Neunzehn

»Midway steht auch weiterhin zu seinen Verpflichtungen aus den Verträgen, die mit der Regierung der Syndikatwelten auf Prime geschlossen wurden«, erklärte Präsidentin Iceni. »Da wir inzwischen allerdings ein unabhängiges Sternensystem sind, werden Nachverhandlungen über die Vereinbarungen erforderlich. Ich versichere Ihnen, wir sind an Übereinkünften interessiert, von denen wir und die Allianz gleichermaßen profitieren werden. Ich gehe nicht davon aus, dass es auf dem Weg zu diesen Vereinbarungen irgendwelche Schwierigkeiten geben wird. Für das Volk. Iceni Ende.«

Geary sollte Rione diese Aufgabe übertragen, jedoch waren da noch einige die Flotte betreffende Punkte zu klären. Er zog seine Uniform glatt und betätigte die Antworttaste. »Hier spricht Admiral Geary. Die Verhandlungen über solche Vereinbarungen werde ich den beiden Gesandten der Allianz-Regierung übertragen, die uns auf dieser Mission begleiten. Die beiden werden zu diesem Zweck mit Ihnen in Kürze Kontakt aufnehmen. In einer anderen Sache besteht für uns dringender Handlungsbedarf, denn die Rohstoffbestände meiner Hilfsschiffe sind stark gesunken. Ich möchte Sie daher um Ihr Einverständnis bitten, auf einigen Asteroiden in diesem Sternensystem Rohstoffe abzubauen, damit wir damit beginnen können, die hier erlittenen Gefechtsschäden zu reparieren.«

Natürlich waren die Schäden seinen Schiffen nicht alle erst hier im System zugefügt worden, aber es konnte nicht schaden, darauf hinzuweisen, dass seine Flotte Verluste erlitten hatte, um diejenigen zu beschützen, die er nun um einen Gefallen bat.

Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Bitte richten Sie Kommodor Marphissa meinen persönlichen Dank dafür aus, dass sie und ihre Schiffe gemeinsam mit uns dieses Sternensystem verteidigt haben. Sie und ihre Leute haben gut gekämpft.« Er hatte sich alle Mühe gegeben, in Marphissa etwas anderes als eine Syndik zu sehen, und jeder Nicht-Syndik hatte für diesen Einsatz ein solches Dankeschön von ihm verdient. »Auf die Ehre unserer Vorfahren. Geary Ende.«

Eine weitere Nachricht musste übermittelt werden. »Captain Smythe, ich gehe von einer positiven Reaktion auf unsere Anfrage aus, hier im System ein paar Rohstoffe abzubauen. Bereiten Sie dafür alles Notwendige vor und machen Sie sich mit Ihren Schiffen schon mal auf den Weg zu den Asteroiden, auf denen Sie graben wollen.«

Aus einem unerfindlichen Grund folgten die Spinnenwölfe seit dem Ende der Schlacht den Hilfsschiffen, wobei sie von Zeit zu Zeit komplexe Manöver untereinander oder zwischen den Allianz-Schiffen hindurch flogen. Das Flottenpersonal bezeichnete diese Aktionen mittlerweile als Tänze, deren Zweck ein Rätsel war, die aber zumindest dafür sorgten, dass sich die Moral unter den Menschen etwas besserte. Seit die Spinnenwölfe es geschafft hatten, das auf eine von Menschen bewohnte Welt gerichtete kinetische Bombardement abzulenken, wurden sie als willkommene Besucher angesehen, weniger als Fremde, die irritierten und Besorgnis auslösten.

Niemand schien mehr den Begriff »GeV« zu benutzen, stattdessen hörte Geary die Besatzung häufig von den »Tänzern« reden, was stets in einem lobenden oder bewundernden Tonfall geschah. Geary war es zunächst gelungen, die Bezeichnung GeV für die Spinnenwölfe weitgehend aus dem Sprachgebrauch zu verbannen, und jetzt hatten sie sich durch ihr eigenes Verhalten den respektvollen Namen Tänzer verdient.

Nachdem die Nachricht an Smythe verschickt worden war, ließ sich Geary in seinen Sessel sinken und wünschte, er hätte etwas mehr Schlaf bekommen, ehe seine Aufgaben ihn zurück auf die Brücke geholt hatten.

»Keine Verschnaufpause für die Todmüden?«, fragte Rione.

»Offenbar nicht. Was gibt es?«

»Unser derzeit liebster Syndik-CEO hat sich endlich dazu entschlossen, uns den Gefallen zu tun, mit uns Kontakt aufzunehmen.«

»Oh, das ist ja wunderbar«, stöhnte Geary, setzte sich gerader hin und kniff ein paar Mal die Augen zusammen, um die Müdigkeit zu vertreiben. »Und wie übel ist es?«

»Ich habe die Nachricht noch nicht gesehen, sie ist an Sie adressiert. Aber sie sollte gut sein«, merkte Rione an.

CEO Boyens sah eigentlich noch genauso aus wie bei ihrer letzten Begegnung, als sie ihren hochrangigen Gefangenen nach dem Ende der Kriegshandlungen freigelassen hatten. Damals hatte er noch angemessen finster dreingeblickt, jetzt dagegen lächelte er auf fast dieselbe einstudierte Weise wie alle CEOs der Syndikatwelten. Als hätte er erkannt, dass sein Publikum diese Geste längst als aufgesetzt durchschaut hatte, versuchte Boyens vielleicht, auf eine etwas ehrlicher wirkende Art zu lächeln.

»Man könnte ja meinen, wir sind in einer Bar und er will mich anmachen«, meinte Desjani.

»Ist das das richtige Lächeln dafür?«, fragte Geary.

»So in etwa. Es hat bei mir nie funktioniert, wenn ich was getrunken hatte, also kann es erst recht nicht funktionieren, wenn ich nüchtern bin. Wollen Sie behaupten, Sie sind noch nie in einer Bar angemacht worden?«

»Ich glaube, darauf sollte ich besser nicht antworten.« Er verstummte, als Boyens in ernstem Tonfall zu reden begann.

»Admiral Geary, ich bin Ihnen zutiefst dankbar dafür, dass Sie abermals bei der Verteidigung dieses Sternensystems gegen die Enigma-Rasse mitgeholfen haben. Im Namen der Regierung der Syndikatwelten spreche ich Ihnen dafür meinen Dank aus.«

»Ihnen«, murmelte Desjani. »Nicht der Allianz und auch nicht dieser Flotte, sondern nur Ihnen

Hätte Tanya ihn nicht darauf aufmerksam gemacht, wäre ihm diese feinsinnige Unterscheidung vermutlich gar nicht aufgefallen.

