44 Gehetzt

Perrin stieg vom Bett und begann sich anzuziehen. Es kümmerte ihn nicht, ob Zarine zuschaute oder nicht. Er wußte, was er vorhatte, aber trotzdem fragte er Moiraine: »Reisen wir ab?«

»Wenn Ihr nicht Sammaels nähere Bekanntschaft machen wollt?« antwortete sie trocken. Donner krachte direkt über ihnen, als wolle er ihren Worten Gewicht verleihen, und ein Blitz zuckte auf. Die Aes Sedai beachtete Zarine kaum.

Er stopfte sein Hemd in die Hose und mit einem Mal wünschte er sich, Mantel und Umhang bereits anzuhaben. Die Erwähnung des betreffenden Verlorenen ließ die Atmosphäre im Zimmer erkalten. Als ob nicht Ba'alzamon reichte! Nein, die Verlorenen müssen auch noch ins Spiel kommen. Licht, spielt es jetzt überhaupt noch eine Rolle, ob wir Rand finden? Ist es zu spät? Aber er zog sich fertig an und stampfte seine Füße richtig in die Stiefel hinein. Entweder das oder aufgeben, und die Menschen von den zwei Flüssen waren nicht dafür bekannt, daß sie so schnell aufgaben.

»Sammael?« fragte Zarine mit schwacher Stimme. »Einer der Verlorenen herrscht... ? Licht!«

»Wollt Ihr immer noch mitkommen?« fragte Moiraine mit sanfter Stimme. »Ich werde Euch nicht zwingen, hierzubleiben, jetzt nicht mehr, aber ich gebe Euch eine letzte Chance, mir zu schwören, daß Ihr weiterzieht und uns nicht folgt.«

Zarine zögerte, und Perrin mitten im dem Anziehen inne. Es würde wohl kaum jemand freiwillig sich Leuten anschließen, die den Zorn eines der Verlorenen auf sich gezogen hatten. Nicht jetzt, wo sie einiges von dem wußte, was ihnen drohte. Nicht, es sei denn, sie hat einen wirklich guten Grund. Was das betraf, sollte eigentlich jeder, der hörte, daß einer der Verlorenen frei sei, bereits auf dem Weg zu irgendeinem Schiff des Meervolks sein und eine Passage zur anderen Seite der Aiel-Wüste buchen, anstatt hier zu hocken und zu überlegen.

»Nein«, sagte Zarine schließlich und er begann, sich zu entspannen. »Nein, ich werde Euch nicht schwören, meiner eigenen Wege zu ziehen. Ob Ihr mich nun zum Horn von Valere führt oder nicht — selbst der, der am Ende das Horn findet, wird keine bessere Geschichte erzählen können. Ich glaube, man wird diese Geschichte ganze Zeitalter hindurch erzählen, Aes Sedai, und ich werde ein Teil davon sein.«

»Nein!« schimpfte Perrin. »Das genügt nicht! Was wollt Ihr wirklich?«

»Ich habe keine Zeit für diese kleinlichen Streitereien«, unterbrach ihn Moiraine. »Jeden Augenblick kann Lord Brend feststellen, daß einer seiner Schattenhunde tot ist. Ihr könnt sicher sein, daß er weiß, das kann nur ein Behüter getan haben, und er wird auf der Stelle nach der Aes Sedai dieses Gaidins suchen. Wollt Ihr hier herumsitzen, bis er herausfindet, wo Ihr euch aufhaltet? Bewegt Euch endlich, Ihr närrischen Kinder! Weg mit Euch!« Sie verschwand im Flur, bevor er den Mund aufbekam.

Zarine wartete nun auch nicht mehr und rannte ohne ihre Kerze aus dem Zimmer. Perrin schnappte sich hastig seine Siebensachen und rannte zur Hintertreppe, wobei er noch schnell den Gürtel mit der Axt anlegte. Er holte Loial auf der Treppe nach unten ein. Der Ogier versuchte, gleichzeitig ein holzgebundenes Buch in eine Satteltasche zu stopfen und seinen Umhang anzulegen. Perrin half ihm bei dem Umhang, während sie beide hinunterrannten, und Zarine holte sie ein, bevor sie hinaus in den strömenden Regen eilen konnten.

Perrin zog der Nässe wegen die Schultern hoch und rannte über den sturmgepeitschten Hof zum Stall hinüber, ohne sich die Kapuze über den Kopf zu ziehen. Sie muß doch einen Grund haben. Teil einer blutigen Geschichte zu sein ist doch höchstens ein ausreichender Grund für eine Irre! Der Regen durchnäßte seine zerzausten Locken. Sie klebten ihm am Kopf, bevor er durch die Stalltür war.

Moiraine war schon drinnen. Sie hatte einen Umhang aus Ölzeug angelegt, an dem noch die Regentropfen hingen. Nieda hielt eine Laterne hoch, damit Lan in ihrem Schein die Pferde fertig satteln konnte. Es war noch ein neues dabei, ein brauner Hengst mit einer noch stärker ausgeprägten Nase als der Zarines.

