»Wir müssen die Leiche wegschaffen«, sagte Capitan Torres.
Er zog die Bettdecke weg und erblickte die Kobra. In der nächsten Sekunde schon hatte er seine Pistole gezogen und sie getötet.
Eddie starrte völlig schockiert auf das Tier.
Der Capitan drehte sich zu ihm um. »Also so haben Sie sie umgebracht«, sagte er. »Mit einer Giftschlange.«
»Habe ich nicht«, widersprach Eddie. »Ich hatte nicht einmal eine Ahnung, daß die Schlange im Bett war.«
»Ach nein? Dann erklären Sie mir doch mal, wie diese Schlange aus dem Zoo in Ihr Bett kam.«
»Das weiß ich nicht«, sagte Eddie. »Ich schwöre es.«
»Aber ich glaube es nicht«, sagte Capitan Torres. »Und worauf es noch viel mehr ankommt, vor allem wird es Colonel Bolivar nicht glauben. Warten Sie hier. Rühren Sie sich nicht vom Fleck, verstanden?«
»Ja«, sagte Eddie.
Capitan Torres eilte davon.
Habe ich sie auf dem Gewissen? fragte sich Eddie. War es meine Schuld? Vielleicht war das die Art, wie sie Selbstmord begehen wollte?
Dann sah er den Dolch neben ihr. Vielleicht wollte sie sich mit dem Dolch töten?
Nach ein paar Minuten kam der Capitan mit zwei Palastwächtern zurück. Er deutete auf die Geliebte des Colonel Bolivar und sagte: »Herzversagen. Das arme Kind. Und noch so jung.«
Und dann sagte er: »Schafft die Leiche hier weg und legt sie in eines der Gästezimmer. Da lassen wir sie, bis Colonel Bolivar ...« Er fing sich gerade noch und wandte sich Eddie zu: »- bis Sie entschieden haben, was mit ihr geschehen soll.«
»Richtig«, sagte Eddie. »Ich werde mir bei Gelegenheit etwas überlegen.«
Die beiden Wächter griffen sich die Tote und trugen sie fort.
»Wir könnten ein Staatsbegräbnis für Sie ausrichten«, sagte Eddie. »Da können wir einen großen Trauerakt draußen im Hof -«
»Halten Sie endlich den Mund!« schrie Capitan Torres außer sich. »Diese Sache geht Sie gar nichts an! Sie sind nicht Colonel Bolivar! Möchten Sie sich das endlich mal hinter die Ohren schreiben? Sie sind nichts als ein Schauspieler, der eine Rolle zu spielen hat!«
»Das weiß ich schon«, sagte Eddie. »Es sollte ja auch nur ein Vorschlag sein -«
»Ich habe genug von Ihren Vorschlägen, Herr! Und weil wir gerade dabei sind: von jetzt an werden Sie überhaupt nichts mehr tun, außer den Mund halten, ist das klar?« Der Capitan war schon wieder am Rande eines Herzanfalls.
»Mein Gott, deswegen brauchen Sie sich doch nicht so aufzuregen«, sagte Eddie.
Aber Torres brüllte ihn an: »Mann, Sie haben soeben die Geliebte unseres Diktators umgebracht! Die Frau, die er heiraten wollte! Und überhaupt geht Sie das alles einen feuchten Staub an.« Er war fast am Überschnappen. »Geht das jetzt endlich in Ihren verdammten Schädel, Sie Schauspieler, Sie? Das - alles - geht - Sie - gar - nichts - an!«
»Ich dachte doch nur -«
»Sie sollen endlich aufhören zu denken!«
Torres atmete mehrmals tief durch, um sich wieder in die Gewalt zu bekommen. Dann sagte er etwas ruhiger: »Von jetzt an überlassen Sie das Denken gefälligst mir, ja? Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
»Jawohl, Capitan.«
Torres sah ihn an und dachte: Wie ist es nur möglich, daß ein einziger Mann ein ganzes Land in so kurzer Zeit in derartige Schwierigkeiten stürzt?
