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Gilgamesch war gar nicht sicher, weshalb er sich bereitgefunden hatte mitzugehen. Ein Besuch am Hof des Priesterkönigs Johannes oder an einem sonstigen Hof interessierte ihn nicht im geringsten. Er wollte nichts weiter, als daß man ihn in Ruhe lasse, damit er durch die Wildnis streifen und jagen könne, um dabei ein wenig Linderung seines Kummers zu finden.

Doch dieser hagere Langhals und sein Freund, dieser rotgesichtige Prahlhans, hatten ihn höflich eingeladen, mit ihnen in ihrem Landrover zu fahren, und während er noch so dastand und stirnrunzelnd über das Angebot nachdachte, hatten die häßlichen flachgesichtigen kleinen gelben Krieger ihm mit ungeduldigen Gesten bedeutet, daß er besser in das Fahrzeug steigen solle. Und das tat er denn auch. Es sah so aus, als würden sie ihn durchaus gewaltsam dazu bringen, falls er sich weigerte, und wenn er auch keinerlei Furcht vor ihnen empfand, nicht die geringste Furcht, hatte etwas in ihm, das er noch nicht zu begreifen vermochte, ihn dazu veranlaßt, einem erneuten Kampf möglichst aus dem Weg zu gehen, und er war statt dessen lieber in dieses Fahrzeug gestiegen. Möglich auch, daß er für eine Weile genug davon hatte, allein zu jagen. Oder aber weil die Wunde in seinem Arm schmerzhaft zu toben begann, nachdem nun die Erregung wegen der Rangelei abgeklungen war, und es erschien ihm als eine vernünftige Verfahrensweise, einen Wundarzt die Sache ansehen zu lassen. Um die Verletzung herum war das ganze Fleisch schlimm geschwollen und verfärbt. Dieser Pfeil hatte ihn glatt durchschlagen. Er würde den Einschuß säubern und verbinden lassen; dann würde er weiterziehen.

Also schön, er reiste jetzt an den Hof des Priesters Johannes. Er hockte stumm und düster auf dem Rücksitz des dumpf riechenden von Schimmelflecken bedeckten Fahrzeugs und fuhr mit diesen zwei sehr drolligen Vertretern der Später Toten, diesen Schreibern oder Geschichtenerzählern oder was immer zu sein sie behaupteten, unter dem Geleit des Reitertrupps zum Lager ihres Herrschers, dieses Priesters Johannes.

Der Mann, der Howard hieß, der es nicht über sich bringen konnte, ihm ab und zu scheue flüchtige Blicke zuzuwerfen wie ein verliebtes Dienstmädchen, saß am Steuer. Wieder blickte er nach hinten und sagte: »Sag mir, Gilgamesch, hattest du früher schon einmal mit dem Priester Johannes zu tun?«

»Den Namen habe ich schon gehört, soweit ich mich erinnere«, antwortete der Sumerer. »Aber eigentlich bedeutet er mir nicht viel.«

»Ein berühmter legendärer christlicher Herrscher«, sagte der andere, der hagere Mann, der Lovecraft hieß. »Von dem es heißt, daß er irgendwo in nebelhaften Fernen mitten in Zentralasien über ein verborgenes Königreich herrschte — obwohl es ja eigentlich in Afrika hätte sein müssen, wenn man gewissen anderen Quellen…«

Asien — Afrika — Namen, bloße Namen, dachte Gilgamesch düster. Orte irgendwo in dieser anderen Welt, der Schattenwelt, aus der er schon so lange fortgegangen war. Er hatte keine Ahnung, wo diese Länder liegen mochten.

Was für ein Übermaß von Gegenden und Namen dafür! Kein Vernünftiger konnte das alles noch überschauen. Es war sinnlos. Die Welt — seine Erste Welt, die im ›Land‹ — war begrenzt gewesen von den Zwei Strömen, Idigna und Buranunu, welche die Griechen später als Tigris und Euphrates bezeichnet hatten. Aber wer waren die Griechen, und mit welchem Recht benannten sie die Ströme um? Alle benutzten jetzt diese neuen Namen, sogar er, Gilgamesch, selbst — außer ganz tief in seinem Herzen.

