KAPITEL ACHTZEHN
Selbst in den Krankenhausbetten wimmelte es von Läusen. Aber die Menschen sind bemerkenswert anpassungsfähig. Ein paar Tage nach der Ankunft der Plagegeister kratzten Menschen, die geschworen hätten, sie würden durchdrehen, wenn sie nur eine einzige Laus auf ihrem Körper fänden, leicht gereizt, aber geduldig die juckenden Stellen oder schlugen nach den Parasiten, und waren ihnen zwar widerwillige, aber resignierte Gastgeber. Man tat, was man konnte, um ihre Zahl auf ein Minimum zu beschränken; aber es war ja nicht möglich, ewig hysterisch schreiend durch die Straßen laufen.
Die Ozonschicht bekam von den Anti-Läuse-Spraydosen aus Armee-Restbeständen – die es nur in den A&N-Läden gab, da das Militär sich als die einzige große Institution in den letzten fünfzig Jahren auf eine Läuseinvasion vorbereitet hatte – einen schweren Schlag. Da die Spraydosen noch aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts stammten, waren sie nicht besonders umweltfreundlich.
Danny und Dave saßen neben dem Bett des Erzdiakons. Lloyd lag flach auf dem Rücken, Schweiß rann ihm über die Stirn, und er umklammerte ein Taschentuch so stark, als versuche er, Wasser aus einem Stein zu pressen.
»Es schmerzt«, klagte er. »Siebenundzwanzig Stiche.«
»Das kann ich mir vorstellen«, erwiderte Dave, »aber wenigstens leben Sie noch.«
»O Gott, der arme Junge, lebendig verbrannt. Aber er hat mir so weh getan. Er muß verrückt gewesen sein.« Tränen liefen ihm übers Gesicht und straften seine Worte Lügen. »Was mir Schwierigkeiten macht, ist, daß der Schmerz, den er mir zugefügt hat, all die Zuneigung ausgelöscht hat, die ich für ihn empfunden habe. Er war wie ein Sohn für mich.«
Der mit Kummer vermischte Schmerz bewirkte einen totalen Gefühlsaufruhr bei Lloyd Smith; eine Situation, die zu beobachten Dave und Danny verlegen machte. Lloyd wollte den Menschen hassen, der ihm dieses Leid zugefügt hatte, doch dieser Mensch war ein junger Mann gewesen, den er geliebt hatte; in ihm kämpfte Liebe mit Haß. Lloyd war offenbar seelisch und körperlich erschöpft.
Als Dave spürte, daß er weitersprechen konnte, fuhr er fort: »Ich möchte Sie etwas fragen. Sie haben ihren Angreifer als einen freundlichen, netten Menschen beschrieben…«
»Das war er. Deshalb begreife ich es ja nicht.« Lloyds Augen füllten sich wieder mit Tränen. »Ich dachte, ich würde den Jungen gut kennen. Es ist unglaublich, wie sehr er sich in den letzten Monaten verändert haben muß. Er war wie eine Bestie; ja, genau, es war, als lauere eine schreckliche Kreatur in seinem Inneren. Seine Augen… er hatte hypnotische Augen, die Augen eines Wahnsinnigen. Und dann war da noch diese gewaltige Energie… wie soll ich es erklären – es war so, als wäre in seinem Inneren ein wildes Tier gefangen, das um jeden Preis herauswollte.«
»Und sein, eh, Ding war…«
»Riesig. Siebenundzwanzig Stiche. Das sagt einiges.«
»Ihre Verletzungen gleichen denen einiger männlicher und weiblicher Opfer vom südlichen Ufer.«
Lloyd Smith Augen weiteten sich. Er setzte sich auf, obwohl es ihm einige Mühe zu machen schien.
»Manovitch?« schrie er.
»Ich bin überrascht, daß Ihnen der Gedanke noch nicht gekommen ist«, sagte Danny.
»Nun, ich habe nur nicht gedacht… er sah wie Holden aus«, sagte Lloyd. »Warum sollte Manovitch das Aussehen eines anderen annehmen? Es sei denn…?«
»Es sei denn, er war der andere?« fuhr Danny fort. »Vielleicht zog Manovitch es vor, in einen bereits fertigen Körper zu fahren, statt einen neuen zu erschaffen, wie es die Dämonen tun. Möglicherweise kann eine tote Seele sich keinen eigenen Körper machen.«
»Armer Holden«, sagte Lloyd mit Tränen in den Augen.
