Gott entspringt eurer Unsicherheit

Sekito schrieb:

Der Geist des großen indischen Weisen wurde auf intime

Weise von Indien nach China übermittelt. Unter den Menschen

gibt es Weise und Narren, doch es gibt keine nördlichen oder

südlichen Lehrer auf dem Weg. Die geheimnisvolle Quelle ist klar

und rein, die Ströme, die daraus hervorgehen, fließen durch die

Dunkelheit.

Am Relativen festzuhalten ist Illusion, doch das Absolute zu

sich zu nehmen ist nicht Erleuchtung.

Alle Elemente der subjektiven und der objektiven Sphären sind

miteinander verbunden, und gleichzeitig sind sie unabhängig

voneinander; sie sind miteinander verbunden, doch sie

funktionieren unterschiedlich, wobei jede Sphäre ihren eigenen

Platz behält. Durch ihre äußere Form werden ihr Charakter und

ihre Erscheinung bestimmt; Klang, Geschmack und Geruch

entscheiden über angenehm oder unangenehm.

Dunkelheit macht alle Dinge eins; Helligkeit macht alle Dinge

unterschiedlich.

Die vier Elemente kehren zu ihrer Natur zurück wie ein Kind

zu seiner Mutter.

Feuer ist heiß, Wind bewegt, Wasser ist nass, Erde ist fest. Die

Augen sehen, die Ohren hören, die Nase riecht, die Zunge

schmeckt, das Salzige und das Saure,

Alles ist unabhängig voneinander, doch die verschiedenen

Blätter stammen alle aus derselben Wurzel.

Nun, Freunde, zunächst einmal die Fragen. Hier die erste:

Könnte man den Unterschied zwischen einer gottorientierten

Religion und der Qualität von Religiosität mit dem Unterschied

zwischen einem äußeren Richter, einem projizierten Gewissen,

und dem Zeugen in unserem eigenen Bewusstsein vergleichen?

Der Unterschied zwischen gottorientierten Religionen und Religionen ohne Gott ist enorm. Gottorientierte Religionen sind einfach nur Fiktion. Doch Lügen, die immer und immer und immer wieder erzählt werden, fangen beinahe schon an, wahr zu erscheinen. Gott als die letztendliche Lüge er zeugt viele Lügen um sich herum, weil keine Lüge für sich allein bestehen kann. Weil eine Lüge nicht selbstverständlich ist, braucht sie andere Lügen zu ihrer Unterstützung; daher haben alle gottorientierten Religionen zahlreiche Lügen erfunden, um die Lüge von einem Gott zu unterstützen.

Die Wahrheit kann für sich selbst bestehen, doch eine Lüge nicht. Die Wahrheit braucht keine Argumente, anders als eine Lüge; eine Lüge braucht viele Argumente, viele fabrizierte Beweise, viele imaginäre Nachweise. Die Wahrheit ist vollkommen nackt – entweder man erkennt sie, oder man erkennt sie nicht.

Gottorientierte Religionen sind eine Krankheit der Seele, eine Krankheit des Geistes, denn Gott ist nur eure Angst, euer Schrecken, eure Sorge, eure Unsicherheit. Dann kommt das Gebet, und dann kommt der Priester, und dann kommt die organisierte Religion, die Kirche.

Wahre Religiosität kann nicht auf einen Gott orientiert sein.

Wahre Religiosität entspringt dem eigenen Inneren, dem eigenen inneren Raum.

Und man kann den Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Menschen deutlich erkennen. Jene, die einer gottorientierten Religion folgen, zeigen kein Mitgefühl, keine Ekstase, keine Glückseligkeit. Im Gegenteil, sie sind gewalttätig, und sie sind gegen jede Freiheit. Sie leben in ständiger Angst, dass jemand ihren Lügen widersprechen könnte und sie darauf nicht antworten können, weil alles, was sie haben, nur ein Glaubenssystem ist. Ein Glaubenssystem kann euch eure Unwissenheit vergessen lassen, doch es beseitigt sie nicht. Ein gottorientierter Mensch lebt daher in Unwissenheit und glaubt, dass er weiß.

Doch bloße Worte, Theorien, Hypothesen können deinen Charakter nicht verändern. Sie können dich allerhöchstens zu einem Heuchler machen. Sie können dir eine wunderbare Maske geben, doch nicht dein ursprüngliches Gesicht. Sie können dir eine passende Persönlichkeit geben, doch sie können deine einzigartige Individualität weder erschaffen noch entdecken. Und die Persönlichkeit, so passend sie auch ist, ist ein schweres Gewicht auf deiner Brust, auf deinem Herzen, denn du lebst eine Lüge. Niemand kann sich wohl fühlen, wenn er eine Lüge lebt.


Ein Mensch, der kein Glaubenssystem hat, aber der Wahrheit selbst begegnet ist, stellt fest, dass er sich plötzlich in einen neuen Menschen verwandelt. Damit ist keine Anstrengung verbunden.

Anmut kommt von allein, Mitgefühl kommt von allein, Gewalt verschwindet, Angst verschwindet, Tod und Geburt verschwinden.

Man beginnt sich im Universum zu Hause zu fühlen. Es gibt keine Spannung mehr, man fühlt sich vollkommen entspannt. Das hier ist unser Zuhause. Man hört auf, zu suchen und zu streben, man beginnt zu leben, zu tanzen, zu lieben. Wer sein eigenes innerstes Zentrum kennt, kennt auch das innerste Zentrum des Universums.

Die Türen zu allen Mysterien öffnen sich – nicht dass man jetzt alle Antworten kennt, man selbst wird geheimnisvoller.

Alle Antworten sind nur Produkte des Verstandes. Die Fragen entstehen aus dem Verstand heraus, und die Antworten stammen aus demselben Verstand. Weder die Fragen noch die Antworten führen euch zur Wahrheit. Antworten unterdrücken nur eure Fragen, doch die Fragen werden wieder und wieder auftauchen.

Ein Mensch ohne Gott ist vollkommen allein. Er kann nirgendwo hingehen außer nach innen. Alle Wege, die nach außen führen, sind bedeutungslos; sie führen einen nirgendwohin, weil es im Außen niemanden gibt, keinen Gott, kein Paradies.

Gott zu entfernen bedeutet eine große Rebellion, und das ist eine absolute Notwendigkeit, um zu erwachen, um erleuchtet zu werden.

Gott hält Millionen von Menschen als Gefangene außerhalb ihres eigenen Bewusstseins fest. Und da Gott eine Fiktion ist, sind alle Gebete falsch, und alle Religiosität ist aufgesetzt. Daher verlangen all diese Religionen: »Tut dies, tut das.« Alles wird von außen bestimmt. Und wann immer etwas von außen bestimmt wird, zerstört das eure Würde, zerstört das eure Individualität. Eure Freiheit verwandelt sich in Sklaverei, und spirituelle Sklaverei ist die hässlichste Form von Sklaverei.

Mit einem Gott könnt ihr immer nur Sklaven sein. Mit einem Gott könnt ihr niemals frei sein. Die Befreiung beginnt damit, dass ihr euch von Gott und all den Lügen, die ihn umgeben, befreit.

Diese Befreiung bringt euch zu eurem eigenen inneren Zentrum, und dort findet ihr eine vollkommen andere Erfahrung, die nicht aus dem Verstand stammt; sie ist reine Stille, Wahrheit und Schönheit, sie ist Ewigkeit, sie ist Leben als beständiges Feiern.

Und weil ihr dieses Feiern in euch selbst erfahrt, beginnt es aus euch herauszuströmen. Ihr werdet anmutig in euren Handlungen, eure Augen beginnen vor Liebe und Tiefe zu strahlen; selbst eure Bewegungen spiegeln euer zentriertes, ausgeglichenes, harmonisches Wesen wider. Eure Worte enthalten etwas von dem, was jenseits der Worte liegt. Euer Schweigen ist nicht mehr das Schweigen des Grabes, es ist nicht mehr tot. Es ist lebendig, pulsierend. Es besitzt einen Herzschlag, es ist ein stiller Tanz reinen Gewahrseins. Es ist ein stilles Lied ohne Töne, doch unermesslich lebendig.

Alles, was euch von außen aufgezwungen wird, zerstört euch, zerstört eure Freiheit, eure Individualität. Euer innerer Raum ist vollkommen verschlossen, und er ist auf solche Weise verschlossen, dass ihr niemals auf den Gedanken kommt, dass eure Eltern, eure Lehrer, eure Priester, eure Führer, eure Politiker – alle sogenannten weisen Leute – in Wahrheit Gift für euch sind. Mit den besten Absichten vergiften sie jedes Kind. Und Gott ist die Erbsünde; Erbsünde daher, weil wir eine große Lüge damit erfunden haben, die allergrößte Lüge.

Ihr werdet vielleicht staunen zu hören, dass das indische Christentum das älteste Christentum der Welt ist. Einer der engsten Jünger Jesu Christi, Thomas, ging direkt nach Indien. Sein Testament ist nicht in der Bibel enthalten, weil es in Indien geschrieben wurde, doch es ist das schönste Testament. Die vier, die im Neuen Testament enthalten sind, sind nichts dagegen.

Thomas wurde hier in Indien zu einem neuen Menschen, denn er erkannte den Unterschied zwischen einer gottorientierten Religion und einer Religion ohne Gott. Eine Religion ohne Gott gibt dem Menschen Würde, denn der Mensch wird zum höchstentwickelten Bewusstsein der ganzen Existenz. Sie gibt dem Menschen Freiheit von einer Last, die den Menschen im Namen Gottes von den Priestern auferlegt wurde.

Du hast gefragt: »Könnte man den Unterschied zwischen einer gottorientierten Religion und der Qualität von Religiosität mit dem Unterschied zwischen einem äußeren Richter und einem inneren Zeugen vergleichen ... ?« In einer gottorientierten Religion gibt es keinen Richter und keine Religiosität. Das alles ist reine Theologie, ist eine Projektion des Verstandes. Es ist nichts Existentielles, nichts Erfahrenes. Denkt daran: eine gottorientierte Religion ist nur ein Begriff. Gott ist eine Fiktion, also kann alles, was auf Gott orientiert ist, nichts anderes als Lüge sein.

Die gottorientierte, sogenannte Religion besitzt keine Religiosität. Sie besitzt eine gewisse Moral, sie besitzt eine gewisse Disziplin, die dem Menschen entgegen seiner Natur auferlegt wird.

Gott ist ein Feind der Natur, denn die Natur ist Wahrheit, und Gott ist eine Lüge. Doch diese Lüge herrscht über Millionen von Menschen und sagt ihnen, dass sie sich nicht nach der Natur richten sollen, die doch die einzige Wahrheit ist.

Ein gottorientierter Mensch besitzt also keine Religiosität. Was er besitzt, ist eine gewisse Moral, die nichts anderes als eine soziale Übereinkunft ist. Sie unterscheidet sich von Ort zu Ort, von Land zu Land, von Rasse zu Rasse. Was für einen Teil der Menschheit religiös erscheint, ist für einen anderen Teil der Menschheit nicht religiös, weil jede Gesellschaft ihr eigenes Klima besitzt, ihr eigenes Erbe, ihre eigene Vergangenheit – die sich von der anderer Gesellschaften unterscheidet.

Das hinduistische Bild vom Himmel ist zum Beispiel das eines Orts mit Klimaanlage. Natürlich verwenden sie nicht den Begriff

»Klimaanlage«, aber sie sagen: »Den ganzen Tag weht eine kühle, duftende Brise, und es ist niemals heiß im Himmel.« Das zeigt ganz offensichtlich, dass die Menschen, die diese Lüge projiziert haben, in einem heißen Land leben und nicht ewig an einem heißen Ort leben möchten.

Die Tibeter stellen sich ihren Himmel sehr warm vor und ohne Schnee; in ihrem Himmel gibt es keinen Winter. Sie leiden unter der Kälte, dem Winter und dem Schnee. Sie projizieren ein Bild von etwas, was sie dauerhaft aushalten könnten. Dieses Leben ist nur kurz, doch dasselbe in alle Ewigkeit ertragen zu müssen wäre zu viel. Der menschliche Geist ist zu schwach, zu empfindlich.

Und schaut euch nur einmal an, was in jedem Land unter religiös verstanden wird. In Indien muss man am Morgen vor dem Sonnenaufgang ein Bad nehmen und seine Gebete sprechen, bevor man frühstücken darf – auf keinen Fall darf man davor frühstücken.

In den religiösen Schriften Tibets heißt es, dass man einmal im Jahr ein Bad nehmen muss. Doch das Problem ist, dass die Menschen ihre Konzepte mitnehmen, selbst wenn sie in andere Gegenden ziehen.


Einer meiner Freunde, ein sehr gelehrter Brahmane, wollte einmal für längere Zeit nach Tibet reisen. Er war sehr an der tibetischen Sprache und den Schriften interessiert.

Ich sagte zu ihm: »All diese Literatur steht dir auch hier zur Verfügung. Du musst deshalb nicht nach Tibet gehen. Du wirst es dort sowieso nicht länger als zwei Tage aushalten.«

Er wollte wissen: »Wieso denn nicht?«

Ich antwortete: »Wie willst du dort vor Sonnenaufgang ein Bad nehmen? Und ohne Bad kannst du nicht frühstücken. Du kannst nichts essen, solange du nicht gebetet hast, doch bevor du beten kannst, musst du baden.«

Aber er hörte nicht auf mich. Er ging nach Tibet, und nach zwei Tagen kam er wieder zurück. Er schaffte es nicht einmal bis nach Lhasa, er kehrte bereits in Ladakh um, das zwischen Tibet und Indien liegt. Selbst Ladakh bereitete ihm schon zu viele Probleme.

Ein Bad am frühen Morgen in Ladakh kann einen umbringen. Es ist eiskalt dort! Also kam er zurück und fuhr nicht weiter.

Ich fragte ihn: »Was ist passiert? Du warst nur zwei Tage weg und bist schon wieder zurück? «

Er antwortete: »Du hattest Recht. Ich bin ein Brahmane und lebe nach meiner Religion. Ich muss regelmäßig ein Bad nehmen.«

Als der Dalai Lama nach der chinesischen Invasion aus . Tibet floh, kamen Hunderte tibetischer Lamas mit ihm. Ich hielt einmal ein Meditationscamp in Bodhgaya ab, dem Ort, wo Gautama Buddha erleuchtet wurde. Dort, an demselben Ort, neben exakt demselben Baum, bot ich ein Meditationscamp an. Eine Gruppe tibetischer Lamas kam, um dem Baum, unter dem Gautama Buddha die Erleuchtung erlangt hatte, ihren Respekt zu erweisen.

