Ich folgte Clarets Spur bis zu einer hinter der Kathedrale verborgenen dunklen Gasse. Die Straßenecke wurde von einem Maskenladen eingenommen. Ich trat zum Schaufenster, beugte mich vor, um einen Blick hineinzuwerfen, und empfing den leeren Blick der Kartongesichter. Claret war zwanzig Meter weiter vorn neben einem Gully stehen geblieben und kämpfte mit dem schweren Metalldeckel. Als dieser endlich nachgab, glitt er hinein. Erst jetzt näherte ich mich. Ich hörte, wie Schritte auf den Metallsprossen hinunterstiegen, und sah den Widerschein eines Lichtstrahls. Ich schlich bis zum Gully und schaute hinab. Ein Schwall verbrauchte Luft stieg aus dem Schacht herauf. Ich blieb so lange dort, bis Clarets Schritte verhallt waren und die Dunkelheit das von ihm mitgebrachte Licht verschluckt hatte.
Das war der Augenblick, Inspektor Florián anzurufen. Ich sah die Lichter einer Bodega, die entweder sehr spät schloss oder sehr früh aufmachte. Es war eine nach Wein stinkende Zelle, die das Halbsouterrain eines mindestens dreihundertjährigen Hauses einnahm. Der Wirt war ein Mensch mit essigfarbener Haut und winzigen Äuglein und trug eine Art Militärmütze. Er hob die Brauen und sah mich missmutig an. Die Wand hinter ihm war mit Feldzeichen der Blauen Division, Postkarten aus dem Tal der Gefallenen und einem Mussolini-Bild geschmückt.
»Raus«, sagte er.»Wir machen erst um fünf auf.«
»Ich möchte bloß telefonieren. Es ist ein Notfall.«
»Komm um fünf wieder.«
»Wenn ich um fünf wiederkommen könnte, wäre es kein Notfall. Bitte. Ich muss die Polizei anrufen.«
Der Wirt musterte mich aufmerksam und deutete schließlich auf ein Wandtelefon.
»Warte, ich stell dir die Verbindung her. Du kannst doch bezahlen, oder?«
»Natürlich«, log ich.
Der Hörer war schmuddelig. Neben dem Telefon lag ein kleiner Teller voller Streichholzschachteln mit dem Namen des Lokals und einem Kaiseradler. Bodega Valor, stand da. Als der Wirt mit dem Rücken zu mir den Zähler einschaltete, nutzte ich die Gelegenheit, um mir die Taschen mit Streichholzschachteln vollzustopfen. Als er sich mir wieder zuwandte, lächelte ich ihn in naiver Unschuld an. Ich wählte die uns von Florián genannte Nummer und hörte es klingeln, immer und immer wieder, ohne Antwort. Schon befürchtete ich, der schlaflose Kollege des Inspektors sei über den BBC-Nachrichten doch noch eingeschlummert, als sich am anderen Ende endlich jemand meldete.
»Guten Abend, entschuldigen Sie die späte Stunde«, sagte ich.»Ich muss dringend mit Inspektor Florián sprechen. Es handelt sich um einen Notfall. Er hat mir diese Nummer gegeben, für den Fall, dass…«
»Wer sind Sie?«
»Óscar Drai.«
»Óscar wie viel?«
Geduldig musste ich ihm meinen Namen buchstabieren.
»Einen Augenblick. Ich weiß nicht, ob Florián zu Hause ist. Ich sehe kein Licht. Können Sie warten?«
Ich schaute zum Wirt hinüber, der unter dem würdevollen Blick des Duce in martialischem Rhythmus Gläser trocknete.
»Ja«, sagte ich kühn.
Das Warten wurde unerträglich. Der Wirt starrte mich unablässig an wie einen entflohenen Sträfling. Versuchsweise lächelte ich ihm zu. Er reagierte nicht.
»Könnten Sie mir einen Milchkaffee machen?«, fragte ich.»Ich bin durchgefroren.«
»Nicht vor fünf.«
»Können Sie mir bitte sagen, wie spät es ist?«
»Bis fünf dauert es noch. Bist du sicher, dass du die Polizei angerufen hast?«
»Die Guardia Civil, um genau zu sein«, improvisierte ich.