»Erst von einer derart verderbten Kreatur übernommen und benutzt und dann… und dann lebendig verbrannt zu werden.«
»Ich bezweifle, daß der ursprüngliche Besitzer des Körpers sich seines Todes bewußt war, oder daß er etwas fühlte. Holden starb wahrscheinlich an dem Tag, als Manovitch seinen Körper übernahm.«
»Ich würde gern glauben, daß es so war«, sagte Lloyd. »Ich hoffe, Holden hat nicht gelitten. Ich bin froh, daß er nicht für meine Schmerzen verantwortlich ist. Seit ich Emily verloren habe, habe ich öfter an Holden gedacht als an alle anderen Menschen. Natürlich war er ein egoistischer junger Mann; aber alle jungen Männer sind egoistisch. Das gehört zu ihnen. Er konnte auch recht nachdenklich sein.«
Dann drehte er sich um und starrte Dave an. »Falls das, was Sie sagten, stimmt, dann ist uns die tote Seele nur zufällig ins Netz gegangen, und Manovitch ist jetzt nur noch ein Haufen grauer Asche. Ist das eine übertriebene Hoffnung?«
»Nein. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß Holden Manovitch war. Wir haben ihn durch einen puren Zufall erwischt. Glücklicherweise ist es passiert, bevor er noch mehr Menschen töten und aufschlitzen konnte.«
Lloyd sah jetzt ein wenig besser aus. »Sie glauben also, wir haben Manovitch zur Strecke gebracht?«
»Ja, und es wird weiter konferiert. Ich glaube, Manovitch hat die heiligen Männer noch störrischer gemacht. Sie weigern sich, aufzugeben. Nun, ich glaube, es ist an der Zeit, daß Danny und ich wieder nach Hause fliegen.« Am liebsten hätte er noch hinzugefügt: »Bevor Danny sich ganz zum Narren macht«, aber er ließ es bleiben.
»Wir sollten ein Treffen anberaumen, um festzustellen, ob die anderen der gleichen Meinung sind«, schlug Lloyd vor. »Ich werde in zwei Tagen entlassen, vielleicht sogar schon morgen. So lange können Sie doch noch warten, oder? Wenn das, was Sie sagen, stimmt, dann sollte der Erzengel bis dahin bereits fort sein, nicht wahr? Weshalb sollte er hier noch warten, wenn die Kreatur, die zu zerstören er gekommen war, vernichtet wurde?«
Dave spürte die Enttäuschung in sich hochsteigen. Er sehnte sich nach zu Hause. London war okay, aber es war nicht San Francisco, und ihm mißfiel das Leben aus dem Koffer. Im Grunde seines Herzens ein recht konservativer Mensch, fand Dave genügend Unbeständigkeit und Veränderung in der Dienstroutine in seiner Heimatstadt, um sein Bedürfnis nach Abwechslung zu befriedigen. Aber Lloyd hatte nicht ganz unrecht. Er war sich nicht hundertprozentig sicher, ob der Körper dort in der Gasse Manovitch gehört hatte. Es konnte auch der eines Dämons gewesen sein, der unvernünftigerweise die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.
»Und was meinst du, Danny?« fragte Dave seinen Partner.