»Ich werde jeden Tag Tauben aussenden«, sagte die dicke Frau. »Keiner werden mich in Verdacht haben. Glück stich mich! Selbst die Weißmäntel sagen nur Gutes über mich.«

»Hört gefälligst zu, Frau!« fauchte Moiraine. »Ich spreche nicht von einem Weißmantel oder einem Schattenfreund! Ihr müßt aus dieser Stadt fliehen und jeden mitnehmen, an dem Euch etwas liegt! Ein Dutzend Jahre lang habt Ihr mir gehorcht. Dann gehorcht mir auch jetzt!« Nieda nickte zögernd, und Moiraine knurrte frustriert.

»Der Hengst ist für Euch, Mädchen«, sagte Lan zu Zarine. »Steigt auf. Falls Ihr nicht reiten könnt, müßt Ihr es jetzt lernen oder doch mein Angebot annehmen.«

Sie legte eine Hand auf das Sattelhorn und schwang sich geschmeidig in den Sattel. »Ich habe schon mal auf einem Pferd gesessen, Steingesicht. Jetzt erinnere ich mich wieder daran.« Sie drehte sich um und schnallte ihr Bündel fest.

»Was habt Ihr damit gemeint, Moiraine?« wollte Perrin wissen, als er seine Satteltaschen über Trabers Rücken warf. »Ihr sagtet, er werde herausfinden, wo ich mich aufhalte. Er weiß es! Die Grauen Männer!« Nieda kicherte, und er fragte sich gereizt, wieviel sie wirklich glaubte unter all jenen Dingen, von denen sie behauptet hatte, sie glaube nicht daran.

»Sammael hat die Grauen Männer nicht ausgeschickt.« Moiraine stieg mit kühler und steifer Präzision auf Aldiebs Rücken, beinahe so, als bestünde kein Grund zur Eile. »Aber der Schattenhund gehörte ihm. Ich glaube, daß er meiner Spur folgte. Er hätte nicht beides gleichzeitig ausgesandt. Irgend jemand sucht nach Euch, aber ich glaube nicht, daß Sammael überhaupt von Eurer Existenz weiß. Noch nicht.« Perrin hielt mit einem Fuß im Steigbügel inne und sah sie an. Aber sie schien nun mehr damit beschäftigt, den edel gekrümmten Hals ihrer Stute zu tätscheln, als die Fragen zu beantworten, die ihm ins Gesicht geschrieben standen.

»Um so wichtiger, daß ich Euch folgte«, sagte Lan, doch die Aes Sedai schniefte nur vernehmlich.

»Ich wünsche beinahe, Ihr wärt eine Frau, Gaidin. Ich würde Euch als Novizin zur Burg schicken, damit Ihr das Gehorchen lernt!« Er zog eine Augenbraue hoch und berührte den Knauf seines Schwertes. Dann schwang er sich in den Sattel, und sie seufzte. »Na ja, vielleicht hat es auch etwas Gutes, daß Ihr nicht gehorchen könnt.

Manchmal jedenfalls. Außerdem glaube ich nicht, daß selbst Sheriam und Siuan Sanche zusammen Euch das Gehorchen beibringen könnten.«

»Ich verstehe nicht«, sagte Perrin. Das scheine ich auch ziemlich oft zu sagen. Ich bin es leid. Ich will endlich Antworten bekommen, die ich verstehen kann. Er zog sich ganz auf sein Roß, damit Moiraine nicht auf ihn herunterblicken konnte. Sie war auch so schon genügend im Vorteil. »Wenn nicht er die Grauen Männer geschickt hat, wer dann? Wenn ein Myrddraal oder ein anderer der Verlorenen...« Er unterbrach sich und schluckte. NOCH EIN Verlorener? Licht! »Wenn jemand anders sie geschickt hat, warum hat man ihm das nicht gesagt? Es sind doch alles Schattenfreunde, oder? Und warum ich, Moiraine? Rand ist doch der verdammte Wiedergeborene Drache!«

Hinter sich hörte er, wie Zarine und Nieda nach Luft schnappten, und erst dann wurde ihm klar, was er ausgesprochen hatte. Moiraines Blick schien ihm die Haut bei lebendigem Leibe abziehen zu wollen. Verdammte lose Zunge! Warum kann ich nicht zuerst nachdenken und dann reden? Das schien erst so geworden zu sein, seit Zarines Augen ihn beobachteten. Auch jetzt beobachtete sie ihn, und ihr Mund stand offen.

»Ihr seid jetzt an uns gebunden«, sagte Moiraine zu der Frau mit dem kühnen Gesicht. »Es gibt für Euch nun kein Zurück mehr. Niemals!« Zarine sah aus, als wolle sie etwas sagen und habe nicht den Mut dazu, aber die Aes Sedai hatte ihre Aufmerksamkeit bereits wieder anderem zugewandt. »Nieda, flieht noch heute nacht aus Illian! Diese Stunde! Und haltet Euren Mund noch mehr, als Ihr ihn die Jahre über schon gehalten habt! Es gibt welche, die würden Euch die Zunge herausschneiden, wenn sie wüßten, was Ihr erzählen könnt, und ich könnte Euch nicht rechtzeitig zu Hilfe kommen.« Ihr harter Tonfall ließ gar keinen Zweifel am Ernst ihrer Worte aufkommen, und Nieda nickte lebhaft, als habe sie nun wirklich verstanden.

