2. KAPITEL

Vorsicht! Aufpassen! Meine Herren, überprüfen Sie Ihre Brieftaschen, ob auch noch alles Geld da ist! Die Damen, kontrollieren Sie, ob Ihnen kein Schmuck entwendet wurde! Sie werden sich sogleich inmitten einer Bande Diebe befinden. Wir sind wieder in Samuel Stones wunderschöner Villa. Stone, einer der reichsten Männer der Welt, ist vor zwei Wochen verstorben. Er hinterließ eine schöne junge Witwe, einen Neffen und einen Rechtsanwalt. Alle drei hoffen, Samuel Stones Geld zu erben. Alle sind sie so gierig danach, daß sie dafür notfalls selbst einen Mord begehen würden. Der einzige Anständige unter ihnen ist ein junger Mann namens David. Er ist Vorstand der Wohltätigkeitsstiftung Stone. Wenn er an das Geld kommt, will er es den Armen und Obdachlosen geben.

Als sie in der vorigen Woche alle zur Testamentsverlesung versammelt waren, hatte ihnen der Anwalt eröffnet, daß sie in der Bibliothek von Samuel Stone vor einem großen Fernsehgerät Platz nehmen mußten. Der Butler hatte die Geräte eingeschaltet, und daraufhin war Samuel Stone auf dem Bildschirm erschienen.

„Ich weiß", hatte der tote Mann gesagt, „daß ihr alle hinter meinem Geld her seid. Aber ihr müßt schon selbst herausknobeln, wo es sich befindet. Ich war immer ein großer Rätselfreund, und ich gebe euch jetzt jede Woche ein Rätsel auf, wo sich mein Vermögen befindet."

In der Woche zuvor war der erste Schatz eine Statue von Michelangelo gewesen. David hatte sie als erster gefunden und eingefordert, und der Gelderlös davon wanderte in die Wohltätigkeit. Die anderen waren darüber entsetzlich wütend.

Sie hielten nichts davon, Arme zu unterstützen. Sie wollten lieber sich selbst helfen.

Jetzt, wo unser neues Abenteuer beginnt, sitzen sie also wieder vor dem großen Bildschirm in der Bibliothek und warten auf den Rätselhinweis für die zweite Schatzsuche. Sie beobachten Samuel Stone auf dem Bildschirm intensiv, während dessen Blick über sie hinwandert.

„Also, ihr lieben, geldgierigen Leute", dröhnt seine Stimme durch den Raum, „hört gut zu und paßt auf. Wir wollen sehen, ob ihr intelligent genug seid, dieses Rätsel zu lösen. Etwas ist fishy damit, und es ist zu dumm, daß Diamond John Brady nicht da ist, um euch zu helfen. Ihr seid alle sterblich, keiner von euch ist Gott. Das ist alles. Ich hoffe, ihr kriegt es nicht raus."

Damit ist die Mitteilung zu Ende. Der Fernseher wird abgeschaltet.

Alle sahen sich ratlos an.

Der Anwalt sagte: „Soll das alles sein?"

Die hübsche, junge Witwe sagte: „Was sollen das für Hinweise sein? Das sagt einem doch gar nichts!"

Und der Neffe sagte: „Unmöglich, so was. Den Schatz finden wir doch nie."

Da meldete sich David. „Wir müssen genau darüber nachdenken, was er sagte."

Sie gingen zusammen hinaus auf die Terrasse, wo sich ein großer Swimmingpool befand. An dessen Ende stand eine schöne Neptunstatue, aus deren Mund Wasser in den Pool floß. Der Butler servierte Getränke, während sie alle dasaßen und darüber diskutierten, was ihnen mitgeteilt worden war. Selbst David räumte ein: „Viel ist das nicht, was wir erfahren haben. Deshalb müssen wir es aber um so genauer untersuchen."

„Was da schon groß zu untersuchen ist!" erklärte die Witwe wegwerfend.

Der Neffe sagte: „Onkel Samuel gab selbst zu, daß an der Sache etwas fishy ist, also faul."

