Ein lächerliches Fahrzeug. Ausflug im Gummiboot. Gnadenlose Trift hinaus ins Unendliche. In einer Bambushütte mitten auf dem Ozean. Auf dem Längengrad der Osterinsel. Das Geheimnis der Insel. Riesengötter und Steinkolosse. Perücken aus rotem Fels. Die Technik der »»Langohren«. Verbindungen mit Amerika. Sprechende Ortsnamen. Tauziehen mit Haifischen. Haifang mit der Faust. Der Papagei. LI2B ruft. Der Sternenkompaß. Drei rätselhafte Wogen. Sturm. Blutbad in der See. Blutbad an Deck. Mann über Bord. Noch ein Sturm. » Kon-Tiki« wird schlotterig. Erste Botschaft aus Polynesien.
Wenn die See nicht allzu wild war, paddelten wir oft mit dem winzigen Gummifloß hinaus, um von draußen zu fotografieren. Niemals werde ich den ersten von unseren Schlauchbootausflügen vergessen. Das Meer war so ruhig, daß zwei Mann Lust bekamen, das ballonartige kleine Ding aufs Wasser zu setzen und damit ein Stück hinaus in die Wogen zu rudern. Sie waren kaum vom Floß abgestoßen, als sie die kleinen Ruder schon ausließen und brüllend zu lachen begannen. Und als die Wellen sie davontrugen, so daß sie, auf und nieder geschaukelt, immer wieder hinter den Kämmen verschwanden, da platzten sie erst richtig los, sooft sie einen Blick von uns erhäschen konnten, und lachten so, daß es weit hinaus über den offenen Pazifik schallte. Wir auf dem Floß blickten mit gemischten Gefühlen um uns und konnten nichts Komisches entdecken außer unseren eigenen zerzausten und bärtigen Gesichtern. Die aber mußten die zwei da draußen eigentlich schon gewohnt sein, so daß uns der schleichende Verdacht befiel, sie hätten am Ende wohl den Verstand verloren. Vielleicht ein Sonnenstich? Vor Lachen hatten die beiden erkleckliche Mühe, zurück zur »Kon-Tiki« zu rudern. Sie blieben uns jede Erklärung schuldig. Sich schier verschluckend und mit Tränen in den Augen forderten sie uns kurzerhand auf, erst einmal selber das Floß von draußen zu begucken.
Zwei von uns anderen sprangen in das tanzende Schlauchboot und wurden sofort von einer Woge ergriffen, die uns davontrug. Bums, setzten auch wir uns nieder und lachten schallend los. Nun mußten wir so rasch wie möglich zurück zum Floß paddeln, um auch die beiden letzten zu beruhigen, die noch nicht draußen gewesen waren. Sie meinten schon allen Ernstes, wir wären alle miteinander vollständig übergeschnappt.
Wir selber waren es und unser eigenes stolzes Fahrzeug, das uns einen so vollständig hoffnungslosen und blödsinnigen Anblick bot, als wir das Ganze zum ersten Mal aus größerem Abstand sahen. Wir hatten uns auf offener See bisher noch nie von »außerhalb« betrachtet. Die Stämme verschwanden bereits unter den kleinsten Wellen. Zu sehen war eigentlich nur die niedrige Hütte mit der breiten Türöffnung und dem zerzausten Blätterdach, die immer wieder aus den Wogen auftauchte. Das sah genauso aus, als würde eine alte norwegische Scheuer hoffnungslos und verloren auf dem offenen Meer herumtreiben, eine windschiefe Heuhütte, voll von sonnverbrannten und bärtigen Lazzaronis. Wenn jemand in einer Badewanne dahergepaddelt wäre, so hätte uns das nicht weniger spontan zum Lachen gereizt. Schon ganz gewöhnliche Wellen stiegen bis zur halben Höhe der Hüttenwand empor, und es sah aus, als müßten sie sich ungehindert in das weit offene Scheunentor hineinwälzen, wo die bärtigen Brüder lagen und glotzten. Aber da schwamm der gebrechliche Bau schon wieder oben auf dem Wasser, und die vier Landstreicher lagen noch immer so trocken, ruppig und unbeteiligt da wie zuvor. Kam eine größere Welle vorbeigerauscht, konnte es geschehen, daß Hütte, Segel und der ganze Mast hinter dem Wasserberg verschwanden. Aber mit unbeirrbarer Sicherheit war die Hütte mit den Landstreichern im nächsten Augenblick wieder obenauf. Das sah ja schlimm genug aus, und wir konnten es kaum fassen, daß es uns an Bord dieses Fahrzeuges bisher so gut gegangen war.
Als wir das nächste Mal hinausruderten, um zu einem gesunden Lachen über uns selbst zu kommen, wäre es um ein Haar schief gegangen. Wind und Wellen waren stärker, als wir angenommen hatten, und so glitt die »Kon-Tiki« weit rascher durch die Wogen, als uns klar war. Wir mußten ums Leben rudern, um mitten auf dem offenen Meer das unsteuerbare Floß wiederzugewinnen, das nicht halten und warten konnte und noch weniger wenden und zurückkommen. Wenn auch die Jungens auf der »Kon-Tiki« das Segel in aller Eile einholten, so drückte doch der Wind derart gegen das Hüttendach, daß das Balsafloß rasch gegen Westen trieb. Wir plantschten hinterdrein in dem tanzenden kleinen Schlauchboot mit den winzigen Spielzeugrudern und kamen bei aller Mühe nicht schneller vorwärts als das Floß. Nur ein Gedanke beherrschte uns: zurück zur »Kon-Tiki«! So durfte sich unsere Mannschaft nicht auflösen! Es waren unangenehme Minuten draußen auf dem Meer, bis wir das entlaufene Floß einholten und zu den anderen an Bord krochen, hinauf auf die Balsastämme, die unsere Heimstatt waren. Von diesem Tage an war es streng verboten, im Gummiboot hinauszuziehen, ohne eine lange Leine am Bug befestigt zu haben, so daß die anderen an Bord das Boot einholen konnten, wenn es notwendig war. Wir kamen deshalb nie weit vom Floß weg, außer der Wind war flau und der Stille Ozean wellte sich in schwachen Dünungen. Solche stille Tage aber hatten wir genug, als die »Kon-Tiki« mitten auf dem Pazifik trieb und das Meer nach allen Richtungen sich einförmig um die Erdkugel wölbte. Da konnten wir unbesorgt unsere Heimstatt verlassen und davonrudern, hinein in den blauen Raum zwischen Himmel und See. Wenn wir dann sahen, wie die Silhouette unseres Fahrzeuges immer kleiner und kleiner wurde und das Rahsegel schließlich zu einem winzigen, unbestimmbaren Viereck am Horizont zusammenschrumpfte, so beschlich uns da draußen manchmal das würgende Gefühl trostloser Verlassenheit. Endlos wölbte sich das Meer unter uns, blau wie der Himmel darüber. Und dort in der Ferne, wo beide zusammentrafen, floß das Blau des Himmels mit dem des Wassers zusammen. Beinahe hatten wir das Gefühl, im leeren Raum zu schweben. Die ganze Welt war leer und blau und kein einziger fester Punkt in ihr, außer der Tropensonne, die uns in den Nacken brannte, gelb und warm. Weit draußen am Horizont stand das Segel des einsamen Floßes und zog uns an wie ein magnetischer Punkt. Wir ruderten zurück und krochen an Bord. Hier fühlten wir uns daheim, in unserer eigenen Welt, und geborgen, auf sicherem und festem Boden. Drinnen in der Hütte fanden wir Schatten, den Geruch von Bambus und von welken Palmenblättern. Die sonnenerfüllte, blaue Reinheit da draußen wurde nun durch die offene Hüttenwand begrenzt und gemildert. So waren wir es gewohnt. So war es gut. Wenigstens eine Zeitlang, bis die blaue Ferne uns erneut verlockte.
Es war höchst eigentümlich, welch starke psychologische Wirkung die löcherige, kleine Bambushütte auf unser Gemüt hatte. Sie maß nicht mehr als acht mal vierzehn Fuß und war, um den Winddruck zu vermindern, so niedrig gebaut, daß wir unter ihrem First nicht aufrecht stehen konnten. Wände und Dach bestanden aus einem zusammengeknüpften, kräftigen Bambusgestänge und waren mit zähem Flechtwerk aus gespaltenem Bambus verschalt. Die grünen und gelben Sprossen und die Blattansätze, die vom Dachrand herunterhingen, gaben eine ganz andere Ruhe für das Auge als eine weiß bemalte Wand. Obwohl die Steuerbordlängswand zu einem Drittel offen war und auch Dach und Wände Sonne und Mond hereinließen, gab uns diese primitive Höhle doch ein weit größeres Sicherheitsgefühl, als weißgestrichene Schotten und verschalte Bullaugen es unter denselben Verhältnissen getan hätten. Wir versuchten, eine Erklärung für diese wunderliche Tatsache zu finden und kamen zu folgendem Ergebnis: Unser eigenes Bewußtsein war es schlechterdings nicht gewohnt, ein palmengedecktes Bambushaus mit der Vorstellung einer Seereise zu verbinden. Es bestand keine natürliche Harmonie zwischen dem großen, rollenden Meer und der kleinen, schattigen Palmenhütte, die zwischen den Wellen umherschwamm. Daher mußte entweder die Hütte inmitten des Meeres durchaus fehl am Platz erscheinen, oder die Wogen rund um die Hüttenwände mußten deplaciert wirken. Das zweite war denn auch der Fall, solange wir uns an Bord hielten. Vom Gummiboot aus gesehen, tauschten Wellen und Hütte ihre Rollen. Die Tatsache, daß die Balsastämme immer wie eine Möwe auf den Seen schaukelten und das Wasser am Heck durchließen, gab uns ein unerschütterliches Zutrauen zu dem trocken gelegenen Teil mitten auf dem Floß, wo die Hütte stand. Je länger die Reise dauerte, desto sicherer fühlten wir uns in unserer gemütlichen Höhle, und wir sahen auf die sich aufbäumenden Wogen, die an der Türöffnung vorbeitanzten, wie auf ein imponierendes Stück im Kino, das uns selber absolut nicht betraf. Wenngleich die offenstehende Wand nur fünf Fuß vom ungeschützten Floßrand entfernt war und nicht höher als eineinhalb Fuß über der Wasserlinie lag, so fühlten wir uns, als wären wir auf unserer Reise viele Meilen weit weg vom Meer entfernt. Augenblicklich waren wir in eine richtige Dschungelwohnung versetzt und geborgen vor den Gefahren des Ozeans, wenn wir nur durch die Tür hereinkrochen. Hier konnten wir uns auf den Rücken legen und in das merkwürdige Dach hinaufschauen, das sich wie Astwerk im Winde wiegte, und es uns bequem machen, während uns der Dschungelduft von rohem Holz, Bambus und welken Palmblättern umschmeichelte.
Manchmal ruderten wir mit dem Gummiboot in die Dunkelheit hinaus, um unsere Behausung auch einmal nachts von draußen zu besehen. Kohlschwarze Wogen türmten sich um uns auf allen Seiten, und eine blinkende Myriade von Sternen lockte ein schwaches Widerblinken vom Plankton auf der See. Die Welt war einfach, Sterne im Dunkel. Ob wir 1947 vor oder nach Christus schrieben, hatte plötzlich seine Bedeutung verloren. Einzig, daß wir lebten, fühlten wir tief und stark. Und uns wurde bewußt, daß die Menschen auch schon vor dem Zeitalter der Technik das gleiche empfunden und getan hatten- in einem noch tieferen Sinne als wir. Die Zeit hörte gleichsam auf zu existieren. Alles wahrhaft Seiende war, wie es immer gewesen und immer sein wurde. Wir waren untergetaucht in dem ewigen Gleichlauf des Geschehens, und nichts war um uns, als ein endloses und unberührtes Dunkel und die flimmernde Sternenwelt über uns. Vor uns in der Nacht hob sich die »Kon-Tiki« aus den Wogen, um wieder zu versinken, wenn schwarze Massen dahertrieben. Im Mondlicht umgab eine wunderliche Stimmung das Floß Schwere blanke Stämme mit Büscheln von Seegras, der viereckige, nachtschwarze Umriß des Wikingersegels eine zerfranste Bambushütte, vom gelben Licht einer Paraffinlampe am Heck bestrahlt. Das Ganze erinnerte eher an ein Bild aus einem Abenteurerbuch, als daß man es für nüchterne Wirklichkeit halten mochte. Ab und zu verschwand das Floß vollständig hinter den dunklen Wogen. Dann hob es sich wieder und zeichnete sich als scharfe Silhouette gegen den Sternenhimmel ab, während blinkendes Wasser von den Stämmen schäumte.
Wenn wir so die zeitlose Stimmung um das einsame Floß verspürten, dann hatten wir manchmal ganze Flottillen von solchen Fahrzeugen beinahe leibhaftig vor Augen, die sich fächerförmig gegen den Horizont verbreiterten, um die Möglichkeit, Land zu finden, zu vergrößern. So waren die ersten Menschen über das Meer gezogen. Gerüchte hatten von Inseln draußen im Stillen Ozean erzählt, und so segelte der Inka Tupak Yupanqui, der sich ganz Peru und Ecuador unterworfen hatte, noch knapp vor der Ankunft der Spanier auf einer Armada von Balsaflößen mit vielen tausend Mann hinaus übers Meer, um nach den Inseln zu suchen. Er fand zwei Eilande, von denen manche meinen, daß es die Galapagosinseln gewesen seien. Nach acht Monaten Fahrt glückte es ihm, mit seinen zahlreichen Ruderern zurück nach Ecuador zu gelangen. Viele Jahrhunderte früher waren Kon-Tiki und sein Gefolge sicher auf gleiche Weise übers Meer gezogen. Sie aber hatten keinen Grund, den Rückweg zu versuchen und ihn gegen Wind und Wogen zu erzwingen.
Oben: Ein Walhai auf dem Weg unter das Floß. Die Spitze der riesigen Rückenflosse ragt noch aus dem Wasser, und weit dahinter erhebt sich die Schwanzflosse in die Luft, während das Untier uns umkreist und dabei das Steuerruder aus dem Wasser hebt. Er ist mit seinen fünfzehn bis zwanzig Metern Länge der größte Fisch der Welt.