»Was Euch betrifft, Perrin.« Die weiße Stute rückte seinem Hengst näher, und er lehnte sich unwillkürlich etwas vor der Aes Sedai zurück. »Viele Fäden sind im Muster verwoben, und manche davon sind genauso schwarz wie der Schatten selbst. Nehmt Euch in acht, daß Euch keiner davon erdrosselt.« Ihre Fersen berührten Aldiebs Flanken, und die Stute galoppierte in den Regen hinaus. Mandarb folgte ihr in kurzem Abstand.

Seng dich, Moiraine, dachte Perrin, als er ihnen hinterherritt. Manchmal weiß ich nicht, auf welcher Seite du stehst. Er sah sich nach Zarine um, die neben ihm einherritt, als sei sie im Sattel geboren. Und auf welcher Seite stehst du?

Der Regen hielt die Menschen von den Straßen und Kanälen fern, und so wurden sie von keinen sichtbaren Augen beim Wegreiten gesehen, doch auf den unebenen Pflastersteinen fanden die Pferdehufe nur wenig Halt. Als sie schließlich den Maredo-Damm erreichten, eine breite, ungepflasterte Straße, die sich durch den Sumpf nach Norden zog, hatte der Wolkenbruch etwas nachgelassen. Der Donner grollte noch, aber die Blitze zuckten weit hinter ihnen auf, vielleicht draußen über dem Meer.

Perrin hatte das Gefühl, sie hätten nun ein wenig Glück verdient. Der Regen hatte auch lange genug angehalten, um ihre Flucht zu verbergen, und nun schien es, als hätte sie eine klare Nacht vor sich, in der sie gut vorwärtskommen konnten. Er sprach diesen Gedanken aus, doch Lan schüttelte den Kopf. »Schattenhunde bevorzugen klare, mondhelle Nächte, Schmied, und Regen mögen sie am wenigsten. Ein gutes Gewitter kann sie völlig von einem fernhalten.« Als habe er es heraufbeschworen, wurde der Regen immer schwächer, bis nur noch ein feines Nieseln übrig war. Perrin hörte, wie Loial hinter ihm stöhnte.

Knüppeldamm und Sumpf endeten gemeinsam etwa zwei Meilen von der Stadt entfernt, aber die Straße ging weiter. Sie krümmte sich nur ein wenig Richtung Osten. Der wolkenverdunkelte Abend wurde von der Nacht verschluckt, und der Nieselregen ging weiter. Moiraine und Lan behielten ein gleichmäßiges, raumgreifendes Tempo bei. Die Pferdehufe klatschten durch Pfützen auf dem harten Erdboden der Straße. Der Mond schien durch Lücken zwischen den Wolken. Um sie herum erhoben sich niedrige Hügel und immer häufiger sahen sie nun Bäume. Perrin glaubte, bald werde ein Wald folgen, doch der Gedanke löste Unbehagen in ihm aus. Ein Wald konnte sie vor Verfolgern verbergen, aber Verfolger konnten sich ihnen dort auch nähern, bevor sie sie bemerkten.

Ein dünnes Heulen erhob sich weit hinter ihnen. Einen Augenblick lang glaubte er, es stamme von einem Wolf. Er überraschte sich selbst damit, daß er seine Gedanken nach dem Wolf ausschweifen ließ, bevor er sich bremsen konnte. Dann erscholl der Schrei wieder, und er wußte, es war kein Wolf. Andere Schreie antworteten dem einen, alle meilenweit hinter ihnen. Es war ein unheimliches Heulen, in dem Blut und Tod mitschwangen, das Alpträumen entsprungen war. Zu seiner Überraschung verlangsamten Moiraine und Lan ihr Tempo. Die Aes Sedai musterte die Hügel in ihrer nächtlichen Umgebung.

»Sie sind weit weg«, sagte er. »Wenn wir so weitermachen, holen sie uns nicht ein.«

»Die Schattenhunde?« knurrte Zarine. »Das sind die Schattenhunde? Seid Ihr sicher, daß es nicht die Wilde Jagd ist, Aes Sedai?«

»Aber das ist es doch«, antwortete Moiraine. »Genau das ist es.«

»Den Schattenhunden könnt Ihr nicht davonrennen, Schmied«, sagte Lan, »auch nicht auf dem schnellsten Pferd. Immer müßt Ihr euch ihnen stellen und sie besiegen, oder sie werden Euch zerreißen.«

»Weißt du, ich hätte ja im Stedding bleiben können«, sagte Loial. »Meine Mutter hätte mich dann jetzt schon verheiratet, aber es wäre kein schlechtes Leben gewesen. Eine Menge Bücher. Ich mußte nicht unbedingt nach Draußen.«

»Dorthin«, sagte Moiraine, und sie deutete auf eine hohe, baumlose Erhebung ein ganzes Stück zu ihrer Rechten. Mehr als zweihundert Schritt im Umkreis konnte Perrin keinen einzigen Baum entdecken, und dahinter wuchsen sie auch nur spärlich. »Wir müssen sie kommen sehen, wenn wir eine Chance haben wollen.«

Das unheimliche Heulen der Schattenhunde erhob sich wieder, diesmal näher, wenn auch noch ein gutes Stück weit entfernt.

