13

Diesmal dauerte das Erwachen länger; und es war noch qualvoller als zuvor. Kyle erinnerte sich kaum noch, wie er hierher gekommen war - er war gelaufen, gesprungen, geklettert, und dann hatte ihn die Faust eines Riesen getroffen. Alles, was danach geschehen war, war zu einem wirren Durcheinander sinnloser Bilder und Geräusche verschmolzen: Er erinnerte sich an eine Welt, auf der er nie gewesen war, ein Planet, der sich unter einem giftgrünen Himmel duckte, eine Welt voller Stürme und Orkane, verbranntem Boden und wucherndem Dschungel, auf dem jeder Schritt den Tod bringen konnte, und nur der Stärkste eine Chance hatte. Dann wieder lange, klinisch saubere Korridore voller blitzender Geräte und summender Maschinen, ein ausdrucksloses Gesicht aus Chrom, Hände aus Stahl, die nicht streichelten, sondern nur festhielten und die er bald zu hassen begann; so sehr, daß er sie am Ende liebte. Einer von dreitausend. Die Regel des Shai. Die Jagd, von der nicht alle zurückkehrten. Eine verschwommene, aufgedunsene Sonne, deren Licht in den Augen schmerzte. Blitzende Messer in seinem Fleisch. Wieder ein Chromgesicht, anders, strenger ...

Die Bilder begannen zu zerfließen, und plötzlich verspürte er einen unvorstellbaren Verlust; etwas war ihm genommen worden, noch ehe er es bekam.

Kyle erwachte, und in dem Moment, in dem er die Augen öffnete, verschwand das Chaos hinter seinen Schläfen und machte dem präzisen Denken Platz, das er gewohnt war. Er begriff, daß dieser Wechsel von Wachsein und Fast-Bewußtlosigkeit kein Zufall war. Sein Körper war bis über die Grenzen des Vorstellbaren hinaus geschunden und verletzt worden, und seine Energievorräte reichten lange nicht mehr aus, ihn in der gewohnten Art funktionieren zu lassen.

Er versuchte sich aufzurichten und konnte es nicht. Seine Muskeln waren verkrampft und schmerzten. Die sanft geneigte Metallfläche, auf der er lag, klebte von seinem eigenen Blut. Er lag auf der Oberseite des Gleiters, hielt sich an winzigen Zacken fest, während seine Füße an den winzigen Vorsprüngen der Fensterumrandungen Halt gefunden hatten. Diesmal hatte er einfach nur Glück gehabt. Nicht einmal seine Kraft hätte gereicht, ihn auf dem rasenden Fluggerät zu halten - der einzige Grund, aus dem er nicht heruntergestürzt war, waren die irrsinnige Beschleunigung und der Fahrtwind gewesen, die ihn einfach gegen die Metallhülle des Gleiters preßten. Kyle stöhnte, schloß für Sekunden die Augen und versuchte, den Schmerz zu isolieren und aus seinem Körper herauszudrängen.

Er konnte es nicht mehr. Hilflos lag er da und spürte, wie er allmählich den Halt zu verlieren begann. Erst langsam, dann immer schneller glitt er auf dem spiegelnden Metall dahin, und dann war plötzlich nichts mehr unter ihm als vier Meter Leere und ein Boden aus rostigem Eisen, auf den er mit grausamer Wucht aufschlug. Stöhnend wälzte sich Kyle herum, krümmte sich und schlang die Arme um den Oberkörper, bis er wie ein übergroßer Fötus dalag, wimmernd und von keinem anderen Wunsch erfüllt als dem zu sterben.

Aber das durfte er nicht.

Das gleiche Etwas, das sein Bewußtsein nach Belieben ein- und ausschaltete und ihn mit diesen fürchterlichen Nicht-Erinnerungen quälte, verbot ihm auch, aufzugeben, denn da war noch etwas, was er tun mußte.

Laird.

Captain Charity Laird.

Er mußte sie finden.

Er mußte sie finden und zu Daniel bringen.

Stöhnend vor Schmerzen kroch Kyle los.


Sie hatte damit gerechnet, in eine Zelle gesteckt zu werden, doch sie wurde nicht einmal bewacht. Eine Eskorte der schwarzen Insektenkrieger begleitete Net, Skudder und Charity in eine der oberen Etagen des Shaitaan, wo sie zwar voneinander getrennt wurden, aber die Geschöpfe machten sich nicht einmal die Mühe, sie nach verborgenen Waffen zu durchsuchen, sondern stießen sie nur unsanft durch eine Tür und ließen sie allein.

