Gott ist der ursprüngliche Sünder

Sekito schrieb:

Ursache und Wirkung stammen notwendigerweise beide aus

der einen großen Realität. Die Worte »hoch« und »niedrig«

werden immer relativ gebraucht.

Im Licht ist Dunkelheit, doch sei dieser Dunkelheit nicht

verhaftet. In der Dunkelheit ist Licht, doch suche nicht nach

diesem Licht. Licht und Dunkelheit gehören zusammen, so wie

der vordere und der hintere Fuß beim Gehen. Jedes Ding hat

seinen eigenen inneren Wert und ist mit allem anderen in seiner

Funktion und Position verbunden. Das Relative gehört zum

Absoluten wie eine Schachtel zu ihrem Deckel; das Absolute wirkt

zusammen mit dem Relativen wie zwei Pfeile, die sich in der Luft

begegnen.

Wer diese Zeilen liest, sollte die große Realität verstanden

haben. Urteile nicht nach irgendwelchen Standards. Wenn du

den Weg nicht siehst, siehst du ihn nicht, auch wenn du in

Wahrheit auf ihm gehst.

Wenn du den Weg gehst, ist es nicht nah und nicht fern. Wenn

du in der Täuschung verfangen bist, bist du viele Berge und Täler

davon entfernt.

Ich sage respektvoll zu jenen, die nach Erleuchtung streben:

Vergeudet nicht nutzlos eure Zeit.


Die erste Frage, meine Freunde:

Es scheint, dass für alle, die an einen Gott glauben, der

Gegensatz zu Gott nicht »das Böse« ist, sondern das, was

natürlich ist. Wodurch wurde der Mensch so leicht zum Opfer der

Priester mit ihrem Konzept von einem lebensfeindlichen Gott?

Diese Frage ist absolut klar und richtig. An der Oberfläche scheint die christliche Theologie zu sagen, dass Gott gegen das Böse ist, doch wenn man tiefer schaut, erkennt man, dass er nicht wirklich gegen das Böse ist, sondern gegen das Natürliche.

Alle Religionen sind gegen die Natur, nicht nur das Christentum. Warum sind sie gegen die Natur? Es ist eine großartige psychologische Strategie. Die Strategie besteht darin, dass man ein unglückliches Leben führen wird, wenn man gegen seine eigene Natur programmiert wird, dass man mit Angst, Qual, Perversion und Schuld leben wird.

Dieses ganze Phänomen lässt sich nur erzeugen, wenn man gegen seine eigene Natur programmiert wird. Wenn man natürlich lebt, ist man genauso glücklich wie die Vögel, die Bäume, die Tiere. Sie verehren keinen Gott, sie gehen nicht zur Kirche, sie kennen keine Theologie. Sie haben keine Schuldgefühle, sie sind einfach nur natürlich.

Die Priester fanden schon sehr früh im Lauf der menschlichen Geschichte heraus, dass der Mensch sich nur zur Orientierung auf einen Gott bringen lässt, wenn er gezwungen wird, sich gegen die eigene Natur zu verhalten. Sobald man sich gegen die Natur richtet, wird man schizophren. Euer ganzes Sein ist Teil der Natur; nur euer Verstand ist gegen die Natur, denn nur der Verstand lässt sich programmieren, nicht aber euer Körper.

Ihr gelobt also Enthaltsamkeit, doch das ändert nichts an eurer Biologie; das ändert nichts an eurer Physiologie. Es ist nur ein mentales Konzept, es sind nur Worte. Euer Blut wird weiter sexuelle Energie aufbauen, euer Körper wird weiter Sexualhormone bilden.

