Kapitel 8

Der anstrengende Abend endete schließlich mit aufklarendem Wetter, und die ausdauerndsten, überzeugtesten Freunde des Feuerwerks ließen dann doch noch knallkrachbunte Funkenschauer aus ihren vermatschten Gärten steigen.

Ich wußte, daß meine Großmutter und Jett schon schliefen, als ich endlich Feierabend hatte. Und noch mal konnte ich das Sofa ohnehin nicht in Anspruch nehmen. Die eine Übernachtung ging klar; noch eine wäre Hätschelei. Von allzu langem Wundenlecken hatte meine Großmutter noch nie etwas gehalten. Ich ging den knappen Kilometer von der BBC zu Fuß heim zu meiner Mansarde, meinem Teleskop, meiner Weltuhr und meinem Futon, atmete tief die feuchte Nachtluft ein und schwor mir, den 5. November künftig von meinem Terminkalender zu streichen.

Als ich zur Wohnungstür kam, Mitternacht hin, Mitternacht her, ging mein Piepser los, den ich in der hinteren Hosentasche trug; ein Vibrieren eher als ein Ton, da ich mich viel an Orten, wo Ruhe geboten war, aufhielt. Belladonna reagierte auf meinen Rückruf erleichtert, und auf meine Frage, wo sie sei, mit einem Kichern.

«Im Schlafzimmer von George Loricroft. Sag Kris nichts davon.«

«Ist Mrs. Loricroft vielleicht auch da?«

«Perry, du bist ein Spielverderber«, murrte Bell.»Sie heißt Glenda und möchte mit dir reden.«

Glenda Loricroft, die mir von dem schicksalhaften Sonntagsessen her dunkel in Erinnerung war als leuchtende Blondine mit einem über dem Busen spannenden hellblauen Pullover, sprach ein Englisch, das bei Leuten von Lancashire heimatliche Gefühle geweckt hätte. Ihr George, sagte sie, sei angeblich nach Baden-Baden gereist, und nun wüßte sie gern, wie dort das Wetter sei, bitte schön.

«Geben Sie mir Bell noch mal«, sagte ich und war neugierig zu erfahren, warum ich wegen eines solchen Ansinnens um diese Zeit noch einmal ins Wetterstudio gehen sollte.

«Sei kein Kindskopf, Perry«, antwortete Bell.»Glenda glaubt, daß sich George mit einem unbekannten Fräulein vergnügt. Wenn ich dir Datum, Zeit und Ort nenne, kannst du ihr dann sagen, ob die Fakten sich mit den Angaben ihres Liebsten decken?«

«Nein, Bell, kommt nicht in Frage. Ausgeschlossen. Er braucht doch nur zu sagen, er weiß es nicht mehr oder er hat fest geschlafen.«

«Glenda meint, er sagt nie, wo er wirklich ist. Heute abend mußte er angeblich zum Pferderennen nach Baden-Baden, und morgen weiß er dann nicht, ob es geschneit hat.«

«Bitte, Bell«, sagte ich.»Kris soll das machen. Ich schlafe schon im Stehen.«

«Kris rührt keinen Finger. Er schwadroniert nur von Zügen.«

Erschrocken sagte ich:»Wo ist er? Wieso redet er von Zügen?«

«Wegen irgendwelcher Schalthebel«, sagte Bell leichthin.

«Komm ich nicht mit. Du bist der einzige, der seinen Gedankensprüngen folgen kann.«

«Hm. such ihn.«

Die Dringlichkeit, mit der ich das sagte, kam plötzlich zu ihr durch.

«Er ist doch nicht verschollen!«rief sie.

«Wo ist er denn?«

«Er sagte, er sei bei dir auf dem Dach.«

Bestürzt ging ich nach unten, trat hinaus auf das kalte Fleckchen Wintergras hinterm Haus, schaute nach oben, und da saß er rittlings auf dem gewölbten Schieferdach, an einen bröckligen toten Schornstein gelehnt.

«Komm da runter«, rief ich.»Ich kann dich nicht auffangen.«

«Von hier oben kannst du überall in London Feuerwerke sehen«, rief er zurück.»Komm rauf.«

«Ich geh ins Bett.«

«George Loricroft ist nicht in Baden-Baden«, verkündete Kris,»und Oliver Quigley hat sich weder in Berlin noch in Hamburg blicken lassen, und bestimmt hat sich mein Schwiegervater um Köln herumgedrückt.«

«Wovon redest du?«rief ich ihm zu.

«Robin Darcy ist in Newmarket.«

Da ich Bells Stimme noch leise durchs Schnurlose hörte, drehte ich den Apparat zu mir und fragte sie, ob sie verstanden habe, was Kris gesagt hatte.