Ihr werdet es nicht glauben ... man konnte sie schon von weitem riechen. Sie befolgten immer noch die Vorschrift, dass man einmal im Jahr baden sollte – in Indien! Es war ein heißer Sommer, und sie schwitzten natürlich. Und sie trugen immer noch dieselbe Kleidung wie in Tibet – eine Schicht über der anderen. In Tibet trugen sie viele Schichten von Kleidung, und diese Kleider waren inzwischen schmutzig, fettig, und Staub hatte sich darauf angesammelt. In Tibet war diese Art von Kleidung gut gewesen, denn sie hielt die Kälte ab, aber in Indien ... ! Sie hatten sie nicht gewechselt.

Ich fragte sie: »Versteht ihr denn nicht, dass alle möglichen sogenannten religiösen Vorschriften nur soziale Vereinbarungen sind? In Tibet waren sie in Ordnung, doch hier sind sie dumm. Ihr seid ja verrückt, mit so vielen Schichten von Kleidung herumzulaufen und nicht zu baden! «

Doch sie antworteten: »Unsere Religion sagt, dass einmal Baden pro Jahr notwendig ist. Mehr als das ist Luxus. Mehr als das ist abzulehnen, es ist gefährlich. « Und um den Leuten Angst einzujagen und zu verhindern, daß sie sich gegen die Vorschriften auflehnen, wird ihnen mit der Hölle gedroht. Sie sagten also:

»Besser stinken, als in der Hölle zu landen.«

Ich entgegnete ihnen: »Das stimmt. Ich glaube nicht, dass der Teufel euch in der Hölle einlassen würde, denn in keiner Schrift der Welt ist die Rede davon, dass der Teufel stinkt; er ist ein Gentleman, ein netter Kerl.« Ich sagte zu ihnen: »Behaftet einfach diese Kleider an, und sie werden euch vor der Hölle bewahren.

Wenn der Teufel euch riecht, wird er die Tore verschließen: >Kein Zutritt für tibetische Lamas! Geht an einen anderen Platz.' «

Jesus pflegte Alkohol zu trinken. In Indien kann sich keine Religion vorstellen, dass ein Mensch mit Bewusstheit, ein Erleuchteter, Alkohol trinken kann. Ich sehe darin kein Problem, denn der Körper ist nur eine Illusion, und der Alkohol wird vom Körper aufgenommen und nicht von der Seele. Man spricht zwar von »Spirituosen«, aber ich glaube nicht, dass es sich bei Alkohol um etwas »Spirituelles« handelt. Er wirkt nicht auf das Bewusstsein. Er wirkt vielleicht auf den Verstand, doch das Bewusstsein wird davon überhaupt nicht berührt, denn der Verstand und das Gehirn sind Teil des Körpers. Der Verstand ist die Software, und das Gehirn ist der Computer, der damit programmiert wird.

Wenn ein Kind geboren wird, besitzt es ein Gehirn, aber noch keinen Verstand. Der Verstand ist nichts anderes als eine Ansammlung von Informationen, von Wissen; er ist die Programmierung. Das Gehirn wird also durch Alkohol beeinflusst, aber nicht eure Spiritualität.

Worin besteht also das Problem? Für mich ist das kein Problem.

Selbst ein Buddha kann ab und zu ein bisschen Alkohol trinken, sich eine kleine Party gönnen – nach italienischer Art. In Italien bedeutet »Party« etwas ganz anderes als das, was ihr darunter versteht. Es handelt sich um eine wirkliche Party, mit zwei Partnern. Und warum sollte ein Buddha nicht eine kleine Party genießen können, ein bißchen Spaghetti und Wein? All diese Dinge sind nur materieller Natur und berühren euer spirituelles Wesen überhaupt nicht.

Aber in Indien kann sich niemand vorstellen, dass ein Buddha Alkohol trinken könnte – er trinkt nicht einmal Tee. Man kann sich nicht vorstellen, dass ein Mahavira Alkohol trinken könnte. Der Grund dafür ist ganz einfach: Im heißen Klima Indiens braucht es keinen Alkohol. Doch in einem kalten Klima ist Alkohol eine Notwendigkeit. Er hält einen warm; er macht einen nicht betrunken, sondern hält einen nur warm. Und es ist nichts dabei, sich warm zu fühlen, wenn um einen herum der Schnee vom Himmel fällt. In einem kalten Land ist die Moral also anders als in einem heißen Land. Das ist nur eines von vielen Beispielen. Unter schiedliche Klimazonen führen zu unterschiedlichen Moralvorstellungen in allen möglichen Bereichen.

Mohammed sagte zu den Mohammedanern: »Ihr dürft vier Frauen heiraten.« Der Grund dafür war, dass damals, vor vierzehnhundert Jahren, in Saudi -Arabien das Verhältnis von Frauen zu Männern ungefähr vier zu eins war. Das lag daran, dass die Männer ständig Krieg führten. Es war eine

Stammesgesellschaft, und jeder Stamm kämpfte gegen jeden anderen. Natürlich wurden die Männer dabei getötet, und die Frauen blieben übrig. Das Verhältnis war schließlich so, dass auf jeden Mann ungefähr vier Frauen kamen. Also verurteile ich Mohammed nicht, denn er passte sich nur der Gesellschaft an und machte es einfacher für sie. Was hätten die übrigen Frauen sonst tun sollen? Sie hätten nur die ganze Gesellschaft durcheinander gebracht. Sie hätten Liebesaffären mit verheirateten Männern angefangen oder wären Prostituierte geworden, und solch eine große Anzahl von Prostituierten hätte nur für viel Unruhe und Perversion gesorgt. Also war es besser, dass die Männer vier Frauen heirateten.

Und seltsamerweise ... ich habe engen Kontakt mit ein paar Mohammedanern, die meine Freunde sind. Und ich war erstaunt.

Ich hatte immer gedacht, dass eine Frau bereits ausreicht, um einen Mann entweder in den Wahnsinn oder in die Erleuchtung zu treiben

– die einzigen beiden Alternativen. Wozu können dann vier Frauen einen Mann treiben? Doch als ich mit Mohammedanern in Kontakt kam, die vier Frauen hatten, war die tatsächliche Erfahrung eine ganz andere.

Das ist es, was ich immer sage, dass etwas in der Theorie logisch wirken kann, doch das Leben ist nicht verpflichtet, eurer Logik zu folgen.

Ich war überrascht, dass es in einem mohammedanischen Haushalt keinen Streit gibt wie in einem Haushalt mit einem Mann und einer Frau, wo beide ständig streiten und kämpfen und eifersüchtig sind. Der Grund liegt darin, dass die vier Frauen untereinander streiten und der Mann vollkommen außen vor ist. Sie kümmern sich nicht besonders um den Mann, der ganze Streit findet unter den vier Frauen statt. Dieser Mann ist also weitaus glücklicher als jemand, der nur mit einer einzigen Frau zusammenlebt.

Ich fragte also diese Freunde von mir: »Was ist mit euch los?

Normalerweise treibt jede Frau ihren Mann in den Wahnsinn oder bringt ihn so weit, dass er die Welt hinter sich lässt – was in Wahrheit nur bedeutet, dass er die Frauen hinter sich lässt – und erleuchtet wird.« Jetzt verstehe ich auch, warum kein Mohammedaner jemals erleuchtet wurde. Sie sind sehr normale Menschen, sie werden in der Regel auch nicht verrückt. Das liegt daran, dass diese vier Frauen untereinander streiten und der Mann dabei einfach aus dem Spiel bleibt. Er kann das Spiel beobachten, aber er ist kein Teil mehr davon.

Aber heute ist das Verhältnis nicht mehr so wie früher. In einem Land wie Indien ist das Verhältnis von Männern zu Frauen vollkommen ausgeglichen, und selbst in Saudi -Arabien ist das Verhältnis ausgeglichen. Jetzt führt es zu Problemen und Ungelegenheiten für die Gesellschaft, wenn man weiter zulässt, dass ein Mann vier Frauen heiratet, denn drei Männer bleiben dabei ohne Frau. Diese drei Männer werden nun für Probleme sorgen. Sie werden Liebesaffären mit den Frauen anderer Männer beginnen ...

Und denkt immer daran, die Frau eines anderen ist weitaus schöner als die eigene Frau, weitaus grüner – so wie der Rasen des Nachbarn so grün wirkt, dass man ihn am liebsten essen würde.

Die Franzosen haben tatsächlich so einen Ausdruck. Wenn man in Frankreich zutiefst in eine Frau verliebt ist, sagt man zu ihr: »Ich möchte dich am liebsten verschlingen.« Das macht sie sehr glücklich. Doch das gilt nur für die Franzosen. Wenn man das in Indien zu einer Frau sagen würde – dass man sie verschlingen möchte –, würde sie einen Mordsschrei loslassen. Man würde von der Polizei verhaftet werden: »Was haben Sie zu dieser Frau gesagt, dass sie so laut geschrien hat? « Und wenn man dann antwortet:

»Ich habe ihr nur gesagt, dass ich sie liebe und dass ich sie am liebsten verschlingen möchte« ...

Selbst die Sprache ist unterschiedlich – so wie sich auch die Moral verändert, wie sich die Religion verändert –, je nach Klima, je nach Tradition, je nach geschichtlicher Vergangenheit.

Ich habe einmal folgende Geschichte von einem französischen Ritter gehört. Im Mittelalter waren die Ritter ständig auf Kreuzzügen unterwegs. Die Christen waren dauernd unterwegs, um Mohammedaner zu töten, und sie waren unterwegs, um Juden zu töten oder zum Christentum zu bekehren. Wenn man am Leben bleiben wollte, hatte man nur die Möglichkeit, Christ zu werden; andernfalls wurde man umgebracht.

Der Ritter war also dabei, sich auf einen Kreuzzug zu begeben, doch er hatte eine sehr schöne Frau. Im Mittelalter gab es in Europa gewisse Vorrichtungen: Wenn ein Mann einige Tage unterwegs war, legte er seiner Frau einen Gürtel an, einen sogenannten Keuschheitsgürtel. Das war ein Metallgürtel mit einem Schloss, und es wurden die seltsamsten Schlösser dafür entwickelt, damit sich niemand mit der Frau verlustieren konnte. Manche dieser Gürtel, die von den reicheren Leuten verwendet wurden, hatten sogar ein Messer im Innern. Wenn man mit etwas eindrang, klappte das Messer zu. Solche Gürtel sind in allen großen europäischen Museen ausgestellt, vor allem in London. Der Ritter, der einige Monate unterwegs sein würde – vielleicht sogar ein oder zwei Jahre –

schloss also seine Frau ab. Er wollte den Schlüssel aber nicht mitnehmen, denn es war Krieg, und wenn der Schlüssel verloren ging, wäre es sehr schwierig, das Schloss zu öffnen. Man würde einen Schmied oder sonst jemanden brauchen, um einen Ersatzschlüssel anzufertigen. Es wäre jedenfalls sehr peinlich. Also ließ er seinen besten Freund zu sich kommen und sagte zu ihm:

»Ich gehe auf einen Kreuzzug, und ich vertraue dir, du bist mein bester Freund; also verwahre bitte diesen Schlüssel für mich. Wenn ich zurückkomme, werde ich mir den Schlüssel wiederholen. Es ist der Schlüssel für den Keuschheitsgürtel meiner Frau.«


Der Freund erwiderte: »Mach dir keine Sorgen.« Doch fünf Minuten, nachdem der Ritter weggeritten war, kam der Freund auf seinem Pferd hinterhergaloppiert. Der Ritter hielt an und fragte:

»Was ist los?« Und der Freund antwortete: »Du hast mir den falschen Schlüssel gegeben.« Nach fünf Minuten!

Wenn das Verhältnis von Männern und Frauen nicht ausgeglichen ist, ist das, was Mohammed empfohlen hat, sehr praktisch; es ist nichts Falsches daran. Aber es passte nur zu seiner Zeit und zu der damaligen Situation. Inzwischen ist es jedoch unter Mohammedanern zu einer Regel geworden, und weil sie in ihrer eigenen Religion nicht so viele Frauen finden können, gehen sie hin und entführen die Frauen anderer.

In Indien ist es zu einem richtigen Spiel geworden. Man holt sich einfach die Frau eines anderen und hält sie fest ... denn Hindus sind da sehr empfindlich. Wenn eine Ehefrau auch nur eine Nacht außerhalb ihres Hauses verbringt, ist sie erledigt. Sie kann das Haus ihres Ehemannes dann nicht mehr betreten, ihr Mann lässt das nicht zu. Sie kann auch das Haus ihrer Eltern nicht mehr betreten; die Eltern werfen sie hinaus, weil sie ihre Respektabilität beschmutzt hat, ihr Prestige: »Geh hin und bring dich um, eine andere Möglichkeit hast du nicht.« Doch statt Selbstmord zu begehen, kehrt die Frau zu dem Mohammedaner zurück. Das ist vernünftiger und logischer.

Eine Frau braucht nur eine Nacht lang nicht zu Hause zu sein.

Es spielt keine Rolle, ob sie diese Nacht mit einem anderen im Bett verbracht hat oder nicht. Und so vermehren sich die indischen Mohammedaner. Offensichtlich kann ein Mann mit vier Frauen mindestens vier Kinder pro Jahrzeugen. Das ist nicht möglich, wenn es vier Männer und eine Frau sind. Dann bringen sie vielleicht nicht einmal ein einziges Kind zustande – die vier Männer bringen das Kind möglicherweise um, noch bevor es geboren wird.

Denkt also daran, eure gottorientierten Religionen bestehen nur aus gesellschaftlichen Vereinbarungen. Sie sollten eigentlich überhaupt nicht als Religionen bezeichnet werden, denn sie bestehen nur aus moralischen Vorschriften, die die Gesellschaft zusammenhalten, und zwar so einfach wie möglich. Das ist keine Religiosität. Religiosität entsteht nur aus dem Aufblühen des eigenen Bewusstseins.


Gottorientierte Religionen erzeugen zwar ein Gewissen, aber keine Bewusstheit. Viele Menschen glauben fälschlicherweise, dass Gewissen und Bewusstheit dasselbe seien. Sie haben zwar dieselbe Wurzel, doch sie sind wie getrennte

Zweige, die in entgegengesetzte Richtungen verlaufen. Das Gewissen wird dir von anderen aufgezwungen. Bewusstheit ist eine Evolution, die aus deinen eigenen Tiefen bis in die höchsten Höhen aufsteigt.