Lan ließ Mandarb ein wenig schneller voranschreiten, nachdem Moiraine nun das Schlachtfeld ausgewählt hatte. Beim Hinaufklettern klapperten die Hufe der Pferde über Felsgestein, das halb unter dem Erdboden begraben und vom Regen schlüpfrig war. In Perrins Augen waren die Kanten der Steine zu regelmäßig, um natürlich entstanden zu sein. Oben angekommen, stiegen sie neben einem niedrigen, abgerundeten Steinblock ab. Der Mond erschien in einer Lücke zwischen den Wolken und er fand sich einem verwitterten! Steingesicht gegenüber, das etwa zwei Schritt lang war. Ein Frauengesicht, dachte er, wenn man die Länge der Haare in Betracht zog. Im Regen sah es aus, als weine sie.

Moiraine stieg ebenfalls ab und spähte in die Richtung, aus der das Heulen erschollen war. Sie war eine schattenhafte Gestalt mit großer Kapuze. Regentropfen glitzerten im Mondschein auf dem Öltuch ihres Umhangs.

Loial führte sein Pferd heran, um den Steinkopf besser sehen zu können. Dann beugte er sich herunter und befühlte die Gesichtszüge. »Ich glaube, das war eine Ogier-Frau«, sagte er schließlich. »Aber das hier ist kein altes Stedding; das würde ich fühlen. Wir alle würden das bemerken. Und wir wären sicher vor diesen Schattenwesen.«

»Was starrt ihr beiden denn da an?« Zarine quetschte die Augen zusammen, um den Felsen besser sehen zu können. »Was ist das? Sie? Wer?«

»Viele Nationen haben sich seit der Zerstörung der Welt erhoben und sind wieder zerfallen«, sagte Moiraine, ohne sich umzudrehen. »Einige hinterließen nicht mehr als ihre Namen auf einem vergilbten Blatt oder Linien auf einer zerfledderten Landkarte. Werden wir überhaupt soviel hinterlassen?«

Das blutgetränkte Heulen erklang wieder, erneut etwas näher. Perrin versuchte, ihre Geschwindigkeit zu berechnen. Er glaubte, Lan recht geben zu müssen. Die Pferde hätten ihnen wirklich nicht entkommen können. Sie würden nicht mehr lange warten müssen.

»Ogier«, sagte Lan, »Ihr und das Mädchen haltet die Pferde.« Zarine protestierte, aber er beachtete das nicht weiter. »Eure Messer werden Euch hier kaum helfen, Mädchen.« Seine Schwertklinge schimmerte im Mondschein, als er sie zog. »Und das hier ist nur eine Art letzter Ausweg. Es klingt, als seien vielleicht zehn dort draußen und nicht nur einer. Eure Aufgabe ist es, die Pferde am Weglaufen zu hindern, wenn sie die Schattenhunde wittern. Selbst Mandarb mag diesen Geruch nicht.«

Wenn das Schwert des Behüters nicht viel brachte, dann war seine Axt auch nicht viel wert. Perrin empfand darüber so etwas wie Erleichterung, auch wenn es sich um Schattenwesen handelte: Er würde die Axt nicht benützen müssen. Er zog seinen unbespannten Bogen unter Trabers Sattelgurt hervor. »Vielleicht wird uns der helfen.«

»Versucht es, wenn Ihr wollt, Schmied«, sagte Lan. »Sie sterben nicht so leicht. Vielleicht könnt Ihr damit einen töten.«

Perrin zog eine frische Bogensehne aus seiner Gürteltasche und bemühte sich, sie vor dem Regen zu schützen. Der Überzug aus Bienenwachs war dünn und stellte keinen großen Schutz gegen anhaltende Feuchtigkeit dar. Er klemmte sich den Bogen zwischen die Beine und bog ihn mühelos. Dann legte er die Schlingen der Sehne in die dafür vorgesehenen Hornnocken an den Enden des Bogens. Als er sich aufrichtete, konnte er die Schattenhunde bereits sehen.

Sie jagten dahin, wie Pferde im Galopp, und als er sie gerade entdeckt hatte, wurden sie noch einmal schneller. Es waren zehn große Gestalten, die durch die Dunkelheit hetzten, zwischen den einzeln stehenden Bäumen hindurchfegten, und er zog einen Pfeil mit breiter Spitze aus dem Köcher und legte ihn auf. Aber er spannte die Sehne nicht. Er war keineswegs der beste Bogenschütze in Emondsfeld gewesen, doch unter den jüngeren Männern war nur Rand besser.

