Tyrion

Sie hatten in einem Espenwäldchen gleich neben der Bergstraße Schutz gesucht. Tyrion sammelte totes Holz, während ihre Pferde Wasser aus einem Bergbach tranken. Er bückte sich, um einen gesplitterten Ast aufzuheben, und untersuchte ihn eingehend.»Wird das gehen? Ich bin nicht geübt im Feuermachen. Das hat Morrec für mich erledigt.«

«Ein Feuer?«sagte Bronn und spuckte aus.»Bist du so hungrig, daß du dafür sterben würdest, Zwerg? Oder hast du den Verstand verloren? Ein Feuer lockt meilenweit die Clans an. Ich will diese Reise überleben, Lannister.«

«Und wie willst du das bewerkstelligen?«fragte Tyrion. Er klemmte den Ast unter den Arm und stocherte im spärlichen Unterholz herum, suchte nach mehr. Sein Rücken schmerzte von der Mühe des Bückens. Seit Tagesanbruch, nachdem Ser Lyn Corbray sie mit steinerner Miene durch das Bluttor geführt und ihnen verboten hatte, je zurückzukommen, waren sie geritten.

«Wir haben keine Chance, wenn's ans Kämpfen geht«, erklärte Bronn,»aber zwei kommen schneller voran als zehn und sind nicht so leicht zu entdecken. Je weniger Zeit wir in diesen Bergen verbringen, desto wahrscheinlicher erreichen wir das Flußland. Reite hart und schnell, sage ich. Reise bei Nacht und verkrieche dich bei Tag, vermeide die Straße, wo es geht, mach keinen Lärm und zünde kein Feuer an.«

Tyrion Lannister seufzte.»Ein glänzender Plan, Bronn. Versuch es damit, wenn du willst… und verzeih mir, wenn ich mich nicht damit aufhalte, dich zu begraben.«

«Du meinst, du willst mich überleben, Zwerg?«Der Söldner grinste. Er hatte eine dunkle Lücke in seinem Lächeln, wo die Kante von Ser Vardis Egens Schild ihm einen Zahn

ausgeschlagen hatte.

Tyrion zuckte mit den Schultern.»Bei Nacht hart und schnell zu reiten ist eine sichere Methode, am Berg auszurutschen und sich den Hals zu brechen. Ich ziehe es vor, langsam und entspannt zu reisen. Ich weiß, daß dir der Geschmack von Pferden zusagt, Bronn, nur wenn unsere Tiere diesmal unter uns wegsterben, werden wir versuchen müssen, Schattenkatzen zu satteln, und wenn ich die Wahrheit sagen soll, so glaube ich, daß uns die Clans entdecken werden, egal was wir auch tun. Ihre Augen sind überall. «Er deutete auf die hohen, windumtosten Klippen rundum.

Bronn verzog das Gesicht.»Dann sind wir tot, Lannister.«

«Wenn ja, so ziehe ich es vor, bequem zu sterben«, erwiderte Tyrion.»Wir brauchen Feuer. Die Nächte hier oben sind kalt, und warmes Essen wird uns die Bäuche wärmen und aufmuntern. Glaubst du, wir könnten hier Wild finden? Lady Lysa hat uns freundlicherweise mit einem veritablen Festmahl aus Pökelfleisch, hartem Käse und altem Brot versorgt, nur würde ich mir ungern so fern vom nächsten Maester einen Zahn abbrechen.«

«Fleisch kann ich besorgen. «Unter einer Strähne von schwarzem Haar hervor beobachtete Bronn mit seinen dunklen Augen Tyrion voller Argwohn.»Ich sollte dich mit deinem Feuer hier zurücklassen. Wenn ich dein Pferd nähme, stünden meine Chancen doppelt gut, es zu schaffen. Was würdest du dann tun, Zwerg?«

«Sterben höchstwahrscheinlich. «Tyrion bückte sich, um einen weiteren Zweig aufzuheben.