«Daß Robin Darcy in Newmarket ist; und das stimmt, er wohnt im Bedford Arms. Was ist denn dabei? Wenn er geschäftlich in England ist, kommt er Dad immer mal besuchen. Morgen fahren sie zum Pferderennen nach Doncaster. Das letzte große Meeting der Flachsaison. Da fährt halb Newmarket hin. George, mein Chef, läßt ein Pferd meines Vaters im November-Handicap laufen, dem Hauptrennen, und in Baden-Baden wird morgen überhaupt kein Rennen ausgetragen, das ist alles Quatsch.«

«Zum Frühstück ist er wieder daheim«, meinte ich beschwichtigend, worauf ein Jammerschrei von Glenda kam und Bell mich der Herzlosigkeit bezichtigte.

Genug, dachte ich. Ich sagte:»Bell und Glenda, legt jetzt bitte auf, Kris, komm bitte von meinem Dach runter, wir sprechen uns dann alle morgen.«

Unglaublicherweise wurde es still. Ich ging ins Haus und hinauf in meine Dachkammer, um ein paar Stunden durchzuschlafen, und als ich in der Frühe aufwachte, stand Kris gähnend in meiner Kochnische und übergoß Tofu mit thailändischer Currysauce, sein neuester widerlicher Tick.

«Morgen«, sagte er.

«Wie bist du reingekommen?«

Er sah mich genervt an.»Du hast mir Weihnachten einen Schlüssel gegeben.«

Ich dachte zurück.»Da solltest du auf den KühlschrankKundendienst warten.«

«Willst du ihn wiederhaben?«Kris las die Etiketten auf ein paar Flaschen Chili-Öl, die er aus einer Papiertüte nahm. Er habe gestern thailändisch eingekauft, sagte er — Zitronengras, Gewürze und eben das Öl.

Ich sagte, meinetwegen könne er den Schlüssel behalten.

Er könne auch bei mir duschen (hatte er schon — die Handtücher waren naß) und fernsehen (der Apparat war an, der Ton aus). Als ich wie üblich lossauste, um mein Tagewerk zu verrichten — samstag morgens gehörte dazu auch ein Wetterüberblick für den Sport am Wochenende (trocken, kalt und sonnig der Renntag in Doncaster, Schauer und Böen beim Fußball-Länderspiel in Wembley) — sah ich, wie Kris im Rennsportteil meiner Zeitung seine Tips ankreuzte und sich mein Kreuzworträtsel vornahm.

Achselzuckend schlüpfte ich in meine warme Steppjacke, übte mich in Zurückhaltung und Milde und bat ihn im Hinausgehen lediglich, abzuschließen, wenn er ging.

«Übrigens«, sagte er,»ich habe mir deinen Dienstplan angesehen. Nach dem Sportwetter hast du heute frei. Ich fliege zum Pferderennen nach Doncaster. Da ist ein Landeplatz neben der Rennbahn. Kommst du mit?«

Ich schloß erst mal die Tür und lief die Treppe hinunter. Wenn ich nicht mitkam, würde er annehmen, das sei wegen des nicht ausgefahrenen Fahrgestells und des leeren Treibstofftanks, und ihm mit seiner Wackelpsyche würde dieser eingebildete Vertrauensentzug bestätigen, daß ich ihn verachtete und daß er keine Freunde hatte. Die Antwort auf die Frage» Soll ich meines Bruders Hüter sein?«war leider allzuoft» Ja.«

Zwei Treppen tiefer machte ich kehrt, obwohl ich spät dran war. Als ich die Tür wieder öffnete, wurde ich von Kris bereits erwartet.

«Hol mich um Viertel nach zehn in der Wood Lane ab«, sagte ich.»Aber denk dran, Bell hat gesagt, daß mit ihrem Vater auch Robin Darcy nach Doncaster kommt.«

Kris zeigte sich nicht beunruhigt.»Viertel nach zehn«, wiederholte ich und flitzte. Nun… hoppelte, auch wenn sich die Lage unterhalb der Fußgelenke langsam besserte.

Unser Flug von White Waltham nach Doncaster verlief tadellos, und Kris führte peinlich genau seine Kontrollen durch. Wenn er mich damit beeindrucken wollte, konnte er sich das eigentlich sparen, da er in meinen Augen jetzt (obwohl ich ihm das nie gesagt hätte) bis zu einem bestimmten Punkt auf der Panikskala ein toller Pilot war und danach eine Gefahr für Leib und Leben. Unter normalen Umständen flog niemand sicherer. Nach Trox und Odin tat ich gut daran aufzupassen, und ich wußte, worauf zu achten war.

Doncaster hatte die Sonne, die dem armen Guy Fawkes hätte lachen sollen.

Kris und ich verpaßten beinah das erste Rennen, weil das Programm wegen des kurzen Nachmittags zeitig losging, sahen aber das zweite unter dem klaren, gelbgrauen Himmel, der allein für fröhliche Gesichter und gute Laune sorgte und den Favoriten hold war.

Kris und Bell strebten den ganzen Nachmittag in einem komplizierten Paarungstanz zueinander hin und voneinander weg. Caspar Harvey sah es mit finsterer Miene. George Loricroft schritt erhobenen Hauptes einher, dicht gefolgt von Glenda, seiner Frau, die ihm mit» BadenBaden «in den Ohren lag.