Und über die zwei Ströme hinaus? Nun, dort lag weit im Osten der Vasallenstaat Haratta, erinnerte er sich, und da lag auch das Zedernland, wo der feueratmende Dämon Huwawa herumfauchte und brüllte, und in den östlichen Bergen lag das Königreich der elamitischen Barbaren. Im Norden lag das Uri genannte Land, und in der Wüste im Westen hausten die unzivilisierten Martustämme, und im Süden lag die gesegnete Insel Dilmun, die wie das Paradies war. Hatte es da eine Welt jenseits dieser Welt gegeben? Gewiß, da war noch Meluhha, in weiter Ferne, jenseits von Elam, wo das Volk eine schwarze Haut hat und feine, noble Gesichter: und dann im Süden das Land Punt, wo sie ebenfalls dunkelhäutig waren, mit platten Nasen und dicken Lippen; und dann gab es da noch ein Land weit hinter Meluhha, wo Leute mit gelber Haut lebten, die einen kostbaren grünen Stein aus der Erde gruben. Und dies war die Welt, die er gekannt hatte, als er noch in der Welt lebte, dieser anderen Welt, die er so kurz nur durchwanderte, ehe er in diese Welt des Ewigen Lebens kam. Aber offenbar hatte es in jener anderen Welt andere Gegenden gegeben, Orte, von denen er keine Ahnung hatte oder die nach seiner Zeit entstanden waren. Wo mochten sie liegen, diese anderen Orte aus den Letzten Tagen der Anderen Welt, dieses Afrika, dieses Asien, dieses Europa und der Rest, Rom, Griechenland, England? Vielleicht waren das ja teilweise nur neue Namen für alte Orte. Das Land hatte ja auch eine Vielzahl von Namen getragen, seit seiner Zeit — Babylonien, Mesopotamien, Irak und andere. Wieso brauchte es diese ganzen Namen? Er wußte es nicht. Neue Männer erfanden oft neue Namen; es schien der Lauf der Welt zu sein. Dieses Afrika, dieses Asien — Amerika, China, Rußland — ein kleiner Grieche namens Herodot hatte einst versucht, es ihm zu erklären, wie die Welt gestaltet sei und die Namen der Orte auf ihr, indem er auf einem Stück alten Pergaments eine Zeichnung anfertigte, und viel später hatte ein Starrkopf namens Mercator das ebenfalls getan, und später hatte er sich dann darüber mit einem Engländer namens Cook unterhalten; aber was diese Leute ihm sagten, war in sich alles widersprüchlich und ergab für ihn überhaupt keinen Sinn. Es war allerdings auch etwas viel verlangt, da einen Sinn zu sehen. Diese Tausende von Nationen, die nach seiner Zeit aufgetaucht waren, diese Großreiche, die entstanden und wieder zerfallen und vergessen waren, all diese verschwundenen Herrschergeschlechter, die Häuptlinge und Könige — hin und wieder hatte er sich bemüht, ihre Reihenfolge zu merken, aber vergeblich. Einst, in seinem früheren Leben, ja, da hatte er danach gestrebt, Meisterschaft in allen Wissensgebieten zu erlangen. Sein Appetit war grenzenlos gewesen, sein Hunger: nach Wissen, nach Reichtum, nach Macht, nach Weibern, nach dem Leben an sich. Jetzt erschien ihm das alles als reinste Torheit. Und das Gewirr verwirrter und verwirrender Namen von Orten, die großen Reiche und fernen Königtümer, sie gehörten in eine andere Welt, was konnten sie ihm jetzt bedeuten?

»Asien?« fragte er sich. »Afrika?« Er zuckte die Achseln. »Der Priesterkönig Johannes?« Er suchte in den untersten trägen vollbeladenen Strudeln seiner Erinnerung. »Aha. Da haben wir einen Priester Johannes. Ich glaube, er lebt in Roma Nova. Ein dunkelhäutiger Mann, ein Freund von diesem frechen alten Lügner Sir John Mandeville.« Nun kam es ihm wieder ins Gedächtnis. »Ja, ich habe sie oft beisammen gesehen, in der dreckigen verkommenen Taverne, in der man den Mandeville immer antreffen kann. Und die zwei erzählen sich gegenseitig absonderliche Geschichten, wobei der eine ein noch größerer Schwindler ist als der andere.«

»Ein anderer Priester Johannes«, sagte Lovecraft.

»Dieser da ist Susenyos der Äthiopier, glaube ich«, sagte Howard. »Ein ehemaliger afrikanischer Tyrann, er liebte die Jesuiten, und jetzt ist er ein schwerer Whiskeysäufer. Er ist nur einer von vielen. Meiner sicheren Kenntnis nach treiben sich in der Nachwelt hier sieben, neun oder ein Dutzend Priester Johannesse herum. Vielleicht sogar noch mehr.«

Gilgamesch betrachtete diese Bemerkung ohne Aufmerksamkeit und Interesse. Ihm lief der Schmerz von seiner Pfeilwunde jetzt brennend den Arm auf und nieder.

Lovecraft sagte: »…gar kein echter Name, sondern nur ein Titel, und außerdem noch ein verderbter. Es hat nie einen wirklichen Priester Johannes gegeben, sondern nur verschiedene Herrscher in verschiedenen fernen Ländern, und es gefiel den Geschichtenspinnern in Europa sie jeweils Priester Johannes zu nennen, den Christenkaiser, den großen geheimnisvollen unbekannten Monarchen eines sagenhaften Reiches. Und so gibt es hier in der Nachwelt viele, die sich diesen Namen zulegten. Er bringt Macht mit sich, verstehst du?«

»Macht und Majestät!« rief Howard laut. »Und Poesie, bei Gott!«

»Also ist dieser Priester John, zu dem wir jetzt fahren«, fragte Gilgamesch, »in Wirklichkeit gar nicht der Priesterkönig?«