Habt ihr schon einmal Statuen von Buddha, von Mahavira oder den dreiundzwanzig an deren Tirthankaras der Jaina gesehen? Ihr werdet überrascht sein. Keine von ihnen hat einen Bart. Glaubt ihr, dass diese Männer keinen Bartwuchs hatten? Es sind die raffinierten Priester, die diese Statuen so gestalteten, um den Menschen deutlich zu machen, dass diese Männer nicht sexuell waren, denn Bartwuchs ist auf bestimmte Hormone zurückzuführen. Männer besitzen diese Hormone, Frauen nicht. Um zu zeigen, dass sich auch ihre Physiologie verändert hat, wurden ihre Bärte entfernt. Es gibt keine Photographien von ihnen, und die Statuen wurden hergestellt, nachdem sie gestorben waren –

dreihundert Jahre später –, so dass niemand eine genaue Vorstellung von ihnen hat, da niemand sie lebend gesehen hat. Aber man kann sich vorstellen, worum es dabei geht.

Krischna hat keinen Bart. Rama hat keinen Bart. Was ist mit diesen Leuten los? Ihr könnt euch eure zölibatär lebenden Mönche anschauen, und sie weisen weiter Bartwuchs auf. Ihr Zölibat hat versagt. Ihr Bartwuchs zeigt, dass ihre Männlichkeit immer noch vorhanden ist, trotz ihres Gelübdes vor einer Statue von Jesus oder irgendeinem anderen Gott, enthaltsam zu leben. Das Zölibat beschränkt sich auf den Verstand, doch der ganze Körper, die ganze Struktur richtet sich nach der Natur. Also wird man in zwei Teile aufgespalten, und ein geteiltes Haus kann jeden Augenblick einstürzen.

Diese Religionen haben Wahnsinn hervorgebracht und nichts anderes. Das ist ihr einziger Beitrag zur Menschheitsentwicklung: Wahnsinn, ein gespaltenes Bewusstsein, gespaltene Persönlichkeiten. Ein Teil, der Verstand – der vollkommen machtlos ist, denn er besitzt keine Macht über den Körper, er kann nichts im Körper verändern –, dieser Verstand wird gemäß einer bestimmt en Ideologie pro grammiert. Und wenn dieser Verstand feststellt, dass der Körper gegen das Programm handelt, fühlt er sich schuldig, ist er unglücklich. Er macht sich Sorgen, dass nach dem Tod eine große Bestrafung auf ihn zukommt und dass das ewige Höllenfeuer seine Strafe sein wird.

Der Körper hat Bedürfnisse, die ganz natürlich sind. Er braucht Nahrung, er braucht Liebe. Liebe ist ebenfalls eine Form von Nahrung. Wenn niemand dich liebt, verkümmerst du und stirbst. Es gibt dazu wissenschaftliche Experimente mit Affen. Bei einem Experiment, das bereits durch Wiederholung bestätigt wurde, wurden junge Affenbabys in ein Labor gebracht, und es wurden ihnen zwei verschiedene Affenmütter zur Verfügung gestellt. Beide Mütter waren künstlich. Eine bestand nur aus Draht und Rohrleitungen, aus denen das Affenbaby Milch trinken konnte.

Aber es konnte das Drahtgestell nicht umarmen, und es konnte beim Trinken aus den Rohren keine Mutterliebe spüren, keine Zuneigung, keine Wärme.

Einem anderen Affenbaby wurde eine etwas andere Version einer künstlichen Mutter gegeben. Das Drahtgestell war mit Wolle und Fell bedeckt. Es war eine künstliche Mutter, nicht echt, aber warm wie eine Mutter. Sie wurde elektrisch erwärmt, so dass das Affenbaby aufgrund der Abdeckung einen warmen Körper spüren konnte. Im Innern enthielt sie Flaschen mit Milch, die ständig warm gehalten wurden. Sie hatte Brüste für das Affenkind, nicht einfach nur Rohrleitungen, sondern fast wie echte Brüste – aus Plastik, aber warm, so dass die Milch warm austrat. Und das Affenbaby konnte diese Mutter umarmen.

Seltsamerweise bewiesen all diese Experimente, dass das Kind, das Wärme bekommt und eine gewisse Vorstellung davon, dass es bei einer Mutter lebt, am Leben bleibt; das andere Kind stirbt. Es stirbt innerhalb von drei Monaten, obwohl es ausreichend ernährt wird, obwohl es versorgt wird. Nur eines fehlt ihm: die warmen Brüste der Mutter. Nur eines fehlt ihm: ein Gefühl von Liebe.