„Ja, aber seht ihr denn das nicht?" sagte David. „Das muß der Hinweis sein! Vielleicht hat es ja etwas mit Fischen zu tun." „Ja, und was ist mit diesem Diamond John Brady?" fragte der Anwalt. „Wer soll das sein?"

David dachte kurz nach. Dann sagte er: „Diamond John Brady lebte um 1900. Er war ein berüchtigter Spieler und hatte ständig eine Menge Frauen um sich."

„Was das schon für ein Hinweis ist!" sagte die Witwe abschätzig.

„Noch an etwas erinnere ich mich", sagte David. „Er hatte einen unmäßigen Appetit. Er konnte sechs Steaks und zwei Dutzend Austern auf einmal essen."

Der Neffe tat das ab. „Wen interessiert denn, was der Mann aß? Das hilft uns nicht weiter."

„Moment mal!" sagte David. „Ich hab's! Austern! Was findet man in Austern?"

Und alle riefen wie aus einem Mund: „Perlen!" „Genau! Und das ist der Hinweis mit dem Wort fishy! Nach meiner Meinung müssen wir eine sehr kostbare Perle suchen: herausfischen!" „Da dürften Sie recht haben", sagte der Anwalt. „Jetzt müssen wir diese Perle nur noch finden."

Die schöne junge Witwe sagte: „Die größten Chancen haben wir, wenn wir alle zusammenarbeiten. Alle für einen und einer für alle."

„Absolut!" stimmten alle anderen zu.

Aber in Wahrheit hatte keiner die mindeste Absicht dazu. Jeder wollte den Schatz allein für sich haben.

Der Butler, der ihnen das Essen servierte, sagte: „Entschuldigen Sie, aber ich habe, ganz unabsichtlich, alles mitgehört. Mr. Stone hatte einmal eine Haushälterin mit Namen Pearl. Perle. Könnte es vielleicht sein, daß das mit der Suche nach diesem Schatz zu tun hat?"

Sogleich war klar, daß dies der Hinweis sein mußte, nach dem sie suchten.

Doch die Witwe rief: „Nein, nein! Pearl ist überhaupt keine Hilfe in der Sache." Aber da log sie.

Auch der Neffe stimmte ein: „Nein, das ist eine ganz absurde Idee."

„Ganz meine Meinung", erklärte der Anwalt ebenfalls. „Wie sollte denn eine Haushälterin davon etwas Wissen?" David aber sagte nichts.

In der folgenden Nacht, als sie glaubte, alle schliefen fest, schlich sich die hübsche junge Witwe in Samuel Stones Bibliothek hinunter und begann, seinen Schreibtisch zu durchsuchen. Eine Menge Papiere waren dort, aber unter diesen verborgen fand sie ein Büchlein mit Telefonnummern. Darin stand auch die Adresse von Pearl, der früheren Haushälterin. Sie notierte sie sich und ging Wieder zurück ins Bett.

Eine Stunde später kam auch der Anwalt heimlich, still und leise in die Bibliothek und tat exakt dasselbe. Und ein paar Minuten darauf der Neffe. Und schließlich als letzter noch David.

Am Morgen war die Witwe als erste früh auf und aus dem Haus auf dem Weg zum Haus von Pearl, der früheren Haushälterin von Samuel Stone.

Es war allerdings nicht eigentlich ein Haus, sondern eher eine armselige Hütte in einer ganz armseligen Gegend. Pearl war eine schon ältere schwarze Frau, bereits über siebzig, mit grauen Haaren und glanzlosem Blick. Dazu hatte sie allen Anlaß. Das Leben hatte es nicht gut mit ihr gemeint. Die meiste Zeit hatte sie für Samuel Stone hart gearbeitet, und man wußte schließlich, daß dieser mit Leichtigkeit jeden Wettbewerb um den gemeinsten Menschen der Welt gewonnen hätte.

