Nachwort

Er hatte gehört, daß Ned den Krieg nie überwunden hätte... Das traf auf viele Männer zu.

Larry McMurtry Lonesome Dove


Mit diesen letzten Absätzen fällt der Vorhang über der Nord-und-Süd-Trilogie, einem Projekt, das mich etwas länger als fünf Jahre beschäftigt hat.

Der erste Band, >Die Erben Kains<, behandelte die Vorkriegsperiode und bemühte sich, das langsame Wachsen des Konflikts sowie dessen zahlreiche Ursachen zu beleuchten. >Liebe und Krieg< drehte sich um den Krieg selbst, vier Jahre, die auf ewig unser nationales Bewußtsein zeichnen, die tiefe Narben hinterließen und schließlich die Phantasie der ganzen Welt erregten. Bis auf den heutigen Tag übt der Krieg eine magische Anziehungskraft auf Millionen aus. Er stellt eine einzigartige Kombination des Alten und des Neuen dar; erbarmungsloses Leiden und leuchtenden Idealismus. >Krieg ist die Hölle<, schnappte Onkel Billy Sherman, das Leid so treffend beschreibend. Der idealistische Aspekt wurde 1884 von Oliver Wendell Holmes charakterisiert. In Erinnerung an seine Kriegserlebnisse (Captain, 20th Massachusetts) sagte er: »Wir hatten das große Glück, daß in unserer Jugend ein Feuer in unseren Herzen brannte. Wir lernten dadurch von Anfang an, daß das Leben eine unergründliche, leidenschaftliche Sache ist.«

In den vier Kriegsjahren ging mit unserem Land ein apokalyptischer Wandel vor. Als Fußnote ist es für mich recht interessant, daß bis jetzt noch niemand meine Metapher für diesen Wandel - die Pferde - in >Liebe und Krieg< identifiziert hat. Bilder von Pferden tauchen ständig in dem Roman auf. Direkt nach dem Prolog wird ein geschmeidiges, schwarzes Pferd gezeigt, das über eine sonnenhelle Weide galoppiert. Im letzten

Bild tun sich Bussarde an den Überresten eines schwarzen Pferdes gütlich, das neben einer Eisenbahnlinie liegt.

In >Himmel und Hölle< richtete ich das Augenmerk nach Westen, weil meiner Meinung nach die Verschiebung der historischen Ereignisse das verlangte. Gleichzeitig wollte ich einige Details der sich in vollem Gang befindenden Bürgerrechtsrevolution bringen, im allgemeinen >radikaler Wiederaufbau< genannt, die in den Jahren unmittelbar nach dem Bürgerkrieg gewonnen und gleich wieder verloren wurde. Historiker bezeichnen meist das Jahr 1876 als das letzte Jahr der Wiederaufbauphase, das mit der >Befreiung< - soll heißen: der Rückkehr zu einer demokratischen, nur aus Weißen bestehenden Staatsregierung - in South Carolina zusammenfällt, dem letzten der zu >befreienden< Südstaaten, was in diesem Fall durch den sogenannten Mississippi-Plan geschah. In dem Staat, in dem alles begann, in dem John Calhoun seine Nichtigkeitsdoktrin vortrug, endete es auch wieder.

In den 1860er Jahren waren wir als Volk einfach noch nicht fähig, Demokratie zu praktizieren. Als Andrew Johnson während seiner >Goodwill-Tour< seinem Publikum in Cleveland sagte, sie sollten in Ohio erst mal vor der eigenen Tür kehren, bevor sie den Süden attackierten, wurde er ausgepfiffen und ausgebuht. Selbst viele erklärte Nordstaatenrepublikaner - literarische Männer wie John William DeForest vom Büro für befreite Negersklaven und der Journalist Whitelaw Reid - konnten eine gewisse gönnerhafte Herablassung gegenüber den >Schwarzen< nicht aus ihrer Prosa heraushalten. Ihre Werke sind voll von rassischen Stereotypen. Reid schreibt: >Wer hat nicht die tiefen, feuchten Kuhaugen des Südstaatennegers bewundert?< und >Die Elfenbeinzähne, die hier sichtbar wurden, hätten einen Zahnarzt zur Raserei gebrachte Trotz Lincoln, trotz der Radikalen, trotz der Verfassungszusätze blieb das weiße Amerika nach dem Krieg rassistisch.