Oliver Quigley zitterte von Besitzer zu Besitzer und entschuldigte sich für das schlechte Abschneiden ihrer Pferde, bevor sie überhaupt angetreten waren.

Scharen von Leuten baten Kris um ein Autogramm.

«Macht es dir nichts aus«, fragte mich Bell,»daß er gefragter ist als du?«

«Das gönn ich ihm. «Wie so oft am 6. November hatte ich statt eines Ansturms begeisterter Autogrammjäger die vorwurfsvollen Blicke zahlreicher junger Frustopfer aushalten müssen. Wenn mich das eines Tages grämte, würde ich in Pension gehen.

Ich schaute mich um und sagte:»Bist du mit deinem Vater und Robin Darcy gekommen? Ich habe Robin noch nicht gesehen.«

«Sie sind zusammen hergefahren«, erwiderte Bell knapp.

«Sie wollten etwas bereden, sagten sie. Ich bin mit Glenda gekommen, und die treibt mich zum Wahnsinn.

Natürlich war George nicht in Baden-Baden, was soll er denn da, wenn die Pferde hier laufen? Und dann die ganzen anderen Städte! Sie hört überhaupt nicht mehr auf.«

«Was für andere Städte?«fragte ich zerstreut, während ich mir die Pferde im Führring ansah und wie immer ihre agile natürliche Schönheit bewunderte.

Bell kramte einen abgerissenen rosa Notizzettel aus ihrer grünen Manteltasche und hielt ihn sich im hellen Licht vor die zusammengekniffenen Augen.

«Glenda sagt, George will in Budapest gewesen sein, wo es angeblich geschneit hat, ebenso schwer habe es geschneit in Pardubice in Tschechien, aber auch in Berlin, und in Warschau und Hamburg sei die Temperatur unter Null gesunken, und sie ist sicher, er war in keiner dieser Städte. Was geht da also ab?«

«Ich habe keine blasse Ahnung.«

«Wenn Glenda hier lang kommt«, sagte Bell,»laß mich nicht allein.«

Bells rosa Augenlider flatterten über einem wahrhaft bezaubernden Lächeln. Kris hörte sofort auf, Autogramme zu geben, und schob sich zwischen mich und seine (eventuell) Zukünftige.

Sie gingen ausnahmsweise zufrieden und entspannt ein Sandwich essen, nachdem ich die artige Einladung, mitzukommen, zu ihrer Erleichterung ausgeschlagen hatte. Ich blieb an der Waage stehen und hielt in Ruhe Ausschau nach Robin dem Rundlichen. Aber ich wünschte, ich hätte mich doch für das Sandwich entschieden, als auf einmal Glenda mit ihrem lauten Lancashire-Organ wie eine Flutwelle anrollte, um mich mit ihren Theorien zu erdrücken.

Ihr leuchtend blond gefärbtes Haar war grell wie das von Andy Warhol. 48 x Glenda, ein Siebdruck für die Galerie des Horrors.

Ausgerechnet Oliver Quigley kam mir zu Hilfe oder schien mir zu Hilfe zu kommen, indem er irgend etwas stammelte und dabei Glenda mit einem ausgesprochen bösen Blick fixierte.

Ich hatte mich um Olivers Stottern oder seine Unsicherheit nie weiter gekümmert, und auch jetzt erkundigte ich mich mit einer Sorge, die ich nicht wirklich empfand, wie es der kranken Stute gehe. Glenda wurde auf einmal ganz still und stand mit weit offenem Mund da, als warte sie auf Olivers Antwort, und plötzlich war mir, als ständen sich hier zwei Persönlichkeiten gegenüber, die viel komplexer waren, als ich bisher wahrgenommen hatte. Das Funkeln in den Lancashire-Augen war überhaupt nicht lustig, und bei Quigley stellte sich mir die Frage, ob er mit seinem Gezitter eine innere Stärke zu verbergen suchte, einen stählernen Willen, der unerkannt bleiben sollte.

Ich blickte zurück auf die Lunchparty, den Tag, an dem ich all die Leute aus Newmarket kennengelernt hatte, diese Fremden, die ich jetzt zu kennen meinte. Vielleicht hatten sie damals nur Fassade gezeigt, und vielleicht kam es, wie bei Robin Darcy, auf das an, was dahinter war.

«Sie sind schuld«, sagte Glenda plötzlich giftig und kniff fest die Lippen zusammen.»Sie schleppen George immer nach Baden-Baden, streiten Sie das nur nicht ab. «Ihr Anwurf galt Oliver. Ich war anscheinend vergessen.

Oliver schaute zwar verständnislos drein, aber wie ich es jetzt sah, nicht aus Unwissenheit, sondern weil er nicht faßte, daß Glenda hier etwas zum besten gab, was unbekannt und ein Geheimnis bleiben sollte.