»Yeh-lu Ta-shih ist sein richtiger Name«, sagte Howard. »Chinesisch. Eigentlich mandschurisch, aus dem zwölften Jahrhundert der Neuen Zeitrechnung. Der erste Herrscher des Großreichs Kara-Khitai mit der Kaiserstadt Samarkand. Herrschte hauptsächlich über Horden von Mongolen- und Turkstämmen, und sie nannten ihn Gur-Khan, was ›Höchster Herrscher‹ bedeutet, und das hat sich irgendwie auf dem Weg nach Europa damals zu ›Johann‹ gemausert. Und man behauptete auch, daß er ein christlicher Priester gewesen sei, Presbyter Johannes.« Howard lachte. »Diese verdammten blöden Kerle. Der war genauso wenig ein Christ wie du. Buddhist war er, ein verfluchter schamanistischer Buddhist.«

»Aber wieso dann…?«

»Mythen und Verworrenheit!« sagte Howard. »Die gewaltige Unsinnsfabrik der Menschheitsgeschichte in Betrieb! Und wie hätte es anders sein können, als er hierher in die Nachwelt kam, dieser Yeh-lu Ta-shih, verschaffte er sich prompt wieder ein Großreich auf einem vergleichbaren Territorium wie seinerzeit drüben, und als Richard Burton in diese Gegend kam und ihm vom Priester Johannes erzählte, daß die Europäer ihn vor langer Zeit bei diesem Namen nannten und ihm alle erdenklichen sagenhaften Großtaten zuschrieben, sagte er: Ja, ich bin wahrlich der Priesterkönig Johannes. Und jetzt stilisiert er sich als das, er und ein Dutzend andere, die meisten davon Äthiopier wie dieser Freund deines Freundes Mandeville.«

»Sie sind nicht meine Freunde«, sagte Gilgamesch steif. Er lehnte sich zurück und knetete seinen schmerzenden Arm. Die Landschaft draußen veränderte sich: Sie wurde hügeliger, bestanden von unattraktiven dickstämmigen kleinen Bäumen, die seltsam schief aus dem roten Boden wuchsen. Seine scharfen Augen machten hier und dort verstreute Gruppen schwarzer Zelte an den Hängen aus und Herden dieser kleinen Dämonenpferde, die in ihrer Nähe weideten. Gilgamesch wünschte inzwischen, er hätte sich nicht zu dieser Expedition überreden lassen. Wozu brauchte er einen Priester Johann? Einen der ärgerlichsten Parvenüs unter den Potentaten der Späten Toten, einen von diesen unzähligen Kleinfürstchen, die sich hier in den endlosen Wüstengebieten des Outback unbedeutende Domänen errichtet hatten — und der regierte noch dazu unter falschem Namen —, ein schäbiger Schuft mehr, einer mehr von diesen aufgeblasenen kleinen Niemands, die vor unverdientem Stolz fast platzen…

Aber was machte das schon für einen Unterschied?

Er würde sich eine Weile im Land dieses Johannes aufhalten, dann würde er weiterziehen, allein und getrennt von den anderen, und einsam ohne Zweck und ziellos seinen Pfad suchen und seinen verlorenen Enkidu betrauern. Er schien diesem Verhängnis, das auf ihm lastete, nie entrinnen zu können, dieser bitteren Einsamkeit, ob er nun in Glanz und Pracht im Uruk seines alten Lebens regierte oder durch die verlassenen Wüsten dieser Nachwelt wanderte.


»Ihre Exzellenzen P. E. Lovecraft und Howard E. Robert!« rief der Haushofmeister pompös, wenn auch inkorrekt, und stieß dreimal mit der Goldspitze seines Zeremonialstabes aus fahlgrüner Jade auf den schwarzen Marmorboden des Throngemachs. »Gesandte mit Generalvollmacht von Seiner Britannischen Majestät dem Achten König Heinrich aus dem Königreich des Neuen Heiligen Auferstandenen England.«

Lovecraft und Howard traten einige Schritte vor. Yeh-lu Ta-shih nickte knapp und wedelte elegant mit der Hand, an der zentimeterlange Nägel prangten, beiläufig seine formelle Zurkenntnisnahme. Die Generalbevollmächtigten schienen ihn nicht besonders zu interessieren, ebenso wenig anscheinend, zu welchem Zweck Seine Britannische Majestät König Heinrich sie hierher geschickt hatte.

Dann wandte sich der kühle hoheitsvolle Blick des Herrschers Gilgamesch zu, der sich Mühe geben mußte, auf den Füßen zu bleiben. Allmählich fühlte er sich fieberisch und benommen, und er fragte sich, ob er nicht bescheiden darauf hinweisen sollte, daß er an seinem Arm eine eitertriefende Wunde hatte. Schließlich hatte ja sogar seine Toleranz ihre Grenzen, auch wenn er diese Tatsache gewöhnlich zu verbergen trachtete. Er wußte nicht, wie viel länger er es noch durchstehen können würde. Es gab Zeiten, da war der Zwang, sich wie ein Held betragen zu müssen, ein rechter Furunkel am Hintern, und dies war ein solcher Moment.

