Kapitel 12

Das Pferd zersprang in glühendheiße Splitter, die wie aufgebrachte transparente Wespen durch die ganze Werkstatt flogen und in den Verkaufsraum hinter der Trennwand.

Adam Force, der sich nicht geduckt hatte, weil das Kommando von mir gekommen war, hatte es zweimal erwischt, einmal am Oberarm und einmal, schlimmer, zwischen dem Wangenknochen und dem Auge, wo jetzt ein Stück Haut herausgerissen war. Vor Schock halb ohnmächtig, ließ der Arzt die Spritze fallen. Das Blut tränkte seinen Ärmel, aber es strömte nicht unstillbar wie aus einer Schlagader.

Am schlimmsten würde für ihn sein, daß sein gutes Aussehen gelitten hatte, dachte ich, und hätte er in diesem Moment in einen Spiegel gesehen, wäre er wohl wirklich in Ohnmacht gefallen. Der scharfe, schnell fliegende Glassplitter hatte eine Furche gezogen, die mit Sicherheit eine bleibende Narbe hinterließ, und wie viele Gesichtsverletzungen blutete auch diese stark. Das Blut ergoß sich auf Adam Forces weißen Bart, der rot und röter wurde.

Dr. Rubinrotbart Force. Geschah ihm recht, dachte ich. Schade, daß es abwaschbar war. Abwaschbar… auch anderes ließ sich vielleicht abwaschen… eine Idee.

Glas kühlte bei der Verarbeitung rasch ab. Durch behutsames Blasen in die Pfeife ließ sich glühendheißer Glasfluß zu einer dünnwandigen Kugel ähnlich einer Seifen-

blase formen, ein Vorgang, der nur Sekunden dauerte, und danach war die Glasblase kalt.

Die Pferdefigur hatte ich jedoch nicht auf diese Weise geblasen. Sie war mit Wucht entlang den Spannungslinien zersprungen, die sich beim unterschiedlich schnellen Abkühlen der äußeren und inneren Partien ergeben hatten. Die umherfliegenden Splitter waren feuerheiß gewesen. Adam Force konnte von Glück sagen, daß er kein Auge eingebüßt hatte.

Norman Osprey hatte trotz seiner Abneigung gegen mich auf meinen Rat gehört, sich hingekniet und das Zerbersten des Pferdes ohne Schrammen, wenn auch nicht in bester Laune überstanden.

Blaß und ein wenig zittrig, hielt sich der ElvisDoppelgänger immer noch an die Devise» Schnappt Lo-gan«. Also war er aufgestanden und hatte sich mit seinen Gorillaschultern vor die Tür vom Ausstellungsraum zur Straße gepflanzt, so daß ich, um dort hinauszukommen, auf Gedeih und Verderb mit ihm hätte kämpfen müssen. Einen solchen Kraftmeier hätte ich mir auch unter normalen Umständen nicht als Zweikampfgegner gewünscht, doch in meiner momentanen dürftigen Verfassung wäre ein Sieg, wenn ich denn wirklich hätte fliehen wollen, undenkbar gewesen. Solange aber Norman Osprey dachte, er habe an der Tür dort eine wichtige, meine Pläne durchkreuzende Funktion, war mir gottlob wenigstens einer von ihnen aus dem Weg.

Eddie, der anscheinend nicht begriff, was passiert war, kniete noch neben der Wand. Martins unbelehrbarer Jok-keydiener, der Rose auf dieser unheiligen Kassettenjagd von Anfang an begleitet hatte, sah jetzt aus, als bitte er um Lossprechung von seinen Sünden. Meines Erachtens hatte er darauf überhaupt keinen Anspruch.

Pamela Jane stemmte sich mit sehr zwiespältigen Gefühlen unter mir hoch: Sollte sie mir für ihre Rettung danken, da sie in ihrem Sessel direkt in der Schußlinie der messerscharfen Splitter gewesen wäre, oder mich dafür verachten, daß ich Hickory währenddessen ganz sich selbst überlassen hatte?

Pamela Jane wußte natürlich über die Physik der Spannungen in hocherhitztem Glas Bescheid und konnte sich jetzt denken, daß ich das Pferd überhaupt nur angefertigt hatte, um es zerspringen zu lassen. Später gestand sie mir, wie sehr der Unsinn von der Goldlieferung — das Wieviel und das Wann — sie verwirrt habe, denn das sei so gar nicht meine Art gewesen.»Liebe Pam J«, meinte ich darauf zufrieden,»Sie waren mir wirklich eine große Hilfe.«

Aber das war später. Damals, unmittelbar nach dem Zerspringen der Pferdefigur, galt ihre Hauptsorge noch Hik-kory.

Als ich aufstand und über die Zwischenwand schaute, um nach Rose und Hickory zu sehen, war Rose, die an einem Bein blutete, aber immer noch vor wütender Entschlossenheit bebte, gerade dabei, eine neue Glasmacherpfeife in den Ofen zu halten und eine andere, die bereits mit weißglühendem Haß befrachtet war, herauszuziehen.

Hickory, dem es endlich gelungen war, sich aus dem Sessel zu werfen, lag mit dem Gesicht nach unten auf dem blanken Steinboden und versuchte sich das Paketband vom Gesicht zu scheuern. Das verletzte Ohr schmerzte so stark, daß er Rotz und Tränen heulte und immer wieder die Nase hochzog, um damit fertig zu werden.

Da mir noch frisch in Erinnerung war, daß Rose auch mir vorhin eine Feuerspur über die Rippen gezogen hatte, fand ich eigentlich, der ungleiche Kampf habe für diesmal lange genug gedauert.

Rose war anderer Meinung. Rose hatte anscheinend Energiereserven für einen dritten Weltkrieg. Flugs zog sie ihr beladenes Eisen aus dem Feuer und sagte mir, wenn ich nicht sofort wieder herüber in die Werkstatt käme, wäre die Verbrennung an Hickorys Ohr erst der Anfang. Sie hätte ihn befreien können. Sie hätte ihm wenigstens helfen können, aber sie tat es nicht.

Ich ging hinüber. Hickory lag noch auf dem Bauch, doch anstatt sich für nichts und wieder nichts das Gesicht aufzuscheuern, trat er jetzt mit den Beinen um sich. Verletzt und hilflos, war er vor Rose relativ sicher, die es vorzog, auf mich loszugehen, und die anderthalb Meter lange, silberschwarze Glasmacherpfeife im Anschlag hielt, um mir bei der ersten Gelegenheit eine Ladung zu verpassen.

«Das Videoband von Adam Force«, sagte sie.»Wo ist das?«

Außer Atem vor lauter Brandwundenvermeidung, brachte ich dennoch mit trockenem Mund hervor:»Er sagt, er hat es mit Pferderennen überspielt.«

«Blödsinn. «Die weißglühende Glaskugel immer vor sich hin haltend, marschierte Rose auf mich zu. Wäre ich so bewaffnet gewesen, hätte ich mit zwei Schnitten der großen Schere die Kugel in eine Speerspitze verwandeln können.

Mit Wucht geschleudert, hätte diese Speerspitze einen Menschen glatt durchbohrt, sich durch ihn hindurchgebrannt und ihn getötet. Rose hatte keine Speerspitze, aber eine Kugel tat es auch. Die Wirkung war die gleiche.

