XVI. DIE GANZE ANTWORT

Hansen sprang wie von der Tarantel gestochen von seinem Stuhl auf. Sein Atem ging pfeifend durch die halbgeöffneten Lippen.

Der Admiral, der kaum weniger überrascht war, rief: »Heilige Milchstraße, Mann! Ist das Ihr Ernst?«

»Setzen Sie sich, Hansen«, sagte Lucky, »wir wollen einmal sehen, ob alles zusammenpaßt. Falls ich mich irre, dann müßte in der Geschichte irgendwo eine Ungereimtheit auftauchen, oder etwa nicht? Es fängt alles mit Captain Antons Landung auf der Atlas an. Obwohl sein Verstand in der verkehrten Richtung operierte, war er doch ein fähiger und intelligenter Mann. Er mißtraute mir und meiner Geschichte. Er machte also eine dreidimensionale Aufnahme von mir (das dürfte kein Problem gewesen sein, selbst wenn ich es nicht bemerkt habe) und schickte das Photo zum Boß, um sich Anweisungen zu holen. Dem Boß kam es so vor, als ob er mich erkennen würde. Wenn Sie, Hansen, der Boß waren, ist das logisch, denn schließlich haben Sie mich ja tatsächlich erkannt, als wir uns begegnet sind.

Der Boß gab also Anweisung, daß ich zu töten sei. Anton amüsierte sich damit, mich zu diesem Zweck in ein Stoßpistolenduell mit Dingo zu schicken. Dingo erhielt eindeutige Anweisung, mich zu liquidieren. Das hat Anton in seiner letzten Unterhaltung mit mir offen zugegeben. Aber als ich dann zurückkam und zudem noch Antons Ehrenwort hatte, daß ich eine Chance bekäme, falls ich überleben sollte, mußten Sie höchstpersönlich eingreifen. Ich wurde also auf Ihren Asteroiden geschickt.«

»Aber das ist doch der helle Wahnsinn«, platzte Hansen heraus. »Ich habe Ihnen nichts zuleide getan. Ich habe Ihnen die Haut gerettet und Sie zur Ceres gebracht.«

»Stimmt, das haben Sie getan und sind auch noch mitgekommen. Ich hatte mir vorgenommen, in die Piratenorganisation zu gelangen, um mir dort die notwendigen Informationen zu verschaffen. Sie verfielen auf die gleiche Idee, mit umgekehrten Vorzeichen, versteht sich, und waren dabei auch noch viel erfolgreicher als ich. Sie haben mich zur Ceres gebracht und sind gleich selbst mitgekommen. Sie merkten, wie unvorbereitet wir waren, und wie sehr wir die Piratenorganisation unterschätzten. Das bedeutete, daß Sie mit Volldampf zu Werke gehen konnten.

Der Ceresüberfall erscheint in diesem Licht jetzt auch sinnvoll. Ich könnte mir vorstellen, daß Sie irgendwie mit Anton in Verbindung getreten sind. Taschensender für den Subätherbereich gibt es, und intelligent gemachte Codeverschlüsselungen kann man sich ausdenken. Sie sind nicht in den oberen Korridor gegangen, um gegen die Piraten zu kämpfen, sondern um mit ihnen zu verschwinden. Man hat Sie nicht getötet, sondern >gefangengenommen<. Das war ganz schön seltsam. Falls Ihre Geschichte gestimmt hätte, wären Sie für die Piraten ein gefährlicher Mitwisser gewesen. Die hätten Sie abknallen sollen, sobald Sie sich zeigten. Aber nein, man hat Ihnen kein Haar gekrümmt. Statt dessen brachten die Piraten Sie an Bord von Antons Flaggschiff und nahmen Sie zum Ganymed mit. Sie waren noch nicht einmal gefesselt oder unter Bewachung. Sie konnten sich ohne Schwierigkeit leise an Anton heranmachen und ihn niederschießen.«

»Aber ich habe ihn doch erschossen«, rief Hansen laut und mit Verzweiflung in der Stimme, »warum in aller Welt hätte ich ihn erledigen sollen, wenn ich der bin, der Sie behaupten?«

