Zusammenfassung

Die außenpolitischen und kulturellen Beziehungen der Rus', Byzanz' und Westeuropas um die Wende des 12. und 13. Jh. gelangten zur hohen Wichtigkeit. Vor allen Dingen traten sie in der Außen- und Innenpolitik des Fürsten von Halytsch-Wolhynien Roman Mstislawitsch zutage.

Regstes Interesse der Historiker löst der von Roman erarbeitete Entwurf der «guten Ordnung» aus, dessen Inhalt unter dem Jahr 1203 in der «Russischen Geschichte» von W.N. Tatischtschew, der die Auszüge aus der alten Nowgoroder Chronik benutzt hatte, wiedergegeben ist. Dass die Erwähnungen vom Entwurf in den Chroniken von Kiew und Wladimir-Susdal fehlen, wird durch das negative Verhältnis der dort regierenden Fürsten zur von Roman vorgeschlagenen Idee, den Großfürsten von Kiew zu wählen, erklärt.

Die neueren (späteren) Blätter der akademischen Handschrift der «Russischen Geschichte» enthalten den vollen Text der Mitteilung über Romans Entwurf. Dem Charakter der Schrift (der Vermehrung der Zeilenzahl, Verkleinerung der Buchstabengröße und den Entfernungen dazwischen) nach übertrifft der Text an diesen Blättern die gewöhnliche Seitenumfangsnorm dieser Handschrift gegen anderthalbmal. Aber bei allerlei Kniffe und Pfiffe des Abschreibers wäre es unmöglich den ganzen Mitteilungstext über den Entwurf an den neu umgeschriebenen Seiten unterzubringen. In der Handschrift muss ihm ein anderer Text desselben Inhalts vorangegangen sein, der bei dem Abschreiben entnommen war. Die Angaben über Romans Entwurf waren Tatischtschew also noch auf der Frühetappe der Arbeit an der ersten Redaktion der «Russischen Geschichte» bekannt und lassen sich nicht für eine spätere Erfindung halten.

Es kann kein Zufall sein, dass in Romans Reformplänen sich die Einrichtung der Wählbarkeit des Oberherrschers und einige anderen Bestandteile der politischen Ordnung des Heiligen Reiches widerspiegelte. Die Vorschläge des Fürsten von Halytsch-Wolhynien über die Einführung der «guten Ordnung» in der Rus' mit dem Hinsicht auf die «anderen ordentlichen Staaten» spielten gewiss auf die Wählbarkeitsordnung des deutschen Königs und Kaisers an, die sich Anfang des 13. Jh. angebahnt hatten, wenn sich das Kollegium in der Anzahl von sechs Kurfürsten, die der Zahl der den Großfürsten von Kiew wählenden «ältesten Fürsten» in Romans Entwurf entspricht, an der Wahl beteiligte.

Roman Mstislawitsch hatte unmittelbare Beziehungen mit den deutschen Herrschern, die am Kampf für die Obermacht im Kaiserreich teilnahmen, und zwar mit dem König Philipp von Schwaben und mit dem Landgrafen von Thüringen Hermann. Der Fürst von Halytsch-Wolhynien war auch mit dem im Kampf zwischenStaufern und Welfen eine große Rolle spielenden Peterskloster in Erfurt verbunden und spendete diesem Kloster eine bedeutende Summe wahrscheinlich während seines persönlichen Besuchs.

Von den Bundesverhältnissen des Fürsten von Halytsch-Wolhynien mit Staufern zeugt die Mitteilung Alberics «Chronica» aus dem Kloster Tre Fontane (der Drei Brunnen ∼ des TroisSources) in der Champagne darüber, dass der letzte Romans Kriegszug, der ihm das Leben kostete, nach Sachsen (1205) richtete. Im fernen Zisterzienserkloster konnte man vom Romans Zug dank den breiten Kontakten und der Informiertheit der Zisterzienser in den Angelegenheiten der europäischen Politik, den engen Beziehungen ihres Ordens mit Sachsen und Kleinpolen wissen, über dessen Ländereien Roman mit seinem Heer zog.