Unten: Walbesuch. Solchen bekommen wir öfter, und gegen die größten Exemplare erscheint das Floß jämmerlich klein. Manchmal begleiten sie uns viele Stunden. Aber wenn sie auch oft selbstbewußt blasend auf uns zusteuern, so tauchen sie dann doch im letzten Augenblick, und der Walrücken zieht friedlich unter uns hindurch.
Hau ruck! Das Tauwerk dehnt sich im Sturm und in der Tropensonne, und so müssen die Haltetaue oft nachgezogen werden.
Wenn wir dann wieder an Bord des Floßes sprangen, ließen wir uns oft im Kreis um das Paraffinlicht auf dem Bambusdeck nieder und sprachen über jene alten peruanischen Seefahrer, die fünfzehn Jahrhunderte vor uns gelebt hatten. Das Licht warf Riesenschatten von bärtigen Männern auf das Segel, und wir dachten an unsere Vorgänger, die weißen und bärtigen Männer aus Peru. Wir hatten sie in der Mythologie und Architektur den ganzen Weg entlang von Mexiko nach Mittelamenka und hinein in die Nordwestgegend von Südamerika bis nach Peru verfolgen können. Ihre Bauwerke blieben und eine Fülle von Legenden, wahrend ihre geheimnisvolle Kultur wie mit einem Zauberschlag beim Kommen der Inkas verschwand, um ebenso plötzlich von neuem aufzutauchen auf den einsamen Inseln im Stillen Ozean, denen wir uns näherten. Waren diese wunderbaren Lehrmeister der Inkas ein Kulturvolk aus den Mittelmeerländern, das einmal in der Vorzeit auf dieselbe einfache Weise sich mit dem Passatwind und einer nach Westen gehenden Meeresströmung von den Kanarischen Inseln bis zum Golf von Mexiko durchgeschlagen hatte? Wir glaubten nicht mehr an die Rolle des Meeres als vollkommener Isolator. Viele Forscher haben mit gewichtigen Gründen behauptet, daß die großen Indianerkulturen von den Azteken in Mexiko bis zu den Inkas in Peru nach plötzlichen Impulsen aus dem Osten her über das Meer entstanden seien, während alle gewöhnlichen Indianerstämme Jäger- und Fischervölker asiatischer Herkunft sind, die im Laufe von zwanzigtausend oder noch mehr Jahren von Sibirien nach Amerika einsickerten. Es ist ja auch augenfällig genug, daß man keine Spur einer allmählichen Entwicklung in den Hochkulturen finden kann, die sich einst von Mexiko bis nach Peru erstreckten. Je tiefer die Archäologie hinuntergräbt, desto höher wird das Kulturniveau. Schließlich gelangt man zu einem bestimmten Punkt, an dem die alten Kulturen ersichtlich eingesetzt haben müssen - ohne Übergang, inmitten von primitiven Stämmen.
Und diese Kulturen sind gerade dort aufgetreten, wo die Strömung vom Atlantik hereinkommt, mitten in Amerikas so erschlaffenden Wüsten- und Dschungelgegenden, statt in den gemäßigten Zonen, wo Kulturen - damals wie heute - leichtere Entwicklungsbedingungen haben.
Dasselbe wiederholte sich auf den Südseeinseln. Es ist das Peru am nächsten gelegene Eiland, die Osterinsel, das die tiefsten Spuren dieser Kultur trägt, obwohl diese Insel wasserarm und nicht fruchtbar ist und von allen Inseln im Stillen Ozean am weitesten von Asien entfernt liegt.
Als wir die halbe Reise hinter uns hatten, waren wir so lange gesegelt, wie man von Peru zur Osterinsel braucht. Nun hatten wir das sagenumsponnene Eiland genau im Süden. Wir waren von einem ganz beiläufigen Punkt mitten an der Küste Perus in See gestochen, da wir den Weg eines Durchschnittsfloßes nehmen wollten, das von Land trieb. Hätten wir das Festland weiter südlich verlassen, näher an der Ruinenstadt Kon-Tikis, Tiahuonaco, dann hätte uns zwar derselbe Wind ergriffen, aber eine schwächere Strömung, die uns in Richtung auf die Osterinsel getrieben hätte.
Als wir den 110. Grad westlicher Länge passierten, waren wir in polynesischen Gewässern. Denn die Osterinsel lag jetzt näher an Peru als unsere eigene Position, und wir waren auf gleicher Höhe mit diesem ersten Vorposten der Südseeinseln, dem Zentrum der ältesten polynesischen Kultur. Wenn unser glühender Wegweiser, die Sonne, vom Himmel herabstieg und mit der ganzen Farbenpracht des Regenbogens hinter dem Meer im Westen verschwand, dann blies der milde Passat Leben in unsere Gespräche über das seltsame Mysterium der Osterinsel. Der Nachthimmel löschte jeden Zeitbegriff aus, und aufs neue geisterten die Riesenschatten unserer bärtigen Köpfe über das Segel. Aber weit unten im Süden auf der Osterinsel standen noch größere Riesenköpfe, in Stein gemeißelt, mit spitzbärtigem Kinn und mit den Zügen des weißen Mannes, und sannen über dem Geheimnis der Jahrhunderte. So standen sie bereits da, als die ersten Europäer im Jahre 1722 die Insel entdeckten. Und so hatten sie damals durch zweiundzwanzig polynesische Generationen gestanden, als die jetzige Bevölkerung mit ihren Kriegskanus dort landete und alle erwachsenen Männer dieses rätselhaften Kulturvolkes auf der Insel ausrottete. Seit damals thronten Götterbilder auf der Osterinsel als gewaltige und ungelöste Symbole einer vorzeitlichen Mystik. Auf den Abhängen rund um die baumlose Insel ragten sie in den Himmel, Steinkolosse, aus einem einzigen Block prächtig ausgemeißelt als menschliche Gestalten, und so hoch wie ein drei- bis vierstöckiges Haus. Wie konnten diese Menschen der Vorzeit solche gigantischen Steinbilder schaffen, transportieren und aufrichten? Aber nicht das allein. Wie hatten sie es vermocht, zwölf Meter über dem Boden noch einen besonderen riesigen Block aus rotem Stein als kolossale Perücke auf viele der Köpfe zu türmen? Was war der Sinn? Und welche Art technischer Möglichkeiten hatten die verschwundenen Bildhauer gehabt? Sie meisterten Probleme, die groß genug wären für die besten Ingenieure von heute.
Wenn wir einmal zusammentragen, was das alte Kulturvolk an Spuren und Beweisstücken hinterlassen hat, die die Zeit nicht völlig zu zerstören vermochte, so ist das Geheimnis der Osterinsel vielleicht doch nicht unlösbar, sobald man sich die Möglichkeit einer Verbindung mit Peru durch Flöße vor Augen hält.
Die Osterinsel ist der Gipfel eines uralten, längst erkalteten Vulkans. Gepflasterte Straßen, von diesem alten Kulturvolk angelegt, führen noch zu den guterhaltenen Landungsplätzen an der Küste und zeigen damit, daß der Wasserstand rund um die Insel genauso war, wie er heute noch ist. Wir haben es hier keinesfalls mit dem Rest eines versunkenen Kontinents zu tun, sondern mit einer kleinen öden Insel, die, als sie mitten im Stillen Ozean das Zentrum einer blühenden Kultur beherbergte, genauso öde und einsam war, wie sie es heute noch ist.
Mitten auf dieser kegelförmigen Insel liegt der erloschene Krater, und dieser enthält nun die erstaunlichen Steinbrüche und Werkstätten der Bildhauer. Alles liegt hier noch genauso, wie die Steinmetze und Architekten es vor vielen hundert Jahren verließen, als sie Hals über Kopf an die Ostspitze der Insel flohen, wo, wie die Sage berichtet, die Neuankömmlinge sie stellten und alle, Mann für Mann, niedermachten. Der plötzliche Abbruch ihres Werkes gibt einen deutlichen Querschnitt durch einen gewöhnlichen Arbeitstag im Krater der Osterinsel. Die flintharten Steinäxte der Künstler liegen ringsum auf dem Arbeitsplatz verstreut und zeigen, daß dieses Kulturvolk genauso wenig vom Eisen wußte wie die Bildhauer Kon-Tikis, als sie von Peru vertrieben wurden und ebensolche riesenhafte Steinstatuen auf dem Andenplateau hinterließen. Auf der Osterinsel wie in den Anden kann man die Steinbrüche finden, wo das weiße und bärtige Volk der Legende zwölf Meter lange Steinblöcke aus dem massiven Fels herausgeschlagen hat, nur mit Hilfe von Beilen aus noch härterem Stein. Und in beiden Gegenden wurden die Riesenblöcke, die viele Tonnen wogen, viele Kilometer weit über schwieriges Terrain transportiert, bevor sie als ungeheuerliche Menschenfiguren aufgerichtet oder zum Bau von gigantischen Terrassen und Mauern aufeinandergetürmt wurden.
Viele halbfertige Riesenstatuen liegen noch heute so, wie sie begonnen wurden, in ihren Höhlungen in der Kraterwand der Osterinsel und zeigen, wie die Arbeit in den verschiedenen Stadien vor sich ging. Die größte Menschenfigur, die fast fertig war, als die Künstler flüchten mußten, hatte eine Länge von zweiundzwanzig Metern, und wäre sie fertig aufgestellt worden, hätte dieser Koloß mit seinem Kopf in die Höhe eines achtstöckigen Hauses emporgereicht. Jede einzelne Figur wurde aus einem einzigen zusammenhängenden Block gehauen, und die Arbeitsplätze der Bildhauer rund um die liegende Figur verraten, daß es nur wenige waren, die gleichzeitig an ihr arbeiteten. Auf dem Rücken liegend, die Arme gebeugt und die Hände unter der Brust gefaltet, genau wie die Steinkolosse in Peru, wurden die Osterinselfiguren in jedem kleinsten Detail vollendet, bevor sie aus der Werkstatt geholt und zu ihrem Bestimmungsort irgendwo auf der Insel transportiert wurden. Im letzten Stadium hing der Riese nur mehr entlang eines schmalen Kieles unter dem Rücken am Berg fest, und auch dieser wurde weggeschlagen, während der Riese mit Rollsteinen aufgeblockt wurde.
Viele dieser Figuren wurden nur auf den Boden des Kraters geschafft und dort im Abhang aufgestellt, aber eine Anzahl der größten Kolosse wurde über die Wände hinaufgezogen und viele Kilometer weit durch schwieriges Gelände transportiert, bevor sie auf einer steinernen Plattform auf die Füße gestellt wurden und einen besonderen Block aus roter Lava auf ihren Scheitel gesetzt bekamen. Dieser Transport kann an und für sich als blankes Rätsel gelten, aber wir können nicht leugnen, daß er geschah, und noch weniger, daß die Architekten, die aus Peru verschwanden, ebenbürtige Steinkolosse in den Anden hinterlassen haben, die verraten, daß sie genau solche Fachleute auf diesem Gebiet waren. Auch wenn diese Steinbilder am größten und zahlreichsten auf der Osterinsel sind und die Bildhauer sich hier einen besonderen Stil zugelegt haben, so hat das gleiche verschwundene Kulturvolk ähnliche Riesenstatuen in Menschengestalt noch auf vielen anderen Inseln im Stillen Ozean, die Amerika zunächst liegen, errichtet, und überall wurden die Statuen von abgelegenen Steinbrüchen zum Tempelplatz gebracht. Auf den Marquesas bekam ich Legenden zu hören, wie diese Riesensteine bewegt wurden, und da sie genau den Erzählungen der Eingeborenen von dem Transport der Steinsäulen zum Riesentor auf Tongatabu entsprachen, kann man davon ausgehen, daß dasselbe Volk dieselbe Methode bei den Statuen auf der Osterinsel benützt hat.
Die Skulpturarbeit im Steinbruch nahm lange Zeit in Anspruch, konnte aber von wenigen Künstlern bewältigt werden. Die Transportarbeit war jedesmal, wenn eine Statue fertig war, rascher gemacht, erforderte aber große Menschenmassen. Die kleine Osterinsel war damals fischreich und mit großen Plantagen von peruanischen Süßkartoffeln gründlich bestellt, und Experten meinen, daß die Insel in der Zeit ihrer kulturellen Blüte leicht eine Bevölkerung von sieben- bis achttausend Menschen ernähren konnte. Etwa tausend Menschen hätten genügt, um die Riesenstatuen über die steile Kraterwand heraufzuziehen, während fünfhundert Mann ausreichten, sie weiter über die Insel zu schleppen.
Aus Bast und anderen Pflanzenfasern wurden unzerreißbare Seile geflochten, und mit festgefügten Holzrahmen zog die Menschenmasse den Steinkoloß über Stämme und kleine Rollsteine, glatt geschmiert mit Tarowurzeln. Daß das alte Kulturvolk meisterhaft verstand, Tauwerk zu flechten und Seile zu drehen, ist von den Südseeinseln und vielleicht noch mehr aus Peru wohlbekannt, wo die ersten Europäer Hunderte Meter lange Hängebrücken über Wasserfälle und Schluchten mit Hilfe von geflochtenen Tauen ausgespannt fanden, stark wie der Leib eines Mannes.
Waren die Steinkolosse auf ihrem auserwählten Platz angelangt und sollten nun aufgestellt werden, dann entstand das nächste Problem. Aus Stein und Sand baute die Menge eine Hilfsrampe und zog den Riesen die sanfte Seite mit den Füßen voran hinauf, ließ ihn über die scharfe Kante kippen und hinuntergleiten, so daß das Fußende in einer fertigen Grube landete. Solange die Schrägfläche noch stand und gegen das Hinterhaupt des Riesen führte, rollten sie einen besonderen Steinzylinder hinauf und brachten ihn über dem Scheitel an. Dann erst wurde der Hilfsbau abgetragen. Solche fertige Rampen stehen an vielen Stellen der Osterinsel und warten auf Riesenfiguren, die nie mehr kamen. Die Technik ist bewunderungswürdig, aber keineswegs mysteriös, wenn wir nur aufhören, die Intelligenz der vorzeitlichen Baumeister und ihren Vorrat an Zeit und Menschenmaterial zu unterschätzen.