»Admiral, nachdem Sie nun Ihre Arbeit hier beendet haben, werde ich Ihnen gern eine meiner mobilen Einheiten zur Verfügung stellen, damit sie Sie durch das Gebiet der Syndikatwelten zurück zur Allianz eskortiert. Ich bin mir sicher, Sie können es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen.«

Desjani lachte leise. »Sie müssen nur darauf achten, liebe Freunde und Verbündete, dass Ihnen nicht die Tür in den Rücken fällt, wenn wir sie hinter Ihnen zuschlagen. Da habe ich ja noch lieber mit den Kiks zu tun.«

»Selbstverständlich«, redete Boyens weiter, »werden Sie diesen Rückweg mit einem kurzen Besuch auf Prime verbinden wollen, damit der Friedensvertrag um die neuen Gegebenheiten ergänzt wird und damit Sie uns jene Informationen mitteilen können, die für die gesamte Menschheit von Bedeutung sind. Sollten einige der Sie begleitenden Schiffe eine Art Botschafterstatus haben, werden diese auf ihrem Weg ins Allianz-Gebiet natürlich auch einen Zwischenstopp bei Prime einlegen wollen. Ich habe hier noch das eine oder andere zu erledigen, gleich danach werde ich Ihnen folgen, denn es interessiert mich, alles darüber zu erfahren, welche Erkenntnisse Ihre Erkundungsmission für das Wissen der Menschheit ergeben hat. Für das Volk. Boyens Ende.«

Das war einfach nur unverschämt, aber Geary gelang es, die Stimme nicht anzuheben, als er antwortete. »Vielen Dank für Ihr Angebot«, begann er ohne jede vorausgeschickte Höflichkeitsfloskel. »Die Allianz-Flotte ist stets darauf gefasst, gegen jegliche Aggressoren vorzugehen.« Sollten Boyens und seine Vorgesetzten auf Prime doch ruhig in den Satz hineininterpretieren, was sie wollten. »Allerdings ist unsere Arbeit hier noch nicht ganz abgeschlossen. Wir haben noch Verschiedenes mit den örtlichen Behörden zu besprechen.« Darüber konnte Boyens ebenfalls erst einmal in Ruhe nachdenken. »Da Ihre Streitmacht zur Verteidigung dieses Sternensystems nichts beigetragen hat, benötigen wir für unseren weiteren Weg auch nicht die Unterstützung durch Ihre Streitkräfte. Wie Sie vielleicht bereits bemerkt haben, eskortieren wir selbst bereits Schiffe ins Allianz-Gebiet, weshalb wir über den Weg dorthin selbst entscheiden werden. Unsere Gäste haben den Wunsch geäußert, unverzüglich zu den Allianz-Behörden gebracht zu werden. Diesem Wunsch werden wir natürlich nachkommen.«

Rione stellte sich auf einmal so selbstverständlich neben Geary, als wäre der Auftritt zuvor geprobt worden. »Wie Sie wissen, CEO Boyens, bestimmt der Friedensvertrag nicht, welcher Route wir folgen müssen, wenn wir das Midway-System aufsuchen oder verlassen wollen. Auch schreibt der Vertrag nicht vor, wie lange wir uns hier aufhalten dürfen. Als Gesandte der Allianz danke ich Ihnen für die angebotene Unterstützung und wünsche Ihnen eine angenehme Heimreise nach Prime. Auf die Ehre unserer Vorfahren. Rione Ende.«

Als die Erwiderung abgeschickt wurde, sah Rione Geary an und fragte in entschuldigendem Tonfall: »Sie hatten doch alles gesagt, was Sie sagen wollten, richtig?«

»Ja, das ist richtig.«

Eine Stunde später ging eine Nachricht ein, in der eine freundliche Iceni Geary freien Zugang zu den Asteroiden in ihrem System gewährte. Sie bat ihn lediglich darum, dass die Hilfsschiffe der Allianz diesen Abbau von Rohstoffen mit der zuständigen »Behörde für die Gewinnung von Weltraumressourcen« abstimmten.

Nicht ganz eine Stunde danach traf eine weitere Nachricht vom Planeten ein, die als streng vertraulich und ausschließlich für Admiral Geary bestimmt gekennzeichnet war. Er verließ die Brücke, um die Nachricht in seinem Quartier entgegenzunehmen. Auf dem Weg dorthin fragte er sich, was ihn nun schon wieder erwartete.

Die Mitteilung stammte von General Drakon, der diesmal allein vor der Kamera saß und ihn ohne Vorrede sein Anliegen wissen ließ. »Ich möchte Sie um einen persönlichen Gefallen bitten, Admiral Geary. Mir ist durchaus bewusst, dass Sie keinen Grund haben, einem ehemaligen Feind einen Gefallen zu tun. Allerdings geht es hier auch nicht um mich, sondern um meine Untergebenen. Colonel Rogero ist einer meiner vertrauenswürdigsten und angesehensten Offiziere. Er hat mich gebeten herauszufinden, ob die angehängte Nachricht an einen Ihrer Offiziere weitergeleitet werden kann. Angesichts seines loyalen Dienstes mir gegenüber und von einem Befehlshaber zum anderen bitte ich Sie daher, diese Nachricht an den vorgesehenen Empfänger weiterzuleiten. Falls Fragen gestellt werden, Präsidentin Iceni weiß von dieser Kontaktaufnahme und vom Inhalt der angehängten Nachricht. Sie hat nichts dagegen einzuwenden. Wenn Sie Fragen zu dieser Angelegenheit haben, senden Sie sie an mich, ich werde Ihnen auf alles antworten.«

Drakon hielt kurz inne und blickte in die Kamera, als könnte er Geary tatsächlich sehen. »Ich bin froh, dass wir uns nie im Krieg begegnet sind, Admiral. Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine solche Begegnung überlebt hätte, aber ich weiß, ich hätte Ihnen zuvor noch die Schlacht Ihres Lebens geliefert. Für das Volk. Drakon Ende.«

Geary spielte den Schluss noch einmal ab und lauschte aufmerksam. Bei General Drakon kam das »Für das Volk« nicht so eindeutig von Herzen wie bei Kommodor Marphissa, dennoch klang es auch bei ihm nicht nur nach der reflexartigen Verwendung einer bedeutungslosen Floskel. Geary glaubte, bei ihm Trotz und Entschlossenheit wahrzunehmen, so als sei Drakon bereit, die mit diesem Satz verbundenen Ideale zu verteidigen — Ideale, die seitens der Regierung der Syndikatwelten schon vor langer Zeit in Vergessenheit geraten waren, sofern sie denn den Syndik-Führern überhaupt jemals irgendetwas bedeutet hatten.

Er widmete sich dem Anhang. Eine Nachricht von einem ehemaligen Syndik-Offizier für einen seiner eigenen Offiziere? Noch bevor er den Namen des Adressaten gelesen hatte, wusste er, für wen die Mitteilung bestimmt war. Captain Bradamont. Für ihn als Flottenbefehlshaber gab es viele unerfreuliche Aufgaben zu erledigen, aber mit das Unangenehmste war für ihn, eine persönliche Mitteilung zu lesen oder sich anzusehen, die nicht für ihn bestimmt war. Daher kostete es ihn Überwindung, diesen Anhang zu öffnen, von dem er wusste, dass die Schutzsoftware der Flotte die Datei auf alle möglichen Gefahren hin untersucht hatte.