Keinen Kritikstand hält die Version über Romans Krieg gegen Fürsten von Polen Leszek und Konrad, die von Jan Długosz, der die Umstände des Zuges 1205 mit den Ereignissen der anderen Zeit verwechselt hatte, vorgeschlagen wurde. Trotzdem ist es völlig nicht zu bestreiten, dass auf die Entscheidung des Fürsten von Halytsch-Wolhynien über den Zug nach Polen und über die Eroberung zwei polnischen Städte einen größeren Einfluss einige aus den russisch-polnischen Beziehungen dieser Zeit folgenden besonderen Motive (wonach die altrussischen Chroniken zeugen) ausübten.

Die unter 1204 in der «Russischen Geschichte» untergebrachte Mitteilung über die Gesandtschaft des Papstes nach Halitsch mit dem Vorschlag, Roman Mstislawitsch mit der Königskrone im Tausch gegen die Union mit Rom zu krönen, lässt sich nicht widerlegen. Insbesondere bestätigt sich nicht die Annahme einiger modernen Forscher, dass sich Tatischtschew angeblich der Nachahmung der Chronikangaben bediente. Hauptverifikationsmerkmal der Mitteilung über die päpstliche Gesandtschaft nach Halitsch bleibt nach wie vor ihre Übereinstimmung mit den vorhandenen Kunden über die Ostpolitik der Kurie in Rom unter Innozenz III. Das dringende Bestreben des Papstes, nach der Eroberung Konstantinopels von den Kreuzfahrern die orthodoxe Kirche auf dem Territorium der russischen Ländereien der römischen Gerichtsbarkeit unterzuordnen, steht außer Zweifel.

Den wichtigsten Platz in der Außenpolitik von Roman Mstislawitsch nahmen die Beziehungen mit Byzanz. Den Nachrichtungen von Jan Długosz und der Gustiner Chronik nach befand sich der gestürzte byzantinische Kaiser Alexios III. nach seinem Flucht aus Konstantinopel 1203 eine bestimmte Zeit in Halitsch, wo er mit dem Fürsten Roman traf. Diese Tatsache wird durch die Angabe des italienischen Chronisten der zweiten Hälfte des 13. — Anfang des 14. Jh. Bartholomeo dell Fiadoni (Ptolomäus von Lucca) bestätigt. Fiadoni, gegen 1227 geboren, muss sich direkt mit den lebenden Augenzeugen der beschriebenen Ereignisse unterhalten haben. Als Bibliothekar des Papstes Innozenz III. war er in den Fragen der Außenpolitik der Kurie sehr beschlagen und auf die Einzelheiten des IV. Kreuzzuges aufmerksam. Außerdem lange Jahre war Fiadoni Bischof von Torcello (der Stadt auf der gleichnamigen Insel in der Lagune von Venedig), dessen Bewohner zusammen mit den Venezianern an der Eroberung Konstantinopels aktiv teilnahmen.

Die jetzt bekannte Geschichte Alexios' III. Aufenthalts in der Verbannung, sein Besuch Bulgariens und die Verhandlungen mit dem Zaren Kalojan legen auch Zeugnis von den möglichen Verbindungen des Ex-Kaisers mit dem Fürsten von Halytsch-Wolhynien ab. Dafür sprechen auch die Angaben über die kriegspolitische Union mit Alexios und die traditionell aktive Halytschs Rolle in der Unterstützung der byzantinischen und bulgarischen Thronprätendenten.

Nämlich Roman Mstislawitsch wurde zum Hauptkriegsalliierten des byzantinischen Kaiserreichs Anfang des 13. Jh. In dieser Periode machte die Macht der Romäer eine schwere politische Krise durch, die durch die Bulgaren- und Serbenaufstände und zerstörende Überfälle der Polovzer hervorgerufen war. Der Angaben von NiketesChoniates nach nur dank der Hilfe des Fürsten von Halytsch-Wolhynien Roman gelang es die Angriffe der Heiden zu beenden. Die Umstände und die Zeit Romans Feldzuges gegen die Polovzer in der Erzählung von Choniátes stimmen mit den Mitteilungen der russischen Chroniken über die Heidenzüge des Fürsten von Halytsch-Wolhynien überein.