Zum ersten Mal begann es Eddie Davis zu dämmern, in was für einer Klemme er nun steckte. Er stand im Verdacht, die Geliebte des Diktators getötet zu haben!
Ich sehe besser zu, dachte er, daß ich hier schleunigst heimlich, still und leise verschwinde. Ist mir ganz egal, ob Colonel Bolivar in den Palast zurückkommt oder nicht. Das wird hier einfach zu gefährlich für mich.
Er wollte aber auch nicht weg, ohne zuvor sein Theaterstück fertiggeschrieben zu haben. Das lag ihm sehr am Herzen, denn er war sich ganz sicher, daß es ein großer Welterfolg werden würde.
Jetzt bin ich fast schon fertig. Vielleicht schaffe ich es, daß ich es noch heute nachmittag beende.
Er sperrte die Zimmertür zu und begann den letzten Akt zu tippen.
Am Mittag klopfte es an der Tür.
»Wer ist da?«
»Ihr Mittagessen, Colonel.«
Eddie war schon dabei, die Tür aufzusperren, als ihm einfiel: Und wenn sie mich nun vergiften wollen?
Er hatte zwar wirklich Hunger, aber er hatte Angst, etwas zu essen.
»Ich will jetzt nichts essen«, rief er nach draußen. »Ich sage Bescheid, wenn ich etwas will.«
»Jawohl, Colonel.«
Er ging an die Schreibmaschine zurück und tippte weiter:
Da klopft es an der Tür. »Wer ist da?« ruft er.
Eine sanfte, weiche Stimme antwortet: »Ich bin es, Liebling.«
Die Tür geht auf, und Colonel Bolivars Geliebte kommt herein. Sie trägt ein hauchdünnes Neglige.
»Tut mir leid, daß ich draußen auf dem Flur so häßlich zu dir war, Ramon. Aber du hattest mich in meinen Gefühlen verletzt.
Du weißt doch, wie sehr ich mir wünsche, mit dir verheiratet zu sein.«
»Bedaure, aber ich liebe meine Frau, und ich werde mich nicht von ihr scheiden lassen.«
Er tippte ganz von selbst immer schneller und schneller. Das wird den Leuten gefallen, dachte er dabei.
Als er zu der Szene mit der Kobra kam, hielt er inne. Er hatte keine Ahnung, wie die Schlange in sein Bett gekommen war. Er mußte sich etwas ausdenken. Eventuell ist die Kobra durch eine offene Tür am Park hier hereingekrochen, dachte er. Ja, das war gut! Jemand hat die Tür offengelassen, und da hat die Schlange sich hereingeschmuggelt.
Er griff mit neuem Schwung in die Tasten der Schreibmaschine.
Um sechs Uhr abends war der letzte Akt fertig. Er las ihn noch einmal durch. Wirklich gut geworden, dachte er selbstzufrieden. Ich will gleich mal eine Kopie davon an Johnson schicken. Ja, nur, wie kriege ich sie zu ihm?
Da fiel ihm wieder ein, wie er die zehntausend Dollar an Mary geschickt hatte.
Er griff zum Telefon und wählte den Tower des Flughafens.
»Tower hier.«
»Hier spricht Colonel Bolivar. Ist mein persönlicher Pilot da?«
»Jawohl, Colonel, einen Augenblick bitte.«
Sogleich meldete sich der Pilot.
»Guten Abend, Colonel. Kann ich Ihnen mit irgend etwas behilflich sein?«
»Ja«, sagte Eddie. »Kommen Sie her in den Palast und melden Sie sich bei mir. Ich habe einen Auftrag für Sie.«
»Sofort, Colonel.«
Eddie legte auf.
Nach einer Viertelstunde war der Pilot da.