«Und«, fuhr Glenda trotzig fort,»Sie brauchen mir auch nicht zu erzählen, Sie wären nicht mit ihm in Polen und weiß wo überall gewesen; da war sehr interessantes Wetter, und Perry könnte das beweisen, wenn er nur wollte — «

«Glenda!«unterbrach sie Oliver scharf, unverhohlen drohend, und ließ mit dem einen Wort seine ganze zittrige Maskerade platzen.

«Jaja«, meinte Glenda wegwerfend.»Ihr seid alle sauer wegen der Stute.«

Sie drehte sich auf ihren hochhackigen Lackschuhen um und dampfte ab, das Gewicht steil über den Zehen, während Oliver Quigley sprachlos und perplex zurückblieb, als hätte es ihm auf einen Streich Schild und Schwert weggehauen.

Er heftete sein Augenmerk wieder auf mich, und obwohl in Wirklichkeit längst alles gelaufen war, redete er sich ein, ich hätte nichts gesehen und nichts gehört.

Schon wurde er wieder zittrig. Er stotterte drauflos, ohne ein verständliches Wort herauszubringen. Nach einer Weile nickte er mir unbestimmt zu, als sei er wieder ganz der alte, und als sein persönlicher Flatterzähler sich quasi auf Normalstand eingependelt hatte, riß er sich von mir los, um bald darauf unter fahrig fuchtelnden Handbewegungen mit Caspar Harvey, dem Besitzer der Stute, zu reden. Keiner der beiden Männer sah auch nur halbwegs gelassen, geschweige denn glücklich aus.

Kris, weiter entfernt, beugte die langen Knochen vor, um sich der Körpergröße eines kleinen dicken Mannes anzupassen, in dem ich mit gelinder Bestürzung Robin Darcy erkannte. Ich wußte zwar, daß er mit Caspar Harvey nach Doncaster gekommen war, aber mit ihm tatsächlich konfrontiert zu sein, fand ich doch irgendwie beunruhigend.

Das letzte Mal hatte ich ihn auf Trox gesehen, getarnt mit Schutzanzug und Helm, als er zuschaute, wie Michael den Hefter vom Bunker zum Flugzeug brachte, einen Hefter mit Material, das so brisant war wie jenes, das einen leichtsinnigen Mann aus Mexiko offenbar das Leben gekostet hatte.

Ich sah zu, wie Robin Darcy Kris freundschaftlich den Arm tätschelte, ohne in irgendeiner Form zurückgewiesen zu werden. Normalerweise konnte Kris solche Annäherungen nicht leiden, auch von Bell nicht, nur wenn sie von ihm ausgingen, war das etwas anderes.

Kris, überlegte ich nüchtern, hatte Robin zuliebe den Abstecher nach Trox unternommen. Kris wollte Robin gefällig sein, und ich tat gut daran, das nicht zu vergessen.

Die beiden führten ein kurzes, eindringliches Gespräch, und Kris nickte zustimmend. Als sie auseinandergingen, drückten sie sich die Hand. Ich sah zu und fragte mich, ob Kris mir sagen würde, um was es gegangen war. Nach meiner bisherigen Erfahrung, dachte ich achselzuckend, sehr wahrscheinlich nicht.

Ich lehnte mich gegen die Abzäunung um das Waagegebäude und den Absattelring für den Sieger und gab mir den Anschein, als fände ich das Kommen und Gehen der Trainer und Jockeys weitaus interessanter als alles, was Glenda gesagt hatte. Träge stand ich an der frischen Luft und ließ wieder einmal die Gedanken aufs Geratewohl an mir vorbeiziehen, bis sich» Baden-Baden «und» Polen «und» Schnee «nachdrücklich als irgendwie bedeutsam herausschälten, und zwar bedeutsam wegen Glenda und der Stute.

Glenda tigerte in der Ferne herum. Glenda war eifersüchtig auf Quigley und auf Harvey…

Unsinn, dachte ich. Wegen der kranken Stute hatte Harvey ja seine anderen Pferde von Quigley weggeholt und sie zu ihrem Mann geschickt, zu Loricroft, und daß sie es darauf angelegt hatte, bezweifelte ich.

Überraschend stellte sich durch einen jener Gedankensprünge, die aus dem Nichts Erkenntnis bringen, so klar und deutlich ein Wort in meinem Kopf ein, daß ich mich wunderte, wieso es jetzt erst kam. Das Wort hatte zu einem Briefkopf in dem Hefter auf Trox gehört. Ich hatte gedacht, ich könnte mich nur an Hippostat erinnern, aber jetzt wußte ich, es gab noch eine andere — und wahrscheinlich wichtigere — Adresse, wenn sie auch nicht ganz genau war.

Rennbahn.

Rennbahn Baden-Baden.

Tamtam tata-ramtam.

Rennbahn, auf deutsch.

Ich tat, was ich eine halbe Stunde vorher noch für unmöglich gehalten hätte, ich suchte die Begegnung mit Glenda. Sie war mit ihren Gedanken woanders. Sie stolperte mit ihren heißen Schuhen über meinen Fuß.

