Kurz nach dem Aufstehen rufe ich am nächsten Morgen als Allererstes bei Bonnie an und hinterlasse ihr eine Nachricht. Sie soll mich dringend zurückrufen. Bestimmt kann sie mir sagen, was los ist. Unten, beim Frühstück, ist die Stimmung gespannt, und Luke sieht mich dauernd so komisch an, als wüsste er nicht, was er mit mir anfangen soll.
»Tja, also ... „, sagt er unvermittelt mit gespielter Heiterkeit. »Großer Tag heute. Ich versuche, einen Termin bei Christian Scott-Hughes zu bekommen, der rechten Hand von Sir Bernard Cross. Wir glauben, Sir Bernard könnte der Klimatechnologie gegenüber aufgeschlossen sein.«
Mein Gott, ist er durchschaubar. Er will mir nur nicht erzählen, was er da auf seinem BlackBerry hat ... also reibt er mir irgendeine öde Info über Klimatechnologie unter die Nase und meint, er könnte mich damit zum Narren halten.
»Toll«, sage ich höflich.
In Wahrheit bin ich ziemlich beeindruckt. Sir Bernard Cross ist eine imposante Erscheinung. (In doppelter Hinsicht: Er ist ständig in den Nachrichten, ein Milliarden schwerer Philanthrop mit haufenweise extremen Ansichten, und außerdem ist er mindestens drei Zentner schwer.)
»Christian Scott-Hughes ist Sir Bernards geschäftsführender Direktor und ungeheuer einflussreich«, sagt Luke. »Wenn wir ihn rumkriegen könnten, wären wir schon ein ganzes Stück weiter.«
»Wieso triffst du dich nicht gleich mit Bernard Cross?«, sage ich, und Luke lacht kurz auf.
»Liebling, Sir Bernard >trifft sich< nicht einfach mit Leuten«, sagt er. »Da könnte man auch sagen: >Wieso treffen wir uns nicht gleich mit der Queen?< So läuft das nicht. Man muss durch die Instanzen gehen. Man arbeitet sich nach oben durch.«
Das will mir überhaupt nicht in den Sinn. Wenn ich die Queen sprechen wollte, würde ich versuchen, die Queen zu sprechen. Aber es hat überhaupt keinen Sinn, Luke so etwas zu sagen, denn er würde mir nur wieder einen Vortrag halten, dass ich die Komplexität seiner Branche nicht begreife, wie damals, als ich ihm vorgeschlagen habe, seine alleinstehenden Klienten miteinander zu verkuppeln.
Und außerdem ist mir Sir Bernard Fettsack total schnurz, so oder so. »Und du?« Er trinkt seinen Kaffee aus. »Bei der Arbeit alles okay?«
»Boomt wie verrückt«, sage ich leicht herablassend. »Unser Terminkalender ist voller als je zuvor, und unser Betriebsleiter hat mir gerade eine E-Mail geschickt, um mir zu sagen, wie grandios ich bin. «
Luke lacht ungläubig. »Ich weiß nicht, wie du das machst. Alle anderen Branchen liegen brach, aber du schaffst es immer noch, teure Designerkleider zu verkaufen ... « Plötzlich wird sein Gesicht kalkweiß. »Becky, bitte sag mir, dass du sie nicht alle selbst kaufst!«
Beleidigt stöhne ich auf. Erstens habe ich ihm etwas versprochen, was ich auch halte. Zweitens, wenn ich so was machen würde, wieso sitze ich dann hier in einem Rock, den ich vor fünf Jahren bei Barneys gekauft habe?
»Wenn du es wirklich wissen willst ...«, sage ich von oben herab. »Wir haben bei The Look eine bahnbrechende Verkaufsmethode entwickelt, die uns durch die schweren Zeiten bringt.«
Ich werde ihm nicht erklären, dass »bahnbrechend« bedeutet: »Wir verstecken unsere Kleider in Druckerpapierkartons.« Schließlich muss Luke nicht über jedes banale Detail meines Jobs im Bilde sein, oder?
»Na denn. Nur zu!« Luke schenkt mir ein entwaffnendes Lächeln. »Ich muss los. Grüß Suze von mir.« Vor der Arbeit bin ich noch mit Suze verabredet, um mir Ernies Kunstausstellung in der Schule anzusehen und -hoffentlich -seiner Schulleiterin über den Weg zu laufen. (Ich habe mir schon alle möglichen bissigen Bemerkungen zurechtgelegt. Wenn ich mit ihr fertig bin, wird sie vor Angst in ihren Latschen bibbern.) Und dann gehen wir beide weiter zu The Look, um an einem gemeinsamen PR-Meeting teilzunehmen.
Auch deshalb leuchtet mein Stern bei der Arbeit momentan so hell: Meine Idee, Dannys neue Kollektion mit Shetland Shortbread zusammenzubringen, hat total funktioniert! Die gesamte Kollektion dreht sich um Schottenmuster, was perfekt passt. Sie wollen eine gemeinsame Werbekampagne starten, in Verbindung mit dem »British Wool Marketing Board«, und das Foto-Shooting fand bereits auf Tarkies Farm statt, mit superdürren Models inmitten von Tarkies Schafen. Und das Beste dabei ist, dass das Ganze meine Idee war, und jetzt sind alle total beeindruckt.
Jasmine meinte neulich, man würde mich vielleicht sogar in den Vorstand berufen! Selbstverständlich habe ich nur bescheiden gelacht und gesagt: »Ach, Quatsch!« Aber ich habe mir schon überlegt, was ich zu meiner ersten Vorstandssitzung anziehen könnte -diese zauberhafte gelbe Jacke aus der neuen Burberry-Prorsum-Kollektion, und dazu eine dunkle Nadelstreifenhose. (Ich meine, man wird sich ja wohl neue Sachen kaufen dürfen, wenn man irgendwo in einen Vorstand berufen wird. Das muss Luke doch wissen.«
Auf meinem Weg zu St. Cuthbert's erreichen mich zwei E-Mails auf meinem BlackBerry, über die ich am liebsten laut juchzen möchte. Die erste ist von Bonnie, und sie hat sie offenbar schon gestern Abend abgeschickt. Sie schreibt, wir haben bereits dreiundvierzig Zusagen. Dreiundvierzig! Ich kann gar nichtfassen, dass Luke so beliebt ist!