Außer NiketesChoniates melden auch andere byzantinische Quellen, die den modernen Geschichtsforschern — Russisten fast unbekannt sind, von Roman Mstislawitsch' hervorragenden Rolle im Kampf gegen die Feinden des Reiches. Das sind die Mitteilung aus der Theodor Skutariotos' Chronik und die Verserzählung Ephrams aus Aenia. Beide Verfasser folgen auf den Angaben von Niketes Choniátes, ergänzen diese aber durch einige neue Einzelheiten.

In allen byzantinischen Quellen bezeichnet man Roman Mstislawitsch «Hegemonvon-Halytsch». Zum Unterschied von den anderen russischen Fürsten verstand man unter dem Begriff «Hegemon» einen Kriegsalliierten und Verwandten (Verschwägerten) des Kaisers. Romans Bündnis mit Alexios III. trug auch zur Stabilisierung in der Beziehungen mit der am unteren Dnister und der unteren Donau lebenden russischen Bevölkerung (einem «Zweig von Tauroscythen» aus Wordone, wie man sie in den byzantinischen Chroniken nennt) bei.

Die Demütigung der Rolle des Fürsten von Halytsch-Wolhynien Romans im politischen Leben der südlichen Rus' und in der Organisation der gemeinsamen Züge der russischen Fürsten gegen Polovzer, die für die Chroniken der nord-östlichen Rus' charakteristisch sind, erklärt sich vor allem mit den politischen Anschauungen des Chronisten Simon, der Anfang des 13. Jh. aus Kiew nach Wladimir-Susdal gekommen war, wo er später Bischof wurde. Nach Wladimir angekommen, begann der mit der Familie des Fürsten von Kiew RürickRostislavitsch (Romans Hauptgegners im Kampf für Kiew) eng verbundene Simon den Interessen des Großfürsten Wsewolod, genannt «Großes Nest», zu dienen, den Roman auch für seinen Konkurrenten im Kampf für den Einfluss in den süd-russischen Ländereien hielt.

Der Fürst Wsewolod teilte nicht auch Romans außenpolitische Orientierung nach der Unterstützung der byzantinischen Obrigkeiten im Kampf gegen sich empörenden Bulgaren und ihnen alliierten an der Donau lebenden Polovzer. Der Fürst von Wladimir-Susdal war direkt mit den Führern des bulgarischen Aufstandes verbunden und schwenkte beabsichtigt von der Militärhilfe Byzanz ab.

Die Gewähr der Militärhilfe, die Roman Alexios III. zur Verfügung stellte, war Verheiratung des Fürsten von Halytsch-Wolhynien mit der Alexios' Nichte, der älteren Tochter des gestürzten Kaisers Isaak. Zur zweiten Frau des Fürsten von Halytsch-Wolhynien geworden, spielte sie Hauptrolle in der politischen Leben der süd-westlichen Rus'. Der Name der Fürstin, die in der Chronik ausschließlich nach ihrem Mann — «die Großfürstin Romanowaja» — genannt ist, ist nicht erhalten geblieben. Aber diese Lücke ist auszufüllen. Irene, die jüngere Schwester der Fürstin von Halytsch-Wolhynien, die den König Philipp von Schwaben geheiratet hatte, gedachte ihr im Gottesdienst (im Synodik) des Speyerer

Doms. Unter anderen griechischen Verwandten der Königin Irene ist hier auch ihre ältere Schwester eingetragen, die Euphrosyne genannt ist.

