Es gibt zwei verschiedene Arten von Dankbarkeit. Die eine ist immer nach außen gerichtet und entsteht dadurch, dass man sich tief im Innern etwas direkt oder indirekt gewünscht und es bekommen hat. Aus diesem Grund ist man dankbar. Diese Art Dankbarkeit bedeutet einfach nur, dass man sich für etwas bedankt.


Das macht es vielleicht etwas klarer: Man bedankt sich bei demjenigen, der eine Sehnsucht erfüllt hat, die vorhanden gewesen war, ob man sich dessen nun bewusst war oder nicht. Etwas wurde erfüllt, daher fühlt man sich dankbar.

Diese Dankbarkeit ist immer nach außen gerichtet. Das kann Dankbarkeit einem Gott gegen über sein, der nicht existiert. Es kann Dankbarkeit einem Freund gegenüber sein, der existiert. Doch diese Dankbarkeit entspringt der Befriedigung einer bewussten oder unbewussten Sehnsucht.

Die andere Art von Dankbarkeit ist ein vollkommen anderes Phänomen, auch wenn sie im Wörterbuch nicht unterschieden werden. In Wörterbüchern wird Dankbarkeit nicht in verschiedene Kategorien unterteilt. Doch das Leben richtet sich nicht nach euren Wörterbüchern. Diese Art von Dankbarkeit hat kein äußeres oder inneres Objekt. Sie ist mehr wie der Duft, den eine Blume verströmt. Sie ist eine Erfahrung, die nicht auf irgendjemanden gerichtet ist.

Wenn man die innerste Quelle seines Wesens erreicht hat, wo immer Frühling herrscht und unzählige Blüten auf einen herabregnen, verspürt man plötzlich eine Dankbarkeit, die auf niemand Bestimmten gerichtet ist, die wie ein Duft aus einem aufsteigt, so wie Weihrauch Wolken von Rauch und Duft zum Himmel emporsendet, wo sie sich auflösen.

Diese Dankbarkeit steigt wie ein Duft aus einem auf, nicht wie die Dankbarkeit, die auf jemanden gerichtet ist. Sie ist der Schatten, das Nebenprodukt, wenn man zum Buddha wird. Sie entspringt nicht der Befriedigung irgendeiner Sehnsucht. Wenn man irgendwelche Wünsche hat, bewusst oder unbewusst, kann man nicht zum Buddha werden. Erst wenn alle Wünsche sich aufgelöst haben, wenn man alle Wünsche und Sehnsüchte transzendiert hat, wird man zum Buddha. Und von einem Buddha strahlt ein gewisser Duft aus. Dieser Duft besteht aus vielen Elementen. Er besteht aus Dankbarkeit, aus Mitgefühl, aus Liebe, aus Glückseligkeit, aus Ekstase – er ist vielfältig, er ist multidimensional.

Nun zu unserem Sutra:

Nachdem Nangaku diesen Kommentar über Sekito abgegeben

hatte, schickte er den Mönch abermals zu Sekito, um ihm einige

Fragen zu stellen. Als der Mönch bei ihm ankam, fragte er also:

»Was ist Befreiung?«


Bevor ich Sekitos Antwort erläutere, möchte ich euch eine kleine Anekdote über den Sufi-Mystiker Al-Hillaj Mansoor erzählen. Einmal kam ein Mann zu ihm und stellte ihm dieselbe Frage: »Was ist Befreiung?«

Mansoor befand sich gerade in einer Moschee mit prachtvollen Säulen rundum. Als er diese Frage hörte, ging er zu einer der Säulen, umklammerte sie mit beiden Händen und begann zu schreien: »Hilf mir! «

Der Mann verstand nicht, was das sollte. Er hatte doch nur eine Frage zum Thema Befreiung gestellt, doch dieser Mansoor schien verrückt zu sein. Er umklammerte die Säule und flehte den Mann an: »Bitte hilf mir – diese Säule hält mich fest und lässt mich nicht los. Befreie mich!«

Der Mann erwiderte: »Du bist ja verrückt. Du hältst doch die Säule fest, und nicht die Säule dich.«

Da ließ Mansoor die Säule los und sagte: »Das war meine Antwort, und jetzt verschwinde. Niemand hält dich fest.«

Das war auch Sekitos Antwort: »Wer hat dich gebunden? «

Warum strebst du nach Befreiung? Das ist die Vorgehens weise beim Zen – sich die eigene Sklaverei genauer anzusehen. Kümmere dich nicht um deine Befreiung. Deine Sklaverei ist das Problem, und sie ist deine eigene Schöpfung. Wer hat dich zum Sklaven gemacht? Du selbst! Und jetzt bittest du: »Befreie mich.« Niemand kann dich befreien, weil niemand dich versklavt hat. Es ist nur dein eigenes Spiel.

