IX Ein neuer Feind

Bolitho saß an einem behelfsmäßig zusammengezimmerten Tisch in der kleinen Heckkajüte der Navarra und starrte trübsinnig auf eine Seekarte nieder. Er hatte drei Stunden wie tot geschlafen, bis irgendein Instinkt, für den er mit Augen und Ohren nach einer Erklärung suchte, ihn hochgejagt hatte.

Während dieser drei Stunden hatte sich der Sturm völlig gelegt, nichts war mehr von seiner früheren Wut zu spüren; und als er an Deck geeilt war, hatten die Segel leblos gehangen. Leise atmete die See in der totalen Flaute.

Während Meheux weiter dem trübseligen Geschäft der Totenbestattung oblag, zählte Grindle unter vielen Schwierigkeiten die Passagiere und die spanische Mannschaft und teilte Lebensmittel aus. Bolitho durchsuchte inzwischen langsam und methodisch die Kajüte des toten Kapitäns.

Er blickte hoch und sah sich in dem kleinen Raum um. Hier hatte noch vor kurzem ein Mann wie er selbst Pläne gemacht, geruht und gehofft. Durch einen großen Riß in der Bordwand konnte er das glänzend blaue Meer sehen, das gegen den Schiffsrumpf schlug, als wolle es ihn verspotten. Von den Heckfenstern her spürte er, wie es heißer wurde, denn die Breitseite der Euryalus hatte jede Scheibe Glas zerschmettert. Außerdem hatte sie aus der Kajüte eine wüste schwarze Ruine gemacht. Es mußte heftig gebrannt haben, denn als er nach den Schiffspapieren suchte, fand er nur schwarze, durchnäßte Asche. Nichts, was ihm Auskunft gab, nicht einmal einen Sextanten, um die ungefähre Position festzustellen. Der nächtliche Sturm konnte sie viele Meilen weit nach Osten abgetrieben haben. Das nächste Land mochte dreißig, vierzig Meilen entfernt liegen; er wußte nicht einmal, ob es Spanien oder Nordafrika war.

Meheux kam herein. Seine Schuhsohlen knirschten auf den Glasscherben. Wie alle vom Prisenkommando sah er todmüde und überanstrengt aus.

«Wir kochen endlich so etwas wie ein Mittagessen, Sir. «Er deutete auf die Karte.»Besteht Aussicht, daß Sie feststellen, wo wir sind?»

«Nein. «Es hatte keinen Sinn, dem Leutnant etwas vorzumachen. Wenn ihm selbst etwas zustieß, mußte Meheux das Schiff in Sicherheit zu bringen versuchen.»Diese Flaute nützt uns nicht gerade. «Er blickte Meheux ernst ins Gesicht.»Wie kommen Sie mit den Passagieren zurecht?»

Meheux zuckte die Achseln.»Sie krakeelen durcheinander wie die Möwen. Ich glaube, die begreifen gar nicht, was mit ihnen passiert.»

Ich auch nicht, dachte Bolitho. Laut sagte er:»Wenn unsere Leute gegessen haben, müssen sie weiter unter Deck arbeiten. Wir nehmen immer noch mächtig Wasser ein. Sorgen Sie also dafür, daß die Pumpen ordentlich gewartet werden.»

In dem halb eingebrochenen Türrahmen erschien Allday.»Entschuldigung, Captain«, sagte er stirnrunzelnd,»einer von den Dons wünscht Sie zu sprechen. Aber wenn Sie wollen, schmeiße ich ihn raus, damit Sie in Ruhe essen können.»

Meheux nickte.»Tut mir leid, das habe ich ganz vergessen. Der kleine dicke Spanier, der Ashton dolmetschen geholfen hat, bat mich vorhin darum. Aber ich habe so viel im Kopf..»

Bolitho lächelte.»Wird nicht besonders wichtig sein, aber schicken Sie ihn ruhig herein, Allday. «Und zu Meheux:»Ich brauche jede Information so dringend, daß ich nehmen muß, was ich kriegen kann.»

Nervös, den Kopf unter dem Decksbalken gebeugt, obwohl er noch gut zwei Fuß Raum hatte, trat der Spanier ein. Er trug seine Perücke, aber damit wirkte er zu Bolithos Überraschung eher älter als jünger.

Bolitho hatte schon herausbekommen, daß sein Name Luis Pareja war und daß er nach Port Mahon wollte, wo er anscheinend seine Tage zu beschließen gedachte.

«Nun, Senor, was kann ich für Sie tun?»

Pareja blickte auf die zerschossenen, angesengten Wände und sagte dann schüchtern:»Ihr Schiff hat furchtbaren Schaden angerichtet, Captain.»

Grob fuhr Meheux dazwischen:»Wenn wir euch 'ne volle Breitseite verpaßt hätten, würden Sie und alle anderen jetzt auf dem Meeresgrund schlafen — also benehmen Sie sich gefälligst!»

