EINUNDZWANZIG

Der Fall des gestohlenen Handys faszinierte die Insassen von Trumble schon seit einem Monat. Mr. T-Bone, ein drahtiger Bursche aus einem Ghetto in Miami, der für Drogenvergehen zwanzig Jahre bekommen hatte, war auf nicht ganz geklärte Art und Weise zu einem Handy gekommen. Sie waren in Trumble streng verboten, und über die Methode, wie er sich eins verschafft hatte, kursierten mehr Gerüchte als über T. Karls Sexleben. Die wenigen, die es zu Gesicht bekommen hatten, beschrieben es — nicht vor der Bruderschaft, sondern gegenüber anderen Insassen — als etwa so groß wie eine Stoppuhr. Man hatte Mr. T-Bone in dunklen Ecken gesehen, wo er, der Welt den Rücken zukehrend, gebeugt und das Kinn auf die Brust drückend, in sein Handy murmelte. Offenbar steuerte er noch immer die Aktivitäten seiner Leute in Miami.

Und dann war es mit einem Mal verschwunden. Mr. T-Bone verkündete, er werde den Dieb umbringen, und als diese Drohung nichts nützte, setzte er eine Belohnung in Höhe von 1000 Dollar aus. Der Verdacht fiel auf Zorro, einen anderen jungen Drogendealer, der aus einem Viertel von Atlanta stammte, in dem es nicht weniger hart zuging als in Mr. T-Bones Heimat. Es schien, als stünde ein Mord kurz bevor, und so schalteten sich die Wärter und die Anzugträger von der Gefängnisverwaltung ein und machten den beiden unmissverständlich klar, dass man sie verlegen werde, sollte die Sache aus dem Ruder laufen. Gewalt wurde in Trumble nicht geduldet. Die Strafe dafür war, dass man seine restliche Zeit in einem stärker gesicherten Gefängnis absitzen musste, dessen Insassen mit Gewalt bestens vertraut waren.

Jemand erzählte Mr. T-Bone von den wöchentlich stattfindenden Gerichtsverhandlungen, und binnen kurzem hatte er T. Karl kontaktiert und eine Klage eingereicht. Er wollte sein Handy zurück und forderte eine Million Dollar Schadenersatz.

Beim ersten anberaumten Termin erschien der stellvertretende Direktor in der Cafeteria, um die Verhandlung zu verfolgen, die von den Richtern jedoch sogleich vertagt wurde. Dasselbe geschah beim zweiten Termin. Niemand würde in Anwesenheit eines Beamten der Verwaltung Aussagen darüber machen, wer möglicherweise im Besitz eines verbotenen Handys war. Was die Wärter betraf, die die wöchentlichen Verhandlungen verfolgten, so konnte man sicher sein, dass sie nichts ausplaudern würden.

Richter Spicer konnte schließlich einen der Gefängnispsychologen davon überzeugen, dass die Jungs einen privaten Streit zu regeln hatten und Zeugen aus dem Verwaltungstrakt dabei unerwünscht waren.»Wir versuchen, die Angelegenheit zu regeln«, flüsterte er,»aber das wird nur funktionieren, wenn wir ungestört bleiben.«

Die Bitte wurde nach oben weitergegeben, und beim dritten Termin war die Cafeteria bis auf den letzten Platz mit Zuschauern besetzt, von denen die meisten auf ein Blutvergießen hofften. Der einzige Vertreter der Strafvollzugsbehörde war ein Wärter, der dösend in der letzten Reihe saß.

Beide Parteien besaßen umfassende Erfahrungen mit Gerichten, und so war es nicht weiter überraschend, dass sowohl Mr. T-Bone als auch Zorro ohne Anwalt erschienen waren. Richter Beech versuchte fast eine Stunde lang, eine der Würde des Gerichts angemessene Ausdrucksweise durchzusetzen, gab seine Bemühungen aber schließlich auf. Der Kläger gab wilde Beschuldigungen von sich, die er nicht einmal mit Hilfe von tausend FBI-Beamten hätte beweisen können, und die Verteidigung des Beklagten war nicht weniger laut und absurd. Mr. T-Bone machte Punkte, indem er zwei schriftliche Aussagen vorlegte, unterschrieben von Zeugen, deren Namen nur den Richtern enthüllt wurden und die erklärten, sie hätten gesehen, wie Zorro versucht habe, sich zu verstecken, während er in ein winziges Handy gesprochen habe.