Diese Antwort ist hart, aber überaus klar und überaus wahr.

Sekito antwortete: »Wer hat dich gebunden?«

Sag mir zuerst, worin deine Sklaverei besteht. Wer hat dich versklavt? Warum strebst du danach, dich zu befreien? Sobald du dir deine Sklaverei genauer ansiehst, wirst du einfach nur anfangen zu lachen. Deine Sklaverei ist deine eigene Kreation; du kannst sie jetzt sofort loslassen. Und sobald du sie losgelassen hast, wirst du erkennen, dass Freiheit deine wahre Natur ist; du musst nicht befreit werden. Du wurdest frei geboren, du warst von Anfang an frei, doch wieder und wieder gerätst du in Sklaverei.

Vielleicht gibt dir die Sklaverei eine gewisse Sicherheit, einen gewissen Schutz. Die Sklaverei gibt dir ein gewisses Gefühl, dass du etwas gegen deine Sklaverei tust. Doch in deinem Bewusstsein bist du vollkommen frei und immer schon frei gewesen.


Es ist so, als würdest du dich hinlegen, die Augen schließen und anfangen zu schreien: »Weck mich auf!« Natürlich ist es sehr schwierig, jemanden aufzuwecken, der bereits wach ist. Es ist leicht, jemanden aufzuwecken, der schläft. Man kann ihm kaltes Wasser, einen Eimer eiskaltes Wasser, ins Gesicht schütten, und er wird sofort aufspringen. Man kann ihm die Decke wegziehen, und er wird sofort aufschreien: »Was machst du da ?«

Aber wenn jemand wach ist, wenn jemand mit geschlossenen Augen daliegt und sagt: »Bitte weck mich auf!« ... Das ist es, was Sekito zu dem Mönch sagt, als dieser ihn fragt:

»Was ist Befreiung?«

Sekito antwortet ihm: »Wer hat dich gebunden? « Du warst schon immer frei; du bist der Buddha; du bist der Erwachte. Deine Sklaverei ist deine eigene Erfindung, sie ist nur eine Fiktion.

Ihr könnt einmal ein kleines Experiment machen, wenn ihr zu Hause in eurem Zimmer sitzt. Faltet die Hände fest zusammen und verschränkt die Finger ineinander. Schließt dann die Augen und stellt euch vor, dass ihr die Hände nicht mehr öffnen könnt, egal, was ihr macht. Wiederholt mindestens fünf Minuten lang vor euch hin, mit geschlossenen Auge n: »Was immer ich mache, ich kann meine Hände nicht mehr öffnen.« Dann, nach fünf Minuten, strengt euch an, sie zu öffnen. Setzt eure komplette Energie ein und versucht, sie zu öffnen – und ihr werdet euch wundern: Je mehr ihr es versucht, desto unmöglicher scheint es. Ihr habt euch selbst in Sklaverei hypnotisiert.

Die einzige Möglichkeit, die Hände zu öffnen, besteht jetzt darin, euch nicht mehr anzustrengen, euch nicht mehr zu bemühen, sie zu öffnen. Entspannt euch, und eure Hände werden sich irgendwann von ganz allein öffnen, ohne dass ihr euch anstrengen müsst. Eure Anstrengungen haben sich gegen euch gerichtet, weil ihr euch selbst hypnotisiert hattet. Dann könnt ihr sie nicht mehr öffnen; mit Anstrengung ist es nicht mehr möglich, die Hände zu öffnen.

Wir haben uns selbst in alle möglichen Arten von Sklaverei hypnotisiert, und dann fragen wir uns, wie wir uns wieder daraus befreien können. Dann unternehmen wir große Anstrengungen.

Doch jede Anstrengung macht es nur noch schwieriger. Die Hände umklammern sich immer fester, und dann fangt ihr an durchzudrehen: »Mein Gott, was soll ich nur machen? Je mehr ich mich anstrenge, desto fester halten sie zusammen! « Es scheint nur deshalb unmöglich, weil ihr diesen einfachen Prozess nicht durchschaut habt.

Hypnose lässt sich nur durch Entspannung auflösen. Entspannt euch einfach. Unternehmt keine Anstrengungen mehr, sie zu öffnen. Die Hände werden sich von allein öffnen, denn das Festhalten ist eine Anstrengung, und das Öffnen ist anstrengungslos. Ihr braucht euch nicht anzustrengen. Das ist der Grund ... habt ihr jemals einen Menschen mit geschlossenen Fäusten sterben sehen? Kann ein Toter seine Faust geschlossen halten? Unmöglich, denn für eine Faust braucht es eine gewisse Anstrengung, und ein Toter ist nicht mehr zu einer Anstrengung fähig ... daher sterben alle Menschen mit offenen Händen. Alle Menschen werden mit geschlossenen Fäusten geboren. Betrachtet nur einmal ein kleines Kind – seine Fäuste! Und dann betrachtet einen Toten; die Hände sind offen, weil ein Toter vollkommen entspannt ist. Zum ersten Mal in seinem ganzen Leben ist keine Anspannung mehr vorhanden.

