In der Morgendämmerung sahen Sharpe und Hogan, dass ihre Befürchtungen wahr geworden waren. Ein paar Hundert französische Infanteristen marschierten über die Ponte Nova, von der ordenança blieben nichts als Leichen in dem geplünderten Dorf zurück, und hart schuftende Arbeitstrupps stellten die hölzerne Fahrbahn über das weiß schäumende Wasser des Cavado wieder her. Der lange und gewundene Engpass hallte von sporadischen Musketenschüssen wider, als portugiesische Bauern, angezogen von der aufgehaltenen Armee wie Raben vom Fleisch, von Weitem schossen.
Sharpe sah an die hundert voltigeurs einen Hügel erstürmen, um eine tapfere Horde zu vertreiben, die es gewagt hatte, sich der aufgehaltenen Kolonne bis auf zweihundert Yards zu nähern. Es gab ein kurzes Gefecht, die französischen Plänkler durchkämmten den Hügel und kehrten dann zur überfüllten Straße zurück.
Es gab kein Anzeichen auf britische Verfolger. Hogan schätzte, dass Wellesleys Armee noch einen halben Tagesmarsch hinter den Franzosen sein musste.
»Er wird die Franzosen nicht direkt verfolgt haben«, erklärte er. »Er wird nicht die Serra de Santa Catalina durchquert haben wie sie, sondern auf den Straßen geblieben sein. So ist er zuerst nach Braga marschiert, und jetzt geht sein Marsch nach Osten. Und wir ...«, er starrte zur eingenommene Brücke hinab, »... wir sollten uns zur Saltador aufmachen«, sagte er grimmig, »denn es ist unsere letzte Chance.«
Für Sharpe hatte es den Anschein, als gebe es überhaupt keine Chance mehr. Über zwanzigtausend flüchtende Franzosen verdunkelten das Tal unter ihm, und in dieser Masse befand sich Christopher. Er hatte nicht den leisesten Schimmer, wie er den Abtrünnigen finden sollte. Aber er zog seinen abgetragenen Rock an, nahm sein Gewehr und folgte Hogan, der pessimistisch dreinblickte, während Harper sonderbar fröhlich wirkte, selbst als sie durch einen Nebenfluss des Cavado waten mussten, wo ihnen das Wasser bis zur Hüfte reichte.
Sie gelangten durch einen steilen Engpass, der zu dem größeren Fluss abfiel. Hogans Maultier bockte, schreckte vor dem kalten, reißenden Wasser zurück. Der Captain schlug vor, das Tier aufzugeben, doch dann schlug Javali dem störrischen Biest hart auf die Nüstern, und während das Maultier noch blinzelte, hob er es an und trug es durch das Wasser. Die Schützen jubelten bei Javalis Demonstration seiner Stärke, während das Muli, jetzt sicher am anderen Ufer, die gelben Zähne bleckte und nach dem Ziegenhirten beißen wollte, doch der versetzte ihm einen weiteren Schlag.
»Nützlicher Riese, dieser Javali«, sagte Harper anerkennend. Der große irische Sergeant war durchnässt und fror wie die anderen erschöpften Männer, aber er schien die harten Strapazen zu genießen. »Es ist nicht schlimmer, als zu Hause eine Herde zu hüten«, behauptete er, als sie sich weiterschleppten. »Ich erinnere mich, dass mein Onkel einmal eine Schafherde nach Belfast bringen sollte. Doch die Hälfte der blöden Viecher rannte davon, als wir noch nicht mal bei Letterkenny waren! Mann, all das Geld war futsch.«
»Habt ihr die Schafe nicht einfangen?«, fragte Perkins.
»Machst du Witze, Junge? Ich habe die halbe Nacht nach ihnen gesucht, und alles, womit mich mein Onkel belohnte, war einer hinter die Löffel. Dabei war es sein Fehler. Er hatte zuvor nie mehr gehütet als ein Kaninchen und konnte nicht mal unterscheiden, wo bei einem Schaf vorn oder hinten ist, aber man hatte ihm erzählt, dass mit Schafsfleisch viel Geld in Belfast zu machen war, und so stahl er die Herde von einer Weide in Colcarney und brach damit auf, um reich zu werden.«
»Habt ihr Wölfe in Irland?«, wollte Vicente wissen.
»In roten Röcken«, sagte Harper und sah Sharpes finsteren Blick. »Mein Großvater behauptete, ein Wolfsrudel in Derrynagrial gesehen zu haben. Mann, waren die groß und mit roten Augen und Zähnen wie Monster, und er erzählte meiner Großmutter, dass sie ihn bis zur Glenleheel Brücke gejagt hatten, aber er war betrunken. Mein Gott, konnte der saufen.«
Javali wollte wissen, worüber sie sprachen, und sofort erzählte er seine Geschichten von Wölfen, die seine Ziegen angefallen hatten, und wie er nur mit einem Stock und einem scharfkantigen Stein gegen einen gekämpft hatte. Als er behauptete, einen Wolfswelpen aufgezogen zu haben, und erzählte, wie der Dorfpfarrer darauf bestanden hatte, den Welpen zu töten, weil in den Wölfen der Teufel steckte, sagte Feldwebel Macedo, das stimme, und er erzählte, dass in einer kalten Winternacht in Almeida ein Posten von Wölfen aufgefressen worden war.
»Habt ihr Wölfe in England?«, fragte Vicente Sharpe.
»Nur Anwälte.«
»Richard!«, tadelte ihn Hogan.
Sie gingen jetzt nach Norden. Die Straße, die die Franzosen von der Ponte Nova zur spanischen Grenze benutzen würden, wand sich durch die Hügel, bis sie an einen Nebenfluss des Cavado, den Misarella, gelangte, und die Saltador-Brücke überquerte diesen Fluss. Sharpe wäre lieber zur Straße hinabgestiegen und vor den Franzosen zur Brücke marschiert, doch Hogan wollte nichts davon hören. Der Feind, sagte er, würde Dragoner über den Cavado schicken, sobald die Brücke repariert war, und die Brücke war kein Ort, wo man sich von Reitern erwischen lassen sollte, und so blieben sie in der Wildnis auf hohem Terrain, das immer zerklüfteter, felsiger und schwieriger zu passieren war.
Sie kamen nur mühsam und langsam voran, weil sie gezwungen waren, lange Umwege zu machen, wenn Schluchten oder Geröllhalden ihnen im Weg waren und sie für jede Meile, die sie ihrem Ziel näher brachte, drei Meilen zurücklegen mussten.
Sharpe wusste, dass die Franzosen jetzt durch das Tal schneller vorankamen, denn vereinzelte Musketenschüsse von den Hügeln um den Engpass am Misarella ließen darauf schließen. Diese Schüsse, auf weite Distanz und im Hass abgefeuert, klangen immer näher, bis am späten Vormittag die Franzosen in Sicht kamen.
Etwa hundert Dragoner führten die Kolonne an, aber nicht weit dahinter folgte Infanterie, und diese Männer waren kein panischer Pöbelhaufen, sondern marschierten wohlgeordnet und diszipliniert.
Als Javali sie sah, stieß er einen grollenden Laut aus, lud hastig seine Muskete und schoss ins Tal hinab. Es war nicht zu sehen, ob er einen Feind getroffen hatte, aber er grinste zufrieden und lud die Muskete wieder auf.