Bei dreihundert Schritt Entfernung würde er schießen, entschied er. Narr! Auf die Entfernung triffst du doch kaum ein stehendes Ziel. Aber wenn ich warte, wo sie sich doch so schnell bewegen... Er trat neben Moiraine und hob den Bogen. Ich muß mir nur vorstellen, dieser huschende Schatten sei ein großer Hund. Dann zog er die Gänsefedern des Pfeilendes bis an sein Ohr und ließ los. Er war sicher, daß der Pfeil mit der nächsten Schattengestalt verschmolz, aber das einzige Ergebnis war ein Knurren. Das hat keinen Zweck. Sie sind zu schnell! Er zog bereits einen weiteren Pfeil heraus. Warum unternimmst du denn nichts, Moiraine? Er konnte ihre Augen erkennen, wie Silber glänzend, und ihre Zähne schimmerten wie polierter Stahl. Schwarz wie die Nacht und so groß wie kleine Ponies, so hetzten sie auf ihn zu, stumm, voller Mordlust. Der Wind trieb den Gestank nach brennendem Schwefel heran. Die Pferde wieherten angstgepeinigt, selbst Lans Streitroß. Seng dich, Aes Sedai, tu irgend etwas! Er schoß erneut. Der führende Schattenhund zauderte, jagte aber dann weiter. Sie können sterben! Er schoß wieder, und der vorderste Schattenhund strauchelte, kam taumelnd wieder auf die Beine und fiel dann. Und doch hätte er in diesem Moment beinahe verzweifeln können. Einer weg, und die anderen neun hatten bereits zwei Drittel der Entfernung bis zu ihnen hinter sich gebracht. Sie schienen nun noch schneller zu werden — wie Schatten, die über den Boden flogen. Noch mal ein Pfeil. Vielleicht genug Zeit für einen letzten dann, und anschließend die Axt. Seng dich, Aes Sedai! Er zog wieder durch.

»Jetzt«, sagte Moiraine, als sein Pfeil die Sehne verließ. Die Luft zwischen ihren Händen fing Feuer, und das fauchte auf die Schattenhunde zu und besiegte die Nacht. Die Pferde wieherten schrill und bäumten sich auf.

Perrin hielt sich einen Arm vor das Gesicht, um die Augen vor diesem weißen Glühen zu schützen, vor einer Hitze, als sei ein Rennofen aufgeplatzt. Ein plötzlicher Mittag flammte durch die Dunkelheit und war verschwunden. Als er den Arm wegzog, sah er zunächst nur tanzende Lichtflecke und das ferne, verblassende Abbild dieses Feuerstroms. Wo sich die Schattenhunde befunden hatten, war nun nichts als der nachtbedeckte Boden und der sanfte Nieselregen. Die einzigen Schatten, die sich bewegten, waren die von Wolken, die vor dem Mond vorbeiflogen.

Ich dachte, sie wurde Feuerbälle auf sie schleudern oder Blitze, aber das... »Was war das?« fragte er heiser.

Moiraine spähte schon wieder in Richtung Illian, als könne sie durch diese meilenweite Dunkelheit hindurchblicken. »Vielleicht hat er es nicht gesehen«, sagte sie mehr zu sich gewandt. »Es ist weit, und falls er nicht gerade hierhergeschaut hat, hat er es vielleicht nicht bemerkt.«

»Wer?« wollte Zarine wissen. »Sammael?« Ihre Stimme bebte ein wenig. »Ihr habt gesagt, er sei in Illian. Wie kann er irgend etwas von dort aus sehen? Was habt Ihr getan?«

»Etwas Verbotenes«, sagte Moiraine kühl. »Verboten durch Eide, die beinahe so stark sind wie die Drei.« Sie nahm Aldiebs Zügel dem Mädchen aus der Hand und tätschelte den Hals der Stute, um sie zu beruhigen. »Etwas, das fast zweitausend Jahre lang nicht mehr benützt wurde. Man könnte mich schon für das Wissen darüber einer Dämpfung unterziehen.«

»Vielleicht...?« Loials Stimme war wie ein schwächliches Grollen. »Vielleicht sollten wir jetzt gehen? Es könnte noch mehr davon geben.«

»Ich glaube nicht«, sagte die Aes Sedai, stieg aber dabei auf. »Er würde nicht gleichzeitig zwei Rudel riskieren, falls er überhaupt zwei besitzt. Außerdem würden sie untereinander kämpfen, statt ihre Beute zu reißen. Und ich glaube nicht, daß wir sein eigentliches Angriffsziel darstellen. Sonst wäre er selbst gekommen. Wir waren... ein Störfaktor, mehr nicht, glaube ich« — ihre Stimme klang ruhig, aber es war doch klar, daß sie es haßte, so geringgeschätzt zu werden —, »und vielleicht eine kleine Zusatzbeute für seinen Jagdbeutel, falls es nicht zuviel Mühe macht. Trotzdem bringt es nichts, ihm näher zu bleiben als unbedingt notwendig.«

»Rand?« fragte Perrin. Er konnte fast spüren, wie sich Zarine vorbeugte, um zu lauschen. »Wenn er nicht uns sucht, dann vielleicht Rand?«

»Möglicherweise«, sagte Moiraine. »Oder vielleicht Mat. Denkt daran, daß auch er ta'veren ist, und er blies das Horn von Valere.«

