18 Eine Unterhaltung mit Siuan

Als Egwene das Zelt verließ, war Daishar schon lange weggebracht worden, aber die Stola mit den sieben Streifen, die aus ihrer Kapuze hing, erfüllten ihren Zweck besser als das Gesicht einer Aes Sedai, um ihr einen Weg durch die Menge zu bahnen. Sie ging durch ein Meer aus Knicksen, zu denen gelegentlich die Verbeugung eines Behüters oder eines Handwerkers kam, der bei den Zelten der Schwestern eine Arbeit zu erledigen hatte. Einige Novizinnen erschraken, wenn sie die Amyrlin-Stola erblickten, und manche Familien traten hastig vom Gehweg herunter und machten ihre tiefen Knickse im Schlamm der Straße. Seit Egwene gezwungen gewesen war, für einige der Frauen von den Zwei Flüssen Bestrafungen anzuordnen, hatte sich unter den Novizinnen verbreitet, die Amyrlin sei so hart wie Sereille Bagand, und es sei besser, ihren Zorn nicht zu erregen, der wie ein Steppenbrand sein konnte. Nicht, dass auch nur die wenigsten von ihnen sich gut genug in der Geschichte der Burg auskannten, um eine halbwegs vernünftige Vorstellung davon zu haben, wer Sereille wirklich gewesen war, aber seit über hundert Jahren war ihr Name gleichbedeutend mit eisenharter Strenge, und die Aufgenommenen sorgten dafür, dass Novizinnen so etwas verinnerlichten. Es war gut, dass die Kapuze Egwenes Gesicht verbarg. Als die zehnte Novizinnen-Familie wie ein verschrecktes Hasenrudel aus dem Weg sprang, biss sie die Zähne so fest zusammen, dass ihr Gesicht ihren Ruf, Eisen zu kauen und Nägel zu spucken, endgültig zementiert hätte. Sie hatte die schreckliche Ahnung, dass Aufgenommene in ein paar hundert Jahren ihren Namen dazu benutzen würden, den Novizinnen Angst einzujagen, so wie sie es jetzt mit Sereille machten. Natürlich gab es da vorher noch die geringfügige Aufgabe, die Weiße Burg wieder zu vereinen. Kleine Ärgernisse mussten da warten. Vermutlich hätte sie auch ohne Eisen Nägel spucken können.

In der Nähe des Amyrlin-Studierzimmers, das trotz des Namens nichts weiter als ein Spitzzelt mit geflickten braunen Wänden war, verschwanden die Menschenmengen. Wie der Saal war das ein Ort, den man mied, solange man dort nichts zu erledigen hatte oder einbestellt wurde. Niemand wurde einfach in den Saal der Burg oder ins Studierzimmer der Amyrlin gebeten. Die harmloseste Einladung war ein Befehl, eine Tatsache, die dieses einfache Zelt in einen Zufluchtsort verwandelte. Egwene eilte durch den Eingang und nahm mit einem Gefühl der Erleichterung den Umhang ab. Zwei Kohlenpfannen erfüllten das Zelt mit einer köstlichen Wärme, und sie gaben nur wenig Rauch ab. Von den getrockneten Kräutern, die man auf die glühenden Kohlen gestreut hatte, entströmte ein süßer Duft.

»So wie sich diese dummen Mädchen benehmen, sollte man glauben, dass ich...«, knurrte sie und verstummte dann abrupt.

Sie war nicht überrascht, Siuan in schlichter blauer, wenn auch hervorragend geschneiderter Wolle neben dem Schreibtisch vorzufinden, eine breite Ledermappe vor die Brust haltend. Die meisten Schwestern — so wie Delana — schienen zu glauben, dass sie noch immer nicht mehr tat, als Egwene im Protokoll zu unterweisen und Botengänge zu erledigen, und zwar beides widerstrebend, aber sie war immer früh am Morgen da, was bis jetzt niemandem so richtig aufgefallen zu sein schien. Siuan war eine Amyrlin gewesen, die Eisen gekaut hatte, obwohl das keiner glauben würde, der es nicht besser wusste. Novizinnen sprachen genauso oft von ihr wie von Leane, aber voller Zweifel, ob sie wirklich das war, was die Schwestern von ihr behaupteten. Siuan war hübsch, aber nicht wirklich schön, hatte einen zierlichen Mund und dunkles, schimmerndes Haar, das ihr bis zu den Schultern reichte; sie sah noch jünger als Leane aus und nur wenige Jahre älter als Egwene. Ohne die mit blauen Fransen versehene Stola über den Armen hätte man sie für eine Aufgenommene halten können. Darum trug sie auch stets die Stola, um peinliche Missverständnisse zu vermeiden. Ihre Augen hatten sich genauso wenig verändert wie ihr Temperament, und sie blickten wie eisblaue Nadeln auf die Frau, deren Anwesenheit eine Überraschung war.

Halima war sicherlich willkommen, aber Egwene hatte nicht damit gerechnet, sie auf den hellen bunten Kissen ausgestreckt vorzufinden, die an der einen Zeltseite aufgeschichtet lagen, den Kopf auf eine Hand gestützt. Gewiss, Siuan war hübsch, wie jene jungen Frauen, denen jeder zulächelte, aber Halima war atemberaubend, mit großen grünen Augen in einem perfekten Gesicht und einem vollen, festen Busen von der Sorte, die Männer schlucken und andere Frauen die Stirn runzeln ließ. Nicht, dass Egwene die Stirn gerunzelt oder die Geschichten geglaubt hätte, die von Frauen verbreitet wurden, die eifersüchtig auf die Art und Weise waren, wie Halima Männer anzog, nur weil sie einfach da war. Aber selbst wenn ihre Position als Delanas Sekretärin offensichtlich ein Almosen der Grauen Schwester war — Halima war eine Frau vom Land mit unzureichender Schulbildung, die ihre Buchstaben mit der Unbeholfenheit eines Kindes malte —, hielt Delana sie doch den ganzen Tag irgendwie beschäftigt. Sie kam nur selten vor der Schlafenszeit, und dann auch meistens nur, weil sie gehört hatte, dass Egwene wieder ihre Kopfschmerzen hatte. Nisao konnte nichts dagegen ausrichten, nicht einmal mit dem neuen Heilen, aber Halimas Massagen wirkten Wunder, selbst wenn die Schmerzen Egwene wimmern ließen.

»Ich habe ihr gesagt, dass Ihr heute Morgen keine Zeit haben werdet, Mutter«, sagte Siuan scharf und schaute die Frau auf den Kissen noch immer böse an, als sie Egwenes Umhang mit der freien Hand entgegennahm, »aber ich hätte genauso gut mit mir selbst sprechen können.« Sie hängte den Umhang auf einen rustikalen Kleiderständer und schnaubte verächtlich. »Vielleicht hätte sie zugehört, würde ich Hosen tragen und einen Schnurrbart haben.« Siuan schien jedes der Gerüchte über Halimas angebliche Raubzüge unter den ansehnlicheren Handwerkern und Soldaten zu glauben.