Endlich hörte ich Floriáns Stimme. Sie klang wach und aufmerksam.
»Óscar? Wo bist du?«
So schnell ich konnte, schilderte ich ihm das Wesentliche. Als ich das mit dem Abwassertunnel erzählte, spürte ich, wie seine Anspannung wuchs.
»Hör mir gut zu, Óscar. Ich will, dass du dort, wo du bist, auf mich wartest und dich nicht wegrührst, bis ich komme. In einer Sekunde nehm ich ein Taxi. Wenn etwas passiert, läufst du weg und läufst und läufst, bis du zum Präsidium in der Vía Layetana kommst. Dort fragst du nach Mendoza. Er kennt mich und ist eine Vertrauensperson. Aber was auch geschieht, hörst du?, was auch geschieht, du gehst auf keinen Fall in die Kanalisation runter. Ist das klar?«
»Glasklar.«
»In einer Minute bin ich da.«
Die Verbindung wurde unterbrochen.
»Macht sechzig Peseten«, sagte der Wirt hinter mir unverzüglich.»Nachttarif.«
»Ich zahle um fünf, General«, antwortete ich träge.
Die Säcke unter seinen Augen verfärbten sich weinrot.
»Pass auf, du eingebildeter Pinkel, ich polier dir gleich die Fresse, ja?«, drohte er zornig.
Ich sauste davon, bevor er mit seinem Bereitschaftsknüppel hinter der Theke hervorkommen konnte. Beim Maskenladen würde ich auf Inspektor Florián warten. Das konnte nicht lange dauern, dachte ich.
Von der Kathedrale schlug es vier. Die Anzeichen der Müdigkeit begannen mich zu umzingeln wie hungrige Wölfe. Ich machte kleine Kreise, um Kälte und Erschöpfung zu bekämpfen. Kurze Zeit später vernahm ich Schritte auf dem Straßenpflaster. Ich drehte mich um und wollte Florián begrüßen, doch die Gestalt, die ich erblickte, hatte nichts mit dem alten Polizisten gemein. Es war eine Frau. Instinktiv versteckte ich mich, voller Angst, die Dame in Schwarz sei mich holen gekommen. Auf der Straße zeichnete sich ihr Schatten ab, und die Frau ging an mir vorüber, ohne mich zu bemerken. Es war María, Dr. Shelleys Tochter.
Sie ging auf die Schachtmündung zu, beugte sich vor und schaute hinunter. In der Hand hielt sie ein Fläschchen. Ihr Gesicht leuchtete verklärt im Mondlicht. Sie lächelte. Sogleich wurde mir klar, dass sich da etwas Ungutes abspielte, dass etwas nicht stimmte. Einen Augenblick dachte ich sogar, sie befinde sich in irgendeiner Trance und sei hierher schlafgewandelt. Diese absurde Hypothese war mir angenehmer, als andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Ich wollte auf sie zugehen, sie bei ihrem Namen rufen, irgendetwas. Ich nahm all meinen Mut zusammen. Kaum hatte ich einen ersten Schritt getan, wandte sie sich mit katzenhafter Behändigkeit um, als hätte sie meine Anwesenheit in der Luft gewittert. Ihre Augen glänzten in der Gasse, und ihr zur Grimasse verzerrtes Gesicht ließ mir das Blut in den Adern gerinnen.
»Geh«, flüsterte sie mit nicht wiederzuerkennender Stimme.
»María?«, stammelte ich verwirrt.
Eine Sekunde später sprang sie in den Tunnel hinunter. Ich lief zum Rand, in der Erwartung, ihren zerschellten Körper zu erblicken. Ein Mondstrahl zog flüchtig über den Schacht. Unten leuchtete Marías Gesicht.
»María, warten Sie!«, rief ich.
So rasch ich konnte, kletterte ich die Sprossen hinab. Nach zwei Metern umfing mich penetranter Gestank. Die helle Öffnung über mir verkleinerte sich allmählich. Ich suchte nach einer der Streichholzschachteln und steckte eines an. Was ich dann erblickte, war gespenstisch.