«Denkst du, ich würde es nicht tun?«

«Du würdest es sofort tun, wenn dein Leben davon abhinge. Schließlich warst du auch schnell damit, deinen Freund Chiggen zum Schweigen zu bringen, als er diesen Pfeil in den Bauch bekam. «Bronn hatte den Kopf des Mannes am Haar zurückgerissen, die Spitze seines Dolches unterm Ohr hineingetrieben und später Catelyn Stark erklärt, der andere Söldner sei seiner Wunde erlegen.

«Er war so gut wie tot«, sagte Bronn,»und sein Stöhnen lockte sie an. Chiggen hätte dasselbe für mich getan… und er war kein Freund, nur ein Mann, mit dem ich gemeinsam geritten bin. Täusche dich nicht, Zwerg. Ich habe für dich gekämpft, aber ich liebe dich nicht.«

«Ich brauche deine Klinge«, erwiderte Tyrion,»nicht deine Liebe. «Er warf seinen Armvoll Holz zu Boden.

Bronn grinste.»Du bist unerschrocken wie ein Söldner, das will ich dir zugestehen. Woher wußtest du, daß ich für dich eintrete?«

«Wissen?«Tyrion hockte unbeholfen auf seinen verkümmerten Beinen, um das Feuer einzurichten.»Ich habe gewürfelt. Damals im Wirtshaus habt Chiggen und du geholfen, mich gefangenzunehmen. Warum? Die anderen sahen es als ihre Pflicht, für die Ehre der Herren, denen sie dienen, nicht so ihr beiden. Ihr hattet keinen Herrn, keine Pflicht und ziemlich wenig Ehre, warum sich also einmischen?«Er nahm sein Messer hervor und schnitzte etwas Rinde von den Stöcken, die er gesammelt hatte, um sie als Zünder zu verwenden.»Nun, weshalb tun Söldner überhaupt irgendwas? Für Gold. Ihr dachtet, Lady Catelyn würde euch für eure Hilfe belohnen, euch vielleicht sogar in ihre Dienste nehmen. Hier, das sollte genügen, hoffe ich. Hast du einen Feuerstein?«

Bronn schob zwei Finger in den Beutel an seinem Gürtel und warf einen Feuerstein herüber. Tyrion fing ihn aus der Luft.

«Meinen Dank«, sagte er.»Die Sache ist, daß ihr die Starks nicht kanntet. Lord Eddard ist ein stolzer, ehrenhafter und ehrlicher Mann, und sein holdes Weib ist noch übler. Oh, ohne Zweifel hätte sie die eine oder andere Münze für euch übrig gehabt, wenn das alles vorüber wäre, und sie euch mit freundlichen Worten und angewidertem Blick in die Hand gedrückt, aber mehr hättet ihr euch nicht erhoffen dürfen. Die Starks suchen Mut und Treue und Ehre in den Männern, die sie für ihre Dienste wählen, und wenn ich die Wahrheit sagen soll, wart Chiggen und du nichts als Abschaum. «Tyrion schlug den Feuerstein an seinen Dolch, um einen Funken hervorzurufen. Nichts.

Bronn schnaubte.»Du hast eine kühne Zunge, kleiner Mann. Eines Tages könnte sie dir jemand rausschneiden und dir selbst zum Fressen geben.«

«Das sagen sie alle. «Tyrion blickte zum Söldner auf.»Habe ich dich verletzt? Ich bitte um Verzeihung.. aber du bist Abschaum, Bronn, täusch dich nicht. Pflicht, Ehre, Freundschaft, was bedeuten sie dir schon? Nein, spar dir die Mühe, wir kennen beide die Antwort. Dennoch, dumm bist du nicht. Im Grünen hatte Lady Stark keine Verwendung mehr für dich… aber ich, und das einzige, woran es den Lannisters nie gemangelt hat, war Gold. Als der Moment kam, die Würfel zu zücken, habe ich darauf gebaut, daß du klug genug wärst, zu erkennen, was in deinem Interesse liegt. Zum Glück für mich wußtest du es. «Wieder schlug er Stein und Stahl aneinander, abermals ergebnislos.