Der Mönch stellte eine weitere Frage: »Was ist das reine Land

?« Doch das ist nur eine andere Art und Weise, dasselbe zu fragen.

Sekito erwiderte: »Wer hat dich schmutzig gemacht?« Warum machst du dir Gedanken über reines Land?

Und weiter fragte der Mönch: »Was ist das Nirwana?«

»Wer gab dir Geburt und Tod?«

All das sind Fiktionen. Deine Geburt ist eine Fiktion, dein Tod ist eine Fiktion; dein Körper wurde geboren, dein Körper wird sterben. Doch du wurdest niemals geboren; du gehst durch viele Körper, du gehst durch viele Geburten, durch viele Tode, du gehst immer weiter vom Anfang bis zum Ende – von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du bist ein ewiges Licht. Wozu also fragen: »Was ist das Nirwana ? « Nirwana bedeutet einfach Befreiung von Geburt und Tod; und Geburt und Tod sind gleichermaßen Fiktionen.

Eigentlich ist es auch nicht richtig, von einer »Befreiung« zu sprechen. Wenn ihr euch alles genau anseht, wenn ihr euch eure Sklaverei genau anseht, werdet ihr feststellen, dass sie nur eure eigene Vorstellung ist. Die Idee, dass ihr Sünder seid, dass ihr schmutzig seid, ist nur eure Vorstellung. Vielleicht hab ihr sie von anderen übernommen, von Priestern, von Predigern, von sogenannten Heiligen. Sie sorgen dafür, dass ihr euch schmutzig fühlt, dass ihr euch als Sünder fühlt, die gleich in die Hölle stürzen werden. Sie demütigen euch auf jede nur erdenkliche Art und Weise. Und die Menschen lassen sich diese Demütigung gefallen.

Von Kindheit an diskutierte ich mit allen Heiligen, die durch unser Dorf kamen. Meine Eltern waren besorgt, meine Familie war besorgt: »Du störst jede Versammlung. Immer wenn ein Heiliger auftaucht und das ganze Dorf sich versammelt, um ihn anzuhören, tauchst du auf und störst.« Und mein Vater schlug sich an den Kopf und sagte: »Schon wieder taucht er auf und stört!«

Mein grundlegendes Argument war: »Ihr demütigt die Menschen, indem ihr sie als Sünder bezeichnet. Sprecht doch einmal aus, wer hier ein Sünder ist und welche Sünde er begangen hat. Ihr macht nur allgemeine Aussagen: >Ihr seid alle Sünder.< Aber sagt doch einmal ganz deutlich, wer hier ein Sünder ist.«

Die Heiligen sagten immer zu den Leuten: »Lasst euch nicht mit Frauen ein, denn sie sind nichts als Knochen, Fleisch, Schleim und Blut in einem Sack aus Haut. Warum solltet ihr euch mit ihnen einlassen? «

Dann stand ich sofort auf und sagte: »Und was ist mit euch?

Glaubt ihr vielleicht, dass ihr aus Gold besteht? Frauen bestehen aus Knochen, Blut, Schleim und Fleisch; nun, und aus was besteht ihr? Und worin besteht das Problem, wenn Blut, Schleim und Knochen einander umarmen? Worin besteht das Problem, wenn sie ihre Haut aneinander reiben? Warum machst du so viel Aufhebens darum? Was sollen sie denn sonst machen? «

Doch alle heiligen Schriften sind voll solcher detaillierter Beschreibungen – nur von Frauen, nicht von Männern. Seltsam!

Beide bestehen aus denselben Elementen, und tatsächlich werden alle Männer von einer Frau geboren. Keine Frau wurde jemals von einem Mann geboren.

In Amerika sind inzwischen in manchen Bundesstaaten lesbische Ehen zugelassen, so dass Frauen Frauen heiraten können.

Das ist inzwischen kein Problem mehr, es ist ganz legal. Und Tausende von Babys werden in diesen lesbischen Ehen geboren.

Eine der Partnerinnen, die ein Baby haben möchte, geht einfach ins Krankenhaus und lässt sich befruchten, mit einer Spritze. Was ist also der Mann? Nur eine Injektion, eine Spritze! Jede Spritze kann seine Aufgabe übernehmen. Also sagte ich zu diesen Heiligen: »Ihr habt nur eine Spritze, und diese Spritze besteht ebenfalls aus Knochen und Fleisch und ist mit schmutziger Haut bedeckt. Womit prahlt ihr also? Und wieso demütigt ihr diese Menschen?« Sie hörten den Heiligen immer mit niedergeschlagenen Augen zu, weil sie glaubten, dass sie ihnen die Wahrheit verkündeten. Alle Schriften verkündeten schließlich das Gleiche.