Mit zumindest dem Ansatz eines Plans wich ich vor Rose zurück und fluchte im stillen, daß ich an die fünf oder sechs Reservepfeifen auf der anderen Seite — die ich wenigstens zum Fechten hätte nehmen können — nicht herankam, da sich Hickory mit seiner gräßlichen Verletzung davor am Boden wälzte.

Rose machte sich einen Spaß daraus, mich in den Rückwärtsgang zu zwingen. Rückwärts ging ich am Ofen mit seiner geschlossenen Schiebetür vorbei. Rückwärts durch die Werkstatt und immer schneller, da sie einen Zacken zulegte.

«Das Videoband«, sagte sie noch einmal.»Wo ist das?«

Endlich, endlich sah ich Worthington wieder draußen vor der Galerietür, diesmal flankiert von Tom Pigeon, Jim, Catherine und ihrem Pennerkollegen, Paul Federfuchser.

Norman Osprey sah plötzlich seine Chancen schwinden, trat von der Tür weg, um alle hereinzulassen, und hechtete dann an ihnen vorbei auf die Straße. Ich sah gerade noch, wie er stadteinwärts rannte und Tom Pigeon mit seinen drei Lauftieren die Verfolgung aufnahm.

Worthington, Jim und die beiden Zivilfahnder blieben in der frei gewordenen Tür stehen. Rose in ihrer Wut nahm das Eintreffen meiner Freunde als letzten Aufruf, dafür zu sorgen, daß ich sie nie vergaß, und schoß brutal auf meinen Unterleib zu. Ich parierte auch diesen Angriff, lief weg, schlug einen Haken und landete dort, wo ich hinwollte, bei dem Regal mit den breiten runden Farbpulvertöpfen.

Weiß wollte ich, das Pulver, das die Deutschen Emailweiß nennen. Ich riß den Deckel weg, tauchte die Hand in den offenen Topf, nahm soviel Pulver, wie meine Finger faßten, und warf es Rose in die Augen.

Emailweiß — gemahlenes weißes Email — ist arsenhaltig… und Arsenstaub trübt die Sicht, treibt Wasser in die Augen und kann sie vorübergehend blenden. Rose liefen die Augen über, sie sah nichts mehr, und dennoch fuhrwerkte sie weiter mit der beängstigend langen, todbringenden Glasmacherpfeife herum.

Eddie erhob sich sozusagen von seinen Gebeten, kam in die Werkstatt herüber und beschwor sie aufzugeben.»Rose, mein Kind, es ist vorbei…«

Aber sie war nicht aufzuhalten. Obwohl sie vorübergehend geblendet war, ging sie mit dem tödlichen Rohr auf die Stelle los, wo sie mich zuletzt gesehen hatte, versuchte immer noch, meinen Bauch, meine Brust zu durchbohren, und schlug dann wütend dorthin, wo mein Kopf gewesen war.

Sie traf mich zwar nicht, war mit ihrem wilden Draufloshauen aber gefährlicher, als wenn sie mich gesehen hätte, und schließlich trat die Katastrophe ein, fand das unvorstellbar heiße Glas zweimal ein lebendes Ziel.

Man hörte jäh abgewürgte Schreie.

Ausgerechnet Eddie, ihren Vater, hatte sie zuerst getroffen. Sie hatte ihm die Haut von den Fingern gesengt, die er schützend vors Gesicht gehalten hatte. Dann hörte man Eisen gegen Wände krachen und ein fürchterliches weiches Zischen, als das Schlimmste geschah.

Pamela Jane warf sich hysterisch in meine Arme und verbarg ihr Gesicht, aber nicht sie hatte das Feuer abbekommen. Auf der anderen Seite der Werkstatt, wo die Luft wieder nach Scheiterhaufen roch, sank Paul zu Boden und blieb reglos liegen, die Arme und Beine im Tod von sich gestreckt.

Catherine riß in einem Zustand des Schocks und ungläubigen Zorns die Augen auf. Ich nahm sie in den Arm und drückte sie und Pamela Jane an mich, als könnte ich sie nie wieder loslassen.

Adam Force stellte sich auf die sichere Seite der Werkstattwand und bat Rose, sich zu beruhigen und stehenzubleiben, damit er oder sonst jemand ihr und ihrem Vater helfen könne — mit dem Ergebnis, daß sie sich in die Richtung drehte, aus der seine Stimme kam, und die Glasmacherpfeife mit weiten Schwüngen durch die Luft sausen ließ.

Catherine, Polizeibeamtin bis ins Mark, straffte sich nach dem ersten Schrecken, ließ mich stehen und forderte, während Rose dem Klang ihrer Stimme folgte, bei ihrer Zentrale Verstärkung an. Sie drängte ihr Entsetzen zurück, drückte die Sprechtaste ihres Funkgeräts und sagte gepreßt:

«Polizist verletzt. Notfall. Notfall. Der Polizist braucht sofort ärztliche Hilfe.«

Sie gab die Adresse von Logan Glas an und fügte unter echtem, übermächtigem Gefühlsdruck dann hinzu:

«Kommt schnell! Ogottogott!«

Sie wich der heranstürmenden Rose aus und kniete sich mit unglaublichem Mut neben ihren stummen Partner. Der als Stadtstreicher getarnte Belagerer von Ladeneingängen, der mir nur unter dem Namen Paul Federfuchser bekannt war, würde keine Ganoven mehr fangen. Ein weißglühendes Geschoß hatte Paul Federfuchsers Hals durchschlagen.

Ich löste mich von Pamela Jane, lief von Catherine weg durch den Laden und rief Rose zu:»Hier bin ich, Rose. Hier drüben bin ich, und Sie kriegen mich im Leben nicht.«

Rose drehte sich im Halbkreis in meine Richtung und dann gleich wieder anders herum, als ich an ihr vorbeisprang und sie mit dem nächsten Zuruf reizte. Wieder und wieder fuhr sie herum und wurde mit ihren tränenden Augen dann endlich so müde, daß Worthington und Jim zu mir durchkamen und Catherine von hinten dazustoßen konnte, und zu viert packten wir Rose in einem blitzschnellen Zugriff und stoppten den immer noch drauflosdreschenden Arm mit der Glasmacherpfeife. Ich brachte die Pfeife ein gutes Stück außer ihrer Reichweite, fühlte die Resthitze an meinen Beinen, und noch immer versuchte sich Rose aus Worthingtons und Jims Griff zu befreien.

Die Polizistin in Catherine gewann die Oberhand. Sie suchte und fand die Handschellen, die Paul Federfuchser an einem Gürtel um die Hüfte trug. Unsanft legte sie sie Rose an und fesselte ihr damit die Hände auf dem Rücken.

Rose trat aus.

«Nehmen Sie meinen Gürtel«, rief Worthington, und ich nahm ihm den geflochtenen Ledergürtel ab, schlang ihn erst um das eine, dann um das andere Fußgelenk von Rose und zog ihn fest, so daß sie das Gleichgewicht verlor und sich auf die Seite legte, wenn sie auch immer noch mit den Beinen ausschlug und schimpfte.