«Hier«, sagte Bronn und hockte sich hin.»Ich mach das. «Er nahm Tyrion Messer und Feuerstein aus den Händen und schlug schon beim ersten Versuch Funken. Eine Stück Rinde begann zu glimmen.

«Gut gemacht«, lobte Tyrion.»Abschaum magst du sein, doch bist du unbestreitbar nützlich, ja, mit dem Schwert bist du fast so gut wie mein Bruder Jaime. Was willst du, Bronn? Gold? Land? Frauen? Beschütze mein Leben, und du sollst es bekommen.«

Sanft blies Bronn ins Feuer, und die Flammen sprangen

höher.»Und wenn du stirbst?«

«Nun, dann gibt es jemanden, der mich ehrlich betrauert«, gab Tyrion grinsend zurück.»Dein Anspruch auf das Gold endet mit mir.«

Das Feuer flackerte hübsch. Bronn stand auf, steckte den Flint wieder in seinen Beutel und warf Tyrion dessen Dolch zu.»Abgemacht«, sagte er.»Dann gehört mein Schwert dir… aber glaub nicht, daß ich jedesmal auf die Knie falle und M'lord sage, wenn du scheißen mußt. Ich spiele für niemanden den Speichellecker.«

«Und auch nicht den Freund«, entgegnete Tyrion.»Ich bin mir sicher, daß du mich ebenso schnell verrätst wie Lady Stark, wenn du dir einen Gewinn davon versprichst. Sollte je der Tag kommen, an dem du versucht bist, mich zu verkaufen, denk immer daran, Bronn… ich zahle deren Preis, gleich wie hoch er sein mag. Ich lebe gern. Und jetzt: Meinst du, du könntest uns etwas zum Abendessen besorgen?«

«Kümmere dich um die Pferde«, forderte ihn Bronn auf und zog den langen Dolch von seiner Hüfte. Damit verschwand er zwischen den Bäumen.

Eine Stunde später waren die Pferde gestriegelt und gefüttert, das Feuer knisterte fröhlich vor sich hin und die Lende einer jungen Ziege drehte sich tropfend und zischend über den Flammen.»Jetzt fehlt uns nur noch etwas guter Wein, um unser Zicklein herunterzuspülen«, sagte Tyrion.

«Das, eine Frau und noch ein Dutzend Schwertkämpfer«, meinte Bronn. Er saß mit gekreuzten Beinen am Feuer, schärfte die Klinge seines Langschwerts mit einem Ölstein. In dem Geräusch lag etwas seltsam Beruhigendes.»Bald wird es ganz dunkel sein«, erklärte der Söldner.»Ich übernehme die erste Wache… ob sie uns nun nützt oder nicht. Vielleicht wäre es schöner, wenn sie uns im Schlaf töten würden.«

«Oh, ich denke, sie werden längst hier sein, bevor wir schlafen. «Beim Duft des gebratenen Fleischs lief Tyrion das Wasser im Mund zusammen.

Bronn beobachtete ihn übers Feuer hinweg.»Du hast einen Plan«, sagte er ausdruckslos beim Schaben von Stahl auf Stein.

«Eine Hoffnung würde ich es eher nennen«, sagte Tyrion.»Wieder ein Würfelspiel.«

«Bei dem unser Leben auf dem Spiel steht?«

Tyrion zuckte mit den Achseln.»Haben wir die Wahl?«Er beugte sich übers Feuer und schnitt eine dünne Scheibe Fleisch von der Ziege.»Ahhhh«, seufzte er selig, während er kaute. Fett lief ihm übers Kinn.»Etwas zäher, als mir lieb ist, und ein wenig fade gewürzt, aber ich werde mich nicht allzu laut beklagen. Wenn ich noch auf der Eyrie wäre, würde ich für die Hoffnung auf eine gekochte Bohne am Abgrund tanzen.«

«Und doch hast du dem Kerkermeister eine Börse voller Gold gegeben«, wandte Bronn ein.

