Fünf

»Die werden uns verfolgen«, stellte Desjani nach einer Weile fest. Rings um die Dauntless war nur die mattgraue Leere des Sprungraums zu sehen. »Diese zivilen Experten haben recht.«

»Ja.« Das Gefühl hatte er auch. Er sah zu einem der rätselhaften Lichter im Sprungraum, die auf einer Seite des Schiffs kurz aufflammten und gleich darauf schon weit hinter ihnen zurückgefallen waren. »Der Stern im nächsten System ist ein Weißer Zwerg. Die Chancen für eine bewohnbare Welt stehen damit extrem schlecht. Wenn die Bärkühe hier nicht einen massiv befestigten Außenposten installiert haben, befinden wir uns in einer Ausgangslage, die es uns leichter macht, sie unschädlich zu machen.«

»Einige dieser Superschlachtschiffe haben im Vorbeiflug eine Reihe von schweren Treffern abbekommen«, warf Desjani ein. »Aber sie haben keine entsprechend schweren Schäden davongetragen. Es wird sehr schwer werden, sie auszuschalten. Und ist Ihnen übrigens das hier aufgefallen?« Sie schickte eine Aufzeichnung zu Gearys Display. »Beobachten Sie die oberste Ebene unserer Schiffe in der Formation, wenn sie der Festung der Bärkühe am nächsten ist.«

Er sah sich die Szene an und entdeckte, was ihr aufgefallen war: In dem Moment, in dem die Schiffe den geringsten Abstand zur Festung der Aliens erreichten, der zu dem Zeitpunkt immer noch etliche Tausend Kilometer betrug, wurden sie wie von einer unsichtbaren Hand ein Stück weit weggedrückt. »Die planetare Verteidigung der Bärkühe, was immer das auch für ein Gerät sein mag. Immerhin hat diese unerwartete Verschiebung der Vektoren dafür gesorgt, dass ein Teil des feindlichen Feuers unsere Schiffe nicht treffen konnte.«

»Und das Feuer unserer Schiffe hat dadurch auch zum Teil sein Ziel verfehlt«, ergänzte Desjani. »Ich glaube, jetzt haben wir ein ziemlich deutliches Bild von der maximalen Reichweite dieser Verteidigungsanlage.«

»Gut erkannt.« Die Spannung fiel noch immer nur zögerlich von ihm ab. Wie lange hielt er sich schon auf der Brücke auf? Wie viele Stunden hatte dieser Stierkampf mit der Armada der Aliens gedauert? »Vor uns liegen acht Tage im Sprungraum. Ein wirklich langer Sprung.«

»Werden Sie sich jetzt endlich eine Weile schlafen legen?«

»Genau das habe ich vor.« Er musste Desjani nicht sagen, dass sie ihrer Crew für die nächsten Tage maximale Ruhe und Erholung befehlen sollte. Sie würde das auch ohne seine Aufforderung erledigen. Manchmal musste ein Captain von seiner Crew über lange Zeiträume hinweg Höchstleistungen fordern. Jeder Captain wusste das, und jedem guten Captain war auch klar, dass er seiner Crew bei einer sich bietenden Gelegenheit auch entsprechende Ruhe und Freizeit gewähren sollte. Nur so konnte er seinen Leuten zeigen, dass er deren Höchstleistungen und Einsatzbereitschaft nicht als selbstverständlich ansah. »Als Erstes werde ich nach unten gehen und meinen Vorfahren danken. Wir werden deren Hilfe nötig haben, wenn wir wieder mit den Bärkühen zusammentreffen.«

Es war kein richtiger Sieg gewesen, aber wenigstens auch keine Niederlage. Die Flotte hatte Pandora hinter sich gelassen, und sie befand sich wieder auf dem Heimweg, auch wenn dieser Weg recht verwinkelt sein würde, da sie von System zu System springen mussten. Sobald sie das Gebiet der Syndikatwelten erreicht hatten, konnten sie deren Hypernet benutzen, um schneller zur Allianz zurückzukehren, doch diese Möglichkeit bestand außerhalb des von Menschen besiedelten Alls nicht.

Niemand konnte unterstellen, er und die Flotte hätten die Befehle der Allianz-Regierung nicht befolgt. Geary hatte sich präzise an seinen Auftrag gehalten, mehr über die Enigma-Rasse und ihre Schlagkraft herauszufinden und in Erfahrung zu bringen, wie groß das von den Enigmas kontrollierte Gebiet war. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, mit den gesammelten Informationen nach Hause zurückzukehren.

Die Crewmitglieder, denen er in den Gängen begegnete, waren guter Laune, da sie sich wohl sagten, dass sie das Schlimmste hinter sich hatten und auf dem Weg nach Hause waren.

Geary dankte den Mächten, die hoffentlich eine schützende Hand über ihn und über die Flotte hielten, danach begab er sich in sein Quartier, ließ sich auf sein Bett sinken und war schließlich entspannt genug, um einzuschlafen.

»Ich werde mit Commander Benan reden müssen«, erklärte Geary. Nach drei Tagen im Sprungraum hatte er einigen Schlaf nachholen können, und er verspürte noch nicht jenes eigenartige Unbehagen, das sich bei Menschen zeigte, wenn sie sich längere Zeit im Sprungraum aufhielten.

Desjani verdrehte die Augen und sah flehentlich nach oben. Wie seltsam, überlegte Geary, dass Menschen instinktiv nach oben schauten, wenn sie sich an die Gottheiten ihres Glaubens wandten. Obwohl sie in den Himmel und zu den Sternen vorgestoßen waren, waren für sie die höheren Wesen immer noch irgendwo »da oben« zu Hause.

»Admiral, ich kann nur wiederholen, ich halte das für eine schreckliche Idee.«

»Schon verstanden. Ich sehe das ja ganz genauso.« Er suchte nach den richtigen Worten. »Aber ich habe so ein Gefühl, dass ich das tun muss.«

Sie musterte ihn von der Seite. »So ein Gefühl?«

»Ja. Eine innere Stimme sagt mir, wenn ich allein mit Benan rede, wird das etwas bewirken.« Geary spreizte die Finger, als wollte er etwas nicht Greifbares zu fassen versuchen. »Ich bin das dem Mann schuldig. Und zwar ich persönlich für das, was zwischen seiner Frau und mir vorgefallen ist. Und als Vertreter der Allianz für das, was ihm bei der Erfüllung seiner Dienstpflicht widerfahren ist. Mein Verstand sagt mir, dass ich so lange mit ihm reden kann, wie ich will, und dass ich trotzdem nichts erreichen werde. Doch meine Ehre verlangt mehr von mir, als meine Pflicht gebietet. Sie verlangt von mir, dass ich etwas versuche, von dem ich nicht erwarten darf, dass es funktioniert. Denn wenn ich etwas nicht versuche, was helfen könnte, dann wäre das falsch von mir.«

Desjani seufzte. »Sie lassen sich von Schuldgefühlen dazu antreiben?«

»Nein, ich glaube nicht, dass es Schuldgefühle sind. Ich habe ihn nicht absichtlich verletzt, und ich kann auch nichts dafür, was die Syndiks ihm während seiner Gefangenschaft angetan haben.« Er hielt inne und dachte nach. »Aber er ist einer von meinen Leuten, ein Offizier, der meinem Kommando untersteht und der an irgendeiner Art von Verletzung leidet. Nichts von dem, was wir bislang ausprobiert haben, konnte viel bewirken. Was wir aber noch nicht versucht haben, ist ein Gespräch unter vier Augen. Und genau das will ich jetzt nachholen.«