Zarine gab einen erstickten Laut von sich. »Er blies es? Jemand hat es bereits gefunden?«

Die Aes Sedai beachtete sie nicht. Sie beugte sich aus dem Sattel und sah ihm aus der Nähe in die Augen, die wie mattes Gold schimmerten. »Wieder einmal sind die Ereignisse schneller als ich. Das gefällt mir nicht. Und Euch sollte es auch nicht gefallen. Wenn mir die Ereignisse davonlaufen, überrollen sie Euch möglicherweise und den Rest der Welt gleich mit.«

»Es sind noch viele Wegstunden bis Tear«, sagte Lan. »Der Vorschlag des Ogiers war gut.« Er saß auch schon im Sattel.

Einen Moment später richtete sich Moiraine auf und berührte die Rippen der Stute mit ihren Fersen. Sie war schon halb den Abhang hinunter, als er endlich seinen Bogen abgespannt und verstaut hatte und Loial Trabers Zügel aus der Hand nahm. Seng dich, Moiraine! Irgendwo finde ich schon noch meine Antworten!

Mat genoß die Wärme des Lagerfeuers. Er lehnte sich an einen umgestürzten Baumstamm. Vor drei Tagen hatte sich der Regen nach Süden verzogen, aber er spürte immer noch die Nässe. Und doch war er sich in diesem Moment der tanzenden Flammen kaum bewußt. Er betrachtete nachdenklich den kleinen, mit Wachs überzogenen Zylinder in seiner Hand. Thom war damit beschäftigt, seine Harfe zu stimmen, und knurrte etwas von Regen und Feuchtigkeit in seinen Bart. Er sah überhaupt nicht zu Mat herüber. Grillen zirpten in den dunklen Büschen in ihrer Umgebung. Der Sonnenuntergang hatte sie zwischen den Dörfern erreicht, und so hatten sie dieses Gehölz ein Stück von der Straße entfernt ausgewählt, um zu lagern. Zwei Abende lang hatten sie versucht, ein Zimmer für die Nacht zu finden, und zweimal hatte ein Bauer seine Hunde auf sie gehetzt.

Mat zog sein Messer aus der Gürtelscheide und zögerte dann. Glück. Es explodiert nur manchmal, sagte sie. Glück. So vorsichtig er konnte, schlitzte er den Zylinder der Länge nach auf. Es war ein Papierzylinder, wie er gedacht hatte. Nach dem Feuerwerk hatte er damals, zu Hause, Papierfetzen auf dem Boden gefunden. Mehrere Papierschichten, aber alles, was sich drinnen befand, sah aus wie Schmutz oder vielleicht wie mit Staub vermischte, winzige, grauschwarze Steinchen. Er hielt den Inhalt auf der Handfläche und stocherte mit einem Finger darin herum. Wie beim Licht können Steinchen explodieren?

»Licht seng mich!« brüllte Thom. Er steckte rasch seine Harfe in den Behälter, als könne er sie damit vor dem Inhalt von Mats Hand schützen. »Probierst du aus, ob du uns umbringen kannst, Junge? Hast du nicht gehört, daß die Dinger an der Luft zehnmal so stark explodieren als durch Feuer? Feuerwerk ist das, was den Aes Sedai am nächsten kommt, Junge.«

»Vielleicht«, sagte Mat. »Aber Aludra hat nicht wie eine Aes Sedai auf mich gewirkt. Ich habe das gleiche immer von der Uhr Meister al'Veres geglaubt — daß sie ein Werk der Aes Sedai sein müsse —, aber sobald ich einmal den Kasten geöffnet hatte, sah ich, daß er voll kleiner Metallteilchen war.« Ihm war bei der Erinnerung noch mulmig zumute. Frau al'Vere hatte ihn damals als erste erreicht. Die Seherin, sein Vater und der Bürgermeister waren aber gleich hinterhergekommen, und keiner glaubte ihm, daß er lediglich hineinschauen wollte. Ich hätte alles wieder zusammensetzen können. »Ich glaube, Perrin könnte auch eine machen, wenn er all diese kleinen Rädchen und Federn und was weiß ich sähe.«

»Du wärst überrascht, Junge«, sagte Thom trocken. »Selbst ein schlechter Uhrmacher ist noch halbwegs reich, und sie verdienen das auch. Aber eine Uhr explodiert wenigstens nicht gleich!«

»Das auch nicht. Na ja, jetzt ist es nutzlos.« Er warf die Handvoll Papier und die keinen Steinchen ins Feuer, worauf Thom kreischte. Die Steinchen sprühten Funken und gaben kleine Lichtblitze von sich, und alles roch plötzlich beißend.

