Gott ist wie die endlose Hoffnung auf morgen

Einmal sagte Seigen zu Sekito: »Es heißt, dass eine große

Intelligenz von südlich des Ling kommt.«

Sekito antwortete: »Von nirgendwoher kommt eine solche

Intelligenz.«

Seigen fragte: »Woher kommen dann all die Sutren des

Tripitaka?«

Sekito erwiderte: »Sie kommen alle von hier, und es mangelt

an nichts.«

Nach Seigens Tod begab sich Sekito zum Mount Nangaku.


Dort fand er einen großen, flachen Felsen und baute sich

darauf eine Hütte. Von da an wurde er bekannt als »Stonehead«,

und später, als er zum Meister geworden war, als »Stonehead

Osho«.

Als Meister Nangaku hörte, dass Sekito dort auf einem Felsen

lebte, ließ er einen jungen Mönch kommen und sagte zu ihm:

»Geh nach Osten und schau dir den Mönch genau an, der dort

auf dem Felsen lebt. Wenn er der Mönch ist, der vor kurzem

einmal hier war, dann sprich ihn an. Und wenn er antwortet, sage

Folgendes zu ihm: >Du sitzt so stolz auf deinem Stein, doch

besser wäre es, du kämst zu mir.«

Der junge Mönch ging also zu Sekito und zitierte diesen Satz.

Sekito antwortete: »Selbst wenn du Tränen des Leids

vergießen würdest, käme ich doch niemals über die Hügel zu dir.«

Der Mönch kehrte zurück und berichtete Nangaku davon. Darauf

meinte Nangaku: »Dieser Mönch wird gewiss über viele

Generationen hinweg die Menschen erzittern lassen.«

Bevor wir über dieses Sutra sprechen, zunächst ein paar Fragen.

Hier die erste:

Mein tiefster Schmerz besteht darin, dass ich mich als

Außenseiter fühle, dass ich das Gefühl habe, in diesem Leben

nicht zu Hause zu sein, grundlegend falsch zu sein, und dass der

Tod einfach nur darauf wartet, mich unbarmherzig zu holen. Das

Gefühl, hierher zu gehören, mich selbst wertzuschätzen und von

der Existenz geschätzt zu werden und daher wirklich leben und

das Leben feiern zu können, entzieht sich mir. Hat das etwas mit

dem Einfluss einer auf Gott orientierten Religion zu tun?

Auf einen Gott hin orientierte Religionen werden immer solche Gefühle hervorrufen. Das ist vollkommen unvermeidlich, weil sie euch Lügen als Trost geben. Als der Mensch sich über seine primitiveren Bewusstseinszustände hinausentwickelte, wurde er immer intelligenter, und heute kann er Gott als Mythos erkennen.

Er lebte mit der Lüge, als ob sie Wahrheit wäre, und er war damit zufrieden. Doch nun ist er zu intelligent dafür, und er kann die Falschheit der ganzen religiösen Lüge erkennen, und dadurch entsteht für ihn ein großes Problem.

Gott ist tot. Das Trostpflaster für die Menschen ist verschwunden. Nun fühlt sich der Mensch vollkommen leer, ohne Verbindung zur Existenz. Gott stellte immer die Erfüllung des Lebens dar, jemand, der sich kümmerte, jemand, der vergab, jemand, der voller Mitgefühl war. Ohne Gott fühlst du dich plötzlich wie ein Außenseiter in dieser Welt. Doch das ist ein guter Anfang, sieh das also nicht falsch.

Jede Lüge wird für gewisse Zeit eine Leere hinterlassen, wenn sie erst einmal verschwunden ist. Du kannst diese Leere nutzen, um dich elend zu fühlen; dein Elend wird sie füllen. Du kannst diesen Ra um mit Angst, Sorge, Leid, Schmerz füllen. Doch es hängt ganz von dir ab. Du kannst diesen leeren Raum auch für einen neuen Anfang nutzen, als eine ganz neue Tür. Gott ist tot, und nun musst du selbst nach der Wahrheit suchen; niemand kann sie dir mehr geben. Diese Leere kann zu einer Tür werden, die nach innen führt.

In dem Augenblick, in dem du das Zentrum deines Wesens betrittst, bist du kein Außenseiter mehr. Zum ersten Mal bist du ein Insider!

Gott hat bewirkt, dass du außerhalb der Wahrheit geblieben bist, außerhalb der Existenz. Gott gab dir einfach nur einen Trost, doch ein Trost ist keine wirkliche Hilfe. Du brauchst eine Transformation von innen, du musst deine Leere freudig nutzen, denn sie öffnet dir eine Tür in den Raum der Ewigkeit. Sie öffnet dir eine Tür zu deinen eigenen Wurzeln, die in der Existenz liegen. Sie gibt dir das Gefühl, zu den Bäumen, zu den Vögeln, zu den Menschen, zu den Sternen zu gehören – zu allem um dich herum. Der ganze Kosmos ist dein Zuhause.

Es hängt also alles davon ab, wie du diese Leere nutzt. Die sogenannten westlichen Existentialisten nutzen sie auf falsche Art und Weise. Sie füllen sie mit Elend, Furcht, Spannung, Schrecken, Sorge, Angst.

Zuerst wart ihr voller Lügen, voller Fiktionen, doch sie waren wenigstens tröstlich, sie gaben euch wenigstens ein bisschen Hoffnung, ein bisschen Zufriedenheit mit dem Leben. Doch der Existentialismus füllt eure Leere auf noch schlimmere Art und Weise als die Religionen.

Die Religionen benutzten diese Leere, um euch auszubeuten. Sie gaben euch Trost, doch er hatte seinen Preis. Sie beuteten euch also aus, doch jahrhundertelang fühltet ihr euch vollkommen glücklich, denn es gab einen Gott im Himmel, und alles war in Ordnung – er sorgte für euch.

Dieser Trost war falsch; er bewirkte keine Veränderung in euch, er machte euch nicht zum Buddha, er sorgte nicht für euer Erwachen, für eure Erleuchtung. Er diente nicht eurem spirituellen Wachstum, doch er sorgte wenigstens dafür, dass ihr ohne Angst und Sorge, ohne Sinnlosigkeit leben konntet. Ihr fühltet euch zu Hause, auch wenn dieses Gefühl nur ein Traum war. Nun ist der Traum zerstört, und plötzlich fühlt ihr euch vollkommen allein. Es gibt keinen Gott, und ihr kennt keine andere Art, mit der Existenz in Verbindung zu treten. Eure alte Programmierung funktioniert nicht mehr.

Ihr braucht neue Einsichten. Ihr braucht Meditation statt Gebet, Bewusstheit statt Gott. Dann wird eine Säule der Bewusstheit euer Inneres ausfüllen, und sie wird kein leerer Trost mehr sein. Sie wird euch echte Zufriedenheit schenken; sie wird euch mit der Existenz verbinden, und ihr werdet euch nicht mehr als Außenseiter fühlen.

Glaubt ihr, ich fühle mich in irgendeiner Weise als Außenseiter?

Ich bin so tief mit der Existenz verbunden, wie man nur sein kann.

Die gesamte Existenz ist zu meinem Wesen geworden, mein Herz tanzt mit dem Herzschlag des Universums.

Gott hat verhindert, dass genau das passieren konnte, dieses enorme Phänomen der Transformation . Gott war euch kein Freund, er war euer größter Feind. Und seine Priester haben euch ausgebeutet.

Nun, da euch klar geworden ist, dass es keinen Gott gibt, muss notgedrungen eine Lücke auftauchen, ein Zwischenraum, in dem ihr entweder den westlichen Existentialismus wählen könnt – der kein echter Existentialismus ist, sondern ein Akzidentalismus –

oder in dem ihr nach innen blicken könnt, so wie jeder Erwachte nach innen geblickt hat. Ihr müsst aufhören, zum Himmel aufzublicken. Ihr müsst die Augen schließen und in den inneren Raum blicken, in dem ihr mit der Existenz verbunden seid. Sofort wird die Leere verschwinden. Nicht nur die Leere – du selbst wirst verschwinden. Und dann bleibt nur noch der Tanz, das Feiern des gesamten Universums. Und du bist vollkommen eins damit, die Frage von innen oder außen taucht überhaupt nicht mehr auf. Es entsteht eine große Einheit. Plötzlich erkennst du dich selbst in den unterschiedlichsten Manifestationen: in den Bäumen, den Blumen, den Wolken, den Sternen – überall. In dem Augenblick, in dem du verschwindest, bist du eins mit der ganzen Existenz; Pflanzen, Berge, Schnee, Flüsse, Ozeane – du bist über all das ausgebreitet.


Und dies er Zustand ist der Zustand eines Buddhas. Das ist die wahre Befreiung.

Du fühlst dich also als Außenseiter – das ist gut! Das ist die Übergangszeit; jetzt musst du wachsam sein und darfst dich nicht mit Schmerz und Elend anfüllen. Wer soll dich trösten, nachdem Gott nicht mehr vorhanden ist? Du brauchst keinen Trost. Die Menschheit ist erwachsen geworden. Sei ein Mann, sei eine Frau, und stehe auf deinen eigenen Füßen.

Jahrtausende hindurch wurdet ihr verkrüppelt durch diesen Gott, durch die gesamte Priesterschaft. Sie wollten nicht, dass ihr gesund und vollständig seid. Ihr ganzer Berufsstand hing von eurem Elend und eurem Schmerz ab. Sie haben euer Leid und euren Schmerz zugedeckt und euch Hoffnung gegeben. Doch Hoffnung ist nur ein leeres Wort. Karl Marx hat Recht, wenn er sagt, Religion sei die Hoffnung der Hoffnungslosen. Doch diese Hoffnung war wie eine Möhre, die vor eurer Nase hängt. Ihr könnt sie niemals erreichen, doch sie hängt so nah, dass ihr das Gefühl habt, ihr werdet sie bald erreichen – wenn nicht heute, dann morgen, wenn nicht morgen, dann übermorgen. Die Möhre hängt immer vor eurer Nase.

