Beim Wort genommen

Zaubern aus Übermut, Zaubern aus Freude am Schabernack. Zu den Spaßvögeln unter den Zauberern gehörte auch Pumphutt, wie Krabat ein Mühlknappe aus der Lausitz. Während der Sommermonate zog er wandernd im Land umher, von Mühle zu Mühle. Wo man ihn brauchen konnte, blieb er für eine Weile in Kost und Lohn; und hatte man keine Arbeit für ihn, so musste der Müller ihm dennoch Obdach für eine Nacht und Zehrung für einen Tag geben, so verlangte es guter Mühlenbrauch. An seinem großen Hut mit der breiten Krempe, von dem er den Namen hatte, und an dem schmalen, goldenen Ring, getragen im rechten Ohrläppchen, hätte er eigentlich leicht zu erkennen sein müssen. Dennoch merkten die Leute, die es mit ihm zu tun bekamen, immer erst hinterher, dass es Pumphutt gewesen war, der sie mit seinen Zauberkünsten veralbert hatte. Und nicht nur veralbert! Fast immer wusste es Pumphutt so einzurichten, dass seine Streiche für die Betroffenen eine Lehre enthielten. Und meistens fiel diese Lehre recht handfest aus.

Eines Tages kam Pumphutt auf die Gemauerte Mühle am Kittlitzer Bach, als dort gerade Hochzeit gefeiert wurde, die Hochzeit der Müllerstochter. Getafelt wurde im Freien, an langen Tischen unter den Apfelbäumen im Obstgarten. An die hundert Gäste waren geladen, Verwandte und Freunde von beiden Seiten, die benachbarten Müller mit ihren Frauen. Und auch der Herr Pastor mit seiner Frau war selbstverständlich dabei.

Es gab reichlich zu essen und reichlich zu trinken. Der Mauermüller war ein begüterter Mann, er wusste, was er den Gästen schuldig war. »Tut euch bloß keinen Zwang an!«, rief er. »Wenn Mauermüllers Rosina heiratet, lässt sich der Mauermüller nicht lumpen!« Auch für Tafelmusik war gesorgt. Es sangen die Geigen, es juchzte die Klarinette, ein Dudelsack quäkte, der Schusterbass machte schrummschrumm dazu.

Auf einen Hochzeitsgast mehr oder weniger kam es dem Mauermüller am Kittlitzer Bach nicht an. Pumphutt war ihm willkommen, er musste sich an den Tisch mit den jungen Leuten setzen.

Die Gäste ließen sich schmecken, was ihnen die Mauermüller’schen Mägde auftrugen: Suppe und dreierlei Braten, Hefeknödel in brauner Tunke, gedünsteten Rotkohl mit Speck und Apfelkraut, Streuselkuchen und Gugelhupf, Kaffee und süße Sahne. Alle waren bei bester Laune, alle sprachen dem Hochzeitsmahl wacker zu. Der Herr Pastor wollte gerade ein Wohl auf das edle Brautpaar ausbringen, da betraten vier Bettelkinder den Obstgarten, rotznasig, barfuß, in abgerissenen Kitteln und fadenscheinigen Hosen. Sie stellten sich vor dem Tisch der Brautleute auf und begannen zu singen, mit dünnen Stimmchen, aber aus voller Kehle:

»Wir wünschen der Braut einen goldenen Fisch,

Dem Bräutigam einen goldenen Tisch,

Dem Brautvater ein Paar goldene Schuh,

Der Brautmutter goldene Strümpfe dazu,

Den Hochzeitsgästen ein goldenes Kleid,

Glück und Gesundheit zu aller Zeit.«

Hierauf streckten sie ihre mageren, braunen Hände dem Mauermüller entgegen und riefen ihm zu:

»Brautvater, du sollst leben,

Uns zu essen geben.

Gibst du uns zu essen nicht,

Kriegst du goldne Schuhe nicht.

Glück ist launisch, Glück ist blind,

Gib zu essen uns geschwind!«

Die Gäste lachten und klatschten Beifall, der Mauermüller indessen bekam einen roten Kopf und knurrte:

»Ich werde euch mal was sagen, Rotznasen! Erst gebettelt und dann gestohlen - das kennt man ja. Schert euch weg da, Gesindel, bevor ich euch Beine mache!«

Pumphutt taten die Kinder Leid. Er versuchte, beim Mauermüller ein gutes Wort für sie einzulegen. »Ach, Meister, warum denn gleich böse werden. Siehst du nicht, dass sie Hunger haben? Sie werden dich schon nicht arm essen.«