»Guten Abend, Colonel.«
»Guten Abend.«
»Ich habe Ihren Brief ordnungsgemäß abgeliefert. Die Dame schien sehr beglückt darüber zu sein.«
»Gut«, sagte Eddie. »Vielen Dank. Ich habe hier einen weiteren Auftrag für Sie.«
»Es wird mir eine Ehre sein, Colonel.«
Eddie reichte ihm das in einen Umschlag mit der Adresse Johnsons verpackte Manuskript.
»Hier. Es ist sehr wichtig. Achten Sie darauf, daß nichts damit passiert.«
»Selbstverständlich, Colonel. Ich fliege sofort los. Es wird morgen früh beim Empfänger sein.«
»Sehr gut.«
Der Pilot wandte sich zum Gehen.
»Augenblick noch«, sagte Eddie.
Der Pilot drehte sich um. »Ja, Colonel?«
Eddie hatte inzwischen so ein Gefühl, daß Capitan Torres ihn wohl nicht lebend aus dem Land lassen würde, speziell nicht nach den letzten Ereignissen.
»Es könnte sein, daß ich in den nächsten paar Tagen eine kleine Reise unternehme«, sagte er. »Veranlassen Sie, daß ständig ein Flugzeug startbereit gehalten wird.«
»Gewiß, Colonel. Ich werde es sofort Capitan Torres mitteilen, damit er -«
»Nein, nein«, sagte Eddie hastig. »Das dürfen Sie niemandem gegenüber erwähnen, absolut niemandem, verstanden? Das ist höchst vertraulich. Sehr geheime Regierungsgeschäfte, verstehen Sie?«
»Jawohl, Colonel, ich verstehe.«
»Das muß absolut zwischen Ihnen und mir bleiben. Ich lasse Sie wissen, wann ich das Flugzeug benötige.«
»Danke, Colonel.« »Das ist alles.«
Eddie sah dem Piloten nach, wie er sich entfernte.
Das Manuskript ist jedenfalls schon mal weg, dachte er zufrieden. Hoffentlich gefällt es Johnson auch.
Er telefonierte mit Mary.
»Hallo, Eddie! Ich freue mich, von dir zu hören. Denk mal an, gestern ist etwas absolut Seltsames passiert!«
»Was denn?«
»Stell dir vor, ein Militärpilot kommt hier an und übergibt mir einen Briefumschlag mit dem Geld, das du mir schicken wolltest. Wieso ein Militärpilot, sag mal?«
Gute Frage. Was sollte er darauf antworten?
»Ach, das ist eine lange Geschichte, weißt du«, sagte er. »Aber es ist einfach zu erklären.«
Er überlegte fieberhaft.
»Ja?«
»Weißt du, das war kein Militärpilot. Es war einer von unseren Schauspielern hier.«
»Er sah mir aber sehr echt aus.«
»Weil er eben ein guter Schauspieler ist. Weißt du, das war so. Er war mit uns in diesem Stück, das wir in Amador spielten, und nachdem diese Tournee zu Ende war, kehrte er nach New York heim, und da bat ich ihn eben, dir das Geld persönlich zu überbringen. Ich meine, das war doch sehr nett von ihm, findest du nicht auch?«
»Ja, sicher, schon.«
»Du bekommst übrigens noch mehr«, sagte Eddie. »Ich bekomme noch einen Vorschuß.«
Mary war freudig erregt. »Da mußt du ja großartig spielen, wenn das so ist!«
»Ja, das tue ich«, sagte Eddie mit Überzeugung.
»Darling«, sagte Mary, »aber du wirst doch bestimmt hier sein, wenn das Baby kommt, ja?« »Aber selbstverständlich doch«, versicherte er ihr. »Nichts auf der Welt kann mich davon abhalten. In ein paar Tagen schon, Darling, bin ich auf dem Weg zu dir.«
Vorausgesetzt, dachte er, sie machen nicht noch zuvor Hackfleisch aus mir.