Es gibt dazu eine Sufi-Geschichte:

Ein Mann hatte eine Kuh gekauft, doch er hatte keine Erfahrung im Umgang mit Kühen. Also versuchte er sie an den Hörnern hinter sich herzuziehen, doch die Kuh leistete erbitterten Widerstand –

nun ja, ganz offensichtlich hatte er keine Ahnung. Die Kuh wollte nach Hause, zurück in ihren alten Stall.

Ein Sufi-Mystiker schaute dem Ganzen zu. Darauf sagte er zu dem Mann: »Mir scheint, du bist ein Anfänger mit Kühen; du weißt nicht, wie man mit ihnen umgeht. So funktioniert es nicht.«

Der Mann erwiderte: »Was soll ich tun? Ich bin nicht stark genug. Die Kuh ist stärker; sie zieht mich mit sich.«

Der Mystiker gab dem Mann ein Büschel Gras und sagte zu ihm: »Lass ihre Hörner los. Nimm das Gras und geh einfach vor ihr her. Halte das Gras knapp vor ihrer Nase, doch lass sie nicht daran fressen. Während sie in Richtung Gras läuft, gehst du immer weiter nach Hause.« Und so funktionierte es. Die Kuh lief hinterher, denn das Gras schien so nah, und es war so grün und saftig. Sie vergaß ihren früheren Besitzer; das wichtigste Problem war jetzt, wie sie an dieses Gras kommen konnte. Und es war so nah – es hing praktisch vor ihrer Nase! Doch der Mann ging langsam vor ihr her, so dass der Abstand zwischen der Kuh und dem Gras immer gleich blieb. Schließlich lief sie in die Scheune ihres neuen Besitzers und er machte die Tür hinter ihr zu.

Auf diese Weise haben die Religionen euch Möhren vor die Nase gehalten. Diese Hoffnungen erfüllen sich nie, sie sind hoffnungslos. Diese Versprechungen sind leer.

Wenn eure Hoffnungen und eure Erwartungen und eure Vorstellungen von Gott und von eurer Beziehung zur Weltzerstört werden, dann entsteht dadurch natürlich eine kleine Lücke, bevor ihr den richtigen Weg einschlagt. Und der richtige Weg ist nicht der Existentialismus des Westens. Der richtige Weg ist die Meditation, die der Osten schon seit Jahrhunderten benutzt und zu einer wahren Wissenschaft entwickelt hat. Ihr müsst nach innen gehen. Gott hat euch davon abgehalten, denn er befand sich außen. Euer Gebet war an einen Gott gerichtet, den es gar nicht gab. Ihr seid da, es braucht keinen weiteren Beweis, dass ihr da seid. Es braucht keine Argumente, um zu beweisen, dass ihr da seid. Warum also nicht dieses Da-Sein erforschen, diese Präsenz, die ihr seid, dieses Bewusstsein, das ihr seid? Warum es nicht erforschen?

Jene, die es erforschten, kamen nicht zurück und sagten, dass sie Außenseiter seien. Sie sagten nicht einmal, dass sie Insider seien, denn selbst Insider sind getrennt. Sie kamen zurück und erklärten:

»Aham brahmasmi!« – Ich bin das Ganze, oder »Ana'l haq! « –Ich bin die Wahrheit, ich bin das Leben selbst. Da gibt es keine Frage von außen oder innen mehr. Das sind nur die zwei Seiten derselben Münze. Die ganze Münze ist vergessen, plötzlich stellt man fest, dass man eins ist mit dem kosmischen Tanz, mit diesem ungeheuren Rhythmus, in dem man als getrennte Persönlichkeit verschwindet und eins wird mit dem Ganzen.

Jede Welle im Meer denkt vielleicht einen Augenblick lang, dass sie ein Außenseiter ist, dass sie nicht zum Ozean gehört. Doch im nächsten Augenblick verschwindet sie wieder im Ozean. Auf dieselbe Weise werdet auch ihr im Ozean des Bewusstseins verschwinden; ihr seid nur eine Welle, auch wenn ihr siebzig Jahre lang lebt. Vielleicht seid ihr gefroren, und alles, was es braucht, ist ein Schmelzen. Schmelzt wie Eis an der Sonne und werdet eins mit dem Ozean, der euch umgibt. Ihr lebt tatsächlich im Ozean.

Ich habe euch schon öfter von einem jungen, revolutionären Fisch erzählt. Er fing an, alle anderen Fische zu fragen:


»Wo ist das Meer? Ich habe schon so viel davon gehört! «

Kein Fisch konnte ihm diese Frage beantworten. Sie sagten:

»Du wirst irgendeinen weisen Fisch finden müssen, einen erleuchteten Fisch vielleicht, doch wir wissen nicht, wo dieses Meer ist. Wir haben auch schon davon gehört, und wir glauben, dass es irgendwo sein muss, weil doch jeder davon spricht. Seit Jahrhunderten haben unsere Vorfahren davon gesprochen, dass es das Meer gibt. Also glauben wir daran.«

Dann begegnete der junge Fisch einmal einem alten Mystiker -

Fisch, und dieser sagte: »Du Dummkopf! Du bist im Meer! Du bist das Meer! Du wirst aus dem Meer geboren, du lebst im Meer und du wirst dich im Meer auflösen. Du bist einfach nur eine etwas solidere Welle, doch du wirst dich im Meer wieder auflösen.«

Das ist das Meer, in dem ihr lebt. Das kosmische Bewusstsein umgibt euch, so wie die Luft euch umgibt; ihr könnt es nicht sehen, doch es nährt euch beständig. Euer Bewusstsein wird vom kos mischen Bewusstsein genährt, so wie euer Herz von eurem Atem genährt wird. Die Luft, die ihr nicht sehen könnt, stellt euch ständig Sauerstoff zur Verfügung, der euren Körper am Leben erhält.

Doch ihr seid nicht nur der Körper. Hinter dem Körper verbirgt sich eure geheime Größe, das Bewusstsein. Auch dieses benötigt ständig Nahrung. Und rund um euch her, so wie die Luft ...

Sobald du leer bist, musst du nur ein klein wenig warten; triff jetzt keine Entscheidungen. Plötzlich wirst du eine neue Energie in dir auftauchen fühlen, von innen, von außen. Du wirst plötzlich das Gefühl haben, dass du von Bewusstsein umgeben bist und dass du dich darin auflöst. Und dann kommt die Erkenntnis: »Ich wusste einfach nichts von mir selbst und von dem Universum, in dem ich lebe, das mir das Leben geschenkt hat und das meine wahre Heimat ist. Ich muss mich in dieser Heimat ausbreiten.«

Doch immer wird es dabei einen kurzen Zeitraum geben, in dem du sehr unsicher bist.

Letzte Nacht habe ich über Gurdjieff und seine Arbeit mit dem Energiesystem gesprochen. Er teilte die Energie in verschiedene Schichten ein. Die erste Schicht ist sehr dünn, gerade ausreichend für die alltäglichen Angelegenheiten ... die zweite Schicht ist bereits stärker. Wenn die erste Schicht erschöpft ist und man trotzdem weitermacht, dann beginnt plötzlich die zweite Schicht zu funktionieren. Und wenn man die zweite Schicht vollkommen ausgeschöpft hat – was sehr schwierig ist, es dauert Monate und manchmal Jahre, sie vollständig zu erschöpfen –, dann beginnt die dritte Schicht zu funktionieren, die kosmische, unerschöpfliche.

Gurdjieffs Methode ist sehr alt und sehr primitiv. Doch die Energie des Kosmos umgibt euch. Alles, was es braucht, ist eine gewisse Leere in euch.

Die Leere ist also gut; fülle sie nicht mit Glaubenssystemen, fülle sie nicht mit einem anderen Gott, einer anderen Philosophie, irgendeinem Existentialismus. Fülle sie nicht. Lass sie rein und klar und geh tiefer. Bald wirst du von beiden Seiten, von innen und von außen, einen enormen Energieschub verspüren, einen enormen Bewusstseinsschub. Dann löst du dich auf. Du wirst vom Universum beinahe überflutet; du bist so klein, und der Kosmos ist so groß. Plötzlich löst du dich in ihm auf, und dieses Auflösen ist die Erfahrung der endgültigen Erleuchtung. Dann weißt du, dass du niemals außen oder innen warst; du bist eins mit der Existenz.

Nichts außer dieser Einheit mit der Existenz kann dir weiterhelfen. Doch diese Einheit ist so einfach, so offensichtlich. Es braucht nur eine kleine Entspannung, nur ein kleines Nach -innen-Gehen – keine große Anstrengung, nicht viel Disziplin, keine große Tortur.

Es ist gut, dass du dich als Außenseiter fühlst, weil Gott diesen Raum nicht mehr ausfüllt, und dass du dich nicht mit dem Universum verbunden fühlst. Das ist gut. Es bedeutet einfach nur, dass falsche Verbindungen sich aufgelöst haben. Es geschah eines Tages ...

Mulla Nasruddin saß in seinem Büro und wartete auf Kunden.

Schließlich trat ein Mann ein, doch Nasruddin gab ihm keine Gelegenheit, etwas zu sagen. Er winkte einfach nur mit der Hand, um ihm zu bedeuten, er solle sich setzen, griff zum Telefonhörer und begann über Millionenbeträge zu sprechen.

»Eine Million Dollar? In Ordnung, ich übernehme den Auftrag.«

In diesem Augenblick sagte der Mann, der eben

hereingekommen war: »Einen Augenblick bitte. Ich bin von der Telefongesellschaft und soll Ihr Telefon anschließen.« Das Telefon war überhaupt nicht angeschlossen — dieser Ein-Million-Dollar-Auftrag war einfach nur Show gewesen!

Du fühlst dich nicht verbunden, weil deine Verbindungen falsch waren. Tatsächlich gab es überhaupt keine Verbindungen, und du hast nur gedacht, dass du zu Gott sprichst — am Telefon, auf einer direkten Leitung! Ich habe dir bewusst gemacht, dass dein Telefon überhaupt nicht angeschlossen war. Mit wem hast du gesprochen?

