durchgegeben haben, erweisen Sie dem Imperium einen großen Dienst.“

„Sondermission… mit einer Dame?“ Brummelmann stieß Flandry seinen dicken Daumen in die Rippen. „Kein schlechter Witz! Ich kann mir denken, was für eine Mission das ist. Ho, ho, ho!“

„Ich habe sie gerettet“, log Flandry. „Darum sind wir in einem Boot gekommen. Ein Angriff der Merseier. Der Konflikt verschärft sich. Ich habe eine dringende Meldung für Admiral Enriques.“

Brummelmanns rauhes Lachen brach ab. „Angriff, sagten Sie? Die Merseier haben noch nie ein Schiff angegriffen, jedenfalls keine Frachter. Sind Sie mit der Dame auf einem Kriegsschiff gewesen?“

Flandry überhörte die Frage. Er mußte vorsichtig sein; dieser bärtige Riese schien schlauer zu sein, als Flandry gedacht hatte.

„Sie werden Ihren Frachter nicht angreifen, Kapitän. Nicht, solange ihnen unbekannt ist, daß ich an Bord bin.“

Brummelmann fuhr sich über die Glatze. „Ich bin meiner Reederei für dieses Schiff verantwortlich“, sagte er unmutig. „Da kann ich mich auf keine zweifelhaften Geschichten einlassen.“

„Ihre erste Pflicht ist, dem Imperium zu dienen“, erwiderte Flandry. „Sie brauchen nur auf Starkad zu landen und uns von Bord zu lassen. Das ist alles. Die Merseier werden es nie erfahren, ich schwöre es.“

„Ich — hm.“ Der Kapitän schnalzte. „Ich weiß nicht. Die Sache gefällt mir irgendwie nicht.“

Flandry rang sich zu einem Entschluß durch, von dem er wußte, daß er die Liste seiner kriminellen Delikte weiter verlängern würde. „Übrigens brauchen Sie nicht leer auszugehen. Es ist besser, wenn wir unser Boot weiterschicken. Der Feind hat seine Beschreibung. Wenn wir uns die Stelle gut merken und die Maschine laufen lassen, daß Sie den Neutrinostrom wiederfinden, können Sie das Boot auf dem Heimweg mitnehmen und irgendwo verkaufen. Es ist sicher soviel wert wie dieser ganze Frachter, nehme ich an.“ Er zwinkerte dem anderen zu. „Natürlich werden Sie Ihren Reeder informieren.“

Brummelmann beäugte ihn mißtrauisch. „Soso. Schön.“ Er stürzte den Rest seines Feuerwassers hinunter, dachte eine Weile nach und blickte auf. „Abgemacht!“

Er bestand darauf, auch Persis die Hand zu schütteln.

Als sie allein in einer leeren Kammer waren, die der Kapitän mit Matratzen hatte ausstatten lassen, nachdem sie sich geweigert hatte, sein Quartier mit ihm zu teilen, kauerte sich Persis mit angezogenen Knien in eine Ecke, seufzte und fragte: „Wie lange dauert es, bis wir in Highport ankommen?“

„Ein paar Tage.“ Flandry zog seinen Raumanzug aus und untersuchte die Schlauchleitungen.

„Ich weiß nicht, ob ich es aushalte.“

„Tut mir leid, aber wir haben die Brücken hinter uns abgebrochen. Ich behaupte trotz allem, daß wir großes Glück gehabt haben.“

„Du hast merkwürdige Vorstellungen von Glück“, seufzte sie. „Nun, wenigstens kann es nicht mehr schlimmer kommen.“ Es konnte.

* * *

Fünfzehn Stunden später saßen Flandry und Persis im Aufenthaltsraum und versuchten sich die Zeit mit einer Partie Rommé zu vertreiben. Es wollte ihnen nicht recht gelingen, denn die Kälte drang durch ihre Overalls und machte die Finger steif.