«Ein Lannister zahlt stets seine Schulden. «Selbst Mord hatte es kaum glauben können, als Tyrion ihm den Lederbeutel zuwarf. Die Augen des Kerkermeisters waren groß wie gekochte Eier, als er das Band aufriß und Gold glänzen sah.»Das Silber habe ich behalten«, hatte Tyrion ihm mit schiefem Grinsen erklärt,»aber dir wurde Gold versprochen, und da ist es. «Es war mehr, als sich ein Mann wie Mord in einem ganzen Leben des Quälens von Gefangenen zu verdienen erhoffen konnte.»Und denk daran, was ich gesagt habe: Das ist nur ein Vorgeschmack. Solltest du je von Lady Lysas Diensten genug haben, komm nach Casterly Rock, und ich gebe dir den Rest, den ich dir schulde. «Während goldene Drachen durch seine Finger rieselten, war Mord auf die Knie gefallen und hatte versprochen, daß er es genau so machen würde.

Bronn zog seinen Dolch hervor und nahm das Fleisch vom Feuer. Er begann, dicke Streifen verkohlten Bratens von den Knochen zu schneiden, während Tyrion zwei Kanten von altem

Brot aushöhlte.»Wenn wir zum Fluß kommen, was tun wir dann?«fragte der Söldner, während er schnitt.

«Oh, eine Hure und ein Federbett und eine Flasche Wein für den Anfang. «Tyrion hielt sein Brot hin, und Bronn füllte es mit Fleisch.»Und dann nach Casterly Rock oder King's Landing, glaube ich. Ich möchte ein paar Fragen beantwortet haben hinsichtlich eines gewissen Dolches.«

Der Söldner kaute und schluckte.»Also hast du die Wahrheit gesagt? Es war nicht dein Messer?«

Tyrion lächelte schmal.»Sehe ich wie ein Lügner aus?«

Als ihre Bäuche voll waren, standen die Sterne am Himmel, und der halbe Mond stieg über den Bergen auf. Tyrion breitete seinen Umhang am Boden aus, legte sich darauf und benutzte den Sattel als Kissen.»Unsere Freunde lassen sich reichlich Zeit.«

«Wenn ich an deren Stelle wäre, würde ich eine Falle fürchten«, sagte Bronn.»Warum sonst sollten wir so ungeschützt herumsitzen, wenn nicht, um sie anzulocken?«

Tyrion gluckste.»Dann sollten wir singen und sie damit entsetzt in die Flucht schlagen. «Er fing an, eine Melodie zu pfeifen.

«Du bist verrückt, Zwerg«, sagte Bronn, während er sich mit seinem Dolch das Fett unter den Fingernägeln hervorkratzte.

«Wo bleibt deine Liebe zur Musik, Bronn?«

«Wenn du Musik willst, hättest du den Sänger bitten sollen, für dich einzutreten.«

Tyrion grinste.»Das wäre amüsant gewesen. Ich sehe ihn schon vor mir, wie er Ser Vardis mit seiner Holzharfe auf Abstand hält. «Dann pfiff er weiter.»Kennst du dieses Lied?«erkundigte er sich.