»Du versuchst wirklich, uns umzubringen.« Thoms Stimme klang schwankend, und sein Tonfall wurde immer eindringlicher und lauter. »Wenn ich mich zum Sterben entschließe, gehe ich zum königlichen Palast in Caemlyn und kneife Morgase!« Sein langer Schnurrbart bebte. »Tu so was nicht noch einmal!«

»Es ist doch nicht explodiert«, sagte Mat, und er sah mit gerunzelter Stirn das Feuer an. Er faßte in die Rolle aus Ölzeug, die auf der anderen Seite des Baumstamms lag, und holte einen Feuerwerkskörper der nächstgrößeren Sorte heraus. »Ich frage mich, warum es nicht geknallt hat.«

»Es ist mir gleich, warum es nicht geknallt hat! Tu das nicht wieder!«

Mat sah ihn an und lachte. »Hör auf zu zittern, Thom. Es gibt keinen Grund zur Furcht. Ich weiß jetzt, was da drinnen ist. Endlich weiß ich, wie es aussieht, aber... Sag es nicht. Ich schneide keines mehr auf, Thom. Es ist ohnehin lustiger, sie in die Luft zu jagen.«

»Ich fürchte mich nicht, du dreckbespritzter Schweinehirt«, sagte Thom mit größtmöglicher Würde. »Ich zittere vor Wut, weil ich zusammen mit einem ziegenhirnigen Idioten durch die Weltgeschichte reise, der uns vielleicht noch beide umbringen wird, weil er nicht über seine eigenen Nasenspitze hinaus... «

»He, Ihr da am Feuer!«

Mat tauschte einen schnellen Blick mit Thom, als sich das Klappern von Pferdehufen näherte. Es war zu spät, um noch einen ehrlichen Menschen auf der Straße zu erwarten. Aber so nah bei Caemlyn bewachte die königliche Garde die Straße doch gut, und die vier, die nun in den Feuerschein ritten, wirkten auch nicht wie Räuber. Eines davon war eine Frau. Die Männer trugen allesamt lange Umhänge und schienen ihre Diener zu sein. Sie war hübsch, hatte blaue Augen, trug eine goldene Halskette, ein grauseidenes Kleid und einen Samtumhang mit weiter Kapuze. Die Männer stiegen ab. Einer hielt ihr die Zügel und ein anderer den Steigbügel. Sie lächelte Mat an und zog die Handschuhe aus, als sie sich dem Feuer näherte.

»Ich fürchte, die Dunkelheit hat uns hier draußen überrascht, junger Herr«, sagte sie, »und ich würde Euch gern fragen, ob Ihr hier in der Gegend eine Schenke wißt und uns den Weg weisen könnt.«

Er grinste und wollte sich erheben. Er schaffte es bis zu einer gebückten Haltung, als er hörte, wie einer der Männer etwas sagte, während ein anderer eine gespannte Armbrust unter dem Umhang vorzog, die nur von einer Klammer am Abschuß des Bolzens gehindert wurde.

»Töte ihn, du Narr!« rief die Frau, und Mat warf den Feuerwerkskörper in die Flammen und sich selbst in Richtung seines Kampfstocks. Es gab einen lauten Knall und einen Lichtblitz. »Aes Sedai!« schrie ein Mann. »Feuerwerk, du Narr!« rief die Frau. Mat rollte sich herum und kam wieder auf die Beine, den Bauernspieß in der Hand. Er sah den Bolzen der Armbrust im Baumstamm stecken, vor dem er gesessen hatte. Der Schütze stürzte gerade mit einem von Thoms Messern in der Brust zu Boden.

Das war alles, was zu sehen er Zeit hatte, denn die anderen beiden Männer rannten um das Feuer herum auf ihn zu und zogen dabei ihre Schwerter. Einer davon stolperte mit einemmal und fiel auf die Knie. Er ließ sein Schwert fallen und griff nach dem Messer in seinem Rücken. Dann stürzte er mit dem Gesicht nach unten auf den Boden. Der letzte Mann sah nicht, wie sein Kumpan fiel. Offensichtlich glaubte er immer noch, daß sie paarweise kämpften und daß so ihr Opfer seine Aufmerksamkeit teilen müsse. Er stach mit seiner Klinge nach Mats Unterleib. Beinahe verächtlich brach Mat dem Burschen mit einem Ende seines Stocks das Handgelenk, worauf ihm das Schwert aus der Hand flog, und mit dem anderen Ende traf Mat seine Stirn. Die Augäpfel des Mannes rollten hoch, und er brach zusammen.

Aus dem Augenwinkel sah Mat die Frau auf sich zukommen. Er streckte ihr einen Finger wie ein Messer entgegen. »Schöne Kleider für eine Diebin wie Euch, Frau! Ihr setzt Euch jetzt hin, bis ich entscheide, was mit Euch geschieht, oder ich... «

Sie blickte genauso überrascht drein wie Mat, als plötzlich ein Messer in ihrem Hals steckte und eine rote Blume sich ausbreitenden Bluts erblühen ließ. Er tat einen halben Schritt vorwärts, als wolle er sie auffangen, obwohl er wußte, daß es nichts mehr nützen würde. Ihr langer Umhang fiel über sie und bedeckte alles bis auf ihr Gesicht und den Griff von Thoms Messer.