Warum aber errichteten sie diese Steinbilder? Und warum war es notwendig, aus einem anderen Steinbruch, sieben Kilometer weit von der Kraterwerkstatt, einen Block von einer besonderen roten Felsart herbeizuschaffen, um ihn der Statue aufs Haupt zu setzen? Sowohl in Südamerika wie auf den Marquesasinseln war oft die ganze Statue aus solchem roten Stein, und er mußte oft weit hergebracht werden. Roter Kopfschmuck für hochstehende Personen war in Polynesien so wichtig wie in Peru.
Betrachten wir zunächst, wen die Statuen eigentlich darstellen. Als die ersten Europäer die Insel besuchten, sahen sie seltsame weiße Männer an Land mit langwallendem Bart, etwas ganz Ungewöhnliches unter diesen Volksstämmen. Diese waren Nachkommen von Frauen und Kindern, die von der ersten Bevölkerung der Insel am Leben geblieben waren. Die Eingeborenen erzählten selbst, daß manche von ihren Vorvätern weiße Hautfarbe besaßen, während die anderen braunhäutig waren. Nach ihrer sorgfältigen und genauen Überlieferung waren die Braunen von den anderen polynesischen Inseln her eingedrungen, während die Weißen schon vor siebenundfünfzig Generationen, also ungefähr 400 bis 500 n. Chr., mit großen Fahrzeugen vom Osten her gekommen waren. Die Leute aus dem Osten wurden »Langohren« genannt, weil sie sich Gewichte in die Ohrläppchen hängten und diese künstlich so dehnten, daß sie ihnen bis auf die Schultern herabhingen. Es waren die mystischen »Langohren«, die erschlagen wurden, als die »Kurzohren« die Insel in Besitz nahmen. So haben denn auch alle Steinfiguren auf der Osterinsel bis auf die Schultern herabreichende Ohren, nicht anders als die Bildhauer selber sie getragen hatten.
Nun erzählen jedoch die Inkalegenden in Peru, daß der Sonnenkönig Kon-Tiki über ein Volk von weißen und bärtigen Männern geherrscht habe, die von den Inkas »Großohren« genannt wurden, weil sie ihre Ohren künstlich verlängerten, daß sie ihnen bis auf die Schultern gingen.
Diese Legenden sagen ausdrücklich, daß es Kon-Tikis »Großohren« waren, die jene verlassenen Riesenstatuen in den Anden aufgerichtet hatten, bevor sie von den Inkas selber in einer Schlacht auf einer Insel des Titicacasees ausgerottet oder vertrieben wurden.
Also: Kon-Tikis weiße »Großohren«, die allein jene kolossalen Steinstatuen herstellten, verschwanden mit ihren Kenntnissen und ihrer reichen Bildhauererfahrung von Peru nach Westen, und Tikis weiße »Langohren« kamen aus dem Osten bei der Osterinsel an, wohlbewandert in eben dieser Kunst. Dort haben sie denn auch ihre Skulpturarbeiten mit so vollendetem Können wieder aufgenommen, daß sich auf der kleinen Osterinsel nicht die geringste Spur einer Entwicklung feststellen läßt, die zu den Meisterwerken auf der Insel emporführen würde.
Oft gleichen sich die großen Steinstatuen in Peru und die auf einzelnen Südseeinseln mehr, als die Riesenstatuen auf den verschiedenen Südseeinseln untereinander. Auf den Marquesasinseln und auf Tahiti führen diese Skulpturen den Sammelnamen Tiki. Sie stellen verehrte Ahnen aus der Inselgeschichte dar, die nach ihrem Tod den Rang von Göttern erhielten. Und darin liegt zweifellos die Erklärung für die wunderlichen roten Kalotten auf dem Scheitel der Osterinselfiguren.
Wie erwähnt, leben auf allen Inseln in Polynesien vereinzelte Menschen und ganze Familien mit rötlichem Haar und heller Haut. Die Eingeborenen behaupten selber, daß eben diese Leute von dem ersten weißen Volk auf den Inseln abstammen. Auf einzelnen Eilanden färbten die Teilnehmer bei bestimmten religiösen Festen ihre Haut weiß und das Haar rot, um ihren ältesten Ahnen zu gleichen. Bei den jährlichen Zeremonien auf der Osterinsel wurde den Hauptpersonen des Festes das Kopfhaar geschoren, so daß der Haarboden rot bemalt werden konnte. Auch bei den Götterbildern waren die riesigen roten Steinkalotten sorgfältig in einer Art und Weise zugehauen, die der lokalen Männerfrisur vollkommen entsprach. Sie hatten einen runden Knoten über dem Scheitel, genau wie die Männer selber das Haar in einem kleinen traditionellen Knoten in der Kopfmitte zusammenbanden.
Darum haben die Statuen auf der Osterinsel lange Ohren, weil die Bildhauer sich selber die Ohren verlängerten. Sie erhielten einen besonderen roten Kopfschmuck, weil auch ihre Schöpfer rötliches Haar hatten. Sie hatten das Kinn zu einer spitzen und hervorstehenden Kante zugehauen, weil ihre lebenden Vorbilder lange Bärte trugen. Alles in allem zeigen sie die typische Physiognomie der weißen Rasse mit schmalem, hervorstehendem Nasenrücken und dünnen, scharfen Lippen, weil eben die »Langohren« nicht der braunen Rasse angehörten. Und wenn die Statuen gewaltige Köpfe und winzige Beine zeigten und die Hände über dem Leib gefaltet hielten, so entsprach das eben der aus Peru überkommenen Art, Götterbilder zu schaffen. Der einzige Schmuck der Osterinselfiguren ist ein Gürtel, der rund um den Leib aus dem Stein herausgemeißelt wurde. Denselben symbolischen Gürtel tragen auch Tikis alte Riesenbildwerke am Titicacasee. Es ist der Regenbogengürtel, das mystische Emblem des Sonnengottes. Auf der Mangarevainsel gab es eine alte Mythe. Sie erzählte, daß der Sonnengott den Regenbogen, der sein magischer Gürtel war, von sich streckte und entlang des Gürtels vom Himmel herab nach Mangareva stieg, um die Insel mit seinen weißhäutigen Kindern zu bevölkern. Genauso wie in Peru war auch auf allen diesen Inseln die Sonne einmal als ältester Stammvater angesehen worden.
Wir saßen an Deck unter dem Sternenhimmel und durchlebten die eigentümliche Geschichte der Osterinsel. Unser Floß freilich führte uns direkt in das Herz Polynesiens, so daß wir von diesem verlorenen Eiland nicht mehr zu sehen bekamen als den Namen auf der Karte.
Doch diese Insel ist so voll von Spuren aus dem Osten, daß selbst ihr Name als Wegweiser dienen kann.
Auf der Karte steht »Osterinsel«, weil irgendein zufälliger Holländer die Insel an einem Ostertag »entdeckt« hat. Wir haben darüber vergessen, daß die Eingeborenen, die damals schon lange auf der Insel wohnten, weit lehrreichere und bedeutungsvollere Bezeichnungen für ihre Heimat besaßen. Ein liebes Kind hat viele Namen, und diese bedeutsame kleine Insel hat in der polynesischen Sprache nicht weniger als drei.
Der erste Name »Te-Pito-te-Henua« bedeutet »Nabel der Inseln«. Diese poetische Bezeichnung zeigt nun deutlich genug eine Sonderstellung der Osterinsel gegenüber den anderen Eilanden weiter im Westen. Nach der Tradition der Polynesier ist es der älteste Name des Eilandes. Auf der Ostseite der Insel, nahe der Stelle, an der nach der Überlieferung die ersten »Langohren« gelandet sind, liegt ein besonders sorgfältig behauener Stein. Er heißt »Goldener Nabel« und wird als Nabel der Osterinsel selber angesehen. Jeder, der die dichterische Mentalität der Polynesier kennt, wird verstehen, daß diese symbolische Bezeichnung auf die ursprüngliche Entdeckung des Inselreiches oder auf seine »Geburt« gemünzt ist. Die abgeschiedene und weit nach Westen vorgelagerte Osterinsel wird als Nabel der anderen Eilande, d. h. als Ursprungsort und Bindeglied zum fernen Mutterland, verehrt.
Der zweite Name der Insel ist »Rapa-nui« und bedeutet »Großes Rapa«, während »Rapa-iti« oder »Kleines Rapa« eine andere Insel derselben Größe ist, die weit westlich der Osterinsel liegt. Nun ist es bei allen Völkerschaften jedoch ein alter Brauch, ihre erste Heimstätte die »Große« zu nennen, z. B. »Groß-Rapa«, während die nächste als »Neu-« oder »Klein-Rapa« bezeichnet wird, auch dann, wenn die Plätze gleich groß sind. Bei den Eingeborenen auf »Klein-Rapa« findet sich denn auch die entsprechende Überlieferung, daß die erste Besiedlung der Insel von »Groß-Rapa« aus erfolgt sei, der Osterinsel im Osten, die Amerika am nächsten liegt. Auch das deutet unmittelbar auf eine ursprüngliche Einwanderung aus dem Osten.
Der dritte und letzte Name dieser Schlüsselinsel, »Mata-Kite-Rani«, bedeutet »Insel (die) sieht (gegen) Himmel«. Beim ersten Blick mag man stutzen, denn die verhältnismäßig niedere Osterinsel »sieht« sicherlich nicht mehr gegen Himmel, als es die anderen hochragenden Felseneilande tun, wie z. B. Tahiti, die Marquesas oder Hawaii. Aber Rani oder Himmel besitzt für die Polynesier eine doppelte Bedeutung. So nennen sie auch die ursprüngliche Heimat ihrer Vorväter, das heilige Land des Sonnengottes. Tikis verlassenes Gebirgsreich. Unter all den tausend Eilanden im Meer gerade die einsame Osterinsel das Auge zu nennen, das gegen das Heimatland sieht, bedeutet natürlich sehr viel. Schlagartig aber beleuchtet den Zusammenhang die Tatsache, daß »Mata-Rani«, was polynesisch »Himmelsauge« bedeutet, auch ein alter peruanischer Ortsname ist. So heißt ein Flecken in Peru, der an der Küste des Stillen Ozeans am Fuße der Anden der Osterinsel direkt gegenüber liegt, gerade unterhalb von Kon-Tikis uralter Ruinenstadt im Gebirge.
Wenn wir so unter dem Sternenhimmel an Deck saßen, bot uns die Osterinsel allein Gesprächsstoff genug, und wir fühlten uns richtig als Mitspieler und Fahrtgenossen uralter Abenteuer. Wir empfanden das so stark, als hätten wir seit Tikis fernen Tagen nichts anderes getan, als auf dem Meer unter Sonne und Sternen herumzusegeln und neues Land zu suchen.
Vor Wogen und Meer hatten wir nicht länger denselben Respekt. Wir kannten sie und ihr Verhältnis zu uns auf dem Floß. Sogar der Hai war ein Teil des täglichen Bildes geworden. Wir waren auch mit ihm gut bekannt und wußten um sein gewöhnliches Verhalten. An die Handharpune dachten wir schon lange nicht mehr und verließen nicht einmal den Floßrand, wenn der Hai an unserer Seite emporkam. Ganz im Gegenteil, manchmal verfielen wir sogar darauf, ihn fest bei der Rückenflosse zu packen. Er aber glitt völlig unberührt entlang der Stämme weiter. Das entwickelte sich schließlich zu einer ganz neuen Sportart. Zu einem Tauziehen nämlich zwischen dem Hai und uns, aber einem Tauziehen ohne Angelleine.
Wir fingen die Sache ganz bescheiden an. Meistens fischten wir mehr Dolfine, als wir verzehren konnten. Um das populäre Unterhaltungsmoment beizubehalten, ohne das Essen zu vergeuden, verfielen wir darauf, ein richtiges Narrenfischen ohne Angelhaken zu veranstalten, zur gemeinsamen Freude für die Dolfine und uns. Wir banden übriggebliebene fliegende Fische an die Schnur und zogen sie über die Wasserfläche. Die Dolfine schössen heran und schluckten den Happen, und dann zogen wir wieder jeder seines Weges weiter und hatten einen prächtigen Zirkus dabei. Denn mußte endlich ein erboster Dolfin den verhexten Bissen wieder auslassen, dann schnappte sofort der nächste danach. Wir hatten unser Vergnügen daran und die Dolfine schließlich doch den Fisch.
Dann begannen wir dasselbe Spiel mit den Haien. Wir hatten entweder einen Fischbrocken an der Leine oder oft auch einen Zeugbeutel mit Resten von unserem Mittagessen, den wir an einer Schnur auswarfen. Statt sich auf den Rücken zu wälzen, streckte der Hai den Kopf aus dem Wasser und schwamm mit weit offenem Maul heran, um den Kosthappen zu verschlingen. Dann konnten wir es uns natürlich nicht verkneifen, an der Leine zu ziehen, gerade wenn der Hai im Begriff war, das gähnende Maul wieder zu schließen. Mit einem unsagbar blöden und geduldigen Ausdruck schwamm er dann hinterdrein und sperrte den Rachen erneut nach dem Köder auf, der ihm jedesmal davonhüpfte, sooft er ihn verschlucken wollte. Schließlich kam der Hai uns gar auf die Stämme herauf und schnellte sich empor wie ein bettelnder Hund, der nach dem Wurstzipfel springt. Genauso nämlich hielten wir ihm das Essen hoch, und es baumelte in einem Beutel über seiner Nase. Es war wie bei der Fütterung eines maulaufsperrenden Flußpferdes im Zoo. Und an einem Tag Ende Juli, nach drei Monaten Floßfahrt, steht in unserem Tagebuch zu lesen:
Mit dem Hai, der uns heute folgte, hielten wir uns durchaus auf freundschaftlichem Fuß. Beim Mittagstisch fütterten wir ihn mit Speiseresten, die wir ihm direkt ins offene Maul hinunterhielten. Er wirkt wie ein halb zutraulicher, halb täppischer und im Grunde harmloser Hund, wenn er so an unserer Seite schwimmt. Es läßt sich nicht leugnen, daß auch ein Hai ganz sympathisch wirkt, solange wir selber uns nicht anbeißen lassen. Zumindest finden wir es ganz unterhaltsam, ihn um uns zu haben, das heißt, wenn wir nicht gerade baden wollen.