»Sie hatten recht, Richard«, sagte Hogan. »wir hätten die Straße benutzen sollen.« Die Franzosen übernahmen sie jetzt.
»Nein, Sie hatten recht, Sir«, sagte Sharpe. »Leute wie er ...«, er nickte zu dem bärtigen Javali hin, »... hätten den ganzen Morgen auf uns geschossen.«
»Vielleicht«, sagte Hogan. Er schwankte auf dem Maultier zurück, dann blickte er wieder auf die Franzosen hinab. »Beten wir, dass die Saltador eingestürzt ist«, sagte er, aber es klang wenig optimistisch.
Sie mussten in ein Tal zwischen den Hügel hinabklettern und dann wieder hinauf zu einem langen und zerklüfteten Gebirgskamm, der mit massiven Felsbrocken übersät war. Sie konnten den schnell fließenden Misarella und die Franzosen auf der Straße daneben nicht mehr sehen, doch sie hörten die gelegentlichen Musketenschüsse, die verrieten, dass Partisanen aus dem Hinterhalt ins Tal schossen.
»Hoffentlich sind die Portugiesen zur Brücke gelangt«, sagte Hogan. Wenn alles gut gegangen wäre, dann hätten die portugiesischen Kräfte nordwärts, parallel zu Sir Arthur Wellesleys Armee, vorstoßen und die Franzosen bei Ruivaens stoppen und ihnen so den Weg zur letzten Straße ostwärts nach Spanien abschneiden können. Wenn alles gut gegangen war, dann blockierten jetzt die Portugiesen die Bergstraße mit Geschützen und Infanterie, doch das Wetter hatte ihren Marsch ebenso wie Wellesleys Verfolgung verlangsamt, und die einzigen Männer, die auf Marschall Soult bei der Saltador warteten, waren weitere Portugiesen von der ordenança .
Es gab über tausend Mann von der ordenança , nur halb ausgebildet und schlecht bewaffnet, aber ein englischer Major vom portugiesischen Stab war vorausgeritten, um sie zu beraten. Er hatte eindringlich empfohlen, die Brücke zu sprengen, doch viele von der ordenança kamen aus dem Hügelland des Grenzgebiets. Der schwebende Brückenbogen über den Misarella war die Lebensader ihres Handels, und so weigerten sie sich, Major Warres Rat zu beherzigen. Sie waren zu dem Kompromiss bereit, die Brückengeländer zu entfernen und die Fahrbahn zu verengen, indem sie mit großen Holzhämmern die Steine herausschlugen, doch sie bestanden darauf, einen schmalen Steinstreifen zu lassen, der die tiefe Schlucht überspannte. Um den Bogen verteidigen zu können, verbarrikadierten sie die Nordseite der Brücke mit einem Verhau aus Dornbüschen, und hinter diesem Hindernis schütteten sie Feldschanzen auf, aus deren Deckung sie auf die Franzosen feuern konnten. Es gab keine Artillerie.
Der Streifen Brücke, der erhalten blieb, war gerade breit genug, um einen Farmerwagen über die Schlucht passieren zu lassen. Das bedeutete: Wenn die Franzosen fort waren, konnte der Handel des Tals fortgesetzt werden, während die Fahrbahn und das Geländer der Brücke erneuert wurden. Aber für die Franzosen bedeutete dieser schmale Streifen nur eines: den Weg in die Sicherheit.
Hogan war der Erste, der sah, dass die Brücke nicht völlig zerstört war. Er stieg vom Maultier und fluchte wüst, dann reichte er Sharpe sein Fernrohr, und Sharpe starrte hinab auf die Reste der Brücke. Pulverrauch wallte bereits auf beiden Flussufern, als die Dragoner der französischen Vorhut über die Schlucht feuerten und die ordenança in ihren behelfsmäßigen Schanzen zurückschoss. Das Knallen der Musketen klang schwach.
»Sie werden rüberkommen«, sagte Hogan traurig. »Sie werden viele Männer verlieren, aber sie werden den Weg über diese Brücke schaffen.«
Sharpe gab keine Antwort. Hogan hat recht, dachte er. Die Franzosen hatten offenbar nicht vor, die Brücke sofort einzunehmen, doch zweifellos sammelten sie ein Angriffskommando, und das bedeutete, dass Sharpe einen Platz suchen musste, von dem aus seine Männer auf Christopher schießen konnten, wenn er den engen Brückenbogen überquerte. Auf dieser Seite des Flusses sah er keinen geeigneten Standort, doch am gegenüberliegenden Ufer des Misarella erhob sich ein hoher Felsen, wo hundert oder mehr ordenança stationiert waren. Der Felsen musste knapp zweihundert Yards von der Brücke entfernt sein, zu weit für die portugiesischen Musketen, doch das würde eine ideale Distanz für die Gewehre der Schützen sein, und wenn Christopher die Mitte der Brücke erreichte, würde er von einem Dutzend Gewehrkugeln begrüßt werden.
Das Problem war, den Felsen zu erreichen. Er war nicht weit entfernt, vielleicht eine halbe Meile, doch zwischen Sharpe und diesem erhöhten Punkt befand sich der Misarella.
»Wir müssen den Fluss durchqueren«, sagte Sharpe.
»Wie lange wird das dauern?«, fragte Hogan.
»So lange, wie wir brauchen. Wir haben keine Wahl.«
Das Musketenfeuer nahm zu. Es hörte sich an, als brenne Dornengestrüpp. Das Geräusch nahm ab und schwoll dann wieder an. Die Dragoner strömten auf das südliche Ufer, um die Verteidiger mit Feuer einzudecken, und Sharpe konnte nichts tun, um ihnen zu helfen.
So ging er für den Moment davon.
Im Tal des Cavado, nur zwölf Meilen vom Kampf entfernt, den die Vorhut der Franzosen der ordenança über die Schlucht des Misarella hinweg lieferte, holten die ersten britischen Soldaten Soults Nachhut ein, die die Männer und Frauen schützten, die immer noch die Ponte Nova überquerten. Die britischen Soldaten waren leichte Dragoner, und sie konnten wenig tun, außer Karabinerfeuer mit den französischen Soldaten auszutauschen, die das Tal zwischen dem Fluss und den südlichen Steilklippen füllten. Doch nicht weit hinter den Dragonern marschierte die Wachbrigade, und hinter ihr folgten zwei Dreipfünder-Kanonen, Geschütze, die so leicht waren, dass sie als Spielzeug verspottet wurden, doch an diesem Tag, an dem niemand Artillerie einsetzen konnte, waren sie ihr Gewicht in Gold wert.
Die französische Nachhut wartete, während - ein Dutzend Meilen entfernt - die Vorhut sich darauf vorbereitete, die Saltador zu stürmen. Zwei Infanteriebataillone würden die Brücke angreifen, doch es war klar, dass sie zu Hackfleisch werden würden, wenn nicht die dichte Barriere aus Dornengestrüpp am Ende der Brücke entfernt werden konnte. Die Barriere war vier Fuß hoch und ebenso dick, aus zwei Dutzend Dornenbüschen gemacht, die zusammengebunden worden und mit Gewichten beschwert waren. Sie bildete ein hervorragendes Hindernis, und so wurde ein Himmelfahrtskommando vorgeschlagen. Für gewöhnlich wurden solche Himmelfahrtskommandos gegen heftig verteidigte Breschen in feindlichen Festungen eingesetzt, aber heute musste es unter einem Hagel von Musketenfeuer die schmalen Reste einer Brücke überqueren, und während sie starben, musste die Dornenbarriere beseitigt werden.