Sie sagte» Baden-Baden «vor sich hin, ohne mich zu beachten, aber das änderte sich schlagartig, als ich ihr anbot, nun doch das Wetter einst und jetzt und überall für sie zu erkunden, wann immer sie es wollte.

«Ist das Ihr Ernst?«fragte sie, und Blick, Verstand und Stimme nahmen eine Schärfe an, die zu ihren Glitzerhaaren nicht recht paßte.

«Es geht erst ab Montag«, sagte ich.»Vorher kann ich nicht an den entsprechenden Computer.«

«Bell sagt, Sie sind der Chef vom Regional wetter«, wandte sie ein.»Da haben Sie doch wohl freie Hand. «Ich sagte, ich sei nur der Stellvertreter des Chefs, und behielt für mich, daß ich wegen solcher, wie mir schien, spekulativen Nachforschungen niemanden um einen Gefallen bitten wollte. Mit einem Entschuldigung heischenden Lächeln erklärte ich Glenda wahrheitsgemäß, daß der Zentralrechner sonntags nur lief, wenn es unbedingt sein mußte. Fremdgehenden Ehemännern auf die Spur zu kommen war nicht zwingend notwendig.

«Und warum«, fragte ich ohne Nachdruck,»reist er nach Baden-Baden und an all die anderen Orte?«

«Frauen natürlich! Ich gebe Ihnen die Liste. «Glit-zerglenda war gar nicht so dumm.»Das sind alles Städte mit Rennbahnen«, sagte sie.»Haben Sie vielleicht nicht gewußt.«

«Nein«, gab ich zu.»Alle in Deutschland?«

«Kluges Kerlchen! Nicht alle, aber die meisten.«

«Und Ihr Mann läßt da Pferde laufen?«

«Das sagt er. Dann behauptet er, die Rennen seien wegen Schneefalls ausgefallen, aber glauben Sie mir, es schneit nicht, wenn er sagt, es schneit.«

«Ich prüf das nach«, versprach ich.

Sie langte in ihre Handtasche und gab mir die Liste, die auch Bell von ihr bekommen hatte, und ich warf kurz einen Blick darauf, bevor ich sie einsteckte.

«Baden-Baden«, sagte sie.»Alles Blödsinn.«

Ich stand in dem Augenblick so nah bei ihr, daß ich ihre Alkoholfahne riechen konnte und an der Spitze ihrer steifen Wimpern schwarze Pünktchen sah. Das leuchtende Blondhaar hatte schwarze Wurzeln.

«Ich werde mich von George scheiden lassen«, sagte sie mit jäher, heftiger Entschlossenheit.»Und das geschieht ihm recht.«

Auf einmal hatte ich keine Lust mehr, mich mit den durchgedrehten, destruktiven Damen und Herren Newmarkets auseinanderzusetzen. Ich verbrachte die folgende Stunde beim November-Handicap einfach mit Zuschauen, beobachtete, wie das Räderwerk der unbekannten, bestrickenden Welt des Rennsports funktionierte, und gewann einen kleinen Betrag, als Harveys Pferd, der zweite Favorit, als Dritter einkam.

Ich wußte nicht genau, ob Robin Darcy mir vorsätzlich auswich, aber als wir uns dann über den Weg liefen, sah es ganz nach einem Zufall aus — so wie wenn zwei sich gleichzeitig umdrehen und plötzlich Auge in Auge dastehen.

Wir hatten Stunden Zeit gehabt, uns darauf einzustellen. Wir sagten einander alles, was sich gehörte. Ich beklagte den Verlust seines trefflichen Flugzeugs, ihm war es die Hauptsache, daß Kris und ich noch lebten. Er dankte mir für den Brief, den ich ihm eine halbe Stunde vor meiner Abreise auf dem Flughafen Miami geschrieben hatte. Ich hoffte, er habe auch einen guten Flug gehabt; er sei gestern in Newmarket eingetroffen, vertraute er mir an.

Er war freundlich. Er drückte mir die Hand. Er lud mich ein, ihn und Evelyn jederzeit wieder zu besuchen. Ich hätte ihn gern gefragt:»Wo ist der Hefter? Wann bringen Sie das nächste Schnäppchen an den Mann, das nächste Bombenzubehör?«

In den braunen Augen hinter dem dicken schwarzen Brillengestell spiegelten sich ähnliche Gedanken.»Hat Perry Stuart die Listen in dem Hefter gesehen? Wohl kaum. Wie soll er denn den Tresor aufgekriegt haben? Er hat zwar das Kennwort gehört, Hereford, aber doch ohne jeden Zusammenhang.«

Ich hätte gern gesagt:»Vielen Dank demjenigen von euch, der auf die Idee kam, mir die Augen zu verbinden«, und in seinen Augen las ich:»Sie ahnen nicht, wie knapp Sie einer Kugel entgangen sind.«

Ich hätte gern gewußt, was er zu Kris gesagt hatte… was er von Kris wollte.

Ich wünschte, Robin Darcy wäre ein Verbündeter gewe-sen, nicht ein Feind. Ein kluger Mann… warum machte so jemand den Tod zum Geschäft?