Eines Tages hatten wir eine Bambusstange am Floßrand bereitgelegt, an der mit einer Schnur ein Beutel mit Haifutter befestigt war. Aber da kam eine See und schwemmte das Ganze über Bord. Nun lag die Bambusstange im Wasser, und bald trieb sie ein paar hundert Meter hinter dem Floß. Da stellte sie sich plötzlich im Wasser auf und kam selbständig hinter dem Floß hergefahren, als hätte sie die freundliche Absicht, sich wieder auf ihren Platz zu begeben. Als die Stange näherkam, sahen wir einen zehn Fuß langen Hai, der darunter schwamm, während die Bambusstange wie ein Periskop aus den Wellen ragte. Der Hai hatte den Freßbeutel verschluckt, ohne die Schnur abzubeißen. Die Fischstange holte uns bald ein und segelte ruhig vorbei, bis sie vor uns in den Wellen verschwand.
Wenn wir auch nach all dem mit ganz anderen Augen auf den Hai sahen, so verschwand nie der Respekt vor den fünf bis sechs Reihen von Rasierklingenzähnen, die in dem gewaltigen Maul auf der Lauer lagen. Knut lieferte eines Tages einem Hai ein unfreiwilliges Wettschwimmen. Wegen der raschen Abtrift des Floßes und auch wegen der Haigefahr war es nicht geraten, sich von der »Kon-Tiki« zu entfernen. Wir ließen es daher auch nie zu. Aber eines Tages war es besonders ruhig, und da wir auch unser Haigefolge eben angebracht hatten, gestatteten wir uns, ein kurzes, rasches Tauchbad in der See zu nehmen. Knut sprang ins Wasser und glitt ein gutes Stück dahin, bevor er an die Oberfläche kam, um zurückzuschwimmen. Im selben Augenblick sahen wir vom Mast aus einen Schatten, größer als er selbst, hinter ihm aus der Tiefe hervorkommen. Wir riefen Warnungsschreie, beherrschten aber unsere Aufregung und hielten uns so ruhig wie wir konnten, um eine Panik zu vermeiden. Knut wendete sich sofort gegen das Floß zurück. Aber der Schatten da unten, der auf Knut zuhielt, gehörte einem noch besseren Schwimmer. Zur gleichen Zeit erreichten sie das Floß. Und während Knut sich an Bord warf, schoß ein Hai, sechs Fuß lang, dicht unter seinem Leib vorbei und glitt den Floßrand entlang. Wir warfen ihm einen leckeren Dolfinkopf zu als Dank, daß er nicht zugeschnappt hatte. Normalerweise ist es mehr der Geruch als der Gesichtssinn, der bei den Haien die Raublust weckt. Es kam vor, daß wir am Floßrand saßen und die Beine ins Wasser hängen ließen, um sie in Versuchung zu führen. Oft kamen sie da bis auf zwei bis drei Fuß Abstand auf uns zugeschwommen, um uns schließlich ruhig wieder den Schwanz zuzuwenden. War dagegen der kleinste Blutstropfen im Wasser, so z. B. wenn wir einen Fisch putzten, dann kam Leben in die Haiflossen, und sie konnten plötzlich wie die Schmeißfliegen bei uns auftauchen. Warfen wir Haieingeweide hinaus, wurden sie völlig verrückt und fuhren in blinder Raserei herum. In wilder Gier verschlangen sie die Leber ihrer eigenen Verwandten, und streckten wir dann einen Fuß in die See, so kamen sie wie die Raketen angeschossen und schlugen ihre Zahnreihen in den Stamm, wo wir den Fuß hingehalten hatten. Hai und Hai können sehr verschieden sein, denn dieser Raubfisch ist völlig ein Opfer seiner eigenen Sinne.
Wir wurden schließlich so vertraut mit den Haien, daß wir begannen, sie am Schwanz zu ziehen. Viele werden einwenden, daß es ein primitiver Sport ist, Tiere am Schwanz zu ziehen, aber die haben es eben noch nie bei einem Hai versucht! In Wirklichkeit ist das aber eine spannende Angelegenheit.
Um den Schwanz in die Hand zu bekommen, mußten wir den Hai erst einmal mit einem richtigen Leckerbissen ködern. Für einen solchen war er gerne bereit, den Schädel hoch aus dem Wasser herauszustrecken. Gewöhnlich bekam er den Happen an einer Schnur pendelnd serviert. Wer nämlich den Hai einmal direkt aus der Hand gefüttert hat, findet das nicht weiter unterhaltsam. Wenn man Hunde oder zahme Bären aus der Hand füttert, so verbeißen sie sich in das Stück Fleisch und zerren und reißen, bis sie es auseinanderbekommen oder das ganze Stück weggezogen haben. Wenn man jedoch einem Hai einen großen Dolfin in entsprechendem Abstand vorhält, so taucht er auf und klappt das Maul zu, und ohne die geringste Erschütterung ist der halbe Dolfin mit einmal fort, und man selbst sitzt dann da mit dem Schwanz in der Hand. Für uns war es eine arge Plackerei, einen Dolfin mit dem Messer auseinanderzuschneiden. Der Hai aber hatte im Bruchteil einer Sekunde das Rückgrat und alles andere glatt und lautlos auseinandergetrennt wie eine Wurstmaschine, indem er seine dreikantigen Sägeblattzähne rasch nach der Seite bewegte. Wenn dann der Hai sich abwendete, um wieder zu tauchen, wedelte er den Schwanz heraus aus dem Wasser, so daß er leicht zu packen war Haihaut greift sich wie richtiges Sandpapier an, und in der obersten Schwanzspitze befindet sich ein Absatz, der für einen guten Handgriff wie geschaffen ist. Bekamen wir hier erst einmal einen festen Griff, so konnte die Faust nicht mehr abgleiten.
Nun aber hieß es ziehen, bevor der Hai sich besann, um so möglichst viel vom Schwanz herein über die Stämme zu spannen. Ein oder zwei Sekunden begriff der Hai gar nichts, dann aber begann er zu stoßen und zu schlagen Allerdings vergeblich, denn ohne Hilfe des Schwanzes kann kein Hai davonfahren, die übrigen Flossen sind nur Gleichgewichts- und Steuerungsapparate. Nach einem verzweifelten Ruck, wobei es galt, den Schwanz fest in der Klemme zu behalten, wurde der Überrumpelte zuletzt vollständig mutlos und apathisch. Und da ihm der lose Magensack gegen den Schädel zu sinken begann, war er schließlich wie gelähmt. Wenn der Hai nun erstarrte und wie abwartend hängenblieb, war es an der Zeit, ihn mit allen Kräften einzuholen. Selten bekamen wir dabei mehr als die Hälfte des schweren Fisches aus dem Wasser heraus. Aber da erwachte auch der Hai und vollbrachte den Rest meistens selbst. Mit einem gewaltigen Ruck warf er den Schädel herum und schleuderte sich herauf auf die Stämme. Nun galt es noch, aus Leibeskräften mit einem festen Ruck nachzuhelfen und dann mit einem Satz weit wegzuspringen. Eile war geboten, wollte man seine Beine retten, denn jetzt wurde der Hai absolut ungnädig. Mit gewaltigem Schwung hieb er um sich, und sein Schwanz schlug wie ein Schmiedehammer gegen die Bambuswand. Nun sparte er nicht länger seine Riesenkräfte. Das schwere Maul fuhr an der Wand hoch, und die Zahnreihen hieben und schnappten in der Luft nach allem und jedem. Manchmal endete der wilde Kriegstanz damit, daß der Hai mehr oder minder unabsichtlich in die See ausbüchste und nach solch schändlicher Demütigung auf Nimmerwiedersehen verschwand. Meistens aber warf er sich immer auf den gleichen Stämmen am Heck planlos herum, bis wir ihm eine Fangschlinge um die Schwanzwurzel legen konnten oder er von selber aufhörte, seine teuflischen Zähne zu fletschen.
Der Papagei war ganz überwältigt, wenn wir einen Hai an Deck hatten. Er kam aus der Bambushütte herausgelaufen und kletterte in rasender Fahrt die Hüttenwand hinauf, bis er oben auf dem Palmblätterdach einen guten und sicheren Ausguckposten gefunden hatte. Hier saß er dann, schüttelte aufgeregt den Kopf, hüpfte auf dem First vor und zurück und schrie vor Begeisterung. Er war schon bald ein hervorragender Seemann geworden und sprühte vor Humor, Gelächter und guter Laune. Wir rechneten uns sieben an Bord, sechs Mann und ein grüner Papagei. Die Krabbe Johannes dagegen mußte sich begnügen, als kaltblütiger Außenseiter betrachtet zu werden. In der Nacht kroch der Papagei in seinen Käfig unterm Dach der Bambushütte. Untertags aber spazierte er an Deck umher oder hing zwischen Pardunen und Stagen und führte uns die berückendsten akrobatischen Übungen vor. Anfänglich hatten wir Streckfische in den Maststagen. Aber sie rieben am Tauwerk, so daß wir zu gewöhnlichen Schlingen übergingen. Wenn die Taue sich dehnten und schlapp wurden von Sonne und Wind, mußten alle Mann anpacken und den Mast wieder hochstagen, damit das Eisenholz nicht im lockeren Tauwerk herumschlug und schließlich niederbrach. Das waren die unangenehmsten Augenblicke. Während wir mit aller Kraft zogen und spannten, begann der Papagei mit seiner Clownstimme zu rufen: »hol ein, hol ein, ho-ho-ho-ho, ha-ha-ha-ha!« Hatte er uns dann glücklich zum Lachen gebracht, so lachte er selber über seine eigene Ergötzlichkeit, daß es ihn schüttelte, und schwirrte unentwegt in den Stagen herum.
Zu Beginn unserer Reise war der Papagei voller Bosheit gegen die Funker. Sie konnten glücklich vertieft im Radiowinkel sitzen mit ihrem magischen Kopfschmuck und vielleicht gerade Verbindung mit irgendeinem Radioamateur in Oklahoma haben, da wurde es plötzlich totenstill in den Hörern, und sie bekamen keinerlei Laut mehr heraus, soviel sie auch mit den Drähten orgelten und an ihren Knöpfen drehten. Der Papagei war wieder einmal auf dem Kriegspfad gewesen und hatte ihnen den Antennendraht abgebissen. Das war ja besonders populär in der ersten Zeit, da die Antenne hinter einem Ballon in der Luft hing. Doch eines Tages wurde der Papagei ernstlich krank. Niedergeschlagen hockte er in seinem Bauer, glotzte vor sich hin und rührte zwei Tage kein Futter an, während seine Visitkarten von goldschimmernden Drahtenden glänzten. Da bereuten die Telegraphisten ihr wütendes Geschimpfe und der Papagei seine Missetaten. Ja, von dem Tag an wurden Torstein und Knut seine auserwählten Freunde, und der Papagei wollte nur mehr im Radiowinkel schlafen. Als unser grüner Freund an Bord kam, war seine Muttersprache Spanisch. Lange bevor er Torsteins original-norwegische Lieblingsflüche nachsprechen konnte, behauptete Bengt, daß er sein Spanisch mit norwegischem Akzent zu reden beginne.
Sechzig Tage lang freuten wir uns am Humor und an der Farbenpracht des Papageis. Dann fegte einmal eine große Woge von achtern her übers Deck, während er gerade von der Mastspitze an den Wanten herunterkletterte. Als wir entdeckten, daß er über Bord gegangen war, war es bereits zu spät. Wir sahen ihn nicht mehr, und die »Kon-Tiki« ließ sich weder wenden noch anhalten. Was einmal vom Floß über Bord ging, hatte keine Chance mehr zurückzukommen. Das hatten zahlreiche Erfahrungen bewiesen.
Am ersten Abend wirkte der Verlust des Papageis sehr drückend auf unsere Stimmung. Wir alle wußten, daß uns genau dasselbe widerfahren würde, wenn wir auf einsamer Nachtwache über Bord gingen.
So schärften wir uns erneut alle Sicherheitsregeln ein, legten ein neues Rettungstau für die Nachtwache bereit und sagten einander immer wieder, wir dürften uns noch lange nicht in Sicherheit wiegen, weil es zwei Monate lang gut gegangen war. Auch am hellen Tag konnte ein unvorsichtiger Schritt, eine gedankenlose Bewegung uns dahin führen, wohin der grüne Papagei gegangen war.
Wir hatten einige Male große Eierschalen von Tintenfischen entdeckt, die wie Straußeneier oder weiße Totenschädel auf den blauen Wellen trieben. Nur ein einziges Mal jedoch sahen wir auch den Tintenfisch sich darunter winden. Wir sichteten die schneeweißen Kugeln, als sie mit uns gerade auf gleicher Höhe schwammen. Zuerst glaubten wir, daß es eine leichte Sache sei, im Schlauchboot hinauszurudern und sie zu holen. Dasselbe glaubten wir auch, als einmal der Strick zum Planktonnetz riß. Wir sicherten das Gummiboot mit einem Tau und versuchten zurückzurudern. Zu unserer Enttäuschung aber merkten wir, daß Wind und Wogen so gegen das Boot drückten und das Tau von der »Kon-Tiki« im Wasser derart kräftig bremste, daß es uns nie glückte, zu einem Punkt zurückzurudern, den unser Floß bereits verlassen hatte. Es gelang uns ja, an das, was wir einsammeln wollten, auf ein paar Meter Abstand heranzukommen. Aber dann war auch die ganze Leine draußen, und die »Kon-Tiki« zog uns mit nach Westen. Einmal über Bord - ewig über Bord! Das war eine Erfahrung, die sich nach all dem unabänderlich in unser Bewußtsein eingeprägt hatte. Mitgegangen - mitgehangen, hieß es für uns, bis die »Kon-Tiki« auf der anderen Seite des Meeres mit ihrem Bug an Land stoßen würde.