Charity sah sich mit einer Mischung aus Überraschung und Zorn um. Der Raum, in dem sie sich befanden, hätte der Präsidentensuite im New Yorker Hilton zur Ehre gereicht. So konnte sie sich zum Beispiel nicht erinnern, daß in der Präsidentensuite irgendeines Luxushotels je ein Bild von Van Goghs Sonnenblumen gehangen hätte. Hier hing es. Und obwohl Charity nicht viel von Malerei verstand, war sie ziemlich sicher, daß es sich um das Original handelte. Und es war längst nicht das einzige Bild, das an den mit Seidentapeten bedeckten Wänden hing.

»Gefällt es Ihnen?«

Betont langsam drehte sich Charity herum. Sie hatte nicht einmal gehört, daß die Tür aufgegangen war, aber Stone stand nur ein paar Schritte hinter ihr. Er war allein und offenbar unbewaffnet.

»Ich weiß, was Sie denken, Captain Laird«, sagte Daniel. »Versuchen Sie es nicht. Ich weiß, daß Sie mir körperlich überlegen sind. Und wahrscheinlich wären Sie im Moment zornig genug, mich umzubringen, selbst wenn das ihren eigenen Tod bedeutet. Aber ich trage etwas Ähnliches wie Sie.« Er deutete auf die zerfetzte dunkelblaue Space-Force-Uniform, die wieder zum Vorschein gekommen war, als Charity das Zeremoniengewand ablegte, und die flache silberne Gürtelschnalle, in der sich der Schildgenerator verbarg. »Nur meines funktioniert sehr viel besser. Sie würden sich sehr weh tun, wenn Sie mich auch nur anrühren.«

Er wartete ein paar Sekunden lang vergeblich auf eine Antwort, dann zuckte er mit den Achseln und deutete auf das Bild hinter Charity. »Gefällt Ihnen meine kleine Sammlung?« fragte er noch einmal.

»Ich verstehe nichts von Kunst«, antwortete Charity. »Aber trotzdem - mein Kompliment. Zumindest als Plünderer sind Sie ein As, Stone.«

»Das sehe ich anders«, antwortete Daniel ungerührt. »Hätte ich diese Kunstschätze nicht ... geplündert, wie Sie es ausdrücken, dann wären sie jetzt vermutlich schon vernichtet. Vielleicht hätte sie irgend jemand verbrannt, um ein Kaninchen darüber zu schmoren.«

»Oh, ich verstehe«, sagte Charity zynisch. »Bitte entschuldigen Sie, daß ich mich so in Ihnen getäuscht habe, Lieutenant. Das ist dann wohl auch der Grund, aus dem sie unsere Welt an diese ... Monster verkauft haben?«

Daniel seufzte. Einen Moment lang sah er fast traurig aus, dann wandte er sich wortlos um und ging zu einem kleinen Schränkchen neben der Tür. Als er zurückkam, hielt er zwei Champagnergläser in der Hand. Charity hatte plötzlich Lust, das Glas zu nehmen und ihm seinen Inhalt ins Gesicht zu schütten, aber sie begriff auch fast im gleichen Moment, daß es genau diese Reaktion war, die Daniel von ihr erwartete. Eine Sekunde lang zögerte sie noch, dann griff sie nach dem Glas und nippte vorsichtig an seinem Inhalt.

»Es ist nicht vergiftet«, sagte Daniel spöttisch. »Einen solchen Tropfen zu vergiften wäre Gotteslästerung.«

Charity starrte ihn an. Sie war verwirrt. Seit zwei Wochen hatte sie fast unentwegt an Stone gedacht und an die verschiedensten Möglichkeiten, ihm den Hals umzudrehen. Aber jetzt, als sie ihm gegenüberstand, fühlte sie sich hilflos. Er war völlig anders, als sie geglaubt hatte. Statt des großen Tyrannen, als den ihn Skudder und Kent und alle anderen gesehen hatten, sah sie noch immer den jungen Soldaten, einen Mann mit einem Kindergesicht, schmalen, fast weiblichen Händen und Augen, die an die eines verstörten Rehs erinnerten.