Alle deine Gebete liefen über eine Telefonleitung, die nicht angeschlossen war.

Die einzige Möglichkeit, mit der Existenz in Verbindung zu treten, besteht darin, nach innen zu gehen, denn im Zentrum bist du immer verbunden. Du hast dich physisch von deiner Mutter getrennt. Diese Trennung war absolut notwendig, um dich zu einem eigenständigen Individuum werden zu lassen. Doch du bist nicht vom Universum getrennt. Deine Verbindung mit dem Universum geht über das Bewusstsein. Du kannst es nicht sehen, also musst du mit großer Bewusstheit, mit Wachheit, mit Gewahrsein tief nach innen gehen, und du wirst die Verbindung finden. Der Buddha ist die Verbindung! Die zweite Frage:

Ist der Monotheismus ein notwendiger Schritt in der

menschlichen Evolution, oder ist er einfach nur eine Erfindung

der Priester?

Der Monotheismus ist eine sehr viel gefährlichere Erfindung der Priester als der Polytheismus. Aus einer monotheistischen Religion kann kein Buddha hervorgehen. Sie ist kein Teil der Evolution; im Gegenteil, sie verhindert eure Evolution.

Alle Religionen, die außerhalb Indiens entstanden sind –

Judentum, Christentum, Islam –, sind monotheistisch. Mohammed hat die perfekte Definition dafür gegeben: ein Gott, ein Prophet, ein Koran. Es handelt sich um eine sehr diktatorische Art von Religion, die von Natur aus gefährlich ist, weil sie sehr intolerant ist. Der jüdische Gott sagt selbst:

»Ich bin ein eifersüchtiger Gott. Ich erlaube euch nicht, irgendwelche anderen Götter zu verehren.«

Der Monotheismus ist eine sehr viel effizientere Art, die Menschen auszubeuten. Der Hinduismus ist polytheistisch; in ihm gibt es so viele Götter, wie man sich nur vorstellen kann. Als der Hinduismus entstand, gab es dreiunddreißig Millionen Menschen in Indien. Der Hinduismus hat genau dreiunddreißig Millionen Götter.

Das ist doch um einiges demokratischer – jeder Mensch hat seinen eigenen Gott! Statt den Gott eines anderen zu verehren, ist es doch viel besser, seinen eigenen Gott zu haben; dann gibt es keine Konflikte.


Keine hinduistische Schrift sagt: »Ein Gott, ein Prophet, eine heilige Schrift.« Alle hinduistischen Schriften sagen, dass es so viele Götter gibt, wie es Menschen gibt. Darum ist der Hinduismus sehr ineffizient. Das muss so sein: Er ist keine Armee, er hat keinen Papst, er hat kein zentral organisiertes Organ, er ist ein vollkommen desorganisiertes Chaos. Deshalb besitzt jeder darin vollkommene Freiheit. Wenn jemand zu einem Mahavira wird, hat der Hinduismus nichts dagegen. Wenn jemand zu einem Buddha wird, hat der Hinduismus nichts dagegen. Beide wurden als Hindus geboren, und beide wandten sich gegen den Hinduismus. Das ist kein Problem, denn es gibt kein zentrales Organ, das einen Gerichtshof oder Geschworene einberufen könnte, um zu entscheiden, ob Mahavira Recht hat, wenn er nicht an Gott glaubt.

Sein ganzes Bemühen geht dahin, dass man sein eigenes Bewusstsein bis zum letzten Gipfel entwickeln sollte: Jeder ist ein Gott.

Mahaviras Interpretation der dreiunddreißig Millionen Götter war, dass es dreiunddreißig Millionen Menschen gibt, die alle eines Tages zu Göttern werden, wenn sie den höchsten Gipfel des Bewusstseins erreicht haben. Er sagte, dass es wahrscheinlich so sei, dass es nicht dreiunddreißig Millionen Götter gebe, sondern dreiunddreißig Millionen potentielle Götter. Das schenkt viel Freiheit, und es besteht keine Notwendigkeit für irgendwelche Priester. Jeder hat eine direkte Verbindung zu seinem eigenen privaten Gott.

Doch das Christentum, eine monotheistische Religion, lässt keinen Buddha aufkommen; daher ist das Bewusstsein darin wenig entwickelt. Diese Religion wirkt sehr primitiv und basiert auf Fiktionen. Die monotheistischen Religionen haben nichts außer Krieg zur Welt beigetragen, weil der islamische Gott weder den jüdischen Gott tolerieren kann noch den christlichen, noch die hinduistischen Götter. Er muss all diese Götter vernichten und ebenso alle ihre Anhänger.

»Nur ein Gott« ... Als die Mohammedaner nach Indien kamen, zerstörten sie also Millionen wunderbarer Tempel, die von großartigen Bildhauern über die Jahrhunderte erschaffen worden waren. Sie zerstörten Millionen von Statuen, wunderbare Darstellungen von Buddha, Mahavira und anderen jainistischen Tirthankaras. Nur ein sehr kleiner Teil davon ist übrig geblieben.


Hier und da blieb möglicherweise ein Tempel stehen, weil er tief im Dschungel verborgen war. In jedem Dorf kann man feststellen, dass die Leute ihre Götter, ihre wunderbaren Statuen, einfach in den Brunnen warfen, sobald die Mohammedaner auftauchten – um sie vor jenen zu schützen, die diese Statuen ansonsten zerstört hätten.

In jedem Dorf – das kommt häufig vor – kann man also im Sommer, wenn der Wasserspiegel sinkt, plötzlich einen Buddha auftauchen sehen, und dann ziehen die Leute den Buddha heraus.

Jahrhundertelang lag er im Brunnen, doch dort war er geschützt.

Die Menschen hatten ihn vergessen, denn jene, die die Statuen in den Brunnen geworfen hatten, sind schon seit Jahrhunderten tot.

Die Mohammedaner kamen vor zweitausend Jahren, und sie zerstörten alles. Ihr Gott war intolerant, wie hätten sie da tolerant sein können?

Der Monotheismus ist die abscheulichste Religionsform der Welt, denn er ist intolerant. Intoleranz führt zu Gewalt. Die Christen hatten ihre Kreuzzüge, die Mohammedaner ihre Dschihads

– ihre heiligen Kriege. In Indien gab es niemals Religionskriege.

Jeder hatte die Wahl, ob er einen Gott oder keinen Gott haben wollte; nicht einmal die Atheisten wurden belästigt.

Jahrhundertelang gab es eine große Philosophie namens Charvaka. Ihre Anhänger waren der Ansicht, dass es keinen Gott gibt, dass es keine Seele gibt – dasselbe, was Marx fünftausend Jahre später ebenfalls sagte. Sie sagten, dass die Seele nur ein Nebenprodukt der fünf Elemente ist, aus denen der Körper besteht.

Der Gründer dieser Religion war Acharya Brihaspati – und seltsamerweise wird in den Veden mit großem Respekt von ihm gesprochen.

Das ist Toleranz. Es ist deine Wahl, du bist frei, deinen eigenen Weg zu wählen; du hast sogar die Freiheit, eine Religion zu wählen, die keinen Gott kennt, die keine Seele kennt. Die Charvaka-Anhänger waren absolute Atheisten. Ihre ganze Philosophie bestand darin: Iss, trink und sei fröhlich, denn es gibt keine Hölle, es gibt keinen Himmel, es gibt keinen Gott. Und mach dir keine Sorgen, denn es gibt kein Letztes Gericht und niemanden, der dich richten könnte. Sünder und Heilige lösen sich einfach in ihre fünf Elemente auf.

In Indien findet man viele Leute, die rote Lippen haben, weil sie Pan kauen. Brihaspati verwendete das als Beispiel: Wenn man das Panblatt selbst kaut, dann färbt es die Lippen nicht rot, und wenn man die einzelnen Bestandteile der Pan-Mischung kaut, passiert ebenfalls nichts. Doch wenn man sie zusammenmischt, sorgen sie für eine Rotfärbung von Mund und Lippen. Diese Verfärbung ist ein Nebenprodukt der fünf Elemente, aus denen die Pan-Mischung besteht. Es handelt sich nicht um etwas Eigenes, sondern es ist ein Ergebnis der Kombination dieser fünf Elemente. Das ist ein einfaches Beispiel, das von den Charvaka-Anhängern angeführt wird, und man respektierte sie. Selbst die Veden bezeichnen Brihaspati als einen großen Meister, als einen Acharya.

Eine solche Toleranz ist nur in einer polytheistischen Religion möglich. Wenn es viele Götter gibt, hat man die Wahl, hat man eine gewisse Freiheit. Wenn es nur einen Gott gibt, hat man keine Freiheit.

Aus meiner Sicht ist Monotheismus weit schlimmer als Polytheismus. Der hinduistische Polytheismus ließ die Buddhas ebenso zu wie die jainistischen Tirthankaras und die Charvaka-Anhänger, ohne irgendwelche Probleme. Obwohl sie gegen den Hinduismus waren, wurde doch keiner von ihnen gekreuzigt. Selbst Brihaspati wurde nicht gekreuzigt, er wird vielmehr voller Respekt in den Veden erwähnt. Er hatte die Freiheit, zu denken, zu sprechen und seine eigene Philosophie zu entwickeln.

Und der Name der Philosophie war eigentlich nicht charvak, sondern charuvak. Das ist ein großer Unterschied. Charuvak bedeutet »süße Worte«. Die Philosophie von Brihaspati bestand aus süßen Worten. Er nahm den Menschen alle Angst – es gibt keinen Gott, kein en Himmel, keine Hölle –, er nahm ihnen allen Schrecken. Der Tod ist das Ende, die Geburt der Anfang, und dazwischen haben wir ein kurzes Leben. Genießt es, und genießt es sogar dann, wenn ihr euch dafür Geld borgen müsst. Macht euch keine Sorgen, denn nach dem Tod kommt niemand und sagt:

»Gib mir mein Geld zurück.«

Seine Aussage lautet: Rinam kritva ghritam pivet. »Selbst wenn du dir Geld borgen musst, mach dir keine Sorgen: Borge dir Geld und trinke Ghee. « Ghee ist ausgelassene Butter. Wenn man aus Butter das Fett ausschmilzt, erhält man Ghee, reines Butterschmalz.