»…und Seine Verstorbene Erhabenheit Gilgamesch von Uruk, Sohn des Lugalbanda, Großkönig, König von Uruk, König der Könige, Beherrscher des Landes zwischen den Zwei Strömen durch die Gnade Enlils und Ans«, röhrte der Haushofmeister ebenso pompös, wobei er nur einmal auf die Karte in seiner Hand niederzubücken brauchte.

»Großkönig?« fragte Yeh-lu Ta-shih und blickte Gilgamesch so bohrend an, wie es dem Sumerer nur selten einmal geschehen war. »König der Könige? Das sind sehr hochgestochene Titel, Gilgamesch von Uruk.«

»Nichts als eine Floskel«, erwiderte Gilgamesch, »die mir als passend erscheint für die Vorstellung an deinem Hof. Tatsächlich bin ich derzeit König von gar nichts.«

»Aha«, sagte Teh-lu Ta-shih. »Ein König Garnichts.«

Und was bist du, mein Lord Priester Johannes? Gilgamesch sprach es nicht aus, obwohl ihm die Worte an den Gaumen sprudelten und laut gesagt werden wollten. Und Garnichtse sind auch alle die übrigen selbsternannten Lords und Herren der unzähligen Reiche der Nachwelt.

Der schlanke bernsteinhäutige Mann auf dem Thron neigte sich vor. »Und wo, ich bitte, liegt dieses Garnichts?«

Einige Höflinge begannen höhnisch zu kichern. Doch der Priesterkönig schien in allem Ernst zu fragen, obwohl man sich da natürlich unmöglich völlig sicher sein konnte. Gilgamesch hatte rasch begriffen, daß er es hier mit einem ernstzunehmenden Mann zu tun hatte: Einem schlauen, selbstbeherrschten Fuchs mit scharfem, elastischem Verstand. Keineswegs der eitle kleine Lokalgockel, den Gilgamesch in diesem trostlosen hinteren Winkel des Outback zu finden erwartet hatte. So klein und unbedeutend das Fürstentum sein mochte, der Priester Johannes beherrschte es offenbar mit fester Hand. Der großartige schimmernde Palast, den ihm seine schmuddeligen Untertanen am Rand von Nirgendwo errichtet hatten, die klare Struktur der kleinen, aber gutgeplanten Stadt um den Palast legten dafür Zeugnis ab. Gilgamesch verstand einiges vom Bau von Städten und Palästen. Und die Hauptstadt des Priesters Johannes trug die Merkmale jahrhundertelanger unablässiger Anstrengungen.

Der feste lange starre Blick ließ ihn nicht los. Gilgamesch kämpfte gegen den flammenden Schmerz in seinem Arm an und erwiderte den Blick des Kaisers mit einem ebenso festen und ernsthaften Blick seinerseits. Er sagte:

»Garnichts? Es ist ein Land, das es niemals gab und immer geben wird, mein Lord. Es hat keine Grenzen, und seine Hauptstadt ist überall, und keiner von uns verläßt das Land jemals.«

»Ah. Ah. Wirklich, ganz hübsch ausgedrückt. Du bist ein Früher Toter, ja?«

»Ein sehr früher, mein Lord.«

»Früher als Ch’in Shih Huang Ti? Früher als die Herrscher von Shang und Hsia?«

Gilgamesch wandte sich verwirrt an Lovecraft, der ihm zuflüsterte: »Uralte Herrscher in China. Deine Zeit lag noch vor ihnen.«

Gilgamesch zuckte eine Achsel. »Sie sind mir nicht bekannt, mein Lord, aber du hörst ja, was der Gesandte aus Britannien sagt. Er ist ein gelehrter Mann, also muß es wohl so sein. Ich will dir also sagen, daß ich viel älter bin als Caesar, älter als Amenhotep, älter als Belshazzar. Viel älter.«

Yeh-lu Ta-shih überdachte dies kurz. Dann machte er wieder diese knappe Geste der Entlassung, als wischte er die ganze Konzeption der Altersprioritäten in der Nachwelt beiseite. Er lachte trocken. »Also bist du sehr alt, König Gilgamesch. Ich beglückwünsche dich dazu. Trotzdem würde uns das Eisjägervolk versichern, daß du und ich und deine Belshazzars und Amenhoteps, wer immer die sein sollen, allesamt erst gestern hier eingetroffen sind, und aus der Sicht der Haarmenschen sind sogar die Eisjäger selbst einfach Neulinge. Und so weiter und so fort. Es hat keinen Anfang, oder? Ebenso wenig wie es ein Ende gibt.«

Und ohne seine Antwort abzuwarten, fragte er danach Gilgamesch: »Woher hast du diese scheußlich aussehende Wunde, König von Garnichts?«

»Ein Mißverständnis, mein Lord. Es könnte sein, daß deine Grenzsoldaten zuweilen etwas zu großen Eifer zeigen.«

Einer der Höflinge beugte sich zu dem Herrscher und murmelte etwas. Dessen glatte Stirn runzelte sich, und er hob eine makellos geschwungene Braue kaum merklich.