»Weil Anton wahnsinnig war. Er war bereit, sich eher von mir rammen zu lassen, als klein beizugeben, oder das Gesicht zu verlieren. Sie hingegen trugen sich mit großen Plänen und hatten nicht im mindesten Lust zu sterben, nur um Antons Eitelkeit zu befriedigen. Ihnen war klar, daß selbst für den Fall, daß wir Anton daran hindern konnten, mit Ganymed Verbindung aufzunehmen, sich die ganze Sache bestenfalls nur etwas hinausgezögert hätte. Wenn wir Ganymed später doch angreifen würden, käme es so oder so zum Krieg. Wenn Sie dann Ihre Rolle als Einsiedler weiterspielen würden, fände sich schon irgendwann eine Gelegenheit zu flüchten und Ihre wahre Identität wieder aufleben zu lassen. Was bedeutete dabei schon Antons Leben und der Verlust eines Schiffes?«

»Wo bleiben die Beweise?« fragte Hansen. »Das sind doch Spekulationen, sonst nichts! Wo sind die Beweise?«

Der Admiral, der die ganze Zeit von einem zum anderen geschaut hatte, raffte sich zu einem Entschluß auf. »Sehen Sie mal, Starr, dieser Mann gehört mir. Wir werden die Wahrheit schon aus ihm herausholen.«

»Nur keine unnötige Hast, Admiral. Meine Stunde ist noch nicht um. Spekulation, Hansen? Dann wollen wir mal weitermachen. Ich habe also versucht, Ihren Felsen wiederzufinden, aber Sie wußten die Koordinaten nicht, was komisch war, selbst wenn man Ihnen Ihre detaillierten Erklärungen abnimmt. Ich berechnete also die Koordinaten aus der Flugbahn, die uns von Ihrem Felsen nach Ceres gebracht hat, und dabei stellte sich heraus, daß die Werte eine Stelle im Bereich der verbotenen Zonen bezeichneten. Dort konnte sich, wenn alles mit rechten Dingen zuging, kein Asteroid befinden. Da ich mir aber hundertprozentig sicher war, daß meine Berechnungen stimmten, war mir klar, daß sich Ihr Felsen gegen die Naturgesetze dort befinden mußte.«

»Was? Was soll los sein?« sagte der Admiral verwirrt.

»Ich will damit andeuten, daß ein Asteroid nicht unbedingt in der vorgeschriebenen Bahn fliegen muß, wenn er nur klein genug ist. Man kann so einen Asteroiden mit hyperatomaren Motoren bestücken und ihn aus seiner Umlaufbahn bewegen, wie ein Raumschiff. Wie wollen Sie sonst erklären, daß sich ein Asteroid in der verbotenen Zone aufhält?«

»So etwas einfach zu behaupten bedeutet nicht, daß es sich auch tatsächlich so verhält«, unterbrach Hansen ungehalten. »Ich weiß wirklich nicht, warum Sie mir das antun, Starr. Wollen Sie mich auf die Probe stellen? Ist das Ganze ein Trick von Ihnen?«

»Kein Trick, Mr. Hansen. Ich bin zu Ihrem Felsen zurückgeflogen. Ich hatte damit gerechnet, daß Sie ihn nicht weit fortbewegen würden. Ein manövrierbarer Asteroid hat gewisse Vorteile. Ganz gleich wie oft man ihn entdeckt oder wie oft man seine Koordinaten feststellt und die Umlaufbahn berechnet, es wird immer möglich sein, Verfolger oder Beobachter dadurch abzuschütteln, daß man die Umlaufbahn verändert. Andererseits geht man mit einem beweglichen Asteroiden auch gewisse Risiken ein. Ein Astronom, der ihn bei einem Stellungswechsel zufällig gerade beobachtet, würde sich vielleicht wundern, weshalb ein Asteroid die Ekliptik verläßt oder in die verbotene Zone wandert. Oder falls er mit dem Teleskop nahe genug herankommt, könnte er sich auch die Frage stellen, warum ein Asteroid Auspuffgase hinter sich herzieht.

Ich könnte mir vorstellen, daß Sie Ihren Brocken bereits einmal bewegt haben, um Antons Schiff auf halber Strecke zu treffen, damit ich auf Ihrem Asteroiden angelandet werden konnte. Ich war mir ganz sicher, daß Sie so kurz darauf nicht schon wieder eine große Verlegung vornehmen würden. Vielleicht nur gerade soweit, um in der nächsten Asteroidenwolke unterzutauchen. Also bin ich zurückgeflogen und habe mich in der Gegend nach einem Asteroiden umgesehen, der ungefähr die richtige Größe und Form hatte. Ich habe ihn auch gefunden. Ich bin auf einen Asteroiden gestoßen, der in Wirklichkeit Base, Fabrik und Versorgungslager in einem war. Ich konnte auch die Geräusche von riesigen Hyperatommotoren hören, die durchaus imstande waren, den ganzen Brocken zu bewegen. Es handelt sich um eine vom Sirius importierte Anlage, glaube ich.«

»Aber das war doch nicht mein Felsen«, erwiderte Hansen.