Das Gewissen ist nur eine Plastikblume.

Ich hatte einmal einen Nachbarn. Ich besaß einen wunderbaren Garten mit allen Arten von Bäumen und Sträuchern. Natürlich war er neidisch. Was tat er ... Ich konnte von meinem Haus aus nur eines seiner Fenster sehen, nicht sein ganzes Haus. Große Bäume verbargen sein Haus, doch ein Fenster konnte ich sehen – also stellte er dort einen Blumentopf auf und steckte Plastikblumen hinein. Und um mich zu täuschen – denn Plastikblumen brauchen ja kein Wasser –, goss er sie jeden Tag, nur um mir zu zeigen, dass er ebenfalls Blumen besaß. Doch ich konnte sehen, dass die Blumen immer gleich blieben – sechs Monate vergingen, und die Blumen hatten sich nicht verändert.

Plastikblumen blühen ewig. Tatsächlich machen sich die Ökologen Sorgen, weil Plastik etwas ist, was nicht von der Natur abgebaut wird. Und inzwischen landet so viel Plastikmüll in den Meeren, in der freien Natur, dass die ganze Ökologie dadurch gestört wird. Plastik hält ewig.

Ein Baum entsteht aus der Erde, ein Mensch entsteht aus der Erde; legt man einen Baum in die Erde, löst er sich in seine Bestandteile auf. Doch Plastik wird künstlich vom Menschen hergestellt. Man kann es in die Erde legen, und wenn man viele Jahre später nachgräbt, findet man das Plastik immer noch genauso vor, ohne dass es sich verändert hat.

Das liegt an der amerikanischen Erfindung der Einwegprodukte: Man verwendet etwas einmal und wirft es dann weg. Das ist sauberer, doch es ist auch gefährlich. Der ganze Meeresboden rund um die USA herum ist voller Plastikmüll: Tüten, Spritzen, Behälter, Spielzeug, alles aus Plastik. Alles ist Plastik. Und diese Schichten aus Plastik haben etwas Seltsames bewirkt. Millionen von Fischen sind gestorben, weil das Plastik das Wasser vergiftet hat. Es herrscht zunehmende Angst, dass immer mehr Plastikabfall in den Meeren, in den Flüssen, in der Umwelt dazu führen wird, dass alles stirbt; irgendwann wird alles nur noch aus Plastik bestehen.

Ich klopfte also bei meinem Nachbarn an und sagte zu ihm: »Sie haben ganz wunderbare Blumen. Meine Blumen sind armselig dagegen: Am Morgen blühen sie, und am Abend sind sie bereits verwelkt. Auch wenn Sie nur einen einzigen Blumentopf haben, ist er doch besser als mein ganzer Garten. «

Er war sehr verlegen. Darauf meinte ich: »Sie sind so ein intelligenter Mensch. Sie haben diese Blumen gegossen ... « Er wusste nichts darauf zu sagen. Seine Frau kam hinzu und meinte:

»Sie sagen, er sei intelligent, aber er ist ein Idiot! Ich habe ihm gesagt, dass Plastikblumen kein Wasser brauchen.«

Ich sagte zu seiner Frau: »Das verstehen Sie nicht. Er hat nicht die Plastikblumen gegossen, er hat versucht, mich zu täuschen.

Diese Plastikblumen blühen schon seit sechs Monaten, und sie werden ewig blühen. Dieser Mann wird sterben, und Sie werden sterben«, so sagte ich zu seiner Frau,

»doch diese Plastikblumen werden ewig blühen. Sie sind unsterblich. Doch sie sind tot, deshalb sind sie unsterblich – weil sie bereits tot sind.«

Einen toten Menschen kann man nicht umbringen, nicht wahr?

Sobald ein Mensch tot ist, wird er unsterblich. Man kann ihn nicht zweimal umbringen. Nur einmal gab es eine Auferstehung, und auch die war nicht echt. Sobald ein Mensch gestorben ist, gibt es für ihn keinen Tod mehr.

Das ist der Unterschied zwischen einer aufgezwungenen Moral und Religion und einem inneren Wachsen des Bewusstseins. Beide sind vollkommen voneinander verschieden. Nur im Französischen sind Gewissen und Bewusstsein identisch. Ich bin mir dessen nicht ganz sicher, denn ich spreche kein Französisch. Doch ich habe das Gefühl, dass sich diese beiden Wörter im Französischen nicht unterscheiden, dass das Wort für Gewissen für beides verwendet wird, für Gewissen und für Bewusstsein. Doch das ist vollkommen falsch. Die französischen Linguisten sollten das ändern.

Das Gewissen ist gottorientiert; das Bewusstsein ist das Aufblühen des eigenen inneren Seins. Dann wird man spontan auf jede Situation reagieren. Eine gottorientierte Moral kann nicht spontan sein. Sie richtet sich danach, was die heiligen Schriften sagen, was Moses gesagt hat, was Jesus gesagt hat; sie muss das Gedächtnis befragen. Doch Spontanität muss niemanden befragen –

weder Manu noch Moses, noch Mohammed oder irgendjemand anderen. Spontanes Handeln entsteht einfach aus dir, und weil es aus dir entsteht, besitzt es Authentizität und Aufrichtigkeit. Dann handelst du als Individuum und nicht als Schaf. Dann handelst du als menschliches Wesen voller Würde und Herrlichkeit und Ehre.

Eine gottorientierte Religion nimmt dir alles weg, was schön an dir ist, und lässt nur ein gebrochenes Wesen zurück, das in jeder Hinsicht verkrüppelt ist, von allen möglichen Parasiten befallen.

Gott ist der oberste Parasit. Er droht ständig. Und weil es keinen Gott gibt, ist es natürlich der Priester, sein Sprachrohr, der dir ständig droht: »Du wirst in der Hölle landen, wenn du nicht auf mich hörst. Ich repräsentiere Gott.« Das ist eine reine Erfindung der Priester in aller Welt, um die Menschen zu beherrschen, um sie auszubeuten. Und sie glauben selbst nicht, was sie zu den Menschen sagen. Wie könnten sie es glauben? Sie wissen doch, dass es sich um eine Fiktion handelt. Aber es ist ein guter Beruf, es ist ein gutes Geschäft.

Erst vor kurzem wurde der Erzbischof von Jerusalem verhaftet –

Jerusalem, die Heilige Stadt von drei Religionen, Judentum, Christentum und Islam –, weil er sich in der öffentlichen Toilette des Bahnhofs exhibitioniert hatte, weil er seine Sexualorgane vor anderen entblößt hatte. Der Erzbischof von Jerusalem! Es ist kaum zu glauben, dass diese Menschen anderen Keuschheit predigen und sich selbst so dumm benehmen.

Doch was soll man mit diesen Leuten machen? Sobald man etwas unterdrückt, wird es irgendwann wieder an die Oberfläche kommen, und man wird sich zum Narren machen. Sie sind die Opfer einer ständigen Unterdrückung durch ihre Religion, durch ihre Äbte, durch ihre Päpste – vollkommen gegen die Natur.

Jede Art von Moral ist gegen die Natur und dient einer bestimmten sozialen Struktur. Die soziale Struktur ist vom Menschen gemacht, sie ist nicht perfekt, sie bedarf ständiger Veränderungen. Doch jeder Moralkodex, jede gottorientierte Religion, schützt die soziale Struktur. Sie sind gegen jede Revolution. Sie haben kein Bewusstsein. Anstelle eines Bewusstseins haben sie ein falsches Gewissen erzeugt, ein Plastikbewusstsein. Was sie als Gewissen bezeichnen, ist nur aufgezwungen, einprogrammiert. Ihr müsst euch entsprechend verhalten, doch euer inneres Wesen ist nicht damit im Einklang.

Diese Spaltung wird durch eure gottorientierten Religionen erzeugt.

Der Mensch leidet unter Schizophrenie, Neurosen, Psychosen –

allen Arten von Geisteskrankheiten – aufgrund dieser einen Fiktion, die er nicht loslassen kann. Lasst einfach Gott los, und ihr werdet feststellen, dass ihr gesünder und natürlicher werdet, dass eine gewisse Schönheit in euch auftaucht, die nur in natürlichen Wesen auftaucht.

Wenn ihr an einen Gott glaubt, werdet ihr euch immer vor seinem Urteil fürchten. Doch wenn es keinen Gott gibt, gibt es auch keine Urteile. Dann gibt es nur noch einen Zeugen, und ein Zeuge ist kein Richter. Ein Zeuge ist nur ein Spiegel. Er zeigt euch klar und deutlich die Situation, und er ermöglicht euch eine spontane Reaktion. Diese besitzt enorme Schönheit und Harmonie, und ihr lebt ohne Bedauern und Reue. Ihr blickt nicht zurück, ihr seid immer in der Gegenwart, nur ein Zeuge, handelnd, auf das reagierend, was euch begegnet, entsprechend eurem eigenen Bewusstsein.

Und denkt an eins: Selbst wenn ihr in die Hölle kommt, werdet ihr es nicht bedauern, wenn ihr spontan und entsprechend eurem Bewusstsein gelebt habt. Wenn ihr dagegen in den Himmel kommt, weil andere euch gezwungen haben, bestimmten Vorschriften zu folgen, bestimmten Geboten, dann werdet ihr es selbst im Himmel noch bereuen, dass ihr euer Leben nicht entsprechend eurer eigenen Natur gelebt habt.

Es gibt nur ein Glück auf dieser Welt, und das besteht darin, im Einklang mit der eigenen Natur, mit dem eigenen Leben zu sein.

Kümmert euch also nicht um irgendwelche Gebote, um irgendeine Disziplin oder Moral. Lebt einfach entsprechend eurem eigenen Bewusstsein und entwickelt dieses Bewusstsein ständig weiter.

Dann wird es bald Frühling in euch werden, und das wird euch enorme Klarheit schenken, Sicherheit im Handeln, Absolutheit in jeder Antwort auf das Leben. All eure Antworten auf das Leben werden voll Schönheit sein, denn sie werden aus einem wach senden Bewusstsein kommen.

Ein Gewissen ist nur geborgt. Bewusstsein ist eure Natur. Der Unterschied ist gewaltig.

Die zweite Frage:


Das Leben scheint nicht der oberste Wert zu sein, der

mechanische Mensch ist verzichtbar. Gott ist nichts anderes als

eine kranke Fantasie, also ist offensichtlich auch das nicht der

oberste Wert. Was bleibt denn dann noch übrig?

Nichts – außer dir selbst. Sobald es keinen Gott mehr gibt, bist nur noch du selbst da, allein und verantwortlich.

Die Menschen klammern sich aus einem bestimmt en Grund an Gott. Sie übergeben ihre ganze Verantwortung an Gott, denn er soll sich um sie kümmern. Sie wollen einfach nur jeden Sonntag zur Kirche gehen – das ist genug –, und Gott soll sich um alles andere kümmern. Doch dabei ist euch nicht klar: Sobald ihr eure Verantwortung an Gott üb er gebt, habt ihr ihm auch eure Freiheit übergeben, seid ihr zu einer Marionette geworden.

Sobald du weißt, dass Gott nur eine kranke Fantasie ist, wird dich dieses Wissen gesund, ganz und heil machen. Und deine Ganzheit, dein Alleinsein, ist solch eine wunderbare Erfahrung, dass du keinen anderen Wert, keinen obersten Wert brauchst. Du selbst bist der oberste Wert. Dein eigenes Wesen, wenn du es in seiner Ganzheit entdeckt hast, ist ein Gautama Buddha. Es braucht keine anderen Werte als Anreiz, um den Weg bis an sein Ziel zu gehen.

Was es braucht, ist einfach nur, alle kranken Fantasien aufzugeben. Dann werden alle eure Religionen vom Angesicht der Erde verschwinden, und das wird euch in vollkommener Gesundheit zurücklassen. Aus dieser Gesundheit, aus diesem Alleinsein, aus dieser Freiheit heraus werdet ihr eure höchsten Gipfel und eure tiefsten Tiefen finden. Und das kann man als den wirklichen Sin n, die wahre Bedeutung, den obersten Wert bezeichnen. Du selbst bist der oberste Wert. Es liegt an einer kranken Fantasie, dass ihr nicht euch selbst anschaut, sondern zu den Sternen blickt.

Die dritte Frage:

Primitive Gesellschaften betrachteten Gott immer als Teil der

Umwelt, sie sahen ihn in Flüssen und Bäumen, in Sonne und

Mond. Erst wenn eine Gesellschaft zivilisierter wird, beginnt sie

Gott als ein getrenntes Wesen zu betrachten. Woran liegt das?

Primitive Gesellschaften hatten kein Privateigentum. Primitive Gesellschaften hatten keine Familien, sie lebten als Stämme.

Niemand kannte seinen Vater, die Menschen kannten nur ihre Mutter und die Brüder der Mutter. Primitive Gesellschaften waren matriarchal strukturiert; die Mutter war die einzige Person, die sie kannten, der Vater war noch nicht in Erscheinung getreten.

Als die Gesellschaften von der Jagd zum Ackerbau übergingen, hörten sie auf, Nomaden zu sein; vorher waren sie immer dorthin gezogen, wo es ausreichend Tiere für die Jagd gab. Sie konnten nicht an einem Platz bleiben, weil ihre Nahrungsquellen bald erschöpft waren. Wenn die Tiere von ihnen wegzogen, mussten sie ihnen folgen. Ihre ganze Sorge bestand darin, Nahrung zu beschaffen. Es gab keine Häuser, es gab keine Städte, es gab nur vorübergehende Camps. Das Privateigentum war noch nicht entstanden.

Erst mit dem Ackerbau entstand das Privateigentum. Die Stärkeren schafften es, sich so viel Land unter den Nagel zu reißen, wie sie wollten. Die Schwächeren konnten gerade so am Existenzminimum leben – sie bekamen nur, was die Stärkeren übrig ließen. Die stärksten Gangster wurden schließlich eure Könige, eure Herrscher, eure Führer. Sie sind im Grunde Kriminelle, die die Menschheit vieler ihrer Freuden beraubt und sie in die Ecke gedrängt haben.

'Doch sobald Privateigentum entstanden war, musste der Vater sich sicher sein können, dass sein Sohn auch wirklich sein Sohn war. Mit dem Privateigentum entstand die Familie. Und mit dem Privateigentum wurde die Frau zu einer untermenschlichen Rasse degradiert. Sie wurde versklavt. Nun war sie nichts anderes mehr als Eigentum, das Eigentum eines bestimmten Mannes, und ihre ganze Funktion bestand darin, Kinder zu produzieren.