Seltsamerweise schien sich Halima über ihren Ruf zu amüsieren. Möglicherweise genoss sie ihn sogar. Sie lachte leise und kehlig und streckte sich auf den Kissen wie eine Katze. Sie hatte eine unglückliche Vorliebe für tief ausgeschnittene Oberteile, was bei diesem Wetter unmöglich war, und platzte beinahe aus der blaugeschlitzten grünen Seide heraus. Seide war kaum die angemessene Bekleidung für eine Sekretärin, aber Delanas Mildtätigkeit kannte keine Grenzen — oder die Schuld, in der sie Halima gegenüber stand.

»Ihr scheint heute Morgen bekümmert zu sein, Mutter«, murmelte die Frau mit den grünen Augen, »und Ihr seid so früh zu Eurem Ausritt herausgeschlüpft und habt versucht, mich nicht zu wecken. Ich dachte, Ihr würdet vielleicht gern reden. Ihr würdet nicht so oft Kopfschmerzen bekommen, wenn Ihr mehr über Eure Sorgen sprechen würdet. Ihr wisst ja, dass Ihr mit mir sprechen könnt.« Halima betrachtete Siuan, die den Blick verächtlich erwiderte, dann lachte sie erneut kehlig. »Und Ihr wisst, dass ich keine Hintergedanken habe, im Gegensatz zu anderen.« Siuan schnaubte erneut und beschäftigte sich damit, die Mappe auf den Schreibtisch zu legen, genau zwischen dem steinernen Tintenfässchen und dem Sandstreuer. Sie fummelte sogar an dem Federhalter herum.

Es kostete Egwene Mühe, nicht zu seufzen. Große Mühe. Halima bat um nichts als einen Schlafplatz in Egwenes Zelt, sodass sie da sein konnte, wenn Egwene Kopfschmerzen bekam, doch ihre Anwesenheit musste mit ihren Pflichten für Delana kollidieren. Davon abgesehen mochte Egwene ihre offene Art. Es fiel leicht, sich mit Halima zu unterhalten und eine Weile zu vergessen, dass sie der Amyrlin-Sitz war, eine Entspannung, die ihr nicht einmal Siuan bieten konnte. Sie hatte zu hart dafür gekämpft, um als Aes Sedai und Amyrlin anerkannt zu werden, doch ihre Position war bestenfalls unsicher. Jeder Fehler, die Amyrlin zu sein, würde den nächsten und den übernächsten Fehler einfacher machen, bis man sie wieder als ein Kind ansehen würde, das ein Spiel spielte. Das machte Halima zu einem Luxus, den man schätzen musste, ganz davon abgesehen, was ihre Finger bei Egwenes Kopfschmerzen auszurichten vermochten. Zu ihrem Unmut schien aber jede andere Frau im Lager Siuans Ansicht zu teilen, ausgenommen vielleicht Delana. Die Graue war zu prüde, um ein leichtes Mädchen zu beschäftigen, ganz egal, zu welchen Almosen sie sich auch immer verpflichtet glaubte. Aber ob die Frau nun Jagd auf Männer machte oder sie bloß straucheln ließ, stand jetzt nicht zur Debatte.

»Ich fürchte, ich muss arbeiten, Halima«, sagte sie und zog die Handschuhe aus. An den meisten Tagen war es ein Berg von Arbeit. Von Sheriams Berichten war natürlich noch keine Spur zu sehen, aber sie würde sie bald schicken, zusammen mit ein paar Petitionen, von denen sie glaubte, dass sie Egwenes Aufmerksamkeit wert waren. Nur ein paar, zehn oder zwölf Appelle für die erneute Überprüfung von Beschwerden, und es wurde von Egwene erwartet, über jede als Amyrlin zu urteilen. Das konnte man nicht ohne genaues Studium der Fakten tun, nicht, wenn man eine gerechte Entscheidung treffen wollte. »Vielleicht könnt Ihr ja mit mir essen.« Falls sie rechtzeitig fertig war, um nicht hier an ihrem Schreibtisch im Studierzimmer essen zu müssen. Es ging bereits auf den Mittag zu. »Dann können wir uns unterhalten.«

Halima setzte sich abrupt auf, mit blitzenden Augen und zusammengepressten Lippen, doch ihre finstere Miene verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Aber in ihrem Blick verblieb ein Lodern. Wäre sie eine Katze gewesen, hätte sie den Rücken gekrümmt und den Schwanz wie eine Flaschenbürste gesträubt. Sie erhob sich anmutig und glättete das Kleid über den Hüften. »Nun gut. Wenn Ihr sicher seid, dass ich nicht bleiben soll.«

Erstaunlicherweise setzte in diesem Moment hinter Egwenes Augen ein dumpfes Pochen ein, der viel zu vertraute Vorbote schrecklicher Kopfschmerzen, aber sie schüttelte trotzdem den Kopf und wiederholte, dass sie zu arbeiten hatte. Halima zögerte noch einen Augenblick, ihre vollen Lippen verzogen sich erneut zu einem schmalen Strich, ihre Hände verkrallten sich in ihre Röcke, dann riss sie ihren pelzgefütterten Seidenumhang vom Kleiderständer und stolzierte aus dem Zelt, ohne ihn sich über die Schultern zu legen. Sie hätte krank werden können, wenn sie so in die Kälte hinausging.

»Früher oder später wird sie dieses Fischweib-Temperament in die Bredouille bringen«, murmelte Siuan, bevor die Eingangsplanen aufhörten, hin und her zu schwingen. Sie sah Halima finster hinterher und rückte die Stola auf ihren Schultern zurecht. »In Eurer Anwesenheit hält sich die Frau zurück, aber mir gegenüber nimmt sie kein Blatt vor den Mund. Und das gilt auch für andere. Man munkelt, dass sie Delana angeschrien hat. Wer hätte je von einer Sekretärin gehört, die ihre Arbeitgeberin anbrüllt, und dann auch noch eine Schwester? Eine Sitzende! Ich verstehe nicht, warum sich Delana mit ihr abgibt.«

»Das ist Delanas Sache.« Die Handlungen einer anderen Schwester in Frage zu stellen war genauso verboten, wie sich darin einzumischen. Zwar nur vom Brauchtum her und nicht durch das Gesetz, aber manche Verhaltensregeln waren so stark wie das Gesetz. Sicherlich musste sie Siuan daran nicht erinnern.

Egwene rieb sich die Schläfen und setzte sich vorsichtig auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch, aber der Stuhl wakkelte trotzdem. Dafür gemacht, zusammengeklappt auf einem Wagen transportiert werden zu können, hatten die Beine die Neigung, immer dann zusammenzuklappen, wenn sie es nicht sollten, und keinem der Handwerker war es trotz mehrmaliger Bemühungen gelungen, sie zu reparieren. Der Tisch ließ sich auch zusammenklappen, war aber stabiler. Sie wünschte sich, sie hätte in Murandy die Gelegenheit genutzt, einen neuen Stuhl zu besorgen, aber es hatten so viele Dinge gekauft werden müssen, und das Geld war so knapp gewesen, und schließlich hatte sie ja einen Stuhl. Immerhin hatte sie zwei Stehlampen und eine Tischlampe bekommen, alle drei aus einfachem rotlackiertem Eisen, aber mit guten Spiegeln, die frei von Blasen waren. Gutes Licht schien ihren Kopfschmerzen nicht zu helfen, aber es war besser, als bei ein paar Talgkerzen und einer Laterne lesen zu müssen.