An diesem Abend um acht betrat Capitan Torres wieder Eddies Schlafzimmer.
»Kommen Sie«, sagte er. »Wir gehen gemeinsam zu einem Dinner.«
»Ach, ich bin nicht hungrig«, sagte Eddie, »ich würde lieber
»Ist mir ziemlich egal, ob Sie hungrig sind oder nicht. Jedenfalls müssen Sie da erscheinen. Sie müssen gesehen werden.«
»Na gut.«
Sie begaben sich in den riesigen Speisesaal des Palastes und nahmen ihre Plätze an der langen Tafel ein. Es saßen etwa ein Dutzend Leute da, lauter sehr bedeutende Persönlichkeiten aus Regierung und Wirtschaft. Es gab eine köstliche Suppe und danach wundervolles Huhn mit Reis sowie eine große Auswahl der köstlichsten Nachspeisen, aber Eddie hatte Angst, irgend etwas zu essen.
»Sie essen ja gar nicht«, sagte Capitan Torres.
Eddie griff sich an den Leib. »Ich habe einen schlechten Magen heute.«
Dabei machte ihn der wundervolle Geruch der Speisen fast wahnsinnig. Lange halte ich das nicht mehr durch, dachte er.
Das Dinner schien sich endlos hinzuziehen. Endlich, um elf Uhr, hatten alle fertiggegessen.
Eddie stand sofort auf. »Nun, ich denke, ich gehe schlafen«, verkündete er. »Gute Nacht, allerseits.«
Alle standen auf. »Gute Nacht, Colonel Bolivar!«
Eddie kehrte in seine Suite zurück. Er sah auf die Uhr und überlegte, wann Johnson das Stück wohl erhalten würde.
Hoffentlich, hoffentlich gefällt es ihm, dachte er immer nur. Wenn es einschlägt, bringt es mir ein Vermögen, und Mary und ich müssen uns nie mehr Geldsorgen machen.
Aber was ihn an der ganzen Sache am meisten erregte, war die Tatsache, daß er darin die Hauptrolle spielen würde. Da werde ich der größte Star am Broadway, dachte er. Und das Verrückte daran ist, daß ich mich dann praktisch selbst spiele, ohne daß es jemand weiß.
Er dachte an die Produzenten und Regisseure, die ihn in all den Jahren abgelehnt hatten. Die sollten nun mal sehen, wie sie dann angekrochen kamen und bettelten, daß er die Hauptrollen in ihren Stücken und Filmen und Fernsehserien spielte.
Er wurde müde, wollte sich aber nicht in das Bett legen, in dem die Geliebte des Colonel Bolivar ums Leben gekommen war. Er legte sich lieber auf eine kleine Couch, die dastand, zog sich eine Decke über den Kopf und schlief schließlich ein. Es war bereits drei Uhr morgens.
Capitan Torres war wieder im Krankenhaus zu Besuch bei Colonel Bolivar. Der Colonel sah schon sehr viel kräftiger aus als beim letzten Mal.