Weiter geht es nicht, Ghee ist das absolute Endprodukt. Und rückwärts geht es auch nicht, es geht weder vorwärts noch rückwärts. Man ist an einem Endpunkt angekommen.


Er sagt also, dass dieses Leben ein Endpunkt ist. Man geht von hier aus nirgendwohin, also sollte man es einfach nur genießen. Es spielt keine Rolle, was man dafür aufwendet; wichtig ist nur, dass man es genießt. Das Leben ist so kurz, verschwendet es also nicht mit unnötigen Ängsten vor einer Bestrafung in der Hölle.

Verschwendet es nicht mit unnötigen Hoffnungen auf eine Belohnung im Himmel. Sorgt euch nicht um richtig oder falsch.

Das einzig Wichtige ist, es zu genießen. Selbst dieser Mann wurde respektiert. Doch ganz langsam und allmählich wurde aus dem Wort charuvak im Bewusstsein der Massen das Wort charvak.

Charvak bedeutet jemand, der ständig kaut und isst, so wie ein Büffel –denn das war ja auch seine Lehre: Esst, trinkt und seid fröhlich.

Und auch Gautama Buddha wurde nicht gekreuzigt, ob wohl er alle Veden als vollkommen falsch bezeichnete. Er erklärte, dass die Brahmanen, die Priesterschaft der Hindus, die Menschen ausgebeutet hätten. Er erklärte, dass das hinduistische Kastensystem falsch sei, dass jeder Mensch gleichwertig sei. Doch er wurde nicht gekreuzigt. Selbst hinduistische Philosophen gingen zu ihm und hörten ihm zu. Tatsächlich waren alle seine Schüler im Grunde Hindus. Wo sonst hätte er Tausende von Schülern finden sollen? Große hinduistische Gelehrte kamen, um mit ihm zu debattieren, und wurden seine Schüler, als sie feststellten, dass sie nur Worte hatten, während dieser Mann wirkliche Erfahrung aufzuweisen hatte. Ihr Verlangen nach Wahrheit war so groß, dass es keine Rolle spielte, woher diese Wahrheit kam.

Die monotheistischen Religionen – das Christentum, das Judentum, der Islam – waren die gefährlichsten Religionen der Welt. Zweitausendfünfhundert Jahre lang wurde kein einziger Mensch im Namen des Buddhismus getötet. Der Buddhismus griff niemals jemanden an, und doch breitete er sich über ganz Asien aus, wurde ganz Asien nur durch eine einfache Erfahrung bekehrt.

Es war schwierig, einem Bodhidharma gegenüberzutreten.

Selbst der Kaiser Wu von China konnte sich Bodhidharma nicht entgegenstellen. Und Bodhidharma sagte zu ihm: »Du bist ein Narr!« Er bezeichnete den Kaiser von China als Narren! Der Kaiser hatte Bodhidharma gefragt:

»Ich habe den buddhistischen Mönchen all meine Energie, all meine Macht und all meine Schätze zur Verfügung gestellt.


Tausende von Mönchen sind hier und übersetzen die Schriften Buddhas ins Chinesische, und sie alle sind meine Gäste. Ich habe zahlreiche Klöster erbauen und viele Tempel für Buddha errichten lassen. Was wird mein Lohn sein?«

Das Wort »Lohn« genügte schon, dass Bodhidharma zu ihm sagte: »Du bist ein Narr! Wenn du all das um einer Belohnung willen getan hast, wirst du in die tiefste Hölle stürzen. « Der Kaiser war schockiert. Doch Bodhidharma sagte:

»Die Vorstellung von Lohn ist nichts anderes als Gier. Du bist weitaus gieriger als die gewöhnlichen gierigen Menschen.

Menschen, die Geld anhäufen, wissen genau, dass sie ihr Bankguthaben und all ihr Geld nicht mitnehmen können, wenn sie sterben. Doch du bist wirklich gierig – so gierig, dass du versuchst, dir ein Guthaben in der jenseitigen Welt zu verschaffen, von der du doch gar nichts weißt. Offensichtlich bist du ein Narr, und ich werde dein Reich nicht betreten. Ich hatte es eigentlich vorgehabt, doch wenn der Kaiser ein Narr ist, genügt das schon, um mir zu zeigen, welche Art von Menschen dort leben müssen.«

Er weigerte sich, China zu betreten, und blieb außerhalb der Grenzen in einem kleinen Tempel. Und als er starb, sagte Kaiser Wu zu seinen Leuten und zu seinem obersten Minister: »Schreibt auf mein Grab, dass ich wahrhaft ein Narr war. Ich konnte den großen Buddha nicht verstehen, der in der Gestalt Bodhidharmas gekommen war. Er hatte Recht, ich habe ein falsches Leben voller Gier und Angst geführt.«

Buddhas Worte verbreiteten sich über ganz Asien, von Sri Lanka bis Korea. Es gab keinen Zusammenstoß, keinen Kampf.

Allerhöchstens gab es spannende Diskussionen, sehr freundlich, sehr zivilisiert, sehr kultiviert.

Das Schwert kann nicht beweisen, dass man im Recht ist, so wenig wie die Kreuzigung beweisen kann, dass Jesus im Unrecht war. Ich frage mich immer ... die Juden hatten solch große Rabbis und Gelehrte. Warum waren sie nicht in der Lage, Jesus zu überzeugen, einen jungen Mann, nur dreiunddreißig Jahre alt? Das Problem bestand darin, dass sie nur Gelehrte waren; es war kein Einziger unter ihnen, der wirklich die Wahrheit kannte. Und dieser Mann behauptete etwas, wogegen sie nicht argumentieren konnten, weil es keine Möglichkeit gibt, dagegen zu argumentieren.


Jesus sagte: »Ich bin der Prophet, auf den ihr gewartet habt.«

Und sie hatten tatsächlich gewartet; sie warten immer noch, und sie werden ewig warten. Es ist wie das Warten auf Godot.

Als mir dieses Buch zum ersten Mal in die Hände fiel – »Warten auf Godot« – , dachte ich: »Godot muss wohl eine Verballhornung des Wortes ‚>God< sein.« Mein ältester deutscher Sannyasin, Haridas, war gerade da, also fragte ich ihn: »Ist Godot das deutsche Wort für >God

Er erwiderte: »Nein, das deutsche Wort ist Gott!«

Darauf meinte ich: »Großartig! Dann braucht man nicht mehr zu warten. Das ist vollkommen in Ordnung. Wenn man es hat (when you have got it), wozu dann noch warten? «

Diese Vorstellung gefällt mir. God ist so weit weg. Gott ist sehr ansprechend.

Du fragst, ob der Monotheismus ein notwendiger Schritt war –

nein, absolut nicht. Er war ein vollkommen unnötiger Schritt, und nicht nur unnötig, sondern gefährlich. Er hat nur zu Gewalt und Totschlag geführt; lebendige Menschen wurden im Namen eines monotheistischen Gottes verbrannt. Ein einziger Gott wird euch niemals erlauben, an einen anderen Gott zu glauben.

Der Polytheismus ist ebenfalls nur eine Erfindung der Priester, doch er ist weitaus liberaler. Der Monotheismus ist eine diktatorische Erfindung. Er gibt euch Gebote, als wärt ihr eine Armee und würdet Vorschriften brauchen.

Buddha macht keine Vorschriften, ebensowenig Mahavira. Sie überzeugen, sie schreiben nichts vor. Sie demütigen euch nicht. Sie respektieren euch, sie wissen, dass euer verborgenes Potential identisch ist mit ihrem eigenen.

Von Gautama Buddha gibt es folgende Erzählung über sein früheres Leben. Er hatte einmal von einem Mann gehört, der erleuchtet sein sollte. Er war nicht besonders daran interessiert, doch aus reiner Neugierde. Der Mann war in die Stadt gekommen, wo er lebte. Er war noch sehr jung und überhaupt nicht an Erleuchtung oder Spiritualität interessiert, doch er ging hin, um den Mann zu treffen, einfach nur aus Neugierde, um herauszufinden, worum es bei der Erleuchtung geht.

Er hatte nicht vorgehabt, sich vor ihm zu verneigen, doch als er diesen Mann sah – er war so strahlend, er besaß solche Anmut, solch eine enorme Präsenz –, da musste er sich einfach vor ihm verneigen und seine Füße berühren. Und als er seine Füße berührte und ihm bewusst wurde, was er da tat, fragte er sich: »Was mache ich hier eigentlich? Ich war doch nur als Zuschauer gekommen.«

Wenn man einem Menschen gegenübersteht, der wirklich weiß, dann steigt spontan Dankbarkeit in einem auf, ganz ohne Anstrengung. Es war überhaupt keine Anstrengung. Als er gekommen war, hatte er überhaupt nicht daran gedacht, die Füße dieses Mannes zu berühren; er war nur als Zuschauer gekommen.

Doch es genügte, diesen Mann zu sehen. Er vergaß alle Vorsätze.

Die Präsenz dieses Mannes war so überwältigend. Solche Schönheit! Seine Augen waren so tief wie ein See, so rein, so klar.

Er verliebte sich augenblicklich in diesen Mann, als er seine Füße berührte. Er dachte, während er das tat: »Was mache ich hier eigentlich? Es ist ganz von allein passiert.«

Doch ein noch größeres Wunder wartete auf ihn. Als er sich wieder aufrichtete, verneigte sich der Erleuchtete vor ihm und berührte die Füße des jungen Mannes. Dieser sagte: »Was machst du da? Du bist ein Erwachter. Es ist vollkommen in Ordnung, dass ich deine Füße berührt habe, auch wenn ich nicht mit diesem Vorhaben gekommen war – es geschah ganz spontan, weil du mein Herz berührt hast –, doch warum berührst du meine Füße? Ich bin niemand, ich weiß nicht das Geringste über Erleuchtung.«

Der Mann antwortete ihm: »Noch weißt du nicht. Es gab eine Zeit, da war ich genauso wie du. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wer ich bin. Jetzt weiß ich es, jetzt bin ich erblüht. Und ich weiß, dass auch du zum Erblühen kommen wirst. Vergiss das nicht! Ich habe deine Füße berührt, damit du nicht vergisst, wenn du erst einmal zum Buddha geworden bist, dass jeder ein Buddha ist. Der eine ist erblüht, der andere wartet noch auf die richtige Zeit.