Falls Siuan die Zurechtweisung gehört hatte, ging sie darüber hinweg. »Es ist mehr als nur ihr Temperament. Ich glaube, ein- oder zweimal stand sie kurz davor, mich zu schlagen. Vermutlich hat sie genug Verstand, um sich zu mäßigen, aber nicht jeder ist Aes Sedai. Ich glaube, sie hat einem Wagner den Arm gebrochen. Er hat gesagt, er sei gestürzt, aber meines Erachtens war das eine Lüge, so wie er meinem Blick auswich. Aber er würde auch nicht zugeben wollen, dass eine Frau ihm den Ellbogen nach hinten biegen kann, oder?«

»Lasst es gut sein, Siuan«, sagte Egwene müde. »Der Mann hat vermutlich versucht, sich ein paar Freiheiten herauszunehmen.« Das musste es gewesen sein. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie Halima einem Mann den Arm brechen sollte. Wie auch immer man die Frau beschrieb, das Wort muskulös spielte dabei keine Rolle.

Statt die Ledermappe zu öffnen, die Siuan auf den Tisch gelegt hatte, presste sie die Hände zu beiden Seiten auf die Tischplatte. Sie hielt sie von ihren Schläfen fern. Vielleicht würden die Schmerzen dieses Mal verschwinden, wenn sie sie ignorierte. Außerdem hatte ausnahmsweise einmal sie Informationen, die sie mit Siuan teilen konnte. »Es hat den Anschein, als würden es ein paar Sitzende gutheißen, mit Elaida Verhandlungen aufzunehmen«, begann sie.

Siuan setzte sich ausdruckslos auf einen der dreibeinigen Hocker vor dem Tisch und hörte aufmerksam zu, bis Egwene geendet hatte; allein ihre Finger bewegten sich und strichen leicht über ihre Röcke. Dann ballte sie sie zu Fäusten und stieß eine Reihe von Flüchen aus, die selbst für sie erstaunlich waren, sie fing mit dem Wunsch an, dass der ganze Haufen an wochenalten Fischgräten erstickte, und dann wurde sie ordinär. Dies aus dem Munde dieser jungen hübschen Frau zu hören machte es nur noch schlimmer.

»Ich schätze, es war richtig von Euch, der Sache ihren Lauf zu lassen«, murmelte sie, nachdem ihr Ausbruch sein Ende gefunden hatte. »Es wird sich herumsprechen, da es einmal angefangen hat, und so habt Ihr einen Vorsprung. Vermutlich sollte mich die Sache mit Beonin nicht überraschen. Beonin ist ehrgeizig, aber ich war immer der Ansicht, dass sie zu Elaida zurückgewinselt wäre, hätten Sheriam und die anderen ihr nicht den Rücken gestärkt.« Siuan richtete den Blick auf Egwene, als sie schneller sprach, so als wollte sie ihnen mehr Gewicht verleihen. »Ich wünschte, Varilin und dieser Haufen würden mich überraschen, Mutter. Die Blauen nicht mitgezählt, sind nach Elaidas Staatsstreich...« — ihr Mund verzog sich leicht bei dem letzten Wort — »... sechs Sitzende aus fünf Ajahs aus der Burg geflogen, und hier haben wir eine aus jeder der fünf.

Ich war vergangene Nacht im Tel'aran'rhiod, in der Burg...«

»Ich hoffe, Ihr wart vorsichtig«, sagte Egwene scharf. Manchmal schien Siuan die Bedeutung des Wortes Vorsicht nicht zu kennen. Für die wenigen Traum-Ter'angreale in ihrem Besitz standen die Schwestern Schlange, um sie benutzen zu dürfen, hauptsächlich, um die Burg zu besuchen, und auch wenn man Siuan die Benutzung nicht ausdrücklich untersagt hatte, viel hatte nicht daran gefehlt. Davon abgesehen, dass einige Schwestern Siuan für die Spaltung der Burg verantwortlich machten — sie war deshalb nicht wieder so herzlich aufgenommen worden wie Leane und wurde von niemandem verhätschelt —, erinnerten sich zu viele an ihren strengen Unterricht, als sie eine der wenigen gewesen war, die sich in der Benutzung der Traum-Ter'angreale ausgekannt hatten. Siuan hatte keine Geduld für Leute, die sich dumm anstellten, und bei den ersten Besuchen im Tel'aran'rhiod stellte sich jeder dumm an, darum musste sie, wenn sie die Welt der Träume besuchen wollte, Leane um ihre Zeit bitten, und falls eine andere Schwester sie dort sehen sollte, würde man ein Verbot aussprechen. Oder schlimmer noch, eine Suche nach derjenigen starten, die ihr ein Ter'angreal geliehen hatte, die dann damit endete, dass man Leane ertappte.

»Im Tel'aran'rhiod bin ich an jeder Weggabelung eine andere Frau in einem anderen Kleid«, sagte Siuan und winkte ab. Das war gut zu hören, allerdings erschien es wahrscheinlich, dass das genauso viel mit mangelnder Kontrolle zu tun hatte wie mit Absicht. Siuans Glaube an ihre Fähigkeiten war manchmal größer als gerechtfertigt.

»Entscheidend war, dass ich eine Liste von Sitzenden gesehen habe und das meiste lesen konnte, bevor sie sich in eine Weinranke verwandelte.« Das war im Tel'aran'rhiod ein ganz normaler Vorfall, wo nichts so blieb, wie es war, falls es nicht die Widerspiegelung eines festen Bestandteils der wachen Welt war. »Andaya Forae wurde für die Grauen erhoben, Rina Hafden für die Grünen und Juilaine Madome für die Braunen. Keine von ihnen trägt die Stola länger als höchstens siebzig Jahre. Elaida hat das gleiche Problem wie wir, Mutter.«

»Ich verstehe«, sagte Egwene langsam. Sie ertappte sich dabei, dass sie sich die Schläfe massierte. Hinter ihren Augen pochte es weiter. Es würde schlimmer werden. Das wurde es immer. Gegen Abend würde sie es bereuen, Halima weggeschickt zu haben. Sie nahm entschlossen die Hand herunter, schob die Ledermappe vor ihr ein wenig nach links und dann wieder zurück. »Was ist mit dem Rest? Sie mussten sechs Sitzende ersetzen.«

»Ferane Neheran wurde für die Weißen erhoben«, gab Siuan zu, »und Susana Dragand für die Gelben. Beide waren bereits Mitglieder des Saals. Es war eine unvollständige Liste, und ich konnte nicht alles lesen.« Sie reckte stur das Kinn vor. »Eine oder zwei, die vor ihrer Zeit erhoben werden, das wäre schon ungewöhnlich genug — so etwas kommt vor, wenn auch nicht oft —, aber hier sind es elf, vielleicht sogar zwölf, aber elf auf jeden Fall, wenn man uns und die Burg mitrechnet. An so große Zufälle glaube ich nicht. Wenn die Fischhändler alle zum selben Preis verkaufen, dann kann man darauf wetten, dass sie alle am Vorabend in derselben Kneipe getrunken haben.«