Zu viele kluge Männer machten den Tod zum Geschäft.

Er nickte mir zu und ging eine Ecke weiter, wo Caspar Harvey lauwarmen Beifall für den dritten Platz seines Pferdes im November-Handicap entgegennahm. Nur ein Sieg hätte ihn bei seiner Hauruckeinstellung zum Rennsport zufriedenstellen können, und Oliver Quigley schien mir viel zu riskieren, als er in Caspars Hörweite sagte, mit seinen Trainingsmethoden und seinen Anweisungen für den Jockey würde das Pferd gesiegt haben.

Als Kris und ich nach dem sechsten Rennen zum Landeplatz gingen, um nach Hause zu fliegen, war mein normalerweise wacher Verstand durch die extremen körperlichen Anforderungen der letzten zehn Tage ausgelaugt wie eine leere Batterie. Auf dem benachbarten Parkplatz verabschiedeten wir uns noch ewig lang von den vielen New-marketer Bekannten, und mir fielen schon die Augen zu, als Kris zum Abflug ans Ende der Bahn rollte. Demonstrativ schaltete er von einem Treibstofftank auf den anderen. Ich tat, als bemerkte ich es nicht.

Es war spät im Jahr für Landungen bei Tageslicht, und Kris hatte an diesem Samstag mit einem Bekannten im Kontrollturm von White Waltham vereinbart, daß ihm der Landeanflug gegen fünf, nach Toast und Teezeit, durch an der Rollbahn aufgestellte, batteriebetriebene Lampen erleichtert werden sollte.

Wir waren in der Luft und schon weit südlich von Doncaster, als Kris mich wach rüttelte.

«Entschuldige«, sagte ich gähnend und griff nach der Karte,»wo sind wir?«Es war eben noch hell genug, um die Verkehrswege zu sehen, Straßen, Flüsse und Bahnlinien.

«Ist doch alles in Ordnung«, sagte ich. Er flog sein Ziel immer direkt an.

Aber Kris sagte, seine Sorge sei nicht, er könnte sich verflogen haben, sondern das Öl auf der Windschutzscheibe.

«Was?«fragte ich verständnislos.

«Öl. Auf der Windschutzscheibe. Perry, wach auf!«

Die Intensität der Aufforderung war es, die scharf zu mir durchdrang. Ich wachte auf. Mein Herz machte einen Satz.

Dunkle goldgelbe Fäden liefen über die Windschutzscheibe, es wurden zusehends mehr, und sie breiteten sich von unten nach oben auf dem Glas aus.

Entsetzt begriffen wir beide, was los war. Das heiße Öl, das als Schmiere für die vier dröhnenden Kolben im Motorgehäuse hätte kreisen sollen, kam irgendwie aus dem Motorraum und lief an den Kanten der Motorhaube tropfenweise nach oben und nach hinten, schlug gegen die Windschutzscheibe — und verteilte sich langsam darauf, so daß es dem Piloten effektiv die Sicht nahm.

Das Öl selbst war nicht die schwarzbraune, schmutzige alte Soße, zu der es wird, wenn es viele Flugstunden lang durch den Motor läuft. Kris pflegte sein Prachtstück, und er wechselte das Öl regelmäßig. Die Bescherung auf der Windschutzscheibe stammte von dem Öl, das er erst vor dem Lunchausflug nach Newmarket frisch eingefüllt hatte.

«Allmächtiger«, sagte Kris,»was zum Teufel machen wir jetzt?«

«Genau auf Kurs bleiben«, sagte ich automatisch,»damit wir wissen, wo wir sind.«

«Das ist das wenigste. Aber wenn nun das ganze Öl ausläuft? Dann frißt sich der Motor fest. «Kris hörte sich plötzlich auf komische Weise unbesorgt an.»Und wie sollen wir landen, wenn wir nicht sehen, wo’s langgeht?«

«Können wir die Scheibe einschlagen?«tippte ich an.

«Mach halblang, Perry.«

Er war sarkastisch, aber auch resigniert.»Das ist gehärtetes Glas, es hält anprallenden Vögeln stand. Und wenn wir es einschlagen könnten — aber womit? — , würde es uns hier die Haut vom Gesicht ziehen, wir bräuchten Schutzbrillen wie die Flieger der alten Tigermotte und wären immer noch zu schnell. Wir hätten einen Hurrikan der Kategorie 3 gegen uns, das geht nicht.«

«Vergiß es«, sagte ich.»Halten wir Kurs und Höhe. Wir brauchen einen großen Verkehrsflughafen, der samstags um die Zeit geöffnet hat.«

«Na toll. «Er warf mir einen Blick zu.»Wo nehmen wir den denn her?«

«Kinderspiel. «Ungeheuer erleichtert stellte ich fest, daß wir diesmal in geregeltem Funkkontakt mit der Außenwelt standen, und wir hatten eine Radiokarte, auf der die Funkfrequenzen der Flughäfen angegeben waren. Fallschirme und Schleudersitze besaßen wir nicht — man kann nicht alles haben.