Ein runder Tunnel verlor sich in der Schwärze. Feuchtigkeit und Fäulnis. Rattengekreisch. Und das endlose Echo des Tunnellabyrinths unter der Stadt. Eine schmutzige Inschrift an der Wand lautete:
SGAB /1881
SAMMELKANAL SEKTOR IV/NIVEAU 2 - ABSCHNITT 66
Auf der anderen Seite des Tunnels war die Mauer eingebrochen. Der Untergrund hatte einen Teil des Sammelkanals zugeschüttet. Eine über die andere geschichtet, konnte man die ehemaligen Ebenen der Stadt erkennen.
Ich betrachtete die Leichen alter Barcelonas, auf denen sich die neue Stadt erhob. Der Schauplatz, an dem Sentís der Tod ereilt hatte. Ich steckte ein weiteres Streichholz an. Den Ekel, der mir im Hals hochstieg, unterdrückend, folgte ich den Schritten einige Meter weiter.
»María?«
Meine Stimme wurde zu einem geisterhaften Echo, das mich schaudern ließ, so dass ich lieber schwieg. Ich sah Dutzende winziger roter Punkte sich wie Insekten auf einem Teich bewegen. Ratten. Die Streichholzflamme, die ich immer wieder erneuerte, hielt sie auf vorsichtige Distanz.
Ich zögerte, ob ich weitergehen sollte oder nicht, als ich in der Ferne eine Stimme hörte. Zum letzten Mal schaute ich zur Öffnung in der Straße hinauf. Keine Spur von Florián. Wieder hörte ich die Stimme. Ich seufzte und machte mich auf in die Dunkelheit.
Der Tunnel, durch den ich ging, ließ mich an den Darmtrakt eines Tiers denken. Der Boden stand ganz unter Fäkalwasser. Das einzige Licht, das mir zur Verfügung stand, war das meiner Streichhölzer. Ich steckte eines am anderen an, so dass ich nie in völlige Dunkelheit gehüllt war. Je tiefer ich ins Labyrinth eindrang, desto mehr gewöhnte sich meine Nase an den Kloakengeruch. Auch stellte ich einen Temperaturanstieg fest. Bald klebte mir die Feuchtigkeit auf Haut, Kleidern und Haar.
Einige Meter weiter erkannte ich ein plumpes, auf der Mauer rot leuchtendes Kreuz. Es folgten weitere Kreuze an den Wänden. Am Boden glaubte ich etwas glitzern zu sehen. Als ich mich bückte, um es mir anzuschauen, erwies es sich als ein Foto. Ich erkannte das Bild sogleich – eines der Porträts aus dem Album des Gewächshauses. Weitere Fotos trieben herum, alle desselben Ursprungs. Einige waren zerrissen. Zwanzig Schritte weiter fand ich das Album, völlig zerfleddert. Ich ergriff es und blätterte mich durch die leeren Seiten. Es machte den Eindruck, als hätte jemand etwas gesucht und dann aus Wut, es nicht gefunden zu haben, das Album zerfetzt.
Ich befand mich auf einer Kreuzung, in einer Art Verteilerkammer oder einem Kanalzusammenfluss. Ich schaute hinauf und sah, dass sich genau da, wo ich stand, ein weiterer Schacht auftat. Ich glaubte, ein Gitter zu erkennen. Als ich ihm ein Streichholz näherte, blies ein morastiger Luftzug aus einem der Sammelkanäle die Flamme aus. In diesem Moment hörte ich, wie sich, die Wände streifend, langsam und gallertartig etwas bewegte. Ich spürte einen Schauer im Nacken. In der Dunkelheit suchte ich ein weiteres Streichholz und versuchte es anzuzünden, aber die Flamme wollte nicht brennen. Jetzt war ich sicher – etwas bewegte sich in den Tunneln, etwas Lebendiges, und zwar keine Ratten. Ich hatte das Gefühl zu ersticken. Der Gestank schoss mir brutal in die Nase. Endlich brannte ein Streichholz. Zuerst blendete mich die Flamme. Dann sah ich, wie mir etwas entgegenrobbte. Aus sämtlichen Tunneln. Undefinierbare Wesen krochen wie Spinnen durch die Kanäle. Das Streichholz fiel mir aus den zitternden Händen. Ich wollte loslaufen, aber meine Muskeln waren wie gelähmt.