Nichts war» unauffällig «an der Festnahme von Rose Payne. Ein Krankenwagen mit Besatzung und zwei Streifenwagen mit aufgebrachten Polizeibeamten fuhren vor, und alle strömten in die Galerie und zertraten die Scherben des zersprungenen Pferdes unter ihren schweren Stiefeln zu Staub. Die Polizisten sprachen mit Catherine, holten eine Decke, hüllten Rose darin ein wie ein Wickelkind und bugsierten sie, die sich bis zum Schluß widersetzte, durch den Verkaufsraum hinaus in den Fond eines Streifenwagens.

Während sie noch Galle spuckte, wurde ihr der stämmige Norman Osprey beigesellt, der bei aller Kraft gegen drei scharfe Hundegebisse nichts hatte ausrichten können. Wie Tom mir nachher erzählte, hatte der Hüne angstzitternd auf der Straße gesessen, den Kopf und die Hände zwischen seinen Beinen, und die Polizei angefleht, ihn vor den schwarzen Bestien, die ihn umkreisten, zu retten.

In der Werkstatt sah ich zu, wie Catherine trockenen Auges auch den stummen Paul mit einer Decke aus den Polizeiwagen verhüllte.

Noch mehr Polizei kam, teils in Uniform und teils in Zivilkleidung, die sich eher für einen Sonntag vor dem Fernseher eignete als für den Ausflug in eine veritable Feuerhölle. Ob dienstfrei oder nicht, es gab einiges zu tun. Weiße Schutzanzüge und graue Plastiküberschuhe wurden ausgegeben, und bald bekam die Werkstatt etwas sciencefiction-haft Unwirkliches.

Ich sah, wie ein Beamter mit Gummihandschuhen die am Boden liegende Spritze aufhob und sie vorsichtig in eine durchsichtige Plastiktüte steckte, die er versiegelte.

Methodisch begann die Polizei, Namen zu erfragen und aufzuschreiben, und der Drachen von der anderen Straßenseite offerierte allen Beteiligten Trost und Zuspruch. Einer der Polizeibeamten löste das Paketband von Pamela Janes Händen, nahm ihre Personalien auf und geleitete sie dann fürsorglich in das Hotel hinüber.

Ich kniete mich neben Hickory. Ich sagte ihm, ich würde ihm das Klebeband von Augen und Mund entfernen. Ich fragte ihn, ob er verstanden habe.

Hickory nickte und hörte auf, sich am Boden zu winden.

So behutsam wie möglich zog ich ihm das Band von den Augen. Das tat weh, es gingen Wimpern mit ab, und erst nach einigen Minuten konnte er mit den so lange bedeckten Augen wieder sehen und starrte mich von der Seite an.

«Jetzt löse ich Ihnen das Klebeband vom Mund«, sagte ich.

Er nickte.

Einer der jungen Polizeibeamten langte mir über die Schulter und riß gedankenlos das breite Band mit einem einzigen Ruck herunter. Hickory schrie auf und herrschte den Polizeibeamten an, er solle ihm verdammt noch mal endlich auch die Hände losmachen.

Ich ließ sie einen Augenblick allein und holte den ErsteHilfe-Kasten aus dem Lager, um Hickorys Ohr zu verbinden, und nach einem ziemlich langen Palaver befanden die Sanitäter und die Polizei übereinstimmend, er solle zusammen mit Eddie ins Krankenhaus gebracht werden, der jetzt sichtlich unter Schock stand und bereits üble Blasen an den Händen hatte.

Catherine stand an der offenen Tür des Krankenwagens und sah zu, wie dem verletzten Eddie beim Einsteigen geholfen wurde.

Ich sagte ihr einiges, was sie noch wissen mußte, besonders Einzelheiten über Maske Nummer vier, die mir in der Nacht eingefallen waren und die ich am Morgen noch nicht angesprochen hatte.

«Unser Hauptkommissar steht da bei Paul«, sagte sie zerstreut.»Es ist besser, du sprichst mit ihm. Ich muß auf die Wache. Ich komme wieder her, sobald ich kann.«

Sie ging mit mir hinüber, stellte mich als den Geschäftsinhaber vor und überließ es mir, die Miene ihres Vorgesetzten zu verfinstern.

Ich gab Hauptkommissar Shepherd von der Polizei West Mercia die Hand.

Zunächst einmal sah er wenig begeistert auf mein Unterhemd, das nicht mehr weiß und sauber war, sondern schmuddelig von der Hetzjagd durch die Werkstatt. Er betrachtete den angesengten Stoffetzen, der unter den Rippen als Zeugnis von Roses rigorosen Aufmerksamkeiten lose herabhing. Er fragte, ob die Rötung darunter schmerzte, und ich antwortete müde, sie tue zwar weh, aber ich hätte mich schon schlimmer verbrannt und zöge es vor, mich nicht darum zu kümmern; im stillen ergänzte ich allerdings, daß ich mich bis jetzt immer nur versehentlich selbst verbrannt hatte.

Ich sah auf die Wolldecke von Paul Federfuchser hinab, dem Pedanten, der sich wie ein Vater um Catherines Sicherheit auf den unsicheren Straßen gesorgt hatte.

«Er war ein guter Polizist«, sagte ich.

Der Hauptkommissar ließ das ein wenig im Raum stehen, bevor er auf die Bestrafung der Täterin zu sprechen kam. Ich müsse mit aufs Revier kommen und eine Aussage machen, sagte er, die zu Protokoll genommen und auf Video aufgezeichnet werde. Er gestattete mir allerdings, vorher die Brandwunden zu versorgen und ein Hemd überzuziehen, und war dann sogar damit einverstanden, daß ich mir eine Jacke um die Schultern legte, um draußen nicht zu frieren.

Während dieser Anwandlung von Menschlichkeit traf George Lawson-Young ein und sorgte durch seine bloße Anwesenheit für eine Gewichtsverlagerung von polizeilichem Argwohn hin zu mehr Vernunft. Er war eine jener achtunggebietenden Persönlichkeiten, denen andere Autoritätspersonen instinktiv vertrauten. Durch die unverkennbare Ehrerbietung, die er mir schon bei der Begrüßung entgegenbrachte, stieg ich bald auch in der Achtung des Hauptkommissars. Es kam mir vor, als ob er sich nach einer Weile sogar dazu durchrang zu glauben, was ich sagte.

George Lawson-Young fragte mich, als könne es darauf nur ein Ja geben:»Haben Sie herausbekommen, wer der vierte Mann war, der Sie vor vierzehn Tagen hier auf dem Gehsteig überfallen hat?«

«Ja.«

Er kannte die Antwort schon, denn ich hatte am Morgen mit ihm deshalb telefoniert. Mit Hilfe seiner Eliminationsmethode hatte ich die Wahrheit von den Lügen getrennt und sorgfältig die Sackgassen abgefahren, aber ganz gleich, wie neutral ich den Namen aussprach, er würde Bestürzung hervorrufen.

Der Professor, groß, gepflegt und kurzsichtig, begutachtete eingehend die Verletzung in dem vertrautesten der ihm zugewandten Gesichter. Niemand hielt ihn zur Eile an, auch der Hauptkommissar nicht.

Adam Force, dessen Gesichtsblutung kein Sturzbach mehr war, sondern nur noch ein Tröpfeln, war benommen aus dem Verkaufsraum in die Werkstatt gekommen und sah auf Hickory nieder, der sich das verstümmelte Ohr hielt.