»Ich denke, Lloyd hat recht. Wir können nicht hier und jetzt eine Entscheidung treffen. Wir müssen mit den anderen darüber diskutieren.«
Dave zuckte die Schultern. »Okay. Wir sehen uns in der Jasmine Suite, Lloyd.« Er stand auf und kratzte sich. »Bis dahin werden sich hoffentlich auch die Läuse zurückgezogen haben.«
»Und als nächstes kommen die Fliegen«, warnte Danny »Uns steht noch eine Fliegenplage bevor.«
»Sie wird nicht kommen«, sagte Dave bestimmt. »Ich glaube, wir haben unseren Quälgeist erlegt. Es wird keine Fliegenplage geben.«
Lloyd nickte. »Wir werden sehen. Und jetzt«, sagte er und seufzte schwer, »muß ich mich der unerfreulichen Aufgabe widmen, meinen Bruder in Kalifornien anzurufen, um ihm mitzuteilen, daß sein Sohn tot ist. Ich möchte, daß die andere Sache, die Vergewaltigung, ein Geheimnis bleibt. Sie verstehen, Lieutenant? Ich möchte nicht, daß mein Bruder es erfährt – er könnte auf falsche Gedanken kommen – nun, ich möchte nicht, daß er es herausfindet. Ich habe vor, ihm zu sagen, daß Holden bei einem Studiofeuer ums Leben kam. Das entspricht fast der Wahrheit.«
»Verstehe«, erwiderte Dave. »Ich verspreche ihnen, daß wir nichts sagen werden. Aber was ist mit den Medien?«
»Darum habe ich mich bereits gekümmert«, sagte Lloyd. »Gates hat ihnen genau das erzählt, was ich ihnen gerade gesagt habe.«
»Manovitch ist noch dort draußen!« verkündete Petra.
»Woher wissen Sie das?« fragte Dave mürrisch. »Nach dem, was Lloyd uns gesagt hat, befand sich eine übernatürliche Kreatur in Holden Xaviers Körper. Er war besessen.«
»Das streite ich nicht ab«, sagte Petra. »Sehr wahrscheinlich befand sich ein Geschöpf der Hölle in Xavier – doch selbst wenn es Manovitch gewesen sein sollte, so ist er entkommen. Der Erzengel sagt, daß Manovitch immer noch existiert und durch die Straßen streift.«
Dave vergrub das Gesicht in den Händen. »Verdammt«, stöhnte er. Dann schaute er auf und starrte Petra an. »Jetzt hören Sie mir mal zu. Nach allem was wir wissen, können Sie auch verrückt sein.«
»Hey«, schrie Danny und funkelte seinen Partner an. »Nenn Petra nicht verrückt. Sie ist weder eine Verrückte noch eine Lügnerin. Hör ihr zu. Sie weiß, wovon sie spricht.«
»Ich glaube nicht, daß dein Urteil über diese Frau zuverlässig ist«, gab Dave zurück. Dann wandte er sich an Lloyd, um eine weitere Konfrontation zu vermeiden. »Und wie denken die übrigen Anwesenden darüber? Kommen Sie, spucken sie es aus.«
»War der Erzengel noch da, als Sie heute morgen zum Frühstück herunterkamen?« fragte Lloyd.
Dave nickte. »Ja, aber…«
»Nun, ich denke, daß der Erzengel in dem Augenblick, in dem Manovitch zerstört worden wäre, verschwunden wäre«, erklärte Lloyd. »Die Tatsache, daß er sich immer noch in der Stadt aufhält, sagt mir, daß seine Arbeit noch nicht getan ist.
Und was ist mit Ihren Polizisten? Was halten Sie davon, Sergeant Gates?«
Stan Gates starrte in die Gesichter der Menschen, die um den Tisch saßen. »Ich persönlich glaube, daß der Teufel sich in Rauch aufgelöst hat. Ich stimme dem Lieutenant zu.«
»Und Sie, Constable Patel?«
»Ich bin Ihrer Meinung, Sir. Ich glaube nicht, daß wir den Kerl erwischt haben. Ich denke, er ist immer noch dort draußen.«
Lloyd rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Offenbar hatte er noch immer große Schmerzen. »Gut. Nun, dies ist kein demokratisches Treffen. Ob das Projekt aufgelöst wird oder nicht, liegt allein in meiner Verantwortung. Aber ich bin Ihnen allen für Ihre Kommentare dankbar. Nun, ich bin zu dem Schluß gekommen, daß wir nicht genügend Beweise haben und deshalb warten sollten, wie sich die Lage entwickelt. Falls es zu einer Fliegenplage kommt, werden wir wissen, daß Manovitch immer noch dort draußen ist.«
Danny wirkte selbstgefällig, was Dave rasend machte.