«Bleib auf Kurs«, sagte ich Kris.»Ich bringe uns auf ein Flugfeld runter.«

«Du bringst uns runter«, wiederholte er flapsig,»und ich mache Bruch.«

Verdammt blöd, so zu sterben, dachte ich. Von Öl geblendet… Die Scheibenwischer einzuschalten hätte nur alles schlimmer gemacht, die hätten nur das Öl endgültig zu einem dicken, durchgehenden Film verschmiert, während wir jetzt durch die Fäden immerhin noch den Boden tief unter uns sehen konnten.

Tief… Kris erlag der Versuchung, tiefer zu gehen, um den Boden besser sehen zu können, aber in der Höhe hatten wir bessere Aussichten auf einen klaren Funkkontakt mit einem Flugplatz.

«Geh wieder hoch«, bat ich ihn.

«Es ist mein verdammtes Flugzeug.«

«Es ist mein verdammtes Leben.«

Wir brauchten so schnell wie möglich einen großen Flughafen, und diesmal war das Glück uns hold. Ich fragte Kris trocken, ob er etwas gegen Luton habe, das fast genau auf unserem Kurs lag.

«Das ist nicht dein Ernst! Ein richtiger Flughafen? Den schauen wir uns mal an!«

Ich gab der Kontrollstelle wegen des Öls Bescheid und sagte, wir würden Luton anfliegen, etwa fünfzig Kilometer entfernt. In Luton vernahm man mit ungläubigem Schweigen, daß wir nur Funk, aber keine Funknavigation hatten, und über unsere (geringen) Chancen wollte sich der Mann in Lutons Tower nicht weiter auslassen, er sagte nur, er könne uns über die Landebahn dirigieren und sie für uns freihalten, alles andere liege bei uns.

Er gab uns eine eigene Frequenz, auf der wir ihn direkt erreichen konnten, ohne den übrigen Funkverkehr zu belasten.

«Wer braucht sich da noch unter einen Zug zu werfen!«rief Kris mir grinsend zu, dessen manische Seite angesichts der tödlichen Gefahr wieder Oberhand gewann.

«Ein lebensmüder Pilot hat mir jetzt gerade noch gefehlt!«

«Es ist vielleicht das letzte, was du kriegst.«

«Das verzeih ich dir nie.«

Der Mann in Luton sagte uns in die Ohren:»Wir haben hier einen alten Funkpeiler. Wissen Sie, wie man ein QDM fliegt?«

Kris sagte:»Klar«, und ich sagte:»Ja«, dabei hätte es korrekterweise heißen müssen:»Positiv«, aber auch das hätte in meinem Fall nicht ganz gestimmt. Funkpeiler ermittelten die Richtung, in der sich ein Sender befand, und QDM stand für» Welche Richtung soll ich fliegen?«, und das war auch schon alles, was ich darüber wußte. Gott sei Dank aber meinte Kris, er habe vor Jahren einmal, als er sich verflogen hatte, einen QDM-Anflug gemacht.

Wußte er noch, wie es ging?

Nicht genau, sagte er. Das sollte ein Scherz sein. Er vergaß so etwas nicht.

Unser Helfer in Luton wies Kris resigniert an, die Sprechtaste zu drücken und still zu sein, nach links zu gehen und nach zwei Minuten wieder zu sprechen, worauf er uns mitteilte, er wisse nun, welcher Punkt wir seien auf seinem Schirm und wie wir steuern müßten, könne jedoch nicht sagen, wie weit wir von ihm entfernt seien, das wisse er erst, wenn er uns direkt vor sich sehe.

Er könne vielleicht uns sehen, antworteten wir, aber wir ihn nicht. Das Öl schien jetzt schneller auszulaufen. Die Sicht nach vorn war praktisch auf Null reduziert, und auf den Seitenfenstern bildeten nach hinten sprühende Tropfen streifige Schleier.

Unter der fachkundigen Anleitung des Helfers steuerten wir direkt den Flughafen Luton an, und Kris, an den Instrumenten wieder so sicher, als hätte er es im Blut, riß einen müden Scherz nach dem anderen. Durch die noch un-verschmierten unteren Ränder der Seitenfenster waren die ersten Lichter am Boden zu sehen. Kris gingen die Witze aus, als der Lotse ihn vorsichtig eine birnenförmige Schleife fliegen ließ, die seine Cherokee genau vor die große, breite Rollbahn brachte, die jetzt noch eine Meile entfernt lag.

Die Rollbahn verlief von West nach Ost. Wir sollten nach Westen landen, gegen den herrschenden Wind.

Zu meiner heimlichen Bestürzung hieß nach Westen landen aber auch, gegen die untergehende Sonne. Die letzten Sonnenstrahlen trafen das Öl und verwandelten die Windschutzscheibe in einen undurchdringlichen, goldglühenden Lichterglanz von aufregender Schönheit und Todesgefahr.