Selbst vorgetäuschte, künstliche Wärme hilft dem Kind zu wachsen.

In den USA wurden die Indianer fast vollständig ausgerottet.

Nur einige wenige blieben übrig, die heute in Reservaten leben und eine Rente bekommen, weil die Amerikaner ihr Land benutzen –

ursprünglich gehörte das ganze Land ihnen. Doch sie sind nur wenige, und daher ist es kein großes Problem. Man hielt es für besser, ihnen eine Rente zu geben, ihnen Geld zu geben, als mit einer Revolte rechnen zu müssen.

Doch Geld ist zerstörerisch, wenn man keine Arbeit hat. Arbeit gibt einem das Gefühl, dass man etwas leistet, dass man etwas wert ist, dass man zum Leben beiträgt, zum Ganzen, dass man die Menschen, die man liebt, versorgen kann. Doch die Indianer bekommen keine Arbeit. Das gibt ihnen das Gefühl, dass sie nicht gebraucht werden. Wenn sie sterben, freut sich die Regierung, freut sich die Nation, denn dadurch lässt sich das Geld für die Rente sparen.

Und was soll ein Mensch mit Geld anfangen, wenn er keine Arbeit hat? Er wird anfangen, Alkohol zu trinken, er wird spielen und wetten, er wird zu Prostituierten gehen. Und im Rausch wird er anfangen zu streiten, und manchmal kommt es auch zu Vergewaltigung und Mord. Und wenn es zu Verbrechen kommt, steckt die amerikanische Regierung sie sofort ins Gefängnis.

Worauf ich hinauswill, ist die seltsame Tatsache, dass fast alle Indianer, die ins Gefängnis kamen, angeblich durch Selbstmord starben. Aber ich kenne die amerikanischen Gefängnisse – ich war in fünf verschiedenen Gefängnissen –, und es gibt dort nichts, womit man Selbstmord begehen könnte. Man darf nicht einmal seine Uhr mit in die Zelle nehmen. Die Zelle ist vollkommen leer, sie enthält nichts. Es wird strengstens dafür gesorgt, dass die Insassen keinen Selbstmord begehen können. Doch ich kann verstehen, wie diese Menschen gestorben sind. Sie wurden entweder ermordet oder sie sind einfach verkümmert. Sie starben an Verkümmerung – ihr Leben war sinnlos geworden. Es war vorher schon sinnlos gewesen, und nun war es noch sinnloser. Und sie waren zu dreißig oder vierzig Jahren oder zu lebenslänglich verurteilt worden. In dieser Zelle zu leben, in der es keine Liebe gibt – auch wenn man Nahrung erhält –, wo niemand sie als menschliches Wesen anerkennt, beraubt sie aller Würde.

Ich habe das Gefühl, dass ein Mensch durchaus an Verkümmerung sterben kann; schließlich gab es nichts, womit sie hätten Selbstmord begehen können. Möglicherweise dachten die Polizisten und Gefängniswärter, dass es sich um Selbstmord handelte. Doch sie begingen keinen Selbstmord. Man zwang diese Menschen in einen Raum, wo sie weder gebraucht noch geliebt, noch respektiert wurden – ohne Stolz. Da verkümmerten sie einfach. Das Leben hatte keinen Sinn mehr für sie, keine Bedeutung

... Warum weiter in dieser Sklaverei leben, in dieser Würdelosigkeit, mit dieser Demütigung?

Die ganze Menschheit ist verkümmert, weil die Religionen sie ständig gelehrt haben, sich gegen die Natur zu verhalten. Und man kann nicht gegen die Natur leben, also wird man notgedrungen zu einer gespaltenen Persönlichkeit. Auf der Vorderseite ist man ein Christ, ein Hindu, ein Mohammedaner, zeigt man den Menschen eine Maske, ein falsches Gesicht. Und auf der Rückseite folgt man der eigenen Natur. Dann beginnt man natürlich im Innern einen Konflikt zu verspüren.

Dieser Konflikt ist die Grundlage dafür, dass die Priester euch ausbeuten können; weil ihr so unglücklich seid, braucht ihr jemanden, der euch raten kann, der euch einen Weg aus dieser Qual zeigen kann.