Als Adam Force den Professor erblickte, schien es, er wollte sich lieber in Luft auflösen als mit seinem früheren Vorgesetzten im gleichen Raum sein, und George, ein sonst denkbar nachsichtiger Mensch, warf seinem verräterischen Mitstreiter einen wahrhaft haßerfüllten Blick zu, der keinerlei Mitleid enthielt.

Einer der Polizisten im weißen Schutzanzug fragte Dr. Force nach seinem Namen und seiner Anschrift, während ein anderer ihn fotografierte. Das Blitzlicht schien ihn zu erschrecken, ein rotes Rinnsal lief bartwärts über seine Wange, und auch sonst war der selbstbewußte Arzt, den ich damals in Lynton auf dem Hügel besucht hatte, kaum wiederzuerkennen.

Adam ade, dachte ich ironisch.

Der Fotograf zog weiter, knipste nach Anweisung des Einsatzleiters. Nichts durfte ausgelassen werden. Paul Federfuchser wäre zufrieden gewesen.

George Lawson-Young meinte, er brauche mich in den nächsten tausend Jahren hoffentlich nicht noch mal um einen Gefallen zu bitten, und dann erklärte er selber dem Hauptkommissar, wie es kam, daß die aus seinem Forschungslabor gestohlenen Daten mir so viel Not und Pein verursacht hatten.

Einen nach dem anderen, quasi zum Mitschreiben, nannte George die Beteiligten beim Namen, bat mich wenn nötig um Bestätigung und entwirrte in aller Ruhe die verwickelten Fäden des Januars 2000.

«Adam Force«, sagte er und wies auf Dr. Rubinrotbart,»war bei mir angestellt, sprang jedoch ab und ließ Krebsforschungsergebnisse mitgehen, die vielleicht Millionen wert sind und mit Sicherheit der ganzen Menschheit nützen können.«

Der Hauptkommissar, sah ich, war skeptisch, aber ich nickte, und er konzentrierte sich wieder auf den Professor.

«Wir wußten«, fuhr George fort,»daß er die Informationen gestohlen, sie auf Video aufgenommen und alle anderen Unterlagen darüber vernichtet hatte. Wir haben natürlich überall danach gesucht und auch eine Detektei eingeschaltet, nachdem die Polizei wenig Interesse gezeigt hatte.«

Hauptkommissar Shepherd zuckte mit keiner Wimper und hörte weiter aufmerksam zu.

«Alle unsere Bemühungen waren fruchtlos. Wir hätten nicht gedacht, daß er die Kassette einem Rennreiter zur Aufbewahrung gibt. Dr. Force hatte sie Martin Stukely anvertraut, doch der zog es vor, sie an seinen Freund Gerard Logan weiterzureichen, damit sie seinen Kindern nicht in die Finger fiel. Wie Sie vielleicht wissen, ist Martin Stukely an Silvester beim Pferderennen in Cheltenham tödlich verunglückt. Doch da hatte die Kassette ihre verzwickte Reise bereits angetreten. Adam Force versuchte sie wieder an sich zu bringen. Sowohl hier aus dem Geschäft wie aus Gerards Wohnung und aus der Wohnung von Martin Stukely wurden Videokassetten gestohlen.«

«Sind diese Diebstähle angezeigt worden?«fragte der Hauptkommissar.

«Ja«, antwortete ich,»aber der Diebstahl von ein paar Videokassetten ohne ersichtlichen Grund mobilisiert die Polizei natürlich nicht so wie heute.«

«Mhm. «Das wußte der Hauptkommissar selbst.

«Am anderen Morgen kam dann eine Ihrer Beamtinnen vorbei«, sagte ich,»aber da stand das zusammen mit der Kassette gestohlene Geld im Vordergrund.«

«Hat Dr. Force auch das Geld gestohlen?«fragte der Hauptkommissar und sah Force an.

«Ja«, erwiderte ich,»aber ich glaube, das war nur ein Gelegenheitsdiebstahl, der vielleicht auch das Verschwinden der Kassette kaschieren sollte.«

Dr. Force hörte regungslos zu, sein blutverschmiertes Gesicht verriet nichts.

«Jedenfalls«, fuhr der Professor fort, der sich nicht länger ablenken lassen wollte,»war die gewünschte Kassette unter all den gestohlenen nicht zu finden, und so hat Dr. Force mit Unterstützung von Rose Payne und anderen Zwang angewendet, um von Mr. Logan zu erfahren, wo sie ist. Aber er sagt mir, daß er sie nicht hat.«

«Und haben Sie sie?«fragte die Stimme der Obrigkeit.

«Nein«, antwortete ich,»aber ich glaube, ich weiß, wer sie hat.«

Alle schauten mich an. Adam Force, Lawson-Young, der Hauptkommissar und sogar Hickory, der mit seinem gesunden Ohr zugehört hatte, sie alle warteten gespannt.

In dieses Gruppenbild rauschte Marigold hinein, umweht von smaragdgrüner Seide mit goldenen Quasten. Wie ein Drachenschwanz folgten ihr Bon-Bon, Victor, Daniel und die anderen Kinder.

Marigold wollte wissen, wie weit ihr Ehrenpreis gediehen sei, verstummte aber jäh beim Anblick der zugedeck-ten Gestalt in der Werkstatt und der zahlreichen Spurensicherer, die vorsichtig auf allen vieren umherkrochen. BonBon erfaßte die Lage und scheuchte ihren Nachwuchs schnell wieder zur Tür hinaus, drin blieben nur ihre Mutter und Victor, die wie erstarrt mit großen Augen dastanden.

«Gerard«, rief Marigold aus,»was ist denn hier los, mein Lieber? Und wo ist Worthington?«

«Liebe Marigold«, sagte ich müde,»es ist ein Unglück passiert. Geht doch bitte gegenüber ins Hotel und wartet auf mich.«

Sie schien mich nicht zu hören, sie schaute unentwegt auf die Wolldecke.»Wo ist Worthington?«Ihre Stimme wurde lauter.»Wo ist Worthington? O mein Gott.«

Ich nahm sie in die Arme.»Marigold, Marigold, ihm geht’s gut. Bestimmt. Das ist nicht Worthington.«

Sie schluchzte an meiner Schulter, dem Zusammenbruch nah. Victor wandte sich zu mir und sagte mit einer Stimme, die kaum mehr als ein Flüstern war:»Das ist jetzt kein Spiel mehr, oder?«

Die Frage bedurfte keiner Antwort, und bald darauf begleitete der junge Polizist ihn und Marigold zum Wych-wood Dragon hinüber.

«Wer ist denn nun Maske Nummer vier?«fragte Lawson-Young in der Stille nach ihrem Fortgang.

«Was?«fragte der Hauptkommissar.»Wovon reden Sie?«

Der Professor erklärte es ihm.»Gerard wurde hier vor seinem Geschäft von vier Schwarzmaskierten überfallen. Rose Payne, ihr Vater Eddie Payne und Norman Osprey waren drei davon. Heute morgen sagte mir Gerard, er kenne jetzt auch den vierten. «Er wandte sich vertrauensvoll an mich und fragte:»Wer ist es also, und wer hat meine Forschungsergebnisse?«»Ich glaube nicht, daß Maske Nummer vier die Kassette hat«, erwiderte ich.

