Vorwort


Zu bestimmten Arten von Prosaliteratur gehören bestimmte Klischees. Der «stolze, böse Baron» beispielsweise zum Kitschroman, die «Leiche in der Bibliothek» zum Kriminalroman. Mehrere Jahre trug ich mich mit dem Gedanken an eine angemessene «Variation über ein bekanntes Thema». Ich stellte mir dafür bestimmte Bedingungen. Die Bibliothek musste eine streng konventionelle Bibliothek sein, die Leiche dagegen eine ganz und gar ungewöhnliche, sensationelle Leiche. Das waren die Vorgaben, doch einige Jahre blieb es dabei, und das Projekt gelangte nicht über ein paar Zeilen in einem Schulheft hinaus. Dann aber verbrachte ich einmal einige Sommertage in einem mondänen Hotel am Meer und beobachtete dort an einem Tisch im Speisesaal eine Familie: ein älterer Mann im Rollstuhl, umgeben von einer Schar jüngerer Familienmitglieder. Am nächsten Tag reisten sie glücklicherweise ab, und meine Phantasie konnte sich unbelastet von jeglichem Wissen ans Werk machen.

Wenn ich gefragt werde, ob in meinen Büchern reale Personen vorkommen, lautet die Antwort: «Es ist mir völlig unmöglich, über Menschen zu schreiben, die ich kenne, mit denen ich einmal gesprochen oder von denen ich auch nur gehört habe!» Aus irgendeinem Grund wären sie damit für mich mausetot. Wohl aber kann ich eine «Marionette» nehmen und sie mit Eigenschaften und Phantasien eigener Erfindung ausstatten.

So wurde ein älterer Invalide zum Mittelpunkt der Geschichte, und Colonel Bantry und seine Frau, zwei alte Freunde meiner Miss Marple, hatten genau die richtige Bibliothek. Nach Art eines Kochrezepts gebe man folgende Zutaten hinzu: einen Tennistrainer, eine junge Tänzerin, einen Künstler, eine Pfadfinderin, eine Eintänzerin und noch einiges mehr. Und dann serviere man à la Miss Marple!


Agatha Christie




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