Colonel Rogero trug eine Uniform, die der von General Drakon ähnelte. Auch kam er so direkt wie sein Vorgesetzter zur Sache, wenngleich es sich so anhörte, als würde er seinen Text ablesen. »Für Captain Bradamont, Befehlshabende Offizierin des Allianz-Schlachtkreuzers Dragon, hier ist Colonel Rogero von den Midway-Streitkräften. Viel ist in den letzten Monaten geschehen.«

Rogero ließ eine umfassende Übersicht über eben jene Ereignisse folgen, bei denen er sich nicht auf die Aktivitäten bei Midway beschränkte, sondern auch die umliegenden Sternensysteme einbezog. Vielerorts war es zu Kämpfen und Revolten gekommen, und die Syndiks hatten sich bemüht, jede Form von Aufstand zu unterdrücken. Midway hatte sich intensiv in die Ereignisse der benachbarten Systeme eingemischt, offensichtlich mit dem Ziel, eine Führungsrolle zu übernehmen — aber für welchen Zweck? Um ein kleines persönliches Imperium für Iceni und Drakon zu schaffen? Oder als anderes Extrem eine kleine Allianz aus freien Sternensystemen? Letzteres kam Geary sehr unwahrscheinlich vor, aber wenn es doch stimmen sollte…

Hätte er bloß mehr über Iceni und Drakon gewusst.

Rogero musste klar gewesen sein, dass nicht nur Bradamont diese Nachricht zu sehen bekommen würde. Und Drakon und Iceni waren zweifellos auch über den Inhalt informiert, womit es sich nicht bloß um eine Gefälligkeit für Rogero handelte, sondern auch um einen Deckmantel, unter dessen Schutz Geary problemlos Informationen zugespielt werden konnten.

Es bedeutete aber auch, dass die Gefühle von Rogero und Bradamont füreinander von seinen Vorgesetzten nach wie vor für deren Zwecke benutzt wurden. Vielleicht war das für ehemalige Syndik-CEOs wie Drakon und Iceni immer noch eine ganz normale Vorgehensweise, doch Geary empfand das Ganze schon als ein wenig abstoßend, auch wenn er selbst daran gar nicht beteiligt war.

Colonel Rogero machte eine kurze Pause, dabei war ihm anzusehen, dass er mit seiner Beherrschung zu kämpfen hatte. »Captain Bradamont, ich… ich muss Sie davon in Kenntnis setzen, dass… dass sich an meinen Gefühlen niemals etwas ändern wird. Deshalb muss ich Sie bitten, mich zu vergessen, denn alles andere ist zu gefährlich und kann Ihnen nur schaden. Ich bin jetzt von den Mächten befreit, die unsere Gefühle für ihre Zwecke nutzen wollten. Ich hoffe, nachdem der Krieg nun vorbei ist, sind Sie ebenfalls frei. Sollte das nicht der Fall sein, dann informieren Sie diese Leute bitte darüber, dass ich keine weiteren Berichte mehr liefern werde. Sie können ihnen nicht länger als Informationsquelle dienen. Sie haben stets patriotisch und ehrbar gehandelt, und ich werde jedem, der an Ihrer Rolle in der letzten Zeit Zweifel geäußert hat, eine detaillierte offizielle Erklärung vorlegen. Leben Sie wohl, Captain Bradamont.«

Geary lehnte sich zurück und rieb sich über die Stirn. Rogeros Ausführungen bestätigten, was Bradamont ihm bereits gesagt hatte und was von Lieutenant Iger teilweise bestätigt worden war. Geary wusste allerdings, dass Iger nicht bekannt war, wer sich hinter dem Decknamen Weiße Hexe verbarg, unter dem Bradamont für den Geheimdienst der Allianz gearbeitet hatte.

Wenn Iger diese Nachricht zu sehen bekam, dann war ihre Tarnung aufgeflogen. »Captain Bradamont, ich muss mit Ihnen so bald wie möglich unter vier Augen reden.«

Nur Minuten später nahm ihr Bild in seinem Quartier Gestalt an. Die Dragon war der Dauntless nahe genug, sodass die Kommunikation mit nur wenig mehr als einer Lichtsekunde Verzögerung möglich war, was bei einer normalen Unterhaltung nicht auffiel.

»Captain Bradamont«, begann Geary ein wenig verlegen. »Es geht hier um eine private und eine dienstliche Angelegenheit. Nehmen Sie doch bitte Platz.«

Sie setzte sich steif hin und musterte ihn skeptisch. »Hat es etwas mit der Angelegenheit zu tun, über die wir vor einer Weile gesprochen haben?«

»Ja, es geht um die Weiße Hexe.« Geary brachte sein Komm-Pad auf der Armlehne ihres Platzes in Position, dann aktivierte er die Wiedergabe. »Diese Nachricht ist für Sie, auch wenn Teile davon eindeutig ebenfalls für andere Personen in der Flotte bestimmt sind.«

Sie sah sich die Nachricht an, während Geary versuchte, nicht ihre Reaktionen zu beobachten. Als sie fertig war, wollte sie nach dem Pad greifen, um die Anzeige abzuschalten, erst dann wurde ihr bewusst, dass sie nur virtuell anwesend war. Sie zog den Arm zurück, ihre Miene verriet nicht, was sie fühlte. »Vielen Dank, Admiral.«

Er schaltete die Anzeige ab. »Gibt es irgendetwas, das Sie mir sagen wollen?«

»Ich hatte Sie bereits über die Umstände informiert, Admiral.«

»Haben Sie in dieser Angelegenheit irgendwelche Wünsche? Ich kann zumindest sicherstellen, dass eine Antwort übermittelt wird, ganz gleich welche Form Sie dafür wählen.«

»Eine Antwort.« Bradamont schüttelte den Kopf. »Was sollte ich noch sagen? Er hat recht. Es muss aufhören. Es ist ja schon vorbei. Keiner von uns kann jetzt noch benutzt werden. Der Inhalt dieser Nachricht wird das Geheimdienstpersonal der Flotte darauf aufmerksam machen, wer ich bin. Damit werde ich leben müssen. Aber ich habe schon Schlimmeres ertragen. Ich muss ohne ihn leben.«

»Das tut mir leid.«

»Ich weiß, Admiral. Ich weiß nur nicht, warum das passieren musste. Ich hatte nicht darum gebeten. Ich weiß, dass Sie das verstehen können.«

»Kann ich irgendetwas für Sie tun?«

Bradamont reagierte mit einem verbitterten Lächeln. »Nicht mal Black Jack kann daran etwas ändern, Admiral. Warum zum Teufel…« Abrupt unterbrach sich Bradamont. »Verzeihen Sie, Sir.«

»Vergessen Sie’s. Ich werde noch eine Weile warten, ehe ich den Anhang an den Geheimdienst weiterleite oder ihn irgendwen sehen lasse. Falls Sie reden möchten, melden Sie sich bei mir.«

»Ja, Admiral.« Bradamont nahm wieder Habtachthaltung ein. »Vielen Dank.«

Keine halbe Stunde später wurde an seinem Quartier geläutet. »Herein.«

Rione trat ein und verhielt sich, als sei dies ihr Quartier. Sie ging einfach zu einem Sessel und ließ sich hineinfallen. »Mir ist da ein Gedanke gekommen, den ich gern mit Ihnen besprechen würde«, begann sie zu reden.