Für jeden kommt der Frühling zu seiner eigenen Zeit.« Buddha erinnerte seine Schüler immer und immer wieder daran: »Glaubt auch nicht einen einzigen Augenblick lang, dass ihr geringer seid als ich. Wir sind alle gleich. Der einzige Unterschied – und es ist nur ein kleiner Unterschied, der nicht viel bedeutet – besteht darin, dass ihr noch schlaft, während ich erwacht bin. Doch auch ich habe einmal geschlafen, und eines Tages werdet auch ihr erwacht sein –

was also ist der Unterschied?«

Der Unterschied besteht nur im Zeitpunkt. Ich erwache am Morgen, und du erwachst am Abend – das sind nur zwölf Stunden Unterschied. Das bedeutet keine Überlegenheit oder Unterlegenheit. Jeder muss in seiner eigenen Geschwindigkeit gehen. Manche Menschen rennen, manche sind wirklich schnelle Läufer. Andere Menschen gehen lieber langsam, manche halten häufig an und legen viele Pausen ein, um eine Tasse Tee zu trinken oder einen Mittagsschlaf zu halten. Doch alle sind auf dem Weg.

Der eine liegt ein bisschen zurück, der andere geht etwas weiter vorn, doch das bedeutet noch keine Unterlegenheit oder Überlegenheit.

Im Buddhismus gibt es keine Priester, und im Jainismus gibt es keine Priester, weil sie keinen Gott haben. Wenn man keinen Gott hat, braucht man keine Priester. Priester sind die Repräsentanten eines fiktiven Gottes; sie sind die Vermittler zwischen euch und Gott. Und Priestern gefällt der Monotheismus natürlich besser als der Polytheismus.

Die hinduistischen Priester haben sich sehr bemüht, auch aus dem Hinduismus eine monotheistische Religion zu machen, doch es ist ihnen nicht gelungen. Es gibt acht Shankaracharyas. Der ursprüngliche Shankaracharya, Adi Shankaracharya, ernannte vier weitere Shankaracharyas. Er war der erste, der gewisse Anstrengungen unternahm, den Hinduismus stärker zu organisieren.

Vor ihm gab es überhaupt keine Führung; es gab nur vollkommene Freiheit. Er ernannte also vier Shankaracharyas, einen für jede Himmelsrichtung, so dass jeder in einer Richtung herrschen konnte.

Doch nach seinem Tod tauchten vier weitere Shankaracharyas auf –

denn es gibt acht Richtungen, nicht nur vier. Vier weitere Leute tauchten also ganz von selbst auf, und nun sind es acht Shankaracharyas.

Einmal sagte ich zu einem von ihnen: »Ihr solltet eigentlich zwei mehr sein. «

Er wollte wissen, warum.

Ich antwortete: »Nun, es gibt zehn Richtungen. Acht habt ihr schon, nun braucht ihr noch einen für oben und einen für unten.«

Er meinte: »Das ist eine großartige Idee. Nun können wir uns zwei mehr leisten.«

Doch es gibt kein zentrales Organ unter diesen Shankaracharyas

– und das ist auch nicht möglich, denn der eine verehrt Shiva, der andere Vishnu, wieder ein anderer Krishna und der nächste Brahma. Und es gibt Hunderte von kleineren Göttern, die von den Menschen verehrt werden. Die Menschen verehren sogar Bäume und Steine. Streicht nur einmal einen Stein rot an und wartet ab –

bald werden ein paar Hindus vorbeikommen und sich vor dem Stein verneigen.

Als die britische Regierung zum ersten Mal Straßen baute und Kilometersteine errichtete, malten sie diese rot an, weil Rot schon aus großer Entfernung sichtbar ist. Also malten sie die Steine rot an, und dann machten sie sich Sorgen. Hinduistische Dorfbewohner kamen, legten Blumen und Kokosnüsse rund um die Steine und beteten sie an.

Die Briten sagten zu ihnen: »Das sind doch nur Kilometersteine.« Doch die Dorfbewohner antworteten: »Das spielt keine Rolle. Jeder rote Stein repräsentiert Gott.«

Im Hinduismus werden Bäume verehrt, werden Steine verehrt.

Es herrscht vollkommene Freiheit, wenn es um Anbetung geht. Das ist weit besser als Monotheismus, doch ich befürworte auch das nicht. Es ist vielleicht besser, doch es ist immer noch Gift, wenn auch etwas verdünnt. Es bringt dich vielleicht langsamer um, aber es bringt dich ebenfalls um. Jede Religion verhindert die Evolution deines Bewusstseins. Monotheismus ist darin am gefährlichsten, doch jede Religion als solche ist gefährlich.

Nur wenn du jede Religion vermeiden kannst, kannst du religiös werden. Nur wenn du jede Religion vermeiden kannst, kannst du in direkten Kontakt mit dem Leben und dem Kosmos kommen.

Die dritte Frage:

Ist es so schwierig für die Menschen, Gott aufzugeben, weil er

ihre einzige Hoffnung ist und sie all ihre Erwartungen auf ihn

gesetzt haben? Es scheint sehr schwer zu sein, eine Erwartung

aufzugeben, selbst wenn man sie als solche erkennt und sich

ausrechnen kann, dass sie vermutlich nur zu einer Enttäuschung

führen wird.

Das ist richtig. Es ist sehr schwer, eure Erwartungen aufzugeben, eure Hoffnungen aufzugeben, weil ihr nichts Wirkliches im Leben habt. Ihr lebt einfach nur in der Hoffnung, dass es morgen besser wird. Ihr lebt in der Erwartung, dass ihr nach dem Tod auf ewig die Freuden des Paradieses genießen werdet.

Daher ist es so schwierig, die Vorstellung von einem Gott aufzugeben.


Doch es ist Gott, der euch von der Freude und Glückseligkeit und Ekstase in diesem Moment abhält. Ihr versäumt die Gegenwart in der Hoffnung auf die Zukunft, und die Zukunft ist niemals sicher. Morgen kommt niemals. Habt ihr jemals erlebt, dass morgen kommt? Gott ist wie morgen – immer in der Ferne. Es sieht nur so aus, als würde es kommen, und es kommt auch etwas, doch was kommt, ist heute. Morgen kommt niemals. All diese Hoffnungen werden niemals wahr. All diese Erwartungen werden schließlich zu Frustrationen. Wie kommt es, dass reiche Menschen oft mehr frustriert sind als arme? Geht nur einmal ins tiefste Innere Indiens, wo wirkliche Armut herrscht, und ihr werdet niemanden finden, der frustriert ist. Die Menschen dort hoffen auf Gott. Sie glauben daran, dass ihre Armut eine Prüfung ist und dass nur die Armen das Reich Gottes betreten werden. Das ist der Grund, warum das Christentum für die armen Völker der Welt so viel Anziehungskraft besitzt. Es gibt ihnen großen Trost. Es gibt ihnen eine Erwartung, die ihnen hilft, das gegenwärtige Elend, den Schmerz, die Armut und Sklaverei zu ertragen. Ihre Augen sind auf die Zukunft gerichtet, während die Gegenwart im Elend verstreicht. Weil ihre Augen nicht mehr auf die Gegenwart gerichtet sind, hilft ihnen der Trost, am Leben zu bleiben – aber gerade nur am Leben, nicht mehr, wie Gemüse. Er hilft ihnen nur zu vegetieren.

Ein Leben, das nicht tanzen kann, ist kein Leben. Es ist nur ein Überleben. Ein Leben, das das Lied der Liebe und Freude nicht singen kann, ist kein Leben. Eure Erwartungen und eure Hoffnungen machen es also schwierig, Gott aufzugeben, doch ihr müsst Mut fassen und verstehen, dass eure Hoffnungen und Erwartungen euer ganzes Leben zerstören. Gott ist nur eine Fiktion.

Er wird euch nichts geben. Gott ist nirgendwo. Du bist, Gott ist nicht. Das Leben ist, Gott ist nicht.

Schaut also in das Sein der Dinge, schaut in diesen Augenblick hier und jetzt, in euch selbst. Das ist die Tür zum Kosmos, die am nächsten ist; sie öffnet sich direkt in eurem Zentrum. All eure Erwartungen werden erbärmlich wirken, und all eure Hoffnungen werden hässlich wirken, wenn ihr euer gewaltiges Strahlen erkennt, eure _Göttlichkeit, wenn ihr eure Freiheit erkennt und wenn ihr erkennt, dass der ganze Kosmos mit euch verbunden ist, zutiefst verbunden, und dass ihr einfach ein großartiger Versuch des Kosmos seid, den höchsten Punkt des Bewusstseins zu erreichen.


Vincent van Gogh pflegte Bäume zu malen ... Niemandem gefielen seine Bilder, weil sie so absurd waren. Seine Bäume reichten bis zu den Sternen. Wenn er gefragt wurde: »Wo hast du jemals solche Bäume gesehen?«, sagte er: »Ich habe solche Bäume nirgendwo gesehen; ich habe nur ein Flüstern vernommen. Ich lag im Schatten eines Baumes und hörte das Flüstern. Die Erde sprach zu dem Baum: >Du bist mein Versuch, die Sterne zu erreichen.< Seither male ich meine Bäume so, dass sie bis zu den Sternen reichen.«

Er war ein wirkliches Genie. Bäume sind ganz sicher der Versuch der Erde, den Himmel zu erreichen. Und was ist das menschliche Bewusstsein? Der Versuch der gesamten Existenz, den höchsten Gipfel zu erreichen, ein Gautama Buddha zu werden.