«Was!«rief der Professor aus. Er ließ die Schultern hängen, für ihn mit seinen hochgesteckten Erwartungen sah es jetzt aus, als hätte ich ihm nur eine weitere Sackgasse, einen weiteren Irrweg anzubieten.

Ich stellte das richtig.»Mein vierter Angreifer, Maske Nummer vier, war nur ein gedungener Helfer, und ich bin mir nicht sicher, ob er eigentlich wußte, was er suchte.«

Aber, dachte ich, wie meine Handgelenke am besten kaputtzumachen waren, das wußte er genau.»Jedenfalls versteht er gut mit Baseballschlägern und Narkosegas umzugehen.«

«Wer um Gottes willen ist es denn?«Der Professor hatte Mühe, seine Ungeduld zu zügeln, und ebenso der Hauptkommissar, aber mir fiel diese Enthüllung ganz und gar nicht leicht. Dennoch…

«Wer war der vierte Mann, Hickory?«fragte ich.

Hickory, der noch immer am Boden kniete und sich Verbandmull an das Ohr hielt, blickte zu mir auf.

«Was fragen Sie mich?«sagte er.

«Sie haben meine Finger festgehalten.«

«Aber natürlich nicht!«

«Leider doch«, sagte ich.»Mit einem Baseballschläger sollte mir das Handgelenk zertrümmert werden, und dafür haben Sie meine Hand gegen eine Wand gehalten.«

«Sie müssen verrückt sein. Warum sollte ich Sie überfallen? Ausgerechnet Sie?«

Eine gute Frage, und die Antwort darauf war komplex. Er erklärte es nicht, aber wir wußten beide, daß er mitgemacht hatte.

«Haben Sie es wegen des Geldes getan?«fragte ich.

Ich nahm an, seine Gründe waren komplizierter. Wahrscheinlich hatten sie etwas mit meinen Glasbläserkünsten zu tun, an die er nicht heranreichte. Neid war ein starkes Gefühl, und es konnte nicht allzu schwer gewesen sein, Hickory gegen mich aufzubringen.

Er gab es noch immer nicht zu.»Sie sind ja verrückt«, sagte er, und damit stand er auf und sah sich um, als wäre er am liebsten verschwunden.

«Die grünweißen Schnürsenkel«, sagte ich.

Er blieb abrupt stehen und drehte sich wieder um.

«Die haben Sie hier an dem Tag getragen, als Martin Stukely starb, und auch am Tag danach, als Sie die Kassetten aus seinem Haus gestohlen und mir eins mit der orangen Gasflasche übergezogen haben.«

Hickory kam ein paar Schritte heran, offensichtlich mit starken Schmerzen am Ohr. Er verlor die Contenance.

«Sie sind ja so scheißklug«, sagte er.»Hätten wir Ihnen die Handgelenke bloß gebrochen!«

Der Hauptkommissar stieß sich von der Zwischenwand, an der er lehnte, ab und richtete sich auf.

Aber Hickory hatte gerade erst angefangen.

«Sie und Ihre Allüren und wie gönnerhaft Sie immer über meine Arbeit reden. Ich hasse Sie und Ihre Werkstatt. Ich bin ein verdammt guter Glasmacher, und ich habe mehr Anerkennung verdient. «Er reckte das Kinn vor und lächelte höhnisch.

«Eines Tages«, fuhr er fort,»wird John Hickory ein Name sein, auf den man schwört, und die Leute werden Lo-ganglas zerschlagen, um an meines zu kommen.«

Jammerschade, dachte ich. Er hatte durchaus Talent, aber das würde sich wohl nie so entfalten können, wie es sollte. Arroganz und Selbstüberschätzung würden die guten Anlagen, die er besaß, zerstören.

«Und Rose?«fragte ich.

«Das dumme Stück«, erwiderte er und hielt sich den schmerzenden Kopf,»die hat sie doch nicht alle. Wir sollten Sie fesseln, sagte sie. Wir sollten Sie als Geisel nehmen. Mir das Ohr zu rösten, davon war keine Rede. Ich hoffe, sie schmort in der Hölle.«

Ich hoffte, sie verrottete auf Erden.

«Sie hat mir einen eigenen Laden versprochen«, sagte Hickory.»Hat behauptet, sie würde Sie aus dem Geschäft drängen. In Teamarbeit mit ihrem blöden Vater. «Er merkte, daß er sich immer tiefer hineinritt.»Die haben mich angestiftet. Das war deren Schuld, nicht meine.«

Unglücklich sah er in die gebannten Gesichter ringsum.

«Es war nicht meine Schuld. Die Idee kam von denen.«

Niemand glaubte ihm. Hickory war es, der Rose auf dem laufenden gehalten hatte. Hickory war der Beobachter am Ort gewesen.

«Wo ist denn nun die Kassette?«fragte George Lawson-Young.

«Ich weiß es nicht«, erwiderte Hickory.»Rose sagte, sie müsse entweder bei Stukely oder bei Logan daheim gewesen sein, aber ich habe stundenlang Videos über Pferderennen und Glasbläserei gesichtet, und glauben Sie mir, eine Kassette mit Medizinischem war nicht dabei.«

Ich glaubte ihm. Sonst wären mir wohl einige Prügel erspart geblieben, dachte ich traurig, und Paul Federfuchser würde noch in Einkaufszoneneingängen herumlungern.

Ein Sanitäter erschien und sagte, es sei Zeit, Hickory zur Behandlung seiner Brandwunde ins Krankenhaus zu bringen. Daraufhin nahm der Hauptkommissar Hickory fest:

«Sie haben das Recht zu schweigen.«»Dazu ist es ein bißchen spät«, gab Hickory zurück, als ein Polizist im weißen Overall und der Sanitäter ihn zum Krankenwagen führten.

Der Hauptkommissar wandte seine Aufmerksamkeit Dr. Rubinrotbart Force zu, der die ganze Zeit schweigend zugehört hatte.

In vorbildlicher Beamtensprache wie immer fragte er:

«Nun, Dr. Force, können Sie uns sagen, wo die Kassette mit den medizinischen Forschungsresultaten geblieben ist, die dem Professor hier gestohlen wurden?«

Force sagte nichts. Offenbar hatte er zumindest eines aus unserem Gespräch unter den Fichten in Lynton gelernt.

«Kommen Sie, Adam, reden Sie. «Der Professor, sah ich, brachte dem Mann, von dessen Bart Blut auf meinen blanken Steinboden tropfte, doch noch ein wenig Freundschaft entgegen.

Force sah ihn verächtlich an und schwieg.

Auch er wurde festgenommen und zur Wundenversorgung und erkennungsdienstlichen Behandlung abgeführt.

«Sie haben das Recht zu schweigen…«Er nutzte es.

Nach und nach leerten sich die Galerie, der Verkaufsraum und die Werkstatt. Ein richterlicher Beamter erschien, um Pauls Überführung in das städtische Leichenschauhaus zu überwachen. Die Spurensicherer unterbrachen ihre Arbeit und schauten zu, wie die Bahre mit dem hochangesehenen und geschätzten Kollegen durch die Galerie hinausgetragen wurde. Ich hatte ebenso Tränen in den Augen wie sie. Er war nicht nur ein guter Polizist, sondern auch ein guter Mensch gewesen.