Sie nickte und verzog den Mund zu einem betrübten Lächeln. »Die Pflicht ist eine schwierige Sache. Also gut. Ich könnte die gleiche Verpflichtung empfinden, und wenn Ihnen eine innere Stimme sagt, Sie sollen das versuchen… Unsere Vorfahren reden oft mit gedämpfter Stimme zu uns, und vielleicht versucht einer Ihrer Vorfahren Ihnen zu sagen, dass Sie genau das tun sollen. Aber…« Sie wurde wieder ernst. »…Sie werden nicht diese Frau zu dem Gespräch mitnehmen, oder?«

»Nein. Victoria Riones Gegenwart würde nur eines der Dinge unterstreichen, die zwischen uns stehen.«

»Sie könnte auch dazu dienen, ihn zu bändigen, wenn er die Beherrschung verliert. Admiral, Sie wissen so gut wie ich, wenn Benan irgendetwas Vorschriftswidriges zu Ihnen sagt, sind Sie verpflichtet, entsprechende Maßnahmen einzuleiten, auch wenn außer Ihnen beiden niemand etwas davon weiß.«

»Dessen bin ich mir bewusst«, erwiderte Geary.

Desjani schüttelte den Kopf. »Schön. Beabsichtigen Sie, dieses Gespräch in Ihrem Quartier zu führen?«

»Das ist eine Privat-«

»Es ist auch der Raum, in dem Sie mit dieser Frau viel Zeit verbracht haben. Schon vergessen?« Ihre Stimme wurde etwas schroffer, doch es gelang Desjani, nicht allzu wütend zu klingen. »Glauben Sie, Benan wird das nicht ahnen?«

Geary verzog das Gesicht. »Dann nehmen wir einen privaten Besprechungsraum, der versiegelt wird.«

»Und ich warte mit dieser Frau draußen vor der Luke. Wenn Sie die Paniktaste betätigen, öffne ich die Luke und werfe die Frau so schnell zwischen sie beide, dass Sie nicht mal bis drei zählen können.«

»Alles klar, Captain.«

Rione war von Gearys Idee genauso wenig begeistert gewesen wie Desjani, aber er hatte nicht lockergelassen. »Ihr Instinkt hat in Gefechten mehr als einmal richtig gelegen«, hatte Rione schließlich gesagt. »Und mein Instinkt hat sich mindestens genauso oft getäuscht. Vielleicht behalten Sie ja diesmal auch wieder recht.«

Geary führte Benan in den Konferenzraum, während Desjani und Rione außer Sichtweite hinter der nächsten Ecke warteten. Sie würden vor der Luke in Stellung gehen, sobald die geschlossen worden war.

Commander Benan stand stocksteif vor dem ausladenden Tisch, der den Mittelpunkt des Raums bildete. Seine Augen waren weit aufgerissen wie bei einem Tier, das in eine Falle geraten war. »Setzen Sie sich«, sagte Geary und bemerkte erst anschließend, dass er diese Worte im Befehlston gesprochen hatte.

Benan zögerte, sein Blick war starr auf das Schott ihm gegenüber gerichtet, dann setzte er sich verkrampft auf einen Stuhl gleich neben ihm.

Geary nahm ihm gegenüber Platz und legte die Hände vor sich auf den Tisch. Dies hier war ein rein dienstliches Treffen. »Commander, seit Ihrer Befreiung sind Sie in Behandlung.«

Benan nickte ruckartig, sagte aber nichts.

»Die Ärzte sind sehr besorgt, was die Fortschritte hinsichtlich Ihrer Genesung angeht.«

Wieder nur ein Nicken und beharrliches Schweigen.

»Gibt es irgendetwas, was ich über die Dinge wissen sollte, die Ihre Gesundheit betreffen, Commander? Irgendetwas, das weder mir noch dem medizinischen Personal bekannt ist?«

Der Commander sah zu Geary, seine Augen schienen etwas vor ihm zu verbergen. »Dazu kann ich nichts sagen«, brachte er stockend heraus.

»Dazu können Sie nichts sagen?« Geary spürte, wie Wut in ihm aufstieg. Ich versuche ihm zu helfen, warum sträubt er sich dagegen? »Das hier ist keine persönliche Angelegenheit, auch wenn Sie das vielleicht denken. Es ist rein dienstlich. Sie sind ein Offizier, der meinem Kommando untersteht, und ich bin für Ihre Gesundheit und Ihr Wohlergehen verantwortlich.«

»Ich kann dazu nichts sagen«, wiederholte Benan, doch diesmal klangen seine Worte wie eine einstudierte, heruntergeleierte Antwort.

»Ich bin der Befehlshaber dieser Flotte«, sagte Geary, »und in dieser Funktion erteile ich Ihnen hiermit den Befehl, mir alle Gründe zu nennen, die sich negativ auf Ihre medizinische Behandlung und Ihre Genesung von den Bedingungen als Kriegsgefangener auswirken könnten.«

Für einen Moment schien Benan den Atem anzuhalten, dann setzte er mehrmals zum Reden an, ehe er entgegnete: »Der Flottenbefehlshaber. Als Flottenbefehlshaber befehlen Sie mir zu reden. Bitte wiederholen Sie das.«

»Als Flottenbefehlshaber befehle ich Ihnen zu reden«, sagte Geary, während er sich fragte, was mit diesem Mann los war.

Benan schaute sich um, hielt inne und schluckte. »Wir sind allein. Hier befinden sich keine Aufzeichnungsgeräte.«

»Das ist korrekt.«

»Verdammt!« Wieder schluckte er, diesmal fast krampfhaft, dann sprang er von seinem Stuhl auf. »Ich kann reden! Ich kann reden.« Leicht schwankend blieb er stehen.

»Setzen Sie sich, Commander«, wies Geary ihn an.

Benan ließ sich auf seinen Stuhl sinken, während Gefühlsregungen in so rascher Folge über sein Gesicht huschten, dass Geary sie nicht deuten konnte. »Ja, etwas hemmt meine Behandlung. Ich weiß nicht, wie das sein kann, doch es muss in irgendeiner Weise dafür verantwortlich sein. Aber ich muss das erklären. Wissen Sie, was ich getan habe, Admiral? Bevor die Syndiks mich gefangen nahmen?«

»Sie waren Offizier der Flotte«, antwortete Geary. »Ihre Dienstakte enthält nur Gutes. Sie gelten als zuverlässig, mutig, intelligent.«

Benan stieß ein kurzes Lachen aus. »Das war einmal, bis auf die Sache mit der Intelligenz. Nein. Ein intelligenter Mann hätte sich auf so etwas niemals eingelassen.«

»Worauf, Commander? Auf den Krieg?«

»Am Krieg mussten wir uns alle beteiligen.« Benan starrte auf eine Ecke des Konferenzraums. »Außer Vic. Sie hätte es nicht tun sollen. Es hat sie auch verändert. Vic hätte niemals…« Seine Stimme versagte, das Gesicht lief rot an und er begann zu zittern, während er weiterhin Gearys Blick auswich.