Major Dulong vom 31. Leger, die neue Medaille der französischen Ehrenlegion noch auf der Brust, meldete sich freiwillig als Führer des Himmelfahrtkommandos. Diesmal konnte er nicht die Dunkelheit nutzen, außerdem war der Feind viel zahlreicher, doch sein hartes Gesicht zeigte keinerlei Angst, als er ein Paar Handschuhe anzog und dann die Kordel seines Säbels um sein Handgelenk drehte, damit er die Waffe nicht in dem Chaos verlor, das er erwartete, wenn die Dornenbarriere aus dem Weg geräumt wurde.
General Loison, der die französische Vorhut befehligte, befahl jeden verfügbaren Mann zum Flussufer, um die ordenança mit unaufhörlichem Feuer aus Musketen, Karabinern und sogar Pistolen zu beharken, und als der Krach ohrenbetäubend war, hob Dulong seinen Säbel und schwang ihn als Signal zum Vorrücken.
Die Kompanie seines eigenen Regiments rannte über die Brücke. Drei Mann konnten gerade nebeneinander auf dem schmalen Steinstreifen gehen, und Dulong war in der ersten Reihe.
Die ordenança stieß einen Kriegsschrei aus, und eine Salve krachte von der nächsten Feldschanze. Dulong wurde in die Brust getroffen, er hörte, dass die Kugel gegen seine neue Medaille schlug und spürte, dass eine Rippe brach, und er wusste, dass die Kugel in seiner Lunge war, aber er verspürte keinen Schmerz. Er versuchte ein Kommando zu schreien, doch er bekam kaum Luft, und so begann er das Dornengestrüpp mit seinen behandschuhten Händen wegzuzerren.
Weitere Männer kamen, drängten sich auf dem schmalen Streifen der verbliebenen Fahrbahn. Einer der Männer rutschte aus und fiel schreiend in das weiß schäumende Wasser des Misarella. Kugeln schlugen in die Männer des Himmelfahrtskommandos, und Todesschreie gellten durch das Krachen der Schüsse.
Dann hatte Dulong es geschafft, einen ganzen Abschnitt der Barriere in den Fluss zu stoßen, und es entstand eine Lücke, die breit genug war, um einen Mann durchzulassen, und groß genug, um eine in die Falle geratene Armee zu retten, und Dulong taumelte hindurch, den Säbel erhoben und Blut spuckend.
Ein vielstimmiger Schrei ertönte hinter ihm, als das erste der Unterstützungsbataillone mit aufgepflanzten Bajonetten auf die Brücke zurannte. Dulongs überlebende Männer räumten die letzten Reste des Dornengestrüpps weg, ein Dutzend toter voltigeurs wurde grob von dem Streifen der Fahrbahn in die Schlucht getreten, und plötzlich war die Saltador voller französischer Soldaten. Sie stießen einen wilden Kriegsschrei aus, und die ordenança , von der die meisten noch beim Nachladen waren, nachdem sie versucht hatten, Dulongs Himmelfahrtskommando zu stoppen, ergriffen nun die Flucht. Hunderte von Männern rannten westwärts und kletterten in die Hügel, um den Bajonetten zu entkommen.
Dulong verharrte an der nächsten Feldschanze, beugte sich vor und rang um Atem. Sein Säbel baumelte an der Kordel, die er um sein Handgelenk gebunden hatte, und Speichel, vermischt mit Blut, sickerte aus seinem Mund. Er schloss die Augen und versuchte zu beten.
»Eine Trage!«, rief ein Sergeant. »Macht eine Trage! Und sucht einen Arzt!«
Zwei französische Bataillone jagten die ordenança von der Brücke fort. Ein paar Portugiesen hielten sich noch auf einer hohen Felsklippe links der Straße auf, aber sie waren zu weit entfernt für Musketenfeuer, um mehr als ein Ärgernis zu sein, und so ließen die Franzosen sie unbehelligt und beobachteten nur, wie die ordenança flüchtete.
Denn Major Dulong hatte die Falle aufgebrochen, und die Straße nach Norden war offen.
Sharpe, in dem rauen höheren Terrain südlich des Misarella, hörte das heftige Musketenfeuer und wusste, dass die Franzosen die Brücke stürmten. Er betete, dass die ordenança sie halten konnte, aber er wusste, dass sie keine Chance hatte. Es waren Amateursoldaten, die Franzosen waren Profis, und obwohl Männer sterben würden, würden die Franzosen den Fluss überqueren können, und wenn erst einige Soldaten das geschafft hatten, würde der Rest der Armee ihnen folgen.
So hatte er wenig Zeit, um den Fluss zu überqueren, und er musste über eine Meile stromaufwärts gehen, bis er eine Stelle fand, wo sie ihn durchfurten und mit den steilen Hängen und dem vom Regen angeschwollenen Wasserpegel zurechtkommen konnten. Das Maultier würden sie zurücklassen müssen, denn der Hang in die Schlucht hinab fiel zu steil ab, dass nicht einmal Javali das Tier hinab und durch das reißende Wasser bringen konnte.
Sharpe befahl seinen Männern, die Riemen ihrer Gewehre und Musketen aneinanderzubinden, um einen langen Strick zu schaffen. Javali verschmähte eine solche Hilfe, kletterte hinab in den Misarella, watete hindurch und erklomm das andere Ufer. Sharpe, der befürchtete, einen seiner Männer mit gebrochenem Bein auf dem steilen Hang zu verlieren, bewegte sich langsamer.
Die Männer benutzten ihre improvisierte Leine als Halt, um sich zum Misarella hinabzulassen, und die Letzten reichten dann die Waffen hinunter. Der kleine Fluss war kaum ein Dutzend Schritte breit, doch tief, und sein kaltes Wasser zerrte an seinen Beinen, als Sharpe beim Durchfurten voranging. Die Felsen und Steine unter seinen Füßen waren glitschig und uneben.
Tongue rutschte aus und fiel ins Wasser, die Strömung riss ihn mit, bis er es ein Stück flussabwärts schaffte, sich aufs Ufer zu ziehen. »Tut mir leid«, sagte er zähneklappernd, als Wasser aus seiner Patronentasche sickerte.
Es dauerte eine Dreiviertelstunde, bis sie alle die Schlucht überwunden hatten und die andere Seite erkletterten, wo Sharpe von einer Felsspitze soeben die Hügel von Spanien sehen konnte.
Sie wandten sich ostwärts zur Brücke. Es begann wieder zu regnen. Den ganzen Morgen hatten die dunklen Wolken etwas Drohendes gehabt, doch jetzt öffneten sie direkt über ihnen ihre Schleusen, und dann hallte ein Donnerschlag.
Voraus erhellte ein Streifen Sonnenschein die Hügel, doch über Sharpe war der Himmel dunkel, und der Regen wurde stärker. Er wusste, dass die Schützen bei einem solchen Wolkenbruch Schwierigkeiten haben würden, sagte jedoch nichts. Sie alle froren und waren niedergeschlagen. Die Franzosen entkamen, und Christopher konnte bereits über den Misarella hinweg auf dem Weg nach Spanien sein.