Stammesmenschen hatten keine Vorstellung von einem Vater, doch sie wussten viele Dinge, die wir vergessen haben: Sie fühlten, wie das Leben in den Bäumen erwacht; sie fühlten das Leben, das sich im Fluss bewegt; sie fühlten das Leben in den Wellen, die beständig, ewig an den Strand branden. Sie waren sensibler. Sie waren unzivilisierte Analphabeten, doch sie waren sensibler und empfänglicher.

Ich habe einmal verschiedene Geschichten über die australischen Ureinwohner gehört. Die meisten von ihnen wurden von den Weißen umgebracht, und zwar auf eine so abscheuliche Art und Weise, dass die Weißen die größten Barbaren auf der ganzen Welt zu sein scheinen. Die australischen Ureinwohner wurden fast wie Tiere umgebracht. Die Menschen pflegten auf die Jagd nach ihnen zu gehen, weil sie sie nicht für menschliche Wesen hielten, sondern für eine weit unterlegene Spezies. Fast neunzig Prozent der australischen Ureinwohner wurden von den Weißen getötet. So wie man Tiger und Löwen und Rehe jagt, jagte man sie ebenfalls, wie eine andere Art, die sich von den Menschen unterschied. Sie waren nicht weiß, ihre Gesichter waren anders, ihr Verhalten war anders.

Doch die australischen Ureinwohner hatten einen ganz besonderen Brauch. Sie hatten kein Postamt, sie hatten kein Telefonsystem und keine Handys. Sie pflegten einen Baum zu hypnotisieren, eine bestimmte Art von Baum. Durch ihre Sensibilität waren sie in der Lage, die richtige Art Baum zu finden, Bäume, die sich hypnotisieren ließen. Bei Menschen lässt sich nur ein Drittel leicht hypnotisieren, nur 33 Prozent. Seltsamerweise sind auch nur 33 Prozent der Menschen intelligent; es sind dieselben Menschen. Nur 33 Prozent der Menschen sind kreativ; es sind dieselben Menschen. Die übrigen sind unsensibel, unempfänglich, unintelligent. Die australischen Ureinwohner fanden also heraus, welcher Baum sich leicht hypnotisieren ließ, so dass jedes Dorf sein en eigenen hypnotisierten Baum besaß. Und über den Baum pflegten sie Botschaften zu anderen Bäumen in anderen Dörfern zu senden. Wenn beispielsweise ein junger Mann in ein anderes Dorf ging und der Vater ihm eine Botschaft schicken wollte, dann sagte der Vater zu seinem Sohn, bevor er aufbrach: »Wenn ich dir eine Botschaft schicken muss, dann werde ich sie genau zu Sonnenaufgang schicken. Lausche immer zu dieser Zeit dem hypnotisierten Baum in jenem Dorf.« Das Dorf war vielleicht Hunderte von Meilen entfernt. Doch wenn der Vater seinem Sohn eine Botschaft schicken wollte, ging er früh am Morgen, bei Sonnenaufgang, zum Baum seines eigenen Dorfes und sagte zu ihm:

»Bitte informiere den Baum in diesem oder jenem Dorf, wo mein Sohn auf eine Botschaft wartet ...« Und dann gab er dem Baum die Botschaft, und dieser empfing sie: »Du kannst noch zwei Tage bleiben« – oder was immer die Botschaft war.

Das praktizierten sie jahrtausendelang, doch inzwischen haben sie es langsam vergessen; die meisten unter ihnen haben vergessen, wie man Bäume hypnotisiert, weil das Christentum sie in Schulen zwang, um lesen zu lernen. Das Christentum ist absolut gegen Hypnose. Es denkt, Hypnose hätte etwas mit dem Teufel zu tun.

Hypnotismus oder Mesmerismus oder was auch immer wird für gefährlich gehalten. Also haben die Christen zusammen mit den Ureinwohnern auch diese Bäume vernichtet, die über Jahrhunderte hinweg hypnotisiert worden waren. Sie waren so empfindsam geworden, dass sie eine Botschaft jederzeit zu anderen Bäumen über Hunderte von Kilometern hinweg senden konnten, selbst über Tausende von Kilometern hinweg. Der Raum spielte keine Rolle, die Entfernung spielte keine Rolle.

Primitive Menschen waren sehr sensibel, weil sie mit den Bäumen lebten, mit den Tieren, mit den Flüssen, mit den Meeren, mit den Bergen. Sie waren Teil der Natur. Der primitive Mensch hatte keine Religion, keine organisierte Kirche, keine Priesterschaft.

Offensichtlich war sich der primitive Mensch des Lebens rund um ihn herum sehr viel stärker bewusst. Er lebte inmitten eines Ozeans aus Leben. Und offensichtlich war seine Liebe zu den Bäumen, zu den Flüssen, zum Meer, zu den Bergen, den Sternen, zur Sonne und zum Mond sehr groß. Er lebte in einer voll kommen anderen Welt –

voller Bezogenheit. Er war ein Teil des Kosmos, so wie jedes lebendige Wesen. Was Empfindsamkeit betrifft, so war er sehr viel menschlicher als der sogenannte zivilisierte Mensch, der hart geworden ist, der mechanisch geworden ist, wie ein Roboter; er hat viel von seiner Empfindsamkeit verloren.

Ihr könnt das einmal beobachten, wenn ihr verschiedene Leute bei der Hand fasst. Bei manchen Menschen fühlt es sich fast so an, als würde man die Hand eines Toten halten: keine Energie, keine Wärme, kein pulsierendes Leben, keine Übertragung einer liebevollen, freundlichen Energie, sondern vollkommen verschlossen, tot. Und es gibt Hände, die Energie aus euch heraussaugen. Anschließend fühlt ihr euch schwächer. Es gibt Menschen, mit denen ihr nicht zusammen sein möchtet, weil ihr beim Zusammensein mit ihnen das Gefühl habt, dass euch Energie ausgesaugt wird, als würde euch jemand Blut aussaugen. Sie sind energetische Parasiten. Sie haben keine Energie zu geben, stattdessen nehmen sie sich jede verfügbare Energie. Und ihr könnt auch das Gegenteil feststellen: Dass ihr euch gesünder und frischer fühlt, wenn ihr die Hand eines bestimmten Menschen haltet. Von seinen Händen fließt etwas in euer Wesen ein, fließt Energie in euch ein, Liebe, Wärme.

Vor kurzem brachte meine Sekretärin eine sehr reiche Frau zu mir. Ihr gehören verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, und sie ist eine sehr schöne Frau. Sie wollte einen Artikel über mich schreiben, also bat sie mich um ein Foto von uns beiden zusammen.

Ich nahm ihre Hand in meine, und es war ein trauriger Schock für mich. Diese Frau lächelte, doch ihr Herz war traurig. Ich konnte in ihrer Hand eine große Traurigkeit spüren.

Wenn ihr empfindsam seid, werdet ihr in der Lage sein zu fühlen, ob jemand glücklich ist oder traurig, ob jemand sich unwürdig fühlt und als Sünder oder ob er auf seinen eigenen Beinen steht, die Würde des menschlichen Seins fühlt, sich verwurzelt und zentriert fühlt; ob er das Gefühl hat, dass er einen eigenen Platz im Leben hat, dass er kein Zufallsprodukt ist, dass das Universum ihn braucht, weil er sonst nicht da wäre. »Allein die Tatsache, dass es mich gibt, zeigt deutlich, dass das Universum mich braucht. Es gibt ein Schicksal, eine Bestimmung, die das Universum für mich vorgesehen hat. Ich diene, ebenso wie alle anderen, einem bestimmten Zweck des Universums.« In dem Augenblick, in dem du das fühlen kannst, wird eine große Dankbarkeit in dir aufsteigen.

Aus dieser Dankbarkeit heraus verneigte sich der primitive Mensch vor den Bäumen, vor den Flüssen, vor der Sonne, vor dem Mond. Das war weitaus schöner, als in eine Kirche zu gehen und sich vor einem traurigen Jesus Christus zu verneigen. Jesus muss ganz offensichtlich traurig sein; er wurde ja schließlich gekreuzigt.

Man erwartet nicht, dass er lacht; das wäre vollkommen unangemessen gewesen. Ich hätte gelacht, doch Jesus macht ein langes Gesicht und ist traurig.

Ihr werdet feststellen, dass alle gottorientierten Menschen ernsthaft und traurig sind, weil sie tief in sich einen Zweifel spüren.

Gott entspricht nicht ihrer Erfahrung, er ist nur ein Glaube. Wie kann man aus einem Glauben Wahrheit machen? Er wird ein Glaube bleiben. Man kann seine Zweifel so weit wie möglich ins Unbewusste verdrängen, doch sie werden immer vorhanden bleiben, vollkommen lebendig und wach. Das macht einen traurig, denn man lebt ein fiktives Leben, ein Leben, das nicht das eigene ist, ein Leben, das andere einem aufgezwungen haben. Gott ist mehr als al les andere dafür verantwortlich, dass euch euer Ansehen, eure Würde, euer Stolz genommen wurden.

Der primitive Mensch liebte das Leben. Für mich war er weitaus religiöser als der zivilisierte Mensch.

Mit dem Privateigentum kam der Vater ins Spiel. Der Vater kann dich beschützen, solange du ein Kind bist, doch wenn du zum Jugendlichen heranwächst, gründest du irgendwann eine eigene Familie; du musst dein eigenes Leben führen. Bis dahin ist dein Vater vielleicht bereits gestorben, oder er ist alt und schwach geworden. Doch vom allerersten Atemzug an hast du unter dem Schutz deines Vaters gelebt. Er war der große Mann in deinem Leben, der erste große Mann. Wenn du allein bist, beginnst du ein gewisses Vakuum in dir wahrzunehmen, das dein Vater auszufüllen pflegte. Daher wurde Gott zum Vater, zu einem Vater, der niemals stirbt.

Dein Vater hat dich verraten, er hat dich verlassen. Du hast ihm so sehr vertraut, und er hat sich so wenig aus dir gemacht, dass er dich jetzt allein lässt . Mit diesem Programm hast du vom ersten Atemzug an gelebt. Wenn der Vater dich verlässt und du plötzlich allein bist, verspürst du ein Vakuum. Dieses Vakuum kann von einem anderen Vater gefüllt werden, doch dieser Vater darf kein menschliches Wesen sein, denn ein menschliches Wesen hat dich bereits enttäuscht. Du fühlst dich verletzt, also projizierst du einen Vater, der ewig und unsterblich ist und weit weg und allmächtig –

nicht wie dein eigener Vater, von dem du in deiner Kindheit immer dachtest, er könne alles ...

Ihr könnt das beobachten, wenn kleine Kinder streiten:

»Mein Vater ist der Stärkste auf der ganzen Welt! « Jedes Kind hält seinen Vater für allmächtig, denn es sieht, dass sein Vater alle möglichen Dinge macht. Er repariert das Auto, er repariert den Fernseher, er kommandiert die Mutter herum ... das Kind weiß, dass sein Vater mächtig ist.

Doch dieser mächtige Vater ... langsam und allmählich, während deine Intelligenz zunimmt, beginnst du seine Schwächen zu erkennen, seine Schwachheit. Plötzlich ist da eine Lücke. Selbst wenn der Vater noch am Leben ist, weißt du jetzt, dass er nicht unbesiegbar ist. Er wird älter, und bald wird er sterben. Du weißt, dass er nicht allmächtig ist. Vor seinem Chef wackelt er mit dem Schwanz, mit einem unsichtbaren Schwanz. Es gibt eine Stelle an eurer Wirbelsäule, ganz am unteren Ende, wovor einigen Jahrmillionen ein Schwanz zu sitzen pflegte. Diese Stelle ist immer noch vorhanden. Das war eines der besten Argumente von Charles Darwin: Wenn wir keinen Schwanz hatten, wozu gibt es dann diese Stelle? Diese Stelle dürfte dann nicht vorhanden sein. Der Schwanz ging verloren, und die Ansatzstelle blieb zurück, die Stelle, wo er zu sitzen pflegte. Warum beginnst du zu lächeln, wenn du deinen Chef siehst? Deine Untergebenen lächelst du nicht an; sie haben zu lächeln, nicht du. Du nimmst keine Notiz von ihnen und liest weiter deine Zeitung; du weißt, dass einer von ihnen vorübergeht und lächelt, aber du schaust ihn nicht einmal an. Dein Chef macht dasselbe mit dir. Du lächelst, und er arbeitet weiter. Vielleicht macht er gerade gar nichts Besonderes, aber sobald er dich hereinkommen sieht, beschäftigt er sich mit seinen Akten, blättert darin und sieht sehr beschäftigt und wichtig aus.

Ich habe schon öfter einen der Präsidenten der herrschen den Kongresspartei besucht, U. N. Dhebar. Er war sehr an mir interessiert. Er pflegte zu meinen Meditationscamps zu kommen, auch wenn alle seine politischen Freunde ihn davon abzuhalten versuchten und zu ihm sagten: »Geh nicht zu diesem Mann.« Aber er war kein wirklicher Politiker, er war nicht schlau. Er war ein sehr einfacher und sehr authentischer Mensch. Nur durch Glück und Zufall war er zum Präsidenten geworden.

Das geschieht recht häufig. Er wurde zum Präsidenten, weil er so höflich war – ein netter Mensch, der niemals nein sagte. Und der Pandit Jawaharlal Nehru brauchte einen Jasager. Nehru war Premierminister und wollte, dass die Kongresspartei entweder ihm selbst unterstand – was aber diktatorisch gewirkt hätte – oder zumindest einem Jasager. U. N. Dhebar war solch ein schlichter Mann, dass er zu allem ja sagte, was Jawaharlal wünschte. Also war es Jawaharlal, der praktisch alles bestimmte.

Einmal besuchte ich ihn in seinem Haus in Neu -Delhi, und er unterhielt sich mit mir und erzählte mir von all den anderen politischen Führern, welche Art Menschen sie waren; er erzählte mir von allen möglichen Idioten. Es gab da einen gewissen Maulana Azad, einen Mohammedaner, der kein Englisch und kein Hindi sprach. Er war ein Gelehrter des Arabischen und des Persischen, und er war Kultusminister von Indien. U. N. Dhebar erzählte mir von diesem Maulana Azad.


Einmal war der Pandit Jawaharlal Nehru zu einer Konferenz nach London gefahren, einer Konferenz der Commonwealth-Staaten. Damals war Indien noch Teil des Commonwealth, heute nicht mehr. Maulana Azad war der zweite Mann im Kabinett. Er hatte diesen zweiten Platz erhalten, weil er Mohammedaner war, um die indischen Mohammedaner zufrieden zu stellen.