Also sorgen die Religionen zuerst für Angst, Unglück, Elend, Leid. Und sie machen das, indem sie euren Verstand gegen die Natur programmieren – das ist die einfachste Methode. Wenn man sich gegen die eigene Natur wendet, wird man automatisch unglücklich, leer, überflüssig, verliert man seine ganze Lust am Leben. Dann braucht man natürlich gute Ratschläge, und die Priester haben immer damit geprahlt, dass sie einen Weg aus dem Unglück kennen: Gebet.

»Gott wird für dich sorgen, wenn du nur an ihn glaubst.«

Das ist die ganze Strategie aller Religionen. Zuerst erzeugen sie Unglück, Angst und Schuldgefühle, dann werden die Leute ganz von allein zu ihnen kommen, zu den Priestern, denn alle Priester haben seit Jahrhunderten ihre heiligen Schriften – die eigentlich nicht besonders heilig sind – als ihr Monopol verwaltet.

In Indien zum Beispiel wurden die heiligen Schriften der Hindus erst gedruckt, als die Briten an die Herrschaft kamen. Und die Hindus waren sehr dagegen, sie zu drucken, denn sobald sie gedruckt sind, sind sie für alle verfügbar.

Vorher hatten sie handgeschriebene Schriften gehabt, und bestimmte Familien hatten das Monopol darauf besessen – sie waren vom Vater an den Sohn weitergegeben worden wie ein Erbe

– sie waren ihr Eigentum. Und die Öffentlichkeit durfte niemals wissen, was in diesen heiligen Schriften stand. Also waren sie allein die weisen Männer.

Die Hälfte der Menschheit, nämlich die Frauen, durfte die heiligen Schriften überhaupt nicht lesen. In Indien durfte die Hälfte der Bevölkerung, die Frauen, und zusätzlich ein weiteres Viertel der Bevölkerung, die Unberührbaren, nicht einmal einen Tempel betreten oder einem Brahmanen zuhören, wenn er Mantren aus den Veden rezitierte. Darauf stand die Todesstrafe.

Wozu diese Geheimnistuerei? Der Grund dafür ist, dass zwei Dinge eintreten, wenn alle das Wissen zur Verfügung haben.

Erstens werden die Menschen erkennen, dass nichts Heiliges daran ist. Achtundneunzig Prozent sind reiner Unsinn. Vielleicht zwei Prozent sind Aussagen mit einer gewissen Schönheit, mit einer gewissen Inspiration. Es kommt also zu einer großen Bloßstellung:

» Ihr habt diese Schriften vor uns verborgen, aber es ist überhaupt nichts an ihnen dran!« Und zweitens geht das Monopol verloren.

Die Menschen werden fähig, zu ihrem Trost selbst in den heiligen Schriften zu lesen.

Die Priester waren also sehr dagegen, dass ihre Bücher publiziert wurden. Schließlich stimmten sie zu, weil ihnen unter der britischen Herrschaft nichts anderes übrig blieb; sie hatten keine Macht. Sie stimmten zu, doch nur unter der Bedingung, dass die Bücher in Sanskrit veröffentlicht wurden , das keine lebende Sprache ist. Nur die Priester sprechen sie, nur die Brahmanen sprechen sie. Sanskrit war niemals eine Sprache der allgemeinen Bevölkerung. Buddha sprach Pali, nicht Sanskrit. Mahavira sprach Prakrit, nicht Sanskrit, weil die gemeine Bevölkerung Sanskrit nicht verstand.

Sie hielten also nicht nur die Veden geheim, sondern sie machten auch ihre Sprache zu einem Monopol der Brahmanen, der Priester. Und das war überall auf der Welt so, auf unterschiedliche Weise. So ist man gezwungen, zu den Priestern zu gehen. Wenn man sich elend fühlt und nirgendwo Licht sieht und die Nacht sehr dunkel ist und immer dunkler wird und es keine Hoffnung auf eine Morgendämmerung zu geben scheint, wo soll man dann suchen?