In seiner wütenden Antwort bezeichnete Zorro diese Aussagen und diejenigen, die sie gemacht hatten, mit Wörtern, die die Richter noch nie gehört hatten.

Der K.o. Schlag kam aus heiterem Himmel. In einem Antrag, um den ihn der geschickteste Anwalt beneidet hätte, legte Mr. T-Bone schriftliche Beweise vor. Jemand hatte seine Telefonrechnung ins Gefängnis geschmuggelt, und aus dieser ging schwarz auf weiß hervor, dass genau 54 Gespräche mit Teilnehmern im Südosten von Atlanta geführt worden waren. Seine Anhänger, die bei weitem in der Mehrheit waren — auch wenn ihre Loyalität sich im Handumdrehen in nichts auflösen konnte —, brachen in lauten Jubel aus, bis T. Karl seinen Plastikhammer schwang und wieder Ruhe herstellte.

Zorro hatte Schwierigkeiten, sich auf die veränderte Situation einzustellen, und sein Zögern besiegelte sein Schicksal. Er wurde verurteilt, den Richtern das Handy innerhalb von 24 Stunden auszuhändigen und Mr. T-Bone die Ferngesprächsgebühren in Höhe von 450 Dollar zu erstatten. Sollte das Handy nicht vor Ablauf der gesetzten Frist bei den Richtern abgegeben werden, würde der Gefängnisdirektor davon informiert werden, dass Zorro nach Ansicht des Gerichts im Besitz eines illegalen Telefons sei.

Außerdem wurde angeordnet, dass die beiden Kontrahenten stets — auch bei den Mahlzeiten — einen Abstand von fünfzehn Metern voneinander einzuhalten hatten.

T. Karl schlug mit dem Hammer auf den Tisch, und die Zuschauer drängten lautstark zu den Ausgängen. Er rief den nächsten Fall auf — einen Streit, bei dem es um kleine Spielschulden ging — und wartete darauf, dass sich die Menge entfernte.»Ruhe!«rief er, doch der Lärm nahm nur noch zu. Die Richter wandten sich wieder ihren Zeitungen und Magazinen zu.

«Ruhe!«rief er noch einmal und schlug mit dem Hammer auf den Tisch.

«Nun sei doch endlich still!«schrie Spicer T. Karl an.»Du machst ja mehr Krach als sie!«

«Das ist meine Aufgabe«, gab T. Karl zurück, und die Locken seiner Perücke hüpften in alle Richtungen.

Als die Cafeteria sich geleert hatte, war nur noch ein Gefangener anwesend. T. Karl sah sich um und fragte ihn schließlich:»Sind Sie Mr. Hooten?«

«Nein, Sir«, sagte der junge Mann.

«Sind Sie Mr. Jenkins?«

«Nein, Sir.«

«Hab ich mir gedacht. Der Fall Hooten gegen Jenkins ist hiermit wegen Nichterscheinens der beiden Parteien abgewiesen«, verkündete T. Karl und nahm mit großer Gebärde einen entsprechenden Eintrag im Protokoll vor.

«Wer bist du?«fragte Spicer den jungen Mann, der allein da saß und sich umsah, als wäre er nicht sicher, ob er hier willkommen war. Die drei Männer in den blassgrünen Roben sahen ihn jetzt an, ebenso der Narr mit der grauen Perücke, dem dunkelroten Pyjama und den lavendelfarbenen Frotteesandalen, die er ohne Socken trug. Wer waren diese Leute?

Er stand langsam auf und trat schüchtern vor, bis er vor dem Richtertisch stand.»Ich brauche Hilfe«, sagte er so leise, dass man ihn kaum verstehen konnte.

«Haben Sie dem Gericht einen Fall vorzutragen?«knurrte T. Karl ihn von der Seite an.

«Nein, Sir.«

«Dann müssen Sie sich — «

«Ruhe!«sagte Spicer.»Das Gericht hat sich vertagt. Verschwinde.«

T. Karl klappte das Protokollbuch zu, schob seinen Stuhl zurück und stürmte hinaus. Die Frotteesandalen schlurften über die Fliesen, und die Locken seiner Perücke hüpften auf und ab.