Ihr werdet vielleicht überrascht sein, wenn ich euch sage, dass Indien der größte mohammedanische Staat der Welt ist. In keinem anderen mohammedanischen Land leben so viele Mohammedaner wie in Indien. Selbst nachdem Pakistan und Bangladesh sich abgespalten haben, besitzt Indien noch mehr mohammedanische Einwohner als jedes andere Land der Welt. Um die Mohammedaner zufrieden zu stellen, musste also ein Mohammedaner die Nummer zwei im Kabinett sein. Und als Jawaharlal nach London ging, dachte Maulana Azad: »Vielleicht bin ich jetzt stellvertretender Premierminister, weil ich doch der zweite Mann im Kabinett bin.«

Aber Premierminister sind Premierminister, wo immer sie sein mögen. So etwas wie einen »stellvertretenden Premierminister«

gibt es nicht. Wenn der Präsident als Regierungsoberhaupt außer Landes geht, dann ist der Vizepräsident sein Stellvertreter. Doch der Premierminister ist unter einer Verfassung, wie Indien oder England sie besitzen, nicht das Regierungsoberhaupt. Der Premierminister ist das Oberhaupt von gar nichts, also braucht er auch keinen Stellvertreter. Doch Azad war anderer Ansicht, und U.

N. Dhebar erzählte mir: »Wir sagten alle zu ihm, dass das überhaupt nicht verfassungsgemäß sei. Es gibt in der Verfassung keinen Platz für einen stellvertretenden Premierminister; es gibt nur einen stellvertretenden Präsidenten.«

Doch Azad hörte nicht auf sie. Er rief sofort Jawaharlals Chauffeur an und sagte zu ihm: »Bringen Sie seine Limousine zu meinem Haus; während er weg ist, bin ich der stellvertretende Premierminister.« Und er fuhr mit der Flagge des Premierministers am Auto und zwei Motorrädern vorne weg und zwei Motorrädern an den Seiten und zwei Motor rädern hinter ihm zum Parlament.

Jeder lachte über ihn ...

U. N. Dhebar erzählte mir: »Es gibt solche Idioten! Jawaharlal musste aus London anrufen und ihm sagen: >Lassen Sie diese Dummheiten. Das ist vollkommen gegen die Verfassung. Es gibt bei uns keinen stellvertretenden Premierminister..


Dann kam plötzlich ein Telefonanruf. U. N. Dhebar nahm den Hörer ab, sagte: »Ich bin im Moment sehr beschäftigt und kann Ihnen die nächsten sieben Tage keinen Termin geben«, und legte wieder auf.

Ich sagte zu ihm: »Du bist doch gar nicht beschäftigt, du unterhältst dich einfach nur mit mir.«

Er antwortete: »Das ist das Problem in der Politik. Man muss so tun, als ob man sehr beschäftigt ist, als ob man keine Zeit hätte –

selbst wenn man alle Zeit der Welt hat. Aber man muss den Menschen zeigen, dass man ein sehr beschäftigter Mann ist und nicht so leicht zugänglich. Als habe ich ihm gesagt, dass er in sieben Tagen wieder anrufen soll. Wenn ich dann Zeit habe, werde ich ihm einen Termin geben. Auch wenn ich im Moment vollkommen frei bin ... weil du hier bist, habe ich alle meine Termine abgesagt. Ich möchte meine Zeit nicht mit jemand anderem verschwenden, während du hier zu Besuch bist. Ich möchte die Zeit mit dir verbringen. Das ist eine seltene Gelegenheit, denn während der Meditationscamps kann ich nicht so viel Zeit mit dir verbringen. Das ist eine großartige Gelegenheit.

Und ich habe zu allen gesagt – zu meinen Wachen und Leibwächtern –, dass ich von niemandem gestört werden möchte.«

Ich erwiderte: »Das ist doch seltsam. Der Mann, der gerade angerufen hat, hat vielleicht eine wichtige Aufgabe zu erledigen.«

Er antwortete: »Wen kümmert das schon? Niemand kümmert sich um andere.« Dabei war er so ein netter Mensch, sehr kultiviert und gebildet, aber ... »wen kümmert es?«

Als er das sagte, meinte ich zu ihm: »Das ist aber sehr unsensibel. Und dabei betest du doch jeden Tag zu Gott.« Er hatte in seinem Haus einen kleinen Tempel mit einer Krishna Statue stehen. Er war ein Krishna -Anhänger. »Deine Gebete sind vollkommen bedeutungslos. Da wäre es doch besser, hinauszugehen und zu einem Rosenstrauch zu beten. Der ist wenigstens lebendig! Dieser Krishna, zu dem du betest, ist von Menschen gemacht, einfach nur ein Stein, der zu einer Statue behauen ist. Kannst du nicht erkennen, wie tot dein Krishna ist?

Schau nach draußen, die ganze Welt ist lebendig. Die Vögel singen, die Blumen blühen, die Sonne geht gerade unter. Bald wird der Himmel voller Sterne sein.«


Der primitive Mensch lebte im Universum als ein essentieller Teil davon und war dankbar, einfach nur am Leb en zu sein. Seine Dankbarkeit war authentischer als die Dankbarkeit der gottorientierten Religionen Gott gegenüber. Ihr seid dankbar gegenüber einer Fiktion.

Ein englischer Autor, ein bekannter Linguist, Dr. Johnson, hatte eine seltsame Angewohnheit, fast schon eine Neurose. Immer wenn er morgens einen Spaziergang machte, musste er jeden Laternenpfahl berühren. Wenn er einen vergaß, ging er zurück, berührte ihn, und ging dann erst weiter. Wenn jemand ihn dabei begleitete, tauchte immer die Frage auf: »Was machen Sie da eigentlich? «

Er antwortete: »Was soll ich machen? Ich verspüre in mir solch einen Zwang, es zu tun. Ich weiß, dass es komisch wirkt, und ich weiß, dass irgendetwas nicht ganz richtig mit mir ist, aber was soll ich machen? Wenn ich einen Pfahl auslasse, löst das in mir solch einen Aufruhr aus, so viele Gefühle, Emotionen – >Was machst du da? Geh zurück!< –, dass ich einfach zurückgehen muss .« Wegen eines Laternenpfahls!

Ich pflegte regelmäßig einen Morgenspaziergang zu machen, und dabei begegnete mir immer ein alter, pensionierter Professor.

Wir freundeten uns an und fingen an, zusammen spazieren zu gehen. Aber er hatte diese Angewohnheit ... In Indien gibt es überall Tempel. Alle paar Häuser weit steht ein Tempel. Und wenn kein Tempel, dann zumindest ein roter Stein unter einem Baum, der den Affengott symbolisiert. Und dieser Mann verneigte sich vor jedem Tempel und vor jedem Stein.

Ich sagte zu ihm: »Das ist eine Tortur für mich. Sie müssen entweder mich aufgeben oder Ihre Götter. Was für ein Unsinn! An jedem Platz ... diese ganze Stadt ist voll von Tempeln dieses oder jenes Gottes, und Sie müssen sich vor jedem verneigen ... Und ich muss bei Ihnen stehen, und es ist mir peinlich: Was für einen Begleiter habe ich da? Entweder hören Sie also auf, mit mir zu gehen – Sie können Ihren eigenen Weg gehen –, oder Sie geben diese dumme Angewohnheit auf. All diese Steine sind tot. Wenn es schon sein muss, dann schauen Sie doch etwas Lebendiges an. Ich habe noch nie bemerkt, dass Sie die Bäume angeschaut hätten oder die Blumen oder den letzten Stern, wenn er am Himmel verblasst.«


Und es herrscht eine solche Ruhe am frühen Morgen: Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, es ist noch dunkel, und der letzte Stern ist am Verschwinden. In diesem Moment, in solch einem Augenblick, wurde Gautama Buddha erleuchtet. Der letzte Stern war am Verschwinden, und als der letzte Stern verschwand, verschwand auch etwas in ihm. Plötzlich war da nur noch der Himmel, leer, und er schaute nach innen, und dort war ebenfalls vollkommene Leere: zwei Himmel – einer außen, einer innen – und eine große Stille. Zum ersten Mal verneigte er sich, nicht vor jemand besonderem, sondern vor der gesamten Existenz. Das ist Dankbarkeit, das ist echte Empfindsamkeit.

Zusammen mit dem Privateigentum wurde also auch der Vater wichtig. Und als der Vater in seiner ganzen Realität erkannt wurde

– dass ihm die Allmacht fehlte, die Allwissenheit, die Allgegenwart, dass er kein Gott war –, musste man einen Gott als Ersatz für den Vater erfinden. Wenn also Jesus auf die Knie fällt und in der aramäischen Sprache, die Jesus sprach, »Abba!« ruft ...

Jesus sprach niemals hebräisch; Hebräisch war die Sprache der Gelehrten, der Reichen, der Gebildeten. Aramäisch war die Sprache der Dorfbewohner, der Ungebildeten; es ist eine Form des Hebräischen, aber nicht so komplex. Im Aramäischen heißt Vater

»Abba«. Doch so, wie Jesus sich auf den Boden warf und zum Himmel aufblickte und »Abba!« rief ... es zeigt, dass er über seine Kindheit noch nicht hinausgewachsen war. Es ist kindisch.

Und beachtet den Unterschied zwischen kindisch und kindlich.

Ein Erwachter wird kindlich, er ist nicht kindisch. Ein gottorientierter Mensch wird kindisch. Sein Verhalten ist das eines Kindes, das sich auf dem Jahrmarkt verlaufen hat und nach seinem Vater sucht. »Abba!«, ruft es. »Wo ist mein Vater? « Ohne den Vater fühlt es sich nicht sicher, ist es nicht in Sicherheit.

All diese Gebete zeigen nur eure Angst, all diese Gebete zeigen nur eure Enttäuschung über euren eigenen Vater. Ihr habt euch ein Fantasiegebilde geschaffen, und es ist eine kranke Fantasie.

Bevor wir nun die Sutren diskutieren, zunächst einmal eine kleine biographische Anmerkung:

Sekitos Erleuchtung ereignete sich, als er das Chaolun las, ein Werk, das im Jahr 400 von Sengchao geschrieben worden war.

Sengchao hatte dieses Werk verfasst, während er im Gefängnis saß und auf seine Hinrichtung wartete. Der Absatz, der zu Sekitos Erleuchtung führte, lautete: »Ist nicht derjenige ein wahrer Weiser, der sich mit allen Dingen im Universum identifiziert?«

Ist nicht derjenige ein wahrer Weiser, der sich mit der gesamten Existenz identifiziert? Einfach nur diese Aussage, und plötzlich ereignete sich in ihm eine große Revolution. Aus der Unwissenheit machte er einen Quantensprung zur Erleuchtung.

Das ist genau das, was ich immer zu euch sage: Religiosität ohne Gott bedeutet einfach nur, sich mit dem gesamten Universum eins zu fühlen. Einfach nur diese Aussage: Sekito muss sich bereits am Rand der Erleuchtung befunden haben, direkt auf der Grenze.

Und als er diesen Satz las: »Ist nicht derjenige ein wahrer Weiser, der sich mit allen Dingen im Universum identifiziert?« — einfach nur beim Lesen dieses Sutras geschah bei ihm eine Metamorphose.

Er wurde ein vollständig neuer Mensch. Die alte Persönlichkeit fiel von ihm ab, und er war zum ersten Mal ein Individuum, im Einklang mit dem Leben.

Und dieser Mann, Sengchao, war ebenfalls ein großer Meister.

Doch je größer ein Meister ist, desto mehr richtet sich die Gesellschaft gegen ihn. Er wurde inhaftiert, weil er sich gegen die alte Religion Japans geäußert hatte — die eigentlich gar keine besondere Religion ist. Sie ist nur eine ganz gewöhnliche Religion wie der Hinduismus, der Islam, das Christentum. Sie besitzt keinen genialen Touch und keine geistigen Giganten.

Doch immer wenn ein Genie und ein Gigant auftaucht, wird der kleine Mann aus der Masse ärgerlich, fühlt er sich unterlegen, wird er zornig. Er hat Sokrates getötet, er hat Jesus getötet, und er hat Mansoor getötet. Er hat auch Sengchao getötet. Weil die Masse gegen ihn war, musste der Kaiser ihn verhaften lassen. Er verursachte durch seine Aussagen großen Aufruhr im ganzen Land.

Und seine Aussagen sind so wundervoll, dass ein einziger Satz Sekito die Erleuchtung brachte.

Sengchaos kleines Buch, Chaolun, besteht aus sehr verdichteten Aussagen, denn er schrieb dieses Buch, kurz bevor er zum Tode verurteilt wurde. Doch was für ein Mann! – Er kümmerte sich nicht um den Tod, sondern schrieb sein letztes Testament ohne Angst vor dem Tod, ohne jede Frage nach dem Tod. Sein Buch wurde kurz vor seiner Verurteilung geschrieben. Es ist nur ein dünnes Buch.

Wenn man es nicht weiß, würde man niemals annehmen oder sich vorstellen können, dass dieses Buch geschrieben wurde, kurz bevor er zum Tod verurteilt wurde. Darin zeigt sich das Kaliber dieses Mannes; darin zeigt sich die Höhe und Tiefe seiner Erleuchtung; darin zeigt sich seine Großartigkeit, sein strahlender Glanz.

Eine kleine Aussage in diesem Buch verhalf Sekito zur Erleuchtung. Und von diesem Buch inspiriert, schrieb Sekito ein eigenes Buch, das er Sandokai nannte. Es ist ebenso großartig wie Chaolun.

Nur sehr selten passieren solche Dinge in unserer zeitgenössischen Welt. Es war Friedrich Nietzsches Werk »Also sprach Zarathustra«, das Khalil Gibran zu seinem Buch »Der Prophet« inspirierte. Gibran schrieb »Der Prophet«, als er erst einundzwanzig Jahre alt war, und in seinem weiteren Leben muss er insgesamt mindestens fünfzig Bücher geschrieben haben. In jedem Buch versuchte er, über den »Propheten«

hinauszugehen, doch es gelang ihm nicht, den »Der Prophet« war ein inspiriertes Buch. Er war so erfüllt von Friedrich Nietzsches Einsichten, dass sie ihn in neue Räume katapultierten.