»Ihr müsst mich nicht davon überzeugen, Siuan.« Egwene lehnte sich seufzend zurück und griff mechanisch nach dem Stuhlbein, das immer zusammenklappen wollte, wenn sie das tat. Offensichtlich geschahen hier seltsame Dinge, aber was hatte das zu bedeuten? Und wer konnte die Wahl der Sitzenden in jeder Ajah beeinflussen? Jeder Ajah außer der Blauen; sie hatten eine neue Sitzende erwählt, aber Moria war schon über hundert Jahre Aes Sedai. Und vielleicht waren die Roten auch nicht davon betroffen; niemand wusste, welche Veränderungen es bei der Roten Ajah gegeben hatte, wenn überhaupt. Möglicherweise steckten die Schwarzen dahinter, aber was konnten sie gewinnen, falls diese jungen Sitzenden nicht alle Schwarze waren? Das erschien unmöglich: hätten die Schwarzen Ajah über so viel Einfluss verfügt, wäre der Saal schon vor langer Zeit nur mit Schattenfreunden besetzt gewesen. Aber wenn es da ein Muster gab und es kein Zufall war, dann musste jemand dahinterstecken. Allein der Gedanke an die Möglichkeiten und die Unmöglichkeiten ließ den dumpfen Schmerz hinter ihren Augen stechender werden.

»Falls sich das doch als Zufall herausstellt, Siuan, dann werdet Ihr es bedauern, jemals geglaubt zu haben, hier ein Rätsel zu haben.« Sie zwang sich bei den Worten zu einem Lächeln, um ihnen die Spitze zu nehmen. Eine Amyrlin musste ihre Worte vorsichtig wählen. »Jetzt, da Ihr mich überzeugt habt, dass da ein Rätsel ist, will ich, dass Ihr es löst. Wer ist verantwortlich, und was wollen sie? Bis wir das nicht wissen, wissen wir gar nichts.«

»Mehr wollt Ihr nicht?«, fragte Siuan trocken. »Vor dem Mittagessen, oder reicht es auch danach?«

»Danach wird wohl reichen«, fauchte Egwene und holte tief Luft, als sie den verlegenen Gesichtsausdruck der anderen Frau sah. Es war sinnlos, ihre Kopfschmerzen an Siuan auszulassen. Die Worte einer Amyrlin hatten Macht und manchmal auch Konsequenzen; das durfte sie nicht vergessen. »Es wäre schön, wenn Ihr Euch so bald wie möglich darum kümmern könntet«, sagte sie in sanfterem Tonfall.

»Ich weiß, dass Ihr so schnell machen werdet, wie Ihr könnt.«

Zerknirscht oder nicht, Siuan schien zu verstehen, dass an Egwenes Ausbruch nicht nur ihr Sarkasmus schuld war. Trotz ihres jugendlichen Erscheinungsbildes hatte sie jahrelange Übung darin, in Gesichtern zu lesen. »Soll ich Halima holen?«, fragte sie und machte Anstalten aufzustehen. Die fehlende Schärfe in Verbindung mit dem Namen der Frau war ein Zeichen ihrer Sorge. »Es würde keine Minute dauern.«

»Wenn ich jedem Schmerz nachgebe, komme ich nie voran«, sagte Egwene und öffnete die Mappe. »Nun, was habt Ihr heute für mich?« Sie ließ die Hände aber auf den Papieren liegen, um sich nicht die Stirn zu reiben.

Eine von Siuans morgendlichen Aufgaben bestand darin, das zu sammeln, was die Ajahs von ihren Netzwerken aus Augen-und-Ohren zu teilen bereit waren, zusammen mit dem, was einzelne Schwestern ihrer Ajah mitgeteilt hatten und was die Ajahs an Egwene weitergaben. Es war ein seltsamer Aussiebprozess, aber wenn man Siuans Informationen noch dazu nahm, ergab es ein recht stimmiges Bild der Welt. Es war ihr gelungen, die Agenten zu behalten, die sie als Amyrlin gehabt hatte, indem sie sich trotz sämtlicher Bemühungen des Saals einfach geweigert hatte, ihre Namen preiszugeben, und letztlich konnte keiner bestreiten, dass diese Augen-und-Ohren der Amyrlin gehörten und sie von Rechts wegen Egwene Bericht erstatten mussten. Oh, das Murren hatte kein Ende gefunden, bis heute nicht, aber keiner konnte die Fakten bestreiten.

Wie gewöhnlich kam der erste Bericht weder von den Ajahs oder Siuan, sondern von Leane, in schwungvoller, eleganter Handschrift auf dünne Blätter Papier geschrieben. Egwene vermochte den Grund dafür nicht zu benennen, aber keiner konnte bezweifeln, dass das, was Leane schrieb, von jemand anderem als einer Frau geschrieben worden war. Die gelesenen Seiten hielt Egwene sofort an die Flamme der Schreibtischlampe und ließ das Papier bis fast zu ihren Fingern brennen, dann zerrieb sie die Asche. Es wäre sinnlos gewesen, in der Öffentlichkeit so zu tun, als wären Leane und sie fast Fremde, und dann einen ihrer Berichte in die falschen Hände geraten zu lassen.

Nur wenige Schwestern wussten, dass Leane in Tar Valon eigene Augen-und-Ohren hatte. Möglicherweise war sie die einzige Aes Sedai, die dort Spione hatte. Es war ein menschlicher Fehler, die Geschehnisse am Ende der Straße aufmerksam zu beobachten und gleichzeitig das zu ignorieren, was vor den eigenen Füßen passierte, und das Licht wusste, dass Aes Sedai genauso viele Fehler hatten wie jeder andere Mensch auch. Unglücklicherweise hatte Leane wenig Neues zu berichten.

Ihre Leute in der Stadt beschwerten sich über schmutzige Straßen, die nach Einbruch der Dunkelheit immer gefährlicher wurden und tagsüber auch nicht viel sicherer waren. Einst hatte man in Tar Valon keine Verbrechen gekannt, aber jetzt kümmerten sich die Burgwächter nicht länger um die Straßen und patrouillierten am Hafen und an den Brückentürmen. Abgesehen vom Eintreiben der Zölle und dem Kauf von Vorräten schien sich die Weiße Burg völlig von der Stadt abgeschottet zu haben. Die großen Burgtore blieben verriegelt, und seit Beginn der Belagerung war keine Schwester mehr außerhalb der Burg gesehen worden, wenn nicht sogar schon früher. Alles Bestätigungen von Leanes früheren Berichten. Allerdings ließ die letzte Seite Egwene dann doch die Brauen heben. Gerüchte auf der Straße besagten, dass Gareth Bryne einen geheimen Weg in die Stadt hinein gefunden hatte und jeden Tag mit seinem ganzen Heer innerhalb der Mauern erscheinen würde.