»Du hast neun von ihnen getötet, ja?«

»Sie griffen uns an, ehe wir die Möglichkeit hatten, ihnen unsere Diplomatenpässe zu zeigen«, warf Lovecraft hastig ein. »Es war reine Selbstverteidigung, mein Lord.«

»Daran zweifle ich nicht.« Der Kaiser schien einen Augenblick über das Scharmützel nachzudenken, das neun seiner Reiter das Leben gekostet hatte, aber kurz darauf entließ er auch diese Erwägungen aus dem Fokus seines Interesses.

»Und nun, meine Herren Gesandten…«

Plötzlich schwankte Gilgamesch, taumelte, begann zu fallen. Er fing sich gerade noch rechtzeitig, griff nach einer dicken Porphyrsäule und hielt sich fest, bis er sich wieder sicherer fühlte. Schweiß rann ihm über die Stirn und in die Augen. Ein Frösteln überlief ihn. Der gewaltige Steinpfeiler schien sich zu dehnen und wieder zu schrumpfen. Übelkeit schwoll in ihm auf und ab, plötzlich sah er alles doppelt. Alles verschwamm und wurde vielfach. Er holte tief Luft, wieder und wieder und wieder, und zwang sich, es durchzuhalten. Er fragte sich, ob dieser Priester Johannes irgendein Spiel mit ihm treiben wollte, oder er sehen wollte, wie lange er durchhalten konnte. Nun, wenn es sein mußte, schwor er sich, dann würde er ewig weiter vor diesem Priesterkaiser stehen, ohne sich ein Zeichen von Schwäche anmerken zu lassen.

Doch nun schien Yeh-lu Ta-shih endlich bereit, Mitgefühl zu erweisen. Mit einem Blick zu einem der Pagen sagte er: »Holt meinen Leibarzt und sagt ihm, er soll seine Instrumente und seine Tränke mitbringen. Diese Wunde hätte schon vor einer Stunde versorgt werden müssen.«

»Ich danke dir, mein Lord«, murmelte Gilgamesch, bemüht, nicht zu stark ironisch zu klingen.

Der Arzt erschien beinahe sogleich, als hätte er schon im Antechambre gewartet. Wieder eines von den kleinen Spielchen, die sich der Priester Johannes gönnte? Vielleicht. Der Arzt war ein grobschlächtiger, breitschultriger Wuschelkopf von nicht mehr sehr jungen Jahren, und seine Art war knapp und scharf und geschäftsmäßig, aber dennoch warm, besorgt und vertraueneinflößend. Er zog Gilgamesch neben sich auf einen niederen Diwan, der von der graugrünlichen Haut eines schuppigen Höllendrachens bedeckt war, er spähte in die Wunde, brummte etwas Unverständliches in einer unbekannten Sprache vor sich hin und drückte mit seinen dicken Fingern auf das zerfetzte Fleisch, bis frisches Blut herausfloß. Gilgamesch holte scharf Luft, zuckte aber nicht zusammen.

»Ach, mein lieber Freund, leider muß ich Ihnen noch einmal weh tun, aber es ist zu Ihrem eigenen Besten. Verstehen Sie das?«

Die Finger des Arztes gruben tiefer. Er zog nun die Wunde auseinander, tupfte sie aus und reinigte sie mit einer hellen Flüssigkeit, die wie ein glühendes Eisen sengte. Der Schmerz war derart scharf, daß er schon beinahe wieder lustvoll war; es war ein reinigender Schmerz, eine Säuberung der Seele.

Der Priester Johannes fragte: »Wie schlimm ist es denn, Dr. Schweitzer?«

»Gott sei Dank, es ist zwar tief, aber ein sauberer Durchschuß. Das heilt ohne Folgeschäden.«

Er sondierte und reinigte die Wunde weiter und redete dabei leise auf Gilgamesch ein: »Bitte noch einen Augenblick, mein Freund.« Zum Priesterkönig sagte er: »Der Mann ist aus Stahl. Überhaupt keine Nerven, enormen Widerstand gegen Schmerz. Hier haben wir einen der Großen Helden, nicht wahr? Du bist Roland, ja? Oder vielleicht Achilles?«

»Gilgamesch ist sein Name«, sagte Yeh-lu Ta-shih.

Die Augen des Arztes begannen zu leuchten. »Gilgamesch! Gilgamesch aus Sumer? Wunderbar! Wunderbar! Der wahre Mann schlechthin. Der Sucher nach dem Ewigen Leben. Oh, wir müssen uns unterhalten, mein Freund, du und ich, wenn es dir wieder besser geht.« Dann zog er aus seinem Arztkoffer eine schrecklich wirkende Injektionsspritze. Gilgamesch sah zu wie aus weiter Ferne, als gehörte der geschwollene schmerzpochende Arm einem anderen. »Jaja, wir müssen uns ganz bestimmt unterhalten, über das Leben, über den Tod, über Philosophie, mein Freund, über die Philosophie! Wir haben so viele Dinge zu besprechen!« Er stach Gilgamesch die Nadel unter die Haut. »Also. Genug. Bleib still und ruh dich aus. Jetzt setzt der Heilungsprozeß ein.«