Über das Schicksal der deutschen Verwandten «der Großfürstin Romanowaja» war es in Halytsch sehr gut bekannt. Die genauen Angaben über den Untergang des Königs Philipp von Schwaben im Sommer 1208, worauf bald der Tod seiner Frau folgte, finden wir in der Chronik von Halytsch-Wolhynien. Hier wird es eingehend über die Umstände Philipps Ermordung erzählt und sind die an diesem Verbrechen beteiligten Personen genannt. Solche Kunden gibt es in keinen anderen russischen Quellen. Die Einzelheiten über von der Rus' entfernten Ereignisse konnten in Halytsch nur die Verwandten der Ungekommenen interessieren. Und dieselben waren die Fürstin Euphrosyne und ihre Kinder.

In der Nähe von Chełm (dem altrussischen Cholm) ist ein altes steinernes fünfstöckiges Turm mit den Resten einer Kapelle in der oberen Stufe bis zum heutigen Tag erhalten geblieben. Dieser Turm erhebt sich an der Stelle, wo sich früher die altrussische Stadt Stolpje befand. Den Angaben der modernen Forscher nach gibt der Turm in Stolpje die Bauwerke wieder, die in der spätbyzantinischen Zeit auf dem Territorium Nordgriechenlands verbreitet und Kultusgebäude (die den hiesigen Klöstern und Vertretern der adligen Stämme gehörten) waren. Den Mitteilungen der schriftlichen Quellen nach war der Turm in Stolpje aller Wahrscheinlichkeit nach etwa 1220–1240 errichtet und für den Aufenthalt «der Großfürstin Romanowaja», die wieder Nonne geworden war, bestimmt.

Die Tätigkeit Euphrosyne, der Fürstin von Halytsch-Wolhynien, drückte sich in den Denkmälern der russischen Sphragistik aus. Aus dem alten Nowgorod stammen einige Siegel mit der Darstellung der Hl. Euphrosyne zu Alexandria (oder Alexandrien), auf deren Kehrseite auch die Szene der Verklärung des Herrnauf dem Berg Tabor dargestellt ist. Es gibt keine hinreichenden Gründe, die Inhaberin dieser Siegel mit Euphrosyne von Polazk gleichzusetzen, da sie nicht mit der Begründung der Verklärungskirche oder — kloster in Polazkzu tun hat. Das zur Zeit ihres Lebens gegründete Erlöserkloster und sein Tempel waren dem alten Fest des gnädigen Erlösers gewidmet. Es gibt auch keine Angaben über irgendwelche Kontakte von Euphrosyne von Polazk mit Nowgorod.

Enge Beziehungen mit Nowgorod hatte aber Euphrosyne, die Fürstin von Halytsch-Wolhynien. Sie stand gewiss im Briefwechsel mit Mstislav dem Kühnen, dem Fürsten von Nowgorod, dessen Tochter Daniel Romanowitsch, der ältere Sohn der verwitweten Fürstin von Halytsch-Wolhynien, heiratete. Unter dem Einfluss der aus der süd-westlichen Rus' gelangten Mitteilungen verzichtete Mstislav selbst auf den Nowgoroder Thron und mischte sich entschieden in den Kampf gegen den ungarischen Königssohn Koloman für Halytsch, indem er bald zum neuen Fürsten von Halytsch-Wolhynien wurde.

Man hat allen Grund Euphrosyne von Halytsch-Wolhynien mit den Tatsachen der Verbreitung des Kultus der Verklärung des Herrn in Halytsch-Wolhynien zu verbinden. Zum 13. Jh. gehen hier mehrere Verklärungsklöster und — kirchen zurück, die in verschiedenen Quellen erwähnt sind. Seit dem Ende des 13. — dem 15. Jh. bis zum unserer Zeit sind mehrere aus den west-ukrainischen Ländereien stammenden und einst sich als Schutzheiligenikonen der Kirchen erweisenden Verklärungsikonen erhalten geblieben.

