Das Buch
Moskau am Rande des Nervenzusammenbruchs
Der »russische Faust« – Michail Bulgakows zweites Meisterwerk endlich neu übersetzt
Es gibt Geschichten, deren Sprengkraft ist einfach zu groß. Michail Bulgakows Novelle Das hündische Herz entstand schon 1925, aber sie konnte erst 1968 gedruckt werden – und auch damals nicht in Bulgakows Heimatland, sondern in einer russischen Exilzeitschrift in Deutschland.
Warum? Ein genialer Chirurg nimmt einen Straßenköter bei sich zu Hause auf und schafft aus ihm den »neuen Menschen« – er pflanzt ihm Hirnanhangsdrüse und Hoden eines schmierigen Kleinkriminellen ein.
Der zum kommunistischen Genossen mutierte Tiermensch erweist sich aber bald nicht nur als echter Widerling: gewissen- und verantwortungslos wie er ist, wird er zur Gefahr für alle. Er bleibt Tier, freilich in Menschengestalt, und erst die gewaltsame Rückoperation kann die Gesellschaft retten.
Ein Text, böse und bissig wie kaum ein zweiter, schillernd vieldeutig und grandios geschrieben. Dergleichen wollte man in einem Land, in dem man den »Neuen Menschen« propagierte und das Volk zur Macht erklärte, nicht zulassen. Bis heute wird der vielschichtige Meistertext als Parabel auf russische Verhältnisse gelesen – doch freilich ist er noch mehr: Wie Goethes Faust oder Mary Shelleys Frankenstein ist Bulgakows Novelle eine zeitlose Parabel auf die Widersprüche und Verwerfungen der conditio humana.