Da dem nichts Sinnvolles einfiel, was er hätte sagen können, wartete er einfach geduldig ab. Es tut mir leid, dass ich mit Ihrer Frau geschlafen habe. Wir beide hielten Sie für tot. Ich bin mir sicher, dass Sie sich deswegen nicht besser fühlen. Aber Sie wissen bereits, Ihre Frau hat die Hölle durchlebt, seit sie wusste, dass Sie vielleicht doch noch leben könnten.

Nach einer langen Pause redete Benan weiter. »Ich kann es Ihnen sagen. Wenn ein Flottenbefehlshaber mich auffordert, dann muss ich antworten. Wenn wir allein sind, ganz ohne Zeugen.«

»Wollen Sie damit sagen, dass Ihnen befohlen wurde, kein Wort zu verraten?«

»Es war kein Befehl, Admiral«, spie Benan aus. »Hat man Ihnen von Brass Prince erzählt? Hat man Black Jack von Brass Prince erzählt?«

»Brass Prince?« Im Geiste ging Geary all die Namen der geheimen Projekte und Pläne durch, von denen er seit seinem Erwachen gehört oder gelesen hatte. »Daran kann ich mich nicht erinnern.«

»Das würden Sie, wenn Sie davon gehört hätten.« Benan flüsterte jetzt nur noch. »Ein streng geheimes Projekt, das von der Allianz-Regierung in Auftrag gegeben worden ist. Wissen Sie, woran die arbeiten, Admiral? An Biowaffen.« Das Letzte sagte Commander Benan so leise, dass er kaum zu verstehen war. »Für eine strategische biologische Kriegführung. Vielleicht haben Sie geglaubt, das dies die eine Regel war, die von den Syndiks und von der Allianz während des Krieges nicht gebrochen wurde, aber die Allianz hat tatsächlich in dieser Richtung geforscht.«

»Strategische biologische Kriegführung?«, wiederholte Geary ungläubig.

»Ja. Waffen, die in der Lage sind, die gesamte Bevölkerung eines Planeten auszulöschen. Waffen, die so lange in einem menschlichen Körper schlafen, dass sie erst virulent werden, wenn die Person ein anderes Sternensystem erreicht hat, und die eine Bevölkerung dann so schnell ausradieren, dass gar keine Zeit bleibt, um Gegenmaßnahmen in die Wege zu leiten.« Benans Hände zitterten heftig. »Natürlich nur zum Zweck der Verteidigung, wie alle behauptet haben. Würden wir diese Fähigkeit besitzen, dann würden die Syndiks es aus Angst vor einem entsprechenden Vergeltungsschlag nicht wagen, etwas Ähnliches als Erste gegen uns einzusetzen. Das war das, was wir uns gesagt haben. Vielleicht stimmte es ja sogar.«

Geary bemerkte, dass er gebannt den Atem angehalten hatte. Jetzt atmete er langsam durch, ehe er fragte: »Gilt die Europa-Vorschrift noch?«

»Natürlich gilt sie noch. Aber uns wurde gesagt, dass sich die Verhältnisse geändert hätten und dass wir eine neue Realität akzeptieren müssten. Die Syndiks würden zu allen Mitteln greifen, und man unterstellte ihnen, auch nicht vor dem Einsatz von Biowaffen zurückzuschrecken.«

»Aber… die Europa-Vorschrift«, wiederholte Geary bestürzt. »Zu meiner Zeit zeigte man Videos davon auf der Highschool, um sicherzustellen, dass jeder wusste, was tatsächlich passiert war. Dass dieser Koloniemond im Sol-System eben nicht durch einen Angriff für alle Zeit für Menschen unbewohnbar geworden war, sondern dass das Pathogen durch einen Unfall in der sogenannten Verteidigungsforschungsanlage auf Europa freigesetzt wurde. Wäre es nicht so virulent gewesen, dass der Tod praktisch sofort eintrat, hätte es die Erde erreichen können, noch bevor unseren Vorfahren bewusst gewesen wäre, was ihnen widerfuhr.«

»Das weiß ich! Wir alle wussten das!« Commander Benan starrte mit finsterer Miene zu Boden, dann fuhr er beherrschter fort: »Diese Videos zeigen sie noch immer in der Schule. Bilder, die so klar sind wie an dem Tag, an dem sie von den Überwachungskameras aufgenommen wurden, deren Personal da bereits längst tot war. Bilder, die von unbemannten Sonden aus dem All geschickt wurden. Bilder von den leblosen Menschen auf Europa, die überall verstreut lagen. Manche wirkten, als würden sie nur schlafen, andere Gesichter waren von Panik und Schmerz verzerrt, die im letzten Moment eingesetzt hatten. Wenn Sie sie gesehen haben, dann werden Sie sie sicher genauso in Erinnerung behalten haben wie ich.«

»Ich wüsste gar nicht, wie man die Bilder je wieder vergessen kann. Und die Nachbilder?«, fragte Geary.

»Ja. Jahrhunderte später, Gänge und Räume immer noch ohne Leben, nur angefüllt mit den allmählich zerfallenden Überresten derjenigen, die dort gelebt hatten.« Benan schüttelte den Kopf. »Man hat uns gesagt, dass unsere Arbeit so etwas verhindern soll, indem wir die Fähigkeiten erlangen, genau das zu tun. Ist es nicht eigenartig, Admiral, welchen Unsinn sich Menschen einreden können?«

»Sie waren daran beteiligt?« Geary überlegte, ob die Abscheu, die er empfand, in seiner Stimme mitschwang.

Benan bleckte einen Moment lang die Zähne. »Eine Zeit lang ja. Aber einer meiner Vorfahren gehörte zur Crew eines der Kriegsschiffe, die dafür sorgten, dass die über Europa verhängte Quarantäne befolgt wurde. Sein Schiff fing ein mit Flüchtlingen überlaufenes Handelsschiff ab und zerstörte es.«

»Es muss schrecklich sein, eine solche Erinnerung mit sich herumzutragen«, sagte Geary.

»Es ist noch schrecklicher, als Sie glauben, Admiral. Mein Vorfahr wusste, dass sich die Familie seiner Schwester an Bord befand. Möglicherweise hatte die Seuche sie längst getötet, aber mit Sicherheit war das nicht zu sagen. Und ich… na ja, ich arbeitete an dem gleichen teuflischen Projekt mit.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Aber ich erlangte meinen gesunden Menschenverstand zurück. Ich sagte ihnen, ich mache nicht länger mit. Ich sagte ihnen, dass es kriminell und verrückt war, dass die Arbeit eingestellt werden muss.«

»Und? Wurde sie eingestellt?«

»Ich weiß nicht. Ich wurde versetzt und bekam einen Posten in der Flotte.« Wieder verzog Benan den Mund. »Zweifellos hatte man gehofft, ich würde schon bald bei einer Schlacht ums Leben kommen und mein geheimes Wissen mit in den Tod nehmen. Wir mussten schwören, kein Wort darüber zu verlieren, aber als ich versetzt wurde, erhielt ich dafür auch eine geistige Programmierung. Nicht bloß einen Befehl, sondern eine Blockade. Kannte man zu Ihrer Zeit auch schon Blockaden?«

»Blockaden? Welche Art von Blockaden?«

»Mentale Blockaden. In den Verstand implantierte Hemmer.«

Eine Erinnerung kam nach oben. »Mentale Blockaden? Aber… die sind… Die haben Sie mit einer mentalen Blockade versehen?« Diesmal wusste Geary ganz sicher, dass er angewidert klang.