Ohne den Papagei war der Radiowinkel leer und verwaist. Aber da die Tropensonne am nächsten Tag gleich hell über dem Stillen Ozean strahlte, währte auch unsere Trauer nicht lange. Acht Tage danach zogen wir viele Haie an Bord. Immer wieder fanden wir zwischen den Thunfischköpfen und anderen schwer verdaulichen Dingen dunkle, krumme Papageienschnäbel im Haimagen. Bei näherer Betrachtung zeigte sich jedoch immer, daß diese schwarzen Schnäbel verdauten Tintenfischen angehörten.
Die beiden Funker hatten schweren Dienst in ihrem Winkel drinnen. Seit ihren ersten Tagen an Bord tropfte das Seewasser aus den Batteriekisten, so daß sie den empfindlichen Radiowinkel mit Segeltuch abdecken mußten, um zu retten, was bei dem hohen Seegang noch zu retten war. Dann rauften sie mit dem Problem, auf dem kleinen Floß eine genügend lange Antenne aufzubauen. Sie versuchten, den Draht mit einem Drachen in die Luft steigen zu lassen, der aber trudelte herunter und verschwand im Wogengischt. Nun probierten sie, die Antenne mit einem Ballon in die Höhe zu lassen. Doch die Tropensonne brannte Löcher in seine Haut, so daß er bald ausgeatmet hatte und in der See versank. Dazu hatten sie noch ihren Kummer mit dem Papagei. Und obendrein vergingen noch vierzehn Tage, bevor wir mit dem Humboldtstrom aus einer toten Zone vor den Anden heraustrieben, in der die Kurzwellen stumm und leblos waren wie die Luft in einer Konservenbüchse.
Doch eines Tages drangen sie wieder durch. Torsteins Ruf wurde zufällig von einem Radioamateur in Los Angeles gehört, der an seinem Sender spielte, um Verbindung mit einem anderen Amateur in Schweden zu bekommen. Der Mann interessierte sich vor allem dafür, welchen Apparat wir hatten. Und als er das zufriedenstellend beantwortet bekam, fragte er, wo sich Torstein aufhielte und wo er wohne. Als er dann zu hören bekam, daß Torstein auf einem Floß in einer Bambushütte mitten im Stillen Ozean hause, kamen einige merkwürdige Tastzeichen zurück, bis ihm Torstein nähere Details servierte. Nachdem der Mann hinter dem Äther sich wieder erholt hatte, erzählte er, daß er Hai heiße und eine Frau namens Anna habe. Sie sei eine geborene Schwedin und würde unsere Familien verständigen, daß wir am Leben seien und es uns gut ginge.
Es war ein merkwürdiger Gedanke an diesem Abend, daß ein völlig fremder Mann, der sich Hai nannte und als Kinooperateur droben im Menschengewimmel von Los Angeles lebte, außer uns selbst der einzige Mensch auf der weiten Welt war, der genau wußte, wo wir waren und daß wir es gut hatten. Von nun an hockten Hai, alias Harold Kempel, und sein Freund Frank Cuevas abwechselnd Nacht für Nacht hinter dem Radiokasten und lauschten auf die Signale von unserem Floß. Hermann empfing denn auch bald anerkennende Telegramme vom Chef des amerikanischen Wetterdienstes für seine täglichen Codemeldungen aus einem statistisch völlig unerfaßten Gebiet. Später bekamen Knut und Torstein fast jede Nacht auch Kontakt mit anderen Radioamateuren. Diese vermittelten über den Amateur Egil Berg in Notodden Grüße nach Norwegen.
Einige Tage später nahm unser Radiowinkel doch etwas zuviel Salzwasser über, und die Station ging vollständig ein. Die Funker standen Tag und Nacht kopf und hantierten wie besessen mit Schraubenziehern und Lötkolben. Die Amateure in der Ferne glaubten schon, die Tage unseres Floßes seien gezählt. Aber eines Nachts drangen die Signale LI2B wieder hinaus durch den Äther, und im Radiowinkel summte es bald wie in einem Wespennest, da viele hundert amerikanische Radioamateure sich über die Taste warfen und gleichzeitig antworteten.
Auch wir selber waren nicht gegen das Gefühl gefeit, uns in ein Wespennest zu setzen, wenn einer von uns sich in das Allerheiligste der Funker verirrte. Alles war rauh vom Seewasser, das sich am Holzwerk überall emporzog. Lag auch, wo die Funker saßen, ein Rohgummiteppich über den Balsastämmen, so bekam man doch einen elektrischen Schlag ins Kreuz und kribbelnde Fingerspitzen, wenn man eine Morsetaste nur anrührte. Wollte einer von uns Uneingeweihten einen Bleistift aus dem so wohlausgerüsteten Radiowinkel klauen, so standen ihm bestimmt die Haare zu Berge oder er zog lange Funken aus seinem Beutestück. Nur Torstein, Knut und der Papagei bewegten sich ungefährdet in der verhexten Ecke, und wir befestigten eine Papptafel, um die Gefahrenzone für uns andere zu markieren.
Während wir schliefen, saß Knut eines Nachts und bastelte beim Lampenschein in seinem Radiowinkel. Da zwickte er mich plötzlich ins Bein und berichtete, daß er sich auf seiner Taste mit einem Kerl unterhalte, der dicht vor Oslo wohne und Christian Amundsen heiße. Das war tatsächlich ein kleiner Amateurrekord. Denn der winzige Kurzwellensender auf dem Floß mit seinen 13 990 Kc./sek. sandte nicht mehr als 6 Watt aus, ungefähr dasselbe wie eine Taschenlampe. Es war am 2. August, und wir waren über 60 Grad um die Erde gesegelt, so daß wir uns also gerade am entgegengesetzten Ende der Welt befanden. König Haakon wurde am Tage darauf fünfundsiebzig Jahre alt, und so schickten wir ihm eine Gratulation vom Floß aus direkt nach Norwegen. In der nächsten Nacht war Christian wieder hörbar und sandte uns ein Antworttelegramm des Königs mit den besten Wünschen für unsere weitere Fahrt.
Noch eine andere nette Episode zeigte uns so richtig den Gegensatz zwischen urtümlichem Flößerleben und moderner Technik. Wir hatten zwei Fotoapparate an Bord, und Erich hatte für ein Paket Chemikalien gesorgt, um die Fotografien unterwegs zu entwickeln, so daß wir neue Bilder aufnehmen konnten, wenn einzelne nicht gelungen waren. Nach dem Besuch des Walhaies konnte er sich nicht länger gedulden.
Eines Abends mixte er Pulver und Wasser genau nach Vorschrift zusammen und entwickelte zwei Filme. Die Negative sahen aus wie Fernsehfotos. Sie bestanden nur aus unklaren Runzeln und Punkten. Die Filme waren ruiniert. Wir telegrafierten an unsere Partner und baten um Rat. Der Funkspruch wurde von einem Radioamateur in Hollywood aufgeschnappt, der sofort das nächste Laboratorium anrief.
Kurz darauf schaltete er sich wieder ein und erzählte uns, daß unsere Entwicklerflüssigkeit zu warm sei. Die Wassertemperatur dürfe nicht mehr als 16 Grad betragen, sonst würden die Negative schrumpfen.
Wir dankten für den guten Rat und stellten fest, daß die absolut niedrigste Temperatur in unserer Umgebung die der Meeresströmung war, und die betrug 27 Grad. Nun war Hermann Ingenieur und eigentlich Fachmann in Kältetechnik. Ich gab ihm daher im Spaß den Auftrag, uns Wasser von 16 Grad zu beschaffen. Er bat, über die kleine Kohlensäureflasche zu dem bereits aufgeblasenen Gummiboot verfügen zu dürfen. Dann überdeckte er eine Schüssel mit einer Unterjacke und einem Schlafsack. Nach einem zünftigen Hokuspokus starrten Hermanns Bartstoppeln plötzlich von Rauhreif, und er servierte uns einen großen Klumpen weißen Eises.
Erich entwickelte von neuem, diesmal mit glänzendem Resultat.
Das Wellenreich im Äther, das uns von Torstein und Knut verdolmetscht wurde, war natürlich in Kon-Tikis fernen Tagen ein noch unbekannter Luxus gewesen. Aber das Wellenreich unter uns war das gleiche, damals wie heute, und unser Balsafloß zog unbeirrt nach Westen, nicht anders, als es seine Vorgänger vor 1500 Jahren getan hatten.
Das Wetter wurde veränderlich. Da wir den Südseeinseln näher kamen, gab es vereinzelte Regenschauer. Auch der Passatwind änderte seine Richtung. Früher hatte er stetig und zuverlässig von Südost geblasen, bis wir ein gutes Stück draußen im Äquatorstrom waren. Dort hatte er sich dann mehr und mehr in genau östliche Richtung gedreht. Am 10. Juni hatten wir mit 6 Grad 19 Minuten südlicher Breite unsere nördlichste Position erreicht. Wir waren so dicht am Äquator, daß es aussah, als sollten wir selbst an den nördlichsten Inseln der Marquesasgruppe vorbeisegeln und vollständig ins Meer hinaustreiben, ohne je Land zu sichten. Aber da drehte sich der Passat von Osten nach Nordosten und schob uns in weitem Bogen herunter bis in die Breitengrade der Inselwelt.
Draußen auf dem Meer kam es oft vor, daß Wind und Strömung mehrere Tage hindurch völlig konstant blieben. Abgesehen von den Nächten, in denen der Steuerposten allein an Deck war, vergaßen wir da oft ganz, wer gerade Steuerwache hatte. Denn das Steuerruder wurde festgebunden, wenn das Wetter so beständig war, und das Segel der »Kon-Tiki« straffte sich im stetigen Wind, ohne unsere Aufmerksamkeit zu brauchen. Da konnte dann auch die Nachtwache in aller Ruhe an der Hüttenöffnung sitzen und nach den Sternen gucken. Wechselten die Sternbilder am Himmel ihren Platz, so war es an der Zeit, aufzustehen und nachzusehen, ob der Wind oder das Steuerruder sich gedreht hatten. Es war unglaublich leicht, den Kurs nach den Sternen zu nehmen, nachdem wir sie erst einmal einige Wochen hindurch über das Himmelsgewölbe kreisen gesehen hatten. Es gab ja überhaupt kaum anderes, das wir in der Nacht betrachten konnten. Bald wußten wir, wo wir die einzelnen Sternbilder Nacht für Nacht erwarten konnten. Als wir gegen den Äquator kamen, stieg der Große Bär so hoch über den Horizont im Norden, daß wir schon fürchteten, einen Blick vom Polarstern zu erhaschen. Der taucht nämlich auf, wenn man von Süden kommend den Äquator kreuzt. Aber der Große Bär versank wieder, als der Nordostpassat einsetzte.
Die alten Polynesier waren große Seefahrer. Sie steuerten am Tag nach der Sonne und in der Nacht nach den Sternen. Ihre astronomischen Kenntnisse waren verblüffend. Sie wußten, daß die Erde rund ist, und hatten Namen für so komplizierte Begriffe wie Äquator, Ekliptik und nördlichen und südlichen Wendekreis. Auf Hawaii schnitten sie Seekarten ihrer Meeresumgebung in die Schale von runden Flaschenkürbissen, und auf einzelnen anderen Inseln stellten sie Detailkarten aus Flechtwerk her, wobei Perlmuttschalen die Inseln darstellten und Knoten bestimmte Strömungsrichtungen markierten. Die Polynesier kannten fünf Planeten, die sie wandernde Sterne nannten, und unterschieden sie von den Fixsternen, für die sie fast dreihundert verschiedene Namen geprägt hatten. Ein guter Steuermann im alten Polynesien wußte ganz genau, wo die einzelnen Sterne am Himmel heraufkommen und wo sie zu den verschiedenen Zeiten der Nacht und zu den verschiedenen Zeiten des Jahres stehen würden. Er wußte auch, welche Sternbilder über den einzelnen Inseln kulminierten. Es kam vor, daß eine Insel denselben Namen hatte wie der Stern, der über ihr stand, Nacht um Nacht, Jahr um Jahr.
Weil der Sternenhimmel wie ein Riesenkompaß über ihnen von Osten nach Westen rotierte, erkannten sie bald, daß die Sterne gerade über ihnen immer verrieten, wie weit nördlich oder südlich sie sich befanden. Da die Polynesier das ganze Meer fast bis Amerika erforscht und unterworfen hatten, konnten sie auch viele Generationen hindurch Verkehr zwischen den einzelnen Inseln aufrechterhalten. Geschichtliche Überlieferungen berichten, daß die Häuptlinge von Tahiti Hawaii besuchten, das über zweitausend Seemeilen weiter nördlich und einige Grade weiter westlich liegt.
Da steuerte dann der Mann am Ruder nach der Sonne und nach den Sternen zuerst direkt nach Norden, bis die Sterne gerade über seinem Kopf ihm sagten, daß er den Breitengrad Hawaiis erreicht hatte. Dann schwenkte er im rechten Winkel mit Kurs nach Westen, bis er so nahe kam, daß Vögel und Wolken ihm verrieten, wo die Inselgruppe lag.
Woher hatten die Polynesier ihr großartiges astronomisches Wissen und ihren Kalender, der so verblüffend genau errechnet war? Sicherlich nicht von den melanesischen und malaiischen Völkerschaften im Westen. Aber dasselbe verschwundene alte Kulturvolk, die »weißen und bärtigen Männer«, die den Azteken, Inkas und Mayas ihre verblüffende Kultur in Amerika gebracht hatten, hatte ebenfalls einen bemerkenswert ähnlichen Kalender ausgearbeitet und besaß das gleiche astronomische Wissen, mit dem Europa in der entsprechenden Zeit nicht konkurrieren konnte.
Wo das Festland gegen den Stillen Ozean absinkt, steht heute noch in Peru ein uraltes Observatorium im Wüstensand, eine Erinnerung an dasselbe rätselhafte Kulturvolk, das Steinkolosse meißelte, Pyramiden erbaute und Süßkartoffeln und Flaschenkürbisse zog.