«Was können wir für dich tun?«fragte Yarber.

Der junge Mann schien den Tränen nahe. Er hielt eine Pappschachtel in den Händen, und die drei wussten aus Erfahrung, dass sie die Papiere enthielt, die ihn hierher gebracht hatten.»Ich brauche Hilfe«, wiederholte er.»Ich bin letzte Woche eingeliefert worden, und mein Zellengenosse hat gesagt, dass Sie mir bei meiner Berufung helfen können.«

«Hast du keinen Anwalt?«fragte Beech.

«Ich hatte einen. Aber der war nicht gut. Das ist einer der Gründe, warum ich hier bin.«

«Und warum bist du hier?«

«Ich weiß es nicht. Wirklich nicht.«

«Hast du einen Prozess gehabt?«

«Ja. Einen langen.«

«Und die Geschworenen haben dich schuldig gesprochen?«

«Ja. Mich und einen Haufen andere. Sie sagten, wir hätten eine Verschwörung gebildet.«

«Eine Verschwörung, um was zu tun?«

«Um Kokain zu schmuggeln.«

Also noch ein Drogentäter. Sie hatten es plötzlich eilig, wieder zu ihren Briefen zu kommen.»Wie viel hast du gekriegt?«fragte Yarber.

«Achtundvierzig Jahre.«

«Achtundvierzig Jahre! Wie alt bist du?«

«Dreiundzwanzig.«

Die Briefe waren für den Augenblick vergessen. Sie sahen sein trauriges junges Gesicht und versuchten sich auszumalen, wie es in fünfzig Jahren aussehen würde. Bei seiner Entlassung würde er einundsiebzig sein — es war fast unvorstellbar. Jeder der drei Richter würde, wenn er Trumble verließ, jünger sein als dieser Junge.

«Nimm dir einen Stuhl«, sagte Yarber. Der junge Mann zog einen Stuhl heran und setzte sich vor den Tisch. Selbst Spicer empfand jetzt ein wenig Mitgefühl für ihn.

«Wie heißt du?«fragte Yarber.

«Alle nennen mich Buster.«

«Also gut, Buster. Was hast du getan, um dir achtundvierzig Jahre einzuhandeln?«

Die Geschichte brach wie ein Sturzbach aus ihm heraus. Er balancierte die Schachtel auf den Knien, sah zu Boden und begann zu erzählen. Weder er selbst noch sein Vater waren je mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Sie hatten in Pensacola eine kleine Werft gehabt. Sie hatten das Meer geliebt, sie waren hinausgefahren und hatten gefischt, und sie waren glücklich gewesen, eine Werft zu haben. Eines Tages verkauften sie ein gebrauchtes Fischerboot, ein 50-Fuß-Boot, an einen Amerikaner aus Fort Lauderdale, der 95 000 Dollar in bar bezahlte. Das Geld ging auf das Firmenkonto, oder jedenfalls nahm Buster das an. Ein paar Monate später war der Mann wieder da und kaufte ein zweites Boot, diesmal ein 38-Fuß-Boot für 80000 Dollar. In Florida war es nichts Ungewöhnliches, ein Boot bar zu bezahlen. Sie verkauften auch ein drittes und viertes Boot an diesen Mann. Buster und sein Vater wussten, wo sie gute gebrauchte Fischerboote fanden, die sie überholen und renovieren konnten. Sie arbeiteten gern zusammen. Nach dem fünften Boot kamen Beamte von der Drogenfahndung. Sie stellten Fragen, gaben unbestimmte Drohungen von sich und wollten die Bücher einsehen. Busters Vater weigerte sich zunächst, fragte aber dann einen Rechtsanwalt, der ihnen riet,

die Bücher nicht herauszugeben. Monatelang geschah gar nichts.