»Der Prophet« ist ein großartiges Buch, doch seine anderen Werke ... Er schrieb auch »Der Garten des Propheten«, ein Versuch, über den »Propheten« hinauszugehen, doch es gelang ihm nicht. Er hat mindestens fünfzig Bücher geschrieben: dreißig in Englisch und zwanzig in Libanesisch, seiner Muttersprache. Doch mit keinem anderen Buch kam er dem »Propheten« auch nur nahe –

bei den anderen Büchern war er es, der schrieb. »Der Prophet«

dagegen wurde unter dem gewaltigen Schatten von Friedrich Nietzsches Erkenntnissen geschrieben. Er lässt sich nicht mit »Also sprach Zarathustra« vergleichen, aber er kommt ihm recht nahe.

So war es auch mit Sengchaos Buch Chaolun und Sekitos Sandokai. Doch der Unterschied ist, dass beide erleuchtet waren.

Sandokai erreicht dieselbe Höhe wie Chaolun.

Weder Friedrich Nietzsche noch Khalil Gibran waren erleuchtet, aber Friedrich Nietzsche war ein Gigant im Vergleich zu Khalil Gibran. Beide waren nicht erleuchtet, doch Nietzsche erreichte die äußerste Grenze des Verstandes. Nur noch ein Schritt, und er wäre erleuchtet gewesen. Khalil Gibran kam nicht einmal an diese Grenze heran, darum wurde er auch niemals verrückt.

Nietzsches Wahnsinn ist ein Zeichen dafür, dass er fast reif für die Erleuchtung war, aber die Tür nicht finden konnte. Er hatte keine Vorstellung davon, dass es etwas jenseits des Verstandes gibt, und er rannte gegen die Wand im Versuch, sich einen Weg über den Verstand hinaus zu erzwingen. Doch man kann sich den Weg nicht erzwingen. Es gibt eine Tür, doch man muss sie kennen; Meditation ist der Name dieser Tür. Andernfalls verletzt man sich selbst, indem man gegen die Wände rennt. Auf diese Weise wurde Nietzsche verrückt.

Khalil Gibran wurde niemals verrückt. Er erreichte niemals auch nur die Grenzen des Verstandes; die Frage nach einem Weg über den Verstand hinaus stellte sich damit gar nicht. Doch allein der Schatten von Nietzsches überragendem Intellekt löste in ihm eine große Inspiration aus, und er schrieb »Der Prophet«.

Die beiden Bücher Chaolun und Sandokai stehen auf derselben Grundlage, sie erreichen dieselbe Höhe. Wir werden uns nun Sandokai zuwenden; die folgenden Sutren stammen aus Sandokai.

Jede Aussage ist magisch.

Hier nun die Sutren:

Der Geist des großen indischen Weisen wurde auf intime

Weise von Indien nach China übermittelt.

Er wurde auf intime Weise vermittelt, weil Bodhidharma, ein Mann von derselben Größe wie Gautama Buddha, nach China ging.

Er war voller Licht, voller Freude, voller Ekstase. Sein Frühling war gekommen. Er ging als Erleuchteter nach China. Das ist der Grund, warum hier das Wort »intim« verwendet wird.

Bevor Bodhidharma nach China ging, waren schon Tausende buddhistischer Gelehrter dort gewesen. Hunderte buddhistischer Schriften waren ins Chinesische übertragen worden. Fast ganz China war bereits buddhistisch geworden, als Bodhidharma endlich dort ankam. Doch keiner dieser Menschen war erleuchtet gewesen.

Es waren große Gelehrte gewesen, die hingegangen waren und die Schriften übersetzt hatten. Die Schriften waren wunderbar. China besaß nichts Vergleichbares. Es besaß nur ein einziges Buch von Laotse über das Tao, doch das reicht nicht an Buddhas Sutren heran, denn es ist ein geschriebenes Buch, und es war unter Zwang, unter Drohungen geschrieben worden.

Laotse hatte niemals in seinem ganzen Leben etwas geschrieben, und er sprach auch nicht. Die Menschen pflegten still an seiner Seite zu sitzen, und wenn in der Stille etwas geschah, gut. Wenn nichts geschah ... »Was kann ich da machen? «, war seine einzige Antwort. Einige wenige Menschen wurden erleuchtet, doch nur sehr wenige. Ein gewisser Tschuang Tse und ein gewisser Lieh Tse

– nur zwei Menschen wurden erleuchtet, indem sie still neben Laotse saßen. Schweigen zu verstehen ist nicht einfach; man muss dieselbe Tiefe erreichen. Ansonsten sitzt man vielleicht neben Laotse, doch der Verstand bewegt sich weiter im Kreis herum, eine ständige Flut von Gedanken. Außen ist man vielleicht still, doch im Innern läuft jede Menge Geschwätz ab.

Als der Tonfilm entstand ... zuvor hatte es nur Stummfilme gegeben. Die erste Bezeichnung für Tonfilme war »Talkies«. Und in indischen Dörfern heißen Kinofilme immer noch »Talkies«. In eurem Verstand läuft ständig dieses Talkie ab. Es spielt keine Rolle, ob ihr das möchtet oder nicht. Es ist ständig da, unabhängig von eurem Willen.

Obwohl also Tausende von buddhistischen Gelehrten nach China gegangen waren und das ganze Land zum Buddhismus übergetreten war, selbst der Kaiser von China zum Buddhismus übergetreten war, hatte ihnen niemand einen Geschmack davon vermittelt; es war kein intim vertrautes Phänomen. Es wurde erst vertraut, als Bodhidharma nach China kam.

Damit war ein Buddha nach China gekommen – ein anderer Mensch als Gautama Buddha, doch dasselbe Bewusstsein. Ein anderer Körper, doch dieselbe Höhe und dieselbe Tiefe. Es ist also vollkommen richtig, dass Sekito von einer intimen Vermittlung von Indien nach China spricht.

Unter den Menschen gibt es Weise und Narren, doch es gibt

keine nördlichen oder südlichen Lehrer auf dem Weg.

Weder Lehrer aus Indien noch Lehrer aus China sind auf dem Weg von Nutzen. Man braucht einen Meister; man braucht die intime Kommunion mit einem Meister, keinen Lehrer. In der wahren religiösen Welt braucht man keinen Lehrer, sondern einen Meister. Man braucht einen Buddha, der bereits angekommen ist und der einen dazu auffordern, dazu herausfordern kann, nachzukommen. Ein Buddha ist nichts anderes als ein Aufruf an alle: Wer es wirklich wissen möchte, kann kommen. Ein Meister ist angekommen – ein Lehrer hat nur etwas gehört, er besitzt keine eigene intime Erfahrung der Wahrheit.

In der normalen Welt gibt es also weise Menschen und andere, doch auf dem Weg sind weder die Weisen noch die anderen von Nutzen. Auf dem Weg braucht man jemanden, der über den Verstand hinausgegangen ist, der über Weisheit und Narrheit, über den Intellekt und über die Dummheit hinausgegangen ist, der in die Stille des Jenseits vorgedrungen ist. Man braucht jemanden, der die Wahrheit gefunden hat. In diesem Finden der Wahrheit ist er zu einem Strahlen geworden. Um ihn herum ist ein Energiefeld, das andere durchdringen kann, das andere erwecken kann.

Die geheimnisvolle Quelle ist klar und rein, die Ströme, die

daraus hervorgehen, fließen durch die Dunkelheit.

Soweit es den Meister betrifft, ist die geheimnisvolle Quelle klar und rein, doch die daraus hervorgehenden Ströme fließen durch die Dunkelheit. In dem Augenblick, in dem der Meister spricht, beginnen sich seine Worte in die Dunkelheit zu bewegen. Wenn sie andere erreichen, sind sie Ströme, die durch die Dunkelheit fließen, Abzweigungen, die sich in die Dunkelheit bewegen. Man muss sich in tiefe Intimität mit dem Meister begeben, so dass man seine Helligkeit, seine Klarheit, seine Reinheit, seine Transparenz teilen kann. Wenn man nur seine Worte hört und diese niederschreibt, ist man bereits auf dem falschen Weg. Der Meister besteht nicht aus Worten. Er verwendet vielleicht Worte, um andere näher zu sich zu rufen. Doch tatsächlich besteht er nur aus Stille, aus vollkommener, reiner Stille.

Am Relativen festzuhalten ist Illusion ...

Die ganze Welt ist relativ. Albert Einstein war nicht der Erste, der das Wort »Relativität« in die Welt gebracht hat. Lange vor ihm haben die Mystiker verschiedenster Länder festgestellt, dass alles in der äußeren Welt relativ ist.

Für Philosophen ist das ein Problem, doch nicht für Mystiker.

Mystiker sagen, dass alles in der äußeren Welt relativ ist und dass alles, was relativ ist, eine Illusion ist. Warum ist es eine Illusion?

Das ist ein bisschen subtil, doch man muss es verstehen.

Wenn du eine schöne Frau siehst, hältst du dich für unscheinbar; wenn du einen großen Mann siehst, fühlst du dich klein. Doch Größe ist relativ. Bevor der große Mann dazukam, warst du vollkommen in Ordnung, gab es kein Problem. Du hast dir über deine Größe keine Gedanken gemacht.

In Indien gibt es ein Sprichwort, dass Kamele nicht gern in die Berge gehen, dass sie die Wüste lieben, weil sie darin Berge sind.

Sie leben in der Wüste, sie mögen keine Berge, weil Berge ihnen ein Gefühl von Unterlegenheit geben.


Das ist sehr psychologisch gedacht. Warum fühlst du dich klein und unwürdig, warum hast du das Gefühl, dass du keine Achtung verdienst, dass du ein Sünder bist? Das sind alles relative Dinge.

Dass du schön bist, dass du gebildet bist ... das ist alles relativ.

Alles Relative ist illusorisch, illusorisch in dem Sinn, dass du du selbst bist und dass jemand anderer auch er selbst ist, wenn ihr euch nicht vergleicht. Welche Rolle spielt es, ob jemand groß ist?

Welche Rolle spielt es, ob du kleiner bist? Deine Füße reichen auf die Erde, ebenso wie die eines größeren Menschen. Es ist ja nicht so, dass du klein bist und deine Füße in der Luft hängen. Wo liegt also das Problem? Vergleiche führen zu relativen Illusionen.

Pflanzen machen sich deswegen keine Gedanken. Ein Rosenstrauch bleibt klein, und eine Zeder kann 60 Meter hoch werden. Weder macht sich der Rosenstrauch Gedanken darüber, warum die Zeder so groß ist, noch ist die Zeder besorgt, weil der Rosenstrauch so wundervolle Blüten trägt. Eine Rose ist eine Rose, eine Zeder ist eine Zeder.

Ein Zen-Meister wurde einmal gefragt: »Warum sind wir Menschen so unglücklich?« Er antwortete: »Schau dir die Zypresse im Hof an.«

Der Fragende blickte in den Hof und auf die Zypresse. Er antwortete: »Das verstehe ich nicht.«

Der Meister erwiderte: »Schau noch einmal hin. Neben der Zypresse wächst eine Rose. Ich habe nie gehört, dass sich die Rose beklagt hätte: >Warum bin ich so klein?< Und ich habe auch noch nie gehört, dass sich die Zypresse beklagt hätte: >Warum blühen an mir keine Rosen? Ich bin so hoch gewachsen auf der Suche nach Blüten – 60 Meter hoch – und immer noch trage ich keine Rosen –

wo bleibt da die Gerechtigkeit?< Nein, sie hadern nicht. Ich gehe jeden Morgen hinaus – manchmal auch am Abend oder in der Nacht –, um zu sehen, ob sie miteinander streiten oder diskutieren.

Es ist immer vollkommen still. Beide sind zufrieden damit, wie sie sind, weil kein Vergleichen auftaucht; weil keine Vorstellung von Überlegenheit oder Unterlegenheit in ihnen auftaucht.«

Das Relative wird auch als illusorisch bezeichnet, weil es eure eigene Kreation ist, weil es nicht wirklich existiert. Andernfalls würdet ihr verrückt werden. Ihr geht vielleicht an irgendwelchen Bäumen vorbei und könntet anfangen zu denken: »Warum bin ich nicht grün? «


Das tut ihr nicht, weil ihr noch nicht ganz so neurotisch seid.

Weil ihr euch nicht vergleicht, gibt es kein Problem. Doch wenn du an einer Frau vorbeigehst, die sehr schön ist, und wenn du eine Frau bist, dann taucht sofort der Vergleich auf und damit Ärger und Neid. Doch worin besteht das Problem? Ihre Nase ist vielleicht ein bisschen länger. Doch was würdest du mit einer längeren Nase anfangen? Im Dunkeln sind alle Frauen gleich. Mach also einfach das Licht aus! Das ist der Grund, warum die Menschen sich im Dunkeln lieben. Wenn sie das Licht ausmachen, ist jede Frau eine Sophia Loren. Wo ist der Unterschied? Dasselbe Skelett, dieselben Knochen, dasselbe Blut, derselbe Schleim, dasselbe Deodorant, derselbe Schweiß, dasselbe Keuchen und Stöhnen ...

Dunkelheit besitzt eine großartige Eigenschaft. Sie macht alle gleich. Wer schert sich dann noch darum? Im Dunkeln kann man sich mit der hässlichsten Frau einlassen und sich vorstellen, sie sei Kleopatra.

Immer wenn ihr vergleicht, bringt euch dieses Vergleichen in einen illusorischen Raum.

... doch das Absolute zu sich zu nehmen ist nicht Erleuchtung.

Das ist das, was die Philosophen gemacht haben. Sie halten die Welt für illusorisch, also ist Gott das Absolute, das Nicht-Relative.

Gott ist jenseits aller Relativität . Die Welt ist relativ und verändert sich von Augenblick zu Augenblick; nichts ist von Dauer, nichts ist fest, alles ist im Fluss. Gott dagegen ist absolut. Das Absolute ist eine andere Bezeichnung für Gott. Er verändert sich niemals, er ist derselbe, immer derselbe, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Das ist eine Idee der Philosophen: Da sie die illusorische Qualität der Welt erkannt haben, erschaffen sie sich das extreme Gegenteil eines absoluten Gottes.

Einer meiner Professoren, S. S. Roy – der inzwischen ein alter Mann und längst emeritiert ist –, mochte mich sehr gern.

Seinetwegen wechselte ich an die Universität, wo er als Professor lehrte. Er versuchte mich ständig zu überreden ... ich studierte an einer anderen Universität, doch ich kam immer zu Debatten , Diskussionen und Rhetorikwettbewerben an die Universität, wo S.

