KAPITEL 31

Sie zielte mit der Klinge auf Robbins' Brust. Er saß auf dem Boden. Es hätte einfach sein sollen.

Doch in den wenigen Schritten, die sie machte, um ihn zu erreichen, hechtete Neala auf ihre Beine zu, während Sherri zum Kamin huschte und Robbins sich zurückfallen ließ, Cordelia trat Nealas Arme beiseite und stürzte sich auf Robbins. Sein Bein schwang hoch. Die Klinge traf es. Er schrie vor Schmerz auf und warf sich zur Seite. Der Säbel hatte sich im Hosenbein seiner Jeans verheddert. Er wurde ihr aus der Hand gerissen.

Sherri schlug mit dem Schürhaken nach ihrem Kopf. Cordelia wehrte den Hieb mit dem Unterarm ab. Neala, die ausgestreckt auf dem Boden lag, packte ihr linkes Bein und biss ihr in die Wade. Als sie sich von Neala losriss, schlug Sherri erneut zu. Die schwarze Spitze des Schürhakens schnellte an ihren Augen vorbei, verfehlte sie nur knapp. Sie


drehte sich herum und ergriff die Flucht. An der Tür sauste der Schürhaken von oben herab und schlitzte über ihren Rücken. Cordelia rannte auf das Meer der Kreuze zu, dicht gefolgt von Sherri. Der Schürhaken zischte durch die Luft. Verfehlte sie. Ein Schädel grinste sie an. Sie duckte sich unter dem Querbalken hindurch, ließ sich auf die Knie fallen und kroch weiter.

Cordelia schaute über die Schulter zurück. Sherri war stehen geblieben.

Neala tauchte mit dem Gewehr an der Tür auf. Sie zielte und feuerte. Erde und Zweige stoben neben Cordie vom Boden auf.

Sie taumelte vorwärts, pflügte durch ein Dutzend Kreuze, bevor ein weiterer Schuss die Stille zerriss. Cordelia warf sich zu Boden.

Etwas lag unter ihrem Bauch. Ohne hinzusehen, wusste sie, was es sein musste. Stöhnend rollte sie sich davon herunter. Ihr Rücken stieß gegen einen Pflock.

Sie erstarrte.

Nichts kippte um.

Keuchend lag sie auf der Seite. Sie konnte immer noch die Berührung des Dings fühlen, auf das sie gefallen war. Cordie presste die Augen zu und fasste hinab. Mit dem Handrücken schlug sie es weg.

Dann legte sie sich flach hin und wartete auf den nächsten Schuss.

Es kam keiner.

Schließlich schaute sie zurück. Sherri und Neala waren verschwunden.

Sie stemmte sich auf die Hände und Knie. Vor ihr warteten jenseits des Meers der unzähligen Kreuze die Krulls. Sie schwiegen. Alle schienen sie zu beobachten.

Cordie erinnerte sich an Grars Warnung. Verrätst du uns,

so wird dein Tod schrecklicher sein, als du es dir in Alb- träumen auszumalen vermagst.

Hier können sie mich nicht kriegen, dachte sie.

Sie sackte zurück auf den Boden und bettete das Gesicht auf den Arm, der einen Bluterguss von dem Schürhaken aufwies. Cordie schloss die Augen. Der Boden fühlte sich trotz der kratzigen Zweige und des Unkrauts gut unter ihr an.

Sie würde hierbleiben.

Obwohl der Wind lau wehte, briet die Sonne ihren Rücken förmlich. Schweiß kullerte ihr über die Haut. Manchmal spürte sie das Kitzeln von Insekten. Trotzdem rührte sie sich nicht. Es würde wehtun, sich zu bewegen. Und es würde nichts bringen, denn der Hitze und den Insekten konnte sie nicht entkommen.

Ebenso wenig wie den Schmerzen.

Oder den Krulls.

Nein, so konnte sie den Krulls entkommen.

Nur so.

Nur ...

Dann verschwand die schreckliche Hitze. Sie öffnete die Augen und sah, dass die Dämmerung angebrochen war.

Viele der Krulls waren verschwunden, viele waren ge­blieben.

Wenn es ganz dunkel wäre, könnte sie vielleicht...

Nein.

Wenn sie wegliefe, würden die Krulls sie finden.

Und ihr unaussprechliche Dinge antun. Verrätst du uns, so wird dein Tod schrecklicher sein, als du es dir in Albträumen auszumalen vermagst.

Sie senkte den Kopf und schloss die Augen.

Das ist ein guter Ort.

Ein guter Ort.

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