Robert Howard hatte nie etwas Vergleichbares gesehen. Es hätte direkt den Seiten einer seiner Conan-Geschichten entsprungen sein können. Dieser große Ochse hatte einen glatten Pfeildurchschuß im Armmuskel abbekommen, hatte das Geschoß einfach herausgerissen und unbeirrt weitergekämpft. Und hinterher hatte er sich betragen, als sei die entzündete Wunde nur ein Kratzer, während sie Stunde um Stunde zur Residenzstadt des Priesterkönigs Johannes gefahren waren, und dann hatte er die langwierigen Befragungen durch die Hofbeamten über sich ergehen lassen und hatte diese ganze endlose Empfangszeremonie standhaft und auf den Beinen durchgehalten — Allmächtiger, was für eine Demonstration von Ausdauer und Durchhaltevermögen! Gewiß, am Ende war Gilgamesch ein wenig wackelig geworden, und es hatte so ausgesehen, als könnte er ohnmächtig werden. Aber jeder gewöhnliche Sterbliche wäre dabei längst zusammengebrochen. Aber Helden waren eben wirklich anders. Sie gehörten einer völlig anderen Rasse an. Sieh ihn dir doch nur an, wie gelassen er dasitzt, während dieser alte elsässische Doktor ihm die Wunde ausputzt und ihn so beiläufig grob zusammenflickt, und er gibt keinen Laut von sich! Kein Stöhnen!

Howard verspürte plötzlich das Verlangen, zu Gilgamesch hinüberzugehen, um ihn zu trösten, ihm den Kopf an seine Brust zu ziehen, während der Doktor Schweitzer ihn verarztete, ihm den Schweiß von der Stirn zu wischen…

Ja doch, ihm offen, auf linkisch-männliche Weise Trost und Beistand zu leisten…

Nein. Nein. Nein.

Da war es wieder, das Entsetzen, das Unaussprechliche. Häßlich. Kriechend. Dieser der Hölle entschlüpfte, aus der Kloake seiner Seele kommende Drang…

Howard kämpfte dagegen an. Er löschte ihn aus, verdrängte ihn außer Sichtweite. Leugnete vor sich selbst, daß ihm je so etwas in den Sinn gekommen sei.

Zu Lovecraft sagte er: »Na, das ist aber ein Arzt! Ich nehme an, der hat seinen Doktor sicher in den Schlachthäusern von Chicago gemacht!«

»Weißt du denn nicht, wer das ist, Bob?«

»Irgend so’n alter Holländer, nehme ich an, den ein Sandsturm hier hereingeweht hat und der sich seither nicht die Mühe gemacht hat, abzuhauen.«

»Sagt dir der Name Dr. Schweitzer überhaupt nichts?«

Howard sah Lovecraft dumpf an. »Ich vermute, ich hab’ in Texas da nicht viel von dem gehört.«

»Ach, Bob, Bob, wieso mußt du immer so tun, als wärst, du so ein stupider Cowboy? Willst du wirklich behaupten, du hättest noch nie etwas von Albert Schweitzer gehört? Dem großen Philosophen, Theologen, Musiker? Es hat nie einen besseren Bach-Interpreten gegeben, und sag mir jetzt bloß nicht, daß du auch nicht weißt, wer Bach ist…«

»Philosoph? Musiker? Sprichst du von dem alten Landarzt da drüben?«

»Der in Afrika, in Lambarene, die Leprakolonie gründete, ja. Der sein Leben der Hilfe und Fürsorge für Kranke widmete, unter höchst primitiven Umständen, im hintersten Urwald von…«

»Warte mal, H. P. das kann nicht wahr sein.«

»Daß ein einzelner Mensch so viel erreichen kann? Ich versichere dir, Bob, in unserer Zeit war er ziemlich bekannt — vielleicht nicht gerade in Texas, nehme ich an, aber trotzdem…«

»Nein. Nicht, daß er das alles gemacht haben soll. Sondern daß er hier sein soll, in der Nachwelt! Wenn dieser komische alte Knabe all das ist, was du sagst, dann ist er doch, verdammt noch mal, ein Heiliger. Außer daß er vielleicht seine Frau verprügelt hat, wenn keiner in der Nähe war, oder sowas in der Richtung. Und was hat ein Heiliger in der Nachwelt zu suchen, H. P.?«

»Was haben wir hier zu suchen?« fragte Lovecraft.