Er musterte sie skeptisch, da er sich nicht erklären konnte, aus welchem Grund sie so gut gelaunt war. So hatte sie sich nicht mehr benommen, seit sie zu seiner Flotte zurückgekehrt war. »Und was für ein Gedanke ist das?«

»Wäre es nicht nützlich für die Allianz, wenn ein Offizier der Flotte hier langfristig einen Posten zugewiesen bekommt? Hier in diesem System? Wie heißt das noch gleich? Verbindungsoffizier, richtig?«

»Ja, Verbindungsoffizier«, sagte er und überlegte angestrengt, worauf sie hinauswollte. »Der hier zurückbleiben soll?«

»Richtig.« Sie ließ eine Pause folgen, als denke sie über irgendwas nach. »Es sollte natürlich ein Offizier mit genügend Erfahrung sein, immerhin ist das ein bedeutsamer Posten. Und mit Blick auf den Argwohn zwischen unseren Völkern wäre es sicher besonders hilfreich, wenn derjenige bereits eine Verbindung zur Gegenseite hätte.«

»Eine Verbindung zur Gegenseite?«

»Eine persönliche Beziehung. Vielleicht zu einem ihrer Offiziere. Ich weiß, das ist eine ziemlich verrückte Idee, aber…«

»Wie zum Teufel haben Sie es diesmal geschafft, sich in meine Konferenzsoftware zu hacken?«, wollte Geary wissen.

»Natürlich«, redete Rione weiter, als hätte sie ihn gar nicht gehört, »müssten Sie erst einmal jemanden finden, der bereit ist, einen offiziellen Befehl zu akzeptieren, der von ihm verlangt, hierzubleiben. Jemand, der die Syndiks gut genug kennt, um ihre Tricks zu durchschauen. Denn auch wenn diese Leute hier keine Syndiks mehr sein wollen, werden sie deswegen nicht ihr gewohntes Verhalten aufgeben.«

»Ein offizieller Befehl?« Wollte sie ihm tatsächlich helfen?

»Die Allianz benötigt jemanden, der die Situation im Auge behält«, sagte Rione und betrachtete sehr interessiert ihre Fingernägel. »Jemanden, der diesen Leuten zur Hand gehen kann, was korrekte militärische und staatliche Beziehungen betrifft. Jemanden, der demokratische Reformen anstoßen kann.« Sie legte den Kopf ein wenig schräg, als sei ihr dieser letzte Gedanke gerade erst gekommen. »Und der vielleicht auch ein paar Ratschläge geben kann, wie man richtig ein Gefecht bestreitet, sollten die Verteidiger dieses Systems einmal in die Verlegenheit kommen, so etwas tun zu müssen.«

»Sie schlagen mir die perfekte Lösung für meine beiden Probleme vor, nämlich wie ich diesem Sternensystem meine Unterstützung anbieten und wie ich Captain Bradamonts Krise aus der Welt schaffen kann. Wieso?«

Sie zog die Stirn in Falten. »Es könnte meine mitfühlende Seite sein, die sich da regt.«

»Das tut sie aber nicht sehr oft«, gab Geary zurück. »Besonders nicht in der jüngsten Zeit.«

»Dann ist es vielleicht mein innerer Schweinehund, der sich nicht allzu sehr von meinem äußeren Schweinehund unterscheidet und der es darauf anlegt, dass die Pläne gewisser Gruppierungen in der Allianz durchkreuzt werden.« Rione sah ihm in die Augen. »Eine Flottenoffizierin, die mit dem Feind Kontakt hält, nachdem sie aus einem Kriegsgefangenenlager der Syndiks befreit worden war? Die Informationen an den Feind weitergeleitet hat? An einen feindlichen Offizier, für den sie romantische Gefühle hegte? Überlegen Sie doch mal, welche Folgen es nach sich ziehen kann, wenn eine solche Information publik wird.«

Geary beugte sich vor und erwiderte energisch: »Wenn Sie so viel wissen, dann sollte Ihnen auch bekannt sein, dass diese Informationen auf Befehl des militärischen Geheimdienstes übermittelt wurden, um den Feind mit falschen Fakten zu versorgen.«

»Ja, Admiral, das weiß ich auch. Und auch, dass man Leute erpressen kann, vor allem wenn die eigentliche Angelegenheit so streng geheim ist, dass diejenigen mit substanziellem Wissen darüber kein Wort von sich geben dürfen.«

Er lehnte sich zurück und wunderte sich, dass es immer noch möglich war, ihn mit irgendwelchen Neuigkeiten zu schockieren. »Jemand erpresst Captain Bradamont? Das wissen Sie sicher?«

»Ja, das weiß ich sicher«, erwiderte sie leise und schaute wieder auf ihre Fingernägel. »Oder besser gesagt: Jemand ist im Begriff, sie zu erpressen. Es ist alles vorbereitet. Man hat Bradamont gegenüber bereits ein paar Andeutungen gemacht, vage Warnungen, dass etwas geschehen könnte, wenn sich gewisse Dinge herumsprächen.«

Das erklärte, warum Bradamont vorhin so aufgewühlt gewirkt hatte. »Warum?«

»Damit sie weiterhin spioniert, diesmal aber nicht bei den Syndiks, sondern womöglich bei jemandem, dem genau dieses Quartier gehört. Es könnte sogar sein, dass man sie zu Handlungen zwingen wird, zu denen sie unter normalen Umständen niemals bereit wäre.«

Geary musste das alles erst einmal verdauen und dann jene Wut unterdrücken, die der bloße Gedanke an solche Taktiken bei ihm auslöste. »Captain Bradamont hatte bereits das Kommando über die Dragon, als man mich noch gar nicht wiedergefunden hatte«, wandte er ein.

»Glauben Sie etwa, nur Sie könnten die Zielscheibe von Spionage und Sabotage sein? Das Schöne an einer strategisch so gut platzierten Waffe besteht darin, dass man sie gegen jedes Ziel richten kann, wenn das notwendig erscheint. Hätte man Sie nie entdeckt, dann wäre Admiral Bloch das Ziel geworden, sofern er lange genug gelebt hätte.«

»Und was wäre mit dieser… Waffe geschehen?«

»Waffen sind von Natur aus Gebrauchsgegenstände, die irgendwann durch neue Waffen ersetzt werden«, sagte Rione. Ihre tonlose Stimme verriet, was sie von einer solchen Denkweise hielt.

»Wenn ich Bradamont richtig einschätze, dann würde sie sich auf eine solche Erpressung nicht einlassen«, erklärte Geary.

»Und Sie würden damit die Befehlshaberin eines Schlachtkreuzers verlieren.«

»So oder so«, murmelte er. Die Regierung würde sie zu sich bestellen, man würde ihr das Kommando über ihr Schiff entziehen, bis die »Anschuldigungen« geklärt waren, die man »versehentlich« an die Medien durchsickern lassen würde, damit ihr Name durch den Dreck gezogen werden konnte. Und am Ende stand womöglich ein »ehrbarer« Selbstmord, in den die Verachtung und der Zorn ihrer Kameraden sie treiben würden. »Sie helfen damit nicht nur Captain Bradamonts Liebesleben auf die Sprünge, Sie retten ihr auch das Leben und die Ehre.«

»Seien Sie mal nicht albern«, gab Rione zurück. »Ich beschütze die Allianz und meine eigenen Interessen. Dass das irgendwelche positiven Auswirkungen auf diese Frau haben könnte, ist purer Zufall.«

»Warum haben Sie mir nicht schon früher etwas davon gesagt?«

»Weil die Beteiligten, aus welchen Gründen auch immer, es nicht versucht haben, sie einzusetzen, bevor Sie mit der Flotte Varandal verlassen hatten. Nachdem wir uns nicht länger in Allianz-Gebiet befanden, konnte niemand mehr einen Versuch unternehmen, sie zu erpressen, ohne dass ich davon erfahren würde.«