Trotzdem war ihm Pearl sehr ergeben gewesen. Sein Lohn dafür war, daß er ihr so gut wie nichts bezahlte, sie ständig mißhandelte und ausnutzte und schließlich, als sie krank wurde, einfach hinauswarf. Jetzt saß sie ganz allein in ihrer winzigen, schäbigen Unterkunft ohne Geld und Arbeit.

Auftritt Samuels Witwe. Kommt hereingeplatzt, ruft: „Sie müssen Pearl sein, wie? Ich bin Mrs. Samuel Stone!" Bei diesem Namen überläuft es Pearl eiskalt. Er bringt ihr viele böse Erinnerungen zurück. „Ich habe nichts getan", sagt sie, „lassen Sie mich allein."

Die Witwe sieht sich in der kleinen Hütte um. „Sie allein lassen? Aber nicht doch! Ich bin hier, um Ihnen zu helfen!" Pearl sieht sie mißtrauisch an. „Wieso sollten Sie mir helfen wollen?"

„Weil ich gehört habe, daß mein Mann Sie sehr schlecht behandelt hat. Das will ich wiedergutmachen!" „Was wollen Sie?"

„Ja doch! Wie können Sie nur so leben hier? Das ist ja schlimm! Also, als erstes suchen wir Ihnen mal eine anständige Wohnung."

„Ich kann mir keine Wohnung leisten."

„Aber ich", versichert ihr die Witwe. „Noch heute nachmittag ziehen Sie um."

Die Witwe weiß genau, was sie tut. Nämlich Pearl hier wegholen und an einen Ort bringen, von dem die anderen nichts wissen.

Tatsächlich zog Pearl noch am selben Nachmittag in eine schöne Wohnung in der Stadt mit großen, hellen Zimmern und eingerichtet mit Wunderschönen antiken Möbeln.

„Es ist sehr nett von Ihnen, daß Sie das für mich tun", sagte Pearl.

„Gar keine Ursache", säuselte die Witwe. „Allerdings können Sie jetzt auch etwas für mich tun."

„Gewiß. Was in meiner Macht steht. Soll ich Ihnen das Haus sauberhalten?"

„Nein, nein. Aber Sie haben für meinen Mann doch vor meiner Ehe mit ihm gearbeitet. Haben Sie da mit ihm vielleicht öfter längere Gespräche geführt?"

Pearl starrte sie verständnislos an. „Längere Gespräche? Er sprach nur mit mir, wenn er mich anschrie."

Aber die Witwe gab nicht so leicht auf. Es war ihr klar, daß Pearl irgend etwas mit diesem Perlenschatz zu tun haben mußte.

„Er muß Ihnen irgendwann etwas gesagt haben"; drang sie weiter in Pearl. „Vielleicht etwas von einem versteckten Schatz?"

Pearl dachte bei sich: Die Frau hat einen Knall. Was sollte ich wohl von einem verborgenen Schatz erfahren haben?

Der Neffe war der nächste, der Pearl aufstöberte. Das war nicht einmal schwer gewesen. Die Witwe wußte nicht, daß Pearl bei ihrem Umzug eine Nachsendeadresse hinterlassen hatte. Als der Neffe in ihrer neuen Wohnung ankam, war die Witwe bereits wieder fort.

„Sie sind also Pearl", sagte der Neffe. „Mein Onkel hat mir viel Gutes über Sie erzählt."

In Wirklichkeit hatte sein Onkel natürlich niemals auch nur das kleinste Sterbenswörtchen von Pearl erwähnt.

„Gutes? Über mich?" sagte Pearl. Das war denn doch schwer zu glauben.

„Doch, doch", .versicherte ihr der Neffe. Er sah sich um.

„Wunderschöne Wohnung haben Sie da."

„Die habe ich von Mrs. Stone bekommen", sagte Pearl.

Aha! dachte der Neffe. So ist das, sie versucht, Pearl zu bestechen! „Der Winter steht vor der Tür, Pearl", sagte er.

„Haben Sie einen Pelzmantel?"