»Seng dich«, knurrte Mat. »Seng dich, Thom Merrilin! Eine Frau! Licht, wir hätten sie fesseln können und sie der königlichen Garde morgen in Caemlyn übergeben! Licht, vielleicht hätte ich sie sogar laufen lassen. Ohne diese drei hätte sie niemanden mehr beraubt, und der einzige von ihnen, der noch am Leben ist, wird Tage brauchen, bis er wieder richtig sehen kann, und Monate, bis er wieder ein Schwert hält. Seng dich, Thom, es war nicht nötig, sie zu töten!«

Der Gaukler humpelte herüber zu der Frau und fegte mit dem Fuß ihren Umhang zur Seite. Der Dolch war halb aus ihrer Hand gerutscht. Seine Klinge war so breit wie Mats Daumen und zwei Handbreiten lang. »Hätte ich lieber warten sollen, bis du den da zwischen den Rippen hast, Junge?« Er zog sein eigenes Messer heraus und wischte die Klinge an ihrem Umhang ab.

Mat wurde bewußt, daß er das Lied ›Sie trug eine Maske, die ihr Gesicht verbarg‹ summte, und er hörte sofort auf damit. Er bückte sich und zog den Umhang über ihr Gesicht. »Am besten reiten wir weiter«, sagte er leise. »Ich möchte das nicht den Gardesoldaten erklären müssen, falls welche vorbeikommen.«

»Und sie trägt solche Kleider?« sagte Thom. »Ich würde sagen, sie haben die Frau eines Kaufmanns ausgeraubt oder die Kutsche irgendeiner Adligen.« Sein Tonfall wurde sanfter. »Wenn wir schon gehen, Junge, solltest du am besten dein Pferd satteln.«

Mat fuhr zusammen und riß seinen Blick von der toten Frau los. »Ja, sollte ich, nicht wahr?« Er sah sie nicht noch einmal an.

Solche Hemmungen hatte er in bezug auf die Männer nicht. Soweit es ihn betraf, verdiente jemand den Tod, der sich entschlossen hatte, zu rauben und zu morden, wenn er dieses Spiel verlor. Er hielt sich nicht lang mit ihnen auf, aber er wandte den Blick auch nicht ab, wenn er auf einen der Räuber fiel. Nachdem er seinen Hengst gesattelt und seine Sachen festgeschnallt hatte, ertappte er sich dabei, wie er den Mann mit der Armbrust betrachtete. An dessen Gesichtszügen war etwas Vertrautes. Es lag daran, daß durch das Flackern des Feuers ein Schatten auf das Gesicht fiel. Glück, sagte er sich. Immer wieder Glück.

»Der Armbrustschütze war ein guter Schwimmer, Thom«, sagte er, während er in den Sattel kletterte.

»Was für einen Unsinn quatscht du denn jetzt wieder zusammen?« Auch der Gaukler saß auf seinem Pferd und war viel mehr mit der Sicherheit seiner Instrumentenbehälter hinter dem Sattel beschäftigt als mit den Toten. »Wie kannst du wissen, ob er überhaupt schwimmen konnte?«

»Er hat es geschafft, aus einem kleinen Boot mitten auf dem Erinin und mitten in der Nacht heil ans Ufer zu kommen. Ich schätze, damit hat er wohl all sein Glück aufgebraucht.« Er überprüfte noch einmal die Riemen, die die Rolle mit Feuerwerkskörpern hielten. Wenn dieser Narr schon glaubte, einer davon sei von den Aes Sedai hergestellt, was hätte er dann gedacht, wenn alle auf einmal losgegangen wären?

»Bist du sicher, Junge? Unwahrscheinlich, daß es der gleiche Mann... Also, selbst du würdest bei einer solchen Wette nicht dagegenhalten.«

»Ich bin sicher, Thom.« Elayne, ich dreh dir den Hals um, wenn ich dich wieder in die Hände bekomme. Und auch den von Egwene und den von Nynaeve. »Und ich bin sicher, daß ich diesen verfluchten Brief loswerden will, bevor wir uns auch nur eine Stunde lang in Caemlyn aufhalten.«

»Ich sage dir, an dem Brief ist nichts weiter dran, Junge. Ich habe Daes Dae'mar schon gespielt, als ich jünger war als du, und ich erkenne einen Code oder eine Chiffre, selbst wenn ich nicht weiß, was sie zu bedeuten hat.«

»Also, ich habe dein Großes Spiel niemals gespielt, Thom, dein verfluchtes Spiel der Häuser, aber ich weiß, wenn jemand hinter mir her ist. Und sie würden mich nicht so lange und so weit jagen, nur um an das Gold in meinen Taschen zu kommen. Nicht einmal für eine ganze Truhe voll Gold. Es muß an dem Brief liegen.« Seng mich, hübsche Mädchen bringen mich immer wieder in Schwierigkeiten. »Ist dir nach all dem hier heute nacht noch nach Schlafen zumute?«

»So, wie ein unschuldiges Kind, Junge. Aber wenn du reiten willst, mache ich mit.«

Das Gesicht einer hübschen Frau ging Mat durch den Kopf, einer hübschen Frau mit einem Dolch im Hals. Du hattest kein Glück, hübsche Frau. »Also, reiten wir los!« sagte er energisch.


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