Nein. Das klingt irgendwie falsch. Natürlich kann ich das.
Aber trotzdem -dreiundvierzig in zwei Tagen! Und da sind noch nicht mal die ganzen Mitarbeiter von Brandon Communications mitgerechnet, die nach wie vor nicht wissen, dass es eine Party gibt, und glauben, sie sollen zu einer Schulung.
Und die andere ist von Kentish English Sparkling Wine. Sie wollen Getränke für die Party liefern! Sie schicken mir fünfzig Flaschen! Dafür wollen sie nur eine Pressemitteilung herausgeben und Fotos veröffentlichen, auf denen Luke und seine Gäste ihr Qualitätsprodukt genießen. Ich meine, ich habe noch nie englischen Schaumwein aus Kent getrunken, aber der ist bestimmt köstlich.
Ich bin richtig stolz auf mich, als ich so vor mich hinschlendere. Ich kriege alles hin! Ich habe das Zelt, die Getränke, die Schnittchen, die Troddeln und ich habe einen professionellen Feuerschlucker namens Alonzo engagiert, der auch als Country&Western-Sänger auftritt, wenn wir wollen. »Er singt nicht beim Feuerschlucken. Er zieht sich um und nennt sich dann Alvin.«
St. Cuthbert's liegt an einem dieser vornehmen, weißen Plätze mit reichlich Stuck und Geländern, und ich bin schon fast am Schultor, als mein Handy klingelt und mir Suzes Nummer anzeigt.
»Suze!«, begrüße ich sie.« Ich stehe draußen vor der Tür. Wo wollen wir uns treffen?«
»Ich bin nicht da! Ich bin beim Arzt.« Suze klingt verzweifelt. »Ernie hat furchtbare Ohrenschmerzen. Wir haben die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich kann auch nicht zu The Look kommen.«
»Ach, du Ärmste! Was nun ... soll ich wieder gehen?«
»Nein, sei nicht dumm! Guck dir die Ausstellung an, und gönn dir ein Stück Kuchen! Der ist bestimmt gut. Die Hälfte der Mütter hat einen Cordon-Bleu-Kurs absolviert. Und außerdem kannst du dir ja Ernies Bild ansehen«, fügt sie hinzu, als fiele es ihr gerade noch so ein.
»Selbstverständlich sehe ich mir Ernies Bild an!«, sage ich resolut. »Und wir treffen uns, sobald es Ernie besser geht.«
»Auf jeden Fall.« Suze macht eine Pause. »Und ... wie geht es dir?«, fügt sie hinzu. »Wie laufen die Vorbereitungen für die Party?«
»Super, danke«, sprudelt es aus mir hervor. »Alles im Lack.«
»Denn Tarkie und ich hatten eine gute Idee, falls es bei dir Kaffee gibt ...«
Sofort blitzt in mir Ärger auf. Keiner glaubt, dass ich es schaffe, oder? Alle nehmen an, dass ich total unfähig bin und nicht mal richtig Kaffee kochen kann.
»Suze, zum letzten Mal, ich brauche deine Hilfe nicht!« Die Worte schießen aus mir heraus, bevor ich sie zurückhalten kann. »Ich kann es auch allein! Also lass mich in Ruhe, okay?«
Augenblicklich bereue ich, dass ich so harsch klinge. Am anderen Ende ist es still, und ich spüre, wie meine Wangen rot werden.
»Suze ...«Ich schlucke. »Ich meinte nicht ... «
»Weißt du, Bex, manchmal möchten Menschen einfach helfen«, fällt mir Suze ins Wort, und plötzlich bebt ihre Stimme. »Es dreht sich nicht immer alles nur um dich, okay? Es geht nicht darum, dass wir es dir nicht zutrauen. Es geht darum, dass Luke nicht nur dein Mann ist, sondern auch unser Freund, und wir wollten ihm was Gutes tun. Tarkie hat vorgeschlagen, dass sich die Leute von Shetland Shortbread ein spezielles Shortbread-Rezept nur für Luke ausdenken. Und wir dachten, wir könnten es auf der Party zum Kaffee servieren. Aber -gut wenn du so empfindlich bist, dann eben nicht. Vergiss es. Ich muss los.«
»Suze ...« Es ist zu spät. Sie hat aufgelegt. Ich versuche, sie zurückzurufen, doch es ist besetzt.
Oh, Gott. Sie klang echt gekränkt. Vielleicht war ich wirklich zu empfindlich. Aber woher sollte ich auch wissen, dass es um eine ganz neue Kekssorte ging?
Einen Moment lang stehe ich nur da und verziehe das Gesicht. Soll ich ihr eine SMS schicken? Nein. Dafür ist sie mir noch zu böse. Ich warte lieber, bis sie sich etwas abreagiert und vielleicht eine Nacht darüber geschlafen hat.
Ich kann jetzt nichts daran ändern. Da kann ich ebenso gut reingehen und mir ein Stück Kuchen gönnen.
Ich gehe durch das Schultor, an plaudernden Müttern vorbei, und folge den Schildern zur Ausstellung. Sie findet in einer luftigen Halle mit Parkettboden statt, und ich sehe schon, was Suze mit den Kuchen meinte. Da stehen Tapeziertische mit bonbonfarbenen Makronen und Mini-Schokoladen-Brownies und haufenweise durchtrainierte Mütter in Hüftjeans, die Kaffeebecher in Händen halten und die Leckereien mit feindseligen Blicken mustern. Niemand isst ein Stück Kuchen -wozu machen sie sich denn überhaupt die Mühe?