»Leane hätte gesagt, wenn jemand auch nur ein Wort geflüstert hätte, das so ähnlich wie Wegetor klingt«, sagte Siuan schnell, als sie Egwenes Ausdruck sah. Sie hatte die Berichte natürlich gelesen und wusste anhand der Seite, die Egwene hielt, worum es gerade ging. Siuan rutschte auf dem wackeligen Hocker herum und wäre beinahe auf den Teppich gefallen, so wenig achtete sie auf ihre Umgebung. Aber das bremste sie nicht. »Und Ihr könnt sicher sein, dass Gareth keine Andeutung gemacht hat«, fuhr sie fort, während sie sich wieder aufsetzte. »Nicht, dass seine Soldaten zu diesem Zeitpunkt so dumm wären, in die Stadt überzulaufen, aber er weiß, wann er den Mund halten muss. Er hat nun einmal den Ruf, dann anzugreifen, wenn das eigentlich unmöglich ist. Er hat das Unmögliche oft genug vollbracht, dass es die Leute von ihm erwarten. Das ist alles.«

Egwene verbarg ein Lächeln, hielt das Papier, auf dem Lord Gareth erwähnt wurde, an die Flamme und sah zu, wie es sich zusammenrollte und schwarz wurde. Noch vor wenigen Monaten hätte Siuan eine giftige Bemerkung für den Mann übrig gehabt statt ein Lob. Er wäre der »verfluchte Gareth Bryne« gewesen, nicht Gareth. Sie konnte es unmöglich vermissen, seine Wäsche zu richten und ihm die Stiefel zu polieren, aber bei den seltenen Gelegenheiten, an denen er ins Lager kam, hatte Egwene gesehen, wie sie ihn anschaute. Ihn anstarrte und dann weglief, wenn er auch nur in ihre Richtung sah. Siuan! Die weglief! Siuan war mehr als zwanzig Jahre lang Aes Sedai gewesen und Amyrlin für zehn, aber sie konnte genauso wenig mit dem Gefühl des Verliebtseins umgehen, wie eine Ente ein Schaf scheren konnte.

Egwene zerrieb die Asche und staubte sich die Hände ab, dabei verblasste ihr Lächeln. Sie hatte kein Recht, über Siuan zu urteilen. Auch sie war verliebt, aber sie wusste weder, wo Gawyn war, noch was sie hätte tun sollen, falls sie es erfuhr. Er hatte seine Pflichten Andor gegenüber, und sie der Burg. Und der einzige Weg, diesen Abgrund zu überbrücken, sich mit ihm zu verbinden, konnte zu seinem Tod führen. Besser, ihn gehen zu lassen, ihn gänzlich zu vergessen. Das war so leicht, wie ihren Namen zu vergessen. Und sie würde mit ihm den Behüterbund eingehen. Das wusste sie. Natürlich konnte sie sich nicht mit dem Mann verbinden, ohne zu wissen, wo er war, ohne ihn in den Händen zu halten, also schloss sich der Kreis. Männer waren... eine Plage!

Sie hielt inne, um die Finger gegen die Schläfen zu drücken — das minderte den Schmerz nicht einmal annähernd —, und verbannte Gawyn aus ihren Gedanken. Soweit das möglich war. Vielleicht war das ein Vorgeschmack darauf, wie es sein würde, einen Behüter zu haben; es war immer etwas von Gawyn in ihrem Hinterkopf. Und es drängte sich immer zu den unpassendsten Zeiten in ihr Bewusstsein. Sie konzentrierte sich auf ihre Arbeit und nahm das nächste Blatt.

Soweit es Augen-und-Ohren anging, war ein großer Teil der Welt verschwunden. Aus den von den Seanchanern besetzten Ländern kamen wenig Neuigkeiten, und die bestanden entweder aus blumigen Beschreibungen der seanchanischen Tiere, die als Beweise dienen sollten, dass sie sich Schattengezücht hielten oder aus furchtbaren Geschichten von Frauen, die getestet wurden, ob sie als Damane an die Leine gelegt werden sollten, und deprimierenden Geschichten über... Akzeptanz. Wie es den Anschein hatte, waren die Seanchaner keine schlimmeren Herrscher als andere und besser als manche — solange man keine Frau war, die die Macht lenken konnte —, und zu viele Menschen schienen jeden Gedanken an Widerstand aufgegeben zu haben, sobald sich herausgestellt hatte, dass die Seanchaner sie ihr gewohntes Leben führen lassen würden. Arad Doman war fast genauso schlimm und produzierte nichts als Gerüchte, was die Schwestern, die die Berichte verfassten, auch zugaben, aber sie schickten sie trotzdem, um zu zeigen, in welchem Zustand sich das Land befand. König Alsalam war tot. Nein, er hatte angefangen, die Macht zu lenken und war wahnsinnig geworden. Rodel Ituralde, der Große Hauptmann, war auch tot, oder er hatte den Thron usurpiert oder führte ein Invasionsheer nach Saldaea. Sämtliche Mitglieder des Rats der Kaufleute waren ebenfalls tot oder aus dem Land geflohen oder hatten einen Bürgerkrieg um den Thronfolger angefangen. Davon konnte alles stimmen. Oder auch nichts. Die Ajahs waren daran gewöhnt, alles zu sehen, aber jetzt war ein Drittel der Welt in dichten Nebel gehüllt, in dem sich nur winzige Lücken zeigten. Und falls es klarere Einblicke gab, hatte sich keine Ajah dazu herabgelassen, diese Informationen weiterzugeben.

Ein weiteres Problem bestand darin, dass jede Ajah andere Dinge für wichtig hielt und so gut wie alles andere ignorierte. Beispielsweise waren die Grünen besonders über die Geschichten von Heeren der Grenzländer in der Nähe von Neu-Braem besorgt, Hunderte von Meilen von der Großen Fäulnis entfernt, die sie eigentlich bewachen sollten. Ihr Bericht drehte sich nur um die Grenzländer, so als müsste man etwas unternehmen und zwar sofort. Nicht, dass sie Vorschläge unterbreitet oder auch nur angedeutet hätten, aber die hastige, enge Schrift, die sich spinnenhaft und drängend über die Seiten zog, verriet Ungeduld.

Egwene kannte die Wahrheit über Elaynes Situation, aber seit Siuan enthüllt hatte, warum sie nicht loseilten, um die Dinge zu regeln, war sie damit zufrieden, die Grünen im Moment ohnmächtig mit den Zähnen knirschen zu lassen. Laut ihrem Agenten in Neu-Braem wurden die Grenzländer von fünfzig oder hundert Schwestern begleitet, vielleicht waren es sogar zweihundert. Die Zahl der Aes Sedai mochte unsicher sein, und natürlich war sie weit übertrieben, aber ihre Anwesenheit war eine Tatsache, die den Grünen bekannt sein musste, auch wenn sie sie in den Berichten an Egwene nie erwähnten. Keine Ajah hatte diese Schwestern in ihren Berichten erwähnt. Am Ende machte es aber kaum einen Unterschied, ob es zweihundert Schwestern oder zwei waren. Niemand konnte mit Gewissheit sagen, um wen es sich bei diesen Schwestern handelte oder warum sie dort waren, aber jedes Nachhaken wäre mit Sicherheit als Einmischung aufgefasst worden. Es erschien merkwürdig, dass sie möglicherweise einen Krieg zwischen den Aes Sedai ausfechten würden und trotzdem von den Verhaltensregeln abgehalten wurden, sich in die Angelegenheiten anderer Schwestern einzumischen, aber glücklicherweise war es so.