Das war eine wichtige Information. »Einige von diesen Leuten befinden sich hier in der Flotte?«

»Ich weiß es nicht mit Sicherheit. Ich weiß nur, dass ich von ihnen nichts gehört habe. Sie… haben die Vermutung geäußert, dass ich erpresst werde, um bestimmte Dinge zu tun, und dass ich das nur in dem Umfang mache, der unbedingt sein muss, der aber weder für Sie noch für die Allianz eine Bedrohung darstellt. Ziehen Sie daraus Ihre eigenen Schlussfolgerungen. Wenn Bradamont diese Drohung erhalten hätte, während wir uns außerhalb des Allianz-Territoriums befanden, hätte ich davon erfahren und es Ihnen gesagt. Auch wenn die Allgemeinheit es nicht für möglich hält, gibt es immer noch Methoden, die ich nicht gutheißen kann.«

Unwillkürlich begann er zu lächeln. »Und auch wenn die Allgemeinheit es nicht für möglich hält, haben Sie doch ein Herz.«

»Das ist eine Lüge, Admiral. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie so etwas nicht weiterverbreiten würden, auch wenn ich bezweifle, dass Ihnen das irgendjemand glauben würde.« Rione stand auf. »Sollte mein Mann wieder gesund werden, dann habe ich das Ihnen zu verdanken. Halten Sie mich für so kaltherzig, dass ich nicht weiß, was ich dafür schuldig bin? Rufen Sie Bradamont, bieten Sie ihr den Posten an. Ich garantiere Ihnen, die beiden Gesandten der Allianz-Regierung werden damit einverstanden sein, in diesem System die Stelle eines Verbindungsoffiziers einzurichten, die tatsächlich den Interessen der Allianz dient.«

Ohne ein weiteres Wort verließ sie sein Quartier. Die Luke schloss sich hinter ihr, und Geary verbrachte die nächsten fünf Minuten damit, über Riones Worte nachzudenken. Schließlich betätigte er sein Komm. »Captain Bradamont, ich muss noch einmal unter vier Augen mit Ihnen reden.« Er würde ihr das Angebot unterbreiten, und wenn sie es annahm, war das für alle ein Gewinn. Nur nicht für die, die sie hatten erpressen wollen — und die verdienten es, nie zu gewinnen.

Es dauerte eine Weile, dann endlich antwortete Boyens auf Gearys Nachricht. Zwar lächelte er immer noch, aber es wirkte nicht mehr so ehrlich, sondern vielmehr bemüht. »Ich bedauere zutiefst, Admiral Geary und die Repräsentanten der Allianz-Regierung daran erinnern zu müssen, dass der Vertrag zwischen Ihrer Regierung und der der Syndikatwelten es erlaubt, dass Ihre Schiffe zum Midway-Sternensystem und zurück reisen können. Das schließt nicht Schiffe ein, die zu anderen Regierungen oder… Spezies gehören. Bei Ihnen befindet sich ein Kriegsschiff von Aliens, was bedeutet, dass es sich nicht um ein Allianz-Schiff handelt. Folglich fällt es nicht unter die Bedingungen des Vertrags. Mit Blick auf meine Pflichten als Bürger der Syndikatwelten muss ich darauf bestehen, dass Sie jedes Schiff, das nicht zur Allianz gehört, nach Prime bringen, wo meine Regierung darüber entscheiden kann, wie mit diesem Schiff verfahren werden soll. Meine Flotte wird ihre Position nahe des Hypernet-Portals beibehalten. Es wäre zu tragisch, sollte diesem Portal als Folge von Unachtsamkeit oder Aggression irgendetwas zustoßen. Für das Volk. Boyens Ende.«

»Glaubt er denn ernsthaft, wir übergeben ihm die Spinnenwolf-Delegation und das Superschlachtschiff der Bärkühe?«, fragte Charban erstaunt.

»Das nennt man Diplomatie«, erklärte Rione. »Er stellt eine völlig überzogene Forderung in der Hoffnung, dass wir uns auf eine Abmachung einigen, bei der die Syndikatwelten immer noch irgendetwas gewinnen. Und wie ich es mir gedacht habe, hat er das Hypernet-Portal sozusagen als Geisel genommen, damit wir seinen Forderungen nachgeben. Admiral, ich bin keine Spezialistin für Weltraumrecht, aber ich gehe doch recht in der Annahme, dass das Schiff der Bärkühe inzwischen Eigentum der Allianz ist, oder?«

»Das ist völlig richtig«, bestätigte Geary. »Wir haben es unter Einsatz von Waffen erobert. Es gehört uns. Wir haben eine Crew an Bord geschickt. Und es trägt sogar einen Namen: Invincible

»Und unterscheidet sich die Invincible von anderen Schiffen in dieser Flotte, außer natürlich von der Bauweise her?«

»Nein. Ich erteile Befehle, die vom befehlshabenden Offizier der Invincible, Admiral Lagemann, ausgeführt werden. Die Invincible war während der Schlacht Teil unserer Formation und hat so wie andere Schiffe der Flotte auch einige Treffer einstecken müssen.«

»Hervorragend«, sagte Rione. »Und die Schiffe der Spinnenwölfe gehören uns garantiert nicht. Wenn Sie nichts dagegen einzuwenden haben, Admiral, würde ich CEO Boyens und der Regierung der Syndikatwelten gern eine offizielle Antwort zukommen lassen, was seine letzte Mitteilung an uns betrifft.«

»Mit Vergnügen«, entgegnete Geary. »Ich fürchte, meine eigenen diplomatischen Fähigkeiten reichen nicht aus, um diese Nachricht in angemessener Weise zu beantworten.«

Rione klang absolut professionell und verzog keine Miene, als sie die Erwiderung übermittelte: »Bedauerlicherweise sind wir nicht in der Lage, CEO Boyens, Ihrer Bitte nachzukommen, was die sechs uns begleitenden Schiffe angeht, die mit uns in das Gebiet der Allianz kommen werden. Die Besatzungen dieser Schiffe unterstehen nicht unserer Kontrolle, und sie haben den ausdrücklichen Wunsch geäußert, bei unserer Flotte zu bleiben. Diesen Wunsch haben wir ihnen nur zu gern erfüllt. Allerdings…« Rione setzte ein so frostiges Lächeln auf, dass Geary ein eisiger Schauer über den Rücken lief. »…haben wir ihnen versprochen, sie zu beschützen. Sollte irgendjemand versuchen, sie zum Handeln zu zwingen, dann werden wir uns aufgrund unserer Zusagen und unserer Ehre gezwungen sehen, sie im Rahmen unserer Fähigkeiten zu verteidigen und jede Maßnahme zu ergreifen, die zur Wahrung ihrer Sicherheit erforderlich ist. Was das Kriegsschiff der Aliens angeht, muss ich Sie darauf hinweisen, dass es sich in Wahrheit um ein Schiff dieser Flotte handelt. Es trägt den Namen Invincible, seine Besatzung setzt sich aus Angehörigen der Allianz-Streitkräfte zusammen und führt die von Admiral Geary erteilten Befehle aus. Rein rechtlich unterscheidet es sich von keinem der anderen Schiffe dieser Flotte, womit jede Forderung, es entgegen dem Friedensvertrag der Kontrolle durch die Regierung der Syndikatwelten zu überlassen, absurd ist und demnach nicht ernst genommen werden kann.

