Dick Francis Hurrikan

Prolog

Delirium bringt den Sterbenden Trost.

Ich hatte in einer geordneten Welt gelebt. Einkommen und Terminkalender waren wichtig gewesen. Meine Großmutter mit ihren Ängsten gehörte in diese Welt.

«Ist das denn nicht riskant?«hatte sie gefragt.

Riskant war gar kein Ausdruck.

«Nein«, antwortete ich ihr.»Das ist harmlos.«

«In einen Hurrikan hineinzufliegen muß doch gefährlich sein!«

«Ich komme heil wieder«, hatte ich gesagt.

Aber jetzt rollte ich mehr tot als lebendig in turmhohen, sturmgetriebenen Wellen herum, die unvorstellbare Wassermassen aus der Tiefe ansaugten und sie als flüssige Berge um die Wette rennen ließen. Manchmal rissen mich diese Kaventsmänner unerbittlich mit. Manchmal begruben sie mich unter sich, bis meine gepeinigte Lunge nur noch danach lechzte, etwas einatmen zu dürfen, zur Not auch Wasser, obwohl doch nur Luft den Organismus in Gang hielt.

Ich hatte karibisches Salzwasser in Mengen geschluckt.

Es war seit Stunden dunkel, nirgends ein Lichtschein. Ich wußte kaum noch, wo oben war. Wo Luft war. Meine Arme und Beine hatten mir nach und nach den Dienst versagt. Mein zunehmend auseinandergeratener Verstand ließ mich leuchtendbunte Bilder sehen, die in meinem Kopf erstrahlten.

Deutlich sah ich meine erdverhaftete Großmutter vor mir. Ihren Rollstuhl. Ihre Silberschuhe. Sah ihre angsterfüllten runden Augen, sah, wie ihr Böses schwante.

«Tu’s nicht, Perry. Das ist mir unheimlich.«

Wer hört schon auf seine Großmutter?

Als sie in meinem Kopf redete, bewegte sich ihr Mund nicht synchron zu den Worten.

Ich ertrinke, dachte ich. Die Wellen werden größer. Der Sturm wird schlimmer. Bald schlafe ich ein.

Am Ende bringt das Delirium Trost.

Am Anfang war es nur Spaß.

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