Howard wurde rot und wandte sich ab. »Also — ich nehme an, es hat in unserem Leben Dinge gegeben — Dinge, die jemand vielleicht für sündhaft halten könnte, im engsten Sinn…«

»Was hat denn Sünde mit irgendwas hier zu tun?«

»Ja, aber ist dies hier nicht die Hölle?«

»Ist sie es?«

»Ich bin sicher, daß es nicht der Himmel ist, H. P. Auch wenn es Texas ziemlich ähnlich sieht hier.«

Lovecraft schüttelte den Kopf. »Himmel — Hölle — wer weiß das schon? Es gibt Leute, die glauben, daß der Ort, den wir uns geschaffen haben, die Hölle ist, das gebe ich zu. Aber ich gehöre nicht zu diesen Leuten. Das einzige, was wir wissen, ist, daß es sich um die Nachwelt handelt, um ein Leben nach dem Leben. Siehst du hier irgendwo einen Teufel mit Schuppenflügeln und einem langen Schwanz? Leben wir in ständiger Pein?«

»Also…«

»Nein«, sagte Lovecraft. »Es gibt keinen Grund, das hier für die Hölle zu halten, auch wenn das ein paar Leute tun. Es gibt keinen Grund, anders darüber zu denken, als daß es eben die Nachwelt ist, Bob«, sagte Lovecraft sanft. »Alles hier ist zufällig und vollkommen unvorherbestimmbar. Und Sünde hat möglicherweise überhaupt nichts damit zu tun. Auch Gandhi ist hier, ist dir das klar? Und Konfuzius. Waren die Sünder? Oder Moses? Abraham? Die Leute, die das hier die Hölle nennen, haben versucht, ihre eigenen erbärmlich flachen Glaubensvorstellungen, ihre kläglichen Grundschulideen über Strafen für schlechtes Betragen, auf diesen unglaublich bizarren Ort zu übertragen, an dem wir uns nun befinden. Aber mit welcher Berechtigung tun sie das? Wir fangen ja noch nicht einmal an zu verstehen, was die Nachwelt wirklich ist. Wir wissen nur, daß sie voll ist von heroischen Schurken und verbrecherischen Helden — und natürlich Leuten wie du und ich — und anscheinend ist auch Albert Schweitzer hier. Ein großes Geheimnis. Aber eines Tages vielleicht…«

»Pscht!« sagte Howard. »Der Priester Johannes spricht zu uns.«

»Meine Herren Gesandten…«

Hastig wandten sie sich ihm zu. »Eure Majestät?« sagte Howard.

»Diese Mission, die euch zu uns geführt hat: Euer König wünscht offensichtlich ein Bündnis mit uns? Zu welchem Zweck? Hat er wieder einmal Streit mit irgendeinem Papst?«

»Mit seiner Tochter, so leid es mir tut, das zu sagen«, erklärte Howard.

Der Priesterkönig wirkte angewidert. Er spielte an seinem smaragdenen Zepter herum. »Du meinst diese Mary?«

»Nein, Elizabeth, Eure Majestät«, sagte Lovecraft.

»Euer König ist ein höchst streitlüsterner Mann. Ich hätte gedacht, daß es in der Nachwelt eine hinlängliche Zahl von Päpsten gäbe, ihn einigermaßen beschäftigt zu halten, so daß er sich nicht mit seinen Töchtern anzulegen brauchte.«

»Sie sind aber die zänkischsten Weiber der Nachwelt«, sagte Lovecraft. »Aus seinem eigenen Fleisch und Blut immerhin, und beide Königinnen in ihrem jeweiligen eigenen unruhigen händelsüchtigen Reich. Elisabeth, mein Hoher Herr, entsendet ein Rudel ihrer Erforscher ins Outback. Und König Heinrich behagt dies gar nicht.«

»Ach, wirklich«, sagte Yeh-lu Ta-shih, auf einmal wieder interessiert. »Mir ebenfalls nicht! Sie hat im Outback nichts zu suchen. Das gehört nicht zu ihrem Territorium. Die übrige Nachwelt sollte doch dieser Elizabeth eigentlich genug sein. Was erhofft sie sich von hier?«

»Der Magier John Dee hat ihr gesagt, daß hier in dieser Gegend der Weg aus der Nachwelt zu finden sei«, sagte Lovecraft.

»Es gibt keinen Weg, der aus der Nachwelt hinausführt«, sagte Yeh-lu Ta-shih gelassen.

Lovecraft lächelte. »Dies entzieht sich meinem Urteilsvermögen, Majestät. Aber Queen Elizabeth jedenfalls schenkte dieser Vorstellung Glauben. Walter Raleigh leitet ihre Expedition, und der Geograph Hakluyt ist bei ihm und eine Mannschaft von fünfhundert Soldaten. Sie bewegen sich quer durch das Outback, direkt südlich von deinem Reich, und folgen einer Karte, die Dr. Dee ihnen zur Verfügung gestellt hat. Man sagt, er hätte sie von Cagliostro, der sie von einem der Medicis kaufte, dem Nero sie verpfändet hatte.«

Der Priesterkaiser schien nicht beeindruckt zu sein. »Sagen wir also diskussionshalber, es gäbe wirklich einen Ausgang aus der Nachwelt. Warum aber sollte es dann der Wunsch der Queen Elizabeth sein, von hier fortzugehen? Die Nachwelt ist nicht so übel. Gewiß, es gibt da kleinere Unannehmlichkeiten, aber man lernt doch rasch, damit zurechtzukommen. Hofft sie denn, sie könnte ins Land der Lebenden zurückgelangen und dort Anspruch auf ihren Thron erheben? Sie ist tot, lieber Freund. Wir alle hier sind Tote, auch wenn es den Anschein erweckt, als lebten wir. Aber wir können nirgendwo hin, an keinen anderen Ort. Und auch auf sie wartet in keiner anderen Sphäre ein Thron.«