Dann gibt es nur die Priester, die behaupten, dass sie Gott kennen, die behaupten, dass sie das Monopol auf Gottes Botschaft für die Menschen besitzen.

Der Mensch wurde zu einer leichten Beute für diese Leute, weil er auf sie hörte und es ihnen gelang, ihn zu überzeugen. Sie waren gebildeter, sie waren die einzigen gebildeten Menschen. Sie verstanden es, zu argumentieren, zu überzeugen – die Massen wurden in Unwissenheit gehalten –, und so argumentierten sie gegen die Natur, und sie überzeugten die Menschen. Und sie waren sehr überzeugend. Beispielsweise leidet jeder unter der Ehe, und die Ehe ist eine Erfindung der Priester. Sie ist ein gutes Mittel, um die Menschen unglücklich zu machen.

Ihr solltet als Individuen in Freiheit leben. Aus dieser Freiheit heraus könnt ihr lieben, doch nicht gegen eure Freiheit. Wenn ihr eure Freiheit um der Liebe willen aufgebt, werdet ihr verzweifeln.

Die Ehe war also ein Mittel, um die Menschen dazu zu bringen, ständig übereinander herzufallen, ständig miteinander zu kämpfe n, denn man konnte sich nicht trennen. Keine Religion ließ eine Scheidung zu, und es liegt in der menschlichen Natur, dass man sich irgendwann langweilt. Niemand kann jeden Tag dasselbe essen

– außer mir. Meinen Köchen und den Leuten, die sich um mich kümmern – ihnen wird langweilig. Ich esse immer dasselbe, und ihnen wird langweilig, weil sie mir immer dasselbe auftischen müssen.

Doch solange man nicht erleuchtet ist, wird es einem mit allem irgendwann langweilig. Man braucht immer wieder etwas Neues.

Ihr müsst euch jedes Jahr ein neues Auto kaufen. Das bedeutet nicht, dass das neue Auto besser ist als das alte, höchstwahrscheinlich ist es das nicht. Das ältere war besser gebaut, hatte eine stabilere Karosserie, einen stärkeren Motor. Die neuen Autos werden immer mehr zu Spielzeugen. Doch weil ihr jedes Jahr das Modell wechselt, braucht es keine stabilen Autos. Was sollte man mit einem stabilen Auto anfangen? Stabile Autos waren dazu gedacht, ein ganzes Leben lang zu halten.

Die neuen Autos werden immer empfindlicher, und tat sächlich dient es den Herstellern, dass ihr euer Auto jedes Jahr wechselt; wozu sollte man sonst neue Autos produzieren? Die Fabriken müssten schließen. Also wird für die neuen Autos viel Werbung gemacht, und was sich verändert, ist einfach nur die Form der Motorhaube, eine kleine Veränderung des Designs, der Farben.

Doch der Grund, warum die Leute ihre Autos wechseln, ist der, dass sie das alte irgendwann satt haben. Auch Beziehungen hat man irgendwann satt. Am Anfang erscheint einem alles einfach großartig. Doch wie lange ist es großartig? Bald ist man mit der Geographie des anderen vertraut. Wenn man eine Frau erst einmal nackt gesehen hat, ist das der Anfang vom Ende.

Nur in Indien sind Ehen dauerhaft glücklich, aus dem einfachen Grund, weil Mann und Frau tagsüber kaum Kontakt miteinander haben. Sie können vor ihren Angehörigen nicht miteinander sprechen. Es sind alles Großfamilien, und eine Familie kann aus bis zu 40 Personen bestehen, die alle zusammen leben.

Meine Mutter hat mir erzählt, dass ein Mann nicht nur seine Frau tagsüber nicht zu Gesicht bekommt, sondern dass er nicht einmal mit seinen eigenen Kindern spielen kann. Das ist ein jahrhundertealtes Programm. Wenn man seiner Frau dann in der Dunkelheit der Nacht begegnet ... auch dann kann man nicht miteinander sprechen, denn ringsum schläft die Großfamilie. Die Angehörigen schlafen; wenn man zu reden beginnt, wacht vielleicht jemand auf. Schweigend kommt man unter den D ecken zusammen, ohne auch nur einmal »Ich liebe dich« zu sagen, man kopuliert und trennt sich sofort wieder, so dass möglichst niemand gestört wird.