Zu ihrer Linken wand sich die grasbewachsene Straße in die letzten portugiesischen Hügel hinauf, und sie sahen Dragoner und Infanterie mühsam die Straße mit ihren unzähligen Kehren hinaufziehen. Diese Männer waren mindestens eine halbe Meile entfernt.
Die Steilklippe lag dicht voraus. Javali war als Erster auf dem Gipfel, und er informierte die Überreste der ordenança , die zwischen Farnen und Felsbrocken warteten, dass die uniformierten Männer, die sich näherten, Freunde waren. Die Portugiesen, deren Musketen im starken Regen nutzlos waren, warfen nun mit Steinen, was nichts als ein unbedeutendes Ärgernis für den Strom der Franzosen war, der den Misarella überquerte.
Sharpe warf sich auf die Steilklippe und kroch bis zur Kante. Regen peitschte auf die Felsen, rann an der Klippe hinab und trommelte auf seinen Tschako. Ein Donnerschlag krachte, und ein anderer antwortete entfernt im Südwesten, und Sharpe erkannte das zweite Donnern als Geschützfeuer. Und das bedeutete, dass Sir Arthur Wellesleys Armee die Franzosen eingeholt hatte und seine Artillerie das Feuer eröffnet hatte, doch dieses Gefecht war Meilen entfernt, jenseits der Ponte Nova, und hier, beim letzten Hindernis, entkamen die Franzosen.
Hogan, keuchend vor Anstrengung nach dem Erklettern des Hügels, ließ sich neben Sharpe sinken. Sie waren der Brücke so nahe, dass sie die Schnurrbärte in den Gesichtern der französischen Infanterie und den braun und schwarz gestreiften langen Rock einer Frau erkennen konnten. Sie ging neben ihrem Mann und trug seine Muskete und sein Kind. Ein Hund war mit einem Strick an ihren Gürtel gebunden. Hinter ihnen führte ein humpelnder Offizier sein Pferd.
»Habe ich da wirklich eine Kanone gehört?«, fragte Hogan.
»Ja, Sir.«
»Das muss ein Dreipfünder gewesen sein«, vermutete Hogan. »Wir könnten hier ein paar von diesen Spielzeugen gebrauchen.«
Aber sie hatten keine. Sie hatten nur Sharpe, Vicente und ihre Männer.
Und eine Armee entkam.
Bei der Ponte Nova hatten die Kanoniere ihre beiden Kanonen auf einer Hügelkuppe in Stellung gebracht und blickten auf die französische Nachhut hinab. Hier regnete es nicht. Gelegentlich peitschte eine Böe ein paar Regentropfen von den Bergen herunter, doch die Musketen konnten feuern. Die Wachbrigade lud ihre Waffen, pflanzte die Bajonette auf und formierte sich zu einer Kolonne von Kompanien.
Und die Geschütze, die verspotteten Dreipfünder, eröffneten das Feuer auf die Franzosen. Die kleinen Kugeln, kaum größer als Orangen, peitschten durch die dichten Reihen oder prallten als Querschläger von Felsen ab, töteten weitere Franzosen. Die Kapelle der Coldstream Guards spielte »Rule Britannia«, und die großen Fahnen wurden in der feuchten Luft entrollt. Die Dreipfünder-Kugeln schlugen wieder ein, und jeder Schuss hinterließ eine lange Blutspur, als hätte ein gigantisches, unsichtbares Messer durch die französischen Reihen geschnitten.
Die beiden leichten Kompanien der Wachbrigade und eine Kompanie der grün berockten 60th, die Royal American Rifles, rückten in einem Gewirr von Felsen und niedrigen Steinwänden auf der französischen linken Flanke vor, und die Musketen und Baker-Gewehre forderten ihren Tribut bei französischen Offizieren und Unteroffizieren.
Französische Plänkler, Männer des namhaften 4. Leger, ein Regiment, das Soult ausgewählt hatte, um seine Nachhut zu sichern, rannten vorwärts, um die britischen Plänkler zu vertreiben, doch die Gewehre waren zu viel für sie. Sie hatten noch nie solch ein akkurates Feuer auf Weitschussdistanz erlebt, und die voltigeurs wichen zurück.
»Bringen Sie sie vorwärts, Campbell, bringen Sie sie vorwärts!«, rief Sir Arthur Wellesley dem Brigadekommandeur zu, und das erste Bataillon der Coldstreamers und das erste Bataillon der 3rd Foot Guards marschierten auf die Brücke zu, und die Dreipfünder krachten wieder und hinterließen weitere blutige Furchen in den langen Reihen der Franzosen.
»Sie werden durchbrechen«, sagte Colonel Waters. Er hatte den ganzen Tag als Sir Arthurs Führer gedient und beobachtete die französische Nachhut durch sein Fernrohr. Er sah, wie sie ins Wanken geriet, sah, wie die Feldwebel neben den Reihen hin- und hereilten und Männer in die Lücken schoben. »Sie brechen durch, Sir.«
»Beten Sie, dass sie das tun«, sagte Sir Arthur. Und er fragte sich, was voraus geschah, ob die französische Flüchtlingsroute blockiert war. Er hatte bereits einen Sieg errungen, aber wie komplett würde er sein?
Die beiden Bataillone der Wachbrigade, beide doppelt so groß wie ein normales Bataillon, marschierten stetig, und ihre Bajonette waren zweitausend Lichtflecken unter dem wolkenverhangenen düsteren Himmel, und ihre Fahnen flatterten über ihnen. Und die Franzosen vor ihnen zitterten, als die Kanonen wieder krachten und die Kugeln durch ihre Reihen pflügten.
Sir Arthur Wellesley blickte nicht einmal zu den Wachbataillonen. Er starrte in die Hügel hinauf, wo ein Wolkenbruch die Sicht verhüllte. »Gott gebe«, sagte er inbrünstig, »dass die Straße abgeschnitten ist.«
»Amen«, sagte Colonel Waters. »Amen.«
Die Straße war nicht blockiert, weil ein Steinstreifen den Misarella noch überspannte, über den eine scheinbar endlose Reihe von Franzosen flüchtete.
Sharpe beobachtete sie. Sie gingen wie geschlagene Männer, müde und verdrossen, und er konnte ihren Gesichtern ansehen, wie sie sich über die Hand voll von Pionieroffizieren ärgerten, die sie über die Brücke kommandierten. Im April waren diese Männer die Eroberer des nördlichen Portugal gewesen, und sie hatten gedacht, sie würden nach Süden marschieren und Lissabon einnehmen. Sie hatten im ganzen Land nördlich des Douro geplündert, Häuser und Kirchen ausgeraubt, Frauen vergewaltigt, Männer getötet und waren herumspaziert wie der Hahn auf dem Misthaufen, aber jetzt waren sie verprügelt worden, zerbrochen und gejagt, und das ferne Donnern der Kanonen sagte ihnen, dass ihr Martyrium noch nicht vorüber war. Und oberhalb von ihnen, auf den Hügeln, konnten sie Dutzende von Männern sehen, die nur auf Versprengte warteten, und dann würden sie ihre Messer schärfen und die Feuer anzünden, und jeder Franzose in der Armee hatte die Geschichten von schrecklich verstümmelten Leichen gehört, die im Hügelland gefunden worden waren.