Pareja zuckte zusammen.»Ich wollte ja nicht sagen, daß Sie. «Er trat nervös hin und her und setzte neu an:»Viele von uns machen sich große Sorgen. Sie wissen nicht, was wird und ob sie jemals ihre Heimat wiedersehen werden.»

Bolitho musterte ihn nachdenklich.»Das Schiff ist jetzt eine britische Prise. Sie müssen verstehen, daß ich unter diesen Umständen unmöglich wissen kann, wie es weitergeht. Aber es ist reichlich zu essen an Bord, und ich nehme an, daß wir bald wieder zu unserem Schiff stoßen werden. «Er glaubte, Zweifel in des Mannes Augen zu sehen, und wiederholte bestimmt:»Sehr bald sogar!»

«Ich werde es ihnen ausrichten. «Aber es klang unsicherer denn je.»Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, dann sagen Sie es bitte, Cap-tain. Sie haben uns das Leben gerettet, indem Sie auf dem Schiff geblieben sind, das weiß ich jetzt. Wenn nicht, wären wir bestimmt alle ertrunken.»

«Sagen Sie, Senor Pareja«, fing Bolitho an, hielt jedoch inne und schloß die Lider halb. Wenn er zu vertraulich wurde, hielt Pareja das vielleicht für Unsicherheit. Daher fuhr er möglichst beiläufig fort:»Wissen Sie irgendeinen Grund, warum Ihr Kapitän so weit nach Süden abgekommen ist?»

Pareja schob die Lippen vor.»Da kursierte so ein Gerücht. Aber in der Hast der Abreise habe ich nicht darauf geachtet. Ich mußte meine Frau aus Spanien wegschaffen. Seit der Allianz mit Frankreich sind die Verhältnisse bei uns sehr schlecht. Ich wollte mit ihr nach Menor-ca, auf mein Gut. Es ist nicht groß, aber.»

«Erzählen Sie uns von diesem Gerücht«, forderte Meheux ihn auf.

«Langsam, Mr. Meheux!«Bolitho warf ihm einen warnenden Blick zu.»Er hat doch auch seine Sorgen, oder?»

Dann wandte er sich wieder dem Spanier zu und fragte leichthin:»Sie wollten etwas sagen, Senor?»

«Ich hörte, wie ein Offizier — leider ist er jetzt tot — sagte, daß sie mit irgendeinem Schiff zusammentreffen wollten. Einer der Passagiere wollte umsteigen. Irgend etwas in der Art war es.»

Bolitho suchte sein plötzliches Interesse zu verbergen.»Sie sprechen gut englisch. Das ist eine große Hilfe.»

Pareja lächelte bescheiden.»Es ist die Muttersprache meiner Frau. Und ich habe geschäftlich viel mit London zu tun gehabt. In glücklicheren Tagen.»

Bolitho zwang sich, ganz still zu sitzen; er spürte Meheux' Ungeduld und die trägen Bewegungen des Schiffes. Ruhig fragte er weiter:»Erinnern Sie sich, wo dieses Zusammentreffen stattfinden sollte?»

«Ich glaube nicht. «Pareja hob den Kopf und schob ihn vor, so daß er wie ein dicker kleiner Junge aussah, der sich mit einer alten Perük-ke verkleidet hatte.

Vorsichtig schob Bolitho ihm die Karte hin.»Schauen Sie mal hier. Kennen Sie die Namen an dieser Küste?«Gespannt sah er zu, wie Parejas Augen verständnislos über die zerfledderte Karte glitten.

«Nein.»

Meheux wandte sich ab und biß sich auf die Lippe.»Hol ihn der Teufel«, murmelte er.

Bolitho drehte sich in seinem Stuhl, um die Enttäuschung zu verbergen.»Wenn Sie sich noch an irgend etwas erinnern, Senor Pareja, dann seien Sie so gut und sagen Sie es einem meiner Leute.»

Pareja verbeugte sich gravitätisch und machte Miene zu gehen, blieb jedoch stehen und hob, Stille gebietend, die Hand. Aufgeregt sagte er:»Aber der Offizier hat noch etwas gesagt. «Wieder das unsichere Stirnrunzeln.»Daß — daß es ihm komisch vorkommt, wieder mit einem Franzosen zu tun zu haben. «Er blickte Blitho verlegen an und schloß:»Aber das ist alles. Es tut mir wirklich leid.»

«Mr. Meheux, sind Franzosen an Bord?«fragte Bolitho gespannt.

Ehe der Leutnant antworten konnte, sagte Pareja rasch:»Aber ja. Da ist ein Mann, Witrand heißt er, der kam in Malaga so spät an Bord, daß er keine Kabine mehr bekam. «Er sah ganz aufgeregt aus.»Und trotzdem durfte er die Kapitänskajüte mitbenutzen. Sehr merkwürdig!»