Buster und sein Vater wurden an einem Sonntagmorgen um drei Uhr von einem Pulk von Kerlen verhaftet, die kugelsichere Westen trugen und genug Waffen hatten, um ganz Pensacola als Geisel zu nehmen. Sie wurden halb bekleidet aus ihrem Haus am Meer gezerrt. Überall blitzten rote und blaue Lichter. Die Anklageschrift umfasste 160 Seiten und war drei Zentimeter dick. Sie enthielt 81 Anklagepunkte und besagte, sie hätten sich verschworen, um Kokain ins Land zu schmuggeln. Buster hatte eine Kopie davon in seiner Schachtel. Er und sein Vater wurden darin kaum erwähnt. Dennoch waren sie angeklagt, zusammen mit dem Käufer der Boote und fünfundzwanzig anderen Leuten, von denen sie noch nie gehört hatten. Elf davon waren Kolumbianer. Drei waren Anwälte. Alle außer Buster und seinem Vater lebten in Süd-Florida.

Der Staatsanwalt bot ihnen einen Deal an: Sie würden je zwei Jahre bekommen, wenn sie sich schuldig bekannten und gegen die anderen Angeklagten aussagten. Aber wessen sollten sie sich schuldig bekennen? Sie hatten doch nichts Unrechtes getan. Sie kannten nur einen einzigen der anderen sechsundzwanzig Angeklagten. Sie hatten noch nie im Leben Kokain gesehen.

Busters Vater nahm eine neue Hypothek auf das Haus auf, um 20 000 Dollar für einen Anwalt aufzubringen, traf aber eine schlechte Wahl. Beim Prozess waren sie entsetzt, am selben Tisch zu sitzen wie die Kolumbianer und die wirklichen Drogenschmuggler. Alle Angeklagten saßen auf einer Seite des Gerichtssaals, als hätten sie einst ein gut funktionierendes Syndikat gebildet. Auf der anderen Seite, bei den Geschworenen, saßen die Staatsanwälte, aufgeblasene Scheißkerle in dunklen Anzügen, die sich ständig Notizen machten und ihnen finstere Blicke zuwarfen, als wären sie Kinderschänder. Auch die Geschworenen blickten finster.

Der Prozess dauerte sieben Wochen, und Buster und sein Vater wurden praktisch ignoriert. Dreimal wurden ihre Namen erwähnt. Der Hauptvorwurf gegen sie lautete, sie hätten Fischerboote instand gesetzt und mit stärkeren Motoren ausgerüstet, damit Drogen von Mexiko zu verschiedenen Punkten an der Küste von Florida gebracht werden konnten. Ihr Anwalt, der sich beklagte, er habe nicht genug Geld für eine siebenwöchige Verhandlung bekommen, war nicht imstande, diesen unhaltbaren Vorwurf zu entkräften. Andererseits konzentrierten die Staatsanwälte sich auch mehr auf die Kolumbianer.

Allerdings brauchten sie auch gar nicht allzu viel zu beweisen, denn bei der Auswahl der Geschworenen hatten sie ganze Arbeit geleistet. Nach achttägiger Beratung befanden die offensichtlich müden und verärgerten Geschworenen sämtliche Angeklagten in allen Punkten für schuldig. Einen Monat nach der Verurteilung brachte Busters Vater sich um.

Am Ende seiner Geschichte sah der Junge aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen, doch er biss die Zähne zusammen und sagte:»Ich hab nichts verbrochen.«

Er war nicht der erste Insasse von Trumble, der seine Unschuld beteuerte. Beech sah ihn an, hörte zu und dachte an einen jungen Mann in Texas, den er wegen Drogenschmuggels zu vierzig Jahren Gefängnis verurteilt hatte. Er hatte eine schreckliche Kindheit gehabt, so gut wie keine Schulbildung, ein langes Jugendstrafregister — ein Junge, der eigentlich keine Chance gehabt hatte. Und er, Beech, hatte auf der Richterbank gesessen und ihm von dort oben einen langen Vortrag gehalten, und er hatte sich gut dabei gefühlt, eine so drakonische Strafe zu verhängen. Wir müssen diese verdammten Dealer von der Straße holen! Ein Liberaler ist ein Konservativer, den man ins Gefängnis gesteckt hat. Nach drei Jahren Knast dachte Hatlee Beech an viele der Leute, die er verurteilt hatte, mit tiefer Reue. An Leute, die weit schuldiger gewesen waren als Buster. Junge Leute, die bloß eine Chance gebraucht hätten.