Sharpe beobachtete sie nur. Dann und wann war jetzt der Brückenbogen frei, sodass ein widerspenstiges Pferd über den schmalen Brückenstreifen geführt werden konnte. Reiter wurden aufgefordert, vom Pferd zu steigen, und zwei Husaren mussten den Pferden die Augen verbinden und sie über den steinernen Streifen führen. Der Regen ließ nach und wurde dann wieder stärker. Es wurde dunkel, eine unnatürliche Dunkelheit durch schwarze Wolken und Regenschleier.
Ein General, dessen Uniform schwer von nassen Tressen war, folgte seinem Pferd, das von den beiden Husaren geführt wurde, über die Brücke. Tief unter ihm schäumte das Wasser weiß, gischtete gegen die Felsen in der Schlucht und strömte gurgelnd weiter zum Cavado. Der General eilte von der Brücke und hatte Mühe, wieder auf sein Pferd zu steigen. Die ordenança verspottete ihn und warf Steine nach ihm, doch sie prallten am Hang der Felsenklippe ab und rollten harmlos zur Straße hinab.
Hogan beobachtete die Franzosen, die hinter der Brücke kauerten, durch sein Fernrohr, von dem er ständig Regentropfen abwischte. »Wo bleibst du, Mister Christopher?«, fragte er ärgerlich.
»Vielleicht ist der Bastard vorausgegangen«, sagte Harper. »Wenn ich an seiner Stelle wäre, dann wäre ich als einer der Ersten abgehauen. Nichts wie weg, wird er sich gesagt haben.«
»Vielleicht«, sagte Sharpe, »vielleicht.« Harper hat vermutlich recht, dachte er, und Christopher könnte bereits mit der französischen Vorhut in Spanien sein, doch es gab keine Möglichkeit, das herauszufinden.
»Wir werden bis zum Einbruch der Dunkelheit warten«, sagte Hogan, und der Klang seiner Stimme verriet seine Enttäuschung.
Sharpe konnte eine Meile zurück auf die Straße sehen, die voller Männer, Frauen, Pferde und Maultiere war, die zum Flaschenhals der Saltador-Brücke drängten. Zwei Tragen mit Verwundeten wurden über die Brücke getragen, und der Anblick der verwundeten Männer rief Triumphrufe der ordenança auf der Felsklippe hervor.
Ein Mann, offenbar mit einem gebrochenen Bein, humpelte mit einer behelfsmäßigen Krücke über die Brücke. Für den Mann war es eine Tortur, aber es war besser, die Qualen zu ertragen, anstatt zurückzubleiben und den Partisanen in die Hände zu fallen. Seine Krücke rutschte auf den Steinen der Brücke aus, und er stürzte schwer. Bei seinem Missgeschick johlten Männer der ordenança schadenfroh. Ein französischer Infanterist zielte mit seiner Muskete auf die höhnischen Portugiesen, doch als er abdrückte, fiel der Zündfunke auf feuchtes Pulver und nichts geschah, nur das Hohngelächter wurde lauter.
Und dann sah Sharpe Christopher. Genauer gesagt, er bemerkte zuerst Kate, die er an ihrem Gesichtsoval und dem Kontrast ihrer blassen Haut zu ihrem schwarzen Haar erkannte. Ihre Schönheit war sogar in dieser trüben und nassen frühen Abenddämmerung unter all den Flüchtlingen nicht zu übersehen, und Sharpe wunderte sich, weshalb sie eine französische Uniform trug. Doch dann sah er Christopher und Williamson neben ihrem Pferd. Der Colonel war in Zivilkleidung und bahnte sich mit den Ellbogen einen Weg durch die Menge, damit er schneller zur Brücke gelangen und sich vor seinen Verfolgern sicher fühlen konnte.
Sharpe wischte hastig die Linse von Hogans Fernrohr ab und starrte hindurch. Christopher wirkte älter, fast gealtert mit seinem grauen Gesicht. Dann schwenkte Sharpe das Fernglas ein Stück zur Seite und sah Williamsons verdrossenes Gesicht. Zorn auf den Deserteur stieg in ihm auf.
»Haben Sie ihn gesehen?«, fragte Hogan.
»Er ist da«, sagte Sharpe und legte das Fernrohr ab. Er zog sein Gewehr aus dem neu gefertigten Lederfutteral und lehnte es an einen Felsbrocken.
Harper sah Christopher jetzt ebenfalls. »Da ist er. Tatsächlich.«
»Wo?«, wollte Hogan wissen.
»Zwanzig Yards vor der Brücke, Sir«, sagte Harper, »neben dem Pferd. Und jetzt steigt Miss Kate auf das Pferd. Und, mein Gott!« Harper hatte Williamson gesehen. »Ist das ...?«
»Ja«, sagte Sharpe, und er war versucht, auf den Deserteur zu zielen, statt auf Christopher.
Hogan starrte durch das Fernrohr. »Ein gut aussehendes Mädchen«, sagte er.
»Da schlägt einem das Herz schneller«, sagte Harper.
Sharpe hatte das Schloss des Gewehrs bedeckt gehalten und hoffte, dass das Pulver trocken geblieben war. Jetzt nahm er das Tuch weg und zielte auf Christopher, und ausgerechnet in diesem Moment krachte ein Donnerschlag, und der Regen, der bereits stark gewesen war, goss plötzlich in Strömen.
Sharpe fluchte. Er konnte Christopher in diesem Moment nicht mehr sehen. Er riss das Gewehr hoch und starrte in die verschwommene Luft, in der silberne Schleier in einem irrsinnigen Wirbel zu tanzen schienen. Verdammt! Er konnte überhaupt nichts mehr erkennen! Und dann zuckte ein Blitz über den Himmel und schien ihn zu spalten, und der Regen trommelte plötzlich wie der Hufschlag des Teufels. Sharpe richtete den Lauf des Gewehrs zu den Regenwolken und drückte ab. Er wusste, was passieren würde, und so war es. Der Zündfunken erlosch, das Gewehr war nutzlos, und so warf er es hin, richtete sich auf und zog sein Schwert.
»Was, zur Hölle, haben Sie vor?«, fragte Hogan.
»Ich hole mir mein Fernrohr«, sagte Sharpe.
Das 4. Leger, eine der besten Infanterieeinheiten in Soults Armee, brach zusammen und mit ihm die beiden Kavallerieregimenter. Die drei Regimenter waren gut postiert, beherrschten eine Anhöhe quer zur Straße, die sich der Ponte Nova näherte, doch der Anblick der Wachbrigade, das Krachen des Musketenfeuers und die Einschläge der beiden Dreipfünder-Kanonen hatten die französische Nachhut zermürbt. Ihre Aufgabe war es gewesen, die britische Verfolgung zu stoppen, sich dann langsam zurückzuziehen und die Brücke hinter sich zu zerstören, doch stattdessen ergriffen sie die Flucht.
Zweitausend Mann und tausendvierhundert Pferde trafen auf der behelfsmäßigen Straße über den Cavado zusammen. Keiner versuchte zu kämpfen. Sie flüchteten, und die ganze dunkle in Panik geratene Masse drängte sich auf dem Flussufer, als die Wachsoldaten hinter ihnen auftauchten.
»Verschiebt die Geschütze!«, befahl Sir Arthur den Kanonieren, deren Kanonen breite Grasflächen vor den Rohren verbrannt hatten. »Bringt sie näher an den Feind ran! Nicht lockerlassen!« Es begann stärker zu regnen, der Himmel verdunkelte sich, und Blitze zuckten über den nördlichen Hügeln.