Langsam stand Bolitho auf. Er traute sich kaum, etwas zu hoffen. Und doch bestand nun eine Chance. Jemand, der mit in der Kapitänskajüte wohnte, konnte durchaus ein so wichtiger Mann sein, daß seinetwegen etwas so Ungewöhnliches wie das Umsteigen auf hoher See arrangiert wurde. Für die anderen Passagiere hätte das nur bedeutet, daß die Reise eben ein paar Tage länger dauerte; politische Macht war, ebenso wie Reichtum, ein schlagendes Argument. Dieser Wi-trand konnte ein Schmuggler sein oder auch ein hochgeborener Verbrecher auf der Flucht. Ein Verräter oder ein Kaufmann, der die Konkurrenz überlisten wollte. Aber vielleicht wußte er etwas, das einiges

Licht auf die Vorgänge in diesen Gewässern warf.

Plötzlich hörte man draußen auf dem Gang heftige Bewegung und Alldays ärgerliche Stimme:»Nein! Hier können Sie nicht rein!«Und dann, in gebrochenem Spanisch: «Esto verdammt no bene, Senora!»

Aber die Tür wurde fast aus ihren zerbrochenen Angeln gerissen, eine Frau kam mit blitzenden Augen in die Kajüte gestürmt und rief:»Ah! Hier steckst du also, Luis! Alle wollen wissen, was mit ihnen wird, und du stehst hier und klatschst wie ein Fischweib!»

Überrascht blickte Bolitho sie an. Sie war groß und schlank und hatte langes Haar, so schwarz wie sein eigenes, und trug ein offenbar teures blaues Kleid, das aber voller Salzwasserstreifen war und um die Taille einige dunklere Flecken hatte — wohl Blut.

Verwirrt sagte Pareja:»Das ist meine Frau, Captain. Sie stammt aus England wie Sie.»

Bolitho schob ihr den einzigen noch vorhandenen Stuhl hin.»Bitte nehmen Sie Platz, Senora.»

Sie war fast einen Kopf größer als ihr Mann und schätzungsweise zwanzig Jahre jünger. Das eher aparte als schöne Gesicht war von den sehr dunklen Augen beherrscht und von einem Mund, der jetzt, zu einer schmalen Linie zusammengepreßt, eiserne Entschlossenheit und Zorn ausdrückte.

«Ich bleibe nicht!«Zum erstenmal sah sie ihn an.»Alle reden davon, wie wichtig mein Mann auf einmal für Sie ist. Ich bin nur gekommen, damit er sich nicht zum Narren macht!»

«Aber mein Täubchen!»

Sie fuhr herum, und Pareja trat erschrocken zurück.»Ich bin nicht dein Täubchen! Du hast mir versprochen, mich aus diesem Krieg und aus der Angst vor diesem Krieg herauszubringen. Und kaum sind wir auf See, was passiert?«Verachtungsvoll zeigte sie mit dem Finger auf Bolitho.»Der da kapert unser Schiff und bringt uns dabei fast ums Leben!»

Meheux fuhr dazwischen.»Halten Sie gefälligst den Mund, Madam! Captain Bolitho ist ein Offizier des Königs, und Sie tun gut daran, das nicht zu vergessen!»

«Oh, Captain!«Sie machte einen spöttischen Knicks.»Welche Ehre, in der Tat!»

Allday machte Miene, sie von hinten zu fassen, aber Bolitho schüttelte den Kopf.»Tut mir leid, daß Sie Unbequemlichkeiten haben,

Senora Pareja. Ich will mein möglichstes tun, Sie alle nach Malaga zurückzuschaffen, so schnell es irgend geht.»

Sie biß sich auf die Lippen; er sah, daß ihr geschmeidiger Leib vor Wut bebte.

«Sie wissen ganz genau, daß das unwahrscheinlich ist, Captain. Vermutlich werden wir von einem Schiff zum anderen geschoben, müssen von Ihren Matrosen Unwürdiges erdulden und stranden schließlich in irgendeinem Hafen. Ich habe ähnliches schon gehört, das können Sie mir glauben!»

Ihre Stimme war wie ihr Körper recht kraftvoll, und sie sah aus, als könne sie sich ganz gut verteidigen. Jedoch wie sie da in der ausgebrannten Kajüte stand, mit den Flecken auf dem Kleid, die der Sturm und die Pflege der Verwundeten verursacht hatten, hörte Bolitho aus ihrer Stimme noch etwas anderes heraus. Zorn ja — aber keine Angst. Eher Enttäuschung als Verzweiflung über ihre mißliche Lage.

«Ich werde veranlassen«, erwiderte er,»daß Sie und Ihr Gatte eine andere Kabine bekommen. Ihre eigene ist, wie ich höre, zerstört worden?»

«Ja. Und alle meine Koffer hin. «Zornig blitzte sie ihren Mann an.»Aber seine sind natürlich noch da!»

«Aber meine Taube!«Pareja fiel beinahe vor ihr auf die Knie.»Ich werde dich beschützen!»

Verwundert und unangenehm berührt, wandte Bolitho den Kopf ab und sagte zu Meheux:»Lassen Sie die beiden jetzt…«Er brach ab, denn draußen erklang ein Schreckensruf und dann ein Schuß. Er ergriff seinen Degen, stieß Pareja beiseite und stürzte hinaus, Meheux und Allday hinter ihm her.