»Ja. Ich konnte nicht darüber reden. Ich wusste zwar, was da an mir nagte, aber ich konnte kein Wort sagen! Nichts konnte ich sagen!« Diese letzten Worte schrie er förmlich hinaus, dann versank er wieder in Schweigen.

Geary rieb mit einer Hand über seinen Mund, während er nach einer passenden Erwiderung suchte. »Aber die Blockade ist so angelegt, dass Sie reden können, wenn man Ihnen den Befehl dazu erteilt.«

»Nur wenn der Befehl von einem Flottenbefehlshaber kommt. Das verlangten die Vorschriften. Und auch nur, wenn niemand sonst anwesend ist. Also nur ein winziges Risiko, denn wie wahrscheinlich ist es schon, dass ein Flottenbefehlshaber mit mir über eine Sache reden will, von der er gar nicht weiß, dass sie existiert. Und wie wahrscheinlich würde dann der Fall eintreten, dass ich mit dem Befehlshaber allein sein würde, wenn er mir Fragen stellte?« Er starrte Geary an. »Wussten Sie davon?«

»Nein, es war bloß mein Instinkt, der mir gesagt hat, ich sollte mich mal mit Ihnen unter vier Augen unterhalten.«

Benan nickte, die Anspannung fiel größtenteils von ihm ab, an ihre Stelle rückten alle Anzeichen für geistige und emotionale Erschöpfung. »Natürlich. Black Jack, zu uns geschickt von den lebenden Sternen. So sehr ich Sie auch für das hasse, was Sie getan haben, scheinen die Sterne doch zu Ihnen zu sprechen.«

»So etwas habe ich nicht behauptet.« Geary dachte an Desjanis Bemerkung, Benan müsse von den Syndiks gefoltert worden sein. »Als Sie Gefangener der Syndiks waren, haben die darüber irgendetwas in Erfahrung gebracht?«

»Nein.« Benan lachte verbittert. »Die Blockade. Ich sagte Ihnen ja, es war alles blockiert. Ich konnte nichts sagen. Rein gar nichts. Unter welchen Umständen auch immer. Egal… was sie… taten.« Wieder flüsterte er kaum hörbar. »Ich kann mich nicht daran erinnern, was sie getan haben.«

Diesmal nickte Geary bedächtig, um die Tatsache zu überspielen, dass es ihm einmal mehr die Sprache verschlagen hatte. »Wie können wir Ihnen jetzt helfen? Was können wir tun?«

»Ich habe keine Ahnung.« Er zuckte hilflos mit den Schultern. »Mein Schicksal ist nicht wichtig. Ich musste aufhören, um mich besorgt zu sein. Victoria. Sie ist die Einzige, die mir wichtig ist.« Sein Blick erfasste Geary und wurde von Verärgerung erfüllt, dann drehte er sich hastig zur Seite. »Irgendetwas treibt sie an. Etwas, von dem sie nicht will, dass es sie kontrolliert. Sie betrifft das nicht, auch wenn ich das zuerst gedacht hatte.«

»Erst kürzlich hat sie mir gesagt, dass sie von jemandem, dessen Namen sie nicht verraten will, irgendwelche Befehle erhalten hat, bevor sie sich für diese Mission unserer Flotte angeschlossen hatte.«

»So viel hat sie mir nicht gesagt«, grummelte Benan und lachte gleich darauf los. »Man sollte meinen, dass ich als nicht stabil genug eingeschätzt werde, um mir etwas anvertrauen zu können. Was könnte jemand gegen Victoria Rione in der Hand haben, um sie dazu zu zwingen, gegen ihren Willen zu handeln? So leicht gibt sie nicht nach. Womit könnte man ihren Gehorsam und ihr Schweigen erkaufen?«

Mit einem Mal überkam Geary eine hässliche Gewissheit. »Sie hat mir gesagt, dass Sie und die Allianz ihr alles bedeuten, und das glaube ich ihr auch. Ich versuche zu verstehen, welches Druckmittel jemand gegen sie in der Hand haben könnte. Vielleicht ist das ja das Druckmittel. Jemand, der von Ihrer Mitarbeit bei Brass Prince weiß, hat ihr damit gedroht, an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn sie nicht tut, was er sagt.«

»Ja! Ich bin mir sicher, dass es das ist! Man würde mich verteufeln und mir die Schuld an Brass Prince geben, man würde behaupten, ich hätte das Projekt begonnen und vorangetrieben, bis sie es gestoppt haben! Sie hat mich für tot gehalten und damit für unfähig, mich selbst gegen Anschuldigungen zur Wehr zu setzen!« Benan zitterte, solche Mühe hatte er, seine Wut im Zaum zu halten, doch diesmal richtete sich die Wut gegen ihn selbst. »Victoria Rione hat sich erpressen lassen, um mein Andenken zu beschützen, um den Commander Paol Benan zu beschützen, der ich mal war. Und jetzt sehen Sie mich an, Admiral! Sehen Sie sich an, was aus mir geworden ist! Für dieses Wrack von einem Mann hat die Frau, die mir als Einzige im gesamten Universum wichtig ist, sich erpressen lassen!«

Mit einem Mal ergab alles einen Sinn, da sich die Puzzleteile zu einem Gesamtbild zusammenfügten. Er konnte es nicht beweisen, dennoch hatte er das Gefühl, dass sich nun einiges erklären ließ, was ihm bis dahin ein Rätsel gewesen war. »Sie sind ihre Achillesferse, Sie sind ihre verwundbare Stelle, mit der sie ihr drohen können, damit sie tut, was die von ihr verlangen. Aber so wie ich sie kenne, wird sie deren Befehle auf eine Weise ausgeführt haben, die deren Zielen nicht förderlich gewesen sein dürfte. Glauben Sie, sie weiß, wer diese Leute sind?«

Benan schüttelte den Kopf, ohne Geary anzusehen. »Ich glaube, wenn sie es wüsste, hätte sie die schon längst zur Strecke gebracht.« Er hielt inne. »Oder auch nicht. Ich finde erst so nach und nach heraus, dass meine Frau auch einen langen Atem haben kann, wenn es drauf ankommt.«

»Als sie Sie nach Ihrer Befreiung zum ersten Mal sah, da habe ich mich gefragt, wieso sie für einen Moment ein so entsetztes Gesicht machte«, redete Geary weiter. »Aber jetzt ist es mir klar. Dass Sie noch leben, hat zur Folge, dass nicht nur Ihr Ruf ruiniert wäre, wenn diese Informationen bekannt werden. Man würde Sie auch als Kriegsverbrecher vor Gericht stellen.«

»Ja, ich könnte die Anschuldigungen weder widerlegen noch zurückweisen, weil ich kein Wort darüber verlieren kann.« Benan stand auf, seine ganze Haltung war verkrampft. »Es gibt einen Ausweg. Sie können meine Frau von allem befreien, Admiral, und mich ebenfalls. Sie haben bereits einen ausreichenden Grund, mich wegen meines Verhaltens zum Tode zu verurteilen und mich vor ein Erschießungskommando zu stellen. Tun Sie es. Wenn ich tot und zum Verräter erklärt worden bin, haben diese Leute keine Macht mehr über Victoria.«

Geary erhob sich ebenfalls und sah Benan in die Augen. »Das werde ich nicht tun. Sie beide haben etwas Besseres verdient.«

