SIEBZEHN

Bei seinem nächsten Besuch in Langley, dem ersten seit drei Wochen, traf der Kandidat mit einer Kolonne aus blitzblanken schwarzen Kleinbussen ein. Sie fuhren allesamt zu schnell, aber wer sollte sie schon belangen? Die Wagen wurden überprüft und durchgewinkt. Sie drangen immer tiefer ins Innere des Komplexes vor und hielten schließlich vor einer Tür, an der sie von etlichen jungen Männern mit muskulösen Nacken und grimmigen Gesichtern erwartet wurden. Lake trat in das Gebäude; die Leibwächter und Sicherheitsbeamten blieben an diversen Kontrollstellen zurück. Schließlich stand er nicht in dem Bunker, den er bereits kannte, sondern in Teddy Maynards offiziellem Büro, das einen Ausblick auf ein Wäldchen bot. Seine Begleiter warteten vor der Tür. Die beiden großen Männer begrüßten sich mit Handschlag und schienen sich aufrichtig zu freuen, einander zu sehen.

Das Wichtigste zuerst.»Ich gratuliere zum Erfolg in Virginia«, sagte Teddy.

Lake zuckte die Schultern, als wäre er sich noch nicht ganz sicher.»Danke, und nicht nur dafür.«

«Es war ein sehr beeindruckender Sieg, Mr. Lake«, sagte Teddy.»In Virginia hat sich Gouverneur Tarry ein Jahr lang abgerackert. Vor zwei Monaten hatte er Zusagen von den Leitern aller Polizeireviere im Staat. Es sah so aus, als wäre er unschlagbar. Aber jetzt ist sein Stern im Sinken begriffen. Es ist oft schlecht, zu früh Favorit zu sein.«

«In der Politik spielt die Dynamik eine eigenartige Rolle «, bemerkte Lake abgeklärt.

«Und Geld spielt eine noch viel eigenartigere Rolle, Mr. Lake. Im Augenblick kann Gouverneur Tarry keinen Cent auftreiben, weil alles Ihnen zufließt. Das Geld folgt der Dynamik.«

«Ich bin sicher, dass ich es noch oft sagen werde, Mr. Maynard, aber ich möchte Ihnen nochmals danken. Sie haben mir eine Chance gegeben, die ich mir nicht habe träumen lassen.«

«Und macht es Ihnen Spaß?«

«Noch nicht. Das kommt später, wenn wir gewonnen haben.«

«Der Spaß beginnt am nächsten Dienstag, Mr. Lake, am großen Super Tuesday. New York, Kalifornien, Massachusetts, Ohio, Georgia, Missouri, Maryland, Maine, Connecticut — alle an einem Tag. Beinahe 600 Delegierte!«Teddys Augen funkelten, als zählte er bereits die Stimmen.»Und in jedem Staat liegen Sie in Führung. Ist das nicht unglaublich?«

«Ja.«

«Aber es stimmt. In Maine sieht es aus irgendeinem Grund nach einer knappen Entscheidung aus und in Kalifornien ebenso, aber auf jeden Fall werden Sie am nächsten Dienstag der große Gewinner sein.«

«Wenn man den Umfragen glauben darf«, sagte Lake, als glaube er ihnen nicht. In Wirklichkeit war er, wie alle Kandidaten, geradezu süchtig nach Umfrageergebnissen. Und tatsächlich gewann er in Kalifornien, einem Staat mit hundertvierzigtausend Rüstungsarbeitern, an Boden.

«Ich glaube ihnen. Und ich glaube, dass Sie am kleinen Super Tuesday einen Erdrutschsieg erringen werden. Im Süden mag man Sie. Die Leute dort lieben Waffen und starke Worte und so weiter und im Augenblick verlieben sie sich in Sie, Mr. Lake. Der nächste Dienstag wird schön, aber der übernächste Dienstag wird ein Knaller.«

Teddy Maynard sagte einen Knaller voraus und Lake musste unwillkürlich lächeln. Die Umfrageergebnisse zeigten denselben Trend, aber aus Teddys Mund klang es noch besser. Er nahm einen Computerausdruck und studierte die letzten landesweiten Umfrageergebnisse. In jedem Staat führte er um mindestens fünf Prozent.