Die Sonne schien so blendend, daß er in den ersten Sekunden nichts Besonderes erkennen konnte. Am Hauptluk standen noch einige Passagiere und warteten auf Verpflegung. Andere starrten angstvoll erschrocken zum Vorderkastell, wo zwei Männer hinter einer Drehbasse standen, die auf das Achterdeck gerichtet war. Neben dem Geschütz lag leise stöhnend einer von Meheux' Matrosen, dem das Blut aus einer Schulterwunde floß, wo ihn anscheinend eine Pistolenkugel getroffen hatte.

«Das ist ja der Mann!«rief Pareja erschrocken.»Witrand!»

Bolitho rührte sich nicht. Ein Zug an der Reißleine, und eine Ladung Schrapnell würde das ganze Deck leerfegen. Sie mußte nicht nur ihn, sondern auch die meisten Dazwischenstehenden niedermetzeln.

«Bleibt weg von dem Geschütz!«brüllte er.»Ihr könnt nichts machen!»

«Es wäre auch wirklich blanker Unsinn, capitaine!»

Die Stimme des Mannes war sanft, aber überraschend laut.»Einige Ihrer Leute hatten das — eh bien — Mißgeschick — «, und dabei lächelte er»- ein Fäßchen exzellenten Brandy zu entdecken. Sie können Ihnen, fürchte ich, wenig helfen. «Die Mündung schwenkte etwas herum.»Werfen Sie Ihre Waffen weg. Die spanischen Matrosen werden ihren Dienst wieder aufnehmen. Zweifellos können sogar sie das Schiff segeln, wenn sie müssen. «Jetzt lächelte er ganz breit; sehr weiß leuchteten seine Zähne in dem tief gebräunten Gesicht.»Ihr eigenes Schiff ist weg. Es wäre sinnlos für Sie, sich oder andere zu opfern, nur Ihres Stolzes wegen.»

Krampfhaft versuchte Bolitho, das Problem zu durchdenken, dem er da gegenüberstand. Selbst wenn er mit denen, die noch nüchtern waren, die Kampanje halten konnte, waren sie doch nicht imstande, das Schiff zu führen. Witrands Drehbasse machte ihn zum Herrn des Oberdecks, auch des Proviants und Trinkwassers. Es mochten keine spanischen Offiziere mehr am Leben sein, aber Witrand hatte recht: die Mannschaft konnte allein die Segel bedienen, und früher oder später würde ein feindliches Schiff auftauchen und wissen wollen, was mit der Navarra los war.

Allday flüsterte:»Wenn wir wieder in die Kajüte kommen, können wir sie uns mit Musketen vom Leibe halten, Captain.»

«Ich warte, capitaine«, erscholl die Stimme wieder.»Werfen Sie die Waffen weg — sofort!»

«Ob er wirklich feuert?«fragte Meheux.»Er könnte die Hälfte der Frauen und Kinder damit umbringen.»

Langsam schnallte Bolitho den Degen ab.»Wir nutzen niemandem, wenn wir tot sind. Tut, was er sagt!»

Wie ein tiefer Seufzer kam es von den reglosen Passagieren, als Bo-litho und seine Gefährten ihre Waffen an Deck niederlegten. Zwei Spanier kamen mit gezogenen Pistolen über den Decksgang herbeigerannt, stiegen die Kampanjeleiter herauf und postierten sich so dicht hinter Bolitho, daß sie unmöglich fehlschießen konnten. Witrand übergab die Reißleine seinem zweiten Mann und schritt langsam den Decksgang entlang. Auf dem Achterdeck angekommen, machte er eine kurze Verbeugung.

«Paul Witrand, zu Ihren Diensten, capitaine.»

Er war mittelgroß, hatte eckige Kinnbacken und wirkte soldatisch. Etwas Tollkühnes ging von ihm aus, und er wäre Bolitho bestimmt aufgefallen, wenn ihn Parejas Frau nicht so lange aufgehalten hätte. Vielleicht war sie sogar bloß deswegen gekommen.

Kalt erwiderte er:»Ich habe mich ergeben, um Menschenleben zu retten. Aber früher oder später werden wir wieder mit meinem Schiff zusammentreffen. Und dann wird es Ihnen nichts helfen, wenn Sie uns als Geisel benutzen.»

«Nur ein einzelnes Schiff, capitaine! Interessant. Was mag es wohl in Gewässern, die Frankreich beherrscht, für eine Mission haben?«Er schüttelte den Kopf.» Sie sind ein tapferer Offizier — meine Hochachtung! Aber Sie müssen diese Wendung der Dinge akzeptieren, so wie ich akzeptieren mußte, daß Sie so unvermutet an Bord kamen. Es wäre besser für uns beide gewesen, wenn wir uns nie getroffen hätten. Aber Krieg ist Krieg«, schloß er mit sehr ausdrucksvollem Achselzucken. Ein paar Sekunden lang musterte er Bolitho; in dem grellen Sonnenlicht waren seine Augen beinahe gelb.»Zweifellos werden Sie sich weigern, dieses Schiff für mich zu segeln. Aber«, fuhr er lächelnd fort,»Sie werden mir Ihr Wort als Offizier geben, daß Sie nicht versuchen, es zurückzuerobern. «Er nahm Bolithos Degen auf.»Dann können Sie den hier behalten — als Zeichen meines Vertrauens, eh?»