Die Geschütze wurden den südlichen Hang des Tals hinauf etwa hundert Yards näher an die Brücke auf eine kleine Terrasse gerollt, von der aus sie ihre Kanonenkugeln in die Masse der Franzosen feuern konnten. Regen zischte und dampfte auf den Rohren, als die Kanonen donnerten und die ersten Geschosse in die Nachhut einschlugen. Ein Dragonerpferd wieherte schrill, bäumte sich auf und tötete einen Mann mit seinen auskeilenden Hufen. Weitere Kanonenkugeln trafen. Ein paar Franzosen, die erkannten, dass sie niemals lebend die Brücke erreichen würden, warfen ihre Musketen weg und hoben die Hände.
Die Briten öffneten ihre Reihen, um die Gefangenen durchzulassen, schlossen die Reihen und schickten eine Salve in den französischen Pöbelhaufen. Die Flüchtenden schoben und drängten, bahnten sich kämpfend einen Weg auf die Brücke. Der Andrang auf die halb abmontierte Fahrbahn ohne Geländer war so groß, dass Männer und Pferde über den Rand gedrängt wurden und in den Cavado stürzten, und immer noch donnerten die beiden Kanonen, schossen jetzt auf die Ponte Nova, und die Balken und Baumstämme auf dem einzigen Fluchtweg der Nachhut färbten sich rot vom Blut der Getroffenen.
Die Kanonenkugeln trieben mehr Männer und Pferde zum ungeschützten Rand der Brücke, sodass die vielen Toten und Sterbenden eine Art Damm unter der Brücke bildeten. Der Höhepunkt der französischen Invasion Portugals war das Massaker in Oporto gewesen, wo Hunderte in Panik ertrunken waren. Jetzt waren die Franzosen auf einer anderen fast zerstörten Brücke, und die Toten des Douro waren gerächt.
Und immer noch hämmerten die Geschütze auf die Franzosen ein, und dann und wann schoss eine Muskete oder ein Gewehr trotz des Regens. Die Briten waren eine rachsüchtige Linie, die sich dem Horror der Ponte Nova näherte.
Weitere Franzosen kapitulierten. Einige weinten vor Scham, Hunger und Kälte, als sie sich ergaben. Ein Hauptmann vom 4. Leger warf seinen Säbel zu Boden, dann hob er ihn wieder auf und zerbrach die dünne Klinge über dem Knie, bevor er sich gefangen nehmen ließ.
»Feuer einstellen!«, rief ein Offizier der Coldstreamer.
Ein sterbendes Pferd wieherte gequält. Der Rauch der Musketen und Geschütze löste sich im Regen auf. Das Stöhnen der Menschen und Tiere, die mit gebrochenen Knochen ins Flussbett gestürzt waren, klang mitleiderregend. Der Damm der Toten und Verwundeten unter der Brücke war so hoch, dass sich das Wasser staute, doch blutrotes Wasser sickerte aus dem menschlichen Abflusskanal. Ein verwundeter Franzose versuchte sich aus dem Fluss zu stemmen und starb, bevor er das Ufer erreichte, wo Mitglieder der Coldstreamer Kapelle, die zugleich als Sanitäter fungierten, ihre verwundeten Feinde einsammelten. Die Ärzte zogen ihre Skalpelle an Lederriemen ab und tranken stärkende Schlucke Brandy. Die Wachsoldaten nahmen die Bajonette von ihren Musketen, und die Kanoniere rasteten neben ihren Dreipfünder-Kanonen.
Denn die Verfolgung war vorbei, und Soult war aus Portugal vertrieben.
Sharpe rannte den steilen Hang von der Felsklippe hinab, sprang über Geröll und hetzte im Zickzack zwischen Felsbrocken hindurch. Er hoffte, dass er nicht auf Geröll oder nassem Gras ausrutschte. Der Regen strömte herab, und Donner übertönte das ferne Krachen der Schüsse bei der Ponte Nova. Die Dämmerung schritt voran, das Zwielicht wurde dunkler und breitete eine gespenstische Düsternis über Portugals wilde nördliche Hügel aus, doch es war die Intensität des Regens, der die Brücke am meisten verhüllte.
Als Sharpe den Fuß der Klippe erreichte und der Boden eben wurde, sah er, dass die Saltador plötzlich fast leer war. Ein reiterloses Pferd wurde über den schmalen Streifen der Fahrbahn geführt, und das Tier hielt die Menschen dahinter auf. Dann sah Sharpe, dass ein Husar das Pferd führte und Christopher, Williamson und Kate gleich dahinter gingen.
Eine Gruppe Infanteristen kam von der Brücke, als Sharpe durch den Regen auf sie zutrat. Sie starrten ihn an. Einer wollte ihn aufhalten, aber Sharpe sagte ihm schroff, was geschehen würde, wenn er den Weg nicht freigab, und selbst wenn der Mann kein Englisch verstand, hatte er genügend Verstand, um zu gehorchen.
Dann war Sharpe auf der Saltador, und der Husar, der das Pferd führte, starrte ihn offenen Mundes an. Christopher sah ihn und wandte sich zur Flucht, doch weitere Männer befanden sich bereits auf der schmalen Fahrbahn, und so gab es in beide Richtungen keinen Ausweg von der Brücke.
»Tötet ihn!«, rief Christopher sowohl Williamson als auch dem Husaren zu, und es war der Franzose, der gehorsam seinen Säbel zog. Doch Sharpes Schwert peitschte durch den Regen, und die Hand des Franzosen mit dem Säbel wurde fast abgetrennt. Dann stieß Sharpe die Klinge in die Brust des Husaren, und der Kavallerist stürzte in den Misarella. Das Pferd, erschreckt von dem Blitzen und jetzt ohne Führung, wieherte auf und preschte an Sharpe vorbei, stieß ihn fast in die Tiefe. Seine Hufeisen schlugen Funken aus den Steinen, und dann stand Sharpe Christopher und Williamson auf der Brücke gegenüber.
Kate schrie beim Anblick des Schwerts in Sharpes Rechter auf.
»Kletter auf den Hügel!«, rief Sharpe ihr zu. »Schnell, Kate, geh!« Er fasste Christopher ins Auge. »Und du, Bastard, gibst mir mein Fernrohr zurück!«
Christopher streckte die Hand aus, um Kate zu stoppen, doch Williamson versperrte ihm den Weg. Kate erkannte, dass ihre Sicherheit nur ein paar Schritte entfernt war, und sie rannte an Sharpe vorbei. Williamson versuchte, sie zu packen, dann schwang Sharpes Schwert auf ihn zu, und er musste die Klinge mit seiner Muskete parieren. Der Aufprall des Schwerts auf der Muskete trieb Williamson einen Schritt zurück, und Sharpe folgte ihm bereits. Die Klinge zuckte vor wie eine zustoßende Schlange und zwang Williamson einen weiteren Schritt zurück, doch dann schob Christopher den Deserteur wieder auf Sharpe zu.
»Töte ihn!«, schrie er Williamson an, und der Deserteur tat sein Bestes, schwang die Muskete wie eine große Keule, doch Sharpe sprang vor dem wilden Hieb zurück, fing sich und griff wieder an. Das Schwert zischte durch den Regen, traf Williamson seitlich am Kopf und trennte ihm fast das Ohr ab. Williamson taumelte. Sein breitkrempiger Lederhut hatte den Hieb abgemildert, doch die Wucht des Treffers trieb ihn zur Seite auf den Rand der Brücke ohne Geländer zu.