»Haben Sie denn überhaupt nichts begriffen?«

»Ich habe begriffen, dass nichts damit erreicht wird, wenn wir ihnen diesen Sieg schenken. Wenn Sie tot sind, kann Ihr Andenken immer noch besudelt werden, und Sie könnten nichts zu Ihrer Verteidigung aussagen. Das wäre aber möglich, wenn es uns gelingt, diese Blockade aufzuheben.«

»Aber…«

»Verdammt, Commander! Denken Sie doch mal nach! Sie wollen wegen Verrats hingerichtet werden? Oder wegen Meuterei? Ein toter Verräter? Nachdem Ihre Frau bereits alles aufs Spiel gesetzt hat, um Ihren Namen und Ihre Ehre zu beschützen? Das allein würde sie umbringen! Und wenn diese Vorwürfe öffentlich erhoben würden, wie viele Leute würden dann automatisch einen verurteilten Verräter für schuldig halten? Und wie viele Leute würden Ihrer Frau unterstellen, dass sie gemeinsame Sache mit Ihnen gemacht hat?«

Benan setzte sich so abrupt wieder hin, als hätte Geary ihm einen Schlag gegen die Brust verpasst. »Es gibt aber keinen Ausweg.«

»Es gibt immer einen Ausweg. Wir müssen ihn nur finden.« Er würde genau das machen, weil er es diesem Mann schuldig war.

Benan schien zu verstehen, da er Geary mit zusammengekniffenen Augen ansah. »Sie wollen etwas in die Waagschale werfen, um ein Gleichgewicht herzustellen?«

»Nein, das kann ich nicht. Aber selbst wenn ich Victoria Rione nie kennengelernt hätte, würde ich nicht zulassen, dass einem guten Offizier so etwas angetan wird. Und wenn dieses Projekt Brass Prince immer noch läuft, werde ich tun, was ich kann, um ihm ein Ende zu bereiten. Aber dafür brauche ich Sie.«

Benan schüttelte den Kopf. »Auf mich können Sie nicht zählen. Ich bin nicht der Mann, der ich einmal war. Ich beobachte mich dabei, wie ich Dinge tue, die ich nicht kontrollieren kann.«

»Vielleicht können wir Ihnen ja jetzt helfen, nachdem wir von dem Problem wissen«, gab Geary zu bedenken. »Ich werde mich damit befassen. Mein Befehl an Sie lautet, alles in Ihrer Macht Stehende zu tun, um nicht zusammenzubrechen. Sie können mir sagen, was Sie brauchen, und wenn Sie in Einzelhaft genommen werden wollen, dann soll es eben so sein.«

»Admiral, über diesen Aspekt kann ich nicht mal reden! Ich kann nichts vorschlagen, was in irgendeiner Weise mit der Blockade zu tun hat! Glauben Sie mir, ich habe es versucht.«

»Ich habe jedenfalls keine Blockade«, entgegnete er. »Da wir beide davon überzeugt sind, dass Ihre Frau von den Vorwürfen weiß, die man gegen Sie verwenden würde — hätten Sie etwas dagegen einzuwenden, wenn sie die ganze Wahrheit erfährt?«

»Sie hat keine Berechtigung, um auf solche Informationen zuzugreifen«, wandte Benan ein.

»Sie wird es von mir erfahren.«

Benan stand wieder auf und stützte sich in verkrampfter Haltung auf die Tischplatte. »Ich werde Sie immer hassen, Admiral.«

»Das ist mir klar.«

»Warum sind Sie nicht bei ihr geblieben? Sie könnten doch jede bekommen.«

»Sie hat mich nicht geliebt. Es gibt nur einen Mann, den Victoria Rione liebt, einen Mann, für den sie alles aufgeben würde, und dieser Mann sind Sie.«

Commander Benan erwiderte darauf nichts, sondern ließ den Kopf nach vorn sinken, sodass seine Tränen auf den Tisch fielen.

Geary öffnete die Luke und verließ den Raum, Rione und Desjani warteten zu beiden Seiten der Luke auf ihn. »Ich habe ein paar Antworten in Erfahrung gebracht.« Er beugte sich zu Rione vor, bis sein Mund dicht an ihrem Ohr war, dann flüsterte er: »Gesandte Rione, Ihrem Mann wurde vom Sicherheitsdienst eine mentale Blockade implantiert.« Ihr Gesicht wurde erst bleich vor Schreck, dann stieg ihr Zornesröte in die Wangen. »Ich glaube, Sie wissen, wieso das erforderlich war, aber falls nicht, werde ich es Ihnen unter vier Augen erklären.«

Er machte einen Schritt nach hinten und drehte sich zu Desjani um, die argwöhnisch die Luke betrachtete. »Geht es ihm jetzt gut?«, wollte sie wissen.

»Nein, aber es könnte sein, dass wir den Schlüssel gefunden haben, um ihm zu helfen.«

Rione betrat den Raum, wandte sich aber noch einmal zu Geary um. »Ihm zu helfen, könnte immer noch extrem schwierig sein. Vielen Dank, Admiral.«

Dann ging die Luke hinter ihr zu, und Desjani und Geary standen allein im Korridor.

»Hat er…«, begann sie in förmlichem Tonfall.

»Nein, hat er nicht«, antwortete er kopfschüttelnd. »Ich muss mit dem medizinischen Personal Ihres Schiffs reden, aber ich habe den unangenehmen Verdacht, dass von denen niemand wissen wird, was zu tun ist. Wenn wir den Sprungraum verlassen haben, kann ich mit dem Flottenarzt reden. Wenn einer etwas über die richtige Behandlungsmethode weiß oder in Erfahrung bringen kann, dann er. Bis dahin sollten Sie ihn weiter beobachten. Commander Benan räumt selbst ein, dass er mental und emotional weder zuverlässig noch stabil ist.«

»Diese verdammten Syndiks«, murmelte Desjani.

»Das war nicht das Werk der Syndiks, Tanya. Das hat die Allianz ihm angetan.«

Einige Sekunden lang schwieg sie. »Weil es notwendig war?«, fragte sie schließlich.

»Ja. Noch so eine Sache, die ›notwendig‹ war, um zu gewinnen, die aber auch nicht zum Sieg geführt hat.«

Einige Tage später saß Geary wieder im Sessel des Flottenbefehlshabers auf der Brücke der Dauntless und wartete auf den Moment, in dem die Flotte den Sprungpunkt im System des Weißen Zwergs verließ. Wenn dieses System auch von den Bärkühen bevölkert wurde, würde ihnen ein weiterer harter Kampf bevorstehen, falls auch hier alle Sprungpunkte durch solche Festungen gesichert waren. Wurde es von den Enigmas kontrolliert, dann konnte es sein, dass sich hier eine Streitmacht versammelt hatte, die die Allianz-Flotte durch das gesamte Enigma-Gebiet verfolgen und attackieren würde. Dabei durfte man nicht vergessen, dass ihnen wahrscheinlich auch noch die Armada der Bärkühe im Nacken saß, denen sie bei Pandora entwischt waren. »Vielleicht finden wir da überhaupt keinen Gegner vor«, sagte er laut.

»Das wäre sehr angenehm«, meinte Desjani dazu.

Im hinteren Teil der Brücke warteten Rione und Charban, ringsum standen die diversen Wachhabenden und hielten sich für alle Fälle bereit.