Brummelmanns Stimme dröhnte heiser aus der Sprechanlage: „Sie! Flandry! Zur Brücke!“

„Was?“ Er sprang auf. Persis eilte ihm nach, durch den Korridor und eine enge Treppe hinauf zum Oberdeck. Auf der Brücke stand Brummelmann, einen schweren Schraubenschlüssel in der Hand. Neben ihm hatte sich sein erster Maat mit einem Laserbrenner aufgepflanzt. „Hände hoch!“ knurrte der Kapitän.

Flandry gehorchte. Sein Magen krampfte sich zusammen. „Was — was soll das heißen?“ stammelte er.

„Lesen Sie das.“ Brummelmann hielt ihm eine Funkmeldung hin. „Sie Lügner, Sie Verräter! Dachten Sie, Sie könnten mich für dumm verkaufen?“

Flandry nahm das Blatt und überflog den Text:

Vizeadmiral Juan Enriques, kaiserlicher Oberkommandierender der Region Saxo. Dringende Meldung an alle Stationen und Schiffe:

Dominic Flandry, Fähnrich der kaiserlichen Marine, Mitglied der unter Leitung von seiner Exzellenz Graf Markus Hauksberg von Ny Kalmar nach Merseia entsandten Delegation, hat sich wegen der Verbrechen der Meuterei und des Diebstahls an einem regierungseigenen Raumfahrzeug zu verantworten… ist des Hochverrats verdächtig… Personenbeschreibung wie folgt… Haftbefehl an alle Organe der kaiserlichen und interstellaren Polizei ergangen… Flandry ist zu ergreifen und an seine Vorgesetzten auf Merseia auszuliefern… Sämtliche Schiffe, auch die unter der kaiserlichen Flagge, werden vor der Landung auf Starkad von merseiischen Inspektions-Kommandos durchsucht… Zivilpersonen werden aufgefordert, die nächste merseiische Behörde zu verständigen… Staatsgeheimnisse… auszuliefern…

Persis schloß die Augen. Alles Blut war aus ihrem Gesicht gewichen.

„Nun“, grollte Brummelmann, „was haben Sie dazu zu sagen?“

Flandry mußte sich anlehnen; er wußte nicht, ob seine Beine ihn länger tragen würden. „Ich… kann nur sagen… dieser Bastard Brechdan denkt an alles.“

„Und Sie haben gedacht, Sie könnten mich hereinlegen? Sie dachten, ich würde Ihre Verräterarbeit tun? Nein, nein, nein!“

Flandry blickte von ihm zum Maat und zu Persis. Seine Schwäche machte hilfloser Wut Platz, aber sein Gehirn arbeitete präzis. Er ließ die Hand mit der Meldung sinken. „Es ist wohl richtiger, wenn ich Ihnen die ganze Wahrheit sage.“

„Nein, ich will nichts hören. Ich will keine Geheimnisse.“

Flandry ließ seine Knie einknicken. Im Fallen riß er seine Strahlpistole aus dem Gürtel. Der Laserbrenner schoß einen blendend weißen, gebündelten Lichtstrahl über seinen Kopf. Wo er die Wand traf, begann diese sofort zu glühen. Das Feuer aus seiner eigenen Waffe setzte den Laserbrenner außer Gefecht. Der Maat heulte auf und ließ ihn fallen. Flandry erhob sich. „Lassen Sie den Schraubenschlüssel fallen“, sagte er.

Das Werkzeug klapperte auf den Boden. „Sie können nicht weg“, krächzte Brummelmann, während er sich über seinen Maat beugte, der sich vor Schmerzen krümmte und leise stöhnte. „Man hat uns schon ausgemacht. Wenn Sie uns zum Umkehren zwingen, holt uns ein Kriegsschiff ein.“

„Ich weiß“, sagte Flandry. „Hören Sie zu. Dies ist ein Mißverständnis. Graf Hauksberg ist getäuscht worden. Ich habe eine Geheiminformation, und sie muß zu Admiral Enriques. Von Ihnen möchte ich nichts anderes, als nach Starkad befördert zu werden. Dort werde ich mich unseren Leuten ergeben, aber nicht den Merseiern. Das kann Ihnen doch nichts ausmachen, Kapitän. Die Militärs in Highport werden mit mir tun, was die Regierung will. Wenn nötig, können sie mich an den Feind ausliefern. Aber nicht, bevor sie gehört haben, was ich zu sagen habe. Für Sie ist kein Risiko dabei, Kapitän. Sie müssen mir helfen.“