Und doch war es der gleiche Mann, der Skudder in ihrem Beisein den Befehl erteilt hatte, vierhundert Menschen umzubringen.

Stone schien genau zu spüren, was in ihr vorging, denn er gab ihr ausreichend Zeit, ihn in aller Ruhe zu mustern. »Zufrieden mit dem, was Sie sehen?« fragte er schließlich.

»Nein«, gestand Charity. »Ich bin ein bißchen ... verwirrt.«

»Verwirrt?« Daniel lachte, stellte sein Glas auf einen Tisch, setzte sich auf seine Kante und ließ die Beine baumeln. Er sah jetzt vollends aus wie ein großer Junge, der in ein schwarzes Kostüm geschlüpft war und Darth Vader spielte, dachte Charity.

»Was haben Sie erwartet?« fragte er. »Ein Monster?«

»Sind Sie das denn nicht?«

Wenn ihn diese Frage verletzte, dann überspielte er es meisterhaft. Sein Lächeln wurde eher noch breiter. »Ich hoffe nicht, daß Sie mich so sehen, Captain Laird ... Charity. Darf ich Charity zu Ihnen sagen?«

»Kann ich Sie daran hindern?«

»Kaum«, gestand Daniel lächelnd. »Wissen Sie, daß ich sehr froh bin, daß wir uns so gegenüberstehen?«

»So?« sagte Charity. »Ich nicht.«

»Ich meine es ernst«, fuhr Daniel fort. »Ich wollte nicht, daß Sie verletzt oder gar getötet werden.«

»Wie großzügig«, antwortete Charity spöttisch. Sie versuchte zu lachen, aber die unvorsichtige Bewegung ließ einen stechenden Schmerz durch ihre Brust schießen. In ihrem Mund war plötzlich wieder bitterer Blutgeschmack. Sie verzog das Gesicht, krümmte sich ein wenig und preßte die Hände gegen die Seite.

»Was ist mit Ihnen?« fragte Daniel erschrocken. »Sind Sie verletzt?«

»Nein«, log Charity.

»Wir haben sehr gute Ärzte hier«, antwortete Stone. »Ich lasse Sie untersuchen, sobald wir in New York sind.«

»Ihre Sorge rührt mich zu Tränen«, sagte Charity böse.

»Warum sind Sie so bitter?« fragte Daniel. Er hob die Hand, als sie antworten wollte, und fuhr fort: »Es ist zum Teil meine Schuld. Ich hätte Sie nicht allein in der Bunkerstation zurücklassen dürfen. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn ich Sie geweckt hätte.«

»Bestimmt sogar«, antwortete Charity freundlich. »Ich hätte Ihnen das Genick gebrochen, ehe Sie auch nur Hallo zu diesen Monstern hätten sagen können.«

Daniel seufzte. »Ich verstehe Ihren Zorn«, sagte er. »Sie müssen mich verachten. Wahrscheinlich würde ich ebenso fühlen, an Ihrer Stelle ... Sie erwachen, finden Ihre Welt in Trümmern und sehen mich als Verräter. Wie gesagt, ich verstehe Sie. Aber versuchen Sie doch auch, mich zu verstehen.«

»Wie bitte?« Charity starrte ihn fassungslos an.

»Geben Sie mir eine Chance, Charity«, sagte Daniel ernsthaft. »Und sich auch. Glauben Sie mir, als ich aus dem Tank stieg, vor drei Jahren, da habe ich genauso empfunden wie Sie jetzt. Ich ... ich war fast wahnsinnig vor Zorn. Ich habe viele von ihnen getötet, bis sie mich schließlich stellten.«

»Ach«, sagte Charity. »Und dann? Hat Ihnen der große Gottvater von Moron ins Gewissen geredet und Sie davon überzeugt, daß diese Kreaturen eigentlich nur unser Bestes wollen?«

»Er hat mich davon überzeugt, daß wir keine Chance haben«, antwortete Daniel. »Widerstand gegen einen Feind, der unbesiegbar ist, ist dumm, und Stolz, der keinen Grund mehr hat, manchmal tödlich. Es gibt auf dieser Welt nichts mehr, worum es sich zu kämpfen lohnt.«

»Wenn ich Sie so ansehe, könnte ich das fast glauben«, sagte Charity. Aber die Worte klangen nicht ganz so sarkastisch, wie sie beabsichtigt hatte.