Finn Yarber hörte Buster zu und empfand tiefes Mitleid mit ihm. Jeder in Trumble hatte eine traurige Geschichte zu erzählen, und nach ein, zwei Monaten hatte Yarber gelernt, fast nichts davon zu glauben. Doch Buster war glaubwürdig. In den kommenden achtundvierzig Jahren würde er langsam verkümmern, und zwar auf Kosten der Steuerzahler. Drei Mahlzeiten täglich, nachts ein warmes Bett — neuesten Schätzungen zufolge kostete ein Gefangener den Staat pro Jahr 31 000 Dollar. Was für eine Verschwendung! Die Hälfte der Insassen von Trumble hatten hier eigentlich nichts verloren. Sie hatten keine Gewalttaten begangen und hätten zu einer saftigen Geldstrafe und gemeinnütziger Arbeit verurteilt werden sollen.

Joe Roy Spicer hörte Busters herzzerreißende Geschichte und überlegte, wie er aus diesem Jungen Nutzen schlagen konnte. Es gab zwei Möglichkeiten. Erstens war nach Spicers Meinung das Telefon bisher nicht optimal genutzt worden. Die Richter waren alte Männer, die versuchten, Briefe zu schreiben, als wären sie jung. Es wäre beispielsweise zu riskant, Quince Garbe in lowa anzurufen und sich als Ricky, als robuster Achtundzwanzigjähriger, auszugeben. Wenn Buster jedoch mitmachte, würden sie jedes potenzielle Opfer überzeugen können. In Trumble gab es jede Menge junger Burschen, und Spicer hatte mehrere von ihnen in Erwägung gezogen, doch sie waren Kriminelle, und er traute ihnen nicht. Buster dagegen kam frisch von der Straße, war anscheinend unschuldig und hatte sich an sie um Hilfe gewandt. Der Junge war manipulierbar.

Die zweite Möglichkeit war ein Ableger der ersten. Wenn Buster sich beteiligte, würde er bei Spicers Entlassung dessen Platz einnehmen können. Die Sache war zu einträglich, um sang- und klanglos aufgegeben zu werden. Beech und Yarber schrieben hervorragende Briefe, aber sie besaßen keinerlei Geschäftssinn. Vielleicht war es möglich, den Jungen anzulernen, so dass der Spicers Part übernehmen und seinen Anteil nach draußen transferieren konnte.

Nur so ein Gedanke.

«Hast du Geld?«fragte Spicer.

«Nein, Sir. Wir haben alles verloren.«

«Keine Onkel, Tanten, Cousins, Freunde, die das Honorar bezahlen könnten?«

«Nein, Sir. Was für ein Honorar?«

«Normalerweise kriegen wir was dafür, dass wir uns um einen Fall kümmern und bei der Berufung helfen.«

«Ich bin völlig blank, Sir.«

«Ich glaube, wir können was für dich tun«, sagte Beech. Spicer hatte mit Berufungen ohnehin nichts zu tun. Der Mann hatte ja nicht mal einen Highschool-Abschluss.

«Eine Art Pro-bono-Fall, würde ich sagen«, bemerkte Yarber zu Beech.

«Ein Pro was?«fragte Spicer.

«Ein Pro-bono-Fall.«

«Was ist das?«

«Eine Anwaltstätigkeit ohne Honorar«, sagte Beech.

«So so, eine Anwaltstätigkeit ohne Honorar. Und wer macht die?«

«Anwälte«, erklärte Yarber.»Jeder Anwalt soll ein paar Stunden seiner Zeit in den Dienst von Leuten stellen, die sich keinen Anwalt leisten können.«

«Das ist ein Teil des alten englischen Rechtssystems«, fügte Beech hinzu und machte die Sache damit nicht deutlicher.

«Hat sich hier aber nie so recht durchgesetzt, oder?«fragte Spicer.

«Wir werden uns deinen Fall vornehmen«, sagte Yarber zu Buster.»Sei aber nicht allzu optimistisch.«

«Danke.«

Gemeinsam verließen sie die Cafeteria: drei ehemalige Richter in grünen Chorroben, gefolgt von einem verängstigten jungen Häftling. Von einem verängstigten, aber auch sehr neugierigen Häftling.

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