Die Geschichte des Wiederaufbaus ist wichtig für das moderne Amerika. Im Januar dieses Jahres, als ich die letzte Fassung durch den Computer laufen ließ, tobte Rassengewalt im Forsyth County, Georgia. Teilnehmer an einem Friedensmarsch wurden vom weißen Mob bedroht, bloß weil sie schwarz waren. Die Lektion, die uns die Geschichte lehrt, ist manchmal eine traurige Lektion: daß wir unfähig sind, aus der Vergangenheit zu lernen, und sie endlos wiederholen müssen, wie Santayana warnte.

Als ich über den Wiederaufbau schrieb, wollte ich keineswegs eine andere Gruppe beiseite lassen, die eine entscheidende Rolle in diesem Roman spielt. Ich meine die ursprünglichen Einwohner dieses Landes, die eingeborenen Indianer. Während der hier geschilderten Zeitspanne wurden sie schließlich von ihrem Land vertrieben und sehr wirkungsvoll jeglicher Möglichkeit beraubt, am politischen Prozeß teilzunehmen, durch etwas, was wir heute als >Völkermord< bezeichnen. Die Indianer stellen nicht das ethnische Hauptthema in >Himmel und Hölle< dar, doch ich habe keineswegs beabsichtigt, ihnen lediglich ein historisches Achselzucken zukommen zu lassen. Die Tragödie der Indianer würde ich gern in einem späteren Buch ausführlicher behandeln.

Selbstverständlich soll dieses Buch ebenso wie die beiden vorausgegangenen Romane vor allem eine Geschichte erzählen und erst in zweiter Linie Historie sein (obwohl ich wie stets nie wissentlich um der Handlung willen historische Fakten verfälscht habe). Einige der historischen Aspekte dieses Romans bedürfen jedoch eines kurzen Kommentars.

Ich fand es schwierig, über den Ku-Klux zu schreiben. Aus der Sicht der Opfer des Klans wirkten die Kapuzenmänner erschreckend und furchteinflößend. Doch es fällt schwer, hundert Jahre alte Fotos von mit Bettlaken behängten Klansmännern zu betrachten oder ihre pompösen Handzettel und Zeitungsankündigungen zu lesen, ohne zu lächeln. Diese Dualität eignet sich nicht zum Geschichtenerzählen, und ich bin mir nicht sicher, ob ich die Aktivitäten des Klans objektiv eingefangen habe. Ich möchte dem Leser jedoch versichern, daß die in diesem Buch vorkommenden Rituale und die zitierten Fragmente nicht von mir erfunden wurden; sie sind authentisch. General Nathan Bedford Forrest gründete nicht den Klan, doch man ist sich allgemein einig darüber, daß er für einige Jahre die Rolle des Reichshexenmeisters bekleidete, bis die Gewalttätigkeiten außer Kontrolle gerieten und er öffentlich die Auflösung des Klans anordnete.

Bis auf den heutigen Tag prallen die Meinungen über General George A. Custer hart aufeinander. Man kann sagen, daß Cus-ter ein guter oder zumindest erfolgreicher Soldat war. Er ver-zeichnete eine erstaunliche Anzahl von Siegen mit der Unionsarmee. Bei einigen seiner Männer löste er eine unglaubliche Loyalität aus (bei anderen fanatischen Haß; dies war auch das Problem in der Siebten Kavallerie von dem Augenblick an, da er zu dem Regiment stieß, bis zu dem Zeitpunkt, wo er es am Little Big Horn in die Katastrophe führte).