Howard trat vor. »Elizabeth ist nicht wirklich daran interessiert, in eigener Person aus der Nachwelt zu gelangen, Eure Majestät. Was König Heinrich fürchtet, das ist, daß sie — sollte sie einen Ausweg finden —, daß sie diesen Ausweg für sich allein beanspruchen wird, dort eine Kolonie gründen und Passagezoll für den Weg verlangen würde. Und der König glaubt, daß unabhängig davon, wohin es die Leute führen mag, Millionen Menschen willens sein werden, dieses Risiko einzugehen, und dann würde Elizabeth am Ende alles Geld der Nachwelt einscheffeln. Und diese Idee verträgt er ganz und gar nicht, falls es dir genehm ist, das zu verstehen. Er hält sie bereits jetzt für übermäßig schlau und machtgierig, und der Gedanke, daß sie noch mächtiger werden könnte, verursacht ihm schwarze Gallenflüsse. Irgendwie hängt das auch mit der Mutter von Elizabeth zusammen — mit Anne Boleyn, der zweiten Frau Heinrichs —, die war wild und zügellos, und so ließ er ihr den Kopf abhauen, und nun glaubt er, daß hinter Elizabeths Machenschaften Anne steckt, die versucht, es ihm so heimzuzahlen…«

»Erspart mir diese langweiligen Einzelheiten«, sagte Yeh-lu Ta-shih leicht verärgert. »Was erwartet Heinrich von mir?«

»Daß du Truppen aussendest, um die Raleigh-Expedition zurückzuwerfen, bevor sie etwas für Elizabeth Nützliches herausfinden können.«

»Und in welcher Weise würde ich davon etwas gewinnen?«

»Falls der Ausgang aus der Nachwelt sich an deiner Grenze finden sollte, Majestät, würdest du dann wirklich wünschen wollen, daß ein Haufen elisabethanischer Engländer direkt vor deiner Tür eine Kolonie gründet?«

»Es gibt keinen Ausgang aus der Nachwelt«, sagte der Kaiserpriester selbstzufrieden noch einmal.

»Aber wenn sie dennoch hier eine Kolonie gründen?«

Der Monarch schwieg eine Weile. »Ich verstehe«, sagte er schließlich.

»Als Gegenleistung für deine Unterstützung«, sagte Howard, »sind wir ermächtigt, dir ein Handelsabkommen zu äußerst günstigen Konditionen anzubieten.«

»Aha.«

»Und eine militärische Schutzgarantie für den Fall einer Invasion einer feindlichen Macht in dein Reich.«

»Wenn die Streitkräfte König Henrys so gewaltig sind, wieso befaßt er sich nicht selbst mit dieser Raleigh-Expedition?«

»Es blieb nicht genug Zeit, ein Heer aufzustellen und über eine so große Entfernung in Bewegung zu setzen«, sagte Lovecraft. »Elizabeths Männer waren bereits aufgebrochen, bevor irgend etwas von dem Plan durchsickern konnte.«

»Aha.«

Lovecraft sprach weiter: »Natürlich hätte es auch andere Fürsten im Outback gegeben, an die sich König Henry hätte wenden können. Ibn Sauds Name fiel dabei und auch einer von den Assyrerkönigen — Assurnasirpal, glaube ich —, und jemand erwähnte Mao Tse-tung.

Nein, sagte König Henry, wir wollen den Priester Johannes um Hilfe ersuchen, denn er ist ein hochmögender Monarch von großem Glanz und seine Edikte sind oberstes Gesetz bis in die fernsten Winkel der Nachwelt. Und so ist es in der Tat der Priester Johannes, dessen Beistand wir suchen müssen!«

In Yeh-lu Ta-shihs Augen blitzte nun ein seltsames anderes Funkeln. »Ihr hattet an ein Bündnis mit dem Mao Tse-tung gedacht?«

»Es war nur einer der Vorschläge, Majestät.«

»Aha. Ich verstehe.« Der Priesterkönig erhob sich von seinem Thron. »Nun, wir werden diese Dinge sorgsam bedenken müssen, nicht wahr? Wir dürfen da keine überstürzten Entscheidungen treffen.« Er blickte durch den weiten Thronsaal zu dem Diwan hinüber, wo Dr. Schweitzer noch immer an der Wunde Gilgameschs herumhantierte. »Dein Patient, Doktor — wie lautet dein Befund?«

»Ein Mann wie aus Stahl, Majestät, ein Mann aus Stahl. Gott sei Dank, er heilt direkt unter meinen Augen.«

»Ist das so. Nun, dann kommt. Ihre alle werdet euch etwas ausruhen wollen, denke ich. Und dann sollt ihr die Gastfreundschaft des Priesters Johannes in ihrer Fülle genießen dürfen.«

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