»Wir haben verloren, Charity«, fuhr Daniel ungerührt fort. »Denken Sie, es hat mir nicht ebenso weh getan wie Ihnen? Zum Teufel, ich war Mitglied der gleichen Armee wie Sie! Ich war ebenso stolz auf unsere Waffen und unsere Macht und all unsere technischen Errungenschaften, und ich habe uns für ebenso unbesiegbar gehalten! Aber wir sind besiegt worden, und zwar ein für allemal! Sie können nicht gegen Moron kämpfen! Niemand kann das!«

»Ich habe es wenigstens versucht.«

»Ja«, antwortete Daniel, plötzlich beinahe zornig. »Sie haben ein oder zwei Dutzend Insektenkrieger getötet, und Sie haben ein paar meiner Spione ausgeschaltet. Und was hat Sie dieser Sieg gekostet? Wie viele Menschen sind gestorben, seit Charity Laird aus der Vergangenheit kam und damit begonnen hat, die Menschheit zu befreien? Zweihundert? Dreihundert? Tausend? Ich kann eine Million dieser Krieger herbeirufen, wenn ich will! Und wenn das nicht reicht, hundert Millionen! Oder tausend!«

»Hören Sie auf!« sagte Charity.

Daniel lachte. »Warum? Weil Ihnen nicht gefällt, was ich sage? Mir hat es auch nicht gefallen - aber es ist die Wahrheit. Wir sind geschlagen. Keine Macht des Universums kann die Erde noch retten. Verdammt, erinnern Sie sich doch einfach! Sie waren dabei! Sie haben die Kämpfe miterlebt. Und damals waren wir sechs Milliarden! Wir hatten unsere Armeen, unsere Flotten. Raumschiffe. Atombomben. Sie wissen so gut wie ich, wieviel es uns genutzt hat. Sie haben uns einfach niedergewalzt, und sie würden es wieder tun, selbst wenn wir noch in der Lage wären, uns zu wehren.« Er nahm das Glas wieder auf, drehte es einen Moment in der Hand und betrachtete die blitzenden Lichtreflexe in dem geschliffenen Kristall.

»Ich habe in den letzten drei Jahren eine Menge gelernt, Charity«, sagte er. »Diese Welt ist nur eine Facette von Tausenden, vielleicht sogar Millionen. Die großen Brüder von den Sternen sind leider keine weisen alten Männer, sondern Ungeheuer. Sie haben einen Großteil dieser Galaxis erobert, und sie werden auch den Rest noch erobern. Nichts kann sie aufhalten.« Er seufzte erneut. »Ich weiß nicht einmal, warum sie es tun.«

Charity sah überrascht auf.

»Ich weiß es wirklich nicht«, sagte Daniel, als er ihren zweifelnden Blick bemerkte.

»Und Sie haben nie danach gefragt?«

»Ich habe niemals jemanden getroffen, dem ich diese Frage stellen konnte«, antwortete Stone. »Auch ich weiß nicht, wer die Moroni wirklich sind. Ich glaube, es gibt einen oder mehrere von ihnen in dem Raumschiff am Nordpol, aber wenn, dann verlassen sie es nie.«

»Sie machen es sich ein bißchen leicht, finden Sie nicht?« fragte Charity.

»Vielleicht.« Stone stellte das Glas auf den Tisch zurück und sah sie an. »Aber da ist noch etwas, was Sie wissen sollten.«

»So?«

»Sie und Ihre Freunde sind nicht die ersten, die versuchen, sich gegen Morons Herrschaft aufzulehnen«, sagte Daniel. »Es ist immer wieder vorgekommen. Sie sind nicht unverwundbar. Im Gegenteil - je länger ich für sie arbeite, desto mehr glaube ich, daß ihre Technik kaum weiter entwickelt ist, als es unsere war, kurz bevor sie kamen. Es ist nur ihre unvorstellbare Zahl, die sie immer wieder siegen läßt. Töten Sie einen, werden hundert neue hinzukommen. Trotzdem wurden sie schon besiegt.«

»Von wem?« fragte Charity.