Darauf nahm mich mein Vater immer mit nach Hause und sagte zu mir: »Weil du die Versammlung gestört hast, haben die Leute angefangen zu lachen, und der Mahatma ist sehr zornig.«

Ich antwortete: »Das ist mir egal. Wenn er zornig ist, handelt er gegen seine eigenen Lehren und wird in der Hölle dafür büßen.

Schließlich hat er gegen den Zorn gepredigt, und wenn er jetzt zornig ist, habe ich ihm nur sein wahres Gesicht gezeigt.«

Mein Vater sagte dann immer: »Komm einfach nur mit nach Hause. Manch mal mache ich mir Sorgen, dass sie anfangen könnten, dich zu verprügeln oder sogar mich zu verprügeln. Und du bist so ein hartnäckiger Kerl ... Kein einziger Heiliger kann in dieses Dorf kommen, ohne von dir gestört zu werden. Wir versuchen schon immer, dir die Nachricht zu verheimlichen, damit du nicht erfährst, dass wieder einmal ein Heiliger, ein Mahatma, vorbeikommt und spricht. Wir geben dir doch immer Geld, um ins Kino zu gehen ...«

Aber sobald sie mir Geld gaben, sagte ich: »Behaltet das Geld, ich komme mit euch! Dieses Geld bekomme ich nicht, damit ich ins Kino gehen kann, sondern nur, damit ich irgendeinen Mahatma in Ruhe lasse. Ich komme mit zu der richtigen Show! «

Ich machte ihnen Probleme mit den Fragen, die ich den Mahatmas stellte, dabei waren es doch ganz einfache Fragen: »Was für eine Sünde sollte es sein, wenn zwei Menschen ihre Haut aneinander reiben? Sag mir das doch mal. Ich reibe meine Haut; das ist doch genau dasselbe. Es bedeutet einfach nur, dass ich mir meine Hände wasche, dass ich mir meine Hände wärme. Doch wenn ein Mann und eine Frau ihre Haut aneinander reiben, soll sie das in die Hölle bringen? Und schau dir doch nur einmal deinen Bauch an«

Alle Mahatmas in Indien haben dicke Bäuche, und dabei predigen sie den Leuten: »Esst nicht um des Genusses willen.«

Aber sie selbst ... Ich sagte also: »Woher kommt dieser Bauch?

Steh auf und zeig allen Leuten deinen Bauch! Du isst zu viel, während man im ganzen Land hungert. Und weil du wegen dieses Bauches keine Frau lieben kannst, predigst du jetzt allen Leuten, dass sie keine Frau lieben sollen. Das liegt nur an deinem Bauch, nicht an deiner Religion.«

Ich habe so gewaltige Bäuche gesehen ... ihr würdet es kaum glauben. Muktanandas Guru war Nityananda. Er hatte möglicherweise den dicksten Bauch von allen, einen wahren Mount Everest. Er lag immer nur, weil es schwierig für ihn war, mit diesem Bauch zu gehen. Und wenn er lag, schien es nicht so, als hätte Nityananda einen Bauch, sondern als hätte der Bauch Nityananda. Der Bauch war wie ein Berg, mit einem kleinen Kopf auf der einen Seite und zwei dünnen Beinen auf der anderen Seite.

Und diese Leute sollten große Mahatmas sein! Ich habe nie mehr einen so vollkommenen Bauch gesehen, und er lag immer nur da und aß Süßigkeiten. Seine Anhänger brachten ihm Süßigkeiten, Halva und Puri, und diese machten seinen Bauch immer dicker und dicker.

Als ich ihn zum ersten Mal sah, sagte ich: »Dieser Mann wird eines Tages noch platzen. Er verwendet seinen Bauch als Ballon. Er kann niemals mit einer Frau ins Bett gehen.« Das ist die Wahrheit.

Wo könnte man eine Frau mit einem entsprechenden Loch als Bauch finden? Ich glaube nicht ... Es scheint unmöglich, ein Rätsel, ein Koan. Dieser Mann kann nur mit einer Frau ins Bett gehen, wenn er eine mit einem umgekehrten Bauch findet, so dass sie ineinander passen.

Weil er selbst nicht mehr aktiv werden kann, sagt er offenbar zu allen: »Seid enthaltsam.« Er muss leiden und versucht, alle anderen ebenso leiden zu lassen. Die Menschen genießen das Leiden anderer, weil sie dann zeigen können:

»Wir stehen über euch. Seht nur einmal uns an. Wir sind immer glücklich, still, im Frieden.« Doch die Wahrheit ist, dass sie nicht einmal aufstehen können, nicht einmal herumgehen können.