»Immerhin schlagen sie nicht vor, jemanden nach Caemlyn zu schicken.« Egwene blinzelte; die winzige Schrift hatte die Schmerzen hinter ihren Augen stechender gemacht.

Siuan schnaubte verächtlich. »Warum sollten sie auch? Soweit sie wissen, lässt sich Elayne von Merilille und Vandene führen, also sind sie davon überzeugt, ihre Aes Sedai-Königin zu bekommen, und außerdem noch eine Grüne. Und solange sich die Asha'man aus Caemlyn heraushalten, will niemand das Risiko eingehen, sie aufzuscheuchen. So wie die Dinge stehen, könnten wir genauso gut versuchen, Wespenquallen mit bloßen Händen aus dem Wasser zu ziehen, und das wissen sogar die Grünen. Aber das wird manche Schwestern, egal von welcher Ajah, nicht davon abhalten, nach Caemlyn zu reisen. Nur ein verstohlener Besuch, um nach den eigenen Augen-und-Ohren zu sehen. Oder um sich ein Kleid schneidern zu lassen oder einen Sattel zu kaufen oder was auch immer.«

»Sogar die Grünen?«, fragte Egwene scharf. Jedermann war der Meinung, dass die Braunen so waren und auch die Weißen, selbst wenn das sichtlich falsch war, aber manchmal regte es sie auf, wenn sie hörte, wie die Grünen alle in einen Topf geworfen wurden, als würde es sich um ein und dieselbe Frau handeln. Vielleicht sah sie sich als Grüne oder zumindest als ehemalige, was albern war. Die Amyrlin entstammte allen Ajahs und keiner — sie richtete die Stola auf ihren Schultern und rief sich diese Tatsache ins Bewusstsein, die die sieben Streifen symbolisierten —, und sie hatte nie einer Ajah angehört. Aber sie fühlte eine gewisse... nicht Sympathie, das war ein zu starkes Wort, eine Art von Übereinstimmung zwischen ihr und den Grünen Schwestern. »Von wie vielen Schwestern kennen wir den Aufenthaltsort nicht, Siuan? Als Zirkel verbunden, können selbst die Schwächsten an jeden Ort Reisen, an den sie wollen, und ich wünschte, ich wüsste, wo sie sind.«

Einen Augenblick lang dachte Siuan angestrengt nach.

»Ich glaube, es müssten etwa zwanzig sein«, sagte sie schließlich. »Vielleicht ein paar weniger. Die Zahl verändert sich von Tag zu Tag. Eigentlich führt niemand Buch.

Das würde sich keine Schwester gefallen lassen.« Sie beugte sich vor und achtete diesmal auf ihr Gleichgewicht, als der Hocker schwankte. »Bis jetzt habt Ihr die Dinge wunderbar jongliert, Mutter, aber das kann nicht immer so weitergehen. Irgendwann wird der Saal alles herausfinden, was in Caemlyn vor sich geht. Sie könnten vielleicht akzeptieren, dass man die seanchanischen Gefangenen geheim hält — das wird man als Vandenes oder Merililles Angelegenheit betrachten —, aber sie wissen bereits, dass das Meervolk in Caemlyn ist, und früher oder später werden sie von dem Handel mit ihm erfahren. Und von den Kusinen, wenn nicht sogar von Euren Plänen für sie.« Siuan schnaubte wieder, diesmal aber leiser. Sie hatte sich noch nicht entschieden, was sie von der Idee halten sollte, dass sich Aes Sedai bei den Kusinen zur Ruhe setzten, ganz zu schweigen davon, wie die anderen Schwestern den Vorschlag aufnehmen würden. »Meine Augen-und-Ohren haben noch nichts davon gehört, aber jemand wird es, das ist ganz sicher. Ihr könnt nicht mehr lange warten, andernfalls waten wir in einer Schule von Silberhechten.«

»Eines Tages muss ich mir diese Silberhechte mal ansehen, von denen Ihr immer sprecht«, murmelte Egwene. Sie hielt eine Hand hoch, als Siuan den Mund öffnete. »Eines Tages. Der Vertrag mit dem Meervolk wird für Streitigkeiten sorgen«, gab sie zu, »aber wenn die Ajahs Hinweise zu hören bekommen, werden sie nicht sofort verstehen, worum es da eigentlich geht. Schwestern, die Meervolk-Frauen in Caemlyn unterrichten? Das hat es noch nie gegeben, aber wer wird Fragen stellen oder etwas dagegen tun, gegen alle Regeln? Ich bin überzeugt, es wird Gemurre geben, vielleicht ein paar Fragen im Saal, aber bevor herauskommt, dass es ein Handel ist, werde ich meinen Plan für die Kusinen vorgestellt haben.«

»Und Ihr glaubt, dass sie das nicht die Messer wetzen lässt?« Siuan rückte die Stola zurecht und gab sich keine besondere Mühe, ihren Unglauben zu verbergen. Tatsächlich verzog sie das Gesicht.

»Es wird Debatten geben«, gestand Egwene ihr wohl überlegt zu. Eine beträchtliche Untertreibung. Es würde einen Aufschrei auslösen, sobald alles bekannt wurde. Auch wenn es noch nie einen Aufruhr unter den Aes Sedai gegeben hatte, das hier würde ihm sehr nahe kommen. Aber die Burg verlor jetzt seit über tausend Jahren an Macht, wenn nicht sogar schon länger, und Egwene wollte dem ein Ende setzen. »Aber ich werde es langsam angehen lassen. Aes Sedai mögen ungern über das Alter sprechen, Siuan, aber sie werden bald herausfinden, dass der Schwur mit dem Eidstab unser Leben um mindestens die Hälfte verkürzt. Niemand will vor seiner Zeit sterben.«

»Falls sie sich überzeugen lassen, dass es wirklich eine Kusine gibt, die sechshundert Jahre alt ist«, sagte Siuan widerwillig, und Egwene seufzte verdrossen. Das war noch etwas, woran die andere nicht so richtig glaubte, die angebliche Langlebigkeit der Kusinen. Sie schätzte Siuans Rat und dass sie nicht nur das sagte, was Egwene hören wollte, aber manchmal schien sie ihre Absätze genauso störrisch in den Boden zu stemmen wie Romanda oder Lelaine.