«Himmel«, sagte Kris,»das gibt ein Gedicht.«

«Aber nicht jetzt.«

«Sprich deine Gebete.«

«Konzentrier du dich darauf, uns runterzubringen.«

«Runter kommen wir sowieso.«

«Mit heiler Haut«, sagte ich.

Er grinste.

Die Stimme vom Kontrollturm sagte uns in die Ohren:

«Ich sehe Sie deutlich. Fahren Sie die Landeklappen aus… gehen Sie auf zweihundert Fuß runter… bleiben Sie auf Kurs… Rechnen Sie mit zehn Knoten Seitenwind von Westen.«

Kris vergewisserte sich, daß ich den Höhenmesser auf Lutons Höhe über dem Meeresspiegel eingestellt hatte, und fuhr die Landeklappen aus — an den Tragflächen angebrachte Klappen, die bei niedriger Fluggeschwindigkeit den Auftrieb erhöhten.

«Leider ist das nicht Odin«, sagte er.»Wirklich schade. Ein schönes warmes Meer für die Bauchlandung wär jetzt nicht schlecht.«

Ich hatte dasselbe gedacht. Die Ölschicht auf den Scheiben wurde immer noch dicker.

«Sie haben etwa 100 Fuß Höhe«, funkte es mir ins Ohr.

«Die Landebahn ist direkt vor Ihnen. Können Sie den Boden wenigstens sehen?«

«Einen Scheiß kann ich sehen«, sagte Kris, was so nicht im Fliegerkodex stand.

Er drosselte das Tempo, um auf seine normale Landegeschwindigkeit zu kommen, und blieb auf Kurs.

Der Tower sagte:»Kurs halten… gut… Geschwindigkeit verringern… nein, beschleunigen Sie… so ist gut… langsamer… tiefer jetzt… geradeaus. Geradeaus, sagte ich… geradeaus.«

Mit Landegeschwindigkeit fliegend, setzten wir extrem hart auf und prallten in die Luft zurück, daß es uns sämtliche Knochen durchschüttelte und sogar die Augen aus den Höhlen treten wollten.

Unsere Fluggeschwindigkeit betrug laut Tacho 130 Stundenkilometer und verringerte sich zu stark. Bei 100 würden uns die Flügel nicht mehr tragen.

«Gas«, rief der Tower.»Gas… gerade halten… linkes Seitenruder.«

«Könnte ich bloß etwas sehen«, sagte Kris, dem die Zähne noch von der Erschütterung des Aufpralls knirschten.

«Gas. schneller.«

Kris gab Gas und hielt die Nase steif, und wieder setzten wir mit einem fürchterlichen Krachen auf, prallten aber diesmal von Gras, nicht von der harten Landebahn zurück und steuerten, Gott weiß, wohin, immer noch mit einem halsbrecherischen Tempo, das wir des Auftriebs wegen aber brauchten, um heil zu landen, und immer noch mit der rotgolden sinkenden Sonne in den Augen.

«Zum Teufel damit«, sagte Kris laut, nahm das Gas ganz weg, kappte die Treibstoffzufuhr und stellte den Motor ab, was auch ganz in Ordnung gewesen wäre, hätten wir die Räder am Boden gehabt statt gut und gern drei Meter Luft unter uns.

Normalerweise bestanden Kris’ Landungen aus einem sanften Dahingleiten mit hochgereckter Nase, dem ein federleichtes Aufsetzen am Boden folgte. Jetzt aber, bei dem beängstigend raschen Tempoverlust, der Kris kaum noch eine Möglichkeit der Steuerung ließ, knallten wir erneut auf den Boden und sprangen einmal, zweimal in die Luft zurück, wurden langsamer, langsamer, sprangen jedesmal weniger hoch, aber die im falschen Winkel aufsetzenden Räder blieben nicht unten.

Instinktiv zog Kris schließlich den Steuerknüppel ganz nach hinten, so daß sich die Nase hob, bis die Strömung abriß, und da wir keinen Auftrieb mehr hatten, kippte der Propeller des Flugzeugs vornüber und zog eine tiefe Furche ins Erdreich. Metall knirschte und schepperte, und zwei menschliche Körper wurden umhergeschleudert. Dann kam die Maschine beängstigend plötzlich und endgültig zum Stehen, wobei ihr Rumpf und ihr Höhenleitwerk schräg zum Himmel zeigten.

Das Öl glänzte und schillerte noch immer auf der Windschutzscheibe, das Glas war heil, die letzten rotgoldenen Strahlen der Sonne versiegten in unbewegtem Dämmerlicht.

Schweigen. Stillstand. Mir dröhnte der Kopf.

Es war eine wundersame Rettung und eine fliegerische Glanzleistung gewesen, und innerhalb einer Minute waren wir von Löschfahrzeugen, Krankenwagen, Streifenwagen und der halben Grafschaft Bedfordshire umringt, die den Funkverkehr auf der unseren Nöten vorbehaltenen,»eigenen «Frequenz mitgehört hatte.

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