Für einige Minuten genossen sie den bevorstehenden Triumph. Dann wurde Teddy ernst.»Es gibt etwas, das Sie wissen sollten«, sagte er und sein Lächeln war wie weggewischt. Er nahm ein Blatt Papier, auf dem einige Notizen standen.»Vor zwei Tagen wurde eine mit Atomsprengköpfen bestückte russische Langstreckenrakete im Schutz der Dunkelheit mit Lastwagen über den Khyber-Pass von Afghanistan nach Pakistan geschafft. Sie ist jetzt unterwegs in den Iran, wo sie für Gott weiß was eingesetzt werden wird. Die Rakete hat eine Reichweite von viertausend-fünfhundert Kilometern und kann vier Atombomben transportieren. Sie hat etwa dreißig Millionen Dollar gekostet, die die Iraner über eine Bank in Luxemburg bezahlt haben. Die dreißig Millionen sind noch dort, auf einem Konto, das angeblich Tschenkows Leuten gehört.«

«Ich denke, er hortet Waffen. Ich wusste nicht, dass er auch welche verkauft.«

«Er braucht Geld und er bekommt es. Er ist der einzige Mann, den wir kennen, dem das Geld schneller zufließt als Ihnen.«

Humor war nicht Teddys Stärke, doch Lake lachte höflich.

«Ist die Rakete einsatzfähig?«fragte er.

«Wir glauben ja. Sie stammt aus einem Silo bei Kiew und wir nehmen an, dass es sich um ein Modell neuerer Bauart handelt. Warum sollten die Iraner auch eine alte Rakete kaufen, wenn so viele neue herumliegen? Ja, ich glaube, wir müssen annehmen, dass sie einsatzfähig ist.«

«Und ist es die Erste?«

«Es sind vorher schon Raketenteile und Plutonium an Iran, Irak und Indien verkauft worden, aber ich glaube, dies ist die erste komplette Rakete.«

«Haben sie vor, sie bald einzusetzen?«

«Das glauben wir nicht. Wie es scheint, hat Tschenkow auf das Geschäft gedrängt. Er braucht Geld, um andere Waffen zu kaufen. Und er verkauft die Sachen, die er nicht braucht.«

«Wissen die Israelis davon?«

«Nein. Noch nicht. Bei denen muss man sich vorsehen. Eine Hand wäscht die andere. Eines Tages werden wir etwas von ihnen brauchen und dann werden wir ihnen vielleicht von dieser Transaktion erzählen.«

Einen Augenblick lang wünschte Lake sich, jetzt schon Präsident zu sein. Er wollte alles wissen, was Teddy wusste, doch dann wurde ihm klar, dass das wohl nie der Fall sein würde. Immerhin gab es ja einen amtierenden Präsidenten, auch wenn er wegen des bevorstehenden Endes seiner Amtszeit nicht mehr sehr handlungsfähig war, und mit ihm sprach Teddy Maynard nicht über Tschenkow und seine Raketen.

«Was halten die Russen von meinem Wahlkampf?«fragte er.

«Anfangs haben sie Sie nicht weiter beachtet, aber inzwischen verfolgen sie die Entwicklung sehr aufmerksam. Sie dürfen allerdings nicht vergessen, dass es die Stimme Russlands nicht mehr gibt. Alle, die ein Interesse an einem freien Markt haben, halten sehr viel von Ihnen, denn sie fürchten ein Wiedererstarken der Kommunisten. Und diejenigen, die einen harten Kurs fahren wollen, haben Angst vor Ihnen. Es ist eine sehr komplexe Situation.«

«Und Tschenkow?«

«Ich muss leider sagen, dass wir noch nicht nah genug an ihn herangekommen sind. Aber wir arbeiten daran. In Kürze werden wir jemanden haben, der uns über ihn berichten kann.«