S. Roy lehrte. Schon beim allerersten Mal, bei unserer ersten Begegnung, hatte er sich in mich verliebt. Er gehörte zur Jury dort –

die Jury hatte drei Mitglieder –, und er gab mir neunundneunzig von hundert möglichen Punkten. Ich bekam die meisten Punkte, ich gewann den Wettbewerb, und als ich mit meiner Medaille gerade gehen wollte, kam er zu mir und sagte: »Warte. Ich muss mich bei dir entschuldigen.«

Ich fragte ihn: »Wofür?«

Er antwortete: »Ich wollte dir eigentlich hundert Punkte geben, aber ich habe einen Punkt abgezogen, weil ich das Gefühl hatte, dass die Leute denken könnten, ich sei zu sehr von dir eingenommen. Also habe ich dir nur neunundneunzig Punkte gegeben. Verzeih mir bitte. Ich wollte dir hundert Punkte geben, aber ich war nicht stark genug. Ich wusste, dass die anderen Professoren sagen würden, ich würde dich bevorzugen.«

Ich erwiderte: »Das schadet doch nichts. Ich habe den Preis trotzdem gewonnen, und die anderen haben mir ebenfalls gute Noten gegeben. Von einem habe ich 80 Punkte bekommen, und von einem anderen 85 Punkte. Das Ganze ist also kein Problem. Die anderen Teilnehmer bekamen weit weniger Punkte als ich, also macht es keinen Unterschied, dass Sie mir einen Punkt weniger gegeben haben.«

Er meinte: »Für dich macht es vielleicht keinen Unterschied, aber für mich schon, denn ich bin mir selbst nicht treu gewesen. Ich wollte dir hundert Punkte geben.«

Darauf sagte ich: »Dann eben beim nächsten Mal. Ich werde sicher wiederkommen. « Denn ich ging zu allen Universitäten und Colleges, wo es Rhetorik oder Debattierwettbewerbe gab.

Ein einziges Mal gewann ich nur den zweiten Preis; ansonsten bekam ich Hunderte erster Preise. An dem Tag, als ich den zweiten Preis bekam, konnte es die gesamte Zuhörerschaft an der Universität nicht fassen. Ich musste mich einfach dazu melden. Ich sagte zum Vizekanzler, der den Vorsitz hatte: »Ich weiß, warum ich nur den zweiten Preis bekommen habe, und Sie sollten sich das auch fragen.« Ein Mädchen hatte den ersten Preis gewonnen. Also sagte ich:

»Ich möchte die Sache vollkommen klarstellen, denn ich weiß, was passiert ist. Einer der Professoren aus der Jury ist in das Mädchen verliebt, und er hat ihr zu viele Punkte gegeben. Die beiden anderen Jurymitglieder hatten keine Ahnung davon. Sie gaben mir beide die höchste Punktzahl, aber dieser Mensch gab ihr so viele Punkte, dass sie am Ende einen Punkt mehr hatte als ich.«


Ich sagte also: »Sie müssen den Professor fragen, denn ich weiß, dass sie zusammen nachts spazieren gegangen sind. Der Park liegt unmittelbar vor unserem Haus, also weiß ich das ganz genau. Und ich kann auch Zeugen beibringen, weil alle Gärtner im Park wissen, dass diese beiden spät in der Nacht kommen, wenn der Park eigentlich schon geschlossen ist. Sie bestechen die Gärtner und gehen in den Park, weil es nachts dort am sichersten ist. «

Da fingen das Mädchen und der Professor an zu schwitzen. Ich sagte: »Schaut nur, wie sie schwitzen! Niemand anderer in dieser Halle« – es waren mindestens tausend Leute – »ist am Schwitzen.

Nur diese beiden. Warum schwitzen sie so? « Ich befahl ihnen:

»Steht auf!« Und ich sagte es so laut und befehlend, dass sogar der Professor aufstand.

Der Vizekanzler meinte daraufhin: »Du machst hier einen ziemlichen Aufruhr, aber ich kann es verstehen.«

Ich sagte: »Sie müssen diese ganze Debatte für ungültig erklären; sie muss wiederholt werden, und dieser Mann darf nicht mehr Mitglied der Jury sein.«

Er fühlte sich so beschämt, dass er noch in derselben Nacht an der Universität kündigte und aus der Stadt wegzog. Zwanzig Jahre später begegnete ich ihm in einem Zug. Ich sagte zu ihm: »Hallo.«

Er antwortete: »Mein Gott! Ich hoffte, Sie niemals wiederzusehen.«

Ich erwiderte: »Das Leben ist geheimnisvoll. Wo ist das Mädchen? « Er fragte: »Sie haben das noch nicht vergessen?«

Ich sagte zu ihm: »Ich habe es weder vergessen noch vergeben.

Wo ist das Mädchen? «

Darauf meinte er: »Dieses Mädchen hat mich Ihretwegen verlassen! Sie schämte sich so sehr, dass sie aufhörte, sich mit mir zu treffen.«

Ich entgegnete ihm: »Das ist sehr gut! Jetzt vergebe ich Ihnen, und jetzt werde ich Sie vergessen. Ich wollte diese Beziehung noch zu einem Ende bringen, weil Sie mich ungerecht behandelt hatten.

Sie dachten, dass ich nichts dazu sagen würde.«

Doch von da an waren die Jurymitglieder gewarnt, dass sie nichts Ungebührliches machen durften, denn »dieser Typ ist ein bisschen seltsam«. Jeder hatte das Gefühl, dass es vollkommen ungerecht gewesen war. Dieses Mädchen war es nicht einmal wert, Vierte zu werden!


Und S. S. Roy begann sich für mich zu interessieren, weil ich widersprochen hatte. Das gefiel ihm, und er sagte zu mir:

»Ich werde alles für dich arrangieren, ein Stipendium, alles Mögliche, was immer du willst, wenn du die Universität wechselst.

Ich möchte, dass du mein Student wirst.« Er war Philosophieprofessor.

Also wechselte ich die Universität. Er war ein sehr bekannter Gelehrter und ein Experte für die Philosophie von Shankara, die da lautet, dass die Welt illusorisch und Gott die absolute Wahrheit ist.

Und er war auch Experte für die Philosophie Bradleys, eines englischen Philosophen, der genau dasselbe sagt: Die Welt ist Illusion und Gott ist die absolute Wahrheit. Er hatte seine Doktorarbeit über Shankara und Bradley geschrieben.

Als ich zum ersten Mal in seine Vorlesung kam ... Er hatte mich eingeladen, doch ihm war nicht bewusst gewesen, dass er sich damit ein Problem einlud. Er sprach über Illusion und das Absolute, über die Welt und über Gott. Ich sagte zu ihm: »Wenn Gott unwandelbar ist, dann muss er tot sein. Ein lebendiges Wesen kann nicht unwandelbar sein. Zeigen Sie mir irgendein lebendiges Wesen auf der ganzen Welt – jedes lebendige Wesen bewegt sich, wächst, vergeht. Es ist ein beständiger Fluss. Das Leben ist ein Fluss. Wenn Gott lebendig ist, kann er nicht unveränderlich sein, immer derselbe. Wie könnte man dann zwischen einem toten und einem lebendigen Gott unterscheiden? Sagen Sie mir das doch einmal.

Beide sitzen vor einem, der lebendige Gott und der tote Gott.

Weder der tote noch der lebendige Gott verändern sich. Wie kann man da herausfinden, welcher der lebendige Gott ist? «

Er sagte: »Mein Gott! Ich habe mir mit dieser Arbeit einen Doktortitel verdient, aber darüber habe ich noch nie nachgedacht.«

Ich erwiderte: »Allein schon das Wort >absolut< ist eine Reaktion. Zuerst nennt man die Welt illusorisch, was sie nicht ist.

Sie wissen ganz genau, dass Sie nicht einfach in das Haus von jemand anderem gehen können. Wenn alles illusorisch wäre, welche Rolle würde es dann spielen? Warum gehen Sie jeden Tag immer nur in Ihr eigenes Haus? Welche Rolle spielt es? Sie könnten doch auch in das Haus von jemand anderem gehen. «

Er antwortete: »Deine philosophische Diskussion ist gefährlich.

Ich habe über philosophische Probleme gesprochen, und du sagst mir, dass ich das Haus von jemand anderem betreten soll? «


Ich entgegnete: »Ja, denn wenn alles nur illusorisch ist, nur ein Traum, welche Rolle spielt es dann, ob es sich um Ihre eigene Frau handelt oder um die Frau von jemand anderem? Ob es sich um Ihre eigenen Kinder handelt oder um die Kinder von jemand anderem, das ist alles nur Illusion. Ihr Gott ist nur ein philosophisches Konzept: Weil die Welt so veränderlich ist, sagen Sie, dass Gott unveränderlich sein muss. Doch das ist nur Logik, keine Realität.

Wenn es einen Gott gibt, muss er ebenfalls veränderlich sein, andernfalls wäre er tot.« An diesem Tag, dem ersten Tag, an dem ich seine Vorlesung besuchte, sagte ich zu ihm: »Ihr Gott ist ganz sicher tot, darum verändert er sich nicht.«

Diese Vorstellung von einem absoluten Gott ist nur ein philosophisches Konzept, darum sagt Sekito: »Dem Relativen verhaftet zu sein ist Illusion ... «

Er sagt nicht, dass die Welt Illusion sei; dieser Welt verhaftet zu sein ist Illusion. Die Welt ist vollkommen real, doch bleibe unverhaftet. Nicht die Welt ist die Illusion, sondern das Verhaftetsein an der Welt, nicht die Frau, sondern das Verhaftetsein an der Frau, nicht das Geld, sondern das Verhaftetsein am Geld, nicht der Körper, sondern das Verhaftetsein am Körper.

Sekito macht hier eine enorm bedeutsame Aussage. Kein Philosoph hat jemals so etwas gesagt. Sie sagen, die Welt sei illusorisch. Sekito trifft eine Unterscheidung: nicht die Welt, sondern die Verhaftung an die Welt, an das Relative, ist illusorisch.

Und deshalb sind die Philosophen ins andere Extrem gegangen: Gott ist nicht illusorisch, er ist das am meisten Reale, das absolut Reale.

Und sofort widerspricht Sekito diesen Philosophen und sagt:

»... doch das Absolute zu sich zu nehmen ist nicht

Erleuchtung.«

Denkt nicht in Begriffen des Absoluten. Es gibt nichts Absolutes, alles ist immer nur dabei, absolut zu werden, doch es wird und wird und wird, und es kommt niemals zu einem endgültigen Halt, denn ein endgültiger Halt wäre etwas Totes. An dem Tag, an dem die Welt Vollkommenheit erreicht, kann sie nirgendwo mehr hin, ist sie zu einem endgültigen Abschluss gekommen. Vollkommenheit ist Tod. Absolut zu sein bedeutet, tot zu sein.


Sekito sagt etwas, was nur ein Mystiker, nur ein Buddha sagen kann: »Selbst die Erfahrung der Buddhaschaft wächst immer weiter. Es gibt keine Grenzen für ihr Wachstum. Es ist nicht so, dass man bei einem endgültigen Abschluss angekommen ist, wenn man ein Buddha geworden ist. Nein, der Weg ist endlos, die Reise ist unendlich, die Pilgerschaft geht weiter und immer weiter. Und das ist die Schönheit des Lebens, dass nichts jemals zu einem Ende kommt. Alles bewegt sich ewig weiter. «

Das Konzept des Absoluten ist also ein Konzept von Philosophen und nicht von Erleuchteten.

Alle Elemente der subjektiven und der objektiven Sphären sind

miteinander verbunden, und gleichzeitig sind sie unabhängig

voneinander

Er sagt damit, dass die äußere Welt und die innere Welt unabhängig voneinander und gleichzeitig miteinander verbunden sind, denn ihre Funktionsweisen sind unterschiedlich. Sie sind verbunden, weil sie nicht getrennt existieren können. Das Äußere kann nicht ohne das Innere existieren, das Innere kann nicht ohne das Äußere existieren, also sind sie miteinander verbunden. Doch ihre Funktionsweisen sind unterschiedlich: Das Äußere bewegt sich in Richtung Objekte, und das Innere bewegt sich in Richtung Subjektivität. Ihre Richtungen sind unterschiedlich, ihre Erkenntnisse sind unterschiedlich, doch an einem gewissen Punkt sind sie miteinander verbunden.

Er macht damit enorm bedeutsame Aussagen, die euch nur dann klar werden, wenn ihr euch in eurem innersten Zentrum befindet –

vollkommen klar, ohne Sand in den Augen – und erkennt, dass die objektive Welt ihre ganz eigene Schönheit besitzt, ihre ganz eigene Wirklichkeit, ihr ganz eigenes Leben, ihr ganz eigenes verborgenes Bewusstsein, so wie auch die innere Welt ihre eigenen Sterne besitzt, ihren eigenen Himmel, ihre eigene Ausdehnung, ihr eigenes Universum. Außerhalb von euch erstreckt sich ein unendliches Universum, und in euch erstreckt sich ebenfalls ein unendliches Universum. Beide sind miteinander verbunden, beide hängen voneinander ab, doch ihre Funktionsweisen sind unterschiedlich.

Wenn man sich in der äußeren Welt bewegt, wird man feststellen, dass man immer mehr zum Wissenschaftler wird. Wenn man sich in der inneren Welt bewegt, wird man feststellen, dass man immer mehr zum Mystiker wird.


Sie sind miteinander verbunden, doch sie funktionieren

unterschiedlich, wobei jede Sphäre ihren eigenen Platz behält.

Durch ihre äußere Form werden ihr Charakter und ihre

Erscheinung bestimmt; Klang, Geschmack und Geruch

entscheiden über angenehm oder unangenehm.

Dunkelheit macht alle Dinge eins; Helligkeit macht alle Dinge unterschiedlich.

Doch es handelt sich nur um die äußere Erscheinung. In der Dunkelheit kann man nicht sehen, daher scheint al les eins zu sein.

Im Licht kann man sehen, daher scheint alles getrennt zu sein.

Doch an der tiefsten Wurzel sind all diese getrennten Dinge verbunden. Wir sind alle mit dem einen Zentrum des Universums verbunden. So wie Zweige und Blätter sind wir getrennt, doch wenn wir tiefer zu den Wurzeln gehen, dann stellen wir fest, dass alle Zweige, alle Blätter, alle Blüten ihre Nahrung aus denselben Wurzeln bekommen. Die Existenz nährt dich und die Bäume und die Berge und die Vögel gleichermaßen.