»Von verschiedenen Völkern«, antwortete Daniel. »Manchmal gelingt es den Ureinwohnern eines Planeten, sie zurückzuschlagen, trotz ihrer ungeheuren Zahl. Nicht oft, aber manchmal. Dieser Zwerg, den Sie bei sich haben ...«

»Gurk?«

Daniel lächelte flüchtig. »Nennt er sich so? Ihre Technik war weit genug fortgeschritten, es mit den Angreifern aufnehmen zu können. Sie schossen die Krieger schneller ab, als sie über den Transmitter herangeschafft werden konnten.«

»Und?« fragte Charity.

Stone schwieg eine ganze Weile. »Erinnern Sie sich an Pro-Alpha-Neun?« fragte er. »Die Supernova, die ein Jahr vor dem Auftauchen des Sternenschiffes entdeckt wurde?«

Charity nickte.

»Es war die Sonne ihrer Welt«, sagte Daniel. »Auch das gehört zu Morons Taktik. Sie vernichten, was sie nicht haben können. Sie wurden zurückgeschlagen, und als sie begriffen, daß sie diesen Planeten nicht unterwerfen konnten, sprengten sie seine Sonne. Gurk ist wahrscheinlich einer der letzten Überlebenden seines Volkes. Vielleicht der letzte überhaupt.«

»Ich ... ich glaube Ihnen kein Wort!« sagte Charity erschüttert.

»Dann fragen Sie ihn selbst«, antwortete Daniel. »Er wird Ihnen sagen, daß es die Wahrheit ist. Sie können diese Ungeheuer nicht besiegen. Sie können sich unterwerfen und weiterleben - oder kämpfen und sterben.«

»Dann sterbe ich lieber«, sagte Charity. Aber die Worte klangen nicht sehr überzeugend, und Daniel machte sich nicht einmal die Mühe, darauf zu reagieren.

Er stand auf. »Ich wollte, daß Sie das wissen«, sagte er, »ehe wir weiterreden. Vielleicht bewahrt es Sie davor, einen Fehler zu machen.« Seine Stimme wurde sehr eindringlich. »Wissen Sie, Charity - ich traue Ihnen durchaus zu, das Unmögliche möglich zu machen. Vielleicht hätten Sie es wirklich geschafft, sie zu besiegen. Aber damit würden sie dieser ganzen Welt den Tod bringen.«

»Sie stirbt doch sowieso«, sagte Charity. Zornig deutete sie auf eines der großen Fenster. »So blind können nicht einmal Sie sein, Stone! Sehen Sie hinaus! Das ist nicht mehr die Erde! Sie verändern sie. In hundert oder zweihundert Jahren wird es hier keine Menschen mehr geben.«

»Vielleicht«, antwortete Daniel. »Aber das sind dann immer noch hundert oder zweihundert Jahre mehr, als sie sonst hätten.«

»Sie glauben das wirklich, nicht wahr?« fragte Charity erschüttert. »Ich meine, Sie glauben wirklich, daß Sie den Menschen helfen, mit dem, was Sie tun!«

»Ich weiß es«, antwortete Daniel ruhig. »Ich weiß, daß ich sie nicht mehr retten kann. Aber vielleicht helfe ich ihnen, noch ein paar Generationen mehr geschenkt zu bekommen. Vielleicht ist es nur Sterbehilfe, die ich leiste, aber das ist immer noch besser, als gar nichts zu tun.«

»Sie sind ja völlig wahnsinnig«, murmelte Charity.

»Denken Sie über meine Worte nach, Charity«, bat Stone. »Ich gebe Ihnen so viel Zeit dazu, wie Sie brauchen. Und jetzt kommen Sie.«

Er machte eine einladende Geste zur Tür, aber Charity bewegte sich nicht.

»Wohin bringen Sie mich?«

»Nach New York«, antwortete Daniel. »Das hier ist kaum der richtige Ort, um in Ruhe über solche Dinge reden zu können.«

»Und die anderen?«

»Skudder und diese Wastelanderin« Daniel tat so, als müsse er einen Moment über den Sinn ihrer Frage nachdenken. »Ich verspreche, daß sie gut behandelt werden. Sie werden uns begleiten, wenn Sie das wünschen. Unter einer Bedingung.«

»Und welcher?«

»Daß Sie wirklich über unser Gespräch nachdenken, Charity. Nehmen Sie sich Zeit. Reden Sie mit Skudder und Gurk, und dann denken Sie darüber nach, ob es sich wirklich lohnt, für die Erinnerung an einen untergegangenen Planeten eine ganze Welt zu opfern.«

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