Wir danken Ihnen für Ihre Sorge um die Unversehrtheit des Hypernet-Portals in diesem System, vor allem weil die hiesigen Behörden der Allianz eine Teilhaberschaft an diesem Portal gewährt haben. Da es nun zum Teil Eigentum der Allianz ist, würde jede dem Portal zugefügte Beschädigung als Angriff auf die Allianz gewertet, was den Kriegszustand zwischen der Allianz und der Regierung nach sich ziehen würde, deren Kriegsschiffe einen solchen Angriff zu verantworten haben. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Reise zurück nach Prime. Sie müssen nicht unseretwegen in diesem System bleiben, zumal es uns schwerfallen würde, Midway zu verlassen, während Sie noch hier zurückbleiben. Auf die Ehre unserer Vorfahren. Rione Ende.«

Geary sah Rione ungläubig an. »Iceni und Drakon haben uns zu Teilhabern an ihrem Hypernet-Portal gemacht?«

»Ich hatte es vorgeschlagen«, antwortete Rione triumphierend. »Ich habe ihnen die Vorteile für beide Seiten klargemacht, und sie haben bereits zugestimmt.«

»Ich bin froh, Sie auf unserer Seite zu haben, Gesandte Rione.«

»Iceni und Drakon haben eindeutig Anstrengungen unternommen, um ihren Einfluss über dieses Sternensystem hinaus auszudehnen«, meldete Lieutenant Iger. »Trotz ihrer eingeschränkten militärischen Möglichkeiten hat es sogar entsprechende Offensiven gegeben. Wenn diese Fähigkeiten weiterhin wachsen, kann es durchaus sein, dass sie versuchen werden, ihren Einfluss auszuweiten, indem sie benachbarte Systeme angreifen, um sie zu erobern.«

»Aber die Nachbarsysteme gehören nicht mehr oder nicht mehr lange zu den Syndikatwelten«, sagte Geary. »In einigen Systemen hat es heftige Kämpfe gegeben. Dieses Sternensystem hier scheint das stabilste in der gesamten Region zu sein. Haben Sie Hinweise darauf gefunden, dass das neue Regime von Midway zu den gleichen unterdrückerischen Methoden greift wie zuvor die Syndiks?«

Iger hob unschlüssig die Schultern an. »Das lässt sich nur schwer sagen, Admiral. Wir gewinnen unsere Informationen fast ausschließlich aus Quellen, die wir von hier aus anzapfen können, zum Beispiel Nachrichtensendungen, aber auf so etwas kann ein Regime Einfluss nehmen. Eine Diktatur kann sicherstellen, dass nur das berichtet wird, was auch berichtet werden soll. Allerdings ist es so, dass hier die Medienaktivitäten erheblich umfangreicher ausfallen, als es in von Syndiks kontrollierten Systemen üblicherweise der Fall ist. Seit wir das letzte Mal hier waren, sind etliche Medienorganisationen entstanden, und es berichten auch deutlich mehr Individuen über die Ereignisse auf dem Planeten. Das spricht zwar für eine Lockerung der Kontrolle über die Gesellschaft, aber es kann auch so sein, dass das alles nur zum Schein geschieht, weil vermeintlich unabhängige Meinungsäußerungen den Eindruck erwecken, dass die Gesellschaft freier ist als zuvor.«

»Haben Sie noch irgendetwas über die Vorgeschichte von Iceni oder Drakon herausfinden können?«

»Nur bruchstückhafte Erwähnungen in unserer Datenbank, Admiral. Drakon war ein an der Front eingesetzter Offizier der Bodenstreitkräfte, daher taucht sein Name in einigen abgefangenen Übermittlungen auf, doch die letzte dieser Nachrichten ist schon einige Jahre alt. Danach findet er keine Erwähnung mehr bei den Streitkräften, die gegen uns gekämpft haben. Daher sind wir davon ausgegangen, dass er entweder tot ist oder dass er sich politisch unbeliebt gemacht hat und möglicherweise in einem Arbeitslager gelandet ist.«

Igers Worte erinnerten Geary an etwas. »Boyens hat uns doch erzählt, dass man ihn seinerzeit durch die Versetzung zu der Flotte, die Midway beschützen sollte, praktisch ins Exil geschickt hatte. Er sprach davon, dass in Midway die Leute landeten, die in Ungnade gefallen waren, weil sie hier keine Möglichkeit mehr hatten, auf andernorts stattfindende Ereignisse Einfluss zu nehmen, und weil sie aus der Ferne auch nicht mehr die Gunst der Syndikatsherrscher zurückgewinnen konnten.«

»Ja, Sir. Das könnte der Grund sein, wieso Drakon hier ist. Aber wir wissen weder, ob das so war, noch kennen wir den Anlass für eine Strafversetzung.«

»Und Iceni?«

»Nur zwei Erwähnungen, während sie verschiedene Flotten der Syndikatwelten befehligte. Sie scheint die meiste Zeit über andere Posten innegehabt zu haben.«

»Aber sie wurde ebenfalls nach Midway versetzt.« Geary nickte Lieutenant Iger zu, während er daran dachte, wie Iceni sich beim ersten Angriff der Enigmas gegen eine Evakuierung gesträubt hatte. Stattdessen war sie bei ihren Untergebenen und den Bürgern geblieben, die man vor der Attacke nicht mehr in Sicherheit hatte bringen können. Da er zu wenig über sie wusste, musste er dieses für jeden Syndik untypische Verhalten zu Icenis Gunsten auslegen. »Ist Captain Bradamont über alles unterrichtet worden, was ich gesagt habe?«

»Ja, Sir«, antwortete Iger, der sein Unbehagen nicht überspielen konnte. »Admiral, falls Captain Bradamont unter dem Decknamen Weiße Hexe an geheimdienstlichen Aktivitäten beteiligt war…« Er ließ den Satz unvollendet, da er nach den passenden Worten suchte.

»Ich weiß darüber Bescheid«, sagte Geary. »Da sie schon zuvor als Informationsquelle gedient hat, wird der Geheimdienst sicher nichts dagegen einzuwenden haben, dass sie einen Posten bekommt, der es ihr erlaubt, darüber zu berichten, was in diesem Sternensystem vor sich geht.«

»Das… ist richtig, Sir. Aber ich fühle mich verpflichtet, Sie zu warnen, dass der Geheimdienst im Flottenhauptquartier mit Ihrer Entscheidung womöglich nicht einverstanden ist«

»Danke, Lieutenant. Ich bin mir sicher, wenn es ihnen nicht gefällt, werden sie mir das schon sagen.« Das konnte natürlich erst dann geschehen, nachdem die Flotte ins Allianz-Gebiet zurückgekehrt war und nachdem eine Reihe unterschiedlichster Berichte bei den zuständigen Abteilungen eingetroffen war.

Nachdem er sich intern abgesichert und alles getan hatte, um mehr über Iceni, Drakon und ihr Regime auf dieser Welt in Erfahrung zu bringen, war es nun an der Zeit, mit den Herrschern von Midway über zwei sehr wichtige Angelegenheiten zu reden.