»Hi!« Ich trete an den Tapeziertisch, hinter dem eine wohlfrisierte, blonde Frau steht. »Ich hätte gern einen Schokoladen-Brownie, bitte.«
»Aber gern!« Sie reicht mir ein winziges Brownie-Stückchen in einer Serviette. »Fünf Pfund, bitte.«
Fünf Pfund? Für zwei Bissen?
»Alles für die Schule!« Sie zwitschert ein Lachen hervor, das wie ein Eiszapfen klingt, und legt meinen Fünfer in eine mit Filz ausgeschlagene Geldkassette, die mit kariertem Stoff bezogen ist. »Und sind Sie eine Schulanfänger-Mama? Denn wir erwarten die verzierten Pfefferkuchenhäuschen erst am Dienstag, und einige waren doch sehr enttäuscht ... «
»Ich bin keine Mama«, korrigiere ich sie eilig. »Zumindest nicht hier. Ich bin nur zu Besuch. Meine Tochter geht noch nicht zur Schule.«
»Ah, ich verstehe.« Ihr Interesse lässt ein wenig nach. »Und welche Schule wird Ihre Tochter besuchen?«
»Ich weiß nicht.« Meine Stimme wird ein wenig durch den Brownie gedämpft, der absolut himmlisch schmeckt. »Sie ist erst zwei.«
»Zwei Monate.« Die Frau nickt wissend. »Na, da müssen Sie sich aber ranhalten ...« »Nein, zwei.« Ich schlucke den Brownie herunter. »Zwei Jahre.« »Zwei Jahre?« Die Frau wirkt wie gebannt. »Und Sie haben noch nicht angefangen?«
»Äh ... nein.«
»Sie haben sie noch nirgends angemeldet?« Mit großen, zwinkernden Augen starrt sie mich an. »Nirgendwo?«
Okay, diese Frau ist mir unheimlich, mit ihren superweißen Zähnen und ihrer stressigen Art. Ich meine, ich weiß ja, dass die Schulen ausgebucht sind und so. Aber mal ehrlich, selbst die Wartezeit für die neue Prada-Tasche war nur ein Jahr. Keine Schule ist exklusiver als eine limitierte Prada-Tasche, oder?
»Vielen Dank für den Brownie!« Eilig entferne ich mich von ihr. Ich bin richtig verunsichert, als hätte ich die Fähre verpasst und gar nicht gewusst, dass es überhaupt eine Fähre gibt. Es sollte eine Vogue für Schulen geben. Sie sollte die monatlichen Must-Haves und die neuesten Trends und aktuellen Wartelisten bringen. Dann wüsste man es.
Jedenfalls will ich mich deshalb nicht verrückt machen lassen. Wir werden schon eine hübsche Schule für Minnie finden. Da bin ich mir ganz sicher.
Ich frage mich, auf welche Schule Madonna ihre Kinder schickt. Ich meine, nicht dass ich Minnie nur wegen irgendwelcher Prominenten auf eine bestimmte Schule schicken würde. Bestimmt nicht.
Aber trotzdem. Vielleicht guck ich mal im Internet nach. Nur so aus Interesse.
Ich kaufe mir einen Kaffee und steuere auf die Kunstwerke zu. Die meisten Bilder zeigen Blumen, und als ich zu Ernies Bild komme, hinten in der Ecke, bin ich doch ein wenig konsterniert. Es ist. »anders.« Es ist sehr düster und verschmiert und zeigt ein Schaf vor einem dunklen Hintergrund, bei dem es sich um ein Moor handeln könnte ...
Ah. Wenn ich genauer hinsehe, könnte das Schaf auch tot sein.
Nun. Es ist ja nichts Falsches daran, ein totes Schaf zu malen, oder? Und das Blut, das aus seinem Maul rinnt, sieht ganz realistisch aus. Das werde ich zu Suze sagen, wenn wir uns wieder vertragen haben. Ja. Ich werde sagen: »Das Blut fand ich super! Es hatte so einen ... Schwung!«
» ... absolut scheußlich!«
»Ekelhaft!«
Plötzlich bemerke ich einen Pulk kleiner Mädchen, die sich auch das Bild ansehen. Eine hat stramme Zöpfe und hält sich den Mund zu. »Mir wird übel«, verkündet sie. »Wisst ihr, wer das gemalt hat? »Ernest.«»Er malt immer Schafe«, sagt eine andere spöttisch. »Was anderes kann er nicht.«
Die anderen brechen in zickiges Gekicher aus. Wütend starre ich sie an. Sie sehen alle aus wie kleine Zimtzicken. Eine Glocke läutet, und alle laufen eilig weg, was gut ist, weil ich sonst wahrscheinlich etwas Würdeloses und Unreifes unter Verwendung des Wortes »Tussis«, gesagt hätte.
Plötzlich bemerke ich eine Frau mit einem dunklen Dutt und hochherrschaftlicher Ausstrahlung, die durch den Raum schwebt, gnädig lächelt und hin und wieder kurz Konversation betreibt. Ich stehe wie auf glühenden Kohlen, als sie sich mir nähert.
Ja! Das dachte ich mir doch. Am Revers ihrer Strickjacke trägt sie ein Namensschild, auf dem »Harriet Grayson MA, Rektorin«, steht. Das ist die Frau, die Ernie das Leben schwer macht.
Nun, ich werde ihr das Leben schwer machen. Besonders, da ich mich immer noch dafür schäme, dass ich Suze so anfahren musste.
»Hallo.« Sie lächelt und reicht mir die Hand. »Ich fürchte, Sie werden mir helfen müssen. Gehören Sie zu einer unserer Neuaufnahmen?«
»Oh, nein, ich gehöre nicht zu den Eltern dieser Schule«, setze ich an. »Ich bin ...«
Ich wollte schon sagen: »Ich bin die Patentante von Ernest Cleath-Stuart und habe Ihnen einiges mitzuteilen.« Doch plötzlich habe ich noch eine bessere Idee. Hier kennt mich ja keiner, oder?