Am 2. Juli konnte die Nachtwache nicht in Frieden sitzen und den Sternenhimmel studieren. Nach vielen Tagen mit flauer Nordostbrise bekamen wir kräftigen Wind und schwere See. Gegen Nacht hatten wir bei strahlendem Mondschein eine wirklich frische Segelfahrt. Wir maßen die Geschwindigkeit, indem wir ganz vorne am Seitenbalken einen Span hinauswarfen und dann die Sekunden zählten, bis wir ihn mit dem Heck passierten. Dabei stellten wir fest, daß wir jetzt unseren privaten Fahrtrekord erreicht hatten. Für eine Strecke in Länge des Seitenbalkens brauchten wir im Durchschnitt zwölf bis achtzehn Sekunden oder, in unserem Jargon, zwölf bis achtzehn »Späne«. Jetzt aber hielten wir uns eine Zeitlang auf einer Geschwindigkeit von sechs Spänen, und das Meerleuchten wirbelte in einem anständigen Kielwasser hinter dem Floß.
Vier Mann lagen in der Bambushütte und schnarchten. Torstein klapperte mit der Morsetaste, und ich hatte Steuerwache. Da bemerkte ich knapp vor Mitternacht eine ungewöhnlich große Woge, die sich überschlug und hinter uns quer über das ganze unruhige Gesichtsfeld daherjagte. Ab und zu konnte ich hinter ihr den brausenden Kamm von ein paar anderen, ähnlichen Riesenwogen sehen, die ihr auf den Fersen folgten. Hätten wir nicht selber vor kurzem die Stelle gekreuzt, so wäre ich überzeugt gewesen, daß es hohe Brandungswellen seien, die sich über einer gefährlichen Untiefe auftürmten. Schon kam die erste See wie eine lange Mauer hinter uns im Mondlicht einhergefegt. Ich rief eine Warnung und drehte das Floß in die rechte Stellung, um zu nehmen, was da kam. Als die See uns erreichte, warf das Floß den Achtersteven seitlich in die Luft und schwang sich auf den Wogenrücken, der im selben Augenblick tosend zusammenbrach, so daß es über den ganzen Kamm hin zischte und sprühte. Wir ritten durch tanzende, schäumende Wirbel, die brodelnd zu beiden Seiten über das Floß hereinquollen, während die schwere See sich unter uns vorbeiwälzte. Der Bug schwang sich zuletzt empor, als die Woge passierte, und wir glitten rücklings hinunter in ein breites Wellental. Doch da kam schon die nächste Wasserwand dahergejagt und türmte sich vor uns auf. Von neuem wurden wir elegant in die Luft gehoben. Brechend schlugen die klaren Wassermassen über unserem Steven zusammen, als wir die Kurve nahmen. Nun hatten uns die Wogen gänzlich quer gestellt, und es war unmöglich, das Floß rasch genug zu wenden. Die nächste See brauste daher und hob sich wie eine blinkende Wand aus dem Schaumstreifen. Und in dem Augenblick, da sie uns erreichte, überschlug sie sich in einem gewaltigen Brecher. Tosend stürzte er auf uns nieder. Ich wußte mir keinen Ausweg und hängte mich mit aller Kraft an einen Bambuspfosten, der aus dem Hüttendach herausstand. Da klammerte ich mich fest und hielt den Atem an, bis ich merkte, daß wir in die Höhe geschleudert wurden und alles umher in brausenden Schaumwirbeln verschwand. Plötzlich waren wir mit der »Kon-Tiki« wieder über dem Wasser und glitten langsam einen sanften Wogenrücken auf der anderen Seite hinab. Die Wellen waren wieder wie gewöhnlich. Vor uns jagten die drei schweren Wogenwände weiter übers Meer, und hinter uns tanzte eine lange Reihe von Kokosnüssen.
Die letzte Woge hatte der Hütte einen kräftigen Stoß gegeben, so daß Torstein im Radiowinkel herumgeschleudert wurde. Erschreckt von dem Krachen fuhren die anderen aus dem Schlaf, während das Wasser zwischen den Stämmen heraufspritzte und durch die Wände hereinrann. Auf der Backbordseite des Vorderdecks war das Bambusflechtwerk aufgerissen wie ein kleines Kraterloch, und der Taucherkorb am Bug war flachgeschlagen. Aber sonst war alles wie früher.
Wir erhielten nie eine sichere Erklärung, woher diese drei großen Wogen gekommen waren. Vermutlich wurden sie durch Veränderungen am Meeresboden verursacht, die in diesen Breiten nicht selten sind.
Zwei Tage später bekamen wir unseren ersten Sturm. Es begann damit, daß der Passat vollständig wegstarb. Auch die federleichten weißen Passatwolken verschwanden, die über uns im obersten Blau geschwommen waren. Rasch wurden sie von einer dicken, schwarzen Wolkenbank verdrängt, die über den Horizont im Süden herauf rollte. Schon kamen auch, meist aus ganz unerwarteten Richtungen, die ersten Böen dahergejagt. Der Steuerposten konnte nicht länger Ordnung halten. Kaum hatte er das Achterende gegen den neuen Wind gedreht, so daß das Segel wieder steif und sicher stand, so warfen sich die Windstöße schon wieder aus einer anderen Richtung auf uns und drückten die stolze Wölbung aus dem Segel, das sich knatternd wand und schlug und eine Gefahr für Last und Leute wurde. Plötzlich fuhr der Wind direkt aus der Richtung des Unwetters auf uns los. Schwarze Wolkenkulissen schoben sich drohend über den ganzen Himmel. Die steife Brise wurde immer stärker und entwickelte sich zu einem veritablen Sturm.
In unglaublich kurzer Zeit wurden die Seen um uns bis zu fünf Meter Höhe aufgewühlt. Vereinzelte Kämme schäumten sechs bis sieben Meter über den Wellentälern. Waren wir selber unten im Tal, reichten sie bis zur Mastspitze. Da hieß es »Alle Mann an Deck!« Gebückt wanden sie sich aus der Hütte.
Um die Radiostation zu schützen, spannten wir Segeltuch über die Hinterwand und die Backbordseite der Hütte. Alles Lose wurde sicher vertäut. Wir zogen das Segel ein und banden es an die Bambusrah. Da der Himmel sich bezog, wurden die Seen dunkel und drohend. Über das ganze Gesichtsfeld hin war das Meer rundum aufgewühlt und von weißschäumenden Brechern gekrönt. Lange Streifen toten Schaumes lagen in der Windrichtung hinter dem Rücken der Wellen. Überall, wo sich die Wogenkämme überschlagen hatten, standen diese langen, grünen Schlagspuren und schäumten in der blauschwarzen See. Die sich überschlagenden Kämme wurden vom Sturme fortgeblasen, und ein salziger Sprühregen hing über dem Meer. Ein richtiger Tropenregen kam hinzu. Mit heftigsten Windstößen prasselte Schauer um Schauer hernieder und peitschte die wogende Meeresfläche. Was uns aber an Haar und Bart herunterlief, das schmeckte nach Brackwasser, so sehr vermischten sich Regen und sprühende See. Nackt und frierend tasteten wir uns gebückt auf dem Deck umher und trafen die letzten Vorbereitungen für den Sturm. Es war wohl ein wenig gespannte Erwartung und Besorgnis in unseren Blicken, als das Unwetter sich über den Horizont heraufwälzte und uns einfing. Es war ja unser erster Sturm. Doch als er dann mit voller Wucht über uns herfiel und die »Kon-Tiki« sich über alles, was daherkam, so spielend leicht und elegant hinwegschwang, da wurde schließlich der Kampf mit dem Unwetter für uns zu einem spannenden Sport. Alle Mann freuten sich über die Wildheit rings um uns, die das Balsafloß so gut beherrschte. Immer wieder tanzte es wie ein Kork zuoberst auf den Spitzen, und die drohenden Wellenberge glitten unter uns fort. Das Meer hatte bei solchem Wetter viel mit dem Gebirge gemeinsam. Es war wie auf einer Hochebene im Sturm, hoch droben zwischen den obersten, grauen, nackten Bergflanken. Mochten wir auch mitten im Herzen der Tropen sein: Wenn das Floß über die wogende Meeresweite auf und nieder schlitterte, so dachten wir ständig an Fahrten an stiebenden Schneewächten und Abhängen entlang.
Die Ruderwache freilich mußte bei solchem Wetter höllisch aufpassen. Wenn steile Seen die vordere Hälfte des Floßes passierten, dann hoben sich die Stämme am Heck hoch aus dem Wasser. Doch in der nächsten Sekunde kippten sie nach unten und kletterten einen neuen Wogenkamm empor. Folgten die Seen so dicht aufeinander, daß uns die hintere erreichte, während die vordere noch unseren Bug in die Luft drückte, dann donnerten mit einem schreckenerregenden Brausen mächtige Wassermassen über die Ruderwache herein. Aber im nächsten Augenblick wippte der Achtersteven wieder in die Luft, und die Wasserflut verschwand zwischen den Stämmen wie durch die Zinken einer Gabel.
Wir rechneten aus, daß bei ruhiger See gewöhnlich alle sieben Sekunden ein Wogenkamm auf den anderen folgte und wir dabei an einem Tag rund zweihundert Tonnen Wasser übers Heck hereinbekamen. Diese Wassermenge merkten wir kaum, weil sie um die bloßen Beine der Steuerwache ruhig hereinströmte und ebenso ruhig zwischen den Stämmen wieder verschwand. Aber im tollen Unwetter wälzten sich im Laufe eines Tages mehr als zehntausend Tonnen Seewasser über unser Heck. Oft mochten das nur ein paar Liter sein, oft zwei bis drei Kubikmeter und in einzelnen Fällen sogar noch erheblich mehr, die da alle fünf Sekunden über Bord schäumten. Manchmal brachen sie mit einem ohrenbetäubenden Donnerschlag über das Heck herein, daß der Mann am Ruder bis zum Bauch im Wasser stand und das Gefühl hatte, sich gegen einen reißenden Gebirgsbach zu stemmen. Einen Augenblick stand das Floß gleichsam zögernd da. Aber dann rann die ungleichmäßige Last wieder in großen Kaskaden von Bord.
Hermann war mit seinem Anemometer ständig unterwegs und maß die Sturmstöße, die einen Tag anhielten. Dann flauten sie zu einer steifen Brise mit vereinzelten Regenböen ab, die weiterhin die See um uns im Kochen hielten. Wir aber segelten mit frischer Fahrt nach Westen.
Um zwischen den turmhohen Seen eine richtige Windmessung durchzuführen, mußte Hermann, soweit das möglich war, auf die schwankende Mastspitze hinaufklettern. Dort aber hatte er allem mit dem Festhalten mehr als genug zu tun.
Als der Sturm abflaute, schienen die Großfische rund um uns vollständig verrückt geworden zu sein. Das Wasser um das Floß war voll von Haien, Thunfischen, Dolfinen und vereinzelten verstörten Bonitos, die sich alle dicht unter den Bohlen oder in den nächsten Wogen um uns herumtrieben. Es war ein ständiger und wilder Kampf ums Leben. Große Fischrücken schnellten über das Wasser und schössen wie Raketen hintereinander her. Das Wasser um das Floß färbte sich mehr und mehr mit dickem Blut. Es waren vor allem Thunfische und Dolfine, die aneinandergerieten. Die Dolfine kamen in großen Schwärmen, die sich weit rascher und wacher bewegten als gewöhnlich. Der Thunfisch aber war der Angreifer. Mit seinen siebzig bis achtzig Kilogramm fuhr er oft hoch in die Luft, einen blutigen Dolfinschädel im Maul. Sausten auch einzelne Dolfine davon, verfolgende Thunfische dicht auf den Fersen, so blieb der übrige Dolfinschwarm doch eng beisammen an seinem Platz. Aber immer mehr zogen mit großen, klaffenden Wunden im Nackenkamm dahin. Ab und zu wurden auch die Haie blind vor Raserei. Wir sahen sie mit großen Thunfischen kämpfen, die dabei auf einen überlegenen Gegner stießen.
Nicht ein einziger kleiner Lotsenfisch war zu sehen. Entweder waren sie von den rasenden Thunfischen gefressen worden, oder sie hatten sich in den Zwischenräumen unterm Floß versteckt. Vielleicht waren sie auch geflohen, weit von der Walstatt fort. Wir wagten nicht, den Kopf ins Wasser zu stecken, um nachzusehen.
Wenn ich auch nachher über meine eigene, vollkommene Verstörtheit lachte, mir schlug doch das Herz bis zum Hals, als ich - dem Drange der Natur folgend - nach achtern mußte. Daß es Wellen im Wasserklosett gab, waren wir ja gewohnt. Doch als ich so am Floßrand hockte und plötzlich, völlig unerwartet, einen gewaltigen Stoß von hinten bekam, als etwas Großes, Kaltes, Glitschiges mit ungeheurer Wucht wie der Schädel eines Haies aus der See gegen mich losfuhr, da war es, als bliebe mir jede vernünftige Reaktion weg. Tatsächlich, mit dem Gefühl, einen Hai hintendran zu haben, war ich bereits in den Wanten auf dem Wege zum Mast, ehe ich mich besann Hermann, der gekrümmt vor Lachen über dem Steuerruder hing, konnte erzählen, daß es ein gewaltiger Thunfisch gewesen war, der seine siebzig Kilo kaltes Fischfleisch von der Seite gegen mein nacktes Ich geklatscht hatte. Derselbe Fisch versuchte später noch zweimal, einmal bei Hermanns und einmal während Torsteins Ruderwache, sich mit den Seen achtern an Bord zu wälzen. Beide Male war der fette Brocken ganz heroben auf dem Ende der Stämme. Jedesmal aber warf er sich selbst wieder über Bord, bevor wir den glatten Körper festhalten konnten.
Unser tägliches Brot. Dolfine schwimmen mit dem Floß über den ganzen Stillen Ozean. Sie sind wundervolle Speisefische und beißen zuverlässig an, wenn wir fliegende Fische an die Angel hängen.
Oben: Floßfahrer brauchen nie zu hungern. Ein guter Fang: Thunfische, Haie, Bonitos. Der fliegende Fisch im Vordergrund liegt zwischen zwei kleinen Tintenfischen und einem Remora-Fisch. Sie alle haben uns freiwillig die Ehre ihres Besuches erwiesen.
Unten: Freizeitidylle. Hesselberg ist unser Sänger und Musikant, und Raabys Lieblingsschlager ist das „Mädel aus Havanna".