Sharpe griff immer noch an, diesmal mit einem Ausfall, und die Säbelspitze durchbohrte den grünen Rock des Deserteurs, traf eine Rippe und stieß Williamson von der Brücke. Er schrie, als er in die Tiefe stürzte, dann war Sharpe allein mit Christopher auf der Saltador.
Christopher starrte seinen Feind an. Er konnte nicht glauben, was er sah. Er versuchte zu sprechen, denn Worte waren immer seine beste Waffe gewesen, doch er brachte kein Wort heraus.
Sharpe ging langsam auf ihn zu.
Plötzlich tauchten hinter dem Colonel einige Franzosen auf. Sie wussten nicht, was los war, wunderten sich, dass er den Weg blockierte, und drängten ihn weiter, auf Sharpes Schwert zu.
Christopher hatte nicht den Mut, seinen eigenen Säbel zu ziehen und sich dem Duell zu stellen, und so sprang er aus Verzweiflung in die regnerische Dunkelheit der Schlucht des Misarella.
Vicente, Harper und Feldwebel Macedo waren Sharpe den Hügel hinabgefolgt, und jetzt begegnete ihnen Kate.
»Kümmern Sie sich um sie, Sir!«, rief Harper Vicente zu, dann eilte er mit Feldwebel Macedo zur Brücke.
In diesem Moment sprang Sharpe von dem Streifen der Fahrbahn hinab.
»Sir!«, rief Harper. »Oh mein Gott!« Er fluchte. »Der verdammte Bastard ist in den Fluss gesprungen!« Er führte Macedo über die Straße, als eine Flut von blau berockten Infanteristen von der Brücke strömten, aber wenn irgendeiner der Franzosen es seltsam fand, dass feindliche Soldaten auf dem Ufer des Misarella waren, so zeigte er kein Anzeichen darauf. Sie wollten nur entkommen, und so eilten sie nordwärts gen Spanien, als Harper in die Schlucht spähte, um einen Blick auf Sharpe zu erhaschen. Er konnte tote Pferde und die Leichen Dutzender Franzosen sehen, die von dem hohen Bogen der Saltador gestürzt waren, aber er entdeckte weder Christopher noch Sharpe.
Williamson war in den tiefsten Teil der Schlucht und zufällig an einer Stelle ins Wasser gefallen, die tief genug war, um seinen Fall zu bremsen, zudem war er auf den Kadaver eines Pferdes gekracht, der den Aufprall weiter gedämpft hatte.
Christopher hatte weniger Glück gehabt. Er war neben Williamson gelandet, doch sein linkes Bein war über einen Felsen geschrammt. Sein Knöchel schmerzte höllisch, und das Wasser des Flusses war eiskalt. Er klammerte sich an Williamson, sah sich verzweifelt um und sah keine Anzeichen auf eine Verfolgung. Er nahm an, dass Sharpe angesichts der sich zurückziehenden Franzosen nicht lange auf der Brücke bleiben konnte.
»Bring mich zum Ufer«, sagte er zu Williamson. »Ich glaube, mein Knöchel ist gebrochen.«
»Sie werden wieder in Ordnung kommen, Sir«, sagte Williamson. »Ich bin hier, Sir.« Er legte einen Arm um die Hüfte des Colonels und half ihm zum nächsten Ufer.
»Wo ist Kate?«, fragte Christopher.
»Sie ist weggerannt, aber wir werden sie finden, Sir. Ganz bestimmt. Hier können wir raufklettern, Sir.« Williamson zog Christopher aus dem Wasser auf Geröll und hielt Ausschau nach einem leichten Aufstieg aus der Schlucht.
Stattdessen sah er Sharpe. Er fluchte.
»Was ist los?« Christopher hatte zu starke Schmerzen, um etwas um sich herum wahrzunehmen.
»Dieser verdammte Scheißer«, sagte Williamson und zog den Säbel, den er einem toten französischen Offizier auf der Straße beim Seminar abgenommen hatte. »Der verdammte Sharpe«, erklärte er.
Sharpe war dem Ansturm der nahenden Franzosen entkommen, indem er zur Seite der Schlucht gesprungen war, wo ein junger Baum auf einem Vorsprung gewachsen war. Der Stamm hatte sich unter seinem Gewicht gebogen, doch er war nicht gebrochen, und Sharpe hatte mit den Füßen Halt auf dem Vorsprung gefunden. Von dort aus war er auf einen glatten Felsblock gesprungen und auf dessen gerundeter Seite in den Fluss gerutscht. Das Schwert war noch in seiner Hand. Vor ihm stand Williamson und neben dem Deserteur der nasse und entsetzte Christopher. Regen rauschte, und die dunkle Schlucht wurde grell von einem Blitz erhellt.
»Mein Fernrohr«, sagte Sharpe zu Christopher.
»Natürlich, Sharpe, selbstverständlich.« Christopher griff in eine der Taschen seiner Jacke und zog das Fernrohr heraus. »Unbeschädigt«, sagte er und lächelte trotz seiner Schmerzen. »Ich habe es mir nur geliehen.«
»Legen Sie es auf den Felsen dort«, sagte Sharpe im Befehlston.
»Überhaupt nicht beschädigt!«, sagte Christopher und legte das Fernrohr auf den Felsblock. »Und - Sie haben Ihre Sache gut gemacht, Lieutenant.« Christopher stieß Williamson an, der Sharpe nur beobachtete.
Sharpe trat einen Schritt näher an die beiden Männer heran. Sie wichen zurück. Christopher stieß Williamson wieder an, wollte ihn dazu bringen, Sharpe anzugreifen, doch der Deserteur war vorsichtig. Die längste Klinge, die er jemals in einem Kampf benutzt hatte, war ein Schwertbajonett gewesen, und er hatte es nie gelernt, mit einem Säbel zu kämpfen. Er trat zurück und wartete auf eine gute Gelegenheit.
»Ich bin froh, dass Sie hier sind, Sharpe«, sagte Christopher. »Ich hatte mich schon gefragt, wie ich von den Franzosen wegkomme. Sie haben mich ziemlich genau im Auge behalten, wie Sie sich vorstellen können. Ich habe Sir Arthur viel zu erzählen. Er ist ein guter General, der seine Männer gut geführt hat, oder nicht?«
»Ja, er ist prima«, stimmte Sharpe zu, »und er will Ihren Tod.«
»Seien sie nicht albern, Sharpe! Wir sind Engländer!« Christopher hatte bei seinem Sprung von der Brücke seinen Hut verloren. Sein nasses Haar klebte flach am Schädel. »Wir ermorden keine Leute.«
»Ich tue das«, sagte Sharpe. Er trat wieder einen Schritt näher, und Christopher und Williamson wichen zurück.