Wenn ein Mensch zu einem Gautama Buddha wird, jubelt das ganze Universum. Er hat die Erwartung der Existenz erfüllt.

Ihr braucht nichts zu erwarten, ihr seid selbst eine Erwartung der Existenz. Ihr braucht sie nur zu erfüllen – und ihr könnt sie erfüllen, denn das Leben hat euch alle Möglichkeiten und das gesamte Potential dafür gegeben, sie zu erfüllen. Alles ist vorhanden. Ihr müsst nur alles an den richtigen Platz rücken, und plötzlich werdet ihr erkennen, dass das Leben von der Geburt bis zum Tod, vom Tod bis zur Geburt ein reiner Tanz der Ekstase ist. Geburt und Tod sind nur kleine, unbedeutende Episoden im ewigen Fluss des Lebens.

Doch solange ihr Gott nicht aufgebt, werdet ihr unglücklich bleiben. Und Unglück braucht eine gewisse Unterstützung durch Hoffnungen, Erwartungen, Morgen. Doch das ist kein Leben.

Glaubt ihr, dass man ein Leben im Morgen als Leben bezeichnen kann? Das Leben kennt nur einen einzigen Moment, und der ist jetzt. Das Leben kennt nur einen einzigen Ort, und der ist hier. Hier und jetzt: Diese beiden Wörter sind die wichtigsten Wörter in der menschlichen Sprache. Sie stehen für die Realität. Friedrich Nietzsche weist darauf hin, dass es die Hoffnung auf Glück ist, wodurch sich der Mensch manipulieren lässt, mehr als durch irgendwelche tatsächlichen Glückserfahrungen. Erinnert ihr euch an einen Augenblick wirklichen Glücks in eurer Vergangenheit? Geht nur einmal zurück bis in eure Kindheit. Als ihr Kinder wart, dachtet ihr, ihr würdet glücklich sein, wenn ihr erst älter seid. Jedes Kind möchte schnell älter werden.

Ich wohnte immer in einem Haus, das acht oder zehn Häuser vom Postamt entfernt war. Vor unserem Haus war ein öffentlicher Park, deshalb war es ein ruhiger und stiller Platz. Um drei Uhr morgens machte ich immer einen Spaziergang. Eines Tages sah ich in der Nähe des Postamts einen Jungen mit einem Schnurrbart. Ich traute meinen Augen kaum! Es war dunkel, aber der Vollmond schien, also konnte ich den Schnurrbart gut erkennen. Und er rauchte eine Zigarette.

Ich überlegte: »Vielleicht ist es ein Zwerg.« Als er mich sah, trat der Junge hinter einen großen Baum neben der Straße. Also ging ich ihm nach.

Der Junge bat: »Erzähl meinem Vater nichts davon. « Ich antwortete: »Ich werde niemandem etwas erzählen.

Ich weiß ja gar nicht, wer dein Vater ist. Wer bist du?«

Er erwiderte: »Mein Vater ist der Postmeister; das hier ist das Postamt.«

Ich wollte wissen: »Was machst du hier? Du hast einen ordentlichen Schnurrbart.«

Er zog ihn ab und sagte: »Er ist nicht echt, aber mein Vater hat einen echten Schnurrbart, und ich möchte mir so schnell wie möglich einen wachsen lassen. Aber wie? Ich rasiere mir die Oberlippe, wenn mein Vater nicht da ist, aber es wächst einfach nichts. Und er rasiert sich zweimal am Tag. Also habe ich mir diesen Schnurrbart besorgt, in einem Laden, der Requisiten für Schauspieler verkauft.« Ich sagte zu ihm: »Du rauchst auch eine Zigarette.« Er hatte sie hinter seinem Rücken versteckt.

Er antwortete: »Mein Vater raucht immer, und wenn er raucht, sieht er aus wie ein richtiger Mann. Deshalb wollte ich es auch einmal versuchen.«

In diesem Jungen begegnete ich allen Kindern der Welt. Jedes Kind möchte schnell erwachsen werden, denn was ist die Kindheit?

Eine Zeit, in der man vom Vater, von der Mutter, von den Lehrern herumkommandiert wird, in der man von den Eltern und von den Lehrern geschlagen wird ... Jeder Junge, jedes Mädchen möchte einfach so schnell wie möglich groß werden. Erinnert euch nur an eure eigene Kindheit.

Es ist vollkommen falsch, wenn jemand sagt: »Meine Kindheit war die schönste Zeit meines Lebens.« Wenn eure Kindheit die schönste Zeit eures Lebens war, und eure Jugend aus eurer Kindheit erwuchs, dann hätte sie noch viel schöner sein müssen. Aus der Jugend wird das Alter, und das sollte vollkommen sein. Doch das ist nicht der Fall. Wenn ihr endlich erwachsen seid, wird es euch langsam peinlich. Ihr seid jung und erwachsen, und wo ist das Glück? Vielleicht in einer Frau oder in einem Mann. Also such deinen Seelenpartner!

Erst kürzlich habe ich gehört, dass es in Europa eine große New-Age-Bewegung gibt, bei der es darum geht, den Seelenpartner zu finde n. In einem Buch darüber wird auch mein Name erwähnt, weil ich einmal gesagt habe, dass man seinen Seelenpartner nicht finden kann. Wir leben in einer großen Welt, und ich glaube nicht, dass das Leben Seelenpartner hervorbringt. Wie sollten sie sich finden? Die Menschen begegnen sich in der Nachbarschaft oder an der Universität. Wie soll das Leben es schaffen, dich und deinen Seelenpartner auf dieselbe Universität zu schicken? Dieses Buch verurteilt mich also, weil ich nicht das Richtige gesagt habe – dass jeder einen Seelenpartner hat. Das ist ein großer Trost. Aber schaut euch nur mal diejenigen an, die ihren Seelenpartner gefunden haben

... Hier sitzt Zareen. Sie hat einen Seelenpartner gefunden, und seither habe ich sie nie mehr so glücklich gesehen wie zuvor. Und ich kenne ihren Seelenpartner. Er schließt sich in seinem Zimmer ein, weil er ein bisschen Zeit für sich allein haben möchte, der arme Kerl. Doch Zareen kann ihn nicht allein lassen – man muss vorsichtig sein, wenn man seinen Seelenpartner gefunden hat –, sie klopft also dauernd an seine Tür. Sie klettert von Balkon zu Balkon, um zu dem armen Kerl zu kommen. Um keinen Aufruhr zu verursachen – »Jeder wird bald über uns reden« –, muss er seine Tür aufmachen. Dann beginnt die Begegnung der Seelenpartner.

Beide sind unglücklich, seit sie sich begegnet sind.

Meine Sekretärin hat mir das erzählt, als ich sie fragte, warum Zareen nicht so glücklich wirkt wie sonst immer. Sie antwortete:

»Sie hat ihren Seelenpartner gefunden.« Ich sagte: »Sie sollte glücklicher sein. Wenn ihr Seelenpartner nicht der richtige ist, dann sollte man einfach ein paar Männer bringen und sie in einer Reihe vor Zareen aufstellen – Jetzt wähle deinen Seelenpartner!«< Und ihr könnt ihn jeden Tag wechseln. Warum sich mit einem einzigen langweilen? Derselbe Anzug, dieselbe Aufmachung ...

Man fängt an, sich zu langweilen, das ist vollkommen natürlich.

Alle Seelenpartner führen nur zu Langeweile und zu sonst gar nichts.


Und hier, an diesem Ort, wo Freiheit der oberste Wert ist, der absolute Wert, wo Veränderung als natürlicher Lauf des Lebens akzeptiert wird, warum sollte man sich hier um einen einzigen Seelenpartner Sorgen machen, wenn so viele zur Verfügung stehen? Wechsle ihn einfach laufend, und das Leben wird wieder fröhlich. Zareen wird wieder lachen und lächeln. Wegen dieses Seelenpartners ist sie hart und diktatorisch geworden. An wem soll man sich rächen, wenn der Seelenpartner immer nach Bombay fährt? Und ich weiß, warum er nach Bombay fährt – einfach um ein bisschen Freiheit zu haben.

Vollkommen unnötiges Elend ...

In ihrer Jugend beginnen die Menschen zu denken: »Vielleicht wird das Leben im Alter endlich friedvoll werden.« Doch im Alter ist das Leben voll ständiger Sorge. Der Tod kommt immer näher.

So verschwendet ihr euer ganzes Leben, indem ihr immer nach vorne blickt.

Das erinnert mich an eine Geschichte über einen berühmten griechischen Astrologen. Selbst die Könige verschiedener europäischer Länder pflegten ihn wegen ihres Schicksals zu konsultieren. Eines Nachts ging er spazieren und blickte auf zu den Sternen. Doch wenn man zu den Sternen aufschaut, kann man nicht auf die Straße achten. Man kann nicht ein Auge nach oben und eines nach unten richten; ich glaube nicht, dass das funktioniert.

Beide blicken entweder nach oben oder nach unten. Er fiel also in einen tiefen Graben, und dann schrie er verzweifelt: »Hilfe! Helft mir!«

Eine alte Frau, die in der Nähe auf ihrem Hof wohnte, kam herbei. Sie war schon sehr alt, doch mit Hilfe eines Seils gelang es ihr, ihn herauszuziehen. Der Astrologe sagte zu ihr: »Wissen Sie, wer ich bin? Ich bin der Hofastrologe des Königs. Zu mir kommen Könige und Königinnen aus ganz Europa. Die reichsten Menschen befragen mich über ihr Schicksal, über ihre Zukunft. Mein Honorar ist sehr hoch, aber weil Sie mich gerettet haben, dürfen Sie gern zu mir kommen. Ich werde Ihnen umsonst die Zukunft weissagen.«

Da lachte die alte Frau und sagte: »Sie können nicht einmal den Graben sehen, der vor Ihren Füßen liegt! Sie sollten sich schämen.