Meine Interpretation von Custer ist zugegebenermaßen persönlich. Ich finde zu viele negative Punkte. Seine Eitelkeit war überwältigend, genau wie die seiner Frau. Es gibt keine Entschuldigung für seine Weigerung, das Kommando über schwarze Soldaten in der Neunten Kavallerie zu übernehmen. Seine Bestrafungen waren drakonisch, häufig illegal, und viele seiner Abenteuer im Feld waren tollkühn oder entstanden aus persönlichen Beweggründen; der schnelle Abstecher zu seiner Frau Libbie, der ihn vor das Kriegsgericht brachte, ist ein gutes Beispiel dafür. Was ihn am stärksten in Mißkredit bringt, ist der Washita - die Schlacht oder das Massaker, je nachdem, auf welche Angaben man sich stützt. Washita birgt für mich gewisse Aspekte, die eine gespenstische Ähnlichkeit mit Vietnam aufweisen. Eine frustrierte Armee, die Guerillakämpfern gegenüberstand, gegen deren unkonventionelle Taktiken sie kein Mittel fand, stürmte ein Dorf und vernichtete es völlig - Männer, Frauen, Kinder - aufgrund der Theorie, daß auch kleine Jungs die Waffen gegen ihren Feind erheben könnten (was offenbar gelegentlich auch geschah).

Wahrscheinlich wird man mich verdächtigen, romantische Vorstellungen über die Taten der Soldaten von Griersons Zehnter Kavallerie zu hegen. Ich plädiere auf nicht schuldig. Die Armee bot bei diesen schwarzen Kavalleristen die erste offizielle Gelegenheit, aus ihrem elenden Leben in den Städten des Nordostens herauszukommen, und sie machten sich diese Chance zunutze. Die militärischen Sachverständigen sind sich mit dem Autor George Walton einig, der über das Zehnte Regiment sagte: »Die Soldaten ... entwickelten einen Esprit de Corps, der in der Armee der Vereinigten Staaten fast ohne Beispiel ist ... die Desertationsrate, stets ein Gradmesser der Moral, wurde zur niedrigsten in der Militärgeschichte.« Anfangs widerstrebende weiße Offiziere kommandierten nach und nach das Zehnte Regiment voller Stolz. John Pershing erhielt seinen Spitznamen, Black Jack, während seiner dortigen Dienstzeit.

Obwohl Trompeten und Hörner vollkommen verschiedene Instrumente sind, wurde das von der Armee in den Jahren 1865-70 ignoriert. Zu dieser Zeit sprach man ganz allgemein von >Trompetensignalen<. Ich habe allerdings noch nie von einem Kavalleristen gehört, der in vollem Galopp an den Ventilen herumgefummelt hätte. Mit anderen Worten, in dieser Zeit bliesen die Trompeter in Signalhörner, wurden aber nichtsdestoweniger als Trompeter bezeichnet.

Zum Schluß verdient noch Henry Ossian Flipper Erwähnung. Flipper, West Point Jahrgang 1877, war der erste schwarze Absolvent der Militärakademie, der erste schwarze Offizier im Zehnten Regiment, und damit auch der erste schwarze Offizier der regulären Armee. Er wurde 1856 als Sklave in Georgia geboren und absolvierte West Point trotz buchstäblicher Ächtung. »Für mich gab es keinerlei gesellschaftlichen Umgang«, schrieb er. »Keine Freunde, weder männlich noch weiblich; meine Isolation war absolut und vollständig.« Doch Flipper hielt trotz herzzerreißender Schwierigkeiten durch, so wie nach ihm viele schwarze Soldaten, was man ihnen hoch anrechnen muß.

Und nun habe ich zu danken.

Wenn nicht anders angegeben, stammen die Schlagzeilen, Depeschen und Annoncen aus der >New York Times<. Den >Pur-purtraum< der Konföderation, eine schöne Metapher, die ich übernommen habe, hat Samuel Eliot Morison kreiert.

Eine Anekdote des Historikers Robert West Howard inspirierte mich zu den >Fenway-Klavieren<.

Colonel John W. DeForest, den ich bereits erwähnte, hat während seiner Dienstzeit in South Carolina eines der wichtigsten Zeugnisse jener Jahre niedergeschrieben. Ich habe großzügigen Gebrauch von seinem A Union Officer in the Reconstruction gemacht, als ich Madelines Journal entwarf.

Bei der Beschaffung von DeForests Werk und von so vielen anderen Büchern, Zeitungen und Zeitschriften muß ich zuerst dem unendlich hilfsbereiten Personal der Greenwich Public Library danken. Ich bin seit Jahren ein heftiger Benutzer von Bibliotheken, doch eine so hervorragende habe ich in einer Stadt von vergleichbarer Größe nie gefunden.