Der nächste Name, darunter Euphrosyne Fürstin von Halytsch-Wolhynien in der Geschichtsliteratur besser bekannt ist, war der Name Anna, der zu ihrem Nonnennamen nach der Mönchswesenabnahme Anfang der 1220-er Jahre worden war. Von der Verbindung «der Großfürstin Romanowaja» mit dem Kultus der Hl. Gerechten Anne, der Mutter von Gottesmutter zeugt das Errichten der Kapelle zum Ehren der Hl. Gottesväter (θεοπάτορες) Ioahim und Anna an ihrem Grab, wovon die Chronik von Halytsch-Wolhynien Kunde gibt. Auch ist eine alte von Halytsch-Wolhynien stammende, um die Wende des 14. — 15. Jh. geschaffene Ikone «Treffen der Hl. Ioahim und Anna» erhalten geblieben. Diese Ikone wiederholt eine ältere Schutzheiligenikone.

Der Name Anna und die Verklärungsszene, die die Fürstin von Halytsch-Wolhynien auf ihren persönlichen Siegeln benutzte (solch eine Szene ist in der altrussischen Sphragistikganz einzigartig und kommt sehr selten in den byzantinischen Bullen vor), können auf irgendeine persönliche Ergebenheitälterer Tochter Isaaks II. dem Gedächtnis der Nonne — Kaiserin Anna Dalassene hinweisen, die man bei dem byzantinischen Hofe als Stammmutter aller Komnenen (Komnenoi) und Angeloi ehrte.

Mit Romans Mstislawitsch zweiter Frau ist das Erscheinen einiger bekannten christlichen Reliquien, die neben der liturgischen auch als Insignia der obersten Gewalt eine große politische Bedeutung hatten, in Halytsch-Wolhynien verbunden. Das sind vor allen Dingen ein kostbarer Kreuz — Reliquienschrein mit dem Teilchen des wahren Kreuzes Christi, der jetzt in der Kathedrale Notre-Dame de Paris (Unseren lieben Frau von Paris) aufbewahrt ist. Der in der griechischen Inschrift des Reliquienschreins benannte «KaiserManuel Komnenos» ist mit dem Kaiser Manuel I. zu identifiziern.

Mit Euphrosyne von Halytsch-Wolhynien ist auch das Schaffen des aus Halytsch-Wolhynien stammenden Evangeliums — ἄπρακτος (Evangelistar, Evangeliar) Anfang des 13. Jh., das sich jetzt in der Tretjakow Galerie in Moskau befindet, verknüpft. Kunstvolle Textillustrationen und Muster, die diese Schrift schmücken, gelten jetzt als einige der bedeutendsten Denkmäler der altrussischen Miniatur.

Für den Einfluss der Großfürstin Euphrosyne ist auch das Erscheinen in der Fürstenfamilie von Halytsch-Wolhynien solcher ungewöhnlichen und im Geschlecht der Rurikiden sogar eigenartigen Fürstentaufnamen zu erklären. Das ist vor allem der Name vom Fürsten Daniel, der sich später in der Namensliste der Moskauer Fürsten wiederholt. Das Entstehen dieses Namens unter den Fürsten ist durch die Verbreitung des Kultus des Hl. Daniel Stylites und den Interessenaufschwung für Außenmerkmale der Säulenheiligen verursacht, was sich in der Sphragistik und in mehreren Baudenkmälern Halytsch-Wolhyniens des 13. — Anfang des 14. Jh. zeigte. Dank den Familienverbindungen der Fürsten von Halytsch-Wolhynien mit den Fürsten Wladimir-Susdal verbreitete sich dieser Kultus auch in der nord-östlichen Rus' und später in Moskau.

Eben durch die Abstammung von Euphrosyne von Halytsch-Wolhynien, die eine Tochter des Basileus Isaaks II. war, wird ein in der Rus' etwas unerwarteter Interessenaufschwung für die Säulenheiligen im Fürstenmilieu erklärt. Der Mitteilung von Niketes Choniátes nach nahm der Kaiser Isaak II. die Säulenheiligen und Eremiten unter seinen besonderen Schutz und fühlte sich zu ihnen besonders hingezogen, indem er damit alle seine Zeitgenossen in Erstaunen setzte, da die Säulenheiligen seit den Zeiten des Ikonoklasmus ihren ehemaligen Einfluss auf die Kaiser verloren hatten und ihre Bewegung nach und nach ihrem Ende entgegenging.