Der Mann kennt seine Frau nicht wirklich, er sieht sie niemals wirklich, also bleibt sein Interesse erhalte n. Es ist die Dunkelheit, die sein Interesse lebendig erhält.

Aber ansonsten ist es sehr schwierig, sein ganzes Leben lang an derselben Frau interessiert zu bleiben. Nach den Flitterwochen ist die Ehe am Ende. Ich glaube, die Flitterwochen sind die einzige Zeit, in der ein Paar glücklich ist. Danach beginnt ein langer Weg voll Unglück und Elend. Dasselbe passiert inzwischen auch in Indien, weil Indien jetzt zivilisiert ist und in das einundzwanzigste Jahrhundert aufbricht.

Den Menschen wird also langweilig, doch sie können nicht die Wahrheit sagen, sie können nicht sagen, dass sie den anderen satt haben. Also taucht Ärger auf, taucht Gewalt auf. Beide werden depressiv. Dann ist es besser, ein bisschen weniger Zeit miteinander zu verbringen. Es macht niemanden glücklich, wenn man sich gegenseitig vierundzwanzig Stunden am Hals hängt, weder einen selbst noch den anderen, an dem man hängt.

Die Religionen haben also all diese Mittel eingesetzt, um die Menschen unglücklich zu machen. Und sie haben gesagt, dass man keinen anderen Mann und keine andere Frau ansehen dürfe. Doch das ist vollkommen natürlich. Wenn man seine Frau satt hat, fängt man an, sich nach einem Ausweg umzusehen. Doch alle Religionen sagen, dass Ehebruch die größte Sünde sei. Ich kann das nicht so sehen ...

Solange es eine Ehe gibt, muss es auch Ehebruch geben. Ich betrachte das einfach nur als eine Sache der menschlichen Natur, und ab und zu ist es auch gut. Es hilft euch, eure Liebesbeziehung frisch zu halten, wenn ihr am Wochenende mal eine andere Frau habt. Das richtet sich nicht gegen die Ehe. Es kann eurer Ehe sogar helfen, auf Dauer zu funktionieren, denn an diesen zwei Tagen am Wochenende könnt ihr erkennen, dass die eigene Frau im Grunde doch besser ist.

Es ist gut, fünf Tage die Woche verheiratet zu sein. Und es ist gut, an zwei Tagen am Wochenende frei zu sein. Das ist eine vollkommen menschliche Sache. Man möchte neue Erfahrungen machen , man möchte so viele Menschen wie möglich lieben.


Eine der Figuren von Jean -Paul Sartre sagt: »Ich möchte alle Frauen dieser Welt lieben.« Das ist nicht möglich, aber die Sehnsucht danach ist vorhanden: »Ich möchte alle Frauen dieser Welt lieben.« Jede Frau ist ein einzigartiges Individuum; jede Frau schenkt eine einzigartige Erfahrung. Jede Frau besitzt ihre eigenen Launen, jeder Mann hat seinen eigenen Wahn. Wenn sich zwei Menschen treffen, begegnen sich also zwei unterschiedliche Vögel.

Das ist gut, denn es gibt euch die Gelegenheit zu erkennen, dass der alte Partner besser ist. Mit dem alten Partner habt ihr euch bereits arrangiert; der neue bedeutet nur unnötigen Aufwand. Aber nach fünf Tagen habt ihr das bereits wieder vergessen; es ist ganz natürlich für den Verstand, dass er das immer wieder vergisst. Nach fünf Tagen mit dem alten Partner denkt ihr wieder, dass es euch jetzt zu viel ist.

Immer wenn ich eine Ehe sehe, kann ich der Versuchung nicht widerstehen, sie etwas aufzumischen, denn wenn man sie nicht aufmischt, sind die Leute einfach immer nur deprimiert, und dann sind sie ein leichtes Opfer für die Priester.