Geary sammelte sich, dann aktivierte er die Nachrichtenübermittlung. »Präsidentin Iceni, General Drakon, ich muss mit Ihnen zwei Dinge besprechen«, sagte er formal. Er saß am besten Schreibtisch, den es auf der Dauntless gab, er trug seine beste Uniform, sein Erscheinungsbild hatte er von Tanya Desjani abnehmen lassen, die ihn so gründlich inspiziert hatte wie eine Ausbilderin einen Rekruten an seinem ersten Tag beim Militär.

»Zunächst einmal, Präsidentin Iceni, muss ich Sie informieren, dass wir bei unserem Aufenthalt im von den Enigmas kontrollierten Gebiet einige von ihnen festgehaltene Menschen aus einem Lager befreien konnten, in dem sie allem Anschein nach zu Studienzwecken untergebracht worden waren. Von denjenigen abgesehen, die dort in Gefangenschaft geboren wurden, stammen sie alle aus Kolonien oder von Schiffen der Syndikatwelten. Wir haben sie gründlich untersucht, bei keinem von ihnen konnten Hinweise auf biologische oder anderweitige Kontamination festgestellt werden.« Es war eine schwierige Entscheidung für ihn gewesen, Iceni und Drakon von diesen Leuten zu berichten, aber letztlich konnte er es vor sich selbst nicht rechtfertigen, sie noch länger an einer Rückkehr nach Hause zu hindern, nachdem sie schon so lange Zeit festgehalten worden waren.

Geary atmete tief durch. »Ich muss eindringlich darauf hinweisen, dass keiner von ihnen etwas über die Enigmas weiß. Sie waren in einem Asteroiden eingeschlossen, und sie haben nie gesehen, von wem sie dort festgehalten wurden. Sie können nichts über die Enigmas berichten. Die lange Gefangenschaft hat bei jedem von ihnen seelische, körperliche und emotionale Schäden verursacht. Angesichts ihrer Verfassung beabsichtige ich, die meisten von ihnen mit ins Allianz-Gebiet zu nehmen, wo man sich um sie kümmern wird, ehe man dafür sorgt, dass sie in ihre Heimatsysteme innerhalb der Syndikatwelten zurückkehren können. Drei Gefangene erklären jedoch, dass sie oder ihre Eltern von Taroa kommen, und fünfzehn andere behaupten, aus Ihrem System zu stammen. Diese achtzehn möchten sofort heimkehren, und wir möchten ihrem Wunsch nachkommen. Allerdings würde ich zuvor gern wissen, was Sie mir über die Zustände auf Taroa sagen können.

Und zudem möchte ich erfahren, was Sie mit den fünfzehn von Midway kommenden Personen machen werden. Ich fühle mich verpflichtet dafür zu sorgen, dass sie nach ihrer Befreiung gut behandelt werden.«

Er hielt einen Moment lang inne. »Die zweite Sache betrifft den weiteren Ausbau unserer Beziehungen zur neuen Regierung von Midway. Mein Vorschlag geht dahin, einen erfahrenen Offizier als Repräsentanten der Allianz auf Ihre Welt zu entsenden. Auf diese Weise können wir unsere Verbundenheit mit Ihnen demonstrieren, und Sie erhalten die Möglichkeit, Ratschläge einzuholen in Fragen der Verteidigung oder der weiteren Demokratisierung Ihrer Regierung. Die Offizierin, die ich dafür vorschlagen möchte, ist Captain Bradamont, die derzeit noch die Befehlshaberin des Schlachtkreuzers Dragon ist. Sie ist eine hervorragende Offizierin, und da sie eine Zeit lang Kriegsgefangene der Syndiks war, hatte sie Kontakt mit Offizieren der Syndikatwelten und kann mit ihnen zusammenarbeiten. Captain Bradamont hat sich bereit erklärt, diese neue Aufgabe zu übernehmen, aber ich benötige Ihr Einverständnis, um diesen Posten offiziell einrichten zu können, von dem aus meiner Sicht alle Beteiligten profitieren werden. Die Gesandten der Allianz-Regierung, die diese Flotte begleiten, haben bereits ihre Zustimmung gegeben, sodass wir nur von Ihrer Regierung eine Entscheidung hören müssen. Ich hoffe, bald von Ihnen in beiden Angelegenheiten eine Antwort zu bekommen. Auf die Ehre unserer Vorfahren. Geary Ende.«

Es kam nicht oft vor, dass er sich wünschte anwesend zu sein, wenn eine Nachricht bei ihrem Empfänger eintraf. Diesmal jedoch wäre es sicher sehr interessant gewesen, Icenis und Drakons erste Reaktion darauf zu sehen.

Und auch Colonel Rogeros Reaktion…

Als sie das nächste Mal von CEO Boyens hörten, waren die Hilfsschiffe der Allianz damit beschäftigt, Rohstoffe von mehreren großen Asteroiden an Bord zu schaffen und sie zu neuen Brennstoffzellen und Ersatzteilen zu verarbeiten, kaum dass sie in den Lagerräumen angekommen waren. Die Allianz-Flotte war wieder in einer großen Formation vereint, die einem Orbit um den Stern Midway folgte. Alle hatten erneut reichlich damit zu tun, im Gefecht erlittene Schäden zu beseitigen oder Systeme auszutauschen, die das Ende ihrer Lebensspanne erreicht hatten.

Geary war damit beschäftigt, sich die Berichte seiner Schiffe anzusehen. Zwar hatte er kein Schlachtschiff verloren, doch viele von ihnen hatten im Verlauf der Mission so viele Treffer abbekommen, dass man sie kaum noch als gefechtsbereit bezeichnen konnte. Einige von ihnen sollten erst einmal in einem Flottendock komplett überholt werden, ehe sie wieder in einen Kampf geschickt werden konnten.

Und dann war da auch noch die Invincible, die zwar nur mit äußerster Anstrengung kleinzukriegen war, von der man dennoch behaupten konnte, dass sie Gefahren und Bedrohungen jeder Art wie magnetisch anzog. Solange das Superschlachtschiff der Bärkühe nicht im Allianz-Gebiet angekommen war, würde jeder potenzielle Angreifer sich für das Schiff interessieren, um mehr über die an Bord befindliche Technologie herauszufinden. Er hatte den Verdacht, dass die Syndik-Regierung selbst einen Versuch unternehmen könnte, verfügte sie doch derzeit nur noch über sehr begrenzte Ressourcen, während die Invincible von unermesslichem Wert für jeden war, der sie für sich beanspruchen konnte.

Die Spinnenwölfe schienen in der Lage, sehr gut auf sich selbst aufzupassen, aber zu Unfällen konnte es immer kommen, und es würde angesichts der immer noch auf sehr simple Konzepte beschränkten Konversation sehr schwierig werden, ihnen eine Begegnung mit einer im All treibenden Mine oder einem ähnlichen Objekt zu erklären. Außerdem wusste man aus Erfahrung und aus den Berichten über Sternensysteme rings um Midway, von manchen Leuten, denen das Erbe des vormaligen Syndik-Militärs in die Hände gefallen war, dass sie sich alles andere als vertrauenswürdig erwiesen hatten. Eine Gruppe Fanatiker mochte jederzeit einen Überraschungsangriff planen, zumal es Geary nicht möglich war, die Spinnenwolf-Schiffe hinter den schützenden Schirm seiner eigenen Kriegsschiffe zu platzieren. Die Spinnenwölfe — die Tänzer — machten einfach, wonach ihnen gerade der Sinn stand.