Bolitho schüttelte den Kopf.»So etwas kann ich nicht versprechen.»

«Ich auch nicht«, sagte Meheux mit dumpfer Stimme.

«Loyalität?«Er schien durchaus darauf gefaßt zu sein.»Dann werden Sie unter Deck geschafft und in Eisen gelegt. Das tut mir natürlich leid, aber ich habe viel zu tun. Außer mir sind noch drei Franzosen an Bord. Die anderen — «, er zuckte verächtlich die Schultern,»- spanisches Gesindel. Ich werde alle Mühe haben, sie von den Frauen fernzuhalten, glaube ich. «Er winkte den bewaffneten Matrosen.»Ihr Schiff ist in Frankreich gebaut, ja?»

«Die ehemalige Tornade.«Bolitho gab sich Mühe, möglichst gleichmütig zu sprechen, und doch barst ihm fast das Hirn bei dem Versuch, einen Plan auszudenken — mochte er auch noch so schwach sein — , mit dem er das Schiff wieder in seine Gewalt bekommen konnte. Witrand riß seine gelben Augen weit auf.»Die Tornade? Admiral Lequillers Flaggschiff?«Er schlug sich mit der offenen Hand vor die

Stirn.»Wie dumm von mir, daß ich nicht gleich darauf gekommen bin! Sie mit Ihrem unaussprechlichen Namen! Der Mann, der nur mit einem Vierundsiebziger die Tornade genommen hat!«Mit plötzlichem Ernst nickte er.»Sie werden selbst eine feine Prise abgeben, wenn oder falls wir Frankreich jemals wiedersehen.»

Die Matrosen stießen ihnen die Pistolenläufe in den Rücken, und Witrand sagte scharf:»Gehen Sie mit!«Er sah Allday an, dessen Fäuste sich in ohnmächtiger Wut schlossen und öffneten, und in dessen Gesicht immer noch der Schrecken über diese Wendung geschrieben stand.»Ist das einer von Ihren Offizieren?»

Bolitho sah Allday an. Das war ein Moment, in dem das Leben zu Ende gehen konnte. Und wenn sie jetzt getrennt wurden, konnte es sein, daß er Allday nie wiedersah.

Ruhig erwiderte er:»Er ist ein Freund, m'sieur.»

Witrand seufzte melancholisch.»Und das ist etwas Rares. Er mag bei Ihnen bleiben. Aber irgendein Trick — und Sie sterben!«Er warf Pareja einen schneidenden Blick zu.»Da gibt es, wie bei Verrätern, nur eine Lösung!»

Bolitho wandte sich zur Kampanjeleiter. Dabei schweifte sein Blick über die in der Nähe stehenden Passagiere. An der Kampanje stand Parejas Frau. Unbeweglich stand sie da, nur ihre heftig atmende Brust verriet Erregung. Er hörte ein knarrendes Geräusch, und als er den Kopf wandte, sah er die britische Flagge bereits am Großmast hinuntergleiten.

Das war, wie der Verlust seines Degens, ein Symbol für die Vollständigkeit seiner Niederlage.

Bolitho lehnte sich gegen ein mächtiges Faß Salzfleisch und horchte, während sich seine Gefährten ganz still verhielten, auf die gedämpften Geräusche jenseits der Tür. Der Raum, in dem sie gefangengehalten wurden, war völlig dunkel; nur in der Tür befand sich ein kleines kreisrundes Guckloch, das vom schwachen Schein einer Laterne erhellt war. Gott sei Dank — so konnten sie wenigstens sein verzweifeltes Gesicht nicht sehen. Er hörte die Kette klirren und spürte einen leisen Ruck an der Fußfessel. Meheux oder einer der anderen hatte sich bewegt. Neben ihm, ebenfalls mit dem Rücken an das Faß gelehnt, saß Allday; an der entgegengesetzten Wand des kleinen Stauraums waren Grindle und Ashton aneinandergekettet und jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt.

Unmöglich zu sagen, was an Bord vor sich ging. Die Pumpen arbeiteten noch, aber gelegentlich hatte er auch andere Geräusche gehört: Rufe, Flüche, das Schluchzen und Schreien einer Frau. Einmal einen Pistolenschuß — vermutlich hatte Witrand Schwierigkeiten mit der spanischen Mannschaft. Nach der todbringenden Kanonade der Eu-ryalus, dem Sturm, der demütigenden Wegnahme des Schiffes konnte sich Bolitho leicht vorstellen, was sich unter Deck für Szenen abspielten. Ohne die Offiziere, an die sie gewohnt waren, ohne erkennbares Ziel mochte die Disziplin bald zum Teufel gegangen sein und trunkenes Chaos herrschen.