Diese Frage ist wichtig: » Wodurch wurde der Mensch so leicht zum Opfer der Priester ...?« Durch sein Unglück. Es handelt sich also um ein betrügerisches Spiel. Religion ist ein betrügerisches Spiel. Die Priester zerstören zuerst einmal auf jede nur mögliche Art und Weise euer Glück und zwingen euch, euch gegen die Natur zu verhalten: »Was natürlich ist, ist eine Sünde.« Und sobald ihr dann unglücklich seid, haben die Priester ihre Türen offen, und ihr könnt euch bei ihnen Rat holen.

Der Sohn eines Arztes kam von seiner medizinischen Ausbildung nach Hause und sagte zu seinem Vater:

»Nachdem ich jetzt fertig bin, brauchst du nicht mehr zu arbeiten. Du hast dein ganzes Leben lang hart gearbeitet. Ich werde nun deine Arbeit übernehmen, und du kannst dich ausruhen.«

Drei Tage später sagte er zu seinem Vater: »Diese reiche alte Frau, die du seit fast dreißig Jahren behandelst, habe ich innerhalb von nur drei Tagen geheilt. «

Darauf erwiderte der Vater: »Du Idiot! Diese Frau hat unsere Familie ernährt. Dank dieser Frau hast du eine medizinische Ausbildung bekommen. Dank dieser Frau bekommen deine Brüder eine Ausbildung – und du hast sie geheilt? Glaubst du vielleicht, ich hätte sie nicht heilentet, deine Ausbildung unmöglich zu machen.

Sie hat mir die Hälfte meines Einkommens beschert!«

Arme Leute werden vom Arzt rasch geheilt; bei reichen Leuten lässt er sich dagegen Zeit. Das ist nur natürlich, daran ist nichts Falsches. Reiche können es sich leisten; mit Armen verschwendet man nur unnötig seine Zeit. Und nicht nur seine Zeit. Ein Armer fängt vielleicht irgendwann an, um kostenlose Arzneimittel zu betteln, weil er ja kein Geld hat. Ab er einen reichen Mann muss man sich warm halten. Wenn er die eine Krankheit satt hat, gibt man ihm eine andere. Man muss ihm nur die Idee nahe bringen –

»Ich habe das Gefühl, Sie werden bald einen Herzinfarkt bekommen.« Diese Vorstellung genügt schon, und sein Herz fängt an, heftiger zu schlagen, und mitten in der Nacht wird er aufwachen und seinen Herzschlag überprüfen, ob er noch in Ordnung ist oder ob er schon nachlässt. Man muss ihm nur bestimmte Ideen in den Kopf setzen, dann bleibt er dauerhaft Patient. Man sagt ihm zum Beispiel: »Sie müssen sich unbedingt jede Woche untersuchen lassen. Ihr Körper ist in einem äußerst fragilen Zustand.«

Ärzte leben ein sehr widersprüchliches Leben. Sie sollen die Menschen heilen, doch was würde mit ihnen passieren, wenn sie alle Menschen heilen würden? Wenn eine Gesellschaft vollkommen gesund wäre und niemand mehr krank würde, würden die Ärzte verhungern und sterben. Sie würden zu Bettlern.

Nur in China, unter dem Einfluss Laotses, wurde zum ersten Mal eine neue Methode eingeführt. Aus seinem großen Mitgefühl heraus ging Laotse eines Tages zum Kaiser und sagte: »Die gesamte medizinische Versorgung ist im Grunde falsch aufgebaut, weil die Ärzte von den Krankheiten der Menschen leben, während sie sie doch eigentlich heilen sollten. Damit befinden sie sich in einer widersprüchlichen Situation.« Der Kaiser fragte: »Was schlägst du vor?«

Laotse erwiderte: »Ich schlage vor, dass die Ärzte vom Kaiser dafür bezahlt werden sollten, dass sie die Menschen gesund erhalten. Wenn die Menschen ihre Gesundheit verlieren, wenn sie krank werden, sollte das Einkommen des Arztes reduziert werden.