Noch ein paar Fotos wurden gemacht und noch ein paar Beweisstücke gesammelt. Blauweißes Absperrband wurde gespannt, Türen verschlossen, Wachen aufgestellt und der

Professor und ich sanft hinauskomplimentiert auf die Straße, in den zur Stimmung passenden grauen Nieselregen.

Noch einmal bat mich der Hauptkommissar, ihn zur Aufnahme meiner Aussage zur Polizeistation zu begleiten, doch fand er diesmal freundlichere Worte. Ich willigte ein, schlug aber vor, wir sollten alle erst einmal in den Wychwood Dragon gehen, da ich durstig sei und eine Tasse Tee gebrauchen könne. Ich sah auf die Billiguhr an meinem Handgelenk. Meinem Gefühl nach hätte die Teezeit vorbei sein können, doch erstaunlicherweise war es noch Vormittag.

Sie saßen unten im Gästesalon. Bon-Bon und ihre vier teilten sich das breite Sofa in absteigender Größe von links nach rechts. Sie hatten Cola getrunken, und auf dem Couchtisch vor ihnen stand eine Reihe leerer Flaschen mit Strohhalmen. Marigold saß in einem tiefen Knautschsessel, und Worthington hockte neben ihr auf der Armlehne. Die Art und Weise, wie Marigold Worthingtons Hand umklammert hielt, erinnerte mich an seine Warnung vor der Venusfliegenfalle. Ihm schien es nicht unrecht zu sein.

Der Drachen servierte Tee in großen Millenniumsbechern und erzählte uns, daß die immer noch unter Schock stehende Pamela Jane vom Polizeiarzt ein Beruhigungsmittel bekommen habe und nach oben ins Bett verfrachtet worden sei.

Victor stand am Fenster und starrte auf die andere Straßenseite, als könnte er die Augen nicht von Logan Glas abwenden. Ich nahm meinen Tee und ging zu ihm hinüber.

Ohne sich umzudrehen, sagte er:»Meine Tante Rose muß jetzt bestimmt lange sitzen.«

«Ja«, erwiderte ich,»sehr lange. «Lebenslang, dachte ich, entweder im Gefängnis oder in Sicherheitsverwahrung in der Psychiatrie. Für Polizistenmörder gab es so schnell keine Bewährung.

Er sah noch einen Moment schweigend hinaus, drehte sich dann um und blickte mir ins Gesicht.»Gut«, sagte er,»dann haben Mum und ich vielleicht noch eine Chance.«

Ich wandte mich zu Bon-Bon und ging mit ihr hinaus in die Hotelhalle. Ob sie mir einen Gefallen tun würde? Klar, meinte sie und lief zu dem Münzfernsprecher unter der Treppe.

Ich kehrte in den Salon zurück, um meinen Tee auszutrinken, und bald darauf kam lächelnd auch Bon-Bon zurück und nickte mir zu.

Ich dachte über die Ereignisse des Morgens nach und fragte mich, ob es auch anders hätte gehen können.

Beim Hantieren mit Glasmacherpfeifen war immer Vorsicht geboten. In den Händen von Rose war eine solche mit Glasfluß behaftete Pfeife buchstäblich zur tödlichen Waffe geworden, und ganz gleich, wie falsch und widersinnig ihre Gründe waren — da sie es auf mich abgesehen hatte, fand ich, hätte ich sie aufhalten müssen.

Ich hatte versucht, sie mit dem zerspringenden Pferd aufzuhalten, und es war mir nicht gelungen. Die Scherben hatten ihren Liebhaber verletzt und ihren Zorn angestachelt, und als ich sie dann mit dem Farbpulver bewarf, um sie zu blenden und dadurch zu stoppen, war sie nur noch gefährlicher geworden.

Paul hatte sterben müssen.

Hätte ich nicht versucht, sie aufzuhalten, sondern gleich kapituliert, wie sie es verlangt hatte, wäre Paul am Leben geblieben. Zu meinem Trost fiel mir nur ein, daß ich ihr die gewünschte Kassette nicht hätte geben können, da ich selbst nicht genau wußte, wo sie war.

Ich hatte mein Bestes gegeben, und es hatte den Tod gebracht.

Die Stimme des Hauptkommissars holte mich in die Gegenwart zurück. Er brenne darauf, sagte er, seine Gefangenen auf der Wache zu befragen, und er sei verpflichtet, auch wenn ihm daran weniger liege, der Familie von Paul Crat-chet einen Besuch abzustatten.»Herr Professor, Mr. Logan, würden Sie nun bitte mit mir kommen?«sagte er.

«Erst noch eine Tasse Tee?«gab ich zurück.

Der Hauptkommissar war darüber nicht glücklich.»Entgegen der allgemeinen Annahme ist der Tee bei der Polizei durchaus trinkbar. Also bitte.«

Ich brauchte mehr Zeit.

Ich ließ mich in den nächsten tiefen Sessel sinken und sagte:»Nur eine kleine Verschnaufpause noch? Ich bin erschöpft. Können wir nicht etwas essen, bevor wir gehen?«

«Wir haben eine Kantine auf dem Revier. Sie können dort essen. «Die Stimme der Obrigkeit hatte gesprochen, und mir blieb wohl kaum etwas anderes übrig, als mich ihr zu fügen.

Langsam stand ich auf, da, endlich, kam der erwartete Gast im Eilschritt zur Tür herein.

«Tag, Priam«, sagte ich.

Er schaute an mir vorbei auf den großen, elegant gekleideten George Lawson-Young. Und er warf Bon-Bon einen Blick zu, als wollte er sagen:»Ist er das?«

«Priam«, setzte ich nach,»schön, daß Sie kommen konnten. Darf ich vorstellen, Priam Jones, Hauptkommissar Shepherd von der Polizei West Mercia.«

Priam wandte sich langsam zu mir und schüttelte automatisch die ihm dargebotene Hand.

«Bitte?«sagte er verwirrt.»Ich verstehe nicht ganz. Bon-Bon rief mich an, sie habe vielleicht einen Besitzer für mich und ich solle schleunigst herkommen, wenn ich ins Geschäft kommen wollte. Dafür habe ich sogar ein gutes Mittagessen stehenlassen.«

Und wieder sah er sich suchend nach dem geheimnisvollen Besitzer um.

«Priam«, zog ich seine Aufmerksamkeit wieder auf mich,»das stimmte nicht so ganz. Ich habe Bon-Bon gebeten, Sie unter dem Vorwand anzurufen, weil ich Sie sprechen wollte. «Das hörte er nicht gern. Weit entfernt davon.

«Ich wüßte zwar nicht, was wir zu bereden hätten, aber Himmel Arsch, das wäre ja wohl auch am Telefon gegangen. «Er bemerkte die vier Paar Kinderaugen, die ihn anstarrten.»Ehm… pardon.«

«Ich wollte Sie wegen einer Videokassette sprechen.«

«Nicht schon wieder die Sch…, ehm, diese Videogeschichte«, fuhr er auf.»Ich sagte Ihnen doch schon, ich habe keine Videokassette.«

Daniel sagte klar und deutlich:»Ich weiß, wo eine Videokassette ist.«

«Psst, Liebling«, machte Bon-Bon.

«Wenn ich es aber doch weiß«, beharrte Daniel.