Und so ist es ein Mysterium, dass sich die eine Existenz auf so vielfältige Weise manifestiert. Diese Vielfalt des Ausdrucks macht das Leben schön. Diese Vielfalt macht das Leben interessant. Die Vielfalt ist ein Reichtum, doch die Einheit macht alles Leben gleich. Niemand ist unterlegen, niemand ist überlegen, daher besteht keine Notwendigkeit für Vergleiche.

Die vier Elemente kehren zu ihrer Natur zurück wie ein Kind

zu seiner Mutter.

Das ist genau das, was auch ich euch immer sage. Wenn die Quelle des Lebens zum Ziel des Lebens wird, wird der Kreis vollständig. Und wenn der Kreis vollständig ist, braucht man sich nicht mehr unnötigerweise durch Geburt und Tod zu bewegen und durch eine erneute Geburt und einen erneuten Tod. Ihr habt euch seit Millionen von Jahren durch dieses Rad von Geburt und Tod bewegt. Es ist an der Zeit, aus dem Rad auszusteigen. Dieses Aussteigen aus dem Kreis ist Erleuchtung.

Feuer ist heiß, Wind bewegt, Wasser ist nass, Erde ist fest. Die

Augen sehen, die Ohren hören, die Nase riecht, die Zunge

schmeckt, das Salzige und das Saure. Alles ist unabhängig

voneinander, doch die verschiedenen Blätter stammen alle aus

derselben Wurzel.


Man schmeckt mit der Zunge, man sieht mit den Augen, man berührt mit der Hand. Alle Sinne sind verschieden: Man kann nicht mit der Hand sehen, man kann nicht mit den Augen tasten, man kann nicht mit den Ohren riechen. Sie sind getrennt, doch sie alle sind verbunden mit dem einen Gehirn, von dem sie wie unterschiedliche Zweige ausgehen. Sie leiten ihre Informationen alle an dasselbe Gehirn weiter, und dasselbe Gehirn ernährt sie.

Was die Hände durch das Tasten erspüren , gelangt in dasselbe Gehirn. Was die Nase an Düften riecht, erreicht dasselbe Gehirn.

Die Augen leiten ihren Überblick über die Welt an dasselbe Gehirn weiter. Diese Sinne sind einfach nur Zweige, die in verschiedene Richtungen reichen, um verschiedene Erfahrungen einzusammeln und das Gehirn reicher zu machen. Doch sie sind alle im selben Gehirn verwurzelt.

Sekito gibt hier einfach nur ein Beispiel. Wir sind alle getrennt und unabhängig voneinander, doch wir sind in derselben Existenz verwurzelt. Wir sollen unabhängig sein, wir sollen Individuen sein, doch wir sollten dabei nicht vergessen, dass wir letztendlich eins sind, Wellen desselben Ozeans.

Basho schrieb:

Welche Freude,

diesen Fluss zu durchschreiten,

die Sandalen in der Hand!

Für einen erleuchteten Menschen wird alles zum Mysterium. So eine kleine Sache! Du wirst vielleicht fragen: »Was soll das schon sein? «

Welche Freude,

diesen Fluss zu durchschreiten,

die Sandalen in der Hand!

Du wirst vielleicht sagen: »Da ist doch nichts dabei. Die Sandalen in der Hand? Der Fluss muss sehr flach sein. Warum sollte man darüber froh und glücklich sein?«

Doch das ist genau das, worum es im Zen geht: Es braucht keinen Grund, um glücklich zu sein. Selbst nur den Fluss zu durchschreiten, die Sandalen in der Hand ... welches Glück!

Jedes Handeln oder Nichthandeln, jedes Tun oder Nichttun wird zu vollkommener Glückseligkeit. Dein Glück muss nicht durch irgendetwas ausgelöst werden. Wenn dein Glück durch etwas ausgelöst wird, wirst du dich an den Auslöser klammern, weil du Angst hast, dass dein Glück verschwindet, sobald der Auslöser verschwindet. Wenn du mit einer Frau oder mit einem Mann glücklich bist, wirst du abhängig; und nicht nur abhängig, ihr fangt sogar an, Gefängnisse füreinander zu bauen, denn ohne diese Frau, ohne diesen Mann könnt ihr nicht mehr glücklich sein. Das Glück verwandelt sich also in Unglück für beide.

Meditation ermöglicht die großartige Erfahrung, dass Glück keine Ursache haben muss, und wenn man ein Glück gefunden hat, das nicht durch etwas verursacht wird, so dass man einfach glücklich ist – einfach nur zu sein bedeutet, glücklich zu sein –, dann baut man keine Gefängnisse mehr für andere. Dann braucht man niemanden mehr zu besitzen, und man wird die Würde eines anderen menschlichen Wesens nicht mehr zerstören. Man wird andere Menschen nicht mehr versklaven. Man liebt, man teilt, einfach nur aufgrund der eigen en Fülle – nicht, weil man etwas dafür haben möchte. Ohne dass man danach zu suchen braucht, fällt einem dann vieles zu. In dem Augenblick, in dem man zu suchen beginnt, hat man die Grundlage für das Glücklichsein bereits verloren.

Daher habe ich Jesu Aussagen immer widersprochen. Er sagt:

»Sucht, und ihr werdet finden«, doch ich sage euch:

»Sucht nicht, und ihr werdet finden.« Jesus sagt: »Bittet, und euch wird gegeben«, doch ich sage euch: »Bittet nicht, und ihr seid die Gabe.« Jesus sagt: »Klopft an, und euch wird aufgetan.« Doch ich sage euch: »Ihr braucht nicht anzuklopfen, denn die Türen sind bereits geöffnet. Sie waren immer schon offen; macht einfach nur die Augen auf! «

Und noch eine Frage:

Friedrich Nietzsche verurteilt die Menschen für ihren Mangel

an Kreativität, weil sie nicht fähig waren, ein besseres Konzept

von Gott zu erschaffen als das christliche – das er als das

schlimmste und krankhafteste betrachtet, weshalb er von dem

»erbarmungswürdigen Gott des christlichen Monotono-

Theismus« spricht.

Stimmst du damit überein, dass die christliche Version Gottes

die hässlichste ist?

Alle Konzepte von Gott sind Fiktion, daher stellt sich die Frage überhaupt nicht, ob ein Gott hässlich oder schön ist. Gott existiert nicht. Nietzsche hat vergessen, dass Gott tot ist.


Das passiert bei Menschen, die nicht erleuchtet sind. Er hat gesagt: »Gott ist tot «, doch plötzlich sagt er, dass der Mensch nicht sehr kreativ sei, weil er es nicht geschafft hat, ein besseres Konzept von Gott zu erstellen. Dabei würde es sich aber nur um eine bessere Fiktion handeln, um eine bessere Lüge. Er hat vollkommen vergessen, dass er bereits erklärt hat, dass Gott tot ist. Selbst wenn es eine bessere Fiktion wäre, wäre Gott immer noch tot. Fiktion ist Fiktion, Lüge ist Lüge; so poliert, so raffiniert sie auch sein mag, man kann sie nicht zur Wahrheit machen.

Ob es sich nun um einen christlichen Gott handelt, um einen hinduistischen oder einen mohammedanischen Gott, spielt keine Rolle. Gott ist eine Fiktion, und die Fiktion entsteht aus der Krankheit des Verstandes. Nietzsche hatte keine Vorstellung von den östlichen Göttern , er kannte nur die Vorstellung des jüdischen und des christlichen Gottes. Hätte er die hinduistischen Götter gekannt, hätte er diesen Satz nicht geschrieben.

Der christliche Gott ist nicht der einzige hässliche Gott; alle Götter sind auf unterschiedliche Art und Weise hässlich. Doch zuallererst einmal sind sie Fiktion, es besteht also keine Notwendigkeit, sie besser zu machen. Der Mensch ist sicherlich nicht sehr kreativ gewesen, doch das bedeutet nicht, dass er sich jetzt einen besseren Gott erschaffen sollte! Ein besserer Gott wäre nur ein besseres Gefängnis. Ein besserer Gott wäre eine sehr viel stärkere Kette. Ein besserer Gott würde euch noch gründlicher und wirkungsvoller zerstören, als die üblich en Götter das schon tun.

Wollt ihr wirklich einen besseren Gott, ein besseres Gefängnis, ein besseres Gift?

Nietzsche hat völlig vergessen, dass Lügen einfach nur Lügen sind. Es gibt keine guten Lügen und keine schlechten Lügen. Lügen sind einfach nur Lügen, da gibt es keinen Unterschied. Die Wahrheit ist die Wahrheit. Es gibt keine »bessere« Wahrheit, man kann sie nicht verbessern. Lügen sind Lügen. Man kann sie verbessern, doch sie werden immer noch Lügen bleiben, sie können nicht zu Wahrheit werden.

Ich kann da also nicht mit Nietzsche übereinstimmen; er hat etwas vergessen. Das ist das Problem mit Philosophen. Er ist ein großartiger Philosoph, doch er geht nicht über den Verstand hinaus.

Er besitzt nicht die Klarheit eines erleuchteten Menschen.


Der Mensch war sicherlich nicht sehr kreativ, doch er sollte seine Kreativität nicht auf Gott verwenden. Seine Kreativität sollte darauf gerichtet sein, eine bessere Welt zu erschaffen, eine bessere Gesellschaft, bessere Literatur, bessere Poesie, bessere Gemälde, bessere Skulpturen, bessere Menschen. Es braucht keinen besseren Gott, ein besserer Gott wäre nur noch gefährlicher.

Ich hasse allein schon das Wort »Gott«. Und ich würde es noch mehr hassen, wenn jemand das Konzept von Gott verbessern würde, denn Lügen müssen ausgerottet werden! Und man kann sie nicht ausrotten, wenn man sie nicht hasst. All eure Liebe zu Gott muss vernichtet werden.

Nun die Meditation: Sei still ...

Schließe deine Augen und fühle, wie dein Körper voll kommen ruhig wird.

Das ist der richtige Augenblick, um nach innen zu gehen.

Sammle deine Energien, dein gesamtes Bewusstsein, und begib dich mit großer Dringlichkeit zu deinem Zentrum, so als wäre dies dein letzter Augenblick. Nur mit solcher Dringlichkeit kann man das Zentrum unmittelbar erreichen!

Schneller und schneller ... Tiefer und tiefer ...

Sobald du dich dem Zentrum näherst, senkt sich eine große Stille auf dich herab, wie sanfter Regen, sehr fühlbar, sehr kühl.

Noch etwas näher, und du spürst einen enormen Frieden, der deinen inneren Raum umgibt. Blüten des Jenseits beginnen auf dich herabzuregnen.

Noch ein Schritt weiter, und du bist im Zentrum. Zum ersten Mal siehst du dein ursprüngliches Gesicht. Zum ersten Mal begegnest du deiner Ewigkeit. Der Osten nennt dieses ursprüngliche Gesicht das Gesicht Buddhas, des Erwachten.

Das hat nichts mit Gautama Buddha persönlich zu tun, es ist das ursprüngliche Gesicht jedes Menschen: friedlich, anmutig, voll Größe, voll enormer Klarheit, Transparenz, Majestät. Dein Glanz ist groß, dein Schatz ist groß.

Nur an eine Qualität Buddhas muss man sich erinnern. Er besteht nur aus einer Qualität: Gewahrsein.

Dieses kleine Wort »Gewahrsein« enthält die gesamte Essenz der Spiritualität.


Sei gewahr, dass du nicht der Körper bist. Sei gewahr, dass du nicht der Verstand bist. Sei gewahr, dass du nur ein Beobachter bist.

Sobald sich das Beobachten vertieft, wirst du trunken mit dem Göttlichen. Das ist es, was als Ekstase bezeichnet wird. Um das Beobachten zu vertiefen , entspanne dich ... Lass den Körper und den Verstand hinter dir.

Erinnere dich nur noch an das eine: Du bist ein Buddha, ein Beobachter, reines, ewiges Gewahrsein. Und nach und nach wirst du ein gewisses Schmelzen fühlen; alle Trennungen lösen sich auf.

Dieses ozeanische Bewusstsein ist die innerste Essenz von Zen, die innerste Essenz authentischer Religiosität. Sammle so viel von dieser Ekstase ein, wie du kannst, von all dieser Trunkenheit, all diesen Blüten, die auf dich herabregnen, all dieser Anmut, dieser Schönheit, dieser Wahrheit, dieser Göttlichkeit. Du musst sie mitnehmen und du musst sie in ihrer vollkommenen Schönheit in deinem alltäglichen Leben zum Ausdruck bringen.

Du bist ein Buddha, auch wenn du Holz hackst. Sei achtsam gegenüber dem Baum, denn auch er ist ein potenzieller Buddha. Sei ein Buddha, wenn du Wasser vom Brunnen holst.

Jede Handlung muss voller Anmut, voller Dankbarkeit sein. Nur dann wird der Buddha dir näher und näher kommen.

Bevor du zurückkehrst, bitte den Buddha, als starke Präsenz mit dir zu kommen. Bitte ihn, vierundzwanzig Stunden am Tag bei dir zu bleiben.

Seine Anwesenheit wird die Alchemie deiner Transformation bewirken.

Dies sind die drei Schritte: Beim ersten Schritt tritt der Buddha hinter dich, und du spürst seine Wärme, seine Liebe, sein Mitgefühl, seine Glückseligkeit; beim zweiten Schritt wirst du der Schatten, und der Buddha tritt vor dich; beim dritten Schrift verschwindet dein Schatten in den Buddha, so dass du nicht mehr vorhanden bist, sondern nur noch der Buddha. Du bist nicht mehr vorhanden, nur die Existenz ist noch vorhanden.

Gott ist tot, und Zen ist die einzige lebendige Wahrheit.

Komm zurück, doch komm zurück als Buddha.

Selbst deine Bewegungen sollten anmutig und schön sein, voller Seligkeit, und sie sollten dein Bewusstsein und dein Gewahrsein ausstrahlen.


Bleibe einige Augenblicke sitzen, um dich an den goldenen Pfad zu erinnern, den du gegangen bist, und an den inneren Raum, den du berührt hast, den du geschmeckt hast, den Duft des Jenseits, der dich immer noch umgibt, und die Präsenz Buddhas, der unmittelbar hinter dir ist und dich beinahe berührt.

Lass den Buddha zu deiner eigenen Realität werden, und du wirst dich vollkommen auflösen, du wirst vollkommen verschwinden.

Du bist die Krankheit; der Buddha ist die Heilung.

Du bist Geburt und Tod; der Buddha transzendiert den Kreislauf von Tod und Wiedergeburt.

Du bist vergänglich, nur eine Seifenblase; der Buddha ist deine Ewigkeit.

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