Auf Gearys Display, das im Sprungraum nur den Status der Dauntless anzeigen konnte, leuchtete der Schlachtkreuzer in der Farbe der Gefechtsbereitschaft. Die Schilde arbeiteten mit maximaler Leistung, alle Waffen waren einsatzbereit.

»Zehn Sekunden bis zum Sprungende«, verkündete Lieutenant Castries. »Fünf… vier… drei… zwei… eins.«

Das Universum machte einen Satz, und Geary verspürte die übliche Desorientierung, die bei jedem Verlassen des Sprungraums auftrat. Er zwang sich, das Gefühl zu ignorieren, und konzentrierte sich ganz auf das Display, auf dem das graue Nichts des Sprungraums durch die von Sternen durchwirkte Finsternis des Normalraums ersetzt worden war.

Sirenen ertönten von den Gefechtssystemen, als die Schiffe der Flotte das automatische Ausweichmanöver beschrieben, das Geary vor Beginn des Sprungs hatte programmieren lassen. Die Dauntless ächzte, als sie zu einer scharfen Kurve nach unten und nach Steuerbord gezwungen wurde, mit der der Schlachtkreuzer aus der Schussbahn einer möglichen Verteidigungsanlage gebracht werden sollte. Dieses Manöver war nötig, da die Besatzung in ihrem vorübergehend desorientierten Zustand nicht schnell genug hätte reagieren können.

Desjani erholte sich vor Geary, und er hörte ihre Bemerkung, noch bevor seine Augen das Display richtig erfasst hatten. »Oh, verflucht.«

Geary blinzelte, während sein Verstand zwei Dinge fast genau gleichzeitig wahrnahm.

Die Enigmas erwarteten sie nicht, und auch die Bärkühe waren hier nicht vertreten.

Dafür war da etwas anderes.

»Was soll das sein?«, fragte Charban im Flüsterton.

»Was immer es sein soll«, erwiderte Desjani, »es ist auf jeden Fall weit genug entfernt, dass wir uns keine Gedanken über eine unmittelbar bevorstehende Schlacht machen müssen.« Sie hielt inne, da die Flottensensoren weitere Daten lieferten, die mit der Ankunft in diesem Sternensystem automatisch analysiert wurden. »Ungefähr eine Lichtstunde von uns entfernt. Das sind wirklich keine Enigmas?«

»Nein, Captain«, versicherte Lieutenant Yuon ihr. »Die Gefechtssysteme kennzeichnen sie als unbekannt. Die Eigenschaften entsprechen nicht den Enigma-Schiffen, die wir bislang gesehen haben. Außerdem haben sie auch keine Ähnlichkeit mit von Menschen entwickelten Schiffen, und sie gleichen auch nichts, was wir im Pandora-System zu Gesicht bekommen haben.«

»Noch eine fremde Spezies«, sagte Geary, der längst nicht mehr überrascht war.

»Noch eine?«, wiederholte Desjani und warf Geary einen vorwurfsvollen Blick zu.

Er reagierte nicht darauf, sondern musterte aufmerksam die Darstellung der Streitmacht, die sie hier erwartete. In einer Entfernung von etwa einer Lichtstunde zum Sprungpunkt hing eine prachtvolle Ansammlung von Schiffen im All, die in so komplexen, miteinander verwobenen Formationen angeordnet waren, dass das Ganze wie ein gigantisches Kunstwerk aussah. »Verdammt«, platzte Lieutenant Castries voller Bewunderung heraus.

»Das ist wunderschön«, fand auch Desjani. »Und jetzt würde ich gern wissen, welche Art von Schiffen dieses hübsche kleine Arrangement bilden.«

Geary wartete, während die Sensoren die weit entfernten Schiffe analysierten und die Werte von allen Schiffen der Flotte zusammenführten, um Bilder erzeugen zu können, die schließlich auf dem Display vor ihm auftauchten. »Was?« Zwar hatte die Anwesenheit dieser Aliens ihn nicht überraschen können, doch das schafften nun die Formen dieser Schiffe.

Desjani schaute bestürzt drein. »Genau das habe ich auch gedacht.«

Die Schiffe reichten in ihrer Größe von der halben Masse eines Allianz-Zerstörers bis hin zu den Ausmaßen der Scout-Schlachtschiffe, die die Allianz als fehlgeschlagenes Experiment zu den Akten hatten legen müssen. Aber das war auch schon das einzig Vertraute.

»Eiförmige Objekte mit einer makellos glatten Oberfläche«, bestätigte Lieutenant Yuon die Werte. »Keine Sensoren erkennbar, keine Geschütze, keine Werfer, keine Schildgeneratoren, keine Steuerdüsen… absolut nichts, einzig völlig glatte Hüllen.«

»Was ist mit dem Antrieb?«, wollte Desjani wissen. »Die müssen doch erkennbare Antriebssysteme besitzen!«

»Aus unserer Perspektive können wir davon nichts erkennen, Captain. Wenn die Schiffe alle mit dem Bug zum Sprungpunkt ausgerichtet sind, dann dürften die Hauptantriebssysteme von uns abgewandt sein.«

Desjani spreizte perplex die Hände. »Welchen Sinn hat ein Schiff, das nichts tun kann?«

»Sie müssen irgendetwas tun können, nur haben wir es noch nicht entdeckt«, gab Geary zurück. Er war dankbar dafür, dass diese Schiffe noch eine Lichtstunde entfernt waren. Diese Formation würde das Licht von der Ankunft der Allianz-Flotte im System erst in einer Stunde zu sehen bekommen, und bis zu einer Reaktion würde noch etwas mehr Zeit vergehen. Für ihn bedeutete das eine entscheidende Zeitspanne, die er nutzen konnte, um so viel wie möglich über die Besatzungen dieser Schiffe herauszufinden. »Was sind das wohl für Wesen, die derart schöne Schiffe bauen?«

Desjani schüttelte den Kopf. »Auf jeden Fall sind es keine Bärkühe. Admiral, würden Sie bitte aufhören, immer neue intelligente Spezies zu entdecken?«

»Ich versuche ja gar nicht erst, neue Spezies zu entdecken, Captain Desjani«, erwiderte er.

Ihre Antwort darauf wurde von einer eingehenden Nachricht unterbrochen. Captain Smythe strahlte vor Freude, als sein Bild vor Geary auftauchte. »Bei meinen Vorfahren, Admiral, diese Kreaturen sind Ingenieure!«

»Wie kommen Sie darauf?«

»Sehen Sie sich doch mal an, was die geleistet haben! Haben Sie auf den Hüllen schon die verschiedenen Systeme ausmachen können?«

Während Smythe redete, begannen die Gefechtssysteme der Flotte die Bilder der fremden Raumschiffe zu aktualisieren. Dabei wurden unter Vorbehalt Systeme wie Waffen, Sensoren, Schilde, Generatoren und Steuerdüsen identifiziert, die bis dahin nicht als solche erkannt worden waren. »Sehen Sie sich das an«, redete Smythe weiter. »Die haben alles so in die Hülle integriert, dass die Oberfläche fast keine Öffnungen aufweist und vollkommen glatt ist. Die Ingenieurskunst, die für so etwas erforderlich ist und die dann auch noch die Funktionalität aller Geräte bewahrt… das ist unglaublich, Admiral.«

Geary versuchte, die Situation aus dem Blickwinkel von Captain Smythe zu betrachten. »Dann halten Sie diese Wesen für ausgezeichnete Ingenieure?«