»Nein? Aber Dingo wartete dort schon auf mich. Er hat damit angegeben, daß er mir gar nicht hatte folgen müssen, sondern genau gewußt habe, wohin ich fliegen würde. Der einzige Ort, von dem er wissen konnte, daß ich ihn ansteuern würde, war Ihr Felsen. Daraus schließe ich, daß sich auf der einen Seite desselben Felsens Ihre Wohnanlage und auf der entgegengesetzten die Piratenbase befindet.«

»Nein, stimmt nicht«, schrie Hansen. »Ich überlasse alles der Beurteilung durch den Admiral. Tausende von Asteroiden sehen so wie meiner aus, und für die beiläufig fallengelassene Bemerkung eines Piraten bin ich nicht verantwortlich.«

»Es gibt aber noch einen Beweis, der Ihnen vielleicht triftiger erscheint«, fuhr Lucky fort. »Es gab auf dieser Piratenbase ein Tal zwischen zwei Felsvorsprüngen, das mit leeren Büchsen angefüllt war.«

»Leere Büchsen!« schrie der Admiral. »Was bei allen Kometen der Milchstraße hat das mit der Sache zu tun, Starr?«

»Hansen pflegte seine leeren Dosen auf die Oberfläche seines Asteroiden zu befördern. Er meinte, der Gedanke, von seinem eigenen Müll umkreist zu werden, behage ihm nicht.

Wahrscheinlich war der wirkliche Grund der, daß ihn sein eigener Abfall verraten könnte. Ich habe das Dosental bei unserem Abflug mit eigenen Augen gesehen. Als ich mich der Piratenbase näherte, habe ich es wieder gesehen. Das war der ausschlaggebende Grund, weswegen ich dort zu Kundschaftszwecken gelandet bin und nichts anderes. Sehen Sie sich den Mann hier doch einmal an, Admiral, und dann sagen Sie mir, ob ich die Wahrheit sage oder nicht.«

Hansens Gesicht war wutverzerrt. Das war nicht mehr derselbe Mann. Jede Spur von Güte war verschwunden. »In Ordnung, na und? Was soll ich tun?«

»Ich will, daß Sie sich mit Ganymed in Verbindung setzen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, daß Sie das früher bereits getan haben. Man wird Sie dort kennen. Erzählen Sie denen, daß die Asteroiden sich der Erde ergeben haben und uns gegebenenfalls gegen den Sirius zu Hilfe kommen werden.«

Hansen brach in Gelächter aus. »Warum sollte ich das tun? Sie haben mich, aber die Asteroiden haben Sie nicht. Die können Sie nicht durchforsten.«

»Wenn wir Ihren Brocken erobern, dann sind wir sehr wohl dazu in der Lage. Dort befinden sich doch wohl alle notwendigen Aufzeichnungen, oder etwa nicht?«

»Versuchen Sie doch, ihn zu finden«, erwiderte Hansen rauh. »Versuchen Sie nur ruhig, ihn in einem Wald von Asteroiden zu orten. Sie haben doch selbst eben gesagt, daß er sich bewegen kann.«

»Das wird einfach sein, denken Sie an das Dosental«, sagte Lucky.

»Nur zu. Nehmen Sie jeden Brocken unter die Lupe, bis Sie das Tal gefunden haben. Dazu werden Sie eine Million Jahre brauchen.«

»Nein, höchstens einen Tag, oder so. Als ich von der Piratenbase gestartet bin, habe ich mir die Zeit genommen, das Tal mit einem Hitzestrahl zu beschießen. Das hat die Büchsen zum Schmelzen gebracht, die dann wieder zu einem glitzernden großflächigen Metallfilm erstarrt sind. Rosten kann das Ganze nicht, schließlich gibt es auf dem Felsen keine Atmosphäre, also wird die Oberfläche genauso bleiben, wie die Tore für ein Stoßpistolenduell. Sie fängt Sonneneinstrahlung auf und reflektiert sie gebündelt. Alles, was das Observatorium auf Ceres tun muß, ist den Himmel in Quadranten aufzuteilen und dann nach einem Asteroiden zu suchen, der ungefähr zehnmal so hell ist, wie es seiner Größe entspricht. Ich habe sie mit der Suche anfangen lassen, bevor ich überhaupt losgeflogen bin, um Anton abzufangen.«

»Das ist gelogen.«

»Ach, tatsächlich? Lange, bevor ich die Sonne erreichte, empfing ich eine Subäthermeldung mit einer Photographie. Hier ist sie.« Lucky zog das Photo unter dem Löschblatt auf dem Schreibtisch hervor. »Der helle Punkt mit der Pfeilmarkierung ist Ihr Felsen.«

»Glauben Sie vielleicht, Sie könnten mir Angst einjagen?«

»Ich hätte Angst, wenn ich Sie wäre. Die Ratsschiffe sind schon dort gelandet.«

»Was?« brüllte der Admiral.