Auf einmal durchschnitt ein Lichtstrahl die Schatten, so dass ich flüchtig etwas wie einen mir entgegengestreckten Arm sehen konnte.
»Óscar!«
Inspektor Florián rannte auf mich zu. In der einen Hand hielt er eine Taschenlampe, in der anderen einen Revolver. Als er bei mir war, leuchtete er in alle Winkel. Wir hörten beide das schaudererregende Geräusch dieser Gestalten, die jetzt vor dem Licht der Lampe zurückwichen. Florián hielt den Revolver in die Höhe.
»Was war das?«
Ich wollte antworten, aber die Stimme versagte mir.
»Und was zum Teufel hast du hier unten zu suchen?«
»María…«, stammelte ich.
»Was?«
»Als ich auf Sie wartete, sah ich, wie sich María Shelley in die Kloaken warf und…«
»Shelleys Tochter?«, fragte Florián verwirrt.»Hier?«
»Ja.«
»Und Claret?«
»Weiß ich nicht. Ich habe die Fußspuren bis hierher verfolgt.«
Florián untersuchte die Mauern um uns herum. An einem Ende des Gangs befand sich eine rostige Eisentür. Mit gerunzelter Stirn ging er hin, ich dicht hinterher.
»Sind das die Tunnel, wo Sentís gefunden wurde?«
Florián nickte wortlos und deutete auf das andere Ende des Tunnels.
»Dieses Netz von Sammelkanälen zieht sich bis zum ehemaligen Born-Markt hin. Dort wurde Sentís gefunden, aber es gab Anzeichen dafür, dass der Körper dorthin geschleift worden war.«
»Da befindet sich die alte Velo-Granell-Fabrik, nicht wahr?«
Wieder nickte Florián.
»Glauben Sie, jemand benutzt diese unterirdischen Gänge, um sich von der Fabrik aus unter der Stadt fortzubewegen…?«
»Da, halt mal die Lampe«, unterbrach mich Florián.»Und das auch.«
»Das«war sein Revolver. Ich hielt die beiden Gegenstände, während er die Metalltür aufbrach. Die Waffe war schwerer, als ich gedacht hatte. Ich legte den Finger um den Abzug und betrachtete sie im Licht. Florián warf mir einen mörderischen Blick zu.
»Das ist kein Spielzeug, Vorsicht. Spiel bloß nicht den Blödmann, sonst zersprengt dir eine Kugel den Kopf wie eine Wassermelone.«
Die Tür gab nach. Ein unbeschreiblicher Gestank drang heraus. Wir wichen einige Schritte zurück und kämpften gegen den Brechreiz an.
»Was zum Teufel ist denn da drin?«, rief Florián.
Er zog ein Taschentuch hervor und bedeckte sich damit Mund und Nase. Ich reichte ihm die Waffe und behielt die Taschenlampe. Mit einem Fußtritt stieß er die Tür auf. Ich leuchtete hinein. Es war so finster, dass kaum etwas zu erkennen war. Florián spannte den Hahn und ging auf die Schwelle zu.
»Bleib da«, befahl er.
Ich ignorierte seine Worte und folgte ihm zum Eingang der Kammer.
»Heiliger Gott!«, hörte ich ihn rufen.
Ich spürte, wie mir die Luft ausging, und traute meinen Augen nicht. Im Dunkeln gefangen, hingen Dutzende von leblosen, unvollständigen Körpern an rostigen Haken. Auf zwei großen Tischen lagen in vollständigem Chaos seltsame Werkzeuge herum: Metallteile, Getriebe und Mechanismen aus Holz und Stahl. In einer Vitrine befand sich eine Sammlung Fläschchen, daneben eine Reihe Spritzen und eine Wand voll schmutziger, schwarz gewordener chirurgischer Instrumente.
»Was ist das?«, murmelte Florián angespannt.
Auf einem der Tische lag eine Gestalt aus Holz und Haut, Metall und Knochen wie ein unvollendetes makabres Spielzeug. Es war ein Kind mit runden Reptilienaugen; eine gespaltene Zunge hing zwischen den schwarzen Lippen heraus. Auf der Stirn war deutlich das Brandmal des Schmetterlingssymbols zu erkennen.
»Das ist seine Werkstatt… Hier also erschafft er sie…«, entfuhr es mir laut.