Teddy warf die Unterlagen auf den Schreibtisch und rollte auf Lake zu. Die vielen Falten auf seiner Stirn zogen sich zusammen und die buschigen Brauen senkten sich über seine traurigen Augen.»Hören Sie, Mr. Lake«, sagte er und seine Stimme klang jetzt sehr ernst.»Sie haben diese Wahl in der Tasche. Es wird noch ein, zwei Schlaglöcher geben, Dinge, die wir nicht vorhersehen können, und selbst wenn wir es könnten, würden wir nicht imstande sein, sie zu verhindern. Wir werden sie also gemeinsam durchstehen und der Schaden wird sehr begrenzt sein. Sie sind neu, Mr. Lake, und die Leute mögen Sie. Sie machen das alles sehr gut und kommen hervorragend an. Ihre Botschaft muss einfach sein: Unsere Sicherheit ist in Gefahr und die Welt ist nicht so sicher, wie sie scheint. Ich werde mich um das Geld kümmern und dafür sorgen, dass die Leute Angst haben. Wir hätten diese Rakete auf dem Khyber-Pass in die Luft jagen können. Fünftausend Menschen wären dabei umgekommen, fünftausend Pakistanis. Aber wenn irgendwo in den Bergen eine Atombombe explodiert — glauben Sie, da wacht jemand auf und macht sich Sorgen um den Aktienmarkt? Nie im Leben. Ich werde den Leuten Angst machen, Mr. Lake. Und Sie werden sich aus allem Ärger heraushalten und sich anstrengen.«

«Ich strenge mich an, so sehr ich kann.«

«Strengen Sie sich noch mehr an. Und keine Überraschungen, okay?«

«Bestimmt nicht.«

Lake war sich nicht sicher, was Teddy mit Überraschungen gemeint hatte, fragte aber nicht nach. Vielleicht war es nur ein gut gemeinter väterlicher Rat gewesen.

Teddy rollte wieder zurück. Er drückte einen Knopf und von der Decke senkte sich eine Leinwand herab. Die nächsten zwanzig Minuten verbrachten sie damit, sich die Rohschnitte der kommenden Fernsehspots anzusehen. Dann verabschiedeten sie sich voneinander. Abermals in Kolonne — zwei Kleinbusse vor seinem Wagen, einer hinter ihm — fuhr Lake eilends von Langley zum Reagan National Airport, wo sein Jet wartete. Er wollte eine ruhige Nacht in Georgetown verbringen, zu Hause, wo die Welt auf Distanz blieb und er in Ruhe ein Buch lesen konnte, ohne ständig beobachtet zu werden. Er sehnte sich nach der Anonymität der Straßen, nach den namenlosen Gesichtern, dem arabischen Bäcker in der M Street, der diese ausgezeichneten Bagels machte, nach dem Antiquar in der Wisconsin Avenue, nach dem Cafe, wo man afrikanische Kaffeebohnen röstete. Würde er je wieder wie ein normaler Mensch durch die Straßen schlendern und tun und lassen können, was er wollte? Ihm schwante, dass diese Zeiten vorbei waren, vielleicht für immer.

Als Lakes Flugzeug abgehoben hatte, trat Deville in den Bunker und informierte Teddy, Lake habe keinen Versuch unternommen, nach dem Inhalt seines Postfachs zu sehen. Es war Zeit für den täglichen Bericht über den Lake-Schlamassel. Teddy verbrachte mehr Zeit als geplant damit, sich Sorgen darüber zu machen, was sein Kandidat als Nächstes tun würde.