»Wir durften keine Zeit verlieren, Sir«, sagte Lucky. »Wir fanden Hansens Wohngebäude auf der einen Seite des Asteroiden und außerdem die Verbindungsstollen zur Piratenbasis. Ich habe hier einige sub ätherübertragene Dokumente, aus denen die Koordinaten ihrer wichtigsten Neben- und Hilfsbasen hervorgehen. Außerdem habe ich auch noch Aufnahmen der Basen hier. Na, wie gefällt Ihnen das, Hansen?«

Hansen brach zusammen. Sein Mund öffnete sich, und ein hilfloses Gestammel kam heraus.

»Ich habe dieses ganze Theater durchgezogen, um Ihnen zu zeigen, daß Sie verspielt haben. Sie haben restlos verloren. Ihnen bleibt nichts mehr, außer dem nackten Leben. Ich verspreche Ihnen gar nichts, aber falls Sie tun, was ich von Ihnen verlange, können Sie wenigstens Ihre Haut retten. Rufen Sie Ganymed.«

Hansen starrte hilflos auf seine Hände.

Der Admiral schien das eben Gehörte noch nicht richtig verarbeitet zu haben: »Der Rat hat die Asteroiden gesäubert? Der Rat hat das getan? Sie haben die Admiralität nicht davon in Kenntnis gesetzt?«

Lucky sagte bloß: »Also wie steht's, Hansen?«

»Was macht das jetzt noch für einen Unterschied«, erwiderte Hansen resignierend, »ja gut, ich rufe Ganymed.«

Conway, Henree und Bigman waren auf dem Raumhafen, als Lucky von der Erde zurückkehrte und begrüßten ihn. Sie aßen gemeinsam im Glassaal im höchsten Stockwerk des Planetenrestaurants. Da die Wände des Saales aus gebogenem einseitig polarisiertem Glas bestanden, konnten sie über die warmen Lichter der Stadt schauen, die sich langsam in der Ebene verloren.

»Nur ein Glück, daß der Rat in der Lage war, die Piratenbasen zu besetzen, ehe die Flotte dazu kam«, meinte Henree, »mit einer militärischen Aktion wäre uns nicht gedient gewesen.«

Conway nickte zustimmend. »Da hast du recht. Die Basen hätten nur für die nächste Piratenbande bereitgestanden. Die meisten Leute dort hatten gar keine Ahnung davon, daß sie mit den Sirianern Seite an Seite kämpften. Das waren ganz gewöhnliche Leute, die einfach besser leben wollten als bisher. Ich denke, wir können die Regierung dazu bewegen, eine allgemeine Amnestie zu erlassen, das heißt außer für diejenigen, die persönlich an Überfällen und Kaperungen teilgenommen haben, aber das waren nicht viele.«

»Es sieht in der Praxis sogar so aus«, sagte Lucky, »wenn wir ihnen bei der Entwicklung der Asteroiden helfen, wenn wir den Ausbau der Hefefarmen finanzieren und Wasser, Sauerstoff und Energie zur Verfügung stellen, bauen wir damit einen Schutzwall für die Zukunft. Der beste Schutz gegen kriminelle Elemente auf den Asteroiden ist ein friedliches und wohlhabendes Gemeinwesen. Auf diese Weise kommen wir zu friedlichen Zuständen dort.«

»Lüg' dir doch nicht selber in die Tasche«, sagte Bigman streitsüchtig. »Es gibt nur solange Frieden, bis die Sirianer meinen, es sei wieder mal an der Zeit, etwas zu unternehmen.«

Lucky legte eine Hand auf die krausgezogene Stirn des kleinen Mannes und gab ihm einen spielerischen Schubs. »Bigman, ich glaube fast, dir tut es in der Seele leid, daß wir einen Krieg ausgelassen haben.