Der Wind hatte nicht wieder aufgefrischt. Das merkte er an den trägen Bewegungen des Schiffes, an dem nutzlosen Klappern des losen Geschirrs.

Wütend sagte Meheux:»Wenn ich diese Saufbolde jemals in die Finger bekomme, dann lasse ich sie in Fetzen peitschen, die unnützen Lausekerle!»

«Das mit dem Brandy«, erwiderte Bolitho,»war eine sehr schlaue List Witrands. Ich hätte eine gründlichere Durchsuchung veranstalten müssen«, schloß er bitter.

Bekümmert sagte Grindle:»Sie hatten zu viel zu tun, um denen das Leben zu retten, Sir. Hat keinen Sinn, daß Sie sich Vorwürfe machen.»

«Ganz meine Meinung«, warf Allday böse ein.»Man hätte sie alle verrecken lassen sollen.»

«Fühlen Sie sich besser, Mr. Ashton?«rief Bolitho hinüber. Er machte sich Sorgen um den Midshipman. Als man sie in den Stauraum zerrte, hatte er den blutigen Verband um seinen Kopf gesehen und sein totenbleiches Gesicht. Anscheinend hatte Ashton auf eigene Hand versucht, die Angreifer aufzuhalten, da seine Männer, was er aber nicht wußte, zu betrunken waren, um ihm auf sein Rufen zu Hilfe zu kommen. Jemand hatte ihm eine Muskete über den Schädel gehauen, und er hatte seither kaum gesprochen.

Aber jetzt antwortete er sofort:»Ich bin wieder in Ordnung, Sir. Es wird bald vorbeigehen.»

«Sie haben sich gut gehalten.»

Wahrscheinlich dachte Ashton ebenfalls über seine Zukunft nach. Er war erst siebzehn, hatte sich aber als vielversprechend und recht fähig erwiesen. Doch jetzt waren seine Aussichten trübe: Gefängnis oder sogar Tod durch Fieber in irgendeiner gottvergessenen feindlichen Garnison. Er war von zu niederem Rang, zu unwichtig, um für einen Austausch in Frage zu kommen, selbst wenn man höherenorts an dergleichen dachte.

Bolitho versuchte, sich sein Schiff vorzustellen — wo es jetzt wohl war und was Broughton tun mochte? Der Admiral hatte sie wahrscheinlich allesamt abgeschrieben. Nach diesem Sturm mußte er annehmen, daß die schwer havarierte Navarra gesunken sei; Bolitho und seine Männer würden binnen kurzem nur noch Erinnerung für ihn sein — weiter nichts.

Er versuchte, sich etwas anders hinzusetzen, und ärgerte sich dabei über seine Fußfessel. Er war schon früher in Gefangenschaft gewesen, aber der Gedanke daran tröstete ihn wenig. Denn damals hatte er eine wenn auch geringe Chance gehabt, zu entkommen und den Spieß umzudrehen. Und die Hoffnung, daß ihm britische Schiffe zu Hilfe kamen. Eine geringe Hoffnung, aber immerhin. Doch hier gab es nichts dergleichen. Die Euryalus würde nicht zurückkommen und nach ihm suchen. Wie konnte sie auch, wenn die Mission, zu der sie hier war, noch nicht einmal in Angriff genommen war?

Sein Magen zog sich zusammen, und er merkte, daß er seit dem Vortag nichts gegessen hatte. Es kam ihm vor, als sei es eine Woche her — die geordnete Welt seines eigenen Schiffes, das Gefühl, dazu zu gehören.

Er stellte sich vor, daß Parejas Frau jetzt vermutlich Witrand berichtete, wie leicht sie hatte verhindern können, daß Bolitho ihn unter den Passagieren herausfand. Oder vielleicht sah sie auch tränenüberströmt an Deck zu, wie ihr ältlicher Gatte an einem Strick von der Großrah hing und sein Leben verzappelte. Wo kam sie her? Wie geriet eine solche Frau in diesen Teil der Welt? Noch ein Rätsel und eins, das jetzt ungelöst bleiben würde.

Füßescharren vor der Tür.»Kommen uns wohl beglotzen, diese Bastarde!«knurrte Allday hitzig. Der Riegel wurde zurückgeschoben, und Witrand, zwei Bewaffnete hinter sich, schaute herein.»Ich möchte gern, daß Sie an Deck kommen, capitaine«, sagte der Franzose.

Seine Stimme klang ziemlich ruhig, aber es war etwas an ihm, das Bolitho vor Aufmerksamkeit erstarren ließ. Vielleicht frischte der Wind endlich wieder auf, und Witrand hatte doch nicht so viel Vertrauen zur Mannschaft, wie er vorgegeben hatte. Aber das Schiff dümpelte immer noch so träge, die Pumpen jankten immer noch so trübselig und gleichmäßig vor sich hin.

Kalt entgegnete er:»Was soll ich oben? Ich befinde mich hier ganz wohl.»