»Für ausgezeichnete und womöglich auch für intuitive Ingenieure«, bestätigte er. »Diese Arbeit… das Design und die Bauweise. Das ist einfach nur elegant. Anders kann man das nicht bezeichnen.«

Geary drehte sich zu Desjani um. »Captain Smythe glaubt, dass die Kreaturen hier allesamt geborene Ingenieure sind.«

»Na, großartig«, stöhnte sie. »Das hat uns gerade noch gefehlt: eine weitere Spezies, die keinerlei Umgangsformen kennt.«

»Was halten Sie von deren Formation?«

»Schön anzusehen. Und das gilt für die einzelnen Unterformationen und die verbindenden Muster genauso wie für die Formation insgesamt. Aber was die Funktionalität angeht? Angenommen, ihre Waffen ähneln in etwa unseren, dann wird die Formation auf jeden Fall funktionieren. Ob sie allerdings besser ist als unsere grobschlächtigeren Anordnungen, würde ich nicht sagen. Wir erreichen überlappende Feuerbereiche und Beschusskonzentration auch ohne deren…«

»Eleganz?«, warf Geary ein.

»Ja, das ist ein zutreffendes Wort dafür.« Desjani betrachtete einen Moment lang die Bilder, schließlich schüttelte sie den Kopf. »Ich möchte wetten, diese hübsche Anordnung macht das Manövrieren so kompliziert, dass es erhebliche Schwierigkeiten bereiten dürfte, diese Formation beizubehalten. Wir könnten so etwas auch machen. Wir müssen nur die Steuersysteme anweisen, Formationen zu schaffen, die auf Fraktalen wie einem Mandelbrot-Männchen beruhen oder indem Fourierreihen gebildet werden und so weiter. Aber das würde beim Manövrieren eine Menge zusätzliche Arbeit bedeuten. Ich kann keinen Nutzen erkennen, der diese Komplikation rechtfertigen würde.«

»Also machen sie das, weil sie es so wollen, nicht weil es auf irgendeine absolute oder physikalische Weise eine überlegene Formation darstellt?«

»So würde ich das ausdrücken«, bekräftigte Desjani.

»Captain Smythe, aus der Sicht eines Ingenieurs gesprochen: Glauben Sie, das Design dieser Schiffe kann bessere Ergebnisse hervorbringen?«

Smythe legte den Kopf ein wenig schräg und dachte nach. »Wie definieren Sie bessere Ergebnisse? Ich meine, rein auf die Funktionalität bezogen, könnten sie schlechtere Leistungen erbringen. Vermutlich wird das sogar der Fall sein. Natürlich bietet eine fast vollkommen glatte Hülle keine Kanten und Winkel und damit auch keine Schwachstellen, auf die sich ein Angreifer konzentrieren kann. Jeder Strahl und jedes Objekt, das auf das Schiff trifft, wird von der Hülle wahrscheinlich abprallen. Aber unsere Hüllen sind zu einem großen Teil auch gewölbt, damit der gleiche Effekt erzeugt wird. Wenn man das auf die gesamte Hülle anwendet, dann entstehen dabei etliche große Herausforderungen, was die Effizienz der Schiffe angeht. Das ist natürlich nur meine Meinung als Ingenieur, aber ich kann nichts dazu sagen, wozu diese Kreaturen fähig sein könnten, die solche Schiffe gebaut haben. Mit meinem Wissensstand würde ich sagen, dass sie ein wenig von ihrer Funktionalität eingebüßt und die Bedienung ihrer Schiffe etwas komplexer gemacht haben.«

Das fügte sich in den Gesamteindruck, dass für diese Kreaturen Ingenieurswissen und eventuell auch mathematische Ästhetik von großer Wichtigkeit waren. »Sie mögen schöne Dinge, und hängen dabei einer Ästhetik an, die wir auch als schön empfinden.«

»Zumindest was ihre Schiffe angeht, Admiral.«

»Danke, Captain Smythe.«

Geary sah Desjani an. »Vielleicht ist es ja ein gutes Zeichen, dass wir ein vergleichbares Empfinden für Schönheit haben.«

Sie zog eine Augenbraue hoch. »Darf ich den Admiral daran erinnern, dass wir von einer Horde niedlicher kleiner Teddybärkühe in dieses System gejagt worden sind, die einfach alles auslöschen wollen, das nicht so ist wie sie selbst?«

Er veränderte den Maßstab seines Displays, um sich das Sternensystem genauer anzusehen, in das es sie verschlagen hatte. Ein Weißer Zwerg leuchtete grell, der dem Leben nicht zuträglich war. Es gab nur zwei Planeten, einer davon ein kahler Felsbrocken, der in einer Entfernung von weniger als zwei Lichtminuten um den Stern kreiste, der andere ein aufgedunsener Gasriese, der groß genug war, um als Brauner Zwerg eingeordnet zu werden.

Auf der Grundlage der wenigen Minuten, die die Flottensensoren bislang Zeit gehabt hatten, um das System zu erkunden, war die Schätzung errechnet worden, dass er sich bis zu zwei Lichtstunden vom Stern entfernte, ehe er zu ihm zurückkehrte. »Wenn wir es nicht mit einer sehr exotischen Lebensform zu tun haben, dann ist das hier nicht ihr Heimatsystem.«

»Auf diesem Felsblock können sie sich nicht entwickelt haben«, stimmte Desjani ihm zu. »Und dieser Braune Zwerg sieht ganz danach aus, dass der Stern ihn eingefangen hat. Wenn die Orbitalwerte zutreffen, dann ist er höchstens vor ein paar Millionen Jahren in das hiesige Schwerkraftfeld geraten.«

Mit Blick auf die Lebenserwartung eines Sterns war das ein sehr kurzer Zeitraum. Geary überlegte, was das zu bedeuten hatte. »Sie halten sich hier in einem Sternensystem auf, das außer Sprungpunkten nichts Nützliches vorzuweisen hat. Und sie sind vor dem Sprungpunkt in Position gegangen, der zum System der Bärkühe führt.«

»Der Sprungpunkt könnte auch vom Enigma-Gebiet erreichbar sein«, wandte Desjani ein. »Ich möchte nur wissen, warum sie sich ausgerechnet da aufhalten. Ah! Deshalb also.«

Die Systeme der Flotte hatten inzwischen die anderen Sprungpunkte identifiziert. Es gab insgesamt drei weitere Sprungpunkte: einen links von der Allianz-Flotte, einen zweiten rechts oben und einen dritten fast genau am anderen Ende des Systems und damit hinter dem Stern. Desjani rechnete einige Manöver durch, dann lächelte sie zufrieden. »Ja, genau. Sehen Sie das? Von ihrer Position aus können sie jeden abfangen, der durch diesen Sprungpunkt ins System kommt, und dabei ist es egal, zu welchem der anderen Sprungpunkte derjenige will.«

»Und sie haben Zeit genug, um zu sehen, was die andere Streitmacht unternimmt, ohne als Erste reagieren zu müssen«, ergänzte Geary. »Also gut, sie sind gute Ingenieure, und sie sind kluge Taktiker. Hoffen wir, dass sie wenigstens nicht feindselig sind.«

»In dieser Hinsicht haben wir bislang ja nicht sonderlich viel Glück gehabt«, meinte Desjani.