»Ich möchte noch eines hinzufügen«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Ich schicke Sergeant Spitz in die Staaten zurück.«
Es herrschte eine lähmende Stille. Danny fuhr in die Höhe. »Was machst du?«
Daves Gesichtszüge wurden hart. »Du hast gehört, was ich gesagt habe. Ich bin dein Vorgesetzter und als solcher der Meinung, daß du dem Projekt durch dein Verhalten Schaden zufügst. Ich befehle dir, nach San Francisco zurückzukehren. Ich möchte nicht darüber diskutieren. Nimm den nächsten Flug. Ich werde dem Büro faxen, um sicherzustellen, daß man dich abholt.«
Dannys Gesicht lief puterrot an. Er schlug mit der Faust so hart auf den Tisch, daß die Wassergläser hüpften.
»Verdammt noch mal, ich werde nicht gehen. Du kannst mir nicht vorschreiben, was ich machen soll… Jesus Christus. Wir haben zwölf Jahre lang zusammengearbeitet. Wie kannst du mir so was antun? Deinem Partner?«
»Ich tu es, weil wir Partner sind, Danny…«
»Nenn mich nicht Danny, ich heiße Sergeant Spitz.«
»… und weil ich es hasse, zuschauen zu müssen, wie du einen Idioten aus dir machst. Die einzige Möglichkeit, wie du da rauskommst, ist zu verzichten, und dazu mußt du vor allem zu Hause sein. Du bist nur deshalb in Großbritannien, weil die Regierung dich angefordert hat, damit du einen speziellen Job erfüllst. Und dieser Job ist erledigt.«
»Fick dich«, brüllte Danny.
Dave lief rot an, ignorierte jedoch den Ausbruch und wandte sich an Stan Gates. »Ich möchte, daß Sie ihn zum Flughafen bringen. Würden Sie das tun? Kaufen Sie ihm ein Ticket und setzen Sie ihn in ein Flugzeug.«
»Könnte ich draußen ein Wort mit Danny sprechen?« fragte Petra.
»Bitte«, erwiderte Dave. »Sie können auch mehrere Worte mit ihm wechseln.«
Petra hakte sich bei dem wutschäumenden Danny ein und ging mit ihm vor die Tür.
Nachdem sie das Zimmer verlassen hatten, wandte Rajeb sich an Dave. »Sind Sie sicher, daß Sie das Richtige tun?«
Lloyd nickte. »Das hätte ich auch gern gewußt. Weshalb diese plötzliche Wendung, Lieutenant? Es ist nicht nur wegen der Frau, oder?«
Dave wand sich. »Ja und nein. Aber ich brauche es nur meinen Vorgesetzten in San Francisco erklären.«
Lloyd zuckte mit den Schultern. »Nun, wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gern wieder auf mein Zimmer gehen. Ich finde diese harten Stühle äußerst unbequem. Lassen Sie mich wissen, ob es Sergeant Spitz gelungen ist, einen Flug zu bekommen.«
Er stand unbeholfen auf und hinkte davon.
»Brauchen Sie mich heute noch, Dave, oder kann ich mir frei nehmen?« fragte Rajeb. »Meine Freundin hat ein paar Tage schulfrei, und wenn wir hier nur herumsitzen und warten…«
»Gehn Sie. Viel Vergnügen.«
»Sarge?«
Stan Gates nickte. »Gut. Okay. Aber Sie sind immer noch in Bereitschaft. Melden Sie sich alle sechs Stunden telefonisch.«
»In Ordnung. Bis dann.«
Rajeb verließ das Zimmer, als Petra zurückkehrte. »Danny ist jetzt bereit zurückzufliegen«, sagte sie. »Ich habe ihm beim Kofferpacken geholfen, und wir haben uns verabschiedet. Ich werde nicht mit zum Flughafen fahren.« Dann wandte sie sich an Dave. »Er ist jetzt wieder in Ordnung.«
»Gut«, sagte Dave barsch, ohne sie anzuschauen.
Stan stand auf und ging. Petra sagte, man würde sich beim nächsten Treffen sehen und verschwand ebenfalls.
Dave saß allein am Tisch. »Was für ein Haufen Scheiße«, sagte er und starrte freudlos auf die Rauhfasertapete.