»Ehrlich gesagt ... ich bin beruflich auf der Suche nach künstlerischen Talenten«, sage ich kühl.
»Auf der Suche nach Talenten?« Sie scheint mir perplex.
»Ja, Professor Rebecca Bloomwood von der Guggenheim Jugendstiftung. Tut mir leid, ich habe keine Karte bei mir.« Ich schüttle kurz ihre Hand, ganz Profi. »Ich bin geschäftlich hier. Wir Talentsucher sehen uns gern inkognito Schulausstellungen an, um neue Talente aufzuspüren. Und ich habe schon eins gefunden, gleich hier.«
Ich deute auf Ernies düsteres, verschmiertes Bild, und unsicher folgt die Schulleiterin meinem Blick. »Das ist von Ernest Cleath-Stuart«, sagt sie schließlich. »Ein interessantes Kind, dieser Ernest ... «
»Unglaublich begabt, wie ich Ihnen vermutlich nicht erst erklären muss.« Ich nicke feierlich. »Sehen Sie sich an, wie subtil er seine Botschaft in die ... die Bildkomposition einarbeitet.« Ich zeige auf das Schaf. »Sehen Sie sich dieses Motiv an. Das unterschätzt man nur allzu leicht. Aber als Profi habe ich es sofort erkannt.«
Die Rektorin legt ihre Stirn in Falten, als sie prüfend das Bild betrachtet.
»Unbedingt«, sagt sie.
»Ich bin mir sicher, dass eine ausgezeichnete Schule wie die Ihre ein solch einzigartiges Kind liebevoll hegt und pflegt. « Mit scharfem Blick lächle ich sie an. »Denn -glauben Sie mir -dieser Junge ist etwas ganz Besonderes. Hat er ein Kunststipendium?«
»Ernest? Ein Stipendium?« Bei dem bloßen Gedanken scheint es der Schulleiterin die Sprache zu verschlagen. »Also, nein ... «
»Ich vermute, dass andere Schulen Ihnen dieses außergewöhnliche Talent abspenstig machen werden.« Ich widme ihr noch einen scharfen Blick und sehe auf meine Uhr. »Unglücklicherweise muss ich gehen, aber vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben ... «
»Ich würde Ihnen gern noch einige Arbeiten anderer Schüler zeigen!«, sagt die Rektorin, während sie neben mir zur Tür eilt. »Das hier ist von einem sehr talentierten kleinen Mädchen namens Eloise Gibbons, das uns gerade verlassen hat ...« Sie deutet auf ein Mohnfeld, das sehr nach Van Gogh aussieht.
»Epigonal«, sage ich abschätzig und widme dem Bild kaum einen Blick. »Vielen Dank. Auf Wiedersehen.«
Eilig schreite ich durch das Schultor auf den Bürgersteig hinaus und muss meine Lippen zusammenpressen, um nicht laut loszulachen. Ha. Vielleicht wissen sie Ernie jetzt zu schätzen. Und es war mein Ernst! Okay, es war ein bisschen schräg, aber trotzdem fand ich Ernies totes Schaf das Beste an dem ganzen Laden.
Als ich zu The Look komme, merke ich gleich, dass Danny schon da ist, und zwar an der Limousine draußen vor der Tür und dem Pulk junger Mädchen im Erdgeschoss, die seine Autogramme auf ihren T-Shirts vergleichen.
Ich fahre zum Konferenzraum in der obersten Etage, und als ich eintrete, ist das große Meeting bereits im Gange. Überall stehen Teller mit Shetland Shortbread, an den Wänden hängen Bilder der neuen Kollektion, und am Tisch drängen sich Geschäftsleute. Danny ist mitten unter ihnen. In seiner hellblau-grünen Jacke und den Jeans sieht er aus wie ein Pfau. Als er mich bemerkt, winkt er und klopft auf den Stuhl neben sich.
Die gesamte Geschäftsleitung von The Look ist anwesend, dazu Leute, die ich nicht kenne und die wohl von Shetland Shortbread sind, außerdem Lukes Freund Damian, der mittlerweile Tarkies Berater ist. Brenda aus unserer Marketing-Abteilung hält eine Power-Point-Präsentation und ist gerade bei irgendeiner Grafik, auf der die Vorbestellungen für die neue Danny-Kovitz-Kollektion abzulesen sind, im Vergleich zum letzten Jahr.
»Absolut umwerfend«, sagt sie gerade. »So eine Reaktion hatten wir noch nie. Also, vielen Dank Ihnen, Danny Kovitz, für die wunderbare Zusammenarbeit, vielen Dank Shetland Shortbread, dass Sie an Bord gekommen sind -und ein Hoch auf uns alle, weil wir so gut zusammengearbeitet haben!«
»Sie alle haben sich große Mühe gegeben«, sagt Danny. »Hey, Becky, du hättest zum Foto-Shooting mit nach Schottland kommen sollen! Wir hatten echt Spaß! Ist mein Dudelsack schon angekommen, Zane?« Abrupt wendet er sich einem Jungen mit rot gefärbten Haaren zu, der hinter ihm steht. Das muss einer von Dannys fünf Trillionen Assistenten sein.
»Mh ...« Schon zückt Zane sein Handy mit kummervoller Miene. »Ich kann mal checken ... « »Du hast dir einen Dudelsack gekauft?« Unwillkürlich muss ich kichern. »Kannst du den auch spielen?«
»Als Accessoire. Glaub mir, das wird der neue It-Bag. Hey, Sie sollten den ganzen Laden mit Dudelsäcken dekorieren!« Danny wendet sich Kathy zu, der Merchandising-Chefin, die sofort nach ihrem Notizblock greift, Dudelsack aufschreibt und dreimal unterstreicht.