Die fünf Briefe, die Klockner und seine Leute abgefangen hatten, waren gründlich analysiert worden. Zwei waren von Yarber geschrieben worden, die drei anderen von Beech, der sich als Ricky ausgab. Die fünf Empfänger lebten in verschiedenen Bundesstaaten. Vier von ihnen gebrauchten erfundene Namen; nur einer war mutig genug, sich nicht hinter einem Alias zu verstecken. Die Briefe hatten mehr oder weniger denselben Inhalt: Percy und Ricky waren gefährdete junge Männer, die in einer Drogenklinik saßen und verzweifelt versuchten, ihr Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Sie waren talentiert und noch immer zu großen Träumen imstande, brauchten aber die moralische und tatkräftige Unterstützung neuer Freunde, da ihr alter Freundeskreis noch im Drogenmilieu steckte und daher gefährlich war. Sie bekannten freimütig ihre Fehler und Missetaten, ihre Schwächen und Sehnsüchte. Sie malten sich ihr Leben nach der Entlassung aus und schilderten ihre Hoffnungen und Träume, die Dinge, die sie dann tun wollten. Sie waren stolz auf ihre Sonnenbräune und ihre Muskeln und schienen darauf zu brennen, den neuen Freunden ihre attraktiven Körper vorzuführen.

Nur in einem einzigen Brief war von Geld die Rede: Ricky fragte einen Brieffreund in Spokane, Washington, ob er ihm 1000 Dollar leihen könne. Er schrieb, er brauche das Geld, um einige Dinge zu bezahlen, für die sein Onkel nicht aufkommen wolle.

Teddy hatte die Briefe mehr als einmal gelesen. Die Bitte um Geld war bedeutsam, denn sie erhellte, worauf das kleine Spiel der Bruderschaft abzielte. Vielleicht war das Ganze eine kleine Sache, etwas, das ein anderer Gefangener, der seine Zeit in Trumble abgesessen hatte und jetzt wieder größere Dinger drehte, ihnen beigebracht hatte.

Doch die Größe der Beute spielte keine Rolle. Es ging um fleischliche Lust — schlanke Taillen, sonnengebräunte Haut starke Muskeln — und Teddys Kandidat war dabei, sich zu verstricken.

Es gab noch offene Fragen, doch Teddy war geduldig. Man würde die Post überwachen und nach und nach würde man die Antworten finden.

Während Spicer die Tür zum Besprechungszimmer bewachte und durch seine bloße Anwesenheit jeden daran hinderte, den juristischen Teil der Bibliothek zu betreten, machten sich Beech und Yarber an die Beantwortung der Post. An AI Konyers schrieb Beech:

Lieber AI!

Danke für deinen letzten Brief. Es bedeutet für mich so viel, einen Brief von dir zu bekommen. Ich fühle mich, als hätte ich monatelang in einem Kerker verbracht. Deine Briefe sind wie ein Lichtstrahl — sie öffnen mir eine Tür. Bitte schreib mir weiter.

Es tut mir leid, dass ich dich mit so viel persönlichem Zeug gelangweilt habe. Ich respektiere deine Privatsphäre und hoffe, dass ich nicht zu viele Fragen gestellt habe. Du bist ein sensibler Mann, der gern allein ist und die guten Dinge des Lebens zu schätzen weiß. Gestern Nacht habe ich Gangster in Key Largo mit Bogart und Bacall gesehen und an dich gedacht. Ich hatte beinahe den Geschmack von chinesischem Essen auf der Zunge. Das Essen hier ist ganz in Ordnung, aber chinesisch kochen können sie einfach nicht.

Ich habe eine tolle Idee: Wenn ich in zwei Monaten entlassen werde, könnten wir uns doch Casablanca und African Queen ausleihen, chinesisches Essen kommen lassen, eine Flasche alkoholfreien Wein aufmachen und einen gemütlichen Abend auf dem Sofa verbringen. Ich bin so aufgeregt, wenn ich an das Leben draußen denke und an all die Dinge, die ich dann wieder tun kann.

Entschuldige, wenn ich zu schnell bin, AI, aber ich muss hier auf vieles verzichten, und zwar nicht nur auf Alkohol und gutes Essen, wenn du verstehst, was ich meine.