»Wenn es sein muss, Siuan«, sagte sie gereizt, »lasse ich die Schwestern mit ein paar Frauen sprechen, die hundert oder mehr Jahre älter als sie sind. Möglicherweise werden sie sie als Wilde oder Lügnerinnen abtun wollen, aber Reanne Corly kann beweisen, dass sie in der Burg war und wann. Und andere können das auch. Mit etwas Glück kann ich die Schwestern davon überzeugen, sich von den Drei Eiden befreien zu lassen, sodass sie bei den Kusinen in den Ruhestand gehen, und zwar, bevor sie erfahren, dass es eine Abmachung mit den Atha'an Miere gibt. Und sobald sie akzeptieren, dass man überhaupt eine Schwester von den Eiden befreit, wird es auch nicht mehr so schwer sein, sie davon zu überzeugen, die Schwestern vom Meervolk gehen zu lassen. Daneben ist der Rest des Vertrags lächerlich. Wie Ihr immer sagt, um etwas im Saal erreichen zu wollen, sind Geschick und eine flinke Hand nötig, aber Glück ist eine Grundvoraussetzung. Nun, ich werde so geschickt und flink sein, wie ich kann, und was das Glück angeht, scheint der Vorteil diesmal auf meiner Seite zu liegen.«

Siuan verzog das Gesicht, aber am Ende musste sie zustimmen. Sie räumte sogar ein, dass Egwene es schaffen konnte, mit Glück und zur richtigen Zeit. Nicht, dass sie von den Kusinen oder dem Handel mit den Atha'an Miere überzeugt gewesen wäre, aber was Egwene da vorschlug, war noch nie da gewesen, und es hatte den Anschein, als würde der größte Teil den Saal passieren können, bevor sie überhaupt begriffen, was da auf sie zukam. Egwene war bereit, sich damit zufrieden zu geben. Was auch immer dem Saal vorgetragen wurde, so gut wie immer waren genug Sitzende dagegen, um einen Konsens zu einem Stück harter Arbeit zu machen, und im Saal geschah nichts ohne den kleinsten gemeinsamen Konsens und für gewöhnlich auch mit dem großen. Manchmal kam es ihr so vor, als würden ihre meisten Auseinandersetzungen mit dem Saal darin bestehen, sie zu überzeugen, das zu tun, was sie nicht tun wollten. Es gab keinen Grund, warum das hier anders sein sollte.

Wo sich die Grünen auf die Grenzländer konzentrierten, nahmen die Grauen den Süden ins Visier. Jede Ajah war von den Berichten aus Illian und Tear über die große Anzahl von Wilden unter dem Meervolk fasziniert, wenn es denn stimmte, auch wenn starke Zweifel zu bestehen schienen, dass es wahr sein konnte, denn schließlich hätten die Schwestern schon zuvor darüber Bescheid wissen müssen. Wie wollte man so etwas schließlich verbergen? Niemand wies darauf hin, dass sie einfach das akzeptiert hatten, was sie an der Oberfläche gesehen hatten, ohne jemals tiefer zu schauen. Aber die Grauen waren von der Bedrohung Illians durch die Seanchaner fasziniert sowie von der kürzlich begonnenen Belagerung des Steins von Tear. Kriege und Kriegsdrohungen schlugen Graue immer in ihren Bann, da sie ihr Leben der Beendigung von Auseinandersetzungen widmeten. Und natürlich der Ausweitung ihres Einflusses; jedes Mal, wenn die Grauen einen Krieg durch einen Vertrag beendeten, erhöhten sie den Einfluss aller Aes Sedai, aber hauptsächlich den der Grauen. Doch die Seanchaner schienen sich jeder Art von Verhandlung zu entziehen, jedenfalls durch Aes Sedai, und die Empörung der Grauen, dass man ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, schlug sich in den knappen Worten über seanchanische Vorstöße über die Grenze und die ständig wachsende Zahl der Streitkräfte nieder, die von Lord Gregorin versammelt wurden, dem Verwalter des Wiedergeborenen Drachen in Illian, ein Titel, der selbst Gründe zur Sorge bot. Tear hatte seinen eigenen Verwalter für den Wiedergeborenen Drachen, den Hochlord Darlin Sisnera, und er wurde im Stein von Adligen belagert, die sich weigerten, Rand anzuerkennen. Es war eine sehr seltsame Belagerung. Der Stein hatte seine eigenen Docks, und Darlins Feinde konnten den Nachschub selbst dann nicht abschneiden, wenn sie den Rest der Stadt hielten, was sie auch taten, und sie schienen sich damit zufrieden zu geben, dort sitzen zu bleiben und abzuwarten. Vielleicht wussten sie auch einfach nur nicht, was sie als Nächstes tun sollten. Allein die Aiel hatten den Stein im Sturm erobern können, und noch nie hatte ihn jemand ausgehungert. Die Grauen hatten Grund zur Hoffnung in Tear.

Egwene hob den Kopf, als sie den unteren Rand der Seite las, und sie legte sie eilig beiseite und nahm die nächste. Die Grauen hatten Grund zur Hoffnung gehabt. Anscheinend war eine Graue Schwester erkannt worden, als sie aus dem Stein gekommen war, und man war ihr zu einem Treffen mit Hochlord Tedosian und der Hochlady Estanda gefolgt, zwei der prominentesten Mitglieder der Belagerer. »Merana«, hauchte sie. »Sie sagen, es war Merana Ambrey, Siuan.« Unbewusst massierte sie sich die Schläfe. Die Schmerzen hinter den Augen waren stärker geworden.

»Sie könnte Gutes bewirken.« Siuan stand auf und ging über die Teppiche zu einem kleinen Tisch an der Zeltwand, auf dem mehrere nicht zueinander passende Pokale und zwei Kannen auf einem Tablett standen. Die Silberkanne enthielt gewürzten Wein, die blaue Tonkanne Tee; beide waren beim ersten Tageslicht für die Ankunft der Amyrlin dort hingestellt worden und schon lange kalt. Niemand hatte damit gerechnet, dass Egwene zum Fluss ritt. »Solange Tedosian und die anderen nicht mitbekommen, für wen sie wirklich arbeitet.« Siuans Stola rutschte von einer Schulter, als sie die Kanne betastete, und kurz flammte das Licht Saidars um sie herum auf, als sie Feuer lenkte und den Inhalt erwärmte. »Sie werden ihr nicht glauben, dass sie in gutem Glauben verhandelt, wenn sie herausfinden, dass sie die Kreatur des Wiedergeborenen Drachen ist.« Sie füllte einen polierten Zinnbecher mit Tee, tat großzügig Honig hinein, rührte um und brachte Egwene den Becher.

»Das könnte Euch helfen. Es ist ein Kräutertrank, den Chesa gefunden hat, aber der Honig verbessert den Geschmack.«

Egwene probierte vorsichtig und stellte den Becher mit einem Schaudern wieder ab. Wenn es mit Honig so scharf schmeckte, wollte sie sich nicht vorstellen, wie es wohl ungesüßt war. Da waren ja vielleicht sogar die Kopfschmerzen besser. »Wie könnt Ihr das so ruhig aufnehmen, Siuan? Dass Merana in Tear auftaucht, ist der erste echte Beweis, den wir haben. Da glaube ich ja noch eher, dass Eure Sitzenden zufällig zusammengekommen sind.«

Am Anfang war es nicht mehr als ein Raunen hinter vorgehaltener Hand gewesen, von den Ajahs oder von Siuans Augen-und-Ohren. In Cairhien gab es Aes Sedai, und sie schienen sich frei im Sonnenpalast bewegen zu können, während sich der Wiedergeborene Drache dort aufhielt. Dann wurde das Raunen heiser und unbehaglich, zögerlich. Die Augen-und-Ohren in Cairhien wollten es nicht sagen. Niemand wollte wiederholen, was die Agenten berichtet hatten. Da waren Aes Sedai in Cairhien, und sie schienen die Befehle des Wiedergeborenen Drachen zu befolgen. Noch schlimmer waren die Namen, die durchsickerten. Ein paar der Frauen waren in Salidar dabei gewesen, sie hatten zu den Ersten gehört, die sich Elaida widersetzt hatten, während andere von ihnen Frauen waren, von denen man wusste, dass sie loyal zu Elaida standen. Soweit Egwene wusste, hatte niemand das Wort Zwang laut ausgesprochen, aber alle hatten daran gedacht.