Da bewegte diese Höllenpuppe die Augen. Sie drehte den Kopf. Ihre Eingeweide knirschten wie ein altes Uhrwerk, und ihre Schlangenpupillen bohrten sich in die meinen. Die gespaltene Zunge leckte sich die Lippen. Sie lächelte uns an.
»Los, weg hier«, sagte Florián.»Und zwar dalli!«
Wir eilten in den Gang zurück und ließen die Tür hinter uns zufallen. Florián atmete stockend. Ich brachte kein Wort mehr heraus. Er nahm mir die Lampe aus den zitternden Händen und untersuchte den Tunnel. Dabei sah ich einen Tropfen den Lichtschein durchdringen. Und noch einen. Und einen weiteren. Glitzernde, scharlachrote Tropfen. Blut. Wir schauten uns wortlos an. Etwas blutete von der Decke herab. Mit einer Handbewegung hieß mich Florián einige Schritte zurücktreten und leuchtete hinauf. Ich sah, wie er erbleichte und seine starke Hand zu zittern begann.
»Lauf«, brachte er nur heraus,»mach, dass du wegkommst!«
Nachdem er mir einen letzten Blick zugeworfen hatte, hob er den Revolver. In seinen Augen las ich zuerst Schrecken und dann eine seltsame Todesgewissheit. Er öffnete die Lippen, um noch etwas zu sagen, aber nie wieder drang ein Laut aus seiner Kehle. Eine dunkle Gestalt stürzte sich auf ihn herab und schlug auf ihn ein, ehe er einen Muskel bewegen konnte. Ein Schuss ging los, ein ohrenbetäubender Knall wurde von der Wand zurückgeworfen. Die Taschenlampe landete in einem Wasserstrom. Floriáns Körper wurde so heftig an die Mauer geschleudert, dass er eine kreuzförmige Bresche in die schwarzen Kacheln schlug. Ich war sicher, dass er tot war, noch ehe er sich von der Wand ablöste und leblos zu Boden sank.
Verzweifelt den Ausweg suchend, rannte ich los. Ein tierisches Geheul erfüllte die Tunnel. Ich wandte mich um. Aus sämtlichen Winkeln krochen Dutzende Gestalten. Ich lief wie noch nie in meinem Leben, hörte hinter mir die unsichtbare Meute heulen, stolperte. In meinen Geist eingebrannt das Bild von Floriáns Körper an der Wand.
Ich befand mich schon nahe dem Ausgang, als eine Gestalt vor mich hin sprang, so dass ich die Sprossen in die Außenwelt nicht mehr erreichen konnte. Abrupt blieb ich stehen. Das schwache Licht zeigte mir ein Harlekingesicht. Zwei schwarze Rhomben bedeckten seinen Glasblick, und polierte Holzlippen entblößten stählerne Eckzähne. Ich tat einen Schritt zurück. Zwei Hände legten sich mir auf die Schultern. Fingernägel zerfetzten meine Kleider. Etwas spannte sich um meinen Hals, schleimig und kalt. Vor meinen Augen begann es zu flimmern. Etwas packte mich an den Knöcheln. Vor mir kniete der Harlekin nieder, die Hände meinem Gesicht entgegenstreckend. Ich glaubte die Besinnung zu verlieren und betete, es möchte so sein. Eine Sekunde später zerbarst dieser Kopf aus Holz, Haut und Metall in tausend Stücke.
Der Schuss kam von meiner Rechten. Der Knall bohrte sich mir in die Trommelfelle, Schießpulvergeruch erfüllte die Luft. Zu meinen Füßen brach der Harlekin ein. Ein zweiter Schuss dröhnte. Der Druck um meinen Hals verschwand, und ich fiel der Länge nach hin. Ich nahm nur den intensiven Schießpulvergeruch wahr und merkte, dass jemand an mir zerrte. Ich öffnete die Augen und konnte erkennen, wie sich ein Mann über mich beugte und mich hinaufzog.
Auf einmal sah ich das helle Tageslicht, und meine Lungen füllten sich mit reiner Luft. Dann verlor ich das Bewusstsein. Ich erinnere mich, dass ich von klappernden Pferdehufen träumte, während unablässig Glocken läuteten.