Das Offene Haus in Baltimore nimmt mich auf, wenn ich es schaffe, irgendeinen Teilzeitjob zu finden. Du hast geschrieben, dass du dort geschäftliche Kontakte hast. Ich weiß, dass es eine große Bitte ist, denn schließlich kennst du mich ja noch gar nicht, aber könntest du mir einen Job verschaffen? Ich würde dir ewig dankbar sein.

Bitte schreib mir bald, AI. Deine Briefe und die Hoffnung und der Traum, in zwei Monaten hier rauszukommen und einen Job zu haben, geben mir die Kraft auszuhalten.

Danke! Du bist ein Freund.

Alles Liebe, Ricky

Der Brief an Quince Garbe war in einem ganz anderen Ton gehalten. Beech und Yarber hatten tagelang daran gefeilt. Die Endfassung las sich so:

Lieber Quince!

Deinem Vater gehört eine Bank und du behauptest, du könntest nur 10 000 Dollar aufbringen. Ich glaube, dass du lügst, Quince, und das macht mich wirklich wütend. Ich bin in großer Versuchung, deinem Vater und deiner Frau die Briefe zu schicken.

Also gut. Ich werde mich mit 25 000 Dollar zufrieden geben, wenn du sie sofort überweist, auf dasselbe Konto wie beim ersten Mal.

Und droh nicht mit Selbstmord. Mir ist ganz egal, was du tust. Wir werden uns nie kennen lernen und außerdem finde ich, dass du pervers bist.

Schick das verdammte Geld, Quince, und zwar schnell!

Alles Liebe, Ricky

Klockner war besorgt, dass Trevor eines Tages schon vor Mittag nach Trumble fahren und die Briefe auf dem Rückweg zu seiner Kanzlei oder nach Hause in den Briefkasten werfen könnte. Wenn sie erst einmal dort waren, konnte er sie nicht mehr überprüfen. Trevor musste sie mitnehmen und über Nacht in der Kanzlei lassen, damit man sie kopieren und lesen konnte. Klockner war besorgt, doch Trevor erwies sich als Spätstarter. Er schien erst «ach seinem Mittagsschläfchen zum Leben zu erwachen.

Als er also seiner Sekretärin sagte, er werde um elf Uhr nach Trumble fahren, kam Leben in das gemietete Haus gegenüber. Eine Frau mittleren Alters, die sich Mrs. Bekröne nannte, rief in der Kanzlei an und erklärte Jan, sie und ihr reicher Mann wollten sich so schnell wie möglich scheiden lassen. Jan bat sie, einen Augenblick zu warten, und rief Trevor diese Nachricht durch den Flur zu. Dieser war gerade dabei, einige Papiere in den Aktenkoffer zu legen. Die Kamera in der Decke fing seinen ungehaltenen Blick ein, als er erfuhr, eine neue Mandantin sei am Telefon.

«Sie sagt, sie ist reich!«rief Jan und Trevors Stirn glättete sich wieder. Er setzte sich und wartete.

Umständlich schilderte Mrs. Beltrone Jan den Fall. Sie sei Ehefrau Nummer drei, ihr Mann sei wesentlich älter als sie, sie besäßen ein Haus in Jacksonville, verbrächten jedoch den größten Teil ihrer Zeit in ihrem Haus auf Bermuda. Außerdem hätten sie noch ein Haus in Vail, Colorado. Sie

hätten die Scheidung schon seit einiger Zeit geplant und sich über alles geeinigt, ohne großen Streit, im besten Einvernehmen, und jetzt brauchten sie nur einen guten Anwalt, der den Papierkram erledigte. Mr. Carson sei ihnen sehr empfohlen worden, und sie hätten es überaus eilig.

Trevor übernahm das Gespräch und bekam dieselbe Geschichte zu hören. Mrs. Beltrone saß in dem Haus gegenüber und hielt sich an die Vorlage, die das Team eigens für diesen Zweck ausgearbeitet hatte.

«Ich muss sofort mit Ihnen sprechen«, sagte sie, nachdem sie fünfzehn Minuten auf ihn eingeredet hatte.