»Wir sind absolut begeistert von der Publicity, die wir bereits vor der Markteinführung genießen«, fährt Brenda fort. »Schon jetzt wurden wir in der Vogue und im Telegraph erwähnt, und wenn ich es richtig sehe, hat Lord Cleath-Stuart kürzlich der Zeitschrift Style Central ein Interview gegeben.«
»Tarkie ist in Style Central?« Ich starre sie an, möchte am liebsten loslachen. Style Central ist die Bibel der Avantgarde Designer und Moderedakteure, die in Gegenden wie Hoxton wohnen. Und Tarkie ist ... nun ... Tarkie. Ich meine, er trägt immer noch den Cricket-Sweater, den er schon in Eton hatte.
»Ich war dabei«, wirft Danny beschwichtigend ein. »Keine Sorge, ich habe das Reden übernommen. Super Fotos«, fügt er hinzu. »Er hatte keine Angst, Grenzen zu überschreiten. Wusstest du, wie experimentierfreudig Tarquin ist?«
»Tatsächlich?«, sage ich zweifelnd. Meinen wir hier denselben Tarquin? Den Tarquin, der sein Gesicht noch immer mit Karbolseife wäscht, egal wie viele Flaschen Designer-Waschlotion Suze ihm auch kaufen mag?
»Nun, denn ... « Trevor, unser Geschäftsführer, meldet sich zum ersten Mal zu Wort, und alle sehen ihn an. »Da wir hier versammelt sind, möchte ich noch die Verdienste von jemand anderem an diesem Tisch hervorheben. Becky war die Mitarbeiterin, die die geniale Idee für diese Zusammenarbeit hatte. Sie hat Danny Kovitz überhaupt erst mit unserem Unternehmen bekannt gemacht -und dann den Kontakt zu Shetland Shortbread hergestellt. Bravo, Becky!«
Applaus brandet auf, und ich lächle bescheiden in die Runde, bis Trevor seine Hand hebt, um fortfahren zu können.
»Und nicht nur das. Wie wir alle wissen, sind momentan überall harte Zeiten am Markt angebrochen. Beckys Abteilung hat dennoch die Verkäufe im vergangenen Monat um siebzehn Prozent steigern können! «
Er legt eine Pause ein, um die Wirkung zu steigern, und alle werfen mir staunende oder giftige Blicke zu. Gavin, unser Abteilungsleiter Herrenbekleidung, wird ganz rot am Hals und runzelt schmollend die Stirn.
»Und Beckys Kundenreaktionen sind schier unglaublich«, fügt Trevor hinzu. »Jamie, würden Sie vielleicht einige vorlesen?«
»Gern!« Jamie von der Kundenbetreuung nickt begeistert. »Hier ist eine von Davina Rogers, einer Ärztin. »Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen ein Lob zu Ihrer Personal-Shopping-Abteilung aussprechen, besonders aber Rebecca Brandon. Ihre Weitsicht und Diskretion haben mir in diesen schweren Zeiten das Leben gerettet. Ich komme gern immer wieder.«
Unwillkürlich leuchte ich vor Stolz. Ich hatte keine Ahnung, dass Davina einen Brief schreiben würde! Sie hat mir ein Foto von sich bei dem Empfang gemailt, und in diesem Alberta-Ferretti-Kleid sah sie einfach traumhaft aus.
»Hier ist noch einer.«Jamie nimmt den nächsten Brief. »Endlich jemand, der begreift, was Frauen brauchen und sich wünschen, wenn sie shoppen gehen! Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, Chloe Hill.«
Ich erinnere mich an Chloe HilI. Sie hat etwa zehn Teile aus der neuen Marc-Jacobs-Kollektion gekauft und bei uns deponiert. Wir hatten es so eingerichtet, dass Jasmine am nächsten Abend zu ihr nach Hause ging, mit den Kleidern in einem Müllsack, und sich als Nachbarin ausgab, die wieder nach Neuseeland ging und ihre ungeliebten Klamotten loswerden wollte. Offenbar war Chloes Mann zu Hause und ließ sich ohne Weiteres täuschen. (Problematisch wurde es nur, als er meinte, Chloe solle ein paar von den Sachen in die Reinigung bringen, und ihr dann Knauserigkeit vorwarf, als sie sich strikt weigerte.)
»Als Würdigung dieser Leistung«, sagt Trevor nun, »möchten wir uns bei Becky gern mit dieser kleinen Geste bedanken und sie fragen: »Wie um alles in der Welt haben Sie das gemacht?«
Zu meinem Erstaunen zaubert er unter dem Tisch einen Blumenstrauß hervor, reicht ihn mir herüber und fangt an, mir zu applaudieren, worauf alle mit einsteigen.
»Es dürfte wohl zweifelsfrei feststehen, wen wir nächsten Monat zur Mitarbeiterin des Jahres wählen«, fügt Trevor zwinkernd hinzu. »Glückwunsch, Becky.«
»Wow.« Vor lauter Freude laufe ich rot an. »Dankeschön.« Mitarbeiterin des Jahres! Das ist echt cool! Man kriegt fünf Riesen!
»Aber jetzt mal im Ernst.« Trevor lässt keine Sekunde verstreichen. »Wie haben Sie es geschafft, Becky? Können Sie das Geheimnis Ihres Erfolges erklären?«
Der Applaus verhallt. Alle am Tisch warten gespannt auf meine Antwort. Ich vergrabe mein Gesicht in den Blumen und rieche daran, spiele auf Zeit.
Die Sache ist ... ich bin mir nicht sicher, ob ich das Geheimnis meines Erfolges erklären möchte. Irgendetwas sagt mir, dass hier niemand Verständnis für die Auslieferung in Müllsäcken haben würde. Und selbst wenn doch, würden sie alle nur heikle Fragen stellen, wann wir damit angefangen haben und wer das genehmigt hat und wie sich das mit der Firmenpolitik verträgt ...