»Ich bin fast soweit, daß ich in den Palast zurückkehren kann«, sagte Colonel Bolivar und rieb sich die Hände. »Ich kann es gar nicht mehr erwarten.«
Capitan Torres holte tief Luft. »Ich habe leider eine traurige Nachricht für Sie, Colonel.«
»Was? Noch mehr schlechte Nachrichten? Was haben Sie jetzt schon wieder angestellt?«
»Ich gar nichts. Aber dieser Schauspieler. Er hat Ihre Geliebte umgebracht!«
Der Diktator wurde mit einem Schlag blaß. »Was hat er? Sie umgebracht ...?«
»Ja, Colonel. Leider. Mit einer Kobra.«
Der Colonel sank in die Kissen zurück. »Das darf doch nicht wahr sein. Das kann doch nicht sein. Warum sollte er das denn tun, um alles in der Welt?«
»Ich habe keine Ahnung, Colonel. Sie waren zusammen im Bett.«
Der Colonel sprang auf wie von der Tarantel gestochen. »Was denn, wie denn, dieser miese Schauspieler hat meine Mätresse mit ins Bett genommen? Ja, ist der Mensch wahnsinnig? Nein, nein, das ist ganz ausgeschlossen und unmöglich. Sie würde doch nie mit einem Schauspieler schlafen!«
»Mit ihm schlief sie doch auch gar nicht, Colonel. Sondern mit Ihnen!«
»Ach Unsinn, wie denn, wenn ich die ganze Zeit hier in der Klinik -« Er brach ab, als er begriff. »Ach so, ja, verstehe. Na gut. Jedenfalls kann er sich darauf gefaßt machen, daß er nicht einen, sondern tausend Tode stirbt!«
»Ganz meine Meinung, Colonel, völlig.«
Eddie wartete noch bis zum nächsten Nachmittag, bevor er Johnson anrief.
Dessen Sekretärin antwortete. »Büro Mr. Johnson.«
»Hallo, hier ist Eddie Davis. Ist -«
»Oh, Mr. Davis! Mr. Johnson sucht Sie schon die ganze Zeit wie verrückt. Warum haben Sie keine Nummer hinterlassen, unter der Sie zu erreichen sind?«
Gott, wie sollte er ihr erklären, daß er im Palast des Diktators von Amador wohnte? Und gar, daß er selbst der Diktator von Amador war, jedenfalls im Moment?
»Na ja, es ist schwierig, mich zu erreichen«, sagte er. »Ich bin eigentlich ständig unterwegs, wissen Sie.«
»Augenblick, ich verbinde Sie.«
Im nächsten Moment hörte er Johnsons aufgeregte Stimme. »Na, da sind Sie ja endlich, Eddie. Wo stecken Sie denn?«
»Nun, ich bin noch immer in Amador! Hatten Sie inzwischen schon Gelegenheit, mein Stück zu lesen?« »Hatte ich Gelegenheit! Eddie, lieber Gott, Sie sind ein Genie!«
»Soll das heißen, es gefiel Ihnen?«
»Gefallen? Mann, es ist großartig! Ich habe es bereits verkauft!«
»Im Ernst?«
»Ich war im ganzen Leben nie ernster, Eddie. Tom Burke will es inszenieren, und Sie wissen, er ist der bedeutendste Regisseur am Broadway!«
Eddie schrie fast laut vor Freude. »Das ist ja wundervoll!« rief er.
»Er sagt, es ist das originellste Stück, das er seit Jahren in die Finger bekam. Ein Schauspieler, der einen Diktator vertritt und dessen ganzes Land regiert! Wie sind Sie bloß auf diesen Einfall gekommen, um alles in der Welt?«
»Ach, das fiel mir irgendwie einfach so zu«, sagte Eddie.
»Tja, also, jedenfalls, die Theatre Guild produziert es, und Tom Burke führt Regie. Und Sie können Gift darauf nehmen, es wird der größte Erfolg, den der Broadway jemals gesehen hat!«
Es war wie ein wahr gewordener Traum. Alles, was Eddie sich je gewünscht hatte, traf nun ein.
»Und ich spiele die Hauptrolle«, sagte er.
Einen Augenblick war es still in der Leitung. Dann erst sagte der Agent. »Na ja, ich werde ein Vorsprechen für Sie bei Burke arrangieren. Er entscheidet natürlich über die Besetzung.«
Aber Eddie wußte, daß es da keine Probleme gab, was seine Hauptrolle anging. Schließlich war er selbst ja auch in Wirklichkeit die Hauptperson des Stücks.