«Tja, ich bin leider furchtbar beschäftigt«, sagte Trevor, als wäre er dabei, in einem halben Dutzend Terminkalendern zu blättern. Mrs. Beltrone beobachtete ihn auf dem Bildschirm. Seine Füße lagen auf der Schreibtischplatte. Er hatte die Augen geschlossen, und seine Fliege saß schief. Wirklich der Inbegriff eines furchtbar beschäftigten Anwalts.

«Bitte«, flehte sie.»Wir wollen diese Sache hinter uns bringen. Ich muss heute noch mit Ihnen sprechen.«

«Wo ist Ihr Mann?«

«In Frankreich, aber er wird morgen hier sein.«

«Tja, hm, wollen mal sehen«, murmelte Trevor und spielte an seiner Fliege herum.

«Wie hoch ist Ihr Honorar?«fragte sie und sogleich öffneten sich seine Augen.

«Tja, das ist offenbar komplizierter als eine simple einverständliche Scheidung. Ich müsste ein Honorar von zehntausend Dollar verlangen. «Er verzog bei diesen Worten das Gesicht und hielt den Atem an.

«Ich werde das Geld mitbringen«, sagte sie.»Kann ich um ein Uhr kommen?«

Er war aufgesprungen und beugte sich über das Telefon.»Halb zwei wäre besser«, brachte er heraus.»Gut. Also um halb zwei.«

«Wissen Sie, wo meine Kanzlei ist?«

«Mein Fahrer wird sie schon finden. Danke, Mr. Carson.«

Nennen Sie mich einfach Trevor, hätte er beinahe gesagt. Aber sie hatte bereits aufgelegt.

Das CIA-Team sah zu, wie er in die Hände klatschte, sie zu Fäusten ballte, die Zähne zusammenbiss und» Ja!«rief. Er hatte einen dicken Fisch an der Angel.

Jan erschien in der Tür und fragte:»Und?«

«Sie kommt um halb zwei. Räumen Sie hier mal ein bisschen auf.«

«Ich bin keine Putzfrau. Können Sie sich einen Vorschuss geben lassen? Ich muss ein paar Rechnungen bezahlen.«

«Ich kriege das verdammte Geld schon noch.«

Trevor trat an das Bücherregal, richtete Bücher aus, die er seit Jahren nicht mehr in der Hand gehabt hatte, staubte die Bretter mit einem Papiertuch ab und stopfte Schnellhefter in Schubladen. Als er sich

daran machte, seinen Schreibtisch aufzuräumen, verspürte Jan ein leises Schuldgefühl und begann im Empfangsbereich Staub zu saugen.

Sie ließen die Mittagspause ausfallen und arbeiteten durch. Ihr Gezanke sorgte gegenüber für große Heiterkeit.

Es wurde halb zwei. Mrs. Bekröne ließ sich nicht blicken.

«Wo zum Teufel bleibt sie?«rief Trevor gegen zwei Uhr durch den Flur.

«Vielleicht hat sie sich ein bisschen umgehört«, sagte Jan.

«Was haben Sie gesagt?«brüllte er.

«Nichts.«

«Rufen Sie sie an«, rief Trevor um halb drei.

«Sie hat keine Nummer hinterlassen.«

«Sie haben sich nicht ihre Telefonnummer geben lassen?«

«Das hab ich nicht gesagt. Ich hab gesagt, dass sie keine Nummer hinterlassen hat.«

Um halb vier stürmte Trevor aus der Kanzlei, noch immer bemüht, die Oberhand in einem Streit mit einer Frau zu behalten, die er in den vergangenen acht Jahren mindestens zehnmal entlassen hatte.

Sie folgten ihm nach Trumble. Er blieb 53 Minuten im Gefängnis, und als er zurückfuhr, war es nach fünf Uhr, zu spät, um die Post in Neptune Beach oder Atlantic Beach aufzugeben. Er kehrte zu seiner Kanzlei zurück und legte den Aktenkoffer auf den Schreibtisch. Dann ging er erwartungsgemäß zu Pete's Bar and Grill, um zu Abend zu essen und zu trinken.

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