»Aller guten Dinge sind drei.« Geary gab neue Befehle an die Flotte aus und ließ sie bei einer gleichbleibenden Geschwindigkeit von 0,1 Licht Kurs auf den Sprungpunkt nehmen, der auf dem Weg zurück in das von Menschen besiedelte Gebiet zu einem weiteren Stern führen sollte. Dabei fiel sein Blick auf die Formation seiner Flotte, nämlich die grobschlächtige Schachtelform, die bei den letzten Manövern und beim Gefecht im Pandora-System an allen Seiten ausgefranst war, die so gar nichts von den faszinierenden Kreisen und Spiralen der Alien-Flotte hatte. »Versuchen wir, nicht ganz so barbarisch auszusehen.«

Er durchsuchte die Auswahl an verfügbaren Formationen in der Datenbank der Steuersysteme, dann entschied er sich für eine, bei der die einzelnen Divisionen und Geschwader die Konturen von Diamanten bildeten, die sich wiederum zu größeren Formationen zusammenfügten, bis ein großer Diamant entstanden war. Das Ganze hatte Geary bislang immer für ein beeindruckendes Schauspiel gehalten, doch im Vergleich zur Leistung dieser Aliens würde es immer noch grob wirken, wenn auch nicht so extrem primitiv wie die aktuelle Schachtelformation.

»An alle Einheiten: Nehmen Sie sofort die Diamantformation ein.«

Rione stand angespannt neben seinem Sessel. »Sprechen Sie sie an, Admiral. Etwas Kurzes und Knappes, um ihnen zu versichern, dass wir in Frieden kommen.«

»Wir kommen in Frieden«, murmelte Desjani sarkastisch, »und bringen eine Flotte aus Kriegsschiffen mit.«

»Vor wem wollen sie dieses System beschützen?«, fragte Rione und ging über Desjanis Bemerkung hinweg. »Sie sind diesem Sprungpunkt zugewandt, durch den die Bärkühe kommen könnten. Sagen Sie Ihnen, dass wir nicht hier sind, um zu kämpfen.«

Vielleicht würde eine solche Erklärung ja zur Abwechslung einmal Gehör finden. Während er über die Bärkühe nachdachte, die in Kürze in diesem System eintreffen würden, um seine Flotte weiter zu verfolgen, hoffte er, dass er zwar weitere Aliens, aber nicht auch weitere Feinde entdeckt hatte. »Ist alles für eine Übertragung auf der gesamten Breite des Spektrums bereit?«, fragte er Desjani.

Sie sah zu ihrem Komm-Wachhabenden, der sofort bestätigend nickte. »Sie können jederzeit anfangen, Admiral.«

Nachdem er sich gerade hingesetzt hatte, begann er, ruhig und gemächlich zu reden, wobei er versuchte, zwar Stärke erkennen zu lassen, dabei aber nicht bedrohlich zu wirken. »Wir grüßen die Besatzungen dieser Schiffe hier im System. Wir sind Vertreter der Menschheit und befinden uns auf einer friedlichen Forschungsmission.« Er konnte nur hoffen, dass die Waffen und sichtbaren Gefechtsschäden auf der Hülle etlicher Schiffe der Beteuerung nicht allzu offensichtlich zuwiderliefen, sie seien in friedlicher Absicht unterwegs. »Wir möchten eine freundschaftliche Beziehung zu Ihnen aufbauen und dieses System durchqueren und in die Region zurückkehren, die von unserer Spezies kontrolliert wird. Mein Name ist Admiral John Geary. Auf die Ehre unserer Vorfahren. Ende.«

Er lehnte sich zurück und musste unwillkürlich lachen. »Wie sollen die auch nur ein einziges Wort von dem verstehen, was ich gerade gesagt habe?«

»Es ist zu hoffen, dass sie in der Lage sind, die Einstellung des Sprechenden zu erfassen«, sagte Rione, doch es klang nicht so, als würde sie selbst daran glauben.

Desjani hatte auf ihrem Display verschiedene Dinge durchgerechnet, wobei sich ihre Finger flink über die Tasten und Anzeigen bewegt hatten, um die Berechnungen zu steuern. Nun zeigte sie auf die Darstellung der fremden Streitmacht. »Wir befinden uns in einer Position vor ihnen, die es ihnen erlaubt, sich uns in den Weg zu stellen, ganz gleich welchen Sprungpunkt wir wählen. Laut Schätzung unserer Steuersysteme dürfte die Armada der Bärkühe zwischen einer halben und einer vollen Stunde benötigen, um zu wenden und uns durch den Sprungpunkt zu folgen.«

»Eine halbe bis eine volle Stunde?« Geary sah auf die Uhr. »Wir befinden uns inzwischen seit gut zwanzig Minuten in diesem System.«

»Sollen wir beschleunigen, um auf Abstand zum Sprungpunkt zu gehen?«, wollte Desjani wissen.

»Damit würden wir uns deren Formation nähern«, gab Geary zu bedenken. »Das könnte als aggressiver Akt aufgefasst werden.«

»Wenn sie uns angreifen wollen, werden sie das so oder so machen.«

Nachdrücklich schüttelte er den Kopf. »Ich werde die Situation nicht eskalieren lassen, nur weil das sowieso passieren könnte. Die Vorstellung, zwischen diesen beiden Flotten in der Falle zu sitzen, ist schon unerfreulich genug. Aber noch schlimmer wäre es, wenn wir auch noch selbst dafür sorgen würden, dass wir in diese Falle gehen.«

Sie hielt inne und kam zu dem Entschluss, dass Geary nicht einlenken würde, woraufhin sie sich wieder ihrem Display zuwandte. »Dann werde ich meiner Crew befehlen, sich zurückzuhalten. Die Reaktionen dieser Aliens werden wir erst in gut zwei Stunden sehen können, und wenn die Bärkühe hier auftauchen, haben sie noch eine lange Strecke vor sich, während wir uns überlegen können, wo wir uns von ihnen einholen lassen.«

Diesmal nickte er nur. An eine große Schlacht gegen die Bärkühe wollte er lieber gar nicht denken, doch er wusste, dass er genau das tun musste. Er konnte nicht zulassen, dass eine solche Streitmacht ihnen bis in das von Menschen kontrollierte Gebiet folgte. Aber vorher musste er in Erfahrung bringen, ob sie das tatsächlich vorhatten. Womöglich waren die Bärkühe ja schon zufrieden damit, dass sie die Menschen aus dem Pandora-System verjagt hatten.

Allerdings durfte er dabei nicht vergessen, dass er den Führer dieser Armada mit seinen ständigen Kurswechseln zur Weißglut getrieben haben musste. Und er durfte erst recht nicht vergessen, wie wütend der darüber sein musste, dass die Flotte ihm auch noch entkommen war.

Es dauerte noch einmal fünfundzwanzig Minuten, bis die Flotte — die vom Sprungpunkt gut sechs Lichtminuten entfernt war — die Antwort auf die Frage erhielt, was die Bärkühe beabsichtigten. Warnsymbole blinkten auf den Displays auf, als die Sensoren der Flotte deren Kriegsschiffe als aus dem Sprungpunkt kommend registrierten. Sie hatten die Verfolgung der Allianz-Flotte also nicht abgebrochen.

»Ich will schwer hoffen, dass diese Kerle da vor uns auf unserer Seite stehen«, sagte Desjani leise.

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