Die byzantinische hagiographische Tradition über die Heiligen Daniel Stylites und Leo den Großen Zaren erklärt den Zusammenhang der Namen «Daniel» und «Leo» unter den Nachkommen von Roman Mstislawitsch und Euphrosyne. Der Hl. Daniel Stylites war Beichtvater und Hauptberater Kaisers Leo. Dieser Umstand muss im Namenpaar der Fürsten von Halytsch-Wolhynien — des Vaters Daniel Romanowitsch und des Sohnes Leo Danielowitsch — widergespiegelt haben.

Mit dem Kultus des wahren Kreuzes Christi ist das Entstehen des Fürstennamens HerakleiosDanielowitsch verbunden. Obwohl der byzantinische Kaiser Herakleios I., der das Hauptheiligtum aller Christen,Golgatha cross, aus persischen Gefangenschaft zurück gewonnen hatte, trotz alledem von der Kirche nicht heil gesprochen (kanonisiert) wurde, war sein Gedächtnis weit und breit sowohl im christlichen Osten, als auch im Westen angebetet. Ein besonderer Interessenaufschwung für Herakleios wurde in den europäischen Ländern in der Zeit der Kreuzzüge bezeichnet, als sein Name zum Symbol der Befreiung und Verteidigung des Heiligen Landes wurde, was sich in den mehreren Werken der altrussischen Literatur und Kunst und in der Namensliste der Lateinpatriarchen von Jerusalem widerspiegelte.

Neben den für die Rurikiden untypischen «byzantinischen» Namen der Fürsten von Halytsch-Wolhynien zeigte sich das kultur-politische Erbe von Roman Mstislawitsch auch in der Aneignung einiger Attribute und Symbole der Kaisergewalt. Das ist vor allen Dingen die Nutzung des Bildes des zweiköpfigen byzantinischen Adlers, der dank den Beschreibungen der Bildhauerkunstdenkmäler und Angaben über die territorialen Symbole von Halytsch-Wolhynien bekannt ist. In einer in der Chronik angeführten Aussehensbeschreibung des Fürsten von Halytsch-Wolhynien Danielvon Galizien ist ein ungewöhnlicher Fall des Tragens von dem «griechischen Olovir» bescheinigt. Mit diesem Fachbegriff wurde in Byzanz der «wahre» oder «Zarenpurpur» bezeichnet.

Die Außenmerkmale der Zarenwürde entsprechen dem Zarentitel der Fürsten von Halytsch-Wolhynien. Das Nutzen der Titel «Zar» und «Selbstherrscher» und der von diesen Wörtern abgeleiteten Epitheta in Bezug zu den Fürsten von Halytsch-Wolhynien ist durch viele schriftlichen Quellen des 13. Jh. nachgewiesen. Die Charakterzüge des byzantinischen Kaisers treten in der politischen Tätigkeit von Roman Mstislawitsch und seiner Nachkommen klar hervor. Das zeigte sich vor allem in den Versuchen, eigene Machtbefugnisse entsprechend den Vorstellungen von der Basileusmacht zu erweitern, in den Bischofsinvestituransprüchen, in der Wahl der Mittel des politischen Kampfes.

Seit Romans Mstislawitsch Zeit sorgten die Fürsten von Halytsch-Wolhynien ständig für die Sakralisierung eigener Macht durch die Ansammlung der hochverehrten christlichen Reliquien in ihren Händen. Solche Politik führten die byzantinischen Kaiser im Laufe vieler Jahrhunderte durch, die in Konstantinopel fast alle bekannten Reliquien des christlichen Ostens gesammelt hatten. Nach der Ausplünderung der byzantinischen Hauptstadt durch die Kreuzfahrer im Jahre 1204 fiel vielen europäischen Monarchen der Gedanke der Imperiumsverlegung (translationimperii) durch die Erwerbung und Umstellung der Konstantinopelreliquien in ihre Hauptstädte ein. Lange Jahrhunderte setzten später die Moskauer Fürsten und Zaren diese Praxis fort.



Загрузка...