Ich hockte mich in Augenhöhe vor ihn hin.»Wo ist die Kassette, Daniel?«fragte ich.

«Das ist doch bestimmt drei oder vier Goldtaler wert«, erwiderte er.

«Wovon redet er?«fragte Professor Lawson-Young.

«Das ist so ein Spiel von uns«, antwortete ich.»Ich belohne Daniel für Informationen, die er mir gibt oder besorgt. «Ich wandte mich wieder an Daniel.»Ich denke schon, daß das drei oder vier Goldtaler wert ist.«

«Wenn es die richtige Kassette ist«, sagte der Professor,»kriegt er einen ganzen Batzen.«

Daniel war hocherfreut, das zu hören.

«Sie liegt in Daddys Auto«, sagte er.»In der Tasche hinterm Fahrersitz. Das habe ich gestern gesehen, als Mami uns zu deinem Laden gebracht hat.«

Er sah mich fragend an und strahlte, als ich ihm sagte:

«Zehn Goldtaler diesmal, wenn der Professor einverstanden ist.«

George Lawson-Young nickte mit dem Kopf, bis ich dachte, er fällt ihm ab.

Daniel sagte:»Für Gerard Sachen zu finden macht Spaß. Da bin ich jederzeit suchbereit.«

Priam, der neben mir stand, scharrte unbehaglich mit den Füßen.

«Warum haben Sie die Kassetten vertauscht?«fragte ich ihn.

«Ich sagte Ihnen doch — «, setzte er an.

«Ich weiß, was Sie mir gesagt haben«, unterbrach ich ihn.

«Das war gelogen. «Sondern Sie die Lügen aus, hatte mir der Professor in Bristol gesagt, dann finden Sie die Wahrheit. Ich fragte noch einmal:»Warum haben Sie die Kassetten vertauscht?«

Er zuckte die Achseln.»Ich dachte«, sagte er,»auf dem Band, das Ihnen Eddie Payne gegeben hat, sei das Versteck einer antiken Halskette zu sehen. Die sei Millionen wert, hatte ich gehört. Ich entdeckte das Band an dem Abend in Ihrem Regenmantel, und ich dachte, jetzt, wo Martin tot ist, merkt niemand, wenn ich es behalte.«

Halbwahrheiten und Mißverständnisse hatten zu nichts als Tod und Zerstörung geführt.

«Ich nahm eine andere Kassette aus Martins Zimmer, eine mit Pferderennen, wickelte sie in das Papier der ersten ein und steckte sie Ihnen in den Regenmantel. Als ich zu Hause dann die erste Kassette abspielte, stellte ich fest, daß von einer Halskette da nicht die Rede war und daß es nur um völlig unverständliches Zeug ging. Daher habe ich sie einfach wieder in Martins Auto gelegt, als ich am nächsten Tag damit zu Bon-Bon fuhr.«

Er blickte sich um.»Es ist ja nichts passiert. Sie haben die Kassette wieder. Wer braucht da die Polizei?«

Nichts passiert. Gott, war der Mann schiefgewickelt.

Erst nach vier Tagen ließ mich die Polizei wieder in meinen Laden.

Broadway hatte im Zentrum des Medieninteresses gestanden. Der Drachen von gegenüber hatte ja schon vorher gesagt, ich sei» immer Stadtgespräch«, und überließ mir zum Dank dafür, daß sie ein volles Haus bekam, ihre beste Suite. Sie stellte auch ihre kleine Glasmenagerie in der Hotelhalle aus, mit dem Hinweis, daß man Duplikate der Tierchen bei mir kaufen könne.

Marigold, ihre natürliche Rivalin im Hinblick auf Saris, Kaftans, Wimpern und Offenherzigkeit, kam alle naselang vorbei und wartete darauf, daß ich die Arbeit an ihrem Ehrenpreis wiederaufnahm. Worthington, der vom Chauffeur zu ihrem ständigen Begleiter aufgestiegen war, wurde mit mir losgeschickt, um die Halskette aus der Bank zu holen. Marigold sicherte sich den totalen Sieg über den Drachen, indem sie die Kette Tag und Nacht trug und sie mir schließlich zu einem Superpreis abkaufte.

Rose, Norman Osprey, Dr. Force und Hickory saßen in Untersuchungshaft, während Eddie mit seinen kaputten Händen im Krankenhaus lag.

Priam war gegen Abgabe seines Reisepasses freigelassen worden.»Das paßt mir überhaupt nicht«, hatte er erklärt.

«Warum werde ich wie ein gemeiner Verbrecher behandelt?«Weil er einer war, hatte Worthington ihm und jedem anderen, der es wissen wollte, geantwortet.

Professor George Lawson-Young hatte die Videokassette aus Martins Wagen bekommen. Das hätte beinah Reibereien gegeben, da der Hauptkommissar sie als Beweisstück einbehalten wollte. Aber nachdem Lawson-Young die schon einmal verlorenen Informationen endlich wiederhatte, dachte er nicht daran, sie noch einmal aus der Hand zu geben. Widerstrebend hatte ihm die Polizei dann erlaubt, eine Kopie davon zu erstellen.

Catherine, die sich jede Nacht in meine Arme schmiegte, hielt mich über das Geschehen im Polizeirevier auf dem laufenden:

Rose schimpfte praktisch nur noch, und die meisten ihrer Beschimpfungen galten offenbar mir.

Hickory machte mich, Rose und die Welt im allgemeinen für seine Misere verantwortlich.

Dr. Force hatte viel abgestritten und wenig gesagt. Allerdings hatte nach seiner Aussage Martin Stukely nicht gewußt, daß die Informationen auf der Kassette gestohlen waren. Im Gegenteil, der Arzt hatte Martin weisgemacht, es handele sich um Ergebnisse seiner eigenen Arbeit, die er vor Dieben schützen wolle.

Das freute mich. Hatte ich etwas anderes befürchtet?

Am Donnerstag öffneten wir wieder. Im Verkaufsraum war mehr Betrieb als je zuvor an einem Wochentag im Januar, und das Geschäft brummte. Aber um die Wahrheit zu sagen, war das Interesse an den schwer zu entfernenden Blutflecken zwischen den Bodenfliesen weitaus größer als das an der Ware.

Pamela Jane hatte sich so weit erholt, daß sie am Wochenende wieder zur Arbeit kommen konnte, aber sie hielt sich nach Möglichkeit im Verkaufsraum auf und huschte nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ, rasch einmal durch die Werkstatt zu ihrem Spind.

Am Sonntag, eine Woche nach der Katastrophe, nahm ich die Arbeit an der Pferdefigur wieder auf.

Irish, der Zuverlässige, hatte sich bereit erklärt, mir zu assistieren, und wir hatten einen einzigen Zuschauer. Catherine saß in ihrem mittlerweile vertrauten Sessel und sah zu, wie ich wieder mein Werkzeug bereitlegte und mein Hemd auszog.

Ich stieg auf das Pedal zum Öffnen der Ofentür, um die Hitze in den Raum strömen zu lassen.

Catherine zog ihre Jacke aus.

«Häng sie in meinen Schrank«, sagte ich und warf ihr die Spindschlüssel zu.

Sie ging zu der grauen Schrankwand am anderen Ende der Werkstatt, und ich hörte sie eine Tür aufschließen.