Pearl sah ihn erstaunt an. „Ich? Einen Pelzmantel? Natürlich nicht."

„Natürlich schon!" sagte der Neffe und strahlte sie an. „Wir gehen jetzt sofort los und kaufen Ihnen einen Nerzmantel." Der spinnt genauso, dachte Pearl. Wieso sollte irgend jemand mir einen Pelzmantel kaufen wollen?

Aber nach einer Stunde hatte sie den wunderschönsten Nerzmantel an, den man sich denken konnte. „Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll", sagte sie zu dem Neffen.

„Das können Sie durchaus. Erzählen Sie mir nur, was Ihnen Mr. Stone zu sagen hatte."

„Worüber?"

„Na, Sie wissen schon. Über den Schatz. Mir können Sie es sagen, ich sage es bestimmt nicht weiter."

„Von welchem Schatz denn nur?" sagte Pearl und runzelte die Stirn.

„Ach, kommen Sie, Pearl, mir gegenüber brauchen Sie doch keine Ausflüchte zu machen. Er hat Ihnen sicher gesagt, wo er einen Teil seines Vermögens versteckte, oder?"

Aber Pearl schüttelte den Kopf. „Ehrlich, ich habe nicht die mindeste Ahnung, wovon Sie reden."

Er ging schließlich, völlig enttäuscht.

Der nächste, der Pearl fand, war der Rechtsanwalt. Als er ihre neue Wohnung betrat, trug sie noch immer den nagelneuen Nerzmantel.

„Das ist aber eine wunderschöne Wohnung", sagte der Anwalt. „Und was für einen herrlichen Mantel Sie haben." „Die Wohnung habe ich von Mrs. Stone und den Mantel von ihrem Neffen."

Ach, so läuft der Hase? dachte der Anwalt. Na schön, das kann ich auch.

Und er fragte: „Pearl, haben Sie eigentlich ein Auto?" „Ich? Ein Auto? Ich fahre mit dem Bus." „Nein, tun Sie nicht", sagte der Anwalt. „Von jetzt ab nicht mehr. Was halten Sie von einem hübschen Rolls-Royce?" Pearl starrte ihn mit großen Augen und offenem Mund an. War jetzt die ganze Welt verrückt geworden? An einem einzigen Tag schenkte man ihr eine schöne Wohnung, einen Nerzmantel und jetzt auch noch einen Rolls-Royce? „Würde ich viel von halten", sagte sie.

Noch am selben Nachmittag war sie Besitzerin eines. nagelneuen Rolls-Royce.

Der Rechtsanwalt klatschte in die Hände. „Also", sagte er, „und jetzt zum Geschäft. Wo ist Mr. Stones Perlenschatz?" Geht das schon wieder los! dachte Pearl. „Mr. Anwalt", sagte sie, „ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden. Zu mir hat Mr. Stone niemals auch nur das kleinste Sterbenswörtchen von irgendeinem Schatz gesagt." „Aber natürlich hat er das!"

„Glauben Sie mir, wüßte ich etwas von einem Schatz, dann hätte ich mir den schon längst selbst geholt. Der Mann hat mir Elend genug zugefügt."

Dem Rechtsanwalt sank der Mut. Und ich Trottel, dachte er verbittert bei sich, kaufe ihr einen Rolls-Royce!

Schließlich tauchte David bei Pearl auf. Doch im Gegensatz zu den anderen war er sofort offen und ehrlich zu ihr. Und er machte keine Bestechungsversuche.

„Pearl", sagte er, „wir glauben, daß Sie irgendeinen Hinweis kennen, der zu einem bestimmten Schatz führt, welchen Mr. Stone versteckt hat. Wissen Sie also etwas?" Pearl betrachtete den jungen Mann. Er sah anständig und ehrlich aus. „Ich würde Ihnen ja gerne helfen", sagte sie, „aber wenn Mr. Stone schon mal mit mir redete, dann sagte er höchstens: Seien Sie still und halten Sie den Mund, oder: Machen Sie, daß Sie raus kommen."