»Es ist sinnlos, sich das Haar zu raufen, wenn der Wind nicht in die gewünschte Richtung bläst«, erwiderte Siuan und setzte sich wieder auf den Hocker. Sie wollte die Beine übereinander schlagen, stellte aber hastig beide Füße auf den Teppich zurück, als der Hocker kippte. Sie murmelte etwas Unhörbares und richtete die Stola mit einem Schulterzucken. Und war gezwungen, den nächsten Ruck auszubalancieren. »Man muss die Segel so ausrichten, dass man aus der Richtung einen Vorteil zieht, aus der der Wind kommt. Denkt man kühl, dann wird man es zurück ans Ufer schaffen. Ist man halsstarrig, wird man ertrinken.« Manchmal klang Siuan so, als würde sie noch immer auf einem Fischerboot arbeiten. »Ich glaube, Ihr benötigt mehr als einen Schluck, wenn es helfen soll, Mutter.«

Mit einer Grimasse schob Egwene den Becher noch ein Stück weiter weg. Der Geschmack auf ihrer Zunge war fast genauso schlimm wie die Kopfschmerzen. »Siuan, wenn Ihr eine Möglichkeit seht, wie wir einen Nutzen daraus ziehen können, dann wünschte ich, Ihr würdet es mir sagen. Ich will nicht einmal darüber nachdenken, dass Rand Schwestern mit einem Zwang belegt haben könnte.« Weder über die Möglichkeit, dass er ein so abstoßendes Gewebe kannte, noch darüber, dass er jeden damit belegen konnte. Sie kannte es — ein weiteres kleines Geschenk von Moghedien —, und sie wünschte, sie könnte vergessen, wie man es herstellte.

»In diesem Fall geht es weniger darum, es zu benutzen, als vielmehr die Konsequenzen zu bedenken. Irgendwann wird man sich um ihn kümmern müssen, ihm vielleicht eine Lektion erteilen müssen, aber Ihr könnt nicht wollen, dass sich die Schwestern jetzt auf ihn stürzen, und diese Geschichten aus Cairhien machen alle vorsichtig.« Siuans Stimme war ganz ruhig, aber sie rutschte auf dem Hocker umher, was deutlich ihre innere Anspannung verriet. Das war kein Thema, über das eine Aes Sedai zu ruhig sprechen konnte. »Andererseits, sobald das alle zu Ende gedacht haben, werden sie erkennen, dass es die Geschichten, er wolle sich Elaida unterwerfen, zu barem Unsinn macht. Durchaus möglich, dass sie Schwestern ausgeschickt hat, um ihn zu überwachen, aber die würden keine Rebellen akzeptieren, die Elaida stürzen wollen. Diese Erkenntnis wird jenen, die mittlerweile der Ansicht sind, Elaida könnte ihn an der Leine haben, etwas mehr Mut machen. Es ist ein Grund weniger, warum jemand darüber nachdenken sollte, sich ihr zu ergeben.«

»Was ist mit Cadsuane?«, fragte Egwene. Von all den Namen, die aus Cairhien kamen, hatte dieser den Schwestern den größten Schrecken versetzt. Cadsuane Melaidhrin war eine Legende, und es gab genauso viele ablehnende Versionen dieser Legende wie zustimmende. Einige Schwestern waren davon überzeugt, dass es sich um einen Irrtum handeln musste; Cadsuane musste schon lange tot sein. Andere schienen sich bloß zu wünschen, dass sie tot wäre. »Seid Ihr sicher, dass sie nach Rands Verschwinden in Cairhien geblieben ist?«

»Nachdem ihr Name gefallen war, habe ich dafür gesorgt, dass meine Leute nach ihr Ausschau halten«, erwiderte Siuan und klang jetzt alles andere als ruhig. »Ich weiß nicht, ob sie eine Schattenfreundin ist, ich habe nur den Verdacht, aber ich versichere Euch, dass sie eine Woche nach seinem Verschwinden im Sonnenpalast war.«

Egwene kniff die Augen zu und drückte die Handkanten gegen die Lider. Das schien keinerlei Wirkung auf die pulsierende Nadel in ihrem Kopf zu haben. Vielleicht war Rand in Begleitung einer Schwarzen Schwester oder war es zumindest gewesen. Vielleicht hatte er Aes Sedai mit dem Zwang belegt. Schlimm genug bei gewöhnlichen Menschen, aber bei Aes Sedai war es irgendwie schlimmer, bedeutungsvoller. Was man gegen eine Aes Sedai einzusetzen wagte, würde man erst recht zehnfach oder hundertfach gegen jene einsetzen, die sich nicht wehren konnten. Irgendwie würden sie sich zu gegebener Zeit um ihn kümmern müssen. Sie war mit Rand aufgewachsen, aber sie konnte nicht zulassen, dass sie das beeinflusste. Er war jetzt der Wiedergeborene Drache, die Hoffnung der Welt und zugleich vielleicht die größte einzelne Bedrohung, die ihr gegenüberstand. Vielleicht? Die Seanchaner konnten nicht so viel Schaden anrichten wie der Wiedergeborene Drache. Und sie würde sich den Umstand zunutze machen, dass er möglicherweise Schwestern mit einem Zwang belegt hatte. Die Amyrlin war eine andere Frau als die Wirtstochter.

Sie schaute den Becher mit dem angeblichen Tee böse an, dann ergriff sie ihn und zwang sich, das ekelhafte Zeug zu trinken, dabei würgte sie die ganze Zeit. Vielleicht würde sie wenigstens der Geschmack von den Kopfschmerzen ablenken.

Als sie den Becher mit dem scharfen Hallen von Metall auf Holz absetzte, betrat Anaiya mit finsterer Miene das Zelt.

»Akarrin und die anderen sind zurück, Mutter«, sagte sie. »Moria hat mich gebeten, Euch darüber in Kenntnis zu setzen, dass sie den Saal zusammengerufen hat, um ihren Bericht zu hören.«

»Escaralde und Malind auch«, verkündete Morvrin, die in Begleitung von Myrelle hinter Anaiya eintrat. Die Grüne schien die Verkörperung ungetrübten Zorns zu sein, falls es so etwas gab, ihr dunkles Gesicht war reglos und ihre Augen wie erloschene Kohlen, aber Morvrin zog eine Miene, die Anaiya erfreut aussehen ließ. »Sie schicken Novizinnen und Aufgenommene los, um alle Sitzenden aufzuspüren«, sagte die Braune. »Wir haben nicht einmal den Hauch einer Andeutung erfahren, was Akarrin herausgefunden hat, aber ich glaube, Escaralde und die anderen wollen es benutzen, um den Saal in eine bestimmte Richtung zu drängen.«

Egwene schaute auf den dunklen Bodensatz in den letzten Tropfen auf dem Bechergrund und seufzte. Sie würde auch dabei sein müssen, und jetzt würde sie den Sitzenden mit Kopfschmerzen und diesem schrecklichen Geschmack im Mund gegenübertreten müssen. Vielleicht sollte sie es als Buße dafür betrachten, was sie dem Saal antun würde.

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