Was ist mit dir los? Freust du dich nicht über ein bißchen Ruhe und Frieden?«

»Also weißt du, Lucky«, sagte Conway, »du hättest uns aber auch besser auf dem laufenden halten können.«

»Das hätte ich auch gerne getan«, erwiderte Lucky, »aber es war unumgänglich, daß ich mich allein mit Hansen befassen mußte. Dafür hatte ich gewichtige persönliche Gründe.«

»Aber wann hast du ihn zum ersten Mal in Verdacht gehabt? Was hat ihn verraten, Lucky?« wollte Conway wissen. »Etwa, daß sein Asteroid in die verbotenen Zonen getappt ist?«

»Das hat das Faß nur zum Überlaufen gebracht«, räumte Lucky ein. »Daß er kein Einsiedler war, wußte ich bereits eine Stunde nachdem ich ihm begegnet war. Von dem Augenblick an war mir klar, daß er für mich der wichtigste Mann im Universum war.«

»Wie wäre es, wenn du uns das einmal näher erläuterst?« Conway stand gerade im Begriff, den letzten Bissen zum Mund zu führen, er kaute genüßlich.

»Hansen hat in mir den Sohn von Laurence Starr wiedererkannt«, sagte Lucky. »Er sagte, daß er meinen Vater einmal getroffen habe, und das muß auch stimmen. Schließlich stehen Ratsmitglieder nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit, und deshalb muß er meinen Vater persönlich kennengelernt haben, sonst ergibt der Umstand, daß er die Ähnlichkeit in unseren Gesichtzügen erkennen konnte, keinen Sinn.

Aber bei dieser Sache sind zwei Aspekte seltsam. Erstens ist ihm die Ähnlichkeit besonders deutlich aufgefallen, als ich wütend wurde. Das hat er selbst gesagt. Aber nach allem, was ihr beide, Onkel Gus und du, Onkel Hector, mir über meinen Vater erzählt habt, ist Vater nur ganz selten wütend geworden.

>Lachend< ist die Bezeichnung, die ihr normalerweise benutzt, wenn ihr von Vater redet. Und zweitens hat Hansen keinen von euch beiden wiedererkannt, als er euch auf Ceres getroffen hat. Selbst eure Namen sagten ihm nichts.«

»Was soll daran so ungewöhnlich sein?« erkundigte sich Henree.

»Vater und ihr beide wart immer zusammen oder etwa nicht? Wie hätte Hansen Vater treffen sollen, ohne daß ihr dabeigewesen wäret? Und dann hat er ihn auch noch zu einem Zeitpunkt getroffen, als er gerade wütend war und unter Begleitumständen, die Hansen sein Gesicht dermaßen eingeprägt haben, daß er sich fünfundzwanzig Jahre danach noch an die Ähnlichkeit erinnern konnte.

Dafür gibt es nur eine Erklärung. Mein Vater war nur auf seiner letzten Reise zur Venus von euch getrennt, und Hansen war bei dem Mord anwesend. Und er war damals auch kein einfaches Mannschaftsmitglied. Einfache Besatzungsmitglieder werden nicht so reich, daß sie sich einen Luxusasteroiden einrichten, und Mittel darauf verwenden können, fünfundzwanzig Jahre nach den Strafaktionen der Regierung im Asteroidengürtel eine neue und noch größere Organisation aufzubauen. Er muß der Kapitän des angreifenden Freibeuterschiffes gewesen sein. Damals muß er so um die dreißig gewesen sein; ein Alter, in dem man durchaus schon Kommandant sein kann.«

»Allmächtiges All!« sagte Conway bloß.

»Und du hast ihn nicht einfach abgeknallt?« rief Bigman aufgebracht dazwischen.

»Wie sollte ich? Es ging doch um viel wichtigere Dinge als eine persönliche Abrechnung. Er hat meinen Vater und meine Mutter ermordet, stimmt, aber ich mußte nichtsdestotrotz höflich zu ihm sein. Wenigstens zunächst.«

Lucky hob die Kaffeetasse an die Lippen und nahm sich Zeit, einen Blick auf die Stadt zu werfen.

Dann sagte er: »Hansen wird den Rest seines Lebens im Merkurgefängnis zubringen, und das ist eine schlimmere Strafe als ein schneller leichter Tod. Und die Sirianer haben sich von Ganymed zurückgezogen, das bedeutet Frieden. Das ist eine bessere Belohnung für mich, als es Hansens Tod wäre, selbst wenn er zehnmal hingerichtet worden wäre, und auch für das Andenken meiner Eltern ist es besser so.«

ENDE

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