Das glaubte ihr David aufs Wort. Aber damit schienen auch die Möglichkeiten, zu Hinweisen zu gelangen, erschöpft zu sein.

Sie trafen sich alle wieder auf der Terrasse am Pool. Dort saßen sie und starrten die Neptunstatue an, die unablässig Wasser in den Pool spuckte.

„Es hat keinen Sinn", sagte die Witwe. „Pearl weiß wirklich nichts."

„Ich glaube", erklärte David, „wir sind auf dem falschen Dampfer. Wir sollten wahrscheinlich lieber na"einer echten Perle suchen, nicht nach einer Frau, die Perle heißt. Es muß wohl eine Perle sein, die besonders wertvoll ist!" „Das könnte stimmen!" rief der Neffe. „Wo kommen die besten Perlen her?"

„Die größten jedenfalls kommen von der australischen Küste", sagte David, „und aus dem Indischen Ozean und vom Golf von Kalifornien und aus der Nähe von St. Thomas in den westindischen Gewässern."

Der Neffe wurde rot vor Aufregung. „Hat Onkel Samuel an irgendwelchen dieser Orte Häuser gehabt?" Aller Blicke gingen zu dem Anwalt.

„Tatsächlich", sagte der Anwalt, „besitzt er ein Haus auf den Westindischen Inseln."

Und jetzt glaubten sie alle wieder ganz genau zu wissen, daß sie den Schatz gefunden hatten. Alle waren sie wieder gierig. Aber alle taten so, als sei nichts.

„Wahrscheinlich bedeutet das gar nichts", sagte die Witwe. Der Neffe stieß in das gleiche Horn. „Ich bin sicher, mit dem Schatz hat das nichts zu tun!"

„Richtig", pflichtete der Anwalt scheinheilig bei. „Vermutlich ist es nur Zufall."

Und alle wußten, daß sie alle logen.

Noch in der folgenden Nacht flog die Witwe mit einem eilends gecharterten Flugzeug auf die Westindischen Inseln. Aber auch, jeder mit einem eigenen Flugzeug, der Neffe und der Anwalt und David. Jeder der vier versuchte, dem anderen zuvorzukommen.

Als sie in St. Thomas angelangt waren, fuhr jeder einzeln zu dem wunderschönen Strandhaus, das Mr. Stone dort besessen hatte. Jeder war sicher, die Perle irgendwo in einem Versteck im Wasser in der Nähe dieses Hauses zu finden. . Alle mieteten sie sich Tauchgeräte und gingen damit ins Wasser auf der Suche nach der seltenen und kostbaren Perle. Die Witwe hatte überhaupt keine Taucherfahrung, und es war ihr gar nicht geheuer.

Aber sie schwammen alle vier hektisch unter Wasser herum, stießen sogar zusammen, suchten unter Felsen und jagten wie wild nach dem Versteck des wertvollen Schatzes von Samuel Stone. Das Meer hier war voller Haie und Stachelrochen, und sie gerieten bald in Panik.

Trotzdem suchten sie weiter, überall, bis sie am Schluß erkennen mußten, daß es sinnlos war. Nirgends war das kleinste Anzeichen einer verborgenen Perle zu entdecken gewesen.

„Das ist bitter!" sagte David. „Sieht so aus, als würden wir diesen Schatz nicht finden."

Und sie zogen sich alle an und flogen wieder heim.

Wieder saßen sie am Pool und debattierten über ihren Fehlschlag.

„Er hat uns einfach keinen richtigen Hinweis gegeben", klagte die Witwe. „Er war immer schon ein böser, alter Mann. Nicht einmal als Toter hat er sich geändert."

„Nein, ich glaube nach wie vor, daß die Hinweise vorhanden sind", erwiderte David. „Wir haben sie nur noch nicht erkannt."

Doch der Anwalt entgegnete ihm: „Was gibt es da noch zu erkennen? Er hat diesen Diamond John Brady erwähnt und die Sache mit fishy. Was sollen das für Hinweise sein? Ach, wenn ich ihn jetzt vor mir hätte, der könnte etwas erleben, das kann ich euch sagen."