Die Bibliothek auf Hilton Head Islands hat mit der ihr gemäßen Sorgfalt gearbeitet; besonders danke ich hier Ruth Gaul und Sharon Lowery. Die Bibliothekare in South Carolina sind so enthusiastisch wie die in Connecticut, nur haben sie sehr viel weniger Geld zur Verfügung. Die Mehrheit der Politiker scheint Tourismus und Fußball wichtiger zu finden als Bildung. Die Bibliothekare machen das Beste aus ihrer beklagenswerten Situation.

Robert E. Schnare von West Point hat mich wiederum mit Unterlagen versorgt. Weitere wichtige Dokumente kamen von der Tennessee State Library. Für Spezialforschungen bekam ich Hilfe von meinem Freund Ralph Dennler, meinem Sohn Michael Jakes, meinem Schwiegersohn Michael Montgomery und meiner Frau.

Ebenso danke ich Bill Conti. Al Kohn von Warner Bros. Records und Auriel Sanderson, Vizedirektorin der David L. Wol-per Organization.

Wie immer trage ich die ausschließliche Verantwortung für auffällige Fehler und für sämtliche Meinungen, die in diesem Band geäußert werden.

>Himmel und Hölle< beschließt eine Trilogie, die mit einem knappen Konzept und mit großem Glauben gestartet wurde. Ich danke in dieser Hinsicht Bill und Peter Jovanovich und allen anderen Verlagsmitarbeitern, die ich im Laufe dieses Projekts kennenlernte. Dabei denke ich besonders an Rubin Pfeffer, Willa Perlman, meine großartige Lektorin, Julian Muller und seine tüchtige und freundliche rechte Hand, Joan Judge.

Durch Harcourt Brace Jovanovich habe ich Paul Bacon getroffen, dessen wirkungsvolle Schutzumschläge meiner Trilogie zu Aufmerksamkeit verholfen haben, wie Tausenden von anderen Büchern auch. Paul ist ein Spitzenmann in seinem Fach; durch die Trilogie sind wir nicht nur Freunde geworden, sondern wir arbeiten jetzt auch gemeinsam an einem Kinderbuch.

Frank R. Curtis, Esq., mein Anwalt und Freund, bleibt für mich eine Quelle der Kraft und ein weiser Berater. In England haben mich meine Agentin June Hall und Ian und Marjorie Chapman von Collins Publishers unermüdlich ermutigt.

Einige Bücher sind einfach zu schreiben, andere sind es nicht. Dieses gehörte zu den letzteren, was nichts mit dem Schreiben an sich zu tun hatte. Als ich mitten in der Konzeptionsarbeit steckte, starb meine Schwiegermutter Nina an einer qualvollen Krankheit. Sie war eine liebenswerte, mutige Frau, von kleinem Körperbau, aber groß im Geist. Sie wurde in einer konservativen, ländlichen Kleinstadt in Illinois geboren und verbrachte dort den größten Teil ihres Lebens. Sie war nicht nur eine tüchtige Mutter, sondern auch eine Verfechterin der Rechte für Schwarze und Frauen, und zwar lange bevor es Mode wurde. Sie stand mir stets bei, vor allem auch in einer schwierigen Zeit, in der es viele nicht taten. Ich liebte sie von ganzem Herzen, und ihr Tod im Oktober 1986 war ein schmerzvoller Verlust für uns.

Ein anderer Schicksalsschlag traf mich unmittelbar vor Abschluß dieses Buches. Letzten Freitag starb meine Mutter. Sie starb einen ganz andern Tod als Nina, war sie doch drei Jahre lang hospitalisiert gewesen und hatte ihre Umgebung während des letzten Jahres nicht mehr wahrgenommen. Sie war 91 Jahre alt, doch das mildert den Verlust nicht.

Schließlich wäre nichts ohne meine Frau Rachel denkbar gewesen, ganz sicher nicht dieses Werk. Ihr verdanke ich alles, und ich werde immer in ihrer Schuld stehen.


John Jakes


Greenwich, Connecticut, und

Hilton Head Island, South Carolina

7. August 1986/30. März 1987

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