»Papperlapapp!« widersprach ihm der Müller. »Ich mag keine Bettelkinder auf der Gemauerten Mühle. Hier haben die nichts verloren, hier kriegen die nichts - und wenn mir das Rad von der Welle springt!«

Er meinte das Mühlrad, das fest auf der Mühlenwelle verkeilt war. Es war eine Redensart, die unter Müllern und Müllerburschen gebräuchlich war. Pumphutt erwiderte nichts darauf. Er fasste sich bloß, wie zufällig, an den Hut. Da erschraken die Hochzeitsgäste nicht schlecht! Denn plötzlich ließ sich ein dumpfes Poltern vernehmen, das kam von der Mühle her. Und als sie hinüberblickten - was sahen sie da? Sie sahen, dass sich das große, hölzerne Wasserrad von der Mühlenwelle gelöst hatte und heruntergesprungen war. »He!«, rief der Mauermüller verdattert. »Wie gibt’s denn so was?«

Pumphutt winkte den Bettelkindern, gemeinsam mit ihnen verließ er die Hochzeitstafel. Und war es zu fassen? - das Mühlrad begann zu rollen! Es rollte klabusterklabaster quer durch den Obstgarten, immer den Bettelkindern und Pumphutt nach. Das ging nicht mit rechten Dingen zu! Der Herr Pastor musste zur Seite springen, sonst hätte das Mühlrad ihn glatt und platt gewalzt.

Pumphutt führte die Kinder auf einen Hügel jenseits des Baches. Brav wie ein Hündchen folgte ihnen das Mühlrad nach. Als sie anhielten, hielt es auch an. Es schwankte ein bisschen nach links, es schwankte ein bisschen nach rechts, als hätte es einen Rausch. Dann kippte es auf die Seite - und bums! lag es da.

Nicht lange, so kamen der Mauermüller und der Herr Pastor, die Brautleute und die Hochzeitsgäste herbeigelaufen. »Was soll das!«, riefen sie, aufgeregt mit den Armen fuchtelnd. »Was soll das, zum Kuckuck!«

»Na - was wohl!«, erwiderte Pumphutt. »Der Meister hat es doch selbst gesagt. Das Rad soll ihm von der Welle springen, bevor er den Bettelkindern was abgibt vom Hochzeitsschmaus.«

Der Mauermüller begann zu ahnen, mit wem er es da zu tun hatte. Der schmale, goldene Ohrring, der große Hut mit der breiten Krempe ... Wie Schuppen fiel es ihm von den Augen.

»Ich glaube fast, du bist Pumphutt! Konntest du das nicht gleich sagen?«

»Nein«, sagte Pumphutt. »Aber nun weißt du ja hoffentlich, was du zu tun hast, Meister. Bevor die vier Kinder nicht satt sind, hast du kein Rad an der Mühle.«

Da überwand sich der Mauermüller und sagte zu Pumphutt: »Na gut, wie du willst. Die Kinder sollen mir an der Hochzeitstafel willkommen sein.« Doch Pumphutt war anderer Meinung, er sagte: »Du wolltest sie an der Hochzeitstafel nicht haben, Meister - jetzt magst du sie hier bewirten, auf diesem Hügel.«

Eigenhändig musste der Mauermüller den Kindern die Suppe herbeitragen, dazu dreierlei Braten, Hefeknödel in brauner Tunke, gedünsteten Rotkohl mit Speck und Apfelkraut. Und Streuselkuchen und Gugelhupf, gezuckerte Preiselbeeren und Backpflaumen, Kaffee und süße Sahne. Die Kinder aßen davon, bis sie nicht mehr konnten. Den Rest packte Pumphutt ihnen zum Mitnehmen in ein Tuch. »Und jetzt«, schlug er vor, »jetzt singt ihr dem Mauermüller das Lied noch einmal!«

Das kleinste Mädchen begann zu singen, die anderen stimmten ein. Noch einmal sangen sie also das Lied vom goldenen Fisch und vom goldenen Tisch, vom goldenen Kleid und den goldenen Schuhen. Als sie zu Ende waren, erhob sich das Mühlrad vom Boden und rollte klabusterklabaster zur Mühle zurück. Dort angekommen, hüpfte es ganz von selbst auf die Mühlenwelle, und alles war wieder in guter Ordnung auf der Gemauerten Mühle am Kittlitzer Bach.

Der Mauermüller, die Brautleute und die Hochzeitsgäste kehrten zurück in den Obstgarten und die Hochzeitsfeier ging weiter. Es sangen die Geigen, es juchzte die Klarinette, der Dudelsack quäkte, der Schusterbass machte schrummschrumm dazu. Und Pumphutt? Pumphutt wanderte seines Weges und pfiff sich eins.

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