Ein verstörter, dicker Bonito kam in hohem Bogen an Bord gesaust, und ein gieriger Thunfisch sprang ihm nach aufs Deck. Den hatten wir schon am Tag vorher an der Angel gehabt, aber er war uns wieder entkommen. Nun beschlossen wir, dem blutigen Chaos um uns ein Ende zu bereiten.
Das Tagebuch berichtet:
Ein Hai, sechs Fuß lang, ging zuerst an den Haken und wurde an Bord gezogen. Sobald der Haken wieder draußen war, schluckte ihn ein acht Fuß langer Hai. Wir zogen ihn an Bord. Wir warfen den Haken wieder aus und zogen neuerlich einen sechs Fuß langen Hai über den Rand des Floßes. Doch er riß sich los und tauchte. Rasch ging der Haken wieder hinaus. Ein acht Fuß langer Hai biß an und lieferte uns ein kräftiges Tauziehen. Wir hatten seinen Schädel glücklich auf den Stämmen, da biß uns der Bursche alle vier Stahltrossen durch und verschwand. Neue Haken hinaus, und wiederum kam ein Sechsfußhai an Bord. Es war jetzt zu gefährlich geworden, auf den glatten Stämmen am Heck zu stehen und zu fischen. Die drei Haie warfen ständig den Kopf in die Luft, lange nachdem man glauben sollte, daß sie tot sein müßten. So schleppten wir sie an den Schwänzen aufs Vorderdeck und zogen sie auf einen Haufen zusammen.
Kurz darauf ging uns ein dicker Thunfisch an die Angel und lieferte uns mehr Kampf als irgendein Hai, bevor wir ihn an Bord bekamen. Er war so fett und schwer, daß es keinem von uns glückte, ihn am Schwanze hochzuheben.
Die See wimmelte nur so von verzweifelt durcheinanderschießenden Fischrücken. Wieder schluckte ein Hai den Köder, riß sich aber los, als er an Bord sollte. Doch dann bekamen wir einen Sechsfußhai wohl geborgen auf die Stämme, gleich nach ihm einen fünf Fuß langen Burschen, der auch an Bord ging. Noch einmal fingen wir einen Sechsfußhai und zogen auch ihn in die Höhe. Wiederum warfen wir die Angel aus und zogen einen sieben Fuß langen Kerl herein.
Wo wir auch an Deck herumstiegen, lagen große Haie im Weg und schlugen den Schwanz in Zuckungen gegen die Stämme, trommelten auf die Bambushütte und schnappten um sich. Müde und ausgepumpt nach den Unwetternächten vorher begannen wir völlig irre zu werden, welche Haie ganz tot waren, welche noch krampfhaft schnappten, wenn wir ihnen nahe kamen, und welche noch springlebendig waren und mit ihren grünen Katzenaugen auf uns lauerten. Als wir neun große Haie kreuz und quer um uns herum liegen hatten, waren wir es so müde, an schweren Leinen zu ziehen und mit unbändigen Haien zu kämpfen, daß wir nach fünf Stunden verbissener Rauferei nun endgültig Schluß machten.
Am nächsten Tag gab es weniger Thunfische und Dolfine, aber ebenso viele Haie wie vorher. Wiederum begannen wir, sie an Bord zu ziehen, gaben es aber bald auf, da wir merkten, daß das frische Haiblut, das vom Floß rann, nur noch mehr dieser Bestien herbeilockte. Wir warfen alle Haikadaver über Bord und wuschen und spülten das Deck rein vom Blut. Von den scharfen Zähnen und der rauhen Haut der Haie waren die Bambusmatten arg zerfetzt. Was besonders blutig und zerrissen war, warfen wir in die See und legten neue goldgelbe Bambusmatten auf, von denen ein vielschichtiger Stapel am Vorderdeck festgezurrt war.
Wenn wir uns an diesen Abenden niederlegten, sahen wir im Traum noch das böse, gierige, blutige Haimaul vor uns. Der Geruch von Haifleisch hing uns in der Nase. Es war genießbar. Wenn man es in große Brocken zerschnitt und diese einen Tag in Seewasser hängenließ, so daß der Ammoniak ausgelaugt wurde, schmeckte es wie Schellfisch, aber Bonitos und Thunfische waren unvergleichlich besser.
An diesem Abend hörte ich zum ersten Mal, wie einer der Jungens bemerkte, jetzt würde es bald gut sein, sich auf einer Palmeninsel bequem ins Gras zu legen. Er würde sich freuen, einmal etwas anderes zu sehen als kalten Fisch und Seegang.
Der Sturm flaute ganz ab. Doch das Wetter wurde nie mehr so beständig und zuverlässig wie früher. Unberechenbare, heftige Windstöße führten ab und zu kräftige Regenschauer mit sich. Wir sahen das mit Freuden, denn unser Wasservorrat war zum großen Teil faulig geworden und schmeckte wie übelriechendes Sumpfwasser. Wenn der Regen am stärksten niederprasselte, sammelten wir das Wasser vom Hüttendach. Wir selber aber stellten uns nackt an Deck und genossen so richtig den Luxus, all das Salz mit Frischwasser abzuspülen.
Bald tummelten sich auch die Lotsenfische auf ihren gewohnten Plätzen um das Floß. Ob jedoch die alten nach dem Blutbad zu uns zurückgefunden hatten oder ob in der Hitze des Kampfes neue Gefolgsleute zu uns übergegangen waren, konnten wir nicht sagen.
Am 21. Juli erstarb der Wind plötzlich von neuem. Es war drückend schwül und völlig windstill. Wir wußten vom letzten Mal, was das zu bedeuten hatte. Und richtig, nach ein paar gewaltigen Windstößen aus Ost und West und Süd frischte der Wind auf und wuchs zu einer steifen Brise. Schwarze, dräuende Wolken wälzten sich im Süden über den Saum des Meeres empor. Hermann war ständig mit dem Windmesser draußen und maß vierzehn bis sechzehn Meter pro Sekunde, als plötzlich Torsteins Schlafsack über Bord gefahren kam.
Was sich nun abspielte, geschah in wenigen Augenblicken, weit rascher, als es sich erzählen läßt.
Hermann, der den Sack in seinem Flug zu fassen suchte, machte einen unüberlegten Schritt und ging über Bord. Wir hörten einen schwachen Hilferuf im Wogenlärm und sahen Hermanns Kopf und einen winkenden Arm, zusammen mit etwas Grünem, Unbestimmbarem, das sich im Wasser um ihn bog. Es ging ums Leben. Mit aller Kraft versuchte er in den hohen Seen, die ihn von der Backbordseite hinausgehoben hatten, zurück zum Floß zu kommen. Torstein, der achtern am Steuerruder stand, und ich selbst, der vorn am Bug war, bemerkten ihn zuerst und wurden vom Schrecken geschlagen. Wir brüllten aus vollem Hals: »Mann über Bord!« und liefen zum nächsten Rettungsgerät. Im Tosen des Meeres hatten die anderen Hermanns Ruf überhaupt nicht gehört. Doch auf einmal kam Bewegung in die Mannschaft, und es wurde lebendig an Deck. Hermann war ein glänzender Schwimmer. Wenn uns auch sofort klar war, daß sein Leben auf dem Spiele stand, so hatten wir doch berechtigte Hoffnung, daß es ihm glücken wurde, zur Kante des Floßes zurückzukraulen, bevor es zu spät war.
Torstein, der zunächst stand, warf sich über die Bambustrommel mit der Leine, die wir fürs Gummiboot brauchten, denn er hatte sie in Reichweite. Doch gerade jetzt, das einzige Mal auf der ganzen Reise, verklemmte sie sich. All das geschah im Laufe von wenigen Sekunden. Hermann war jetzt auf gleicher Höhe mit dem Heck, und seine letzte Chance bestand darin, gegen das Blatt des Steuerruders zu schwimmen und sich dort festzuhängen. Doch das ging nicht. Er streckte sich nach dem Ruderblatt, aber immer wieder glitt es ihm davon. Und jetzt war er hinter dem Floß und lag genau dort, wo wir schon soviel anderes gesehen hatten, das wir nie mehr wieder bekamen. Während Bengt und ich das Schlauchboot aufs Wasser setzten, warfen Knut und Erich die Rettungsweste aus, die an einer langen Leine unter dem Hüttendach bereithing. Doch heute war der Winddruck so stark, daß sie auch beim kräftigsten Wurf wiederum zurück aufs Deck flog. Nach ein paar vergeblichen Versuchen lag Hermann bereits weit hinter dem Steuerruder und kraulte ums Leben, um dem Floß nachzukommen. Doch mit jedem Windstoß vergrößerte sich der Abstand zwischen ihm und uns. Er erkannte, daß von nun an der Zwischenraum immer größer werden würde, doch hoffte er schwach auf das Gummiboot, mit dem wir vom Floß abgestoßen waren. Ohne bremsende Leine wäre es vielleicht möglich gewesen, mit dem Schlauchboot den schwimmenden Mann zu erreichen. Ob jedoch das Gummifloß die »Kon-Tiki« jemals wieder einholen würde, das war eine andere Frage. Immerhin, drei Mann im Schlauchboot hatten eine Chance. Ein Mann im Meer hatte keine.
Plötzlich sahen wir Knut einen Anlauf nehmen und sich mit einem Satz kopfüber in die Wogen stürzen. Er hatte die Schwimmweste in der einen Hand und hielt sich daran fest. Jedesmal, wenn Hermanns Kopf auf einem Wogenrücken in Sicht kam, war Knut verschwunden. Jedesmal, wenn Knut in die Höhe kam, war Hermann weg. Aber dann sahen wir auf einmal beide Köpfe nebeneinander. Sie waren einander entgegengeschwommen und klammerten sich nun alle zwei an die Rettungsweste. Knut winkte mit dem Arm. Da wir in der Zwischenzeit das Gummiboot wieder hochgezogen hatten, packten wir alle vier die Leine zur Schwimmweste und zogen ums Leben. Denn draußen bewegte sich hinter den beiden etwas Großes und Dunkles in den Wellen. In wilder Hast holten wir die Leine ein und starrten wie gebannt auf die geheimnisvolle Bestie dahinten im Wasser, die ein großes, grünschwarzes Dreieck über die Wogenkämme herausstreckte. Diese dreieckige Rückenflosse hatte schon Knut einen Schock versetzt, als er hinaussprang, um Hermann entgegenzuschwimmen. Nur Hermann allein wußte, daß dieses Dreieck weder zu einem Hai noch zu einem anderen Ungeheuer gehörte. Es war ein luftgefülltes Eck von Torsteins wasserdichtem Schlafsack. Doch der Schlafsack schwamm nicht lange hinterher. Als wir die zwei an Bord zogen, war er plötzlich verschwunden.
Je nun, wer auch immer den Schlafsack in die Tiefe gezogen haben mochte, er hatte eben eine bessere Beute versäumt.
»Bin ich froh, daß ich nicht drinstecke!« sagte Torstein und griff wieder nach dem Steuerruder.
Im übrigen aber war er an diesem Abend sehr sparsam mit munteren Antworten. Uns allen ging es noch lange eisig durch Mark und Bein, sooft wir daran dachten. Doch in das kalte Gruseln mischte sich warme Dankbarkeit, daß wir weiterhin sechs Mann an Bord waren. Wir hatten Knut sehr viel Schönes zu sagen an diesem Tag, Hermann und auch wir anderen.
Doch es blieb uns nicht viel Zeit, an das zu denken, was geschehen war. Rund um uns wurde es schwarz, und die Windstöße nahmen ständig an Stärke zu. Bevor noch die Nacht kam, ritten wir schon in einen neuen Sturm hinein. Endlich kamen wir auf den Gedanken, die Rettungsweste an einer langen Leine hinter dem Floß nachzuziehen. Nun hing sie weit hinter dem Steuerruder, und wir konnten auf sie zuschwimmen, wenn einer von uns mit einer Bö wieder über Bord gehen sollte. Die Nacht brach herein. Im tobenden Unwetter wurde es völlig finster um uns. Wir konnten den Sturm nur noch hören und fühlen. Der Wind heulte in den Masten und Pardunen und warf sich mit so wilden Stößen gegen die ächzende Hütte, daß wir glaubten, sie müsse über Bord fliegen. Doch wir hatten Segeltuch darüber gedeckt und es gut verankert. Bald spürten wir, wie die »Kon-Tiki« in den schäumenden Wogen umhergeworfen wurde und die Stämme unseres Floßes in ständigem Auf und Ab über die brechenden Kämme hinwegtanzten. Wir waren immer wieder erstaunt, daß keine Wasserkaskaden durch die klaffenden Spalten zwischen den Bohlen heraufspritzten. Doch die Zwischenräume wirkten nur wie ein richtiggehender Blasebalg, durch den eine scharfe Luft auf und nieder pfiff.
Fünf volle Tage tobte die See. Sturm wechselte mit steifem Wind. Tief aufgewühlt wogte das Meer. Die weiten Wellentäler waren erfüllt vom brausenden Rauch zerstäubender, graublauer Seen. Heulende Windstöße peitschten die Wogenrücken, die unter dem Druck des Sturmes gleichsam lang und flachgepreßt einherfegten. Dann, am fünften Tag, riß die unheildrohende schwarze Wolkendecke auseinander, und ein Stückchen Blau guckte hindurch. Langsam verzog sich das Unwetter, und bald strahlte der ewig siegende blaue Himmel wieder im Sonnenglast. Wir hatten den Sturm überstanden. Das Steuerruder war geknickt, das Segel zerfetzt, und die Senkkiele hingen lose. Sie hatten alle Taue abgestreift, von denen sie unter Wasser festgehalten wurden, und schlugen nun wie Brecheisen zwischen den Stämmen.
Aber wir selbst und die Ladung waren allesamt völlig unbeschädigt.