Witrand gab einem der Männer einen Wink, und dieser kam vorsichtig herein, den Schlüssel zu den Fußeisen in der Hand.»Als Gefangener haben Sie zu tun, was ich befehle«, sagte der Franzose ärgerlich.

Während der Matrose mit aller Vorsicht die Fußeisen aufschloß, versuchte Bolitho krampfhaft, einen Grund für das plötzlich veränderte Benehmen Witrands zu finden. Der Mann schien tatsächlich äußerst besorgt.

Meheux half ihm auf und murmelte:»Seien Sie vorsichtig, Sir!«Er sprach ein ganz klein bißchen zu leichthin, fand Bolitho; vielleicht dachte er, sein Kommandant sollte eingehend befragt werden oder etwas noch Schlimmeres.

Bolitho ging hinter Witrand den Gang hinauf — alles war so merkwürdig still! Nur die Pumpen und das leise Knarren von Holz an Holz — überhaupt keine Stimmen. Und das in einem mit aufgeregten Passagieren vollgestopften Schiff!

Es war später Nachmittag, an Deck brannte die Sonne blendend hell herunter, der Teer in den Fugen klebte an Bolithos Sohlen, als er hinter Witrand die Leiter zur Kampanje hinaufstieg. Das Glitzern der blauen See war so intensiv, daß er über eine zersplitterte Planke gestürzt wäre und Witrand ihn stützen mußte.

«Nun, was ist?«Bolitho beschattete die Augen mit der Hand und musterte den Franzosen.»Ich habe es mir nicht anders überlegt. In keiner Hinsicht.»

Witrand schien das gar nicht zu hören. Er faßte Bolitho beim Arm und drehte ihn zur Reling herum. Seine Stimme klang sehr eindringlich.»Sehen Sie, dort. Was halten Sie von denen?»

Jetzt erst wurde Bolitho gewahr, daß das ganze Deck voll lautlos gespannter Menschen war. Ein paar waren sogar in die Wanten geklettert, lehnten sich gegen die schlaffen Segel und Masten und starrten zur Kimm.

Witrand hielt ihm ein Teleskop hin.»Bitte, capitaine. Sagen Sie es mir!»

Bolitho stützte das Glas auf den Unterarm und stellte es ein. Die Menschen an Deck hatten sich ihm zugewandt; auch Witrand beobachtete ihn gespannt, beinahe ängstlich, von der Seite.

Sehr langsam fuhr Bolitho mit dem Glas die Kimm ab und hielt den Atem an, als die kleinen bunten Lateinersegel zögernd in die Linse schwammen. Drei, vier, vielleicht fünf standen über ihrem hellen Widerschein im Meer — wie die Flügel munterer Schmetterlinge sahen sie aus.

Dann setzte er das Glas ab und sah Witrand an.»Das sind Sche-becken. «Die Besorgnis Witrands war unverkennbar.»Fünf vielleicht.»

Witrand starrte ihn an und deutete dann auf die leblosen Segel der Navarra. »Aber sie bewegen sich doch, sie kommen schnell näher. Wie kann das sein?»

«Sie können genausogut gerudert wie gesegelt werden, m'sieur. Meiner Überzeugung nach sind das Berberpiraten«, erwiderte er gelassen.

Witrand fuhr zurück.»Mon dieu, le corsaire!«Er riß Bolitho das Glas aus der Hand und richtete es sekundenlang auf die winzigen Segel. Dann, etwas gefaßter:»Das ist unangenehm. Was wissen Sie von diesen Leuten?»

Bolitho wandte den Blick ab.»Es sind wilde, barbarische Krieger. Wenn sie an Bord gelangen, töten sie alle bis zum letzten Mann und schleppen dann die Ladung weg. «Er hielt inne.»Und die Frauen.»

Witrand atmete mühsam.»Aber unsere Geschütze sind doch gut, oui? Sie haben sich doch, mon dieu, gegen Ihr Schiff ganz ordentlich gehalten. Wir können doch sicher diese kleinen Boote zerschmettern, ehe sie da sind?»

Bolitho sah ihm ernst in die Augen.»Sie begreifen noch nicht. Schebecken manövrieren sehr schnell, und wir liegen in der Flaute. Deswegen haben sich diese Piraten auch so lange gehalten und mit solchem Erfolg. Wenn sie nahe genug sind, manövrieren sie sich mit ihren langen Riemen schnell unter unser Heck. Dann schießen sie uns zusammen. Zweifellos hat jedes Boot eine schwere Kanone im Bug. So machen sie es immer. «Er ließ seine Worte ein paar Sekunden wirken.»Das hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. Ich habe von Kriegsschiffen gehört, die hilflos bekalmt lagen und weiter nichts tun konnten, als zusehen, wie diese Galeeren einen Kauffahrer nach dem anderen mitten im Geleit überfielen.»

Wieder schaute er zur Kimm. Die Segel waren schon viel näher, und er konnte erkennen, wie sich die glänzenden Reihen der langen Riemen in exaktem Gleichtakt hoben und senkten. Die hellen Lateinersegel wirkten noch bedrohlicher; und er konnte sich die freudige Erwartung der Piraten angesichts einer so leichten Beute ausmalen.