Ein sehr berühmter Mahatma, Shivananda, der im Westen viele Anhänger hatte, war früher ein Arzt gewesen. Das macht es noch schwerer verständlich: Wie kann ein Arzt seinem Körper so etwas antun? Er aß so viel, dass er nicht mehr gehen konnte, ohne dass ihn zwei Helfer unter den Armen stützten. Er konnte nicht einmal mehr seine Hände hochheben. Seine Hände waren so schwer, so fett, dass jemand die eine Hand nehmen musste, jemand anderer die andere Hand, und dann gingen sie kurz umher. Und dieser Mann sagte zu den Leuten: »Ihr müsst die fünf großen Prinzipien des Hinduismus befolgen. Und das erste Prinzip ist Ashwad, Begierdelosigkeit.«

Was ist nur mit diesem Mann passiert? Er war Arzt gewesen!

Als ich einmal nach Rishikesh kam und ihn sah, sagte ich zu ihm:

»Was für ein Arzt sind Sie nur? Mir scheint, Ihr Titel ist nur Schein. Sie können nicht einmal für Ihren eigenen Körper richtig sorgen; Sie sind zu einem Monster geworden. Sie können nicht einmal Ihre Hand heben, weil sie so schwer geworden ist.« Alles war außer Proportion geraten: ein dicker Bauch, dicke Hände, Beine wie die eines Elefanten – und dieser Mensch sagt zur ganzen Welt: »Du bist nicht der Körper, du bist die Seele.« Wer sind diese Monster? Nur Körper, ohne jede Seele. Ich kann in ihnen keinen Platz dafür sehen; sie sind so voller Schrott, dass ich nicht glaube, dass noch eine Seele darin Platz hätte.

Was Sekito sagt, ist vollkommen richtig. In seinen kurzen Aussagen ist enorm viel Wahrheit enthalten.

»Was ist das reine Land?«

Sekito erwiderte: »Wer hat dich schmutzig gemacht?«

Du bist immer rein; das ist das reine Land. Dein innerer Raum sammelt niemals irgendwelchen Schmutz an. Dieser Spiegel ist immer klar. Kein Schmutz kann in diese Tiefe vordringen, in dieses unsichtbare Jenseits.

Und weiter fragte der Mönch: »Was ist das Nirwana?«

Er versteht offensichtlich überhaupt nichts, denn die erste Frage war schon genug. All seine Fragen sind nur Wiederholungen. Das Nirwana ist nichts anderes als die Befreiung, Befreiung von allen Wünschen, Befreiung von allen Anhaftungen, Befreiung von aller Sklaverei. Was ist das Nirwana? Befreiung von Geburt und von Tod.

Und Sekito antwortete: »Wer gab dir Geburt und Tod? « Das warst du selbst, es war dein eigenes Verlangen.

Versucht einmal ein kleines Experiment. Wenn ihr am Abend schlafen geht, wartet bis zum letzten Moment, wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr am Rand des Einschlafens seid, und dann sagt:

»Eins.« Wiederholt das immer weiter:

»Eins, eins, eins ...« so lange, bis ihr die Grenze vom Wachen zum Schlafen überschritten habt, immer weiter: »Eins, eins, eins

...« Selbst nachdem ihr die Grenze überschritten habt, wiederholt ihr noch ein oder zweimal »Eins, eins ...«, und dann seid ihr fest eingeschlafen. Beobachtet dann, was am Morgen geschieht. Sobald euch bewusst wird, dass ihr aufwacht, werdet ihr überrascht feststellen, dass ihr immer noch vor euch hin wiederholt: »Eins, eins, eins ... « Wie seltsam! Nach acht Stunden Schlaf wiederholt sich immer noch ständig die »Eins« in euch. Der letzte Gedanke beim Einschlafen ist der erste Gedanke beim Aufwachen. Das ist eine wissenschaftlich erwiesene Tatsache.

Warum erzähle ich euch dieses Beispiel? Weil der letzte Gedanke und Wunsch beim Sterben der erste Wunsch beim Eintritt in einen neuen Körper ist. Wenn jemand ohne Wünsche und ohne Gedanken stirbt, wird er nicht mehr in einem neuen Körper geboren. Niemand zwingt euch, wiedergeboren zu werden. Es ist eure Sehnsucht, euer letzter Wunsch beim Sterben. Irgendeine Begierde, ein nicht erfüllter Wunsch, eine Frustration ... Du wolltest Premierminister werden, doch es ist dir nicht gelungen. Du wolltest der reichste Mann auf Erden werden, doch es ist dir nicht gelungen.

Du wolltest eine schöne Frau heiraten, doch es ist dir nicht gelungen. Was immer an Wünschen in dir ist, wird dich in einen neuen Körper führen, so dass sich dein Wunsch erfüllen kann.