Nach zwei Stürmen war die »Kon-Tiki« recht schlottrig geworden. Das ganze Gefüge hatte sich gelockert. Durch die Belastung bei der Fahrt über steile Wogenrücken hatten sich alle Taue gedehnt. Dauernd bewegten sich die Stämme, und so hatten sich die Seile tief in das weiche Balsaholz hineingefressen. Wir dankten dem Schicksal, daß wir dem Vorbild der Inkas gefolgt waren und keine Stahltrossen verwendet hatten. Die hätten uns im Sturm das ganze Floß einfach zu Kleinholz gesägt. Und hätten wir knochentrockenes, hochhinausschwimmendes Balsaholz zum Floßbau benützt, so wären die Bohlen schon längst, vollgesogen mit Seewasser, unter uns im Meer versunken. Doch der Saft in den frischen Stämmen wirkte als Imprägnierung und hinderte das Wasser, in das poröse Balsaholz hineinzusickern. Nun aber ließ das Tauwerk so viel Spielraum, daß man leicht mit dem Fuß zwischen die Stämme rutschen konnte. Das war gefährlich genug. Drückten die Bohlen nämlich mit gewaltiger Kraft zusammen, so quetschten sie einem bestimmt das Bein ab. Vorn und achtern, wo kein Bambus darüberlag, mußten wir daher höllisch aufpassen. Da standen wir nun mit je einem Bein auf einem schwankenden Stamm. Die Bohlen gingen auf und nieder, und wir versuchten, ihre Bewegung mit den Knien auszugleichen. Die Stämme waren glatt wie Bananenblätter und von glitschigen Wasserpflanzen überzogen. Wir säuberten unseren Weg zum Ruder von allem lästigen Grünzeug und befestigten ein Brett, auf dem der Steuerposten stehen konnte. Trotzdem war es nicht leicht, bei hohem Seegang festen Fuß zu fassen. Auf Backbord war einer von den neun großen Riesen besonders ungebärdig. Er stieß und stampfte Tag und Nacht mit dumpfem, nassem Schlag gegen die Querbalken. Auch das Tauwerk, das die beiden schrägen Masten an der Spitze zusammenhielt, gellte und schrie ganz fürchterlich, denn sie waren auf zwei verschiedenen, weit auseinanderliegenden Stämmen aufgesetzt und bewegten sich dauernd gegeneinander.
Wir versteiften das Steuerruder durch zwei lange Schienen aus eisenhartem Mangleholz, die wir an beiden Seiten festbanden. Erich und Bengt als Segelmacher nahmen sich der zerrissenen Leinwand an, und bald stand der Kon-Tiki-Kopf wieder vor unserem Mast und spannte die Brust in straffer Wölbung gegen Polynesien. Das Steuerruder tanzte hintennach in den Wogen, die bei diesem guten Wetter sanft und mild unter uns dahinglitten. Nur die Senkkiele wurden nie mehr ganz die alten. Sie nahmen den Wasserdruck nicht mit voller Kraft, sondern gaben nach, und da die Pardunen unter dem Floß sie nicht mehr festhielten, pendelten sie dauernd hin und her. Doch es war sinnlos, das Tauwerk an der Unterseite zu kontrollieren. Es war ganz von Tang übergrünt. Wir trugen das ganze Bambusdeck ab und fanden, daß nur drei von den Haupttauen gerissen waren. Sie hatten schlecht gelegen und wurden von der Last, die gegen sie drückte, durchgewetzt. Die Stämme waren viel schwerer geworden. Sie hatten ersichtlich eine gewaltige Menge Wasser aufgesogen. Doch die übrige Last war leichter geworden. Es kam so ziemlich auf das gleiche heraus. Das meiste von Proviant und Trinkwasser war ja bereits verbraucht, ebenso die Trockenbatterien für die Telegraphisten. Die Stämme würden schon noch eine Weile zusammenhalten und uns bis zu den Inseln hinübertragen. Nach dem letzten Sturm waren wir überzeugt, daß unser Floß durchhalten würde.
Ein anderes Problem trat in den Vordergrund: Wo sollte die Reise enden?
Die »Kon-Tiki« würde gnadenlos weiter nach Westen schaukeln, bis sie ihren Bug gegen eine solide Klippe oder einen anderen festen Grund stieß, der die Trift blockierte. Die Reise war nicht zu Ende, bevor wir nicht alle Mann an einer von den zahlreichen Südseeinseln wohlbehalten an Land kamen.
Als wir den letzten Sturm hinter uns hatten, war es ganz ungewiß, wohin das Floß mit uns treiben würde. Wir waren nun von den Marquesasinseln und von der Tuamotugruppe gleich weit entfernt. Bei unserer jetzigen Position konnte es uns passieren, daß wir zwischen beiden Inselgruppen hindurchsegelten, ohne einen Schimmer von Land zu erblicken. Die nächste Insel in der Marquesasgruppe lag im Nordwesten, dreihundert Meilen vor uns, und die nächste Insel der Tuamotugruppe lag im Südwesten, ebenfalls dreihundert Meilen entfernt. Das Eiland, das uns im Nordwesten am nächsten lag, war kein anderes als Fatuhiva. Jene kleine, dschungelbedeckte Berginsel, auf der ich in einer Pfahlhütte am Strand gewohnt und den lebendigen Erzählungen des alten Eingeborenen vom Stammgott Kon-Tiki gelauscht hatte. Wenn unsere »Kon-Tiki« denselben Strand anlief, würde ich sicher viele Bekannte treffen, doch kaum den Alten selbst. Der hatte wohl schon längst in der heimlichen Hoffnung, den wirklichen Tiki wiederzusehen, die »lange Reise« angetreten. Trug es uns gegen die Felseilande der Marquesasgruppe, so lagen dort die wenigen Inseln weit auseinander. Ungehemmt donnerte das Meer gegen die steilen Klippenwände, die nur selten von Talmündungen durchbrochen wurden. Davor lag dann immer ein schmaler Strand und bot eine Landungsmöglichkeit. Aber diese Zugänge mußte man finden.
Trug es uns jedoch gegen die Korallenriffe der Tuamotugruppe, so lagen hier zwar zahlreiche Inseln dicht beieinander und bedeckten eine gewaltige Meeresfläche, aber diese waren auch bekannt als die »niedrigen« oder »gefährlichen« Inseln. Die ganze Gruppe ist einzig und allein aus Korallen aufgebaut. Sie besteht aus heimtückischen Unterwasserklippen und palmenbestandenen Atollen, die sich nur zwei bis drei Meter über die Meeresfläche erheben. Gefährliche Ringriffe schlingen sich schützend rund um jedes Atoll und bedrohen den Schiffsverkehr. So verschieden die Eilande auch sind, tote Vulkane die Marquesasinseln, flache Korallenbänke die Tuamotuatolle, so werden sie doch von der gleichen polynesischen Rasse bewohnt, und auf beiden Gruppen betrachten die Häuptlinge Tiki als ihren Stammvater.
Schon am 3. Juli - wir waren noch tausend Seemeilen von Polynesien entfernt - verriet uns die Natur selber, daß es irgendwo, weit draußen vor uns im Meer, wirklich Land geben mußte. Das hatte sie vor vielen Jahrhunderten auch den Naturmenschen aus Peru verraten. Wir waren wohl schon tausend Seemeilen von der peruanischen Küste entfernt, sichteten aber immer noch kleine Schwärme von Fregattvögeln. Nachdem wir etwa 100 Grad West erreicht hatten, tauchten sie nicht mehr auf, und wir bekamen nur mehr kleine seebewohnende Sturmvögel zu Gesicht.
Aber am 3. Juli - wir lagen ungefähr 125 Grad West - waren die Fregattvögel wieder da. Von nun an beobachteten wir fast jeden Tag kleine Schwärme, die hoch am Himmel dahinzogen oder in raschen Schwüngen sich herunterstürzten und knapp über die Wogenkämme dahinstrichen. Sie schnappten fliegende Fische, die in die Luft sprangen, um den Dolfinen zu entgehen. Nachdem die Vögel uns nicht von Amerika gefolgt waren, mußten sie auf einem anderen Land vor uns im Westen zu Hause sein.
Am 16. Juli verriet sich die Natur noch deutlicher. Da zogen wir einen neun Fuß langen Hai herauf, der einen großen, unverdauten Seestern herauswürgte. Er mußte ihn von der einen oder anderen Küste draußen im Weltmeer geholt haben.
Und schon am nächsten Tag bekamen wir den ersten ganz unanzweifelbaren Besuch von den polynesischen Inseln.
Es war ein großer Augenblick an Bord, als wir über dem Horizont im Westen zwei große Tölpel entdeckten. Kurz darauf segelten sie in niederer Höhe über unseren Mast. Mit einer Flügelspannweite von anderthalb Metern umkreisten sie uns mehrere Male. Dann falteten sie die Schwingen zusammen und ließen sich auf den Wellen an unserer Seite nieder. Die Dolfine stürzten stracks herbei und schwänzelten neugierig um die großen schwimmenden Vögel. Aber keiner der Partner rührte den anderen an. Die Tölpel waren die ersten lebendigen Boten von den Inseln, durch die uns Polynesien begrüßte und willkommen hieß. Sie kehrten am Abend nicht zurück, sondern ruhten auf der See. Nach Mitternacht noch hörten wir sie im Kreis um den Mast segeln und heiser schreien.
Die fliegenden Fische, die uns an Bord sprangen, waren jetzt auch von einer anderen und weit größeren Art. Ich erkannte sie wieder von meinen Fischzügen mit den Eingeborenen längs der Küste von Fatuhiva.
Drei Tage lang trieben wir gerade auf Fatuhiva zu. Aber dann kam ein kräftiger Nordostwind und drängte uns in Richtung auf die Tuamotuatolle. Er blies uns aus dem eigentlichen Äquatorstrom heraus, und nun war gleichsam kein rechter Schick mehr in der Strömung. Einen Tag war sie da, einen Tag war sie weg. Sie hatte sich in viele Äste gespalten, die sich wie unsichtbare Bäche über das Meer hinaus verzweigten. War die Strömung reißend, dann gab es oft starke Dünungen, und die Wassertemperatur sank häufig um einen ganzen Grad. Aus der Abweichung zwischen der von Erich täglich gemessenen und der berechneten Position konnten wir Stärke und Richtung der Strömung bestimmen.
Nun, an der Türschwelle von Polynesien, ließ uns plötzlich der Wind im Stich, und wir lagen obendrein in einem Strömungsast, der zu unserem Schrecken Kurs in Richtung auf die Antarktis hatte. Vollkommen windstill wurde es allerdings nicht. Das hatten wir auf der ganzen Reise nicht erlebt. War die Brise flau, so hißten wir alle Lappen, die wir an Bord hatten, um auch den kleinsten Luftzug auszunutzen. So kamen wir vorwärts. An keinem einzigen Tag trieben wir gegen Amerika zurück. Unsere geringste Tagesleistung war neun Seemeilen oder armselige siebzehn Kilometer, die durchschnittliche Tagesleistung immerhin zweiundvierzigeinhalb Seemeilen oder achtundsiebzigeinhalb Kilometer.
Der Passat hatte trotzdem nicht das Herz, uns knapp vor der Landung gänzlich zu verlassen. Er meldete sich wieder zum Dienst und schob und stieß die wackelige »Kon-Tiki« vor sich her. Wir hatten einen neuen Weltteil vor uns und traten zum Endspurt an.
Jeden neuen Morgen tauchten ständig größere Schwärme von Seevögeln auf, die planlos nach allen Richtungen über uns kreisten. Eines Abends aber, als die Sonne gerade ins Meer tauchen wollte, bemerkten wir, daß ein mächtiges Tempo in die Vögel gefahren war. Ohne sich um uns oder die fliegenden Fische zu kümmern, zogen sie rauschend nach Westen. Von der Mastspitze aus konnten wir sehen, daß alle, woher sie auch immer kamen, mit gleichem Kurs genau auf ein und denselben Punkt zusteuerten. Vielleicht sahen sie etwas von oben, das wir nicht ausmachen konnten. Vielleicht flogen sie auch nur nach ihrem Instinkt. Jedenfalls hatten sie einen ganz bestimmten Kurs. Sie flogen nach Hause zu der nächsten Insel, auf der sie ihre Nistplätze hatten.
Wir drehten das Steuerruder herum und nahmen genau den gleichen Kurs, mit dem die Vögel verschwunden waren. Spät in der Nacht noch hörten wir den Schrei vereinzelter Nachzügler, die unter dem Sternenhimmel über uns dahinzogen. Wir fuhren in der gleichen Richtung. Es war eine wunderbare und seltsame Nacht. Im Laufe unserer Reise auf der »Kon-Tiki« war nun der Mond fast zum dritten Mal voll geworden.
Am Tag darauf gab es noch mehr Vögel über uns. Aber wir brauchten nicht zu warten, bis sie uns am Abend erneut den Weg zeigen würden. Wir entdeckten eine wunderliche stillstehende Wolke am Himmelssaum. Die anderen Wolken waren stets kleiner, federleichter Wollflaum. Sie tauchten im Süden auf, trieben mit dem Passat über die Himmelswölbung und verschwanden hinter dem Horizont im Westen. So hatte ich die Passatwolken auf Fatuhiva kennengelernt. Nicht anders waren sie auch über uns an Bord der »Kon-Tiki« Tag und Nacht dahingezogen. Doch die einzelne Wolke am Horizont da drunten im Südwesten bewegte sich nicht. Ruhig stand sie wie eine Säule aus Wasserdampf, während die Passatwolken vorbeitrieben. Kumulonimbus ist der lateinische Name für diese Wolkenart. Das wußten zwar die Polynesier nicht, aber sie wußten, daß unter solchen Wolken Land liegt. Wenn nämlich die Tropensonne über heißem Sand brütet, dann steigt ein Strom warmer und feuchter Luft in die Höhe, der oben in den kälteren Schichten kondensiert wird.
Wir steuerten nach dieser Wolke, bis sie nach Sonnenuntergang verschwand. Der Wind war stetig, und mit festgezurrtem Steuerruder hielt die »Kon-Tiki« ihren Kurs selbst. So waren wir bei gutem Wetter schon oft übers Meer gesegelt. Die Ruderwache hatte den Auftrag, soviel als möglich Ausguck zu halten. So saß denn der Steuerposten die meiste Zeit auf einem blankgeschliffenen Brett in der Mastspitze und spähte nach allem, was auf Land deutete.
Ohrenbetäubende Vogelschreie gellten über uns die ganze Nacht hindurch, und der Mond war fast voll.