«Was hast du denn da?«Sie hielt eine Videokassette hoch.

«Auf dem Etikett steht: >Kretischer Sonnenaufgang, selbstgemacht<.«

Schon war ich bei ihr. Sie hatte versehentlich Hickorys Spind geöffnet, und darin fanden wir nicht nur die Herstellungsanleitung für die Kette, sondern auch, in einer braunen Papiertüte versteckt, ein paar bunte Schnürsenkel, grünweiß gestreift.

Ich lachte.»Drei Kassetten hat die Geschichte, und eine davon war die ganze Zeit vor meiner Nase.«

«Drei Kassetten?«fragte sie.»Zwei waren doch schon schlimm genug.«

«Es waren drei«, erwiderte ich.»Wirklich wichtig, wertvoll und vielleicht einzigartig war nur das Band von Force mit den gestohlenen Krebsforschungsergebnissen. Das gab er Martin, und der gab es über Eddie an mich weiter. Priam hat es dann vertauscht, weil er es irrtümlich für einen Wegweiser zu schnellem Reichtum hielt. Als er merkte, daß es das nicht war, hat er es unauffällig wieder in Martins Wagen gelegt. Das war das Band, nach dem Rose und Dr. Force so fieberhaft gesucht haben.«

«Und das Halskettenvideo?«fragte Catherine.»Dieses hier?«

«Die Herstellungsanleitung hatte ich Martin geliehen«, sagte ich,»und sie lag bei ihm zu Hause, bis Hickory sie zusammen mit den ganzen anderen Videos aus seinem Zimmer stahl. Hickory hat sie behalten, weil sie für ihn interessant war. Vielleicht wollte er von der Kette eine Kopie machen. Offensichtlich hat er das Band hier bei seinen Arbeitssachen aufbewahrt.«

«Und welches ist das dritte Band?«fragte sie.

«Das Band, das Priam noch vor Hickorys Beutezug aus Martins Zimmer mitnahm. Er hat es mir in die Tasche meines Regenmantels gesteckt, und das ist das Band, das Force mir in der Neujahrsnacht gestohlen hat in der Annahme, es sei sein Krebsforschungsvideo. Ich hätte zu gern sein Gesicht gesehen, als er es abspielte und sah, daß nichts als Pferderennen darauf war.«

Ich machte die Pferdefigur. Mit Irishs Hilfe holte ich das Glas aus dem Ofen und formte noch einmal den Rumpf des Pferdes, die Beine und den Schweif. Doch diesmal ließ ich mir Zeit und wandte mit der nötigen Sorgfalt das Wissen und das Talent an, das ich von meinem Onkel Ron gelernt und geerbt hatte. Ich formte Hals und Kopf eines intelligenten Tieres, mit hohen Backenknochen und festem Maul. Ich gab ihm eine fliegende Mähne wie in vollem Galopp und fügte sie nahtlos an den Körper an.

Angefangen hatte es als Auftragsarbeit für Marigold und Kenneth Trubshaw und seine Cheltenhamer Rennplanungskommission.

Am Ende wurde ein Denkmal für einen getreuen und schmerzlich vermißten Freund daraus. Ein Denkmal, das seines Könnens und seines Mutes würdig war.

Schließlich kam das springende Pferd auf die Bank, und Irish und ich stellten es schnell, aber vorsichtig in einen der Kühlöfen. Dort würde es langsam und sicher abkühlen, während sich die Spannungen im Material allmählich ausglichen. Keine Scherben diesmal.

Ich ging mit Catherine zu der Beerdigung von Paul Federfuchser, überließ sie an der Kirchentür jedoch ihren Kollegen in Uniform und in Zivil. Eine kleine Gruppe zivil Gekleideter nahm sie in ihrer Mitte auf, und es war eine nachdenkliche, bedrückte Kriminalbeamtin, die eine Stunde später ihr Motorrad bestieg, kurz innehielt, bevor sie den Motor anließ, und zu ihrem Sozius sagte:»Die Einäscherung findet morgen in aller Stille statt, und heute abend gibt es ihm zu Ehren einen Umtrunk in der Kneipe. Für den Rest des Tages habe ich freibekommen, wo möchtest du jetzt also hin?«

«Ins Bett«, sagte ich ohne Zögern und setzte hinzu, daß Paul Federfuchser damit bestimmt einverstanden gewesen wäre.

Die Trauer fiel von Catherine ab wie tauender Schnee.

Ich sagte:»Du weißt ja, daß ich noch nicht gesehen habe, wie du wohnst. Wie wäre es denn jetzt damit?«

Sie lächelte ein wenig verschmitzt, dann trat sie die Maschine an und bat mich aufzusteigen.

Ihre Wohnung lag etwa fünf Gehminuten und noch keine Fahrminute vom Polizeirevier entfernt, die lange graue

Straße immer geradeaus. Sie hielt vor einem eingeschossigen Doppelbungalow in einer Reihe genau gleicher stuckverzierter Kästen, und schon stand für mich fest, daß die Wohnung nicht mein Fall war. Dorthin zu fahren war ein Fehler gewesen, doch da ich nun mal hier war, würde ich lächeln und so tun, als gefiele es mir.

Tatsächlich lächelte ich dann, weil ich entwaffnet war, und nicht aus Höflichkeit.

Die Wohnung der Zivilfahnderin stand ganz im Zeichen von Alice im Wunderland: Am Küchentisch saßen ein überlebensgroßer Schnapphase und ein ebensogroßer Hutmacher, der dabei war, eine Haselmaus in die Teekanne zu stopfen. An der Tür zum Bad schaute das Weiße Kaninchen auf seine Taschenuhr, und im Wohnzimmer tanzten die Herzkönigin, die Köchin, das Walroß und der Zimmermann die Hummer-Quadrille. Die Wände waren rundum mit wucherndem Grün und Blumen bemalt.

Catherine lachte über meinen Gesichtsausdruck, zweifellos eine Mischung aus Entsetzen und Belustigung.

«Die Figuren«, sagte sie,»habe ich alle von einem Jahrmarkt, seit ich sechs war. Ich fand sie immer toll. Ich weiß, daß es Kinderei ist, aber sie leisten mir Gesellschaft. «Sie schluckte plötzlich.»Sie haben mir geholfen, mit dem Verlust von Paul fertig zu werden. Er fand sie gut. Sie haben ihn zum Lachen gebracht. Ohne ihn sehe ich sie jetzt anders. Ich glaube, ich bin erwachsen geworden.«

Passend zur übrigen Wohnung war Catherines Schlafzimmer ein Märchenland mit Zuckerwattewolken und lebenden Spielkarten, die die Blüten leuchtendgrüner Rosenbäume weiß und rot anmalten.

«Reizend«, sagte ich schwach und perplex, und Catherine lachte.

«Du haßt es, das sehe ich dir an.«

«Ich kann ja die Augen zumachen«, sagte ich, aber wir zogen dann die Vorhänge zu.

Wir liebten uns dort zu Ehren von Paul Federfuchser, doch als am Abend, nach dem Umtrunk in der Kneipe, Kommissarin Dodd und ihr Sozius wieder in den Sattel stiegen, fuhren sie zu dem großen, stillen Haus am Hang.

Es war schön, nach Hause zu kommen.

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