»Ich habe Ihnen hunderttausend Dollar Vorschuß ausgehandelt«, sagte Johnson, »und eine fette Tantieme.«
»Sehr schön«, sagte Eddie. »Schicken Sie das Geld doch gleich Mary, ja?«
»Gewiß doch. Wann kommen Sie heim? Es soll praktisch sofort mit den Proben begonnen werden.«
Eddie dachte darüber nach. Mary wartete zu Hause auf ihn, das Baby war inzwischen wohl jede Minute fällig, und er hatte ein Stück, das in die Proben ging.
»Ich reise morgen«, sagte er.
Das war eine große Entscheidung und ein weitreichender Entschluß. Was war, wenn Colonel Bolivar im Krankenhaus doch noch starb und sie ihn dann hier auf Dauer als Bolivar brauchten? Oder wenn Sie ihn im Gegenteil umbringen wollten oder am Ende für den Rest seines Lebens in den Kerker warfen?
»Das freut mich zu hören«, sagte Johnson dazwischen. »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie aufgeregt alle wegen Ihres Stücks sind. Ich selbst hatte ja gar keine Ahnung davon, was da wirklich in Ihnen steckt. Diese Szene mit dem Stierkampf - wie heißt der Stier gleich noch? - El Negro, richtig! Ein Meisterstück, lieber Eddie!«
»Ja, die ist ziemlich gut, nicht?«
»Und dann die Fallschirmszene, wo er von diesem Capitan Torres gerettet wird! Alle sind ganz hingerissen davon. Dieser Capitan Torres ist eine tolle Rolle! Das ist so ein richtiger Finsterling, nicht?«
»Ja«, sagte Eddie, »so kann man das wirklich sagen.«
»Und dann diese wunderschöne Szene, wo der Schauspieler den Waisenkindern und den Bauern hilft und Gutes tut! Mann, was Sie für eine Phantasie und für Einfälle haben! Ganz große Klasse. Das klingt alles so echt. Ich kann es fast bildlich vor mir sehen.«
»Ich auch, glauben Sie mir«, sagte Eddie.
Als er auflegte, war er der glücklichste Mann der Welt. Morgen, dachte er, schon morgen bin ich auf dem Weg heim nach New York.
Im Krankenhaus erteilte inzwischen Colonel Bolivar Capitan Torres eine Anzahl Befehle.
»Richten Sie den Kerker her«, sagte er. »Und veranlassen Sie, daß alles da ist, was dazugehört. Heiße Ketten, Peitschen, Messer, alles. Wir massakrieren den Kerl stückweise.«
Capitan Torres lächelte böse. »Wunderbar!«
In einem Keller am anderen Ende der Stadt trafen sich Juan und seine Rebellengruppe zu einer neuen geheimen Versammlung. Ein Dutzend Männer war gekommen, und alle waren sie nach wie vor wild entschlossen, dem verhaßten Diktator von Amador endlich den Garaus zu machen. Sie trafen sich regelmäßig jede Woche, aber bis jetzt war ihnen Colonel Bolivar jedes Mal entwischt.
»Jetzt habe ich aber einen Plan«, sagte Juan, »der einfach nicht scheitern kann so wie alle bisherigen Pläne. Ihr wißt, morgen ist der Tag der Armee. Da gibt es jedesmal bekanntlich die große, pompöse Militärparade, und der Diktator hält auf dem Stadtplatz eine markige Rede. Ich werde zwölf bewaffnete Scharfschützen rund um den Platz postieren. Bolivar steht ungeschützt im Freien oben auf dem Podium. Bei dieser Sachlage ist es geradezu unmöglich, ihn nicht zu treffen. Auf mein Signal hin werden sie alle zwölf in derselben Sekunde abdrücken.«
»Brillant!« sagte einer der Männer.
»Ohne eigene Opfer wird es freilich nicht abgehen«, sagte Juan. »Einige von uns werden dabei sterben müssen. Aber er ist der erste, der stirbt, und das ist das Wichtigste, und es ist es wert. Morgen also. Tod dem Diktator!«
»Tod dem Diktator«, echoten alle.