Das Leben ist gnädig, die Existenz ist voller Mitgefühl. Sie gibt dir eine Chance nach der anderen, eine Gelegenheit nach der anderen. Wenn du meditativ stirbst, ohne Begier den und Wünsche, dann wird es keinen weiteren Körper mehr für dich geben, keine Geburt, keinen Tod. Das ist es, was Sekito damit sagen möchte.

Wer gab dir Geburt und Tod? Du selbst. Durch deine Wünsche, durch deine Begierden führst du den Kreislauf von Geburt und Tod immer weiter fort. Höre auf zu wünschen; das ist das Nirwana, damit begibst du dich vom Tod in den Kosmos statt in einen weiteren Körper. Sich im Kosmos aufzulösen, eins mit dem Leben zu werden, das ist das Nirwana. Das ist Befreiung, das ist Freiheit, das ist das Paradies – unterschiedliche Bezeichnungen für dieselbe Erfahrung.

Der Mönch kehrte zu Nangaku zurück und berichtete von

Sekitos Antworten. Darauf faltete Nangaku die Hände, verneigte

sich vor ihm und berührte seine Füße.

Obwohl Sekito gar nicht anwesend war, akzeptierte er ihn damit als Erleuchteten.


Das ist eine seltsame Geschichte. Als Sekito mit einem Brief zu ihm kam, konnten sie keine Gemeinsamkeit finden, und Sekito ging zurück, ohne ihm den Brief zu übergeben. Zu jener Zeit war er noch nicht erleuchtet. Inzwischen hatte sich Sekito auf demselben Berg niedergelassen, wo Nangaku seinen Tempel und sein Kloster hatte

– und der Kaiser hatte diesem Berg seinen Namen gegeben –

Mount Nangaku und hier hatte sich Sekito auf einem Hügel niedergelassen, auf einem flachen Felsen.

Nachdem Sekitos Meister gestorben war, hörte Nangaku, dass Sekito dort auf dem Felsen saß. Er wollte wissen, ob Sekito inzwischen erleuchtet war oder nicht. Er muss an jenem Tag, als Sekito als Seigens Schüler gekommen war, die Kraft und Stärke dieses Mannes bemerkt haben. Dieser hatte eine Frage gestellt, und Nangaku hatte geantwortet: »Deine Frage ist zu arrogant. Du solltest sie etwas bescheidener stellen.« Und Sekito hatte darauf erwidert: »Eher würde ich auf ewig in der Hölle versinken, als meine Frage anders zu stellen. « Und danach war er sofort wieder gegangen, ein Mann aus Stahl.

Nangaku war ein berühmter Meister. Als er die Antworten hörte, von denen der Mönch ihm berichtete, faltete er die Hände und verneigte sich; damit erkannte er an, dass Sekito inzwischen erleuchtet war. Solche Antworten können

nicht von einem reinen Gelehrten kommen. Sie können nicht aus geborgtem Wissen kommen. Sie können nur aus der eigenen Erfahrung aufsteigen.

Zu jener Zeit galten Kengo, Ran und Nangaku als die drei

großen Meister des Landes, und alle drei sagten sie: »Vom

Stonehead dringt das Brüllen eines Löwen an mein Ohr.«

Weil er mit geschorenem Kopf auf einem Felsen saß, wurde Sekito unter dem Namen Stonehead bekannt. Und alle drei Meister sagten: »Vom Stonehead dringt das Brüllen eines Löwen an mein Ohr. Er ist weit entfernt, doch ich kann sein Brüllen hören.«

Der Mönch ging daraufhin zurück zu Sekito und sagte zu ihm,

dass er es ihn wissen lassen solle, wenn er irgendetwas für ihn

tun könne. Bald darauf kam Nangaku, der Meister selbst, mit

seinen Mönchen vorbei, um Sekito zu besuchen.

Das ist ein seltsames Phänomen. Einst war Sekito als Schüler zu Nangaku gegangen. Inzwischen haben sich die Dinge vollkommen verändert, nun geht Nangaku zu Sekito, um ihm seinen Respekt zu erweisen.

Sekito erhob sich, um ihn zu empfangen, und die beiden

begrüßten sich. Später ließ Nangaku zu Sekitos Bequemlichkeit

einen Tempel errichten.

Zen vermittelt einen vollkommen anderen Geschmack – keine Konkurrenz. Nangaku ließ für Sekito einen Tempel auf seinem Berg errichten und kümmerte sich um dessen Bequemlichkeit. Ein Mönch kam regelmäßig zu ihm, um ihn zu fragen, ob er etwas benötige. Doch bald begannen Tausende von Menschen zu Sekito zu kommen. Er wurde einer der größten Zen-Meister. Er war ein sehr direkter Mensch, kein Philosoph oder Theologe; seine Antworten waren sehr einfach, doch auf den Punkt. Sein Schwert war sehr scharf, und mit einem einzigen Hieb konnte er den Intellekt eines Menschen, seinen kompletten Verstand, zerlegen. Er verhalf viel en Menschen zur Erleuchtung. Sehr wenige Meister können sich rühmen, so vielen Menschen zur Erleuchtung verholfen zu haben wie Sekito.