«Man hört es hier und da, in Tavernen und Hurenhäusern.«

«Myrisch. >Die Jahreszeiten meiner Liebe.< Süß und melancholisch, falls dir das etwas sagt. Das erste Mädchen, mit dem ich je das Bett teilte, hat es oft gesungen, und ich habe es nie mehr aus dem Kopf bekommen. «Tyrion sah zum Himmel auf. Es war eine klare, kalte Nacht, und die Sterne funkelten über den Bergen, grell und gnadenlos wie die Wahrheit.»Ich habe sie in einer Nacht wie dieser kennengelernt«, hörte der Gnom sich selbst sagen.»Jaime und ich ritten von Lannisport zurück, als wir einen Schrei vernahmen, und sie kam auf die Straße gelaufen, zwei Männer auf den Fersen, die ihr Drohungen hinterherschrien. Mein Bruder zog sein Schwert und verfolgte die beiden, während ich abstieg, um das Mädchen zu beschützen. Sie war kaum ein Jahr älter als ich, dunkelhaarig, schlank, mit einem Gesicht, das einem das Herz brechen konnte. Ganz sicher hat es mir das meine gebrochen. Von niedriger Geburt, halbverhungert, ungewaschen… doch wunderschön. Man hatte ihr die Lumpen, die sie trug, halb vom Leib gerissen, und so wärmte ich sie mit meinem Umhang, derweil Jaime die Männer in den Wald jagte. Als er wieder angetrabt kam, hatte ich ihr den Namen und auch eine Geschichte entlockt. Sie war die Tochter eines Kleinbauern, eine Waise, seit ihr Vater am Fieber gestorben war, auf dem Weg nach… nun, im Grunde nirgendwohin.

Jaime war ganz wild darauf, die Männer zu jagen. Es kam nicht oft vor, daß Banditen Reisende so nah bei Casterly Rock überfielen, und er betrachtete das als persönliche Beleidigung. Das Mädchen war so verängstigt, deshalb konnte ich es nicht einfach allein fortschicken, und daher bot ich an, sie zum nächsten Wirtshaus zu bringen und zu verköstigen, während mein Bruder nach Casterly Rock ritt, um Hilfe zu holen.

Sie war hungriger, als ich für möglich gehalten hätte. Wir aßen zwei ganze Hühner und noch ein wenig vom dritten, und der Wein muß mir zu Kopf gestiegen sein, wie ich fürchte. Bald darauf lag ich mit ihr im Bett. Wenn sie schüchtern war, so war ich noch schüchterner. Ich habe keine Ahnung, wie ich den Mut aufbrachte. Als ich ihr die Unberührtheit nahm, weinte sie, doch hat sie mich später geküßt und ihr kleines Lied gesungen, und am nächsten Morgen war ich verliebt.«

«Du?«Bronns Stimme klang amüsiert.

«Absurd, nicht?«Wieder begann Tyrion, das Lied zu pfeifen.»Ich habe sie geheiratet«, gab er schließlich preis.

«Ein Lannister von Casterly Rock, verheiratet mit einer Bauerntochter«, sagte Bronn.»Wie hast du das geschafft?«

«Oh, du würdest staunen, was ein Junge mit ein paar Lügen, fünfzig Silberstücken und einem betrunkenen Septon erreichen kann. Ich habe nicht gewagt, meine Braut mit heim nach Casterly Rock zu bringen, deshalb habe ich sie in ihrem eigenen Landhaus untergebracht, und vierzehn Tage lang spielten wir Mann und Frau. Bis dahin war der Septon ausgenüchtert und gestand meinem Hohen Vater die ganze Geschichte.«Überrascht stellte Tyrion fest, wie traurig es ihn stimmte, davon zu erzählen, selbst noch nach so vielen Jahren. Vielleicht war er nur müde. Er setzte sich auf und starrte in die verglimmende Glut und blinzelte ins Licht.

«Er hat das Mädchen fortgeschickt?«

«Nicht nur das«, sagte Tyrion.»Erst holte er die Wahrheit aus meinem Bruder heraus. Du mußt wissen, daß das Mädchen eine Hure war. Jaime hatte die ganze Sache arrangiert, die Straße, die Banditen, einfach alles. Er meinte, es würde Zeit, daß ich die Frau kennenlernte. Dem Mädchen hat er den doppelten Preis gezahlt, da er wußte, daß es für mich das erste Mal war.