»Wer weiß?« Schließlich blicke ich lächelnd auf. »Vielleicht wollen meine Kundinnen nur die Wirtschaft stützen.«
»Aber wieso nur Ihre Abteilung?« Trevor wirkt frustriert. »Becky, wir möchten Ihre Methoden nutzen und sie auf alle Abteilungen übertragen, ob es nun an einem bestimmten Produkt liegt ... an einer speziellen Verkaufstechnik ... «
»Vielleicht liegt es am Layout der Abteilung«, schlägt ein junger Mann mit Brille vor.
»Ja, gute Idee!«, sage ich eilig.
Doch Brenda schüttelt den Kopf. Sie ist nicht auf den Kopf gefallen, unsere Brenda. Das ist das Problem.
»Meiner Meinung nach liegt der Schlüssel in der Kundenbetreuung«, sagt sie. »Offensichtlich drücken Sie irgendwie die richtigen Knöpfe. Dürfte ich Ihnen vielleicht mal ein paar Tage zusehen?«
Oh, mein Gott. Auf keinen Fall wollen wir, dass Brenda bei uns rumschleicht. Sie würde sofort merken, was wir treiben und es Trevor petzen.
»Lieber nicht«, sage ich hastig. »Jasmine und ich arbeiten sehr gut als Team zusammen... ohne noch jemanden. Ich fürchte, wenn wir an der Erfolgsformel herumdoktern, könnten wir das Gelingen gefährden.«
Ich sehe, wie sich das Wort »gefährden« in Trevors Hirn eingräbt.
»Nun, dann belassen wir es dabei«, sagt er gewichtig. »Machen Sie einfach weiter so. Gute Arbeit, Leute.« Er schiebt seinen Stuhl zurück und sieht mich an. »Danny und Becky, kommen Sie mit zum Lunch? Wir haben einen Tisch bei Gordon Ramsay reserviert, falls es Ihnen zusagt ... «
»Ja, gern!«, sage ich freudig.
Lunch bei Gordon Ramsay mit dem Geschäftsführer! Mitarbeiterin des Jahres! Ich bin so was von auf dem Weg in den Vorstand. Als Trevor einen Anruf entgegennimmt, rückt Danny seinen Stuhl zu mir herüber.
»Und wie läuft's mit der Party?«
»Schscht!«, fauche ich ihn an. »Nicht so laut!«
»Ich war nur letzte Woche gerade bei dieser Fashion-Fete in Shoreditch und musste an dich denken.« Er bietet mir ein Kaugummi an. »Ich weiß nicht, welche Security-Firma du engagieren willst, aber Fifteen Star Security sind wirklich fürchterlich. Diese Rausschmeißer waren total aggressiv und die Leute vom Parkservice das reine Chaos. Falls du die also engagiert hast, solltest du es dir vielleicht noch einmal überlegen.«
Einen Moment lang weiß ich nicht, was ich sagen soll. Rausschmeißer? Parkservice? An Rausschmeißer und Parkservice habe ich noch gar nicht gedacht. »Na, die Firma heuere ich schon mal bestimmt nicht an«, sage ich so überzeugend wie möglich.
»Cool.« Danny legt seine Füße auf einen Stuhl. »Wen dann?«
»Ich bin gerade ... äh ...dabei, mich um die Security zu kümmern.« Ganz ruhig. Keine Panik. Ich schreibe es einfach mit auf die Liste. Rausschmeißer und Parkservice engagieren.
»Die Gästetoiletten waren allerdings grandios«, fügt er begeistert hinzu. »Die waren in einem separaten Zelt untergebracht, und jeder bekam eine Fußmassage. Gibt es bei dir auch eine Fußmassage?«
Ich kann nicht sprechen. Das blanke Entsetzen hat mich gepackt.
Toiletten. Scheiße. Wie konnte ich die Toiletten vergessen?
Hatte ich gedacht, zweihundert Leute könnten Janices Klo benutzen? Heimlich schreibe ich mir mit einem Kuli Klos mieten auf die Hand.
»Selbstverständlich gibt es Fußmassagen.« Ich gebe mir Mühe, lässig zu klingen. »Und Handmassagen. Und ... Reiki.« Ich werde doch nicht zulassen, dass irgendeine blöde Fashion-Fete in Shoreditch meine Party übertrumpft. »Ausgezeichnet.« Seine Augen leuchten. »Und Luke hat keine Ahnung?«
»Nein. Aber sprich nicht so laut!«
»Na, das dürfte wohl kaum so bleiben. Noch hat niemand eine Überraschungsparty geschmissen, die auch wirklich eine Überraschung gewesen wäre ... « »Doch, wohl!«, erwidere ich genervt, aber Danny schüttelt nur den Kopf.
»Glaub mir, Becky. Irgendein Idiot verplappert sich immer. Hey, guck mal, was ich für meine Patentochter gemacht habe!« Er holt ein kleines Schottenkaro-T-Shirt hervor, auf dem mit pinken Buchstaben »Minnie ist spitze« steht.
Es ist doch immer dasselbe mit Danny. In dem Moment, in dem man ihm am liebsten eine reinhauen möchte, weil er dermaßen nervt, macht er irgendetwas total Süßes, und gleich verliebt man sich wieder in ihn. Ich kann ihn nur in den Arm nehmen und an mich drücken.
Aber, oh, Gott! Was ist, wenn er recht hat?