Christopher sah, dass Sharpe das Fernrohr aufhob. »Nicht beschädigt, sehen Sie? Ich habe es pfleglich behandelt.« Er musste laut sprechen, um im Rauschen des Regens und des reißenden Flusses gehört zu werden. Er schob Williamson wieder vor, doch der Deserteur weigerte sich weiterhin, Sharpe anzugreifen, und Christopher gab es auf, sich aus seiner verzweifelten Lage herauszureden. Er stieß den Deserteur auf Sharpe zu und schrie: »Töte ihn! Töte ihn!«
Der harte Stoß in seinen Rücken schien Williamson zu erschrecken. Trotzdem riss er den Säbel hoch und schlug nach Sharpes Kopf. Er traf jedoch nur die Klinge des Schwerts, das Sharpe blitzschnell hochgerissen hatte. Im nächsten Augenblick trat Sharpe dem Deserteur gegen das linke Knie, sodass Williamsons Bein nachgab. Sharpe, dem keinerlei Anstrengung anzumerken war, zog das Schwert über Williamsons Hals, und als der Deserteur ins Wanken geriet, stieß er die breite Klinge durch den grünen Rock des Sergeants in seinen Bauch. Sharpe drehte die Klinge und riss sie frei, dann schaute er zu, wie Williamson in den Fluss stürzte. »Ich hasse Deserteure«, sagte er.
Christopher sah, dass sein Mann besiegt worden war und Sharpe kaum hatte kämpfen müssen. »Nein, Sharpe, Sie verstehen nichts!« Er versuchte, Worte zu wählen, die Sharpe verunsicherten, ihn nachdenken und von ihm wegtreten ließen, doch der Colonel war in Panik und konnte keine klaren Worte formulieren, die Sharpe von ihm ablenkten.
Sharpe beobachtete Williamson. Für einen Moment versuchte sich der sterbende Mann aus dem Fluss zu stemmen, aber Blut rann aus seinem Bauch und Hals, und plötzlich sank er zurück und sein Gewicht zog ihn unter Wasser.
»Ich hasse Deserteure - und Verräter«, sagte Sharpe und blickte Christopher an. »Ist Ihre Klinge gut für etwas anderes, als in Ihren Zähnen zu stochern, Colonel?«
Wie betäubt zog Christopher seinen Säbel. Er hatte in London oft mit einem Säbel trainiert. Es hatte viel Geld gekostet, in Horace Jacksons Hall of Arms in der Jermyn Street in London Privatstunden in der Fechtkunst zu nehmen, und der große Jackson selbst hatte ihn sogar gelobt, doch in dem noblen Fechtsalon Schaukämpfe zu bestreiten und mit Richard Sharpe in der Schlucht des Misarella kämpfen zu müssen, das war etwas völlig anderes.
»Nein, Sharpe«, sagte er, als der Schütze auf ihn zutrat, dann zuckte das Schwert auf ihn zu, und er hob in Panik seinen Säbel zur Parade.
Sharpes Ausfall war eine Finte gewesen, ein Test, um zu sehen, ob Christopher kämpfen würde, aber der Blick in die Augen seines Gegners sagte ihm, dass dieser Mann kampflos sterben würde.
»Kämpfe, du Feigling«, sagte er und stieß wieder zu, und abermals machte Christopher den schwachen Versuch, zu parieren, und dann sah der Colonel einen Felsbock im Fluss und dachte, er könne einfach hinspringen und von dort aus das andere Ufer erreichen und in Sicherheit klettern. Er drosch ein paar Mal wild mit dem Säbel um sich, dann fuhr er herum und sprang, doch sein gebrochener Knöchel rutschte auf dem nassen Fels ab, und er wäre in den Fluss gestürzt, wenn Sharpe ihn nicht am Kragen gepackt hätte. So landete Christopher auf dem Vorsprung, den Säbel nutzlos in der Hand, und Sharpe ragte über ihm auf.
»Nein!«, stieß Christopher hervor und sah flehend zu Sharpe auf. »Sie haben mich gerettet, Sharpe!« Es wurde ihm klar, was soeben passiert war, und eine plötzliche Hoffnung durchfuhr ihn. »Sie sind mein Retter.«
»Ich kann Ihnen nicht die Taschen ausräumen, wenn Sie unter Wasser sind«, sagte Sharpe. Und dann verzog sich sein Gesicht vor Zorn, und er stieß mit dem Schwert zu.
Christopher starb an dem Vorsprung oberhalb des Flusses, in dem Williamson ertrunken war. Der Strudel bei der Leiche des Deserteurs färbte sich mit neuem Blut, das Rot wurde zu Rosa und löste sich dann auf. Sharpe tauchte sein Schwert ins Wasser und spülte das Blut ab. Dann durchsuchte er schnell die Taschen des Colonels und fand drei Goldmünzen, eine defekte Uhr und ein Lederetui mit zusammengefalteten Papieren, die vielleicht Hogan interessieren würden.
»Verdammter Landesverräter«, sagte Sharpe zu der Leiche. Dann blickte er auf und sah einen großen Schatten am Rand der Schlucht über sich. Einen Lidschlag lang dachte er, es müsse ein Franzosen sein, dann hörte er Harpers Stimme.
»Ist er tot?«
»Ja. Er hat sich nicht mal zum Kampf gestellt. Williamson ist ebenfalls tot.«
Sharpe kletterte hoch zu Harper. Der Sergeant ließ sein Gewehr sinken und zog Sharpe den Rest des Weges hoch. Feldwebel Macedo war ebenfalls dort oben, und die drei Männer konnten nicht zur Klippe zurückkehren, denn die Franzosen waren auf der Straße, und so suchten sie Schutz vor dem Regen zwischen den Felsen oberhalb der Misarella-Schlucht. Sharpe berichtete Harper, was geschehen war. Dann fragte er den Iren, ob er Kate gesehen hatte.
»Vicente hat sich ihrer angenommen«, antwortete Harper. »Als Letztes habe ich gesehen, wie sie sich in seinen Armen ausgeweint und er ihren Rücken gestreichelt hat. Frauen lieben es, wenn sie bei jemandem Trost finden, haben Sie das schon bemerkt?«
»Das habe ich«, sagte Sharpe. »Das habe ich.«
»Dann fühlen sie sich gleich besser«, sagte Harper. »Komisch, dass es bei uns nicht funktioniert.«
Sharpe gab Harper eine von Christophers Goldmünzen, Macedo die zweite und behielt die dritte. Die Dunkelheit war hereingebrochen, und es versprach eine lange, kalte und hungrige Nacht zu werden, aber das machte Sharpe nichts aus.
»Ich habe mein Fernrohr wieder«, erzählte er Harper.
»Das dachte ich mir.«
»Es ist sogar noch intakt. Jedenfalls hat Christopher das behauptet.« Das Glas hatte nicht geklirrt, als er es geschüttelt hatte, und so nahm Sharpe an, dass es tatsächlich unbeschädigt war.
Der Regen ließ nach, und Sharpe lauschte. Er hörte nur das Scharren von Stiefelsohlen auf den Steinen der Saltador-Brücke, das Säuseln des Windes und das Rauschen des Flusses. Er nahm keine Schüsse wahr. Der ferne Kampf bei der Ponte Nova war also vorüber, und Sharpe bezweifelte nicht, dass er mit einem Sieg der Briten geendet hatte.
Die Franzosen zogen sich zurück. Sie waren Sir Arthur Wellesley begegnet, und er hatte sie ordentlich verprügelt. Sharpe lächelte bei diesem Gedanken, denn obwohl Wellesley ein kalter Mensch war, unfreundlich und hochnäsig, war er ein verdammt guter Soldat. Er hatte König Nicolas' Utopien zerstört. Und Sharpe hatte ihm dabei geholfen.