«Was sollen wir tun?«fragte Witrand und breitete die Hände aus.»Sie würden auch Sie töten, capitaine, wir müssen zusammenhalten.»

Bolitho hob die Schultern.»Normalerweise würde ich Boote zu Wasser lassen und versuchen, das Schiff umzudrehen. Dann könnten wir ihnen eine Breitseite verpassen. Aber Boote haben wir nicht, außer dem kleinen, mit dem ich an Bord gekommen bin. «Er rieb sich das Kinn.»Jedenfalls wäre das ziemlich viel verlangt.»

«Aber um Gottes willen, Mann! Wollen Sie hier stehen und nichts tun?«Er deutete auf die stummen Zuschauer, denen langsam klar wurde, welch neue Bedrohung mit den immer näher herangleitenden Fahrzeugen auf sie zukam.»Und was wird mit denen da — eh? Wollen Sie sie umkommen lassen? Sie der Folter der Vergewaltigung aussetzen? Sie müssen doch irgendwas tun!»

Bolitho lächelte grimmig.»Sie sind wirklich rührend um ihr Leben besorgt. Seit Beginn unserer Bekanntschaft haben Sie sich in mancher Hinsicht verändert. «Ehe der Franzose antworten konnte, befahl er scharf:»Lassen Sie sofort meine Offiziere und Matrosen frei und geben Sie ihnen die Waffen wieder!«Und als es in Witrands Augen wütend aufblitzte, sagte er grob:»Sie haben keine Wahl, m'sieur. Und wenn wir heute sterben sollen, dann möchte ich das lieber mit dem Degen in der Hand.»

Witrand nickte.»Das ist wahr. Einverstanden.»

«Dann lassen Sie Senior Pareja nach achtern bringen. Er kann dolmetschen.»

Witrand winkte bereits einen Matrosen heran.»Und der Wind?«fragte er.»Wird Wind aufkommen?»

«Gegen Abend vielleicht, wenn es kühler wird. «Bolitho sah ihn bedeutsam an.»Aber wenn wir es nicht schaffen, dann spielt auch das keine Rolle mehr.»

Minuten später waren Meheux und die anderen bei ihm auf der Kampanje. Ashton hatte noch Schmerzen und stützte sich schwer auf des Leutnants Arm.

Auf dem Hauptdeck sah Bolitho den ebenfalls befreiten Unteroffizier McEwen sowie sechs Matrosen — die anderen waren wohl noch so betrunken, daß sie nicht hochzukriegen waren. Vielleicht starben sie, ohne eine Ahnung zu haben, was überhaupt los war… Um so besser für sie, dachte Bolitho.

«Sie brauchen mich, Captain?«Das war Luis Pareja, schüchtern und furchtsam. Bolitho lächelte ihn freundlich an. Er war unter Bewachung gewesen, hatte also keine privaten Abmachungen mit dem Franzosen getroffen.»Sie müssen jedem sagen, was ich von ihm will«, erklärte Bolitho, und Pareja warf einen angstvollen Blick über die Reling.»Von Ihnen wird sehr viel abhängen, Senor. Davon, wie Sie sprechen, und was Sie dabei für ein Gesicht machen. «Er lächelte wieder.»Also gehen wir zusammen aufs Achterdeck, ja?»

Pareja blinzelte zu ihm empor.»Zusammen, Captain?«Dann nickte er heftig; und die plötzliche Entschlossenheit auf seinem runden Gesicht wirkte rührend.

Erregt flüsterte Meheux:»Wie können wir sie abschlagen, Sir?»

«Holen Sie unsere Männer heran und stellen Sie aus ihnen eine Geschützbedienung zusammen. Die beste Kanone kommt in die Achterkajüte. Sie müssen sie da irgendwie montieren — schwierig, aber es muß klappen, und zwar sehr schnell. In einer Stunde können diese Boote in Schußweite sein. Vielleicht schon eher. «Er faßte den Leutnant bei seinem zerfetzten Rock.»Und hissen Sie unsere Flagge wieder, Mr. Meheux!«Witrand öffnete schon den Mund zum Protest, schwieg aber und wandte sich zur Reling.»Wenn wir kämpfen«, schloß Bolitho,»dann unter unserer eigenen Flagge.»

Allday sah zu, wie die Flagge am Großmast emporstieg, und bemerkte grinsend:»Ich würde eine ganze Menge darauf wetten, daß diese gottverdammten Seeräuber noch nie so ein Schiff des Königs gesehen haben wie diese alte Tante!»

Bolitho sah Pareja an.»Und jetzt, Senor, kommen Sie mit. Heute wollen wir zusammen ein wenig Marinegeschichte machen — eh?»

Aber als er in all die zu ihm emporgerichteten Gesichter sah, die Frauen, die ihre Kinder an sich preßten, ihre wachsende Verzagtheit und Angst, da konnte er nur mit Mühe und Not seine wahren Empfindungen vor ihnen verbergen.

Загрузка...