„Aber wir werden durchsucht.“

„Sie können mich verstecken. In einem Frachter wie diesem gibt es hundert geeignete Winkel. Wenn die Merseier keinen Grund haben, Sie zu verdächtigen, werden sie nicht überall suchen. Lassen Sie die Kontrolleure an Bord. Ich werde mich unter der Ladung verstecken, irgendwo.“

Brummelmann kratzte sich den Nacken.

„Die Alternative ist, daß ich das Kommando übernehme und Sie einsperre.“

Brummelmann lachte rauh. „Das würde Ihnen nicht viel helfen.“

Ich habe die Oberhand, dachte Flandry, und es nützt mir nichts. Was soll ich tun?

Persis bewegte sich auf den Kapitän zu. „Über mich steht in der Meldung kein Wort“, schnurrte sie. „Und ich habe keine Lust, tagelang in einem dunklen Loch zu sitzen.“

„Sie sind nicht an Bord registriert. Die Kontrolleure werden die Besatzungsliste durchsehen.“

„Und wenn Sie mich registrierten?“

Neue Hoffnung wurde in Flandry wach. „Sehen Sie“, sagte er. „Es lohnt sich, wenn Sie mich verstecken.“

„Ich — aber…“ Brummelmanns Blick wanderte zu Persis. „Oh, ho, ho! Das ist allerdings was anderes! Darüber läßt sich reden.“ Er schob seine haarige Pranke um ihre Taille und zog sie näher. Persis warf Flandry einen Blick zu, den er am liebsten gleich wieder vergessen hätte.

* * *

Er kroch aus der Kiste. Im Laderaum war es stockfinster. Die Helmlaterne seines Raumanzugs warf einen dünnen Lichtkegel, dem er nachgehen konnte. Langsam und unbeholfen kletterte er über Säcke und Kisten zur Tür.

Im Schiff war es still. Die gedrosselte Maschine brummte. Ventilatoren rauschten. Das Schiff mußte sich bereits in einer Umlaufbahn um Starkad befinden und wartete anscheinend auf die Landegenehmigung. Er hatte überlebt. Die Merseier waren nur Meter an seinem Versteck vorbeigekommen; er hatte sie sprechen hören können. Aber dann waren sie gegangen, und die „Rieskessel“ hatte von neuem beschleunigt. Es mußte Persis gelungen sein, den Kapitän bei Laune zu halten; wie, daran mochte er nicht denken.

Er öffnete die Tür und spähte vorsichtig hinaus. Der Korridor lag leer vor ihm. Aus dem Vorschiff, wo die Mannschaftsquartiere lagen, erklang eine quarrende, nichtmenschliche Musik, einem Froschkonzert nicht unähnlich. Kapitän Brummelmann schien es mit der Landung nicht eilig zu haben, und seine Besatzung benützte die Gelegenheit zum Faulenzen.

Flandry stahl sich durch den Korridor zum nächstbesten Beiboot, erreichte ungesehen die Schleusenkammer und kroch in die Pilotenkanzel. Dann schloß er den Helm. Die Pumpen sogen fauchend Luft aus der Schleusenkammer. Sobald er den Einstieg des Beiboots verriegelt hatte, öffnete sich das äußere Schleusentor selbsttätig.

Der Raum mit seinen Myriaden Sternen glitzerte vor ihm. Er ließ das Boot mit der geringsten Beschleunigung aus der Kammer gleiten. Starkad hing wie eine immense dunkle Scheibe unter ihm. Allmählich verstärkte er die Schubkraft und schoß in weiten Spiralen abwärts. Die Geographie des Planeten war klar in seiner Erinnerung. Er würde keine Schwierigkeit haben, Ujanka zu finden — Ujanka, die Stadt, die er gerettet hatte.

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