Und jene, die zu Ihnen kommen, müssen Narren sein. Ich werde ganz sicher nicht kommen. Wenn Sie nicht einmal den Graben vor Ihren Füßen sehen können, wie wollen Sie dann meine Zukunft sehen? « Die Zukunft ist einfach nur eure Hoffnung, eure Erwartung. Und wenn dieses Leben sie nicht erfüllt, dann schaut ihr weiter, über den Tod hinaus. All das sind Fiktionen, die es euch einfach nur ermöglichen, irgendwie zu überleben. Doch dieses Überleben entspricht nicht dem, wie ihr sein solltet. Das Universum hat euch nicht hervorgebracht, um nur in Hoffnung zu leben. Ihr könnt jetzt, in diesem Augenblick, voller Ekstase sein, und einen anderen Augenblick gibt es nicht.

Meditation und Zen bedeutet, hier und jetzt zu leben.

Nun zu dem Sutra:

Einmal sagte Seigen zu Sekito: »Es heißt, dass eine große

Intelligenz von südlich des Ling kommt.«

Sekito antwortete: »Nirgendwoher kommt eine solche

Intelligenz.«

Intelligenz steigt in dir selbst auf. Sie kommt niemals von außen, von irgendjemandem, von irgendeinem Ort, vom Süden oder Norden, Osten oder Westen. Sie hat nichts mit dem Außen zu tun.

Sie ist ein Erblühen deines Inneren.

Seigen fragte: »Woher kommen dann all die Sutren des

Tripitaka?«

Wenn du sagst, Intelligenz komme nicht von außen, woher kommen dann die Sutren des Gautama Buddha, die als Tripitaka –

drei Schätze – bezeichnet werden? Was sagst du dazu?

Sekito erwiderte: »Sie kommen alle von hier ...«

Achtet auf das Wort »hier«. Wir haben eben darüber gesprochen. Sekito erwiderte: »

Sie kommen alle von hier, und es mangelt an nichts.«

Sobald du hier bist, ist nichts in dir unerfüllt. Alles ist so erfüllt, so voll tiefer Zufriedenheit, dass du nichts mehr brauchst. Du hast dein Potential realisiert. Deine Blüten haben sich geöffnet, der Frühling ist gekommen.

Alles kommt aus dem Hier, alles kommt aus dem Jetzt. Weder Buddha noch sonst jemand kann es dir geben.

Nach Seigens Tod begab sich Sekito zum Mount Nangaku.

Dort fand er einen großen, flachen Felsen und baute sich darauf

eine Hütte. Von da an wurde er bekannt als »Stonehead«, und

später, als er zum Meister geworden war, als »Stonehead Osho«.

Dieser Mount Nangaku ist der Ort, wo er Meister Nangaku besucht hatte.


In Japan war es Tradition, dass der Kaiser einem Berg, auf dem ein Meister lebte, den Namen dieses Meisters gab, so dass der Berg für immer an ihn erinnerte. All die kommenden Jahrhunderte hindurch wissen dann die Menschen, dass dieser Mount Nangaku einmal der Tempel und Hort des großen Meisters Nangaku war.

Sekito war einmal zu Nangaku gegangen, um einen Brief, eine Botschaft von Seigen, dort abzuliefern. Zu jenem Zeit punkt muss er die Schönheit dieses Berges gesehen haben, auf dessen Gipfel Nangaku lebte. Als Seigen starb, ging Sekito also zum Mount Nangaku. Auf seinem Weg dorthin und wieder zurück muss er erkannt haben, dass dieser Ort einfach großartig war.

Nangaku war nicht der richtige Meister für ihn, was aber nicht bedeutet, dass er ein falscher Meister war. Es bedeutet einfach, dass zwischen ihnen keine Harmonie möglich war. Er konnte durchaus für jemand anderen der richtige Meister sein, aber er war nicht der richtige für ihn. Oder vielleicht war Sekito auch nicht der richtige Schüler für Nangaku – das ist dasselbe, doch es bedeutet nichts Negatives in Bezug auf Nangaku. Es bedeutet einfach, dass es zwischen zwei Menschen nichts gibt, was als Brücke dienen kann.

Doch Sekito muss den Berg gesehen haben, als er kam und wieder ging; es war ein wunderbarer Ort. Also suchte er sich einen Platz, einen flachen Felsen am Mount Nangaku, auf dessen Gipfel sich das Kloster befand. Er errichtete eine Hütte, und von da an wurde er als »Stonehead« bekannt, weil er immer auf diesem Felsen saß.

Und wie jeder buddhistische Mönch pflegte er sich den Kopf zu rasieren, so dass sein Kopf fast wie der Felsen wirkte, auf dem er saß.

Als Meister Nangaku hörte, dass Sekito dort auf einem Felsen

lebte, ließ er einen jungen Mönch kommen und sagte zu ihm:

»Geh nach Osten und schau dir den Mönch genau an, der dort

auf dem Felsen lebt. Wenn er der Mönch ist, der vor kurzem

einmal hier war, dann sprich ihn an. Und wenn er antwortet, sage

Folgendes zu ihm: >Du sitzt so stolz auf deinem Stein, doch

besser wäre es, du kämst zu mir.<«

Der junge Mönch ging also zu Sekito und zitierte diesen Satz.

Sekito antwortete: »Selbst wenn du Tränen des Leids vergießen

würdest, käme ich doch niemals über die Hügel zu dir.«


Sekito war sich absolut sicher, dass Nangaku nicht der richtige Meister für ihn war. Es gab kein Gefühl von Synchronizität, er hatte noch nicht einmal Seigens Brief bei ihm abgeliefert.

Der Mönch kehrte zurück und berichtete Nangaku davon.

Darauf meinte Nangaku: »Dieser Mönch wird gewiss über viele

Generationen hinweg die Menschen erzittern lassen.«

Nangakus Einschätzung war richtig. Er war diesem Mann bereits einmal begegnet, als jener kam, um den Brief abzuliefern, und erinnert ihr euch, was er sagte? Als Nangaku zu ihm gesagt hatte: »Du solltest deine Frage nicht so arrogant stellen, du solltest etwas gemäßigter, etwas bescheidener sein«, hatte Sekito geantwortet: »Eher würde ich auf ewig in der Hölle versinken, als meine Frage anders zu stellen.« Und der Grund dafür war, dass keine Frage jemals bescheiden sein kann. Jede Frage ist an ihrer tiefsten Wurzel ein Zweifel, und jede Frage ist eine Einmischung in die Stille des Meisters. Das ist arrogant. Also brach er sofort wieder auf, ohne den Brief abzuliefern.

Nangaku war diesem Mann bereits begegnet; als er den Boten schickte, sagte er also zu ihm: »Sei vorsichtig. Wenn es derselbe Mann ist, der vor kurzem vorbeikam, dann zitiere dieses Sutra. Sag ihm, er solle lieber zu mir kommen, als auf diesem Felsen zu sitzen, und berichte mir, was er darauf antwortet.« Und was antwortete er?

Er sagte: »Ich werde diesen Platz nicht verlassen, selbst dann nicht, wenn du mit Tränen in den Augen zu mir kommst.«

Nangaku muss sofort gewusst haben, dass das derselbe Mann war, der lieber auf ewig in der Hölle versinken würde, als seine Frage bescheidener zu stellen. Darum gab er diesen Kommentar ab:

»Dieser Mönch wird gewiss über viele Generationen hinweg

die Menschen erzittern lassen.«

Sekito wurde der Meister von Hunderten von Menschen, die alle die Erleuchtung erlangten. Er war ein sehr strenger Meister, fast schon gefährlich für seine Schüler, doch seine Härte entsprang einem liebevollen Herzen, einem tiefen Mitgefühl. Er wollte, dass sie erleuchtet wurden, er ließ sie nicht entkommen. Ab und zu versuchte ihm ein Schüler zu entfliehen, doch Sekito folgte ihm kilometerweit und brachte ihn zurück. »Wohin willst du? Komm zurück!« Und der Schüler sagte: »Vergib mir, doch ich bin es müde«, denn er schlug seine Schüler, er sprang sie geradezu an.

Einmal warf er einen Schüler aus einem Fenster im zweiten Stock und sprang dann auf ihn drauf. Der Schüler erlitt mehrfache Knochenbrüche, doch Sekito saß auf seiner Brust und fragte:

»Kapiert? « Und der Schüler verstand tatsächlich, er wurde er leuchtet. Wer macht sich schon etwas aus Knochenbrüchen, wenn es um Erleuchtung geht! Für sie ist kein Preis zu hoch.

Die Menschen waren noch nie jemandem wie Sekito begegnet, dessen Mitgefühl so groß war. Er war bereit, alles zu tun. Selbst im hohen Alter schlug er noch so hart zu, dass seine Hand ihm wehtat.

Seine Schüler sagten dann zu ihm:

»Du wirst jetzt langsam alt, Meister, du solltest nicht mehr so fest zuschlagen, denn diese Menschen sind jung, und du bist alt.

Jeden Tag wirst du gebrechlicher.«

Er antwortete: »Ich weiß. Meine Hand tut mir die ganze Nacht lang weh, doch ich kann es einfach nicht ertragen, wenn ich jemanden im Dunkeln herumtappen sehe. Wenn ein einfacher Schlag ihn aufwecken kann, dann spielt es keine Rolle, ob meine Hand mir die ganze Nacht lang weh tut. Früher oder später werden diese Hände in der Erde verwesen, doch solange sie dazu beitragen können, jemanden aufzuwecken ... Ihr glaubt, dass ich alt werde; das ist wahr, doch wenn es nach mir geht, werde ich sogar noch aus dem Grab kommen, wenn ich jemanden im Dunkeln stolpern sehe, und ihn so hart schlagen, wie ich nur kann.«

Er war ein ganz besonderer Meister, an der Oberfläche sehr hart, doch im Innern so weich, dass er bereit war, sogar noch aus dem Grab zurückzukehren. Ich glaube, wenn er das gemacht hätte – er hat es niemals getan –, dann hätte sein Skelett schon ausgereicht, um den entsprechenden Menschen zur Erleuchtung zu bringen. Er hätte ihn überhaupt nicht schlagen müssen. Der Mensch hätte sofort gerufen:

»Ich hab's schon kapiert! Geh nur zurück in dein Grab.« Issa schrieb:

Perlen des Morgentaus!