„Am liebsten würde ich ihn verklagen", schimpfte die Witwe weiter. „Schließlich war der einzige Grund, warum ich ihn heiratete, daß er mir versprach, mir sein ganzes Geld zu hinterlassen."

„Mir hat er auch eine Menge Geld versprochen", sagte der Neffe.

David war der einzige, der etwas Mitgefühl für Samuel Stone aufbrachte. „So schlecht war er nicht", sagte er. „Wage es nicht, ihn auch noch in Schutz zu nehmen!" kreischte die Witwe zornig.

David dachte: Eine Schande, daß sie alle an nichts weiter denken als an sein Geld.

Auch er war durchaus an dem Geld interessiert, aber nicht für sich selbst. Er dachte immer wieder über die geheimnisvollen Hinweise des alten Mannes nach. Ganz offensichtlich hatten sie irgend etwas mit dem Meer zutun und mit einer Perle. Aber warum hatte er auch von einem Gott gesprochen? Das Meer und ein Gott... Wer war der Meeregsott? Neptun! Und David blickte hoch und sah vor sich die Neptunstatue am anderen Ende des Pools.

Mein Gott, das ist es doch! dachte er aufgeregt. Die Perle muß in dieser Statue versteckt sein! Die ganze Zeit war sie direkt vor unserer Nase, und wir suchen weiß Gott wo in aller Welt danach!

Die anderen waren so mit Schimpfen und Diskutieren beschäftigt, daß sie gar nicht merkten, wie David aufstand, zu der Neptunfigur ging und sie untersuchte. Sie war aus Bronze und sah perfekt glatt aus. Nur am Bauchnabel war eine kleine Erhöhung. Und da war eine kleine Klappe, die bisher noch niemand bemerkt hatte. David hob sie hoch - und da lag drinnen im Inneren der Statue tatsächlich die größte Perle, die er je gesehen hatte.

Er nahm sie langsam heraus und hielt sie in der Hand.

„Ich habe sie!" sagte er. Alle sahen zu ihm und erstarrten förmlich. Wie gelähmt glotzten sie auf David, als er zurückkam und ihnen die Perle zeigte.

„Ist sie nicht wunderschön?" fragte er.

„Sie gehört mir!" zeterte die Witwe. „Sie war auf meinem Grund und Boden!"

„Mir gehört sie!" sagte der Neffe.

„Moment mal!" rief der Anwalt wieder dazwischen. „Sie gehört uns allen. Es bleibt genug für jeden!" „Das ist eine gute Idee", sagte die Witwe. „Wir teilen den Erlös unter uns auf. Nicht wahr, David?"

Aber David wehrte kopfschüttelnd ab. „Tut mir leid. Kommt alles in die Stiftung Samuel Stone für die Armen."

Es gab Geschrei und Krach, aber es nützte nichts. Davids Entschluß stand fest.

Alle dachten an die Mühen, denen sie sich unterzogen hatten -das Geld, das sie für Pearl ausgegeben hatten, für eine Wohnung, einen Pelzmantel und einen Rolls-Royce, die vergebliche Reise nach Westindien samt den Gefahren dort von Haien und Stachelrochen. Und das alles für nichts. „Aber nächstes Mal", gelobten sie sich, „sind wir an der Reihe."

Am nächsten Montag versammelten sie sich erneut, um den nächsten Hinweis zu hören. Der Butler schaltete die Geräte ein, und wieder erschien auf dem Bildschirm vor ihnen Samuel Stone.

„So", sagte er, „jetzt also zum dritten Hinweis. Ich bin ein Selfmademan. Ich bin nicht reich geworden, weil ich Bücher las. Wettet nicht auf die Büchermacher für eure Information und Aufklärung." Das war alles. Das Bild verschwand. Alle waren bereit, die dritte Schatzsuche zu beginnen.

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