Nach einer Weile setzte er seine Sonnenbrille auf, ging nach draußen und lief die Theobald’s Road in Richtung Osten hinab, auf den großen Lichtdom zu, der ein unbeschreibliches Wesen beherbergte: geheimnisvoll, unüberwindlich, heilig, heilig, heilig, ein Herr der Heerscharen. Weshalb hatte Manovitch nicht versucht, es hier unten auf der Erde mit dem Erzengel aufzunehmen? Wahrscheinlich, weil er es nicht tun konnte, sonst hätte er es schon früher getan. Vielleicht war ein Erzengel unangreifbar, besonders auf fremdem Boden. Konnten Engel von Manovitch und seiner Armee toter Seelen vernichtet werden, aber Erzengel nicht?
Dave seufzte. Rajeb hatte recht. Er war verwirrt. Er wußte nicht, aus welchen Motiven heraus er Danny zurückgeschickt hatte. Es war beinahe eine spontane Reaktion gewesen, eine Entscheidung des Augenblicks. Er konnte seine Gründe nicht erklären, wenigstens nicht befriedigend – nicht einmal vor sich selbst. Aber seine Entscheidung kam ihm richtig vor. Natürlich gab es da den Petra-Aspekt – verdammt, schließlich war Dave auch nur ein Mensch. Wenn Danny sich eine normale Frau angelacht hätte, würde er sich für ihn gefreut haben. Aber er hatte dieses surrealistische Geschöpf gefunden, das einem Roman entsprungen zu sein schien. Nun, wie es aussah, hatte sie Danny gezähmt und in die Tasche gesteckt, soviel war sicher.
An der Straßensperre blieb er stehen, beugte sich vor und schaute auf die blendendweiße Halbkugel. Die strahlende Kuppel blendete nicht nur die Augen, sondern auch den Verstand. Sie besaß eine einzigartige Reinheit. Er fühlte sich wie ein Wanderer in einem unerforschten Gebiet, der plötzlich an einem prächtigen Wasserfall vorbeikommt, so sauber, klar und unberührt von der Welt, daß er dem Mund des Schöpfers selbst zu entströmen schien.
Aus dem Inneren der Kuppel streckte etwas seine Fühler nach Dave aus. Seiner Ehrfurcht war ein Gefühl der Wärme, der Sicherheit, beigemengt. Dieses Licht, dieses Glühen eines Leuchtkäfers Gottes, war nichts im Vergleich zu dem Licht im Zentrum des Universums, dem Licht des Schöpfers; eine Kerzenflamme im Angesicht der Sonne. Dennoch hatte es diese Sonne gestreift, besaß den Segen dieser Sonne, und der Friede, der dabei auf es übergegangen war, konnte auch von einem einfachen Polizisten aus San Francisco empfunden und verwundert zur Kenntnis genommen werden.
Dave stand lange Zeit dort, starrte die Kuppel an und nahm ihre friedliche Ruhe, ihre Gelassenheit in sich auf.
Auf dem Weg ins Hotel fiel ihm die Architektur der Stadt auf. Er konnte kein Gefühl für London als Ganzes bekommen, für diese Mischung aus allen möglichen Stilen und Perioden. Da standen reizlose moderne Bürohäuser neben großartigen georgianischen Gebäuden. Ägyptische Obelisken, Bronzelöwen, imposante Paläste, Eckläden, Museen mit Kolonnaden, winzige Zeitungskioske. Da gab es schmutzige Gassen wie Wild Court, in denen vergessene Bäume um ihren Anteil am Sonnenlicht kämpften, und Straßen wie die Sicilian Avenue mit ihren prahlerischen Restaurants und Geschäften. Dave bekam London nicht in den Griff. Es war zu mannigfaltig – ein zu großer Mischmasch aus zusammengewürfelten Gebäuden und Straßen –, um ein einheitliches Bild zu ergeben.
»Nun«, sagte er sich. »Danny wird es nicht vermissen. Der Penner ist ja kaum aus dem Schlafzimmer herausgekommen.«
Das stimmte zwar nicht ganz, aber Dave mußte sich mit dem Gedanken trösten, daß er das richtige tat. Er wäre gern selber nach Hause geflogen, aber sein Job war noch nicht getan. Manovitch, so mußte er sich insgeheim eingestehen, strich wahrscheinlich immer noch dort draußen herum.