Als ich zu Hause ankomme, klingelt mein Handy, und endlich ruft Bonnie mich zurück. »Bonnie!« Ich verziehe mich in die Büsche. »Wie geht es Ihnen?« »Danke, es geht mir gut.« Bonnie klingt ein wenig angestrengt, gar nicht so wie sonst. »Alles ist gut.« Argwöhnisch betrachte ich mein Telefon. »Bonnie, was ist los? Sie klingen so bedrückt.«
„Na ja, wenn ich ehrlich sein soll ...« Bonnie seufzt. »Luke hat es gerade eben nicht gut aufgenommen, als ich sein Duschgel erwähnt habe. Leider wurde er doch recht ärgerlich.«
»Oh, das tut mir leid«, sage ich. „Machen Sie sich keine Gedanken. Es war den Versuch wert. Was tut sich bei Ihnen wegen der Party?«
»Wir hatten heute wieder viele Zusagen! Ich habe eine Akte mit Details und Sonderwünschen angelegt.«
»Mit Sonderwünschen?«, wiederhole ich verunsichert.
»Es gab Anfragen wegen vegetarischer Speisen, koscherer Speisen, weizenfreier Speisen ... Ich vermute doch, dass Ihr Partyservice sich darum kümmert, oder? Hinzu kommt, dass ein Gast einen Aufenthaltsbereich für seinen Fahrer benötigt, ein anderer einen Stillraum für sein Baby, ein Staatsminister würde gern seine Sicherheitsleute vorher reinschicken, um sich auf dem Gelände umzusehen ...«
»Klar! Kein Problem!«
Ich gebe mir Mühe, selbstbewusst und schaff-ich zu klingen, aber innerlich bin ich doch leicht deprimiert. Seit wann sind Geburtstagspartys dermaßen kompliziert?
»Becky?«
»Tschuldigung.« Ich zerre meine Gedanken zurück. »Bonnie, da ist noch was. Ich muss Sie etwas fragen.« Ich hole tief Luft. »verbirgt Luke etwas vor mir?«
In der Leitung ist es still, und mir bleibt das Herz stehen. Ich wusste es.
»Geht es um Minnie? Seien Sie ehrlich.«
»Nein, nein!« Sie klingt betroffen. »Ich habe nichts davon gehört, dass Luke etwas über Minnie gesagt hätte!«
»Oh.« Ich reibe an meiner Nase herum. »Na, dann irgendwas bei der Arbeit?«
Wieder dieses Schweigen. Die Antwort ist ganz offensichtlich Ja. Plötzlich bekomme ich so eine unheilvolle Ahnung.
»Bonnie, ich dachte, Sie sind meine Freundin«, sage ich schließlich. »Wieso können Sie mir nicht sagen, was los ist? Ist es so schlimm? Gibt es den nächsten Prozess?« Meine Gedanken hecheln die fürchterlichen Möglichkeiten durch. »Steckt Luke in Schwierigkeiten? Ist er bankrott?«
»Nein!«, wirft Bonnie eilig ein. »Bitte, Becky, denken Sie so etwas nicht!«
»Was soll ich denn denken?« Meine Stimme wird immer lauter. »Ich weiß, dass Luke mir schlechte Nachrichten ersparen möchte, aber wie kann ich ihm helfen, wenn ich nicht weiß, was los ist?«
»Becky, bitte regen Sie sich nicht auf! Es ist nichts Schlimmes! Es ist nur ... ein neuer Kunde.«
»Oh.«
Das nimmt mir etwas den Wind aus den Segeln. Das hatte ich nicht erwartet. Obwohl mir jetzt doch einfallt, dass Luke einen neuen Klienten erwähnt hat, oder? Aber wieso ist es ein so großes Geheimnis?
»Wer ist es?«
»Das darf ich Ihnen nicht sagen«, antwortet Bonnie zögerlich. »Luke hat mich ausdrücklich gebeten, es nicht zu erwähnen. Er war der Ansicht, dass Sie vielleicht ... allzu euphorisch wären. Er wollte erst sichergehen, dass es auch klappt.«
»Allzu euphorisch?« Entrüstet starre ich mein Handy an. »Bonnie, Sie müssen es mir erzählen!«
»Ich kann nicht.«
»Doch, können Sie! Sind wir denn nicht ein Team?«
»Ich kann nicht. .. « Es scheint Bonnie direkt Schmerzen zu bereiten. »Becky, verstehen Sie doch! Luke ist mein Chef. .. « »Und ich bin Ihre Freundin. Freunde sind wichtiger als Chefs! Das weiß doch jeder.« Bonnie schweigt, dann flüstert sie: »Becky, ich muss wieder an die Arbeit. Wir sprechen morgen wieder miteinander.«
Sie legt auf, und ich sehe, wie das Licht in meinem Handy erlischt. Ich gehe zu dem Weidenbaum mitten auf dem Rasen vor unserem Haus hinüber und setze mich auf die alte Holzbank. Wenn ich ehrlich sein soll, bin ich etwas beunruhigt. Was geht bei Luke vor sich? Und wie soll ich diese Party zustande bringen? Ich dachte, es lief alles so gut. Ich war doch zufrieden mit mir. Jetzt kriege ich langsam Panik.
Türsteher. Parkservice. Koschere Speisen. Toiletten. Fußmassagen. Oh, Gott, oh, Gott. Wie soll ich das alles bezahlen? Wieso habe ich so viel Zeit mit den dämlichen Troddeln vertrödelt? Was muss ich noch bedenken?
Bestimmt weiß Suze Bescheid. Suze geht ständig auf schicke Partys. Aber die kann ich nicht fragen. Nicht jetzt.
Eilig klappe ich meinen BlackBerry auf und scrolle mich durch die Liste der Zusagen. Je mehr Namen ich lese, desto unwohler fühle ich mich. Wieso kann Luke keine normalen Freunde haben? Warum müssen die alles so nobel und wichtig sein? Diese Leute sind pompöse Empfänge an exklusiven Orten gewöhnt. Sie erwarten Marmorsäulen und Streichquartette und Kellner in weißen Uniformen ...
»Becky?« Mom steht mit besorgtem Blick in der Haustür. »Alles in Ordnung, Schätzchen?«
»Alles gut«, sage ich fröhlich. »Hab nur ... nachgedacht.«
Nie im Leben werde ich zugeben, dass ich mir um die Party Sorgen mache.