Nachdem Jaime sein Geständnis abgelegt hatte, holte Lord Tywin, um die Lektion komplett zu machen, meine Frau herein und überließ sie seiner Garde. Man hat sie gut bezahlt. Ein Silberstück für jeden Mann, wie viele Huren bekommen schon einen solchen Preis? In der Kaserne setzte er mich in eine Ecke und ließ mich zusehen, und am Ende hatte sie so viel Silber, daß ihr die Münzen durch die Finger glitten und über den Boden rollten, sie…«Der Rauch brannte in seinen Augen. Tyrion räusperte sich und wandte sich vom Feuer ab, um in die Dunkelheit zu blicken.»Lord Tywin ließ mich als letzten an die Reihe kommen«, fuhr er mit leiser Stimme fort.»Und er gab mir eine Goldmünze, mit der ich sie bezahlen sollte, weil ich ein Lannister und daher mehr wert war.«

Nach einer Weile hörte er wieder dieses Geräusch, das Kratzen von Stahl auf Stein. Bronn schärfte sein Schwert weiter.»Dreizehn oder dreißig oder drei, ich hätte den Mann getötet, der mir so etwas antut.«

Tyrion fuhr herum und sah ihn an.»Du könntest eines Tages Gelegenheit dazu bekommen. Denk daran, was ich dir gesagt habe. Ein Lannister begleicht stets seine Schuld. «Er gähnte.»Ich glaube, ich werde versuchen zu schlafen. Weck mich kurz bevor wir sterben.«

Er rollte sich in sein Schattenfell und schloß die Augen. Der Boden war steinig und kalt, nach einiger Zeit schlief Tyrion Lannister dennoch ein. Er träumte von der Himmelszelle. Diesmal war er der Kerkermeister, nicht der Gefangene, groß, mit einem Riemen in der Hand, und er schlug nach seinem Vater, trieb ihn zurück, zum Abgrund hin…

«Tyrion. «Bronns Warnung brach laut und dringlich in seinen Traum ein.

Nur ein Augenblinzeln später war Tyrion wach. Das Feuer war zu glimmender Kohle heruntergebrannt, und überall um sie herum schlichen die Schatten heran. Bronn stützte sich auf ein Knie, mit dem Schwert in einer Hand und seinem Dolch in der anderen. Tyrion hob die Hand: nicht rühren, sagte sie.»Kommt an unser Feuer, die Nacht ist kalt«, rief er den schleichenden Schatten zu.»Ich fürchte, wir haben keinen Wein, den wir euch bieten könnten, aber gern laden wir euch zu unserem Ziegenbraten ein.«

Alle Bewegungen erstarrten. Tyrion sah Mondlicht auf Metall schimmern.»Unser Berg«, rief eine Stimme zwischen den Bäumen hervor, tief und hart und unfreundlich.»Unsere Ziege.«

«Eure Ziege«, gab Tyrion ihm recht.»Wer seid ihr?«

«Wenn ihr euren Göttern gegenübersteht«, antwortete eine andere Stimme,»sagt ihnen, es war Gunthor, Sohn des Gurn von den Stone Crows, der euch geschickt hat. «Ein Ast knackte unter seinen Füßen, als er ins Licht trat, ein dünner Mann mit gehörntem Helm, bewaffnet mit einem langen Messer.

«Und Shagga, Sohn des Dolf. «Das war die erste Stimme, tief und tödlich. Ein Felsbrocken zu ihrer Linken bewegte sich und stand auf, wurde ein Mensch. Massig und langsam und stark schien er, in Felle gekleidet, mit einem Knüppel in der rechten Hand und einer Axt in der linken. Er schlug beides aneinander, während er sich näherte.