Das alles bedeutete, dass Geary nicht gerade bester Laune war, als sich CEO Boyens bei ihm meldete, dessen Laune auch nicht besonders gut zu sein schien. Er schaute regelrecht feindselig drein, und er versuchte nicht, seine Unzufriedenheit hinter einer Fassade aus vorgeblicher Freundlichkeit zu verbergen. »Bedauerlicherweise bin ich an den Friedensvertrag zwischen den Syndikatwelten und der Allianz gebunden, auch wenn es so scheint, dass lediglich die Syndikatwelten ein echtes Interesse daran haben, sich an den Wortlaut dieses Vertragswerks zu halten. Deshalb kann ich nicht die Maßnahmen ergreifen, die ich eigentlich für angemessen halte, um die Syndikatwelten und ihre Bürger vor der maßlosen Arroganz einer fremden militärischen Streitmacht zu schützen.«

Geary hatte Desjani gebeten, sich diese Mitteilung gemeinsam mit ihm und den Gesandten anzusehen, und nun krümmte sie sich fast vor Lachen. »Oh, Sie können wirklich gern versuchen, irgendwen zu beschützen. Versuchen Sie es doch bitte!«, rief sie ausgelassen.

Boyens redete weiter: »Da Sie mein Angebot abgelehnt haben, Ihnen zur Seite zu stehen, werde ich mir nicht die Mühe machen, Sie mit Informationen zu versorgen, die Ihre Heimreise angenehmer verlaufen lassen könnten. Allerdings werde ich Ihnen eine Sache mit auf den Weg geben, die Sie sicher sehr interessant finden werden.« Er hielt inne und genoss es, dass sein Publikum in diesem Moment völlig gebannt vor dem Bildschirm sitzen würde, wenn es seine Nachricht zu sehen bekam. »Es wird Sie zweifellos sehr freuen zu erfahren, dass einer Ihrer Kameraden, ein Offizier, während eines der Gefechte im Heimatsystem der Syndikatwelten nicht wie von Ihnen angenommen ums Leben gekommen ist.«

Michael? Lebt mein Großneffe noch? Hat er die Zerstörung der Repulse überlebt? Geary wusste nicht, ob sein Herz für einen Moment tatsächlich aufgehört hatte zu schlagen oder ob er sich das nur eingebildet hatte. Er sah nach unten und stellte fest, dass Tanya nach seiner Hand gegriffen hatte und sie fest an sich gedrückt hielt. CEO Boyens, der gewusst haben musste, welche Hoffnungen er mit seinen Worten weckte, lächelte. »Ja, mehr als nur ein Offizier, der für tot gehalten wird, lebt noch und ist in diesen Minuten auf dem Weg zurück in die Allianz. Das Schiff mit diesen Offizieren verließ Prime, bevor meine Flotte hier eingetroffen ist.«

Augenblick mal…

»Warum sollte er uns eine gute Neuigkeit berichten?«, murmelte Desjani, die Gearys Hand noch fester drückte, während sie den Verdacht aussprach, der ihm durch den Kopf ging.

Rione befand sich auf der anderen Seite von ihm und sah mit starrer Miene auf das Bild. »Mehr als nur ein Offizier?«

»Wissen Sie, wen er meint?«, erkundigte sich Geary.

»Ich wünsche Ihnen eine interessante Heimreise«, redete Boyens weiter. »Und ich garantiere, Sie werden bei Ihrer Rückkehr feststellen, dass sich in der Allianz noch viel interessantere Dinge abspielen. Für das Volk. Boyens Ende.«

Desjani stieß einen leisen Fluch aus.

»Der neue Exekutivrat der Syndikatwelten«, sagte Rione mit tonloser Stimme, »mischt sich in das Geschehen in der Allianz ein. Ganz so wie der alte Exekutivrat, bevor der Krieg ausbrach.«

»Was genau heißt das?«, fragte Geary.

»Wenn ich das wüsste. Senator Navarro ließ mich vor unserer Abreise einige seiner Ahnungen wissen. Er vermutete, dass die Syndiks sich in die Allianz-Politik einmischen, Wirtschaftssabotage betreiben und bei jeder sich bietenden Gelegenheit Unruhe stiften könnten. Navarro konnte keine Beweise dafür vorlegen, aber CEO Boyens hat uns in seinem Bemühen, Sie irgendwie zu ködern, eine sehr eindeutige Bestätigung dafür geliefert, was die Überreste der Syndikatwelten vorhaben. Die Syndiks haben den Krieg verloren, aber sie wollen nicht, dass die Allianz den Frieden genießen kann.«

»Welcher Offizier hat überlebt?«, fragte Geary erneut.

»Vielleicht der eine, auf den Sie hoffen«, antwortete Rione vage. »Aber es kursieren Gerüchte, dass manche Hinrichtungen, die wir zu sehen bekommen haben, in Wahrheit nur gestellt waren.«

»Bloch?«, wollte Desjani wissen, die so schockiert war, dass sie tatsächlich Rione direkt ansprach. »Admiral Bloch?«

»Ich weiß darauf so wenig eine Antwort wie Sie. Aber es ist jemand, von dem Boyens erwartet, dass er uns Ärger bereiten wird. Vielleicht ist es auch nur eine Finte, um uns in Unruhe zu versetzen. Admiral, Sie wissen, auf welch wackligen Beinen die Allianz nach dem Ende des Krieges steht. Der Krieg hat die Syndiks geschafft, und uns hätte er fast geschafft. Es gibt genügend Leute, die aus ihrer Meinung nach guten Gründen kein Problem damit hätten, der am Rand des Abgrunds stehenden Allianz einen kleinen Stoß zu versetzen. Wie schnell können wir es nach Hause schaffen?«

»Ich vermute, das wird nicht so schnell gehen, wie wir gedacht haben«, entgegnete Geary. Lebte Admiral Bloch tatsächlich noch? Es gab Allianz-Senatoren, die Bloch in früheren Zeiten unterstützt hatten, entweder aus persönlichem Ehrgeiz oder weil sie glaubten, dass er der richtige Mann war. Oder spielte Boyens bloß mit ihren schlimmsten Ängsten? »Wir können nicht aufbrechen, bevor wir nicht die dringendsten Reparaturen ausgeführt haben. Sonst verlieren wir auf dem Heimweg noch mehr Schiffe. Und wir dürfen nicht Boyens’ Andeutung vergessen, dass man uns vermutlich ein paar Stolpersteine in den Weg gelegt hat.«

»Die wollen die Invincible«, sagte Desjani. »Sie sind so hinter dem Schiff her, dass sie irgendetwas versuchen werden, während wir uns auf dem Rückflug befinden. Und dazu müssen wir auch noch aufpassen, dass die Tänzer nicht irgendeinen ›Unfall‹ erleiden, solange sie sich in Reichweite der Syndiks befinden.«

Ein Spielbrett, auf dem sich bislang schon zu viele Spielfiguren getummelt hatten — von denen einige vor den Blicken aller anderen verborgen waren —, war um ein paar Figuren ergänzt worden, die dazu angetan waren, eine Vielzahl von Strategien über den Haufen zu werfen… und womöglich die Allianz ins Chaos zu stürzen.

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