Denn dann hat er nicht gut genug für seine Patienten gesorgt. Es sollte also vollkommen anders funktionieren als im Moment: Der Arzt sollte dafür bezahlt werden, die Menschen gesund zu erhalten, und wenn jemand krank wird, wird sein Einkommen reduziert. Das gibt der ganzen medizinischen Versorgung eine vollkommen andere Ausrichtung.«

So haben Erleuchtete den Menschen immer wieder neue Perspektiven gegeben, doch die Menschen haben sie anfangs oft nicht verstanden. Die Menschen konnten nicht verstehen, dass man für seine Gesundheit bezahlen sollte. Man ist gesund – was hat der Arzt damit zu tun? Und der Arzt bekommt weniger, wenn man krank wird? Das ist ein vollkommen richtiger Ansatz, auch wenn er erst einmal seltsam wirkt.

Genauso verhält es sich mit den Priestern. Wenn jeder ohne Schuld wäre ... Das ist der Grund, warum mich alle für einen gefährlichen Menschen halten – weil meine ganze Anstrengung dahin geht, euch von Schuldgefühlen zu befreien, von Sünde, von der ganzen Vorstellung von Moral. Es gibt nur eines, was ich euch vermitteln möchte, und das ist Klarheit jenseits des Verstands. Aus dieser Klarheit her aus könnt ihr dann alles entstehen lassen: eure Liebe, eure Moral, euer Verhalten. Doch das macht Priester vollkommen überflüssig. Das macht Religion en und Kirchen überflüssig, und es macht Gott überflüssig. Wer betet schon noch zu Gott, wenn er glückselig ist? Wer betet schon noch zu Gott, wenn das Leben ein einziger Tanz ist? Wozu?

Wenn du gesund bleiben kannst, wenn du dich gut ernähren kannst ... Wenn du ein langes Leben leben kannst, hundertfünfzig Jahre alt und immer noch jung ... Das ist möglich. Ihr müsst nur mal die Gegebenheiten betrachten. Im Alter von fünfundsiebzig sterben die meisten Menschen. Mit fünfundachtzig sterben schon weniger Menschen. Mit fünfundneunzig sterben nur sehr wenige Menschen. Über hundert stirbt sehr selten jemand. Und über hundertundachtzig sind die Chancen groß, dass man überhaupt nicht mehr stirbt. Das ist einfache Mathematik! Wer hat schon mal von jemandem gehört, der mit über hundertachtzig gestorben wäre?

Dafür gibt es keinen Präzedenzfall.

Wissenschaftler sagen, dass der menschliche Körper das Potential hat, mindestens dreihundert Jahre lang zu leben, wenn alles natürlich verläuft. Es ist das nicht natürliche Leben, das die Menschen nicht nur unglücklich macht, sondern ihr Leben auch von dreihundert Jahren auf fünfundsiebzig verkürzt. Schon mit sechzig Jahren beginnen die Menschen zu denken: »Es ist besser zu sterben, wozu sollte ich noch weiterleben? «


Ein alter Mann heiratete ein junges Mädchen. Er war neun zig, und das Mädchen war erst neunzehn. Seine Söhne – einer war siebzig, der andere sechzig Jahre alt – sagten zu ihm:

»In diesem Alter solltest du nicht mehr heiraten. Wir müssen uns ja schämen. Jeder wird über dich lachen.«

Er antwortete: »Das geht euch nichts an. Ich habe mich in diese Frau verliebt, und ich werde sie heiraten.« Er heiratete sie also, und der Arzt, der den alten Mann betreute, sagte zu ihm: »Sie heiraten

... das ist in Ihrem Alter sehr gefährlich. Es wäre besser, Sie würden noch jemanden zur Miete bei sich aufnehmen.« Damit meinte er, dass er sich einen jungen Mann als Untermieter suchen sollte, der sich um die junge Frau kümmern würde. Doch der alte Mann verstand es falsch.

Neun Monate später traf der Arzt den alten Mann auf dem Markt und fragte ihn: »Wie geht's?« Der alte Mann antwortete:

»Großartig! Meine Frau ist schwanger.«

Der Arzt wollte wissen: »Und haben Sie jemanden zur Miete aufgenommen? «

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