Andere Stimmen riefen andere Namen, Conn und Torrek und Jaggat und noch weitere, die Tyrion im selben Moment vergaß, als er sie hörte. Mindestens zehn. Einige hatten Schwerter und Messer, andere schwangen Mistgabeln und Sichern und hölzerne Speere. Er wartete, bis alle ihre Namen gerufen hatten, dann erst antwortete er.»Ich bin Tyrion, Sohn des Tywin vom Clan der Lannisters, der Löwen von Casterly Rock. Wir wollen gern für die Ziege zahlen, die wir verspeist haben.«

«Was hast du uns zu bieten, Tyrion, Sohn des Tywin?«fragte der eine, der sich Gunthor nannte und der ihr Häuptling zu sein schien.

«Dort ist Silber in meinem Beutel«, erklärte Tyrion.»Diese Halsberge, die ich trage, ist mir zu groß, doch sollte sie Conn gut anstehen, und die Streitaxt, die ich bei mir habe, müßte in Shaggas mächtige Hand besser passen als sein Holzbeil.«

«Der Halbmann würde uns mit unserem eigenen Geld

bezahlen«, sagte Conn.

«Conn spricht die Wahrheit«, meldete sich Gunthor.»Euer Silber ist unser. Eure Pferde sind unser. Deine Halsberge und deine Streitaxt und das Messer an deinem Gürtel, auch die gehören uns. Du hast uns nichts als dein Leben zu geben. Wie würdest du gern sterben, Tyrion, Sohn des Tywin?«

«In meinem eigenen Bett, den Bauch voller Wein, meinen Schwanz im Mund einer Maid und ich im Alter von achtzig Jahren«, erwiderte er.

Der Riese Shagga lachte als erster und am lautesten. Die anderen schienen weit weniger amüsiert.»Conn, nimm ihre Pferde«, befahl Gunthor.»Tötet den anderen und fangt den Halbmann. Er kann die Ziegen melken und die Mütter zum Lachen bringen.«

Bronn sprang auf.»Wer stirbt zuerst?«

«Nein!«fuhr Tyrion mit scharfer Stimme dazwischen.»Gunthor, Sohn des Gurn, hör mich an. Meine Familie ist reich und mächtig. Wenn uns die Stone Crows sicher durch die Berge bringen, wird mein Hoher Vater euch mit Gold überhäufen.«

«Das Gold eines Flachlandlords ist wertlos wie die Versprechen eines Halbmannes«, sagte Gunthor.

«Ein halber Mann mag ich wohl sein«, sagte Tyrion,»dennoch habe ich den Mut, mich meinen Feinden zu stellen. Was tun die Stone Crows anderes, als sich hinter Felsen zu verstecken und vor Angst zu zittern, wenn die Ritter aus dem Grünen Tale vorüberreiten?«

Shagga stieß wütendes Gebrüll aus und schlug Knüppel gegen Axt. Jaggot stocherte mit der feuergehärteten Spitze eines langen Holzspeeres vor Tyrions Gesicht herum. Der gab sich alle Mühe, nicht zurückzuschrecken.»Sind das die besten Waffen, die ihr stehlen konntet?«sagte er.»Vielleicht gerade gut genug, um Schafe zu töten… falls die Schafe sich nicht wehren. Die Schmiede meines Vaters scheißen besseren Stahl als das.«

«Kleiner Kindmann«, brüllte Shagga,»verspottest du meine Axt noch, wenn ich dir deine Männlichkeit abhacke und sie an die Ziegen verfüttere?«

Doch Gunthor hob eine Hand.»Nein. Ich will hören, was er sagt. Die Mütter hungern, und Stahl füttert mehr Mäuler als Gold. Was würdest du uns für euer Leben geben, Tyrion, Sohn des Tywin? Lanzen? Kettenhemden?«

«Das und weit mehr, Gunthor, Sohn des Gurn«, erwiderte Tyrion lächelnd.»Ich gebe euch das Grüne Tal von Arryn.«

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