In jeder einzelnen von ihnen

Erkenne ich meine Heimat.

Diese Zen-Poeten haben die gesamte Dichtkunst der westlichen Welt transzendiert, denn all diese Dichtung kommt aus dem Verstand; nur Haikus kommen aus einem Raum von jenseits des Verstandes.

Perlen des Morgentaus!


In jeder einzelnen von ihnen

Erkenne ich meine Heimat.

Wenn du in jedem Tautropfen deine Heimat sehen kannst, wie kannst du dich da draußen oder drinnen fühlen? Du bist einfach eins mit der Existenz.

Diese ganze Existenz ist in ihrem Kern zutiefst eins. Nur an der Peripherie sind wir verschieden.

Wenn man einen großen Kreis zieht, kann man Punkte an der Peripherie des Kreises definieren, die sich unterscheiden. Wenn man dann von jedem Punkt aus eine Linie zum Zentrum zieht, kommen diese Linien sich immer näher, je mehr sie sich dem Zentrum nähern. Und im Zentrum treffen sich all diese Linien.

Wenn ich also sage, geht zu eurem Zentrum, dann schicke ich euch nicht nur zu eurem eigenen Zentrum, denn es ist das Zentrum der gesamten Existenz. Dort begegnen wir uns alle, dort gibt es nur ein einziges ozeanisches Bewusstsein.

Die letzte Frage:

Nietzsches Vorwort zu seinem Buch »Der Antichrist« beginnt

folgendermaßen: »Dies Buch gehört den wenigsten. Vielleicht

lebt selbst noch keiner von ihnen. Es mögen die sein, welche

meinen Zarathustra verstehn ... Erst das Übermorgen gehört mir.

Einige werden posthum geboren. « Um ihn zu verstehen, so

Nietzsche weiter, braucht man »Neue Ohren für neue Musik.

Neue Augen für das Fernste. « Siehst du in uns das Potential für

diese »neuen Ohre n«, diese »neuen Augen«?

Jeder Mensch besitzt dieses Potential, doch das Potential muss erst zu Realität werden. Es ist nur eine Möglichkeit. Und ich arbeite daran, euch so zu transformieren, das eure potentiellen »Ohren« zu Realität werden, dass eure potentiellen »Augen« zu Realität werden.

Vielleicht sprach Nietzsche über euch. Heute ist über morgen.

Und die Meditation wird eure Ohren empfänglicher machen, wird eure Augen klarer machen.

Wenn ihr mich verstehen könnt, werdet ihr keine Probleme haben, Friedrich Nietzsche zu verstehen, denn Nietzsche spricht nur aus dem Verstand. Ich befinde mich jenseits des Verstandes. Wenn ihr mich verstehen könnt, sind eure Ohren und eure Augen weitaus besser, als Nietzsche sich jemals vorstellen konnte. Meditation wird eure ganze Sensibilität entwickeln, wird eure Empfänglichkeit entwickeln. Nietzsche wird dann nicht schwer für euch zu verstehen sein.

Meditation wird euch fähig machen, nicht nur Nietzsche zu verstehen, sondern auch jene großen Buddhas, die noch gar nicht geboren sind. Ihr werdet fähig sein, alle Buddhas der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft zu verstehen, denn ihr Lied ist eins, ihre Musik ist eins. Es ist die Musik, die aus tiefer Stille aufsteigt.

Dieser Ort hier ist ein Labor, in dem der neue Mensch erschaffen wird – in Friedrich Nietzsches Worten »der Übermensch«. Doch ich verwende lieber den Begriff »der neue Mensch«, denn »Übermensch« impliziert ein Gefühl von Überlegenheit. Ansonsten ist es ein sehr schönes Wort, doch es kann irreführend sein; daher spreche ich vom neuen Menschen oder vom Buddha, denn der neue Mensch wird vollkommen erwacht sein. Wenn ein vollkommen erwachter Mensch Friedrich Nietzsche nicht verstehen kann, wer dann? Ihr seid auf dem Weg, selbst tiefere Dinge und größere Höhen zu verstehen.

Und nun die Meditation:

Werde still. Schließe deine Augen und nimm wahr, wie dein Körper vollkommen ruhig wird.

Dies ist der richtige Augenblick, um sich nach innen zu wenden, mit deiner ganzen Energie, mit deinem ganzen Bewusstsein.

Wende dich deinem Zentrum zu, mit einer Dringlichkeit, als wäre dies dein letzter Augenblick auf Erden. Ohne diese Dringlichkeit wurde noch niemand erleuchtet.

Schneller und schneller ... Tiefer und tiefer ...

Während du deinem Zentrum immer näher kommst , senkt sich eine große Stille auf dich herab. Die ganze Nacht beginnt für dich zu singen.

Noch ein bisschen weiter, tiefer, und du wirst Blumen des Friedens, der Heiterkeit, der Freude, der Ekstase, der Glückseligkeit überall um dich herum erblühen sehen.

Nur noch ein Schritt, und du bist im Zentrum deines Seins.

Plötzlich erkennst du, dass du nicht mehr vorhanden bist, sondern nur noch dein ursprüngliches Gesicht, ohne jede Maske, ohne jede Persönlichkeit.


Das ist das Gesicht, das wir im Osten das Gesicht des Buddhas nennen. Es ist das ursprüngliche Gesicht jedes Menschen, es gehört keinem einzelnen.

Die einzige Qualität, die der Buddha im Zentrum des Seins besitzt, ist Gewahrsein. Gewahrsein ist die gesamte Spiritualität in einem einzigen Wort. Nimm wahr, dass du nicht der Körper bist, nimm wahr, dass du nicht der Verstand bist, nimm wahr, dass du nur ein Beobachter bist, nur ein Spiegel, der ohne jedes Urteil, ohne Wertschätzung, ohne Ablehnung reflektiert – ein reiner Spiegel, das ist es, was der Buddha ist.

Die Stille wird tiefer. Die Ekstase wird überwältigend. Du bist trunken vom Göttlichen. Dieses Zentrum ist deine Verbindung zur Existenz. Von hier aus wird dein Bewusstsein ständig genährt.

Das ist das ewige Leben, ohne Anfang, ohne Ende.

Entspanne dich, lass vollkommen los, doch erinnere dich immer daran, dass du ein Beobachter bist.

Dieser Beobachter ist das Wahre. Dieser Beobachter ist das Schöne. Dieser Beobachter ist das Gute.

Dieser Beobachter eröffnet dir alle Mysterien der Existenz, das letzte Geheimnis aller Wunder.

In diesem untadeligen, stillen Augenblick seid ihr die glücklichsten Menschen auf Erden. Ich sehe, wie ihr schmelzt, wie sich das Eis im Ozean auflöst. Ihr seid dabei, euch aufzulösen.

Zehntausend Buddhas haben sich in ein einziges ozeanisches Bewusstsein aufgelöst.

Nehmt so viel wie möglich aus dem Zentrum mit, die Blumen des Jenseits, den ewigen Frieden, die ewige Freude.

Ihr müsst all diese Qualitäten in euer gewöhnliches Alltagsleben integrieren. Je mehr euer Alltag voller Anmut, Schönheit und Frieden ist, still, liebevoll und mitfühlend, desto näher wird euch der Buddha kommen.

Denkt also daran, den Buddha davon zu überzeugen, dass ihr bereit seid, dass nur er noch fehlt. Er muss euch wie ein Schatten folgen.

Dies sind die drei Schritte der Erleuchtung: Zuerst geht der Buddha hinter dir mit all seiner Wärme, Anmut, Schönheit, Glückseligkeit, mit all seinem Segen, wie ein Schatten. Irgendwann überholt er dich. Beim zweiten Schritt wirst du zum Schatten. Und dann beginnt sich dein Schatten nach und nach aufzulösen, weil er nur ein Schatten ist und nichts weiter.

Beim dritten Schritt stellst du fest, dass du der Buddha bist, und der Mensch, der du warst, ist nirgendwo mehr zu finden.

Dieser Tag wird der größte Freudentag in deinem Leben sein –

und nicht nur in deinem Leben, sondern im Leben der gesamten Existenz. Die ganze Existenz wird feiern: die Bäume, die Sterne, der Mond, die Meere, die Erde – alles um dich herum wird deine Heimkehr feiern.

Nach einer langen Wanderschaft in verschiedenen Körpern, in verschiedenen Verkörperungen, bist du schließlich nach Hause gekommen.

Jetzt komm zurück, doch komm zurück mit derselben Anmut wie ein Buddha, mit derselben Stille.

Bleib ein paar Augenblicke lang sitzen und erinnere dich an den goldenen Pfad, den du gegangen bist, und den gewaltigen Raum, in dem du dich befunden hast.

Fühle das Strahlen und die Kühle des Buddhas hinter dir.

Er berührt beinahe deinen Körper und dein Herz. Er ist so mütterlich, so feminin, so zerbrechlich – beinahe wie ein Lotusblatt.

Freue dich, dass du zu den wenigen Auserwählten gehörst, von denen Friedrich Nietzsche sprach. Bald werden deine Ohren eine neue Empfänglichkeit aufweisen, und ein neues Licht wird in deinen Augen scheinen, und ein neuer Tanz wird in deinem Herzen beginnen.

Bald kommt der Frühling, und ihr werdet alle zu Buddhas erblühen. Weniger als das ist nicht genug.

Ihr müsst zum Buddha werden; nur diese Erfahrung der letzten Höhen und der letzten Tiefen wird euch nach Hause führen. Die Quelle, aus der ihr gekommen seid, ist auch das Ziel, zu dem ihr zurückkehrt. Und ich freue mich mit euch. Ihr macht es so gut, mit solcher Aufrichtigkeit, dass jeder Meister stolz auf euch wäre.

Gott ist tot, und Zen ist die einzige lebendige Wahrheit.


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