Mum verschwindet wieder, und ich knabbere an meinem Daumennagel. Na, ich habe keine Wahl, oder? Ich werde die Rausschmeißer und die Toiletten und die Masseure und alles andere engagieren müssen. Und für alles aufkommen... irgendwie.
Mir wird ganz flau, als ich an meine Finanzen denke. Ich kann das Geld nicht von unserem gemeinsamen Konto abheben, weil Luke dann was merken würden. Und ich kann es auch nicht von meinem eigenen Konto nehmen, weil da nichts zu holen ist. Im Moment jedenfalls. Und ich habe schon die Hälfte meiner Karten ausgereizt. Diese Kreditkartenfirmen sind im Augenblick auch ziemlich eigen.
Könnte ich Derek Smeath bei meiner alten Bank anrufen und um einen Party-Notkredit betteln? Er würde es bestimmt verstehen. Und er mochte Luke schon immer, und ich könnte ihn zur Party einladen ...
Plötzlich sitze ich ganz starr. Nein. Ich hab's. Ich werde Trevor im Voraus um meine Prämie für die Mitarbeiterin des Jahres bitten. Das kann er mir doch nicht abschlagen, oder? Nicht nach den vielen netten Sachen, die er über mich gesagt hat.
Und wenn ich schon mal dabei bin ... wieso frage ich nicht gleich nach einer Lohnerhöhung?
Ich bin derart erleichtert, dass ich fast laut lachen muss. Wieso habe ich nicht schon früher daran gedacht? Schließlich hat er mir gerade erst Blumen geschenkt. Meine Abteilung ist mit Abstand die beste. Von Wirtschaftskrise keine Spur! Es liegt doch nahe, dass ich eine Lohnerhöhung bekommen sollte. Ich werde um ein vertrauliches Gespräch nachsuchen und ihn in aller Ruhe um eine kleine und doch nicht unerhebliche Lohnerhöhung bitten, zusammen mit der Prämie für die Mitarbeiterin des Jahres, und das müsste dann für alles reichen.
Vielleicht eine mittelgroße und doch nicht unerhebliche Erhöhung. Noch besser. Und bis dahin googel ich »Pompös Luxusparty Planung Details«, nur um mal nachzusehen, was ich vergessen habe.
Schon fühle ich mich tausend Mal besser, stehe auf und will gerade ins Haus gehen, als mein Handy piept. Ich nehme es hervor und sehe, dass ich eine SMS von Bonnie habe.
Liebe Becky. Mein schlechtes Gewissen bringt mich um. Ich glaube, Sie haben recht. Ihre Freundschaft bedeutet mit sehr viel, und Vertrauen ist ein entscheidender Teil einer jeden Freundschaft. Daher werde ich Ihnen vertrauen und als separaten Text den Namen des neuen Klienten senden, den Luke vor Ihnen verheimlicht (aus redlichen Gründen, wie ich Ihnen versichern kann).
Bitte löschen Sie den Text sofort, nachdem Sie ihn gelesen haben. Ich hoffe und glaube, Sie respektieren den Umstand, dass ich ein gewisses Risiko eingehe, indem ich diese Information preisgebe. Bitte versuchen Sie, Luke nicht wissen zu lassen, dass Sie davon Kenntnis haben. Sie werden sich in Selbstbeherrschung üben müssen.
Herzlichst
Ihre Freundin
Bonnie
Ich bin richtig gerührt, als ich das lese. Bonnie ist mir eine Freundin. Und ich bin ihre Freundin. Und nur das ist wichtig. Fast interessiert mich der Name des Kunden gar nicht mehr. Ich meine, wahrscheinlich ist es sowieso nur irgendein feister, langweiliger Finanztyp, von dem ich noch nie gehört habe.
Aber dass sie sagt, ich müsste mich in Selbstbeherrschung üben ... also echt! Manchmal scheint mir, die Leute in der PR-Branche fallen auf ihren eigenen Hype herein. Ich drücke »Antworten«, und fange an zu tippen:
Liebe Bonnie, ich danke Ihnen sehr. Sie sind mir eine wunderbare Freundin. Keine Sorge, ich werde Luke nie im Leben verraten, dass ich den Namen seines Kunden kenne, und Selbstbeherrschung ist nun wirklich kein Problem ...
Ein Piepen unterbricht mich. Oh, das könnte Bonnies zweite SMS sein. Vielleicht sollte ich mal kurz einen Blick darauf werfen, bevor ich weiterschreibe. Ich klicke sie an und warte, dass die Nachricht auf dem Bildschirm erscheint.
Sie besteht nur aus zwei Worten. Einen Moment lang stehe ich stocksteif da, blinzelnd, kann nicht so ganz verarbeiten, was ich da sehe.
Sage Seymour.
Sage Seymour, der Filmstar? Sie ist der neue Kunde? Aber ... aber ... wie um alles in der Welt ...
Nein. Das kann nicht stimmen. Das ist lächerlich. Luke vertritt keine Filmstars.
Aber andererseits würde Bonnie es nicht sagen, wenn nicht ...
Sage Seyrnour?
Wie ist das passiert? Wann ist er von der Vertretung langweiliger, alter Banken zu Schauspielerinnen übergegangen? Und wieso hüllt er sich derart in Schweigen?
Ich hyperventiliere fast. Immer wieder blicke ich auf und sehe mir dann den Bildschirm an, um sicherzugehen, dass da immer noch dasselbe steht.
Sage Seymour ist der coolste Filmstar aller Zeiten. Sie war in diesem einen Film über die Nazis. Sie trug dieses atemberaubend nackte Perlenkleid bei den Oscars. Ich wollte sie schon immer, immer, immer mal kennenlernen.
Und Luke kennt sie? Er arbeitet für sie?
Wieso hat er mir NICHTS ERZÄHLT?
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