Chinejo schrieb:

Auf einmal Licht,

dann wieder Finsternis,

auch ich ein Glühwürmchen.

Ihr habt bestimmt schon Glühwürmchen gesehen. Sie fliegen umher ... wenn sie die Flügel ausbreiten, sieht man ihr Licht, und wenn sie die Flügel wieder anlegen, verschwindet das Licht.

Auf einmal Licht,

dann wieder Finsternis,

auch ich ein Glühwürmchen.

Chinejo muss bis tief in die Nacht hinein meditiert haben. Und die Stille der Nacht und viele Glühwürmchen um ihn herum, mal dunkel, mal hell, mal dunkel, mal hell, brachten ihn plötzlich so in Einklang mit den Glühwürmchen, dass er sagte: »Auch ich – ein Glühwürmchen. Manchmal bin ich unwissend, manchmal bin ich erleuchtet. Manchmal ist alles dunkel, manchmal wird alles hell.«

Jeder Buddha war in seiner Vergangenheit so unwissend, wie ihr es seid; und jeder, der heute noch unwissend ist, hat eine Zukunft vor sich. Eines Tages kann es plötzlich hell werden; und in diesem Licht verschwindet die Vergangenheit wie ein Traum, und seien es Millionen von Jahren. Buddha pflegte das Alter der Menschen von dem Zeitpunkt an zu rechnen, als sie erleuchtet wurden. Die Jahre davor zählten für ihn nicht.

Eines Tages saß ein großer Herrscher jener Zeit, Prasenjita, bei Buddha und stellte ihm Fragen. Da kam ein alter Mönch – der wohl mindestens fünfundsiebzig Jahre alt war – und sagte zu Prasenjita:

» Bitte vergib mir. Ich warte schon einige Zeit, denn ich muss vor Sonnenuntergang gehen. Ich muss ins nächste Dorf gehen« – ein buddhistischer Mönch darf nicht bei Nacht umhergehen –, »deshalb bin ich etwas in Eile. Ich muss dich daher einen Augenblick stören, nur um Buddhas Füße zu berühren und ihn zu fragen, ob er eine Botschaft für mich hat. Ich sehe ihn vielleicht nie wieder, denn wer weiß schon, was morgen ist? « Also berührte er Buddhas Füße, und Buddha fragte: »Wie alt bist du?«

Der alte Mann antwortete: »Vier Jahre.«

Prasenjita traute seinen Ohren nicht und konnte der Versuchung nicht widerstehen, sich einzumischen. Er sagte:

»Was? Vier Jahre? Du musst mindestens fünfundsiebzig sein.«

Buddha antwortete darauf: »Prasenjita, das verstehst du nicht. In meinem Ashram zählen wir nur die Jahre, die jemand als erleuchtetes Wesen verbracht hat. Davor waren nur Dunkelheit und Träume, Alpträume und Elend – nicht wert, dass man sie zählt. Du hast recht, er ist fünfundsiebzig Jahre alt in der gewöhnlichen Welt

, doch dies hier ist nicht die gewöhnliche Welt. Er lebt in einem außergewöhnlichen Ashram. Soweit es mich betrifft, ist er vier Jahre alt. Ich habe ihn nur gefragt, ob er sich daran erinnert. Und er erinnert sich. Er weiß, was wahres Leben ist – nur diese vier Jahre.

Die einundsiebzig Jahre davor waren ohne Belang, sie spielen keine Rolle, sie sind ohne jede Bedeutung. Man braucht sie nicht zu zählen.«

Und Buddha sagte zu dem Mönch: »Geh mit meinem Segen, denn deine Erinnerung ist korrekt.« Nun die Meditation: Sei still, schließe deine Augen und spüre, wie dein Körper vollkommen still wird. Das ist der richtige Augenblick, um nach innen zu schauen.

Sammle deine Energie, dein komplettes Bewusstsein, und mit einer Dringlichkeit, als wäre dies der letzte Moment deines Lebens, dringe vor zu deinem Zentrum – schneller und schneller, tiefer und tiefer.


Während du deinem Zentrum immer näher kommst, breitet sich eine große Stille über dir aus. Sie fällt fast wie sanfter Regen auf dich nieder, so greifbar. Noch ein wenig näher, und ein großer Frieden steigt aus deiner inneren Quelle auf und umgibt dich mit einem Strahlen, das du noch nie gesehen hast, mit einer Gnade, die nicht von dieser Welt ist.

Noch ein Schritt, und du befindest dich im innersten Zentrum deines Wesens.

Zum ersten Mal siehst du dein ursprüngliches Gesicht. Hier im Osten haben wir das Gesicht Buddhas als Symbol für das ursprüngliche Gesicht jedes Menschen übernommen. Du stehst deinem eigenen verborgenen Buddha gegenüber.

Dies ist dein verborgenes Strahlen. Dies ist deine wahre Natur, dein Dharma.

Der Buddha besitzt nur eine einzige Eigenschaft, die des Gewahrseins.

Nimm wahr, dass du nicht der Körper bist, nimm wahr, dass du nicht der Verstand bist, nimm wahr, dass du nur ein Zeuge bist.

Und plötzlich bist du eins mit dem Buddha.

Sowie sich deine Wahrnehmung vertieft, taucht eine große Ekstase in dir auf. Sie beginnt in dir aufzutauchen wie eine Lotusblume, die sich in der Morgensonne öffnet, so voller Frische.

Auf ihren Blütenblättern liegen noch die Tautropfen der Nacht und glänzen in der Morgensonne wie Perlen.

In diesem Augenblick zählst du zu den glücklichsten Menschen auf Erden. In deinem eigenen Zentrum zu sein, ein Buddha zu sein ist die großartigste Erfahrung des Lebens.

Um dieses Wahrnehmen noch tiefer werden zu lassen ...

Entspanne dich ... lass los ... doch bleibe im Wahrnehmen.

Langsam, ganz langsam, beginnst du wie Eis im Ozean zu schmelzen, als getrennte Einheit zu verschwinden und zu der ozeanischen Weite, Ewigkeit, Unendlichkeit zu werden.

Das ist deine innerste Natur. Das ist dein Geburtsrecht – ein Buddha zu sein. Du bist über den Verstand hinausgegangen und hast die Quelle deines Wesens erreicht, von der du gekommen bist.

Und wenn die Quelle und das Ziel eins geworden sind, ist der Kreis vollendet. Dieses Vollenden des Kreises ist Erleuchtung. Jeden Tag wird sie tiefer und tiefer.


Sammle alle Erfahrungen ein, die du jetzt gerade machst: das Gefühl von Weit e, dieses ozeanische Gefühl, den immensen Frieden, die seltene Stille, die unendliche Ekstase und die Blumen der Seligkeit, die auf dich herabfallen.

Sammle alles ein, denn du musst diese Erfahrungen in dein gewöhnliches, alltägliches Leben bringen – diese Anmut, diesen Frieden, diese Stille, diese Freude, dieses Feiern.

Wenn es dir gelingt, all diese Dinge vom Zentrum zur Peripherie zu bringen, wird dir der Buddha folgen.

Doch du solltest ihn direkt dazu auffordern. Bitte den Buddha, näher zu kommen und dir zu folgen, so dass er eine ständige Präsenz hinter dir ist.

Bei jeder Handlung, jeder Geste, jedem Wort, in jeder Stille, bei Tag, bei Nacht, im Wachen, im Schlafen, im Gehen, was immer du auch tust, folgt dir seine Präsenz wie ein Schatten.

Doch dies er Schatten ist sehr solide und strahlend; der Schatten erfüllt dich mit großer Freude. Dein Herz beginnt zu tanzen.

Jetzt komm langsam zurück ... doch komm so friedvoll zu rück, als ob niemand hier wäre, ganz still, mit großer Anmut. Denke daran, dass du ein Buddha bist. Bleibe noch ein paar Sekunden sitzen, um dich an den goldenen Pfad zu erinnern, den du gegangen bist, um dich an die Erfahrungen zu erinnern, die sich im Zentrum deines Wesens für dich öffnen.

Die Erfahrung des Zentrums ist das einzige Wunder, das es gibt.

Durch eure Ehrlichkeit, durch eure Aufrichtigkeit habt ihr diesen Abend zu einem magischen Abend gemacht. Fühlt die Präsenz des Buddhas hinter euch.

Das sind die drei Schritte der Meditation: Zuerst spürt ihr Buddha als Präsenz hinter euch; dann erkennt ihr Buddha als eine Präsenz vor euch, und ihr werdet zu seinem Schatten; und schließlich verschwindet euer Schatten im Buddha, und ihr werdet zum Buddha selbst. Ihr seid nicht mehr da, nur der Buddha ist noch vorhanden.

Der Buddha ist nur ein Symbol für das reine Sein, die letztendliche Befreiung, das Nirwana.

Eines Tages werden sich diese drei Schritte in euch vollzogen haben. Wenn der dritte Schritt vollzogen ist, seid ihr erwacht, erleuchtet. Dann gibt es keine Geburt mehr für euch und keinen Tod. Dann seid ihr Teil des ganzen Kosmos geworden.


